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Die '''Poetik''' ({{ELSalt|ποιητική τέχνη}} „Dichtkunst“) ist die [[Lehre]] von der [[Dichtkunst]]. Als ''normative Regelpoetik'' stellte sie von der [[Antike]] bis weit ins [[Wikipedia:18. Jahrhundert|18. Jahrhundert]] im engen Zusammenhang mit der [[Rhetorik]] ein System klar definierter, erlernbarer [[Regeln]] zusammen, nach denen Werke der Dichtkunst [[ideal]]erweise „richtig“ gestaltet werden sollten, wobei die [[Metrik]] meist eine wesentliche Rolle spielte. Sie lieferte damit zugleich die Grundlage für eine rein formale [[Literatur]]kritik. Im [[Deutsche Sprache|deutschsprachigen Raum]] war [[Wikipedia:Johann Christoph Gottsched|Johann Christoph Gottsched]] (1700-1766) der letzte bedeutende Vertreter einer solchen Regelpoetik.
== Beschreibung ==
 
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Nach der «[[Wikipedia:Poetik (Aristoteles)|Poetik]]» des [[Aristoteles]] gründet sich alle Dichtung auf das Prinzip der [[Nachahmung]] ([[Mimesis]]). Die Metrik sah er hingegen nicht als entscheidendes Kriterium an.
 
Aus der Poetik ist später die [[Ästhetik]] als [[Philosophie|philosophische Disziplin]] hervorgegangen. Als moderne [[wissenschaft]]liche Disziplin untersucht und beschreibt die Poetik das [[Wesen]], die [[Form]]en, Ausdrucksmittel und [[Wirkung]]en der [[Dichtung]] und versucht sich an ihrer [[Deutung]].
 
[[Rudolf Steiner]] wies vor allem auf den engen Zusammenhang der Dichtkunst und der [[Rezitation]]skunst mit dem Wesen des [[Mensch]]en hin. Dabei kommt dem [[Rhythmus]], d.h. der [[Metrik]], eine ganz besondere Bedeutung zu.
 
{{GZ|Die Rezitationskunst muß zweifellos der Dichtung folgen. Sie bringt
gegenüber der Dichtung das Menschliche, die menschliche Organisation
selbst als das Werkzeug für die künstlerische Darstellung herbei.
Wie man sich dieses Werkzeuges bedient im Gesang, in der Rezitationskunst,
ist ja etwas, was viel erforscht worden ist, und es ist auch
hier gelegentlich schon von dieser Stelle aus auf Fragen hin darauf
hingewiesen worden, wie vielerlei Methoden, Methoden über Methoden,
durch die man alles gesunde Verhältnis zum Singen und zur
Rezitation verlernen kann, es in unserer heutigen Zeit eigentlich gibt.
Aber in einer gewissen Weise ist uns verlorengegangen der tiefere
innere Zusammenhang der dichterischen Äußerung und Offenbarung
mit der menschlichen Organisation. Ich werde zunächst heute von
etwas scheinbar recht Physiologischem auszugehen haben, um gerade
durch den Hindurchgang durch dieses Physiologische Ihnen dann das
nächste Mal zeigen zu können, was Dichtung und ihre Darstellerin,
Rezitation, Deklamation eigentlich wollen.
 
Sehen wir dabei zunächst einmal auf dasjenige, von dem schon
öfter hier in diesen Vorträgen in diesen Tagen gesprochen worden ist,
auf das rhythmische System des Menschen. Dieser Mensch gliedert
sich in sein Nerven-Sinnessystem, das eigentliche Werkzeug der Gedankenwelt,
der Sinnesvorstellungswelt und so weiter, in das rhythmische
System, das eigentliche Werkzeug für die Entwickelung der
Gefühlswelt und für alles dasjenige, was aus der Gefühlswelt dann
gewissermaßen sich abspiegelnd in die Vorstellungswelt hineinspielt,
in das Stoffwechselsystem, durch das der Wille pulst, in dem der Wille
sein eigentlich physisches Werkzeug hat.
 
Sehen wir zunächst auf das rhythmische System. Zwei Rhythmen
gehen in diesem rhythmischen System in einer merkwürdigen Art
durcheinander. Zunächst haben wir den Atmungsrhythmus, allerdings
wie bei allem Lebendigen verschieden, individuell verschieden für die
einzelnen Menschen, aber im wesentlichen regelmäßig, so daß wir
beim gesunden Menschen bemerken können sechzehn bis neunzehn
Atemzüge in der Minute. Als zweites haben wir den Pulsrhythmus,
der direkt mit dem Herzen zusammenhängt. Wenn wir wiederum in
Rechnung ziehen, daß wir es bei diesen Rhythmen mit Funktionen
des Lebendigen zu tun haben, so können wir natürlich nicht an eine
pedantische Zahl appellieren wollen, aber wir können im allgemeinen
sagen, um die Zahl zweiundsiebzig herum bewegt sich die Zahl der
Pulsschläge für den gesunden menschlichen Organismus. So daß wir
sagen können, daß die Zahl der Puls schlage das ungefähr Vierfache
ist der Zahl der Atemzüge, daß während eines Atemzuges vier Pulsschläge
sind. Wir können also uns vorstellen, daß im menschlichen
Organismus das Atmen verläuft, und in das Atmen während eines
Atemzuges der Pulsrhythmus viermal hineinschlägt.
 
Nun blicken Sie einmal im Geiste hin auf dieses Zusammenstimmen
des Pulsrhythmus mit dem Atmungsrhythmus, auf dieses, ich möchte
sagen, innerliche, lebendige Klavier, wo auf dem verlaufenden Atmungsrhythmus
hin anschlägt in der Empfindung, im Gefühl der Pulsrhythmus.
Und jetzt stellen wir uns einmal folgendes vor: Stellen wir
uns vor einen Atemzug hin- und zurückgehend, und einen zweiten
hin- und zurückgehend und hineinschlagend den Herzrhythmus. Stellen
wir das so vor, daß wir da sehen können - das wird Ihnen aus einzelnen
Vorträgen schon hervorgegangen sein - den Pulsrhythmus,
der im wesentlichen wiederum zusammenhängt mit dem Stoffwechsel -
er stößt an den Stoffwechsel an -, stellen wir uns vor, daß im Pulsrhythmus
der Wille, ich möchte sagen, nach oben schlägt, so haben
wir die Willensschläge hineinschlagend in die Gefühlsäußerungen des
Atmungsrhythmus. Nehmen wir an, daß wir diese Willensschläge artikulieren
und sie so artikulieren, daß wir die Willens schlage verfolgen
in den Worten, etwa so, daß wir die Worte selber innerlich artikulieren,
sagen wir: lang, kurz, kurz; lang, kurz, kurz; lang, kurz, kurz -
auf den einen Atemzug, dann machen wir eine Pause, eine Art Zäsur,
halten ein, dann den nächsten begleitenden Atemzug, hineinschlagend
den Herzrhythmus: lang, kurz, kurz; lang, kurz, kurz; lang, kurz, kurz:
 
- uu - uu - uu | - uu - uu - uu |
 
und wir haben, indem wir zwei Atemzüge begleitet sein lassen von
den entsprechenden Pulsschlägen, gegenüber denen wir nur eine Pause
machen, eine Atempause - wir haben den Hexameter.
 
Wir können sagen: Dieses uralte griechische Versmaß, wo kam es
denn heraus? Es kam heraus aus dem Zusammenklang zwischen Blutzirkulation
und Atmen, und der Grieche wollte seine Sprache so nach
innen kehren, nachdem er das Ich unterdrückt hat, indem er die Worte
hinorientierte nach den Pulsschlägen und sie spielen ließ auf dem
Atem. Er brachte also seine ganze innere Organisation als rhythmische
Organisation in der Sprache selbst zur Offenbarung. Die Sprache erklang
so, wie der Zusammenklang von Herzrhythmus und Atmungsrhythmus.
Bei ihm war das mehr musikalisch. Bei ihm, bei dem Griechen,
war das mehr so, daß es heraufklang vom Willenselemente, heraufklang
von den Pulsschlägen zum Atmungsrhythmus hin.
 
Sie wissen, dasjenige, was man als den letzten atavistischen Rest
alter hellseherischer Anschauung in Bildern hatte, den Alp, den Nachtmar,
das drückt sich in Bildern aus und hängt mit dem Atmungsprozeß
zusammen, hängt noch in seiner krankhaften, pathologischen Gestalt
des Alpdruckes mit der Atmung zusammen.
 
Nehmen wir nun einmal an - meinetwillen nennen Sie es Hypothese,
für mich ist es mehr als Hypothese -, der Mensch ging in jener
Urzeit, in der er sich innerlich noch erfühlte, mehr vom Atem aus,
ging mehr von oben nach unten, dann stellte er hinein in den einen
Atemzug: Uns ist in alten Mären. - wiederum drei Hochtöne, dreimal
gewissermaßen das Wahrnehmen, wie an den Atem heranschlägt
der Puls, und wie er sich zum Ausdruck bringt in dem Erlebnis, das
mehr ein sichtbares ist, das sich aber dann in der Schattierung der
Sprache, in dem Hochton und Tiefton zum Ausdrucke bringt. Wir
haben ja im Griechischen mehr das Metrum: lang, kurz, kurz; lang,
kurz, kurz; lang, kurz, kurz. Wir haben in den nordischen Versen
mehr das deklamatorische Moment, Hochton, Tiefton:
 
<poem>
Uns ''ist'' in ''al''ten ''Mä''ren ''Wun''ders ''viel'' ge''seit''
Von ''Hele''den ''lo''be''bä''ren, von ''gro''ßer Are''beit''..
</poem>
 
Es ist der Zusammenklang des Atmungsrhythmus mit dem Herzrhythmus,
mit dem Pulsrhythmus. Und ebenso wie der Grieche darinnen
ein musikalisches Element empfand, daher im Metrum das darstellte,
so der nordische Mensch ein Bildhaftes, das er in der Schattierung
der Worte, im Hochton, Tiefton darstellte. Aber immer war es
die Erkenntnis, daß man untertaucht in ein Element des Bewußtseins,
in dem das Ich sich überläßt der göttlich-geistigen Wesenheit, die
durch den menschlichen Organismus sich offenbart, die diesen menschlichen
Organismus sich bildet, um in ihm zu spielen durch den Herz-
Puls-Ton, durch den Atmungsprozeß, durch den Zug der Aus- und
Einatmung.
 
u - u - u - u - u - u -
 
Sie wissen, es sind viele Methoden des Atmens erfunden worden;
es ist viel nachgedacht worden über die Methoden, wie man den
menschlichen Leib behandeln soll, damit er richtig singen oder rezitieren
lernt. Es handelt sich aber vielmehr darum, einzudringen in
das eigentliche Geheimnis der Dichtung und des Rezitatorischen, des
Deklamatorischen. Denn beides fließt aus jener wirklich sinnlichübersinnlichen
Anschauung vom Zusammenstimmen des Pulses, der
mit dem Herzen zusammenhängt, mit dem Atmungsprozeß. Und jede
einzelne Versform - wir werden es das nächste Mal sehen -, jede einzelne
Gedichtform einschließlich des Reimes, der Alliteration, Assonanz
lernt man verstehen, wenn man ausgehen kann von der lebendigen
Anschauung des menschlichen Organismus, wie er ist, wenn er
sich der Sprache als eines künstlerischen Elementes bedient. Deshalb
ist es wohl gerechtfertigt, wenn in mehr oder weniger bildhafter Weise
verständige Menschen von der Dichtung gesprochen haben als einer
Göttersprache. Denn diese Göttersprache spricht in der Tat nicht des
vergänglichen menschlichen Ich Geheimnisse aus, sondern sie spricht
im menschlichen Bewußtsein Weltengeheimnisse auf musikalische, auf
plastische Weise aus. Sie spricht sie aus, indem aus übersinnlichen
Welten herein gespielt wird durch das menschliche Herz auf der
menschlichen Atmung.|281|36ff}}
 
== Siehe auch ==
 
* {{WikipediaDE|Poetik}}
 
== Literatur ==
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die Kunst der Rezitation und Deklamation'', [[GA 281]] (1987), ISBN 3-7274-2810-4 {{Vorträge|281}}
* [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/download/aesthetik_material_poetik.pdf Materialien zur Poetik] PDF
 
{{GA}}
 
[[Kategorie:Literatur]] [[Kategorie:Dichtung]]

Aktuelle Version vom 11. August 2022, 12:12 Uhr

Beschreibung

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