Georges Cuvier und Elysia chlorotica: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Georges Cuvier large.jpg|mini|Baron Georges Léopold Chrétien Frédéric Dagobert Cuvier (1769–1832)]]
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| Taxon_Autor      = [[w:Augustus Addison Gould|Gould]], 1870
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'''Georges Léopold Chrétien Frédéric Dagobert, Baron de Cuvier''' (eigentlich Jean-Léopold-Nicholas Frédéric Cuvier; * [[23. August]] [[1769]] in [[w:Montbéliard|Mömpelgard (heute Montbéliard)]]; † [[13. Mai]] [[1832]] in [[Paris]]), war ein französischer [[Naturforscher]] und Mitbegründer der Zoologie als ''vergleichende Anatomie''.
'''''Elysia chlorotica''''' ist eine im Meer lebende [[Art (Biologie)|Schneckenart]] aus der [[Familie (Biologie)|Familie]] der [[w:Placobranchidae|Placobranchidae]] in der [[Ordnung (Biologie)|Unterordnung]] der [[w:Schlundsackschnecken|Schlundsackschnecken]] (Sacoglossa).


== Leben ==
== Beschreibung ==
Georges Cuvier entstammte einer lutherischen Familie aus der damals württembergischen [[w:Grafschaft Mömpelgard|Grafschaft Mömpelgard]]. Er war der Sohn von Jean Georges Cuvier (1716–1795), einem ehemaligen Leutnant eines Schweizerregimentes, und Anne-Clémence Catherine Châtel (1736–1792).<ref>Philippe Taquet: ''Georges Cuvier: Naissance d’un génie.'' ISBN 2-7381-0969-1, S. 8, 31–32.</ref> Getauft wurde er auf die Vornamen Jean-Léopold-Nicholas Frédéric, später wurde noch der Vorname Dagobert hinzugefügt. Forthin übernahm Cuvier den Vornamen seines älteren Bruders Georges Charles Henri (1765–1767) als alleinigen Vornamen. Der Zoologe [[w:Frédéric Cuvier|Frédéric Cuvier]] war sein jüngerer Bruder.
''Elysia chlorotica'' hat einen blattförmigen, leicht durchscheinenden Körper mit einem Paar Kopftentakeln, ist von smaragdgrüner Farbe und gelbgold gesäumt. Die Schnecke ist ein [[Hermaphroditismus|Hermaphrodit]]. Die Schnecke erreicht eine Länge von bis zu 3&nbsp;cm, bleibt jedoch häufig deutlich kleiner. Der Körper ist grün, wobei die Farbe von hellgrün über dunkelgrün bis dunkelbraungrün oder schwarzgrün variieren kann, und weist helle Punkte von grüner, blauer oder roter Farbe auf. Die Oberfläche scheint eine [[w:Samt|samtartige]] Beschaffenheit zu haben.


Bereits in seiner Kindheit las er das Gesamtwerk von [[w:Georges-Louis Leclerc de Buffon|Georges-Louis Leclerc de Buffon]] und legte im Alter von zwölf Jahren seine erste naturkundliche Sammlung an. Von 1784 bis 1788 studierte Cuvier an der [[w:Hohe Karlsschule|Hohen Karlsschule]] in [[w:Stuttgart|Stuttgart]], wo er vorwiegend Kurse der administrativen, juristischen und ökonomischen Wissenschaften belegte. Während dieser Zeit freundete er sich mit [[w:Carl Friedrich Kielmeyer|Carl Friedrich Kielmeyer]] an, von dem er das [[Obduktion|Sezieren]] erlernte.
== Verbreitung ==
''Elysia chlorotica'' kommt im flachen [[w:Brackwasser|Brackwasser]] an der nordamerikanischen Atlantikküste von [[w:Nova Scotia|Nova Scotia]] bis [[w:Florida|Florida]] vor.


1787 wurde er zum ''Chevalier'' (dt. Ritter) ernannt, was ihm den Zugang zur gehobenen Gesellschaft ermöglichte. Nach seinem Studium an der Hohen Karlsschule fand Cuvier dann für acht Jahre eine Anstellung als [[Hauslehrer]] beim Grafen d’Héricy in der [[w:Normandie|Normandie]]. In seiner Freizeit widmete er sich naturkundlichen Studien, bei denen er Pflanzen, Seevögel und Meerestiere untersuchte. [[w:Henri-Alexandre Tessier|Henri-Alexandre Tessier]] (1741–1837) und [[Étienne Geoffroy Saint-Hilaire]] empfahlen, Cuvier an das ''[[w:Muséum national d’histoire naturelle|Muséum national d’histoire naturelle]]'' von Paris zu berufen, im Jahre 1795 wurde er zum Mitglied der [[w:Société d’histoire naturelle|Société d’histoire naturelle]]. Hilaire, der dort Professor für „Säugetiere, Cetaceen, Vögel, Reptilien und Fische“ war, folgte dieser Empfehlung. Im selben Jahr wurde Cuvier Mitglied des neu gegründeten [[w:Institut de France|Institut de France]].
== Lebensweise ==
''Elysia chlorotica'' beginnt ihr Leben als Larve, die zunächst freischwimmend in der Freiwasserzone lebt. ''Elysia chlorotica'' ernährt sich von Algen der Art ''[[w:Vaucheria|Vaucheria]] litorea''. Dabei werden die [[Chloroplasten]] dieser Alge nicht verdaut, sondern funktionsfähig in den Organismus der Schnecke übernommen; sie werden daraufhin als [[Kleptoplastid|Kleptoplasten]] bezeichnet.


Während der durch den [[w:Ägyptische Expedition|Ägyptenfeldzug]] bedingten Abwesenheit Geoffroys gewann Cuvier unter den Zoologen des ''Muséums'' an Einfluss. 1800 wurde er Professor der Zoologie und 1803 Sekretär der Physikalischen Wissenschaften am [[w:Collège de France|Collège de France]]. 1801 wurde er zum auswärtigen Mitglied der Göttinger [[w:Akademie der Wissenschaften zu Göttingen|Akademie der Wissenschaften]] gewählt.<ref>Holger Krahnke: ''Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001'' (= ''Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse.'' Folge 3, Bd. 246 = ''Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse.'' Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 64.</ref> Am 17. April 1806 nahm ihn die ''[[w:Royal Society|Royal Society]]'' als Mitglied auf. 1808 wurde er zum auswärtigen Mitglied der [[w:Bayerische Akademie der Wissenschaften|Bayerischen Akademie der Wissenschaften]] gewählt. Im Auftrag [[w:Napoléon Bonaparte|Napoléons]] reorganisierte er die akademischen Institute in Italien, den Niederlanden und in Süddeutschland und wurde für seine Verdienste 1811 mit dem Orden ''[[w:Ehrenlegion|Chevalier de la Légion d’Honneur]]'' ausgezeichnet. 1814 erfolgte die Ernennung zum ''[[w:Conseil d’État (Frankreich)|Conseil d’État]]''. 1822 wurde er in die [[w:American Academy of Arts and Sciences|American Academy of Arts and Sciences]] gewählt. Kurz vor seinem Tod stieg er bis zum ''[[w:Pair von Frankreich|Pair von Frankreich]]'' auf.
Diese Aufnahme der Chloroplasten ist für die Entwicklung zum adulten Tier unerlässlich. Die Kleptoplasten werden in spezialisierten Zellen, die um den Verdauungstrakt lokalisiert sind, eingelagert und bleiben über mehrere Monate hinweg photosynthetisch aktiv. Daher wird ''Elysia chlorotica'' neben vier weiteren [[w:Sacoglossa|Sacoglossa]]-Arten zu den ''Long-term-Retention-''Arten (LtR) gezählt. Neben den LtR wird zwischen ''Short-term-Retention-'' und ''Non-Retention-''Arten unterschieden, bei denen die Kleptoplasten bereits nach wenigen Wochen beziehungsweise sofort verdaut werden.


1804 heiratete Cuvier die Witwe Duvaucel, die vier Kinder mit in die Ehe brachte und mit der er weitere vier Kinder hatte. Georges Cuvier starb 1832 an den Folgen einer [[w:Cholera|Cholera]]-Infektion. Er wurde auf dem Pariser Friedhof [[w:Père Lachaise|Père Lachaise]] beigesetzt.
Der Umwandlungsprozess wird durch ein [[Gen]] reguliert, das von einem endogenen [[Retrovirus]] stammt. Wenn ''Elysia chlorotica'' im Frühjahr ihre Eier ablegt und anschließend stirbt, werden in ihrem Organismus massenhaft [[Viren]] freigesetzt, die nachweislich nicht von außen aufgenommen wurden.<ref>Hardtmuth (2019), S. 144</ref><ref>Ryan (2009), Kapitel 1</ref>
[[Datei:Tombe Cuvier.jpg|miniatur|Die letzte Ruhestätte von George Cuvier, auf dem Pariser Friedhof [[w:Père Lachaise|Père Lachaise]]]]


== Werk ==
Durch die Aufnahme der Kleptoplasten wird ''Elysia chlorotica'' wahrscheinlich zu einer [[Heterotrophie|photoheterotrophen]] Lebensweise befähigt. [[Autotrophie| Photoautotrophie]] konnte nicht nachgewiesen werden. Es wird jedoch diskutiert, ob die Kleptoplasten zur Anreicherung von Stärke als Energiespeicher dienen. Darüber hinaus wird diskutiert, ob und welche Rollen Kleptoplasten im Stoffwechsel und der [[Ontogenese]] übernehmen und inwieweit sie zur Tarnung dienen.
Georges Cuvier gilt als [[wissenschaft]]licher Begründer der [[Paläontologie]] und machte die [[vergleichende Anatomie]] zu einer Forschungsdisziplin. Er untersuchte die Anatomie verschiedener Lebewesen und verglich systematisch alle Ähnlichkeiten und Unterschiede. Diese Studien ermöglichten ihm, aus der Existenz einiger Knochen die Gestalt anderer Knochen und die zugehörigen Muskeln abzuleiten. So gelang ihm schließlich die Rekonstruktion eines ganzen Tierkörpers aus nur wenigen Teilen.


Zu Cuviers Schülern zählten [[w:Alcide Dessalines d’Orbigny|Alcide Dessalines d’Orbigny]], [[w:Achille Valenciennes|Achille Valenciennes]], [[w:Gotthelf Fischer von Waldheim|Gotthelf Fischer von Waldheim]], [[w:Henri Marie Ducrotay de Blainville|Henri Marie Ducrotay de Blainville]] und [[w:Franco Andrea Bonelli|Franco Andrea Bonelli]].
== Literatur ==
* Christa et al. (2014): ''Identification of sequestered chloroplasts in photosynthetic and non-photosynthetic sacoglossan sea slugs.'' Frontiers in Zoology, 11, S. 15
* de Vries et al. (2013): ''Is ftSH the Key to Plastid Longevity in Sacoglossan Slugs?'' Genome Biology and Evolution, 5(12), S. 2540–2548
* de Vries et al. (2014): ''A sea slug’s guide to plastid symbiosis.'' Acta Societatis Botanicorum Poloniae, 83(4), S. 415–421
* Rumpho et al. (2011): ''The Making of a photosynthetic animal.'' The Journal of Experimental Biology, 214, S. 303–311
* Frank Ryan: ''Virolution: The Most Important Evolutionary Book Since Dawkins' Selfish Gene'', Harper Collins Publ. UK 2009, ISBN 978-0007315123; eBook {{ASIN|B00FVE4RFY}}
* Thomas Hardtmuth: ''Die Rolle der Viren in Evolution und Medizin – Versuch einer systemischen Perspektive'' in: ''Jahrbuch für Goetheanismus 2019'', Pädagogische Forschungsstelle Stuttgart 2019, ISBN 978-3944911823


Seine Untersuchungen von etwa 1803 an beschäftigten sich besonders mit
== Weblinks ==
# der Gliederung der [[Weichtiere|Mollusken]] (''Mémoires pour servir à l’histoire et a l’anatomie des mollusques'', dt. ''Geschichte und Anatomie der Mollusken'', 1817)
{{Commonscat|Elysia chlorotica|''Elysia chlorotica''}}
# der vergleichenden Anatomie und der Arteneinteilung der [[Fische]] (''Histoire naturelle des poissons'', dt. ''Naturgeschichte der Fische'' 1828–1831)
* [[w:Pia Heinemann|Pia Heinemann]]: [https://www.welt.de/wissenschaft/tierwelt/article2792756/Die-Schnecke-die-sich-in-eine-Pflanze-verwandelt.html Die Schnecke, die sich in eine Pflanze verwandelt], auf: welt.de vom 27. November 2008
# den [[Fossilien]] von Reptilien und Säugetieren sowie der [[Osteologie]] rezenter Lebewesen.
Zum dritten Bereich veröffentlichte Cuvier eine Flut von Abhandlungen, die seine außerordentliche Beobachtungsgabe und seine präzisen Schlussfolgerungen dokumentieren. Durch seine geognostischen Untersuchungen des [[w:Pariser Becken|Pariser Becken]]s kam er zuerst auf den Gedanken, dass abwechselnd Fluten von Süß- und Meerwasser die Erdoberfläche verändert haben müssen ([[Transgression (Geologie)|Transgression]]). Zusammenfassungen dieser Arbeiten sind die ''Recherches sur les ossements fossiles de quadrupèdes'' (dt. ''Untersuchungen an fossilen Knochen von Vierbeinern'' 1812) sowie der ''Discours sur les révolutions de la surface du globe'' (dt. ''Diskurs über die Veränderungen der Erdoberfläche'' 1825).
In seinem vierbändigen Werk ''Le règne animal distribué d'après son organisation'' (dt. ''Das Tierreich nach Gestaltung unterteilt'' 1817) teilte er das Tierreich in vier unveränderliche Großgruppen ein, die er als [[Wirbeltiere]] (Vertebrata), [[Weichtiere]] (Mollusca), [[Radiata|Strahlentiere]] (Radiata) und [[Gliedertiere]] (Articulata) bezeichnete, und denen er einen jeweils eigenen grundlegenden Bauplan zuordnete. Seine gewissenhaften Untersuchungen der [[w:Stratigraphie (Geologie)|Schichtfolgen]] und der in ihnen enthaltenen [[Fossilien]] führten zum Nachweis, dass Lebewesen (und ganze Arten) aussterben können. Dies war noch von [[Jean-Baptiste de Lamarck]] und [[Étienne Geoffroy Saint-Hilaire|Geoffroy Saint-Hilaire]] grundsätzlich bestritten worden.


Als Sammler naturhistorischer Gegenstände, als systematischer Forscher, Lehrer und [[Bildungspolitik]]er war er gleichermaßen bedeutend. Das Schulwesen und die protestantische Kirche in Frankreich verdanken ihm außerordentlich viel.
== Einzelnachweise ==
 
=== Katastrophismus ===
Cuvier galt lange als der bekannteste Verfechter des Katastrophismus ([[Kataklysmentheorie]]), demzufolge in der [[Erdgeschichte]] wiederholt große [[Katastrophe]]n einen Großteil der [[Lebewesen]] vernichteten und aus den verbliebenen Arten in darauf folgenden Phasen neues Leben entstanden sei.
Im Jahre 1808 gliederte Cuvier gemeinsam mit dem französischen Naturforscher [[w:Alexandre Brongniart|Alexandre Brongniart]] die geologische Schichtung im [[w:Pariser Becken|Pariser Becken]] (älteres [[w:Känozoikum|Känozoikum]] bzw. [[w:Tertiär|Tertiär]]). Dabei untersuchten sie die Fossilien in den einzelnen Erdschichten. Sie entdeckten eine Abfolge von insgesamt sieben fossilen [[Fauna|Faunen]], wobei jede Fauna einer bestimmten Schicht in der darauffolgenden Schicht von einer anderen Fauna abgelöst wurde und also verschwand. Zwischen jeder der übereinander folgenden terrestrischen [[fossil]]en Faunen lagen nun aber Schichten, die marine Mollusken aufwiesen, sodass sich also Süßwasser- und Meerwasser[[Sedimentation|ablagerungen]] abwechselten.<ref>Gerhard Schurz: ''Evolution in Natur und Kultur: Eine Einführung in die verallgemeinerte Evolutionstheorie.'' Springer, 2012, ISBN 978-3-8274-3118-9.</ref><ref>Philippe Taquet: ''Georges Cuvier: Naissance d’un génie.'' Odile Jacob, Paris 2006, ISBN 2-7381-0969-1, S. 376.</ref>
 
Cuvier schloss daraus, dass diese Lücken ein Hinweis für globale Katastrophen sein mussten. Er mutmaßte, dass der Ozean sich von Norden aus in Richtung des Pariser Beckens ausgebreitet, dabei die Landsäugetiere ausgelöscht und in der Folge marine Organismen mitgebracht hatte. Nach dem Rückzug des Meeres erschienen erneut Landsäugetiere. Cuvier verallgemeinerte, dass diese globalen Katastrophen in der Erdgeschichte immer wieder das Leben zerstörten und anschließend zu einem Neubeginn geführt hätten.<ref>Steven M. Stanley: ''Historische Geologie.'' Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg Berlin (2001) ISBN 3-8274-0569-6, S. 141.</ref>
Er war ein Kind der französischen [[Aufklärung]], dogmatisch-theologische Thesen innerhalb der Naturwissenschaften wären ihm ein Gräuel gewesen. Die Legende, Cuvier habe nach jeder Katastrophe eine Neuschöpfung durch Gott postuliert, wurde von seinem Gegner [[Charles Lyell]] verbreitet. Diese Behauptung lässt sich mit keiner der vielen Veröffentlichungen Cuviers belegen. Ebenso unhaltbar ist die Unterstellung, Cuvier habe noch an eine an biblischen Vorstellungen orientierte Dauer der Erdgeschichte geglaubt.
 
Cuvier nutzte seine überragenden Kenntnisse in der Anatomie, um fehlende versteinerte Knochen [[idealtyp]]isch zu einem Gesamtskelett zu ergänzen. Seine Entdeckung eines [[Fauna|Faunen]]<nowiki>schnitts</nowiki> anhand von [[Fossilien]] verband er mit seiner Ablehnung der [[Gradualismus|gradualistischen]] [[Lamarckismus|Evolutionstheorie]] von [[Jean Baptiste Lamarck]].
 
=== Der Pariser Akademiestreit ===
{{Hauptartikel|Pariser Akademiestreit}}
 
Der bekannteste wissenschaftliche Gegner Cuviers war [[Étienne Geoffroy Saint-Hilaire|Geoffroy Saint-Hilaire]], bei dem er als [[w:Hochschulassistent|Assistent]] begonnen hatte. Berühmt wurde der Pariser Akademiestreit von 1830, bei dem nicht nur die Katastrophentheorie eine Rolle spielte, sondern auch die Frage, ob die [[Naturgeschichte]] einem einheitlichen [[Bauplan (Morphologie)|Bauplan]] folge (Saint-Hilaire) oder mehreren grundsätzlich verschiedenen (Cuvier).
 
Lange Zeit wurde Cuvier aufgrund der Angriffe Lyells und seiner Ablehnung der Theorie einer kontinuierlich verlaufenden [[Evolution]] ([[Gradualismus]]), als rückständig betrachtet, doch wurde die [[Evolutionstheorie]] unter Cuviers wissenschaftlichen Zeitgenossen noch kontrovers diskutiert. Heute ist unumstritten, dass neben dem allmählichen Wandel auch [[w:Exzeptionalismus (Geologie)|katastrophale Ereignisse]] für die Geschichte des Lebens entscheidend waren – wie etwa die erdumspannende Katastrophe vor rund 66 Millionen Jahren an der [[w:Kreide-Paläogen-Grenze|Kreide-Paläogen-Grenze]], die für das [[w:Massenaussterben|Massenaussterben]] am Ende des [[w:Mesozoikum|Mesozoikum]]s verantwortlich gemacht wird.
 
== Schriften (Auswahl) ==
* ''Mémoire sur la structure externe et interne et sur les affinités des animaux auxquels on a donné le nom de ver.'' In: ''La Décade philosophique, litteraire et politique.'' Bd. 5, H. 40 (29. Mai 1795), S. 385–396 ([http://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k423973f/f390.image.langEN Digitalisat]).
* ''Tableau élémentaire de l’histoire naturelle des animaux''. Paris 1798.
* ''Leçons d’anatomie comparée.'' 5 Bände. Paris 1798–1805 (deutsch: ''Vorlesungen über vergleichende Anatomie''. Band 1 und 2, Vieweg, Braunschweig, 1801–1802; Band 1–4, Kummer, Leipzig, 1809–1810); 2. Auflage. 8 Bände. Crochard, Paris 1835–1846.
* ''Mémoires pour servir a l’histoire et a l’anatomie des mollusques''. Deterville, Paris 1817 ([http://www.biodiversitylibrary.org/item/17949#page/7/mode/1up Digitalisat]).
* ''Le règne animal; distribué d’après son organisation; pour servir de base à l’histoire naturelle des animaux et d’introduction à l’anatomie comparée''. 4 Bände. Paris 1817 (deutsch: ''Das Thierreich, geordnet nach seiner Organisation: als Grundlage der Naturgeschichte der Thiere und Einleitung in die vergleichende Anatomie''. 6 Bände. Brockhaus, Leipzig 1831–1843).
* ''Recherches sur les ossemens fossiles ou l’on rétablit les caractères de plusieurs animaux dont les révolutions du globe ont détruit les espèces''. 4 Bände. Dufour et d’Ocagne, Paris 1812; 4. Auflage. 12 Bände. Paris 1835–1837.
* ''Discours sur les Révolutions de la surface du Globe, et sur les changemens qu’elles ont produits dans le règne animal''. Dufour et d’Ocagne, Paris 1825 (deutsch: ''Cuvier’s Ansichten von der Urwelt.'' Weber, Bonn 1822; ''Die Umwälzungen der Erdrinde in naturwissenschaftlicher und geschichtlicher Beziehung.'' 2. Auflage. 2 Bände. Weber, Bonn 1830).
 
== Nachweise ==
=== Literatur ===
* Olivier Rieppel: ''Georges Cuvier (1769–1832)''. In: [[w:Ilse Jahn|Ilse Jahn]], Michael Schmitt: ''Darwin & Co. Eine Geschichte der Biologie in Portraits''. Band 1, C. H. Beck, München 2001, ISBN 3-406-44638-8, S. 139–156.
* Philippe Taquet: ''Georges Cuvier: Naissance d’un génie''. Odile Jacob, Paris 2006, ISBN 2-7381-0969-1.
 
=== Einzelnachweise ===
<references />
<references />


== Weitere Literatur ==
[[Kategorie:Weichtiere]]
; Moderne
* Toby A. Appel: ''The Cuvier-Geoffroy Debate: French Biology in the Decades Before Darwin''. Oxford University Press, 1987, ISBN 0-19-504138-0.
* William Coleman: ''Georges Cuvier, zoologist: a study in the history of evolution theory''. Harvard University Press, 1964.
* Howard Elias Negrin: ''Georges Cuvier: Administrator and educator''. New York University, 1977.
* Dorinda Outram: ''Georges Cuvier: Vocation, Science, and Authority in Post-Revolutionary France''. Manchester University Press, Manchester 1984, ISBN 0-7190-1077-2.
* [[w:Martin Rudwick|Martin J. S. Rudwick]]: ''Georges Cuvier, Fossil Bones, and Geological Catastrophes: New Translations and Interpretations of the Primary Texts''. University of Chicago Press, Chicago 1997 ISBN 0-226-73106-5.
* Jean Chandler Smith: ''Georges Cuvier. An annotated bibliography of his published works''. Smithsonian Institution Press, 1993, ISBN 1-56098-199-7.
 
; Ältere
* W. F. G. Behn (Hrsg.): ''Briefe an C. H. Pfaff: aus den Jahren 1788 bis 1792, naturhistorischen, politischen und literarischen Inhalts''. Schwers, Kiel 1845. [http://digital.onb.ac.at/OnbViewer/viewer.faces?doc=ABO_%2BZ163479806 (online)]
* Pierre Flourens: ''Histoire des travaux de Georges Cuvier''. 3. Auflage. Garnier, Paris 1858. [http://archive.org/details/histoiredestrava00flou (online)]
* Sarah Lee: ''Mémoires du baron Georges Cuvier''. H. Fournier, 1833. [http://books.google.de/books?id=---OxXKeVSAC (online)]
 
== Weblinks ==
{{Commons}}
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{{Wikisource}}
* {{DNB-Portal|118677578}}
* {{VifabioVK|Georges Cuvier}}
* {{RoyalSocietyUKArchiv|AuthorizedFormsOfName=Cuvier; Georges (1769–1832)|Code=NA8191}}
 
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{{SORTIERUNG:Cuvier, Georges}}
 
[[Kategorie:Paläontologe|D]]
[[Kategorie:Zoologe]]
[[Kategorie:Evolutionsbiologe]]
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{{Wikipedia}}
{{Wikipedia}}

Aktuelle Version vom 22. März 2021, 06:06 Uhr

Elysia chlorotica

(Elysia chlorotica)

Ordnung: Hinterkiemerschnecken (Opisthobranchia)
Unterordnung: Schlundsackschnecken (Sacoglossa)
Familie: Placobranchidae
Gattung: Elysia
Art: Elysia chlorotica
Elysia chlorotica
Gould, 1870

Elysia chlorotica ist eine im Meer lebende Schneckenart aus der Familie der Placobranchidae in der Unterordnung der Schlundsackschnecken (Sacoglossa).

Beschreibung

Elysia chlorotica hat einen blattförmigen, leicht durchscheinenden Körper mit einem Paar Kopftentakeln, ist von smaragdgrüner Farbe und gelbgold gesäumt. Die Schnecke ist ein Hermaphrodit. Die Schnecke erreicht eine Länge von bis zu 3 cm, bleibt jedoch häufig deutlich kleiner. Der Körper ist grün, wobei die Farbe von hellgrün über dunkelgrün bis dunkelbraungrün oder schwarzgrün variieren kann, und weist helle Punkte von grüner, blauer oder roter Farbe auf. Die Oberfläche scheint eine samtartige Beschaffenheit zu haben.

Verbreitung

Elysia chlorotica kommt im flachen Brackwasser an der nordamerikanischen Atlantikküste von Nova Scotia bis Florida vor.

Lebensweise

Elysia chlorotica beginnt ihr Leben als Larve, die zunächst freischwimmend in der Freiwasserzone lebt. Elysia chlorotica ernährt sich von Algen der Art Vaucheria litorea. Dabei werden die Chloroplasten dieser Alge nicht verdaut, sondern funktionsfähig in den Organismus der Schnecke übernommen; sie werden daraufhin als Kleptoplasten bezeichnet.

Diese Aufnahme der Chloroplasten ist für die Entwicklung zum adulten Tier unerlässlich. Die Kleptoplasten werden in spezialisierten Zellen, die um den Verdauungstrakt lokalisiert sind, eingelagert und bleiben über mehrere Monate hinweg photosynthetisch aktiv. Daher wird Elysia chlorotica neben vier weiteren Sacoglossa-Arten zu den Long-term-Retention-Arten (LtR) gezählt. Neben den LtR wird zwischen Short-term-Retention- und Non-Retention-Arten unterschieden, bei denen die Kleptoplasten bereits nach wenigen Wochen beziehungsweise sofort verdaut werden.

Der Umwandlungsprozess wird durch ein Gen reguliert, das von einem endogenen Retrovirus stammt. Wenn Elysia chlorotica im Frühjahr ihre Eier ablegt und anschließend stirbt, werden in ihrem Organismus massenhaft Viren freigesetzt, die nachweislich nicht von außen aufgenommen wurden.[1][2]

Durch die Aufnahme der Kleptoplasten wird Elysia chlorotica wahrscheinlich zu einer photoheterotrophen Lebensweise befähigt. Photoautotrophie konnte nicht nachgewiesen werden. Es wird jedoch diskutiert, ob die Kleptoplasten zur Anreicherung von Stärke als Energiespeicher dienen. Darüber hinaus wird diskutiert, ob und welche Rollen Kleptoplasten im Stoffwechsel und der Ontogenese übernehmen und inwieweit sie zur Tarnung dienen.

Literatur

  • Christa et al. (2014): Identification of sequestered chloroplasts in photosynthetic and non-photosynthetic sacoglossan sea slugs. Frontiers in Zoology, 11, S. 15
  • de Vries et al. (2013): Is ftSH the Key to Plastid Longevity in Sacoglossan Slugs? Genome Biology and Evolution, 5(12), S. 2540–2548
  • de Vries et al. (2014): A sea slug’s guide to plastid symbiosis. Acta Societatis Botanicorum Poloniae, 83(4), S. 415–421
  • Rumpho et al. (2011): The Making of a photosynthetic animal. The Journal of Experimental Biology, 214, S. 303–311
  • Frank Ryan: Virolution: The Most Important Evolutionary Book Since Dawkins' Selfish Gene, Harper Collins Publ. UK 2009, ISBN 978-0007315123; eBook ASIN B00FVE4RFY
  • Thomas Hardtmuth: Die Rolle der Viren in Evolution und Medizin – Versuch einer systemischen Perspektive in: Jahrbuch für Goetheanismus 2019, Pädagogische Forschungsstelle Stuttgart 2019, ISBN 978-3944911823

Weblinks

Commons: Elysia chlorotica - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. Hardtmuth (2019), S. 144
  2. Ryan (2009), Kapitel 1
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