Planetentöne

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Planetentöne sind Töne, die auf der Basis der Rotationszeiten respektive der Umlaufszeiten der Planeten berechnet werden (Sonifikation). Die Beschäftigung mit ihnen beruht auf dem Wunsch von einigen Musiktheoretikern, ein Tonsystem zu erhalten, das auf natürlichen, periodischen Prozessen beruht. Die aus den Daten der Erde errechneten Töne werden im allgemeinen auch den Planetentönen zugeordnet. Die Berechnung erfolgt mittels des sogenannten Oktavgesetzes, das heißt durch Oktavierung (Frequenzverdoppelung) der planetarischen Rotationsperioden.

Wissenschaftsgeschichte

Johannes Kepler setzte sich mit dem antiken Gedankengut der Sphärenklänge mit seinem Werk „Harmonice Mundi“ (hier: Ausgabe Linz 1619) auseinander

Auf das antike Konzept der Sphärenmusik oder Sphärenharmonie ist bis weit in die Neuzeit immer wieder von Naturwissenschaftlern (bis Anfang des 17. Jahrhunderts) und Naturphilosophen direkt und indirekt Bezug genommen worden. Das unhörbar klingende Universum wurde als durch Zahlenproportionen geordnete Welt vorgestellt. Diese Ordnung galt wegen ihrer mathematischen Form als in sich stimmig und harmonisch.

Die Astronomie war in der Antike eine Leitdisziplin der Welterkenntnis. Die der Welt zugrundeliegende Ordnung war für den antiken Menschen etwas nicht mit den Sinnen Wahrnehmbares, dennoch Vorhandenes. Aus ihren astronomischen Beobachtungen schlossen die Pythagoräer auf einen durch das Prinzip der Zahl in sich wohlgeordneten Kosmos. Diese Konzeption nahm Platon in seinem Timaiosdialog auf.

Gott hat die Welt geordnet nach Maß, Zahl und Gewicht“: dieser Satz aus dem apokryphen Buch der Weisheit war eine theoriebildende Grundlage für die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Wissenschaften von der Natur und von der ebenfalls zahlhaft geordnet aufgefassten Musik (siehe auch Harmonie).

Im frühen 17. Jahrhundert nahm Johannes Kepler in seinem Werk "Harmonices Mundi" noch einmal auf diese Lehren Bezug und setzte ihnen dann seine Theorie der Planetenbewegung entgegen. Marin Mersenne leistete die Vermittlung zwischen den Epochen im Bereich der Musiktheorie. Auf Platons Timaiosdialog bezog sich F. W. Schelling in seinem naturphilosophischen Ansatz. Angesichts der empirischen Naturforschung, die sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts etablierte, wurde diese Art der Naturphilosophie jedoch bald als esoterisch verworfen.

Die Frage, wie man „Sphärenharmonien“ möglichst naturgetreu respektive in höchstmöglicher Analogie zur Natur musikalisch darstellen kann, beschäftigte u.a. den Musikwissenschaftler Hans Cousto in den späten 70er Jahre des letzten Jahrhunderts. Ihm war bekannt, dass Johannes Kepler die Relationen der Bahngeschwindigkeiten der Planeten im Aphel und Perihel musikalischen Intervallen zuordnete, doch die Frage des Grundtones konnte Kepler mit seiner Vorgehensweise nicht lösen. Es galt somit, einen oder mehrere Grundtöne zu finden, die eine Analogie zur Natur haben und nicht absolut willkürlich gewählt wurden, wie z.B. der heute übliche Kammerton von 440 Hz. So kam Cousto auf die Idee, astronomische Perioden wie die Rotation der Erde oder ihr Umlauf um die Sonne in den Hörbereich zu oktavieren – als Grundmaße für ein künstlerisches Projekt. Diese Idee wurde rasch von anderen Künstlern (und Esoterikern) übernommen und auch umgesetzt.

Der Musikjounalist und Sachbuchautor Joachim-Ernst Berendt nannte die Planetentöne in seinem Buch „Das dritte Ohr – Vom Hören der Welt“ (1988) auch „Urtöne“. Ebenso gab Berendt mehrere Musikproduktionen unter dem Namen „Urtöne“ heraus, die alle auf Planetentöne eingestimmt waren.

Forschung

Planeten geben keine Töne von sich. Der Begriff „Planetenton“ bezeichnet zunächst lediglich eine Frequenz zwischen ca. 20 und 20.000 Hertz, die mittels Frequenzverdoppelung (Oktavierung) aus einer Rotations- oder Umlaufsfrequenz eines Planeten mathematisch errechnet wird. Planetentöne sind virtuelle Töne, die mittels geeigneter Instrumentarien wie Stimmgabeln, Tongeneratoren oder Musikinstrumenten hörbar gemacht werden können. Als allgemeine Bezeichnung umfasst der Begriff „Planetentöne“ auch die virtuellen Tonfrequenzen von Mondumläufen oder anderen stetig sich wiederholenden astronomischen Ereignissen.

Warum Frequenzverdoppelung? Das Schwingungsverhältnis von 1:2 ist außer dem Verhältnis von 1:1 von allen Verhältnissen dasjenige, welches bei gleichem Energieniveau die stärkste Resonanz auslöst. Es wird von nahezu allen Musikkulturen als grundlegendes Intervall verwendet und im abendländischen Kulturkreis als „Oktave“ bezeichnet.

Bei den virtuellen Tonfrequenzen der Erde wurden Übereinstimmungen mit Frequenzen aus verschiedenen Forschungszweigen festgestellt. Bei den Sferics (atmosphärischen Wetterfrequenzen) sind von den sieben bekannten Hauptfrequenzbereichen drei auf Oktavtöne der Erdrotation (auch „Tageston“ genannt) gestimmt, während die anderen (bis auf eine) ein genaues musikalisches Intervall zum Tageston bilden. Bemerkenswert ist, dass die Übereinstimmung genauer als ein Promille ist.

Bei Vergleichen mit Musikaufnahmen klassischer indischer Sitarmusik kann häufig eine Übereinstimmung des Grundtones mit dem Erdenjahr-Ton beobachtet werden. Der Grundton dieser Musik wurde dabei intuitiv oder kontemplativ ermittelt. Laut dem Buch „Meine Musik, mein Leben“ von Ravi Shankar liegt dieser Ton zwischen dem europäischen C und Cis. Der dem Jahreston-Cis entsprechende Kammerton a hat 432 Hz.

Die Anwendung des Schwingungsverhältnis von 1:2 über den Bereich der Musik hinaus ermöglicht einen Ansatz zur systematischen Erforschung von Zusammenhängen zwischen verschiedenen Schwingungs-Frequenzbereichen.

Verwendung

Die Planetentöne werden unter anderem in esoterischen Kreisen angewandt. Es werden Klangschalen, Gongs, Stimmgabeln und ähnliche Klangerzeuger mit den jeweiligen Tönen zu Meditationszwecken hergestellt.

Vereinzelt finden diese Frequenzen Anwendung in der Musik, vorwiegend bei Meditationsmusik, Psytrance oder Techno.

Berechnung der Tonhöhe

Um die Tonhöhe in Hertz zu bestimmen, muss die Dauer einer Umdrehung des Planeten in Sekunden ermittelt werden.

Dies ist am Beispiel des Tagestons der Erde gut zu erklären:

Ein Tag hat 24 Stunden à 60 Minuten, insgesamt also 86400 Sekunden. Hieraus wird die Anzahl der Umdrehungen pro Sekunde errechnet. Dazu nimmt man den Kehrwert der Tagesdauer in Sekunden:

(Tagesfrequenz)

Diese Frequenz ist aber viel zu niedrig um vom menschlichen Gehör wahrgenommen werden zu können, zumal sie nicht als Schwingung vorliegt, und somit unabhängig von ihrer Frequenz sowieso kein hörbarer "Ton" ist. Das Ohr kann nur Frequenzen im Bereich von 16 Hz bis 19.000 Hz hören. Also muss die Frequenz in Oktaven bis zu einem gut hörbaren Bereich erhöht werden. Bei der Erhöhung der Frequenz um eine Oktave wird die Frequenz verdoppelt. Dieser Vorgang kann gut am Beispiel eines Klaviers erklärt werden. Dort kann der gleiche Ton einfach höher gespielt werden, indem man die siebte (lat. octavus: „der achte“) Taste weiter rechts anschlägt. Die Erdfrequenz muss mindestens um 24 Oktaven höher gespielt werden, um vom Gehör gut wahrgenommen zu werden. Das bedeutet, dass die Frequenz 24 Mal verdoppelt wird.

Datei:Planetentoene3.png

Der 24fach oktavierte Tageston beträgt also 194,18 Hz.


Vereinfachte Formel, wobei n die Anzahl der Oktaven ist:

Datei:Planetentoene2.png

Planetenton-Frequenzen

Siderische Planetenumläufe

Planet/
Zwergplanet
Umlaufzeit [h] Grundton [Hz] Oktaven Planetenton [Hz]
Merkur 2111,3 131,57·10-9 30 141,27
Venus 5392,8 51,51·10-9 32 221,23
Erde 8766,2 31,69·10-9 32 136,10
Mars 16488 16,85·10-9 33 144,72
Jupiter 103982,1 2,67·10-9 36 183,58
Saturn 258221 1,08·10-9 37 147,85
Uranus 736462 3,77·10-10 39 207,36
Neptun 1444503 1,92·10-10 40 211,44
Pluto 2177573 1,28·10-10 40 140,25

Literatur

  • Hans Cousto: Die Kosmische Oktave. Synthesis Verlag, Essen 1984. ISBN 3-92202-624-9
  • Joachim-Ernst Berendt: Das dritte Ohr. Vom Hören der Welt. Reinbek: Rowohlt 1988, ISBN 3-499-18414-1
  • Wolfgang Martin Stroh: Handbuch New Age Musik. ConBrio Verlagsgesellschaft, Regensburg 1994. ISBN 3-930079-40-2
  • Hans Baumer: Spherics, die Entdeckung der Wetterstrahlung. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, 1987
  • Ravi Shankar: Meine Musik, mein Leben. Nymphenburger Verlagshandl., München 1969

Weblinks


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