Trotzkismus und Vierte Internationale: Unterschied zwischen den Seiten

Aus AnthroWiki
(Unterschied zwischen Seiten)
imported>Joachim Stiller
Keine Bearbeitungszusammenfassung
 
imported>Joachim Stiller
 
Zeile 1: Zeile 1:
[[Datei:Bundesarchiv_Bild_183-R15068%2C_Leo_Dawidowitsch_Trotzki.jpg|mini|upright|Leo Trotzki (um 1929)]]
[[Datei:ForthInternational.svg|mini|Häufiges Logo der Vierten Internationale]]
Die '''Vierte Internationale''' ist ein Verbund [[Trotzkismus|trotzkistischer]] Parteien und Gruppen, der am 3. September 1938 in Paris gegründet wurde. Ihre Gründung war die Konsequenz aus der Dominanz des [[Stalinismus]] in der [[Kommunistische Internationale|Dritten Internationale]] (Komintern) in den 1930er Jahren.


Der '''Trotzkismus''' ist eine von [[Leo Trotzki]] ausgehende Richtung des [[Marxismus]] sowie ein politischer Kampfbegriff, den [[Josef Stalin]] zur Diffamierung und [[Großer Terror (Sowjetunion)|Verfolgung politischer Gegner]] verwendete.
== Geschichte ==
=== Gründung und Anfangsjahre ===
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-R15068, Leo Dawidowitsch Trotzki.jpg|thumb|Leo Trotzki, ca. 1929]]Die Vierte Internationale war die Fortführung der von [[Leo Trotzki]] initiierten und geführten Internationalen Linken Opposition in der [[Kommunistische Internationale|Komintern]] und ihren Sektionen. Sie hatte ihre Schwerpunkte in der Auseinandersetzung mit dem inneren Regime der [[Sowjetunion]] nach dem Abflauen der durch den [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] ausgelösten revolutionären Welle und dem aufkommenden [[Stalinismus]], in der strategischen Ausrichtung der chinesischen Revolution in den [[1920er]] Jahren, im Kampf gegen den [[Faschismus]] in Deutschland, für eine als revolutionär verstandene Klassenpolitik im [[Spanischer Bürgerkrieg|spanischen Bürgerkrieg]] von 1936 bis 1939 und im Kampf gegen die Kriegsgefahr, die vom nationalsozialistischen Deutschland ausging.


== Inhalte ==
Mit den [[Moskauer Prozesse|Moskauer Schauprozessen]] in der Zeit des [[Großer Terror (Sowjetunion)|Großen Terror]]“ musste sich die Vierte Internationale mit der Verteidigung Trotzkis und anderer als „Trotzkisten“ gebrandmarkten und angeklagten Gegnern des Stalinismus beschäftigen. Das von Trotzkis Sohn [[Lew Lwowitsch Sedow|Lew Sedow]] verfasste ''Rotbuch über den Moskauer Prozeß'' und die von [[John Dewey]] 1937 in Mexiko geführte internationale Untersuchungskommission wiesen aus dem Exil heraus die Anschuldigungen der Ankläger zurück.
Der Trotzkismus weicht insbesondere von der durch Josef Stalin vorgegebenen Linie des orthodoxen [[Marxismus-Leninismus]] vor allem hinsichtlich der Revolutionstheorie und der Parteilehre ab. Wesentlicher Bestandteil ist die [[Permanente Revolution#Trotzki|Theorie der „Permanenten Revolution“]], das heißt: die sozialistische Revolution als weltweiter, ständiger Prozess unter Führung von [[Arbeiter- und Soldatenrat|Arbeiterräten]].


Nach eigenem Verständnis vertrat Trotzki die ursprünglichen, international ausgerichteten [[Leninismus|leninschen Lehren]] der russischen [[Oktoberrevolution]] im Gegensatz zur späteren Verdrehung durch den [[Stalinismus]] ([[Sozialismus in einem Land]]). Er definierte den Begriff in den 1920er Jahren als „die richtige Anwendung des Marxismus an die neue Etappe in der Entwicklung der Oktoberrevolution und unserer Partei.“<ref>Trotzki: ''Die Fälschung der Geschichte der russischen Revolution'', Buchverlag und -vertrieb Wolfgang Dröge, Dortmund 1977, ISBN 3-88191-002-6, S. 68.</ref>
Nach der 1933 manifest gewordenen Niederlage der seit dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] gespaltenen [[Arbeiterbewegung in Deutschland]] und dem Ausbleiben einer Kurskorrektur seitens der [[Kommunistische Partei Deutschlands|KPD]], die erst lange nach der Machtübertragung auf die NSDAP ihre [[Sozialfaschismusthese]] revidierte und eine [[Einheitsfront]] anstrebte, aber genau wie die gesamte Komintern an Stalin festhielt, erklärte Trotzki, „Man kann nicht länger mit [[Josef Stalin|Stalin]], [[Dmitri Sacharowitsch Manuilski|Manuilski]], [[Solomon Abramowitsch Losowski|Losowski]] und Co. in ein und derselben ‚Internationale‘ bleiben“, und überzeugte seine Sympathisanten davon, organisatorisch mit den Kommunistischen Parteien zu brechen und den Kurs auf die Bildung von neuen Parteien und einer neuen [[Internationale]] zu nehmen. Trotzki drängte seit 1933 auf den Bruch der Linken mit dem Stalinismus und rief sowohl oppositionelle Kommunisten als auch Linkssozialisten auf, eine neue Internationale zu gründen. Für Trotzki stellte dies „die einzige Möglichkeit dar, die proletarisierten und pauperisierten Massen vom immer aussichtsloser werdenden Weg der II. und III. Internationale und vom Faschismus wegzuführen.“<ref>Heinz Brakemeier, Leo Trotzki (1879-1940), in: [[Walter Euchner]] (Hg.), Klassiker des Sozialismus II, München 1991, S. 117.</ref> Die Gründung der IV. Internationale war damit eine Reaktion auf die deutlich gewordene Schwäche der weltweiten Linken, der es weder gelang, die Ausbreitung des Faschismus zurückzudrängen, noch dem Stalinismus etwas entgegenzusetzen und letztlich auch nicht der chinesischen Revolution eine sozialistische Richtung zu geben.<ref>[[Christoph Jünke]], Trotzkismus, in: Bernd Hüttner, Marcel Bois (Hg.), Geschichte einer pluralen Linken, Bd. 1, Berlin 2010, S. 28.</ref>


Im Gegensatz zu der von Stalin vertretenen These vom möglichen „Sozialismus in einem Land“ stand Leo Trotzki für einen konsequenten [[Internationalismus]]. Nach seiner Theorie der permanenten Revolution kann der [[Sozialismus]] als Übergangsgesellschaft zum [[Kommunismus]] nur auf internationaler Ebene funktionieren, weswegen die ganze Welt durch eine Revolution vom [[Kapitalismus]] befreit werden müsse. Ausgangspunkt für den Trotzkismus ist aber vor allem auch die von Trotzki 1936 verfasste Studie ''[[Verratene Revolution. Was ist die Sowjetunion und wohin treibt sie?]]'' Darin arbeitete er eine Analyse der ''Bürokratisierung'' der häufig als ''degenerierte'' [[Arbeiter-und-Bauern-Staat|Arbeiterstaaten]] bezeichneten Länder aus, in denen eine proletarische Revolution stattgefunden hatte. Trotzkisten verstehen sich, wie viele andere marxistische Strömungen auch, als Vertreter des [[Leninismus]].
An der Gründungskonferenz der trotzkistischen Vierten Internationale am 3. September 1938 in [[Paris]] nahmen die österreichischen Delegierten [[Karl Fischer (Kommunist)|Karl Fischer]] und [[Georg Scheuer]] teil<ref>Ernst Schwager: ''Die österreichische Emigration in Frankreich 1938–1945.'' Böhlau, Wien/Köln/Graz 1984, ISBN 3-205-08747-X, S.&nbsp;51f.</ref>, beide stimmten allerdings gegen die [[Proklamation]] der Internationale. Gründe dafür waren andere Einschätzungen der Weltlage. In Folge trennten sich die ''Revolutionären Kommunisten Österreichs (RKÖ)'' auch organisatorisch von der Vierten Internationale und begannen, die Einschätzungen der Internationale und Trotzkis zu kritisieren.<ref>http://www.sozialismus.net/zeitung/mr15/scheuer.html</ref>


Eine unter anderem von trotzkistischen Bewegungen verwendete Methode ist jene des [[Entrismus]]“, der offenen oder verdeckten Mitarbeit in Parteien und Organisationen. Ziel kann dabei sein, die eigene Ideologie zu verbreiten, Mitglieder zu gewinnen, den Kurs der Organisation zu verändern, in Zeiten der Marginalisierung beziehungsweise des Verbots revolutionärer Organisationen nicht vollständig vom politischen Geschehen isoliert zu sein oder eine legale politische Arbeitsmöglichkeit zu haben.
Gemeinsam mit zwei anderen Trotzkisten verabschiedeten die ehemaligen Häftlinge des [[KZ Buchenwald|Konzentrationslagers Buchenwald]] Karl Fischer und [[Ernst Federn]] nach der Befreiung des KZs durch die [[United States Army]] am 20. April 1945 die ''„Erklärung der internationalistischen Kommunisten Buchenwalds“'' der Vierten Internationale.<ref>http://www.marxismus-online.eu/archiv/getrobe/buchenwald.html</ref><ref>Fritz Keller: ''Gegen den Strom. Fraktionskämpfe in der KPÖ. Trotzkisten und andere Gruppen 1919–1945.'' (=''Materialien zur Arbeiterbewegung'' Band 10) Europaverlag, Wien 1978, ISBN 3-203-50688-2, S.&nbsp;305f.</ref><ref> Fritz Keller: ''In den Gulag von Ost und West. Karl Fischer. Arbeiter und Revolutionär.'' ISP-Verlag, Frankfurt am Main 1980, ISBN 3-88332-046-3, S.&nbsp;149ff.</ref>


„Trotzkismus“ als politischer Begriff wurde vor 1917 in erster Linie innerhalb der [[Sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands|Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands]] zur Charakterisierung von Trotzkis Auffassungen verwendet.
[[Datei:Quatrieme internationale.JPG|thumb|Die Titelblätter zweier Ausgaben der Zeitschrift ''Quatrième Internationale'' von 1946]]Die Erwartung der Vierten Internationale, dass sich der [[Stalinismus]] im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] diskreditieren würde und danach die Sektionen der Vierten Internationale an der Spitze von revolutionären Massenerhebungen stehen würden, erfüllte sich nicht; die Geschichte hatte sich anders entwickelt als von der Vierten Internationale gemutmaßt. Die Trotzkisten glaubten aufgrund des stark bürokratischen Charakters der von ihnen als „degeneriert“ bezeichneten Sowjetunion nicht, dass diese erstarkt aus dem Zweiten Weltkrieg hervorgehen würde. Ihre Vorhersage über die Zukunft der Sowjetunion zwischen innerer politischer Revolution oder Zerfall und Restaurierung des Kapitalismus trat erst sehr viel später als vermutet ein.
Bei Stalin fungierte der Begriff nach 1923 als „Modellfall für sämtliche Formen der Linksopposition in der kommunistischen Bewegung bzw. der Sowjetunion“,<ref>Pierre Séverac: „Trotzkismus“, in: ''[[Kritisches Wörterbuch des Marxismus]]'', Bd. 7, Argument-Verlag, 1997, ISBN 3-88619-067-6</ref> um dann schließlich ab Mitte der 1930er-Jahre hauptsächlich in der politischen Auseinandersetzung mit der [[Linke Opposition in der Sowjetunion|Linken Opposition]] innerhalb der [[Kommunistische Internationale|III. Internationalen]] als Kampf- und Propagandabegriff verwendet zu werden. Abweichler von der Parteilinie der [[Kommunistische Partei der Sowjetunion|KPdSU]] wurden oft als ''Trotzkisten'' bezeichnet, so zum Beispiel in den [[Moskauer Prozesse]]n 1936 bis 1938, in denen unter anderem ehemalige Mitglieder des [[Zentralkomitee]]s verurteilt wurden. Leo Trotzki und seine Anhängerschaft bezeichneten sich selbst jedoch als Bolschewiki-Leninisten, um ihre Verbundenheit mit der politischen Linie der [[Bolschewiki]] unter Lenin zu betonen.


== Geschichte ==
Sowohl die Sowjetunion als auch das [[Maoismus|maoistische]] China betrachteten den Anspruch der IV. Internationale, in der Nachfolge der III. Internationalen zu stehen, als illegitim. Es gelang ihr nicht unter dieser Bezeichnung wie vorher Massenorganisationen zu vereinen.<ref name=mand>[[Ernest Mandel]], ''[http://www.marxists.org/archive/mandel/1976/xx/trots-ww2.htm Trotskyists and the Resistance in World War Two]''</ref>
Der Begriff „Trotzkismus“ bezieht sich auf den [[Kommunismus|kommunistischen]] [[Revolution|Revolutionär]] Leo Trotzki, Mitglied des Zentralkomitees der [[Oktoberrevolution|Russischen Revolution]], nach dem Sturz der bürgerlichen Regierung [[Alexander Fjodorowitsch Kerenski|Kerenski]] Volkskommissar des Äußeren (Außenminister) und Kriegskommissar (Kriegsminister) im [[Russischer Bürgerkrieg|Bürgerkrieg]] auf der Seite der Bolschewiki. Laut Trotzki selbst ist der Ursprung des Terminus
Die meisten Parteien des sozialdemokratischen Spektrums sind bis heute unter dem Dachverband der [[Sozialistische Internationale|Sozialistischen Internationale]] (II. Internationale) als Nachfolgeorganisation der 1864 gegründeten „Internationale Arbeiterassoziation“ (IAA) vereinigt. Die Komintern (III. Internationale), die Internationale der kommunistischen Parteien, wurde 1943 als Zugeständnis an die Westalliierten plötzlich aufgelöst. Heutige linke und [[Linkssozialismus|linkssozialistische]] Parteien verzichten meist auf die Organisation in einer Internationale oder gar auf die Wiedergründung einer solchen. Die Gründung der [[Europäische Linke|Europäischen Linken]] war explizit mit einer Absage an eine neue Internationale verbunden. Auch trotzkistische Gruppen, etwa die in der [[International Socialist Tendency]] organisierten, streben nicht die Wiedergründung einer neuen Internationale an und betrachten die IV. Internationale als nicht existent.
„Trotzkismus“ jedoch schon früher zu datieren, so wurde er erstmals 1905 vom damaligen russischen Außenminister Milkujow benutzt.<ref name="Trotzki, Leo: Mein Leben">Leo Trotzki: ''[[Mein Leben (Trotzki)|Mein Leben]]'', Berlin 1930, S. 273.</ref> Nach dem Tod [[Wladimir Iljitsch Lenin|Lenins]] entwickelten sich ideologische Auseinandersetzungen zwischen der Linken Opposition um Trotzki und den Anhängern des [[Stalinismus]] über den zukünftigen Weg. In diesem Zusammenhang wurde der Begriff „Trotzkismus“ vom herrschenden [[Triumvirat]], [[Josef Stalin|Stalin]], [[Grigori Jewsejewitsch Sinowjew|Sinowjew]] und [[Lew Borissowitsch Kamenew|Kamenew]], zur Bekämpfung der politischen Gegner angewandt. [[Karl Radek]] gab dazu 1927 das Zeugnis ab:


:„Ich war bei dem Gespräch mit Kamenew anwesend wo L.B.“ [gemeint ist Kamenew] „sagte, daß er vor dem Plenum des ZK offen erklären würde, wie sie, das heißt, Kamenew und Sinowjew, sich zusammen mit Stalin entschieden, die alten Uneinigkeiten zwischen L.D. [gemeint ist Trotzki] und Lenin zu nutzen, um dadurch Genossen Trotzki nach Lenins Tod von der Führung der Partei fernzuhalten. Überdies habe ich wiederholt aus dem Munde von Sinowjew und Kamenew die Erzählung darüber gehört, wie sie den Trotzkismus als einen aktuellen Slogan ‚erfunden‘ hatten.
Die Sektionen der Vierten Internationale sind – außer in [[Sri Lanka]] (Ceylon), [[Bolivien]], [[Vietnam]], [[Frankreich]] und teilweise [[Belgien]] – nirgendwo über den Status kleiner Kader- und Splitterparteien oder anderer Kleingruppen hinausgekommen. Trotzkistische Parteien, die auch nach dem Zweiten Weltkrieg eine gewisse Bedeutung erlangten, zum Beispiel der [[Movimiento al Socialismo (Argentinien)|Movimiento al Socialismo]] in [[Argentinien]], die [[Socialist Workers Party (Vereinigtes Königreich)|Socialist Workers Party]] im Vereinigten Königreich oder die trotzkistischen Gruppen in Frankreich waren bzw. sind nicht Teil der IV. Internationale. Die zwei größten trotzkistischen Organisationen in Deutschland, [[Marx21]] sowie die [[Sozialistische Alternative (SAV)]] sind Mitglied in der [[International Socialist Tendency]] bzw. im [[Committee for a Workers’ International]].


:K. Radek
=== Spaltung ===
:25. Dezember 1927“<ref name="et">Trotzki: „Lenins unterdrücktes Testament“, zitiert nach: [http://www.marxists.org/archive/trotsky/1932/12/lenin.htm] (englischer Text, eigene Übersetzung).</ref>
1953 kam es zur Spaltung der IV. Internationale. Bis 1963 existierten zwei Flügel parallel zueinander. Deren Exekutivgremien nannten sich fortan „Internationales Sekretariat“ (IS) bzw. „Internationales Komitee“ (IK.) Dieses Internationale Komitee ist nicht identisch mit dem heutigen gleichnamigen Exekutivorgan der IV. Internationale.


Zum Zweck der „Erfindung“ des Trotzkismus schreibt Trotzki selbst 1932 in „Lenins unterdrücktes Testament“ weiter:
Prominente Vertreter des IS waren [[Pierre Frank]] (Frankreich), [[Michel Pablo]] (Griechenland) und später [[Ernest Mandel]] (Belgien) und [[Livio Maitan]] aus Italien.<br />
Im IK fanden sich Namen wie [[James P. Cannon]] aus den USA und [[Gerry Healy]] aus England und [[Pierre Lambert]] (Frankreich). Die frühere US-amerikanische Sektion, die SWP ([[Socialist Workers Party (Vereinigte Staaten)|Socialist Workers Party]]), war allerdings seit dem [[Jerry Voorhis|Voorhis-Gesetz]] aus der Vierten Internationale ausgeschieden, um nicht diesem Gesetz zufolge praktisch völlig unter Polizeiaufsicht zu stehen.
:„Ähnliche geschriebene Zeugnisse wurden von [[Jewgeni Alexejewitsch Preobraschenski|Preobrashinski]], [[Georgi Leonidowitsch Pjatakow|Pjatakow]], [[Christian Georgijewitsch Rakowski|Rakowski]] und [[Wiktor Borissowitsch Jelzin|Jelzin]] abgegeben. Pjatakow, der gegenwärtige Direktor der Staatsbank, fasste Sinowjews Zeugnis in den folgenden Worten zusammen:
::»‚Trotzkismus‘ war zu dem Zweck erfunden worden, die wirklichen Meinungsunterschiede durch fiktive Unterschiede zu ersetzen, das heißt, vergangene Unterschiede zu nutzen, die keine Auswirkung auf die Gegenwart hatten, die aber zu dem oben erwähnten, bestimmten Zweck künstlich wiederbelebt wurden.«<ref name="et" />


1925 rühmte sich Sinowjew auch gegenüber Rakowski seiner erfolgreichen Taktik gegen Trotzki und bedauerte nur, ‚dieses Kapital schlecht angewandt und vergeudet zu haben‘.«“<ref>Trotzki: ''Stalin Eine Biographie'', 2.Auflage, Arbeiterpresse Verlag, Essen 2006, ISBN 3-88634-078-3, S. 446.</ref>
=== Teilweise Wiedervereinigung ===
1963 vereinigte sich ein Teil des IK-Flügels wieder mit dem Internationalen Sekretariat, das Führungsgremium nannte man daraufhin „Vereinigtes Sekretariat“, was dann in den Abkürzungen „VS“ (deutsch) oder „USec“ (englisch) zur Identifizierung dieser Organisation diente.  
Ab 1926 kam es dann innerhalb der KPdSU, der III. Internationale und den in ihr zusammengeschlossenen Parteien immer wieder zu ''[[Stalinsche Säuberungen|Säuberungen]]'' von oft als „Trotzkisten“ bezeichneten „Abweichlern“ von der herrschenden „Generallinie“ der KPdSU. Teilweise wurden die Anhänger der Linken Opposition aus der Partei entfernt, andere in die [[Verbannung]] geschickt, und weitere gingen ins [[Exil]].  


Nach den Parteiausschlüssen und dem Schock über die Machtübernahme durch die [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]] in Deutschland wurde 1938 die [[Vierte Internationale]] gegründet, die sich als [[Marxismus|marxistische]] weltumspannende Organisation verstand. Die inhaltliche Grundlage wurde durch Arbeiten Leo Trotzkis ergänzt.  
Die politische Basis der Zusammenlegung war eine gemeinsame Ansicht über die historischen Grundlagen der Vierten Internationale, die übereinstimmende Bewertung des [[Ungarischer Volksaufstand|Aufstands in Ungarn]] 1956 sowie vor allem die positive Haltung zur [[Kubanische Revolution|kubanischen Revolution]] und deren Führung mit [[Fidel Castro]] und [[Che Guevara|Ernesto „Che“ Guevara]].  


Die Vierte Internationale erlebte 1953 eine Spaltung in zwei Flügel, [[Pablismus|Pablisten]] und ''orthodoxe Trotzkisten'', die sich 1963 zum Teil wieder vereinigten. Splitter dieser Spaltung gründeten zum Teil eigene internationale Organisationen oder beanspruchen teilweise auch den Titel ''IV. Internationale''.
Gegnerschaft vor allem zur Führung der kubanischen Revolution bzw. der politischen Realität in Kuba brachte große Teile vor allem um das „Internationale Komitee“ dazu, die Wiedervereinigung abzulehnen und sich nicht an ihr zu beteiligen. Es gab auf beiden Seiten auch Widerstand gegen die Wiedervereinigung, die in Absplitterungen auf beiden Seiten mündeten, die jeweils auch wieder unter dem Namen ''Vierte Internationale'' auftraten und weiter auftreten und sich im Verlaufe der Jahrzehnte durch weitere Spaltungen vermehrt haben.


Herrschende Diskurse im „[[Realsozialismus]]“ bezeichneten den Trotzkismus als „eine kleinbürgerliche Strömung“, die dem Marxismus-Leninismus, der internationalen kommunistischen Bewegung und dem sozialistischen Weltsystem insbesondere der Sowjetunion – feindlich gegenübersteht.<ref>''Kleines Politisches Wörterbuch'', Dietz Verlag Berlin, 3. überarbeitete Auflage 1978, S. 901.</ref>
== Gegenwart ==
Diese Organisationen verstehen sich als ''die'' Vierte Internationale:
* Die wiedervereinigte Vierte Internationale mit einem „Exekutivbüro“ (ehemals „Vereinigtes Sekretariat“) als Führungsgremium, die sich auf die organisatorische Kontinuität bis zur Gründung von 1938 beruft in Deutschland vertreten durch die ''Internationale Sozialistische Organisation'' (ISO, ehemals [[Revolutionär Sozialistischer Bund/Vierte Internationale|RSB]] und [[Internationale sozialistische linke|isl]]), in Österreich durch die [[Sozialistische Alternative (SOAL)]];
* Das [[Internationales Komitee der Vierten Internationale|Internationale Komitee der Vierten Internationale]] mit einem Führungsgremium um die frühere „Workers League“ in den USA unter Führung von [[David North]], dessen Sektionen alle die „Soziale Gleichheit“ bzw. „Socialist Equality“ im Namen führen – in Deutschland vertreten durch die [[Sozialistische Gleichheitspartei]].
* Die Vierte Internationale, die 1993 aus der Vereinigung des [[Comité d'Organisation pour la Reconstruction de la IVe Internationale|CORQI]] um die französische Partei von [[Pierre Lambert]] und eines Teils der [[Ligue Internationale des Travailleurs|LIT]] entstanden ist.  


Manche Trotzkisten haben sich ideologisch geöffnet und in einigen Punkten vom orthodoxen Marxismus abgegrenzt. Nach den [[Studentenbewegung]]en der 1960er- und 1970er-Jahre haben sich Trotzkisten auch den sogenannten „neuen Fragen“ zu [[Ökologie]], [[Patriarchat (Soziologie)|Patriarchat]] und Frauenunterdrückung und Ähnlichem gestellt.
Außerdem gibt es zahlreiche [[Liste trotzkistischer Organisationen|Organisationen, die sich in der Tradition der Vierten Internationale sehen]]. Manche von ihnen streben den Wiederaufbau der 4. Internationale an, andere wiederum zielen auf die Gründung einer nicht näher benannten neuen Internationale, im Falle der „Liga für die 5. Internationale“ (L5I) auf die Schaffung einer 5. Internationale in der Tradition Marx, Lenins und Trotzkis.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Kategorie:Trotzkismus}}
* {{WikipediaDE|Vierte Internationale}}
* {{WikipediaDE|Trotzkismus}}


== Literatur ==
== Literatur ==
* Robert J. Alexander: ''International Trotskyism, 1929–1985. A Documented Analysis of the Movement''. Duke University Press, Durham NC 1991, ISBN 0-8223-0975-0 (englisch).
* Daniel Bensaïd: ''The Formative Years of the Fourth International, 1933-1938,'' (Notebooks for Study and Research, No. 9). Amsterdam 1998.
* Günter Bartsch: ''Trotzkismus als eigentlicher Sowjetkommunismus? Die IV. Internationale und ihre Konkurrenzverbände''. Dietz, Berlin / Bonn 1977, ISBN 3-8012-1098-7.
* Alex Callinicos: ''[http://www.marxists.de/trotism/callinicos/index.htm Trotskyism]''. Maidenhead 1990. ISBN 0-335-15623-1
* Daniel Bensaïd: ''Was ist Trotzkismus?'' Ein Essay (übersetzt von Harald Etzbach, Paul B. Kleiser und Patrick Ramponi), ISP, Köln  2004, ISBN 978-3-89900-108-2 ([http://www.neuerispverlag.de/daunloud.php?titel=bensaid_trotzkismus.pdf als PDF-Datei, 136 Seiten 257 KB]).
* Pierre Frank: ''Die Geschichte der IV. Internationale.'' Hamburg 1975.
* Alex Callinicos: ''[http://www.marxists.de/trotism/callinicos/index.htm Trotskyism]'', Open University Press, 1990 (englisch).
* Duncan Hallas: ''[http://www.marxists.org/deutsch/archiv/hallas/1973/xx/niedergang-vi.htm Der Niedergang der Vierten Internationale]'', ursprünglich in ''International Socialism'', Nr. 60, Juli 1973
* Manuel Kellner: ''Trotzkismus'', Schmetterling, Stuttgart 2004, ISBN 3-89657-584-8.
* François Moreau: ''Combats et debats de la Quatrième Internationale'' (IIRE Working papers No 8-10). Amsterdam 1990.
* David King: ''Roter Stern über Russland: Eine visuelle Geschichte der Sowjetunion von 1917 bis zum Tode Stalins'' Mehring, Essen 2010, ISBN 978-3-8863-4091-0.
* David North: ''Das Erbe, das wir verteidigen : ein Beitrag zur Geschichte der 4. Internationale'', Arbeiterpresse-Verlag Essen, 1988 ISBN 3-88634-051-1
* Wolfgang Lubitz, Petra Lubitz: ''Trotsky Bibliography''. An international classified list of publications about Leon Trotsky and Trotskyism, 1905–1997. 3., totally revised and essentially enlarged edition. 2 Bände, Saur, München 1999, ISBN 3-598-11391-9 (englisch).
* Ernest Mandel: ''Trotzki als Alternative'', Dietz, Berlin 1992, ISBN 3-320-01730-6.
* Herbert Meißner: ''Trotzki und der Trotzkismus gestern und heute'', Wiljo Heinen, Berlin 2011, ISBN 978-3-95514-002-1.
* Wadim S. Rogowin: ''Trotzkismus'', Mehring, Essen 2010, ISBN 978-3-88634-080-4.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat|Trotskyism|Trotzkismus}}
* [http://www.marxists.org/deutsch/archiv/trotzki/1935/09/ilp.htm ''ILP und Vierte Internationale'']; Streitschrift von Leo Trotzki, September 1935 (online auf marxists.org)
{{wiktionary|Trotzkismus}}
* [http://www.wsws.org/de/ World Socialist Web Site] des Internationalen Komitees der Vierten Internationale
* [http://www.broadleft.org/trotskyi.htm Broadleft.org] (Linkverzeichnis zu trotzkistischen Organisationen, Stand 2005)
* [http://www.internationalviewpoint.org International Viewpoint] Online-Magazin des Vereinigten Sekretariats der Vierten Internationale (englisch)
* [http://www.marxists.org/history/etol/index.htm Encyclopedia of Trotskyism On-Line (ETOL)] (englisch)
* [http://inprekorr.de ''die internationale''] Zeitschrift des Vereinigten Sekretariats der Vierten Internationale, erschien bis Ende 2016 als ''Inprekorr'' (deutsch)
* [http://www.bpb.de/themen/1RQDMP,0,Das_trotzkistische_Spektrum_im_Linksextremismus.html ''Das trotzkistische Spektrum im Linksextremismus''] (Dossier Linksextremismus). Bundeszentrale für Politische Bildung, 28. Oktober 2010.
* [http://www.arbeitermacht.de/broschueren/vs/index.htm Der Letzte macht das Licht aus] eine kritische Geschichte des Vereinigten Sekretariats von Arbeitermacht
* [http://www.trotskyana.net/ The Lubitz Trotskyana.Net] dealing with Leon Trotsky, Trotskyism and Trotskyists (englisch)


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references/>
<references />


[[Kategorie:Trotzkismus|!]]
[[Kategorie:Kommunismus|I104]]
[[Kategorie:Trotzkismus|I104]]
[[Kategorie:Internationale|E]]


{{Wikipedia}}
{{Wikipedia}}

Version vom 5. April 2019, 06:48 Uhr

Häufiges Logo der Vierten Internationale

Die Vierte Internationale ist ein Verbund trotzkistischer Parteien und Gruppen, der am 3. September 1938 in Paris gegründet wurde. Ihre Gründung war die Konsequenz aus der Dominanz des Stalinismus in der Dritten Internationale (Komintern) in den 1930er Jahren.

Geschichte

Gründung und Anfangsjahre

Leo Trotzki, ca. 1929

Die Vierte Internationale war die Fortführung der von Leo Trotzki initiierten und geführten Internationalen Linken Opposition in der Komintern und ihren Sektionen. Sie hatte ihre Schwerpunkte in der Auseinandersetzung mit dem inneren Regime der Sowjetunion nach dem Abflauen der durch den Ersten Weltkrieg ausgelösten revolutionären Welle und dem aufkommenden Stalinismus, in der strategischen Ausrichtung der chinesischen Revolution in den 1920er Jahren, im Kampf gegen den Faschismus in Deutschland, für eine als revolutionär verstandene Klassenpolitik im spanischen Bürgerkrieg von 1936 bis 1939 und im Kampf gegen die Kriegsgefahr, die vom nationalsozialistischen Deutschland ausging.

Mit den Moskauer Schauprozessen in der Zeit des „Großen Terror“ musste sich die Vierte Internationale mit der Verteidigung Trotzkis und anderer als „Trotzkisten“ gebrandmarkten und angeklagten Gegnern des Stalinismus beschäftigen. Das von Trotzkis Sohn Lew Sedow verfasste Rotbuch über den Moskauer Prozeß und die von John Dewey 1937 in Mexiko geführte internationale Untersuchungskommission wiesen aus dem Exil heraus die Anschuldigungen der Ankläger zurück.

Nach der 1933 manifest gewordenen Niederlage der seit dem Ersten Weltkrieg gespaltenen Arbeiterbewegung in Deutschland und dem Ausbleiben einer Kurskorrektur seitens der KPD, die erst lange nach der Machtübertragung auf die NSDAP ihre Sozialfaschismusthese revidierte und eine Einheitsfront anstrebte, aber genau wie die gesamte Komintern an Stalin festhielt, erklärte Trotzki, „Man kann nicht länger mit Stalin, Manuilski, Losowski und Co. in ein und derselben ‚Internationale‘ bleiben“, und überzeugte seine Sympathisanten davon, organisatorisch mit den Kommunistischen Parteien zu brechen und den Kurs auf die Bildung von neuen Parteien und einer neuen Internationale zu nehmen. Trotzki drängte seit 1933 auf den Bruch der Linken mit dem Stalinismus und rief sowohl oppositionelle Kommunisten als auch Linkssozialisten auf, eine neue Internationale zu gründen. Für Trotzki stellte dies „die einzige Möglichkeit dar, die proletarisierten und pauperisierten Massen vom immer aussichtsloser werdenden Weg der II. und III. Internationale und vom Faschismus wegzuführen.“[1] Die Gründung der IV. Internationale war damit eine Reaktion auf die deutlich gewordene Schwäche der weltweiten Linken, der es weder gelang, die Ausbreitung des Faschismus zurückzudrängen, noch dem Stalinismus etwas entgegenzusetzen und letztlich auch nicht der chinesischen Revolution eine sozialistische Richtung zu geben.[2]

An der Gründungskonferenz der trotzkistischen Vierten Internationale am 3. September 1938 in Paris nahmen die österreichischen Delegierten Karl Fischer und Georg Scheuer teil[3], beide stimmten allerdings gegen die Proklamation der Internationale. Gründe dafür waren andere Einschätzungen der Weltlage. In Folge trennten sich die Revolutionären Kommunisten Österreichs (RKÖ) auch organisatorisch von der Vierten Internationale und begannen, die Einschätzungen der Internationale und Trotzkis zu kritisieren.[4]

Gemeinsam mit zwei anderen Trotzkisten verabschiedeten die ehemaligen Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald Karl Fischer und Ernst Federn nach der Befreiung des KZs durch die United States Army am 20. April 1945 die „Erklärung der internationalistischen Kommunisten Buchenwalds“ der Vierten Internationale.[5][6][7]

Die Titelblätter zweier Ausgaben der Zeitschrift Quatrième Internationale von 1946

Die Erwartung der Vierten Internationale, dass sich der Stalinismus im Zweiten Weltkrieg diskreditieren würde und danach die Sektionen der Vierten Internationale an der Spitze von revolutionären Massenerhebungen stehen würden, erfüllte sich nicht; die Geschichte hatte sich anders entwickelt als von der Vierten Internationale gemutmaßt. Die Trotzkisten glaubten aufgrund des stark bürokratischen Charakters der von ihnen als „degeneriert“ bezeichneten Sowjetunion nicht, dass diese erstarkt aus dem Zweiten Weltkrieg hervorgehen würde. Ihre Vorhersage über die Zukunft der Sowjetunion zwischen innerer politischer Revolution oder Zerfall und Restaurierung des Kapitalismus trat erst sehr viel später als vermutet ein.

Sowohl die Sowjetunion als auch das maoistische China betrachteten den Anspruch der IV. Internationale, in der Nachfolge der III. Internationalen zu stehen, als illegitim. Es gelang ihr nicht unter dieser Bezeichnung wie vorher Massenorganisationen zu vereinen.[8] Die meisten Parteien des sozialdemokratischen Spektrums sind bis heute unter dem Dachverband der Sozialistischen Internationale (II. Internationale) als Nachfolgeorganisation der 1864 gegründeten „Internationale Arbeiterassoziation“ (IAA) vereinigt. Die Komintern (III. Internationale), die Internationale der kommunistischen Parteien, wurde 1943 als Zugeständnis an die Westalliierten plötzlich aufgelöst. Heutige linke und linkssozialistische Parteien verzichten meist auf die Organisation in einer Internationale oder gar auf die Wiedergründung einer solchen. Die Gründung der Europäischen Linken war explizit mit einer Absage an eine neue Internationale verbunden. Auch trotzkistische Gruppen, etwa die in der International Socialist Tendency organisierten, streben nicht die Wiedergründung einer neuen Internationale an und betrachten die IV. Internationale als nicht existent.

Die Sektionen der Vierten Internationale sind – außer in Sri Lanka (Ceylon), Bolivien, Vietnam, Frankreich und teilweise Belgien – nirgendwo über den Status kleiner Kader- und Splitterparteien oder anderer Kleingruppen hinausgekommen. Trotzkistische Parteien, die auch nach dem Zweiten Weltkrieg eine gewisse Bedeutung erlangten, zum Beispiel der Movimiento al Socialismo in Argentinien, die Socialist Workers Party im Vereinigten Königreich oder die trotzkistischen Gruppen in Frankreich waren bzw. sind nicht Teil der IV. Internationale. Die zwei größten trotzkistischen Organisationen in Deutschland, Marx21 sowie die Sozialistische Alternative (SAV) sind Mitglied in der International Socialist Tendency bzw. im Committee for a Workers’ International.

Spaltung

1953 kam es zur Spaltung der IV. Internationale. Bis 1963 existierten zwei Flügel parallel zueinander. Deren Exekutivgremien nannten sich fortan „Internationales Sekretariat“ (IS) bzw. „Internationales Komitee“ (IK.) Dieses Internationale Komitee ist nicht identisch mit dem heutigen gleichnamigen Exekutivorgan der IV. Internationale.

Prominente Vertreter des IS waren Pierre Frank (Frankreich), Michel Pablo (Griechenland) und später Ernest Mandel (Belgien) und Livio Maitan aus Italien.
Im IK fanden sich Namen wie James P. Cannon aus den USA und Gerry Healy aus England und Pierre Lambert (Frankreich). Die frühere US-amerikanische Sektion, die SWP (Socialist Workers Party), war allerdings seit dem Voorhis-Gesetz aus der Vierten Internationale ausgeschieden, um nicht diesem Gesetz zufolge praktisch völlig unter Polizeiaufsicht zu stehen.

Teilweise Wiedervereinigung

1963 vereinigte sich ein Teil des IK-Flügels wieder mit dem Internationalen Sekretariat, das Führungsgremium nannte man daraufhin „Vereinigtes Sekretariat“, was dann in den Abkürzungen „VS“ (deutsch) oder „USec“ (englisch) zur Identifizierung dieser Organisation diente.

Die politische Basis der Zusammenlegung war eine gemeinsame Ansicht über die historischen Grundlagen der Vierten Internationale, die übereinstimmende Bewertung des Aufstands in Ungarn 1956 sowie vor allem die positive Haltung zur kubanischen Revolution und deren Führung mit Fidel Castro und Ernesto „Che“ Guevara.

Gegnerschaft vor allem zur Führung der kubanischen Revolution bzw. der politischen Realität in Kuba brachte große Teile vor allem um das „Internationale Komitee“ dazu, die Wiedervereinigung abzulehnen und sich nicht an ihr zu beteiligen. Es gab auf beiden Seiten auch Widerstand gegen die Wiedervereinigung, die in Absplitterungen auf beiden Seiten mündeten, die jeweils auch wieder unter dem Namen Vierte Internationale auftraten und weiter auftreten und sich im Verlaufe der Jahrzehnte durch weitere Spaltungen vermehrt haben.

Gegenwart

Diese Organisationen verstehen sich als die Vierte Internationale:

  • Die wiedervereinigte Vierte Internationale mit einem „Exekutivbüro“ (ehemals „Vereinigtes Sekretariat“) als Führungsgremium, die sich auf die organisatorische Kontinuität bis zur Gründung von 1938 beruft – in Deutschland vertreten durch die Internationale Sozialistische Organisation (ISO, ehemals RSB und isl), in Österreich durch die Sozialistische Alternative (SOAL);
  • Das Internationale Komitee der Vierten Internationale mit einem Führungsgremium um die frühere „Workers League“ in den USA unter Führung von David North, dessen Sektionen alle die „Soziale Gleichheit“ bzw. „Socialist Equality“ im Namen führen – in Deutschland vertreten durch die Sozialistische Gleichheitspartei.
  • Die Vierte Internationale, die 1993 aus der Vereinigung des CORQI um die französische Partei von Pierre Lambert und eines Teils der LIT entstanden ist.

Außerdem gibt es zahlreiche Organisationen, die sich in der Tradition der Vierten Internationale sehen. Manche von ihnen streben den Wiederaufbau der 4. Internationale an, andere wiederum zielen auf die Gründung einer nicht näher benannten neuen Internationale, im Falle der „Liga für die 5. Internationale“ (L5I) auf die Schaffung einer 5. Internationale in der Tradition Marx, Lenins und Trotzkis.

Siehe auch

Literatur

  • Daniel Bensaïd: The Formative Years of the Fourth International, 1933-1938, (Notebooks for Study and Research, No. 9). Amsterdam 1998.
  • Alex Callinicos: Trotskyism. Maidenhead 1990. ISBN 0-335-15623-1
  • Pierre Frank: Die Geschichte der IV. Internationale. Hamburg 1975.
  • Duncan Hallas: Der Niedergang der Vierten Internationale, ursprünglich in International Socialism, Nr. 60, Juli 1973
  • François Moreau: Combats et debats de la Quatrième Internationale (IIRE Working papers No 8-10). Amsterdam 1990.
  • David North: Das Erbe, das wir verteidigen : ein Beitrag zur Geschichte der 4. Internationale, Arbeiterpresse-Verlag Essen, 1988 ISBN 3-88634-051-1

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Heinz Brakemeier, Leo Trotzki (1879-1940), in: Walter Euchner (Hg.), Klassiker des Sozialismus II, München 1991, S. 117.
  2. Christoph Jünke, Trotzkismus, in: Bernd Hüttner, Marcel Bois (Hg.), Geschichte einer pluralen Linken, Bd. 1, Berlin 2010, S. 28.
  3. Ernst Schwager: Die österreichische Emigration in Frankreich 1938–1945. Böhlau, Wien/Köln/Graz 1984, ISBN 3-205-08747-X, S. 51f.
  4. http://www.sozialismus.net/zeitung/mr15/scheuer.html
  5. http://www.marxismus-online.eu/archiv/getrobe/buchenwald.html
  6. Fritz Keller: Gegen den Strom. Fraktionskämpfe in der KPÖ. Trotzkisten und andere Gruppen 1919–1945. (=Materialien zur Arbeiterbewegung Band 10) Europaverlag, Wien 1978, ISBN 3-203-50688-2, S. 305f.
  7. Fritz Keller: In den Gulag von Ost und West. Karl Fischer. Arbeiter und Revolutionär. ISP-Verlag, Frankfurt am Main 1980, ISBN 3-88332-046-3, S. 149ff.
  8. Ernest Mandel, Trotskyists and the Resistance in World War Two


Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Vierte Internationale aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.