Meinung und Pflicht: Unterschied zwischen den Seiten

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Die '''Meinung''' ({{mhd|''meinunge''}}, {{ahd|meinunga}}, von {{idg|*mainô|Sinn}}<ref>{{Literatur | Autor=Hjalmar Falk, Alf Torp | Titel=Wortschatz der germanischen Spracheinheit | TitelErg= | Auflage= | Verlag=Vandenhoeck & Ruprecht | Ort=Göttingen | Jahr=1979 | ISBN=3-525-26405-4 | Seiten=302 }} [https://books.google.at/books?id=yILUGjzSotAC&pg=PA302]</ref>; {{ELSalt|δὀξα}}, '''dóxa''') ist eine [[subjektiv]]e, nicht auf ein gesichertes [[Urteil]], sondern auf einen [[Gewohnheiten|gewohnten]], allgemein verbreiteten populären [[Glaube]]n gegründete Form des Führwahrhaltens, die aber gegebenenfalls durch einen entsprechenden [[Erkenntnisprozess]] zum [[Wissen]] ({{ELSalt|ἐπιστήμη}}, ''[[epistéme]]'') im Sinne einer ''wahren, gerechtfertigten Meinung'' erhoben werden kann.  
Aus '''Pflicht''' (eigtl. Sorge, Dienst, Pflege vom ahd. phlegan) zu handeln heißt, seine Handlung nach von außen anerkannten Normen zu richten.


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"Ein erster Grundsatz, der gewonnen
"Der Mensch handelt, wenn er die Antriebe zu seinem Handeln in Geboten sucht, nach Gesetzen, deren Begründung nicht von ihm abhängt; er denkt sich eine Norm, die von außen seinem Handeln vorgeschrieben ist. Er handelt aus Pflicht. Von Pflicht zu reden, hat nur bei dieser Auffassung Sinn. Wir müssen den Antrieb von außen empfinden und die Notwendigkeit anerkennen, ihm zu folgen, dann handeln wir aus Pflicht. Unsere Erkenntnistheorie kann ein solches Handeln, da wo der Mensch in seiner sittlichen Vollendung auftritt, nicht gelten lassen. Wir wissen daß die Ideenwelt die unendliche Vollkommenheit selbst ist; wir wissen, daß mit ihr die Antriebe unseres Handelns in uns liegen; und wir müssen demzufolge nur ein solches Handeln als ethisch gelten lassen, bei dem die Tat nur aus der in uns liegenden Idee derselben fließt." {{Lit|{{G|001|201f.}}}}
werden soll, ist der alte, schöne Grundsatz des griechischen Weisen:
Wer zur Wahrheit kommen will, darf der eigenen Meinung nicht
achten. - Daher werden Sie die Erfahrung machen, daß derjenige,
der wirklich auf geisteswissenschaftlichen Wegen erfahren ist, sagt:
Ja, mit Meinungen kann ich nicht dienen; ich kann Beschreibungen
geben von Erfahrungen, nicht Regulationsprinzipien, keine Postulate
des Handelns, und solche Beschreibungen sollen als Lehren einfließen
in die Theorie der Geisteswissenschaft. - Meinungen und
Standpunkte muß sich der Geisteswissenschafter abgewöhnen. Er
hat keinen Standpunkt, weil alle Anschauungen sind wie Bilder, die
von verschiedenen Standpunkten aus entstehen, und die so verschieden
sind wie die Menschen, welche die Welt von den verschiedensten
Seiten anschauen. Von einer Seite ist das Bild von materialistischer
Anschauung, dann von anderen Seiten von einer spirituellen,
einer mechanistischen, vitalistischen Anschauung. Das alles sind Anschauungen.
Sie nicht nur theoretisch zu erkennen, sondern so zu
leben mit einer Weltanschauung, daß sich alle Anschauungen wie
Bilder von verschiedenen Seiten ausnehmen, das ist die innere Toleranz,
um die es sich handelt. Es soll nicht Meinung und Meinung
sich bekämpfen. Dann ergibt sich die innere und aus dieser die äußere
Toleranz, die wir brauchen, wenn die Menschheit ihrem Heile in
der Zukunft entgegengehen will." {{Lit|{{G|108|46f}}}}
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{{GZ|Die Wahrheit ist aber nichts,
In seinen ethischen Untersuchung rückte [[Immanuel Kant]] den Pflichtbegriff besonders in den Vordergrund:
worüber man Meinungen haben kann. Eine Wahrheit weiß man, oder
man weiß sie nicht. Es kann niemand sagen, daß die drei Winkel im
Dreieck 725 Grad haben statt 180.


Wenn die Menschen zusammensitzen und reden, so reden sie über
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ihre Meinung, auch unter Umständen über die höchsten Dinge. Aber
"Kant sprach einstmals von der zwingenden Pflicht, von dem, ich möchte sagen, den Menschen bändigenden kategorischen Imperativ, der nichts gestattet von Einmischung irgendeiner Sympathie. Was man tut aus sittlicher Pflicht, tut man, weil man es muß. Kant sagt deshalb: Pflicht, du erhabener, großer Name, der du nichts bei dir führest, was Einschmeichelung oder dergleichen bedeutet, sondern nur strengste Unterwerfung.
alles das ist auf dem Plane der Täuschung und ebenso unzutreffend
 
wie dasjenige, was der sagt, der nicht weiß wie groß die Winkelsumme
[[Schiller]] fand dieses sklavische Unterwerfen unter die Pflicht nicht menschenwürdig. Und er setzte entgegen dieser Kantschen Ausführung das, was er so schön, so großartig ausgedrückt hat in seinen «Briefen über die ästhetische Erziehung des Menschen»." {{Lit|{{G|334|69}}}}
im Dreieck ist, der nur eine Meinung davon hat. Ebenso wie man
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nicht diskutieren kann, ob die Winkelsumme eines Dreiecks so oder so
 
viel Grade hat, ebensowenig kann man diskutieren über höhere Wahrheiten.
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Deshalb ist das demokratische Prinzip in Erkenntnis dingen
"Das aber, was das Menschenleben erst menschenwert machen kann, das ist, wenn erfüllt wird, was [[Goethe]] in ein paar Worten ganz monumental sagt: Pflicht, wo man liebt, was man sich selbst befiehlt. - Aber die Stimmung, zu lieben, was man sich selbst befiehlt, sie kann nur angefeuert werden aus jener Verfassung der menschlichen Seele, die im Erwerben der Geisteswissenschaft zustande kommt." {{Lit|{{G|334|70}}}}
unmöglich, weil es auf keiner Unterlage beruht.|93|108}}
</div>


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Meinung}}
 
* {{Eisler|Meinung}}
[[Autoritätsglaube]], [[Grundmaxime der freien Menschen]]
* {{Kirchner|Meinung}}


== Literatur ==
== Literatur ==
 
#Rudolf Steiner: ''Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften'', [[GA 1]] (1987), ISBN 3-7274-0011-0; '''Tb 649''', ISBN 978-3-7274-6490-4 {{Schriften|001}}
#Rudolf Steiner: ''Die Tempellegende und die Goldene Legende '', [[GA 93]] (1991), ISBN 3-7274-0930-4 {{Vorträge|093}}
#Rudolf Steiner: ''Vom Einheitsstaat zum dreigliedrigen sozialen Organismus'', [[GA 334]] (1983), ISBN 3-7274-3340-X {{Vorträge|334}}
#Rudolf Steiner: ''Die Beantwortung von Welt- und Lebensfragen durch Anthroposophie'', [[GA 108]] (1986), ISBN 3-7274-1081-7 {{Vorträge|108}}


{{GA}}
{{GA}}


== Einzelnachweise ==
[[Kategorie:Ethik]] [[Kategorie:Seelenleben]]
 
<references />
 
[[Kategorie:Philosophie]] [[Kategorie:Erkenntnistheorie]]

Version vom 18. März 2013, 16:51 Uhr

Aus Pflicht (eigtl. Sorge, Dienst, Pflege vom ahd. phlegan) zu handeln heißt, seine Handlung nach von außen anerkannten Normen zu richten.

"Der Mensch handelt, wenn er die Antriebe zu seinem Handeln in Geboten sucht, nach Gesetzen, deren Begründung nicht von ihm abhängt; er denkt sich eine Norm, die von außen seinem Handeln vorgeschrieben ist. Er handelt aus Pflicht. Von Pflicht zu reden, hat nur bei dieser Auffassung Sinn. Wir müssen den Antrieb von außen empfinden und die Notwendigkeit anerkennen, ihm zu folgen, dann handeln wir aus Pflicht. Unsere Erkenntnistheorie kann ein solches Handeln, da wo der Mensch in seiner sittlichen Vollendung auftritt, nicht gelten lassen. Wir wissen daß die Ideenwelt die unendliche Vollkommenheit selbst ist; wir wissen, daß mit ihr die Antriebe unseres Handelns in uns liegen; und wir müssen demzufolge nur ein solches Handeln als ethisch gelten lassen, bei dem die Tat nur aus der in uns liegenden Idee derselben fließt." (Lit.: GA 001, S. 201f.)

In seinen ethischen Untersuchung rückte Immanuel Kant den Pflichtbegriff besonders in den Vordergrund:

"Kant sprach einstmals von der zwingenden Pflicht, von dem, ich möchte sagen, den Menschen bändigenden kategorischen Imperativ, der nichts gestattet von Einmischung irgendeiner Sympathie. Was man tut aus sittlicher Pflicht, tut man, weil man es muß. Kant sagt deshalb: Pflicht, du erhabener, großer Name, der du nichts bei dir führest, was Einschmeichelung oder dergleichen bedeutet, sondern nur strengste Unterwerfung.

Schiller fand dieses sklavische Unterwerfen unter die Pflicht nicht menschenwürdig. Und er setzte entgegen dieser Kantschen Ausführung das, was er so schön, so großartig ausgedrückt hat in seinen «Briefen über die ästhetische Erziehung des Menschen»." (Lit.: GA 334, S. 69)

"Das aber, was das Menschenleben erst menschenwert machen kann, das ist, wenn erfüllt wird, was Goethe in ein paar Worten ganz monumental sagt: Pflicht, wo man liebt, was man sich selbst befiehlt. - Aber die Stimmung, zu lieben, was man sich selbst befiehlt, sie kann nur angefeuert werden aus jener Verfassung der menschlichen Seele, die im Erwerben der Geisteswissenschaft zustande kommt." (Lit.: GA 334, S. 70)

Siehe auch

Autoritätsglaube, Grundmaxime der freien Menschen

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften, GA 1 (1987), ISBN 3-7274-0011-0; Tb 649, ISBN 978-3-7274-6490-4 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  2. Rudolf Steiner: Vom Einheitsstaat zum dreigliedrigen sozialen Organismus, GA 334 (1983), ISBN 3-7274-3340-X pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.