Chymische Hochzeit Christiani Rosencreutz Anno 1459 und Akademie von Gundishapur: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Bild:Chymische_Hochzeit.gif|thumb|''Chymische Hochzeit des Christiani Rosencreutz Anno 1459'', Ausgabe 1616]]
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Die '''Chymische Hochzeit des Christiani Rosencreutz Anno 1459''' erschien 1616 in [[Wikipedia:Straßburg|Straßburg]] erstmals im Druck, nachdem sie zuvor schon einige Zeit als Handschrift im Umlauf war. Die Schrift erschien zunächst anonym, doch gilt als ihr Autor zurecht [[Johann Valentin Andreae]]. Entstanden ist die ''Chymische Hochzeit'' zwischen 1603 und 1605. Geschildert werden darin die Einweihungserlebnisse des [[Christian Rosenkreutz]], die schließlich zur Begründung des [[Rosenkreuzer-Schulungsweg]]s geführt haben, in Form eines alchemistischen Romans.
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== Inhalt ==
[[Bild:Gondeshapur.gif|thumb|350px|[[Gundishapur]]]]
Die '''Akademie von Gundishapur''' (auch '''Akademie von Gondishapur''', {{faS|گندیشاپور}}, [[Wikipedia:Syrische Sprache|syrisch]] ''Beth-Lapat'') war das intellektuelle Zentrum des [[Wikipedia:Sassanidenreich|Sassanidenreich]]s.


Die romanhafte Schilderung beginnt damit, dass der achtzigjähriger Christian Rosenkreutz, der um 1459 in einer Eremitage am Abhang eines Berges lebte, über ein selbsterlebtes Abenteuer zu berichten beginnt, das er am Vorabend des Ostertages erlebt hat. Die ganze Erzählung erstreckt sich über sieben seelische Tagewerke und beginnt damit, dass Christian Rosenkreutz, tief in die [[Meditation]] versenkt, plötzlich einen grausamen Wind an seine Hütte heranwehen spürt, ein Zeichen dafür, dass er mit seinem [[Bewusstsein]] in die rastlos bewegte [[Äther]]welt eingetreten ist. Da titt plötzlich ein herrliches Weib mit Flügeln voller Augen in blauem Kleid und güldenen Sternen und einer Posaune in der Hand an ihn heran und lädt ihn zu einer königlichen Hochzeit. Auf der Posaune steht ein Name, den Christian Rosenkreutz wohl erkennt, aber nicht preisgeben darf. Die Hochzeit, so erinnert er sich plötzlich, war ihm schon sieben Jahre zuvor angekündigt worden. Im Traum sieht er sich noch in der selben Nacht in einen Turm versetzt, wo er und unzählige andere in Ketten gelegt der Befreiung harren. Sieben Mal wird ein Seil herabgelassen, an dem manche der Gefangenen - und schließlich auch Christian Rosenkreutz - hochgezogen werden.
Die Stadt [[Gundishapur]] selbst liegt in der heutigen Provinz von [[Wikipedia:Chuzestan|Chuzestan]] im Südwesten [[Iran]]s unweit des Flusses [[Wikipedia:Karun|Karun]].


Christian Rosenkreutz macht sich auf den Weg, der aber nicht, wie der Weg des [[Mystik]]ers, nach innen geht und zur [[Mystische Hochzeit|Mystischen Hochzeit]] mit dem eigenen geistigen [[Wesen]] führt, sondern er wandelt den Pfad des [[Alchemist]]en, der primär nach der Vereinigung mit dem [[Geist]]igen der Außenwelt strebt, das sich hinter der [[Sinneswelt]] verbirgt, und erst dadurch sekundär die eigenen Geistigkeit erkennen will. Er geht gleichsam einen objektiveren - und damit sichereren - Weg als der Mystiker.
== Allgemeines ==
 
Die Akademie von Gundishapur wurde [[Wikipedia:271|271]] von [[Wikipedia:Schapur I.|Schapur I.]] gegründet und beherbergte das älteste bekannte Lehrkrankenhaus, eine [[Wikipedia:Bibliothek|Bibliothek]] und eine [[Wikipedia:Universität|Universität]]. An der Akademie wurden Fächer wie [[Medizin]], [[Philosophie]], [[Theologie]] und [[Wissenschaft|Wissenschaften]] unterrichtet. Die Akademie verwendete sowohl persisches als auch griechisches und indisches Wissen.
Unter der Herrschaft des Sassanidenkönigs [[Wikipedia:Chosrau I.|Chosrau I.]] Anuschirvan („mit der unsterblichen Seele“; 531–579) wurde Gundishapur ein bekanntes Zentrum für Medizin und Wissenschaft. Chosrau I. gab zahlreichen griechischen Philosophen, aramäischen Christen und nestorianischen Christen, welche vor der religiösen Verfolgung im Byzantinische Reich flohen, Asyl.
 
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"Und so war denn auch der Kaiser [[Wikipedia:Justinian I.|Justinian]]
ein Handlanger gewisser Wesenheiten, als er, der ja ein Feind
war alles dessen, was aus der hohen Weisheit des Griechentums
überkommen war, 529 die Philosophenschulen in Athen schloß, so
daß die letzten Reste der griechischen Gelehrsamkeit mit dem hohen
aristotelisch-platonischen Wissen verbannt wurden und nach
Persien hinüber flüchteten. Nach Nisibis waren schon früher, als [[Wikipedia:Zenon (Kaiser)|Zeno Isauricus]] im 5. Jahrhunderte ebensolche griechische Weise von
Edessa vertrieben hatte, die syrischen Weisen geflohen. Und so versammelte
sich gegen das Jahr, das heranrückte, gegen [[666]] hin, in der
persischen Akademie von Gondishapur wirklich dasjenige, was auserlesenste
Gelehrsamkeit war, die herübergekommen war aus dem
alten Griechentum und die keine Rücksicht genommen hatte auf
das Mysterium von Golgatha. Und innerhalb der Akademie von
Gondishapur lehrten diejenigen, die inspiriert waren von [[luziferisch]]-
[[ahrimanisch]]en Kräften." {{Lit|{{G|182|174}}}}
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Der König beauftragte die Flüchtlinge, griechische und aramäische Texte in die Sprache [[Wikipedia:Pahlavi|Pahlavi]] (Mittelpersisch) zu übersetzen. So wurden verschiedene Werke aus der Medizin, Philosophie, Astronomie und dem Handwerk übersetzt. Die sieben neuplatonischen Philosophen, die 531 nach Persien geflohen waren, sahen ihre Hoffnungen jedoch enttäuscht und kehrten bereits 532 in das oströmische Reich zurück.
 
Chosrau sandte den bekannten Mediziner [[Wikipedia:Burzoe|Burzoe]] nach [[Wikipedia:Indien|Indien]], um indische und chinesische Gelehrte nach Gundishapur einzuladen. Diese übersetzten indische Texte über Astronomie, Mathematik, Medizin und Astrologie sowie chinesische Texte über Kräutermedizin und Religion ins (Mittel-)Persische. Von Burzoe wird gesagt, dass er selber die [[Wikipedia:Panchatantra|Panchatantra]] von Sanskrit ins Persische, ebenson wie Kelileh und Demneh übersetzt hat.
 
Als der [[Prophet]] [[Mohammed]] geboren wurde (zwischen 570 und 573), stand die Akademie auf dem Höhepunkt ihres Ruhms.
 
== Die Bedeutung der Akademie von Gundishapur ==
 
Die Akademie hatte einen nachhaltigen Einfluss auf die Entwicklung des Krankenhaussystems und auf die [[Medizin]]erausbildung. Die Studenten wurden nicht nur von einem Mediziner ausgebildet, sondern von der ganzen Fakultät.
Zudem soll die Akademie einen wichtige Rolle in der [[Mathematik]]geschichte gespielt haben.
 
Bekannte Mediziner, die an der Akademie in Gundishapur wirkten (die meisten Mediziner waren Christen):
 
* [[Wikipedia:Burzoe|Burzoe]], 6. Jahrhundert, Mediziner und Chefarzt von Chosrau I.
* [[Wikipedia:Yūhannā ibn Māsawayh|Yūhannā ibn Māsawayh]], (* 777, + 857) persischer Gelehrter und Mediziner
* [[Wikipedia:Gabriel ibn Bukhtishu|Gabriel ibn Bukhtishu]], (+ 828) persischer Mediziner und Förderer von Übersetzungen
* [[Wikipedia:Shapur ibn Sahl|Shapur ibn Sahl]], 9. Jahrhundert, Mediziner, er schrieb das erste Buch über Gegenmittel mit Titel Aqrabadhin
* [[Wikipedia:Ahmad Tayyeb Sarakhsi|Ahmad Tayyeb Sarakhsi]] (al-Sarakhsi) (+ 899 hingerichtet)
* [[Wikipedia:Nafi ibn al-Harith|Nafi ibn al-Harith]]
* [[Wikipedia:Gabriel von Schiggar|Gabriel von Schiggar]], Anfang 7. Jahrhundert, Leibarzt von Chosrau&nbsp;II. und seiner Frau [[Wikipedia:Schirin|Schirin]]
 
== [[666]] und der Impuls von Gundishapur ==
 
Durch den Impuls von Gundishapur, der insbesonders im [[Arabismus]] aufgegriffen wurde, sollte der [[Menschheit]] verfrüht durch eine Art Offenbarung die [[Bewusstseinsseele]] gegeben werden, ehe noch die [[Verstandes- und Gemütsseele]] voll ausgereift war. Die Entwicklung der höheren [[Geistige Wesensglieder|geistigen Wesensglieder]] ([[Geistselbst]], [[Lebensgeist]] und [[Geistesmensch]]) wäre dadurch abgeschnitten worden.


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"Die Forschungswege des Mystikers und des Alchimisten liegen nach entgegengesetzten Richtungen. Der Mystiker geht unmittelbar in das eigene Geistwesen des Menschen hinein. Sein Ziel ist, was die Mystische Hochzeit genannt werden kann, die Vereinigung der bewußten Seele mit der eigenen geistigen Wesenheit. Der Alchimist will das Geistgebiet der Natur durchwandeln, um nach der erfolgten Wanderung mit den in diesem Gebiet erworbenen Erkenntniskräften das Geistwesen des Menschen zu schauen. Sein Ziel ist die «Chymische Hochzeit», die Vereinigung mit dem Geistgebiet der Natur. Nach dieser Vereinigung erst will er die Anschauung der Menschenwesenheit erleben." {{Lit|GA 35, S 341}}
„Geradesoviel Jahre, als das Mysterium von
Golgatha der Mitte dieses Zeitraumes vorangegangen ist, 333 Jahre,
geradesoviel Jahre nach diesem Zeitraum war beabsichtigt von gewissen
geistigen Mächten, die Erdenentwickelung in ganz andere
Bahnen zu leiten, als sie dann, weil das Mysterium von Golgatha da
war, geleitet worden ist. 333 Jahre nach dem Jahre 333 ist [[666]]; das ist
jene Jahreszahl, von der der Schreiber der Apokalypse mit einem
großen Temperamente spricht. Lesen Sie die betreffenden Stellen,
wo der Schreiber der Apokalypse von dem spricht, was sich auf 666
bezieht! Da sollte nach den Intentionen gewisser geistiger Mächte
mit der Menschheit etwas geschehen, und es wäre geschehen, wenn
das Mysterium von Golgatha nicht eingetreten wäre. Man hätte den
absteigenden Weg, der von 333 ab der Menschheit beschieden gewesen
wäre als Gipfelpunkt der Kultur der Verstandes- oder Gemütsseele,
diesen absteigenden Weg hätte man dazu benützt, um die
Menschheit in ein ganz anderes Fahrwasser zu bringen, als sie kommen
sollte nach der Intention derjenigen göttlichen Wesenheiten,
die mit ihr vom Anfange, von der Saturnzeit an, verknüpft sind. Das
sollte dadurch geschehen, daß etwas, was erst später kommen sollte
in die Menschheit, die Bewußtseinsseele mit ihren Inhalten, durch
eine Art Offenbarung der Menschheit schon 666 gegeben würde.
Wäre das ausgeführt worden, wären wirklich die Intentionen erfüllt
worden gewisser der Menschheitsentwickelung entgegengesetzter,
aber diese Menschheitsentwickelung an sich reißen wollender Wesen,
dann wäre die Menschheit 666 so überrascht worden, begabt
worden mit der Bewußtseinsseele, wie sie es erst längere Zeit nach
unserer Zeit sein wird.
 
Darauf beruht nämlich dasjenige, was die den menschenliebenden
Göttern feindlichen Wesenheiten immer machen, daß sie dasjenige,
was diese den Menschen guten geistigen Wesenheiten zu einer späteren
Zeit machen wollen, in einen früheren Zeitpunkt verlegen wollen,
wo die Menschheit noch nicht reif dazu ist. Es hätte dasjenige,
was erst in der Mitte unseres Zeitraumes hätte geschehen sollen, was
also erst 1080 Jahre nach dem Jahre 1413 geschehen soll, was erst also
im Jahre 2493 geschehen soll - da soll erst der Mensch so weit sein
mit Bezug auf das bewußte Erfassen seiner eigenen Persönlichkeit -,
schon 666 durch ahrimanisch-luziferische Kräfte dem Menschen
eingeimpft werden sollen.
 
Was wollte man dadurch erreichen auf Seiten dieser Wesen? Sie
wollten dadurch dem Menschen die Bewußtseinsseele geben, hätten
ihm aber dadurch eine Natur eingepflanzt, die es ihm unmöglich
gemacht hätte, seinen weiteren Weg zum Geistselbst, zum Lebensgeist
und zum Geistesmenschen zu finden. Man hätte abgeschnitten
seinen Zukunftsweg und hätte den Menschen für ganz andere
Entwickelungsbahnen in Anspruch genommen.{{Lit|{{G|182|172f}}; vgl. auch {{G|184|267ff}}}}
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Am dritten Tag erreicht Christian Rosenkreutz auf seiner Wanderung einen Berggipfel, wo er wie auch die Gäste durch eine Waage geprüft werden, deren Gewichte vielfach als die 7 [[Tugend]]en gedeutet werden. [[Rudolf Steiner]] sieht in ihnen die [[Sieben Freie Künste|Sieben Freien Künste]]. Diejenigen, die für tugendhaft befunden werden, dürfen der Hochzeit beiwohnen. Sie erhalten ein Goldenes Vlies und werden der königlichen Familie vorgestellt. Voller Erwartungen einer Hochzeit beizuwohnen, wird aber die königliche Familie geköpft und ihre Teile in sieben Schiffe verladen und auf einer weit abgelegenen Insel in den Olympischen Turm gebracht, der sieben Stockwerke hat. Innerhalb dieses Turmes erleben die Gäste einen Aufstieg und jeder von ihnen nimmt an alchemistischen Operationen teil, die durch einen Greis und eine Frau geführt werden. Aus den königlichen Überresten gewinnt man dabei eine Art flüssiges Destillat, welches ein weißes Ei gebiert. Aus diesem schlüpft wiederum ein Vogel, der gemästet und geköpft wird. Die Gäste werden aufgefordert aus den Überresten zwei winzige Statuen zu formen. Diese werden solang gefüttert, bis sie die Größe eines erwachsenen Menschen erreicht haben und es stellt sich heraus, dass diese der auferstandene König und die Königin sind. Nachdem das Werk vollbracht ist, werden die Gäste durch das Königspaar in den Orden vom Goldenen Stein eingeführt und kehren zum Schloss zurück. Christian Rosenkreutz spielt dabei noch eine weitere besondere Rolle. Da er im Schloss in das Mausoleum eingedrungen war, wurde er von der dort lebenden Venus als Schlosswächter verurteilt. Die Geschichte endet schließlich wieder in der Eremitage des Christian Rosenkreutz, womit nochmals verdeutlicht wird, dass es sich bei den Schilderungen um keine äußeren Erlebnisse, sondern um innere geistige Erfahrungen handelt.
== Die Akademie von Gundishapur unter muslimischer Herrschaft ==
 
Die Sassanidendynastie unterlag den [[Wikipedia:islamische Expansion|muslimischen Armeen]] im Jahre 642 n. Chr. Die Akademie überlebte den Herrscherwechsel und bestand noch für einige Jahrhunderte als muslimische Lehranstalt weiter. Nach der Gründung des [[Wikipedia:Haus der Weisheit (Bagdad)|Hauses der Weisheit]] in der [[Wikipedia:Abbassiden|Abbassiden]]-Hauptstadt [[Wikipedia:Bagdad|Bagdad]] im Jahre 832 n.Chr. durch den Kalifen [[Al-Mamun]] verlor die Akademie jedoch ständig an Bedeutung. Das Haus der Weisheit übernahm die Methoden der Akademie und einige derer Gelehrten wurden erfolgreich abgeworben. Beide Institutionen standen im Wettbewerb, den das Haus der Weisheit schließlich für sich entscheiden konnte. Die Akademie wurde im 10. Jahrhundert aufgelöst.
 
== Der geistige Hintergrund und die Folgen des Impulses von Gundishapur ==
 
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"Nehmen Sie einmal das Ereignis, das ja die äußere Menschheit
nicht viel interessiert, aber das doch ein außerordentlich bedeutsames
Ereignis ist, nehmen Sie den Umstand, daß 529 der Kaiser Justinianus
den griechischen Philosophenschulen das Verbot entgegenhält, weiter
zu funktionieren und die griechischen Philosophenschulen, den Glanz
des Altertums, verbietet. So daß dasjenige, was an Gelehrsamkeit aus
uralten Zeiten eingezogen ist in die griechischen Philosophenschulen,
was erzeugt hatte einen Anaxagoras, einen Heraklit, später einen
Sokrates, einen Plato, einen Aristoteles, durch diesen Erlaß des
Kaisers Justinian 529 aus der Welt geschafft wurde. Gewiß, man kann
nach dem, was die Geschichte enthält, nun sich Vorstellungen darüber
machen, warum dieser Kaiser Justinianus die alte Wissenschaft in
Europa sozusagen weggefegt hat; aber man bleibt, wenn man ehrlich
über diese Dinge nachdenkt, unbefriedigt von all den Ausführungen,
die man da erhält. Da walten, man spürt es, unbekannte Kräfte drinnen.
Und sonderbar ist es, daß dieses Ereignis zusammenfällt - nicht
ganz, aber geschichtliche Tatsachen, die manchmal auch ein paar
Jahrzehnte auseinanderliegen, vor den späteren Blicken nehmen sie
sich doch als zusammengehörig aus - mit der Vertreibung der Philosophen
auch aus Edessa durch den Isaurier, Zeno Isaurikus; so daß
sozusagen an wichtigsten Stellen der damaligen Welt die gelehrtesten
Leute vertrieben werden. Und diese gelehrten Leute, welche bewahrt
hatten die alte Wissenschaft, insofern sie noch nicht beeinflußt war von
dem Christentum-also im 5. und 6. Jahrhundert unserer christlichen
Zeitrechnung - , mußten auswandern. Sie wanderten aus nach Persien
und gründeten die Akademie von Gondishapur.
 
Von dieser Gelehrtenakademie von Gondishapur wird eigentlich
selbst unter den Philosophen wenig geredet. Aber ohne daß man das
Wesen der von den Resten der alten Gelehrten begründeten Akademie
von Gondishapur kennt, versteht man nichts von der ganzen Entwickelung
der neueren Menschheit. Denn dasjenige, was an alter
Gelehrsamkeit hingetragen hatten nach Gondishapur die Weisen, die
von Justinianus und Isaurikus vertrieben worden waren, das bildete
die Grundlage für eine ungeheuer bedeutsame Lehre, welche in
Gondishapur dann im 7. Jahrhundert an die Schüler gegeben worden
ist. Und in Gondishapur war es, wo man den Aristoteles, den alten
griechischen Weisen, übersetzt hat. Und das Merkwürdige, was geschehen
ist, das ist: Aristoteles - er wäre ja sonst wahrscheinlich ganz
verlorengegangen - , er war zunächst in Edessa von den Gelehrten, die
später durch Isaurikus vertrieben wurden, ins Syrische übersetzt worden.
Die syrische Übersetzung wurde nach Gondishapur gebracht,
und in Gondishapur wurde der syrische Aristoteles ins Arabische
übersetzt. Und diese Übertragung des Aristoteles aus dem Griechischen
ins Arabische auf dem Umwege des Syrischen, die enthielt etwas sehr
Merkwürdiges. Wer einen Einblick gewinnt in die Veränderungen,
die vorgehen mit Gedanken, wenn man sie aus einer Sprache in die
andere wirklich übersetzt, zu übersetzen versucht, der wird begreifen
können, daß gewissermaßen etwas - nun, ich will es hypothetisch
sagen - wie Absicht darinnen liegen konnte, nicht den griechischen
Aristoteles zu nehmen, sondern den Aristoteles, der den Weg über
das Syrische ins Arabische genommen hat. Und da kam denn durch
die Übersetzung des Aristoteles eine Grundlage zustande, in der die
aristotelischen Begriffe in dem Lichte der arabischen Seele, wie sie
damals war, erschienen, dieser merkwürdigen Seele der Araber, wie
sie damals war, wo schärfstes Denken verbunden war mit einer gewissen
Phantastik, welche aber in logischen Bahnen verlief und bis
zum Schauen sich erhob. Und nun, im Lichte dieser eigentümlichen
Lehre, dieser eigentümlichen Anschauung entwickelte sich zu Gondishapur
eine gewaltige Weltanschauung. Zu Gondishapur war es,
wo im 7. Jahrhundert das geschah, was ich angedeutet habe.
 
Was ich angedeutet habe, ist nicht ein phantastisches Ereignis, es
ist nicht einmal etwas, was ganz und gar nicht auf der Erde war; sondern
zu Gondishapur wurde schon gelehrt dasjenige, wovon ich
gestern gesprochen habe: dasjenige, was - aufgefaßt in seiner Wesenheit
- der größte Gegensatz, der denkbar größte Gegensatz ist gegenüber
dem, was aus dem Ereignis von Golgatha sich entwickelt hat.
Und es war ein gewisses Bestreben bei den Weisen von Gondishapur.
Dieses Bestreben war - und es war genau das, was ich gestern erzählte
und vorhin andeutete - eine umfassende Wissenschaft, die hätte ersetzen
sollen die Anstrengungen der Bewußtseinsseele, die aber den
Menschen zum bloßen Erdenmenschen gemacht hätte, ihn abgeschlossen
hätte von seiner wirklichen Zukunft, der Hineinentwickelung
in die geistige Welt. Weise Menschen würden entstanden sein,
aber materialistisch denkende Menschen, reine Erdenmenschen. Tief
hinein hätten sie sehen können auch in das geistige Irdische, in das
Übersinnlich-Irdische; aber abgeschnitten gewesen wären sie gerade
von derjenigen Entwickelung, die dem Menschen zugedacht ist von
seinen Schöpfern mit dem Geistselbst, Lebensgeist und Geistesmenschen.
Und wer eine Ahnung hat von der Weisheit von Gondishapur,
der wird sie zwar halten für eine der Menschheit im höchsten Sinne
gefährliche, aber er wird sie zu gleicher Zeit halten für ein ungeheueres
Phänomen. Und die Absicht bestand, nicht nur die Umgegend,
sondern die ganze damals bekannte zivilisierte Welt, nach
Asien und Europa überall hin, mit dieser Gelehrsamkeit zu überschwemmen.
 
Die Ansätze waren dazu auch gemacht. Aber es wurde abgestumpft
dasjenige, was von Gondishapur ausgehen sollte, gewissermaßen
zurückgehalten von retardierenden geistigen Kräften, die doch
zusammenhingen, wenn sie auch wiederum eine Art von Gegensatz
bilden, mit dem, was durch den Christus-Impuls beeinflußt war. Es
wurde abgestumpft dasjenige, was von Gondishapur ausgehen sollte,
zunächst durch das Auftreten Mohammeds. Indem Mohammed eine
phantastische Religionslehre verbreitete, vor allen Dingen über diejenigen
Gegenden, über die man verbreiten wollte die gnostische
Weisheit von Gondishapur, nahm er sozusagen dieser gnostischen
Weisheit von Gondishapur das Feld weg. Er schöpfte sozusagen den
Rahm weg, und dann segelte dasjenige nach, was von Gondishapur
kam, und konnte nun nicht durch dasjenige durch, was Mohammed
getan hatte. Das ist gewissermaßen die Weisheit in der Weltgeschichte;
man kennt auch den Mohammedanismus erst richtig, wenn man zu den
andern Dingen noch weiß, daß der Mohammedanismus dazu bestimmt
war, die gnostische Weisheit von Gondishapur abzustumpfen, ihr
die eigentliche, stark ahrimanisch versucherische Kraft, die sie auf die
Menschheit sonst ausgeübt hätte, zu nehmen.
 
Nun, ganz verschwunden aber ist nicht diese Weisheit von Gondishapur.
Man muß allerdings sorgfältig die Entwickelung der Menschheit
seit dem 7. Jahrhundert bis in unsere Zeiten herein verfolgen,
wenn man verstehen will, was im Zusammenhange mit der gnostischen
Bewegung von Gondishapur geschehen ist. Das ist nicht erreicht
worden, was der große Lehrer, dessen Name unbekannt geblieben
ist, der aber der größte Gegner des Christus Jesus war, was
der in Gondishapur den Schülern beigebracht hat, aber etwas anderes
ist doch erreicht worden. Nur muß man, um es zu erkennen, sorgfältige
Studien machen. Man kann die Frage aufwerfen: Wodurch ist
denn eigentlich die gegenwärtige Naturwissenschaft zustande gekommen,
diese eigentümliche naturwissenschaftliche Denkweise?
Das, was ich jetzt sage, ist sogar sorgfältigen Historikern nicht unbekannt.
Diese gegenwärtige naturwissenschaftliche Denkweise, wie
ich sie Ihnen gestern wiederum charakterisiert habe, sie ist nicht
dadurch zustande gekommen, daß sich irgend etwas aus dem Christentum in gerader Linie entwickelt hat; nein, die gegenwärtige naturwissenschaftliche
Denkweise hat sozusagen mit dem Christentum als
solchem in Wirklichkeit nichts zu tun. Man kann Schritt für Schritt,
von Jahrzehnt zu Jahrzehnt verfolgen, wie, zwar abgestumpft, die
gnostische Gondishapur-Weisheit über Südeuropa und Afrika nach
Spanien, nach Frankreich, nach England sich hineinverbreitet, hat und
dann über den Kontinent, gerade auch auf dem Umwege durch die
Klöster, kann verfolgen, wie das Übersinnliche herausgetrieben und
nur das Sinnliche zurückbehalten wird, sozusagen die Tendenz, die
Intention zurückbehalten wird; und es entsteht aus der Abstumpfung
der gnostischen Weisheit von Gondishapur das abendländische
naturwissenschaftliche Denken.
 
Besonders interessant ist es, den ''[[Roger Bacon]]'' nach dieser Richtung
zu studieren, nicht ''[[Francis Bacon|Baco von Verulam]]'', sondern Roger Bacon, der
zeigt, trotzdem er Mönch ist - aber ein von seinen Kollegen nicht sehr
angesehener Mönch - , wie in ihn eingeflossen ist die gnostische Weisheit
von Gondishapur. So wenig kennen die Menschen heute die
Quellen desjenigen, was in ihren Seelen wirkt, daß man glaubt, vorurteilsloses
naturwissenschaftliches Denken zu haben, während dieses
vorurteilslose naturwissenschaftliche Denken in Wahrheit aus der
Akademie von Gondishapur heraus entstanden ist." {{Lit|{{G|184|280ff}}}}
</div>


== Literatur ==
== Literatur ==
#Johann Valentin Andreä: ''Die Chymische Hochzeit des Christian Rosencreutz'', gedeutet und kommentiert von Bastiaan Baan, Verlag Urachhaus, Stuttgart 2001
 
#Rudolf Steiner: ''Philosophie und Anthroposophie'', [[GA 35]] (1984)
* ''The Cambridge History of Iran''. Bd. 3–4, Cambridge 1983ff.
* George Ghevarghese Joseph: ''In his Crest of the Peacock''. Princeton University Press, 2000 (mit Referenz auf die Bedeutung der Akademie für die Mathematikgeschichte).
* Friedrun R. Hau: ''Gondeschapur. Eine Medizinschule aus dem 6. Jahrhundert n. Chr.'' Gesnerus, XXXVI/1979, S. 98-115.
* Heinz Herbert Schöffler: ''Die Akademie von Gondischapur. Aristoteles auf dem Wege in den Orient''. Mit eineem Geleitwort von Friedrich Hiebel. 2. Aufl., Stuttgart 1980 (= Logoi 5), ISBN 3-7725-0701-8.
* Heinz Herbert Schöffler: ''Die Akademie von Gondischapur und der Impuls von 666''. In: Flensburger Hefte Nr. 61, Flensburg 1998, S. 14 - 43
* Paul Emberson: ''Von Gondishapur bis Silicon Valley'' Band I, Etheric Dimensions Press, Schweiz und Schottland 2012
* Paul Emberson: ''From Gondishapur to Silicon Valley'', Volume II, Etheric Dimensions Press, Switzerland and Scottland 2014 (deutsche Übersetzung in Vorbereitung)
* Rudolf Steiner: ''Der Tod als Lebenswandlung'', [[GA 182]] (1996), ISBN 3-7274-1820-6 {{Vorträge|182}}
* Rudolf Steiner: ''Die Polarität von Dauer und Entwickelung im Menschenleben. Die kosmische Vorgeschichte der Menschheit.'', [[GA 184]] (2002), ISBN 3-7274-1840-0 {{Vorträge|184}}


{{GA}}
{{GA}}


== Weblinks ==
==Weblinks==
#[[Bild:Adobepdf_small.gif]] [http://www.anthrowiki.info/jump.php?url=http://www.anthrowiki.info/ftp/bibliothek/alchemie/Johann_Valentin_Andreae_Chymische_Hochzeit_Christiani_Rosencreutz_Anno_1459.pdf Johann Valentin Andreae: ''Chymische Hochzeit des Christiani Rosencreutz Anno 1459'']
 
#[[Bild:Adobepdf_small.gif]] [http://www.anthrowiki.info/jump.php?url=http://www.anthrowiki.info/ftp/anthroposophie/Rudolf_Steiner/DIE_CHYMISCHE_HOCHZEIT_DES_CHRISTIAN_ROSENKREUTZ.pdf Rudolf Steiner: ''Die Chymische Hochzeit des Christian Rosenkreutz'']
* [http://www.cais-soas.com/CAIS/Geography/gondi_Shapur_medical_school.htm Lutz Richter-Bernburg, ''Gondi-Shapur History & Medical School'' (mit Literatur)]
* [http://www.iranchamber.com/culture/articles/medical_sciences_avesta.php The Medical Sciences in the Avesta (engl.)]
* [http://www.flensburgerhefte.de/Leseproben/LESE61.htm Auszüge aus dem Flensburger Heft Nr. 61: Die Hintergründe von 666]
 
[[Kategorie:Sassaniden]]


[[Kategorie:Schulungsweg]] [[Kategorie:Rosenkreuzer]]
{{Wikipedia}}

Version vom 3. Dezember 2017, 13:40 Uhr

Akademie von Gundishapur (Iran)
Akademie von Gundishapur (Iran)
Gundishapur
Gundishapur
Gundishapur
Iran
Gundishapur

Die Akademie von Gundishapur (auch Akademie von Gondishapur, persisch گندیشاپور, syrisch Beth-Lapat) war das intellektuelle Zentrum des Sassanidenreichs.

Die Stadt Gundishapur selbst liegt in der heutigen Provinz von Chuzestan im Südwesten Irans unweit des Flusses Karun.

Allgemeines

Die Akademie von Gundishapur wurde 271 von Schapur I. gegründet und beherbergte das älteste bekannte Lehrkrankenhaus, eine Bibliothek und eine Universität. An der Akademie wurden Fächer wie Medizin, Philosophie, Theologie und Wissenschaften unterrichtet. Die Akademie verwendete sowohl persisches als auch griechisches und indisches Wissen.

Unter der Herrschaft des Sassanidenkönigs Chosrau I. Anuschirvan („mit der unsterblichen Seele“; 531–579) wurde Gundishapur ein bekanntes Zentrum für Medizin und Wissenschaft. Chosrau I. gab zahlreichen griechischen Philosophen, aramäischen Christen und nestorianischen Christen, welche vor der religiösen Verfolgung im Byzantinische Reich flohen, Asyl.

"Und so war denn auch der Kaiser Justinian ein Handlanger gewisser Wesenheiten, als er, der ja ein Feind war alles dessen, was aus der hohen Weisheit des Griechentums überkommen war, 529 die Philosophenschulen in Athen schloß, so daß die letzten Reste der griechischen Gelehrsamkeit mit dem hohen aristotelisch-platonischen Wissen verbannt wurden und nach Persien hinüber flüchteten. Nach Nisibis waren schon früher, als Zeno Isauricus im 5. Jahrhunderte ebensolche griechische Weise von Edessa vertrieben hatte, die syrischen Weisen geflohen. Und so versammelte sich gegen das Jahr, das heranrückte, gegen 666 hin, in der persischen Akademie von Gondishapur wirklich dasjenige, was auserlesenste Gelehrsamkeit war, die herübergekommen war aus dem alten Griechentum und die keine Rücksicht genommen hatte auf das Mysterium von Golgatha. Und innerhalb der Akademie von Gondishapur lehrten diejenigen, die inspiriert waren von luziferisch- ahrimanischen Kräften." (Lit.: GA 182, S. 174)

Der König beauftragte die Flüchtlinge, griechische und aramäische Texte in die Sprache Pahlavi (Mittelpersisch) zu übersetzen. So wurden verschiedene Werke aus der Medizin, Philosophie, Astronomie und dem Handwerk übersetzt. Die sieben neuplatonischen Philosophen, die 531 nach Persien geflohen waren, sahen ihre Hoffnungen jedoch enttäuscht und kehrten bereits 532 in das oströmische Reich zurück.

Chosrau sandte den bekannten Mediziner Burzoe nach Indien, um indische und chinesische Gelehrte nach Gundishapur einzuladen. Diese übersetzten indische Texte über Astronomie, Mathematik, Medizin und Astrologie sowie chinesische Texte über Kräutermedizin und Religion ins (Mittel-)Persische. Von Burzoe wird gesagt, dass er selber die Panchatantra von Sanskrit ins Persische, ebenson wie Kelileh und Demneh übersetzt hat.

Als der Prophet Mohammed geboren wurde (zwischen 570 und 573), stand die Akademie auf dem Höhepunkt ihres Ruhms.

Die Bedeutung der Akademie von Gundishapur

Die Akademie hatte einen nachhaltigen Einfluss auf die Entwicklung des Krankenhaussystems und auf die Medizinerausbildung. Die Studenten wurden nicht nur von einem Mediziner ausgebildet, sondern von der ganzen Fakultät. Zudem soll die Akademie einen wichtige Rolle in der Mathematikgeschichte gespielt haben.

Bekannte Mediziner, die an der Akademie in Gundishapur wirkten (die meisten Mediziner waren Christen):

666 und der Impuls von Gundishapur

Durch den Impuls von Gundishapur, der insbesonders im Arabismus aufgegriffen wurde, sollte der Menschheit verfrüht durch eine Art Offenbarung die Bewusstseinsseele gegeben werden, ehe noch die Verstandes- und Gemütsseele voll ausgereift war. Die Entwicklung der höheren geistigen Wesensglieder (Geistselbst, Lebensgeist und Geistesmensch) wäre dadurch abgeschnitten worden.

„Geradesoviel Jahre, als das Mysterium von Golgatha der Mitte dieses Zeitraumes vorangegangen ist, 333 Jahre, geradesoviel Jahre nach diesem Zeitraum war beabsichtigt von gewissen geistigen Mächten, die Erdenentwickelung in ganz andere Bahnen zu leiten, als sie dann, weil das Mysterium von Golgatha da war, geleitet worden ist. 333 Jahre nach dem Jahre 333 ist 666; das ist jene Jahreszahl, von der der Schreiber der Apokalypse mit einem großen Temperamente spricht. Lesen Sie die betreffenden Stellen, wo der Schreiber der Apokalypse von dem spricht, was sich auf 666 bezieht! Da sollte nach den Intentionen gewisser geistiger Mächte mit der Menschheit etwas geschehen, und es wäre geschehen, wenn das Mysterium von Golgatha nicht eingetreten wäre. Man hätte den absteigenden Weg, der von 333 ab der Menschheit beschieden gewesen wäre als Gipfelpunkt der Kultur der Verstandes- oder Gemütsseele, diesen absteigenden Weg hätte man dazu benützt, um die Menschheit in ein ganz anderes Fahrwasser zu bringen, als sie kommen sollte nach der Intention derjenigen göttlichen Wesenheiten, die mit ihr vom Anfange, von der Saturnzeit an, verknüpft sind. Das sollte dadurch geschehen, daß etwas, was erst später kommen sollte in die Menschheit, die Bewußtseinsseele mit ihren Inhalten, durch eine Art Offenbarung der Menschheit schon 666 gegeben würde. Wäre das ausgeführt worden, wären wirklich die Intentionen erfüllt worden gewisser der Menschheitsentwickelung entgegengesetzter, aber diese Menschheitsentwickelung an sich reißen wollender Wesen, dann wäre die Menschheit 666 so überrascht worden, begabt worden mit der Bewußtseinsseele, wie sie es erst längere Zeit nach unserer Zeit sein wird.

Darauf beruht nämlich dasjenige, was die den menschenliebenden Göttern feindlichen Wesenheiten immer machen, daß sie dasjenige, was diese den Menschen guten geistigen Wesenheiten zu einer späteren Zeit machen wollen, in einen früheren Zeitpunkt verlegen wollen, wo die Menschheit noch nicht reif dazu ist. Es hätte dasjenige, was erst in der Mitte unseres Zeitraumes hätte geschehen sollen, was also erst 1080 Jahre nach dem Jahre 1413 geschehen soll, was erst also im Jahre 2493 geschehen soll - da soll erst der Mensch so weit sein mit Bezug auf das bewußte Erfassen seiner eigenen Persönlichkeit -, schon 666 durch ahrimanisch-luziferische Kräfte dem Menschen eingeimpft werden sollen.

Was wollte man dadurch erreichen auf Seiten dieser Wesen? Sie wollten dadurch dem Menschen die Bewußtseinsseele geben, hätten ihm aber dadurch eine Natur eingepflanzt, die es ihm unmöglich gemacht hätte, seinen weiteren Weg zum Geistselbst, zum Lebensgeist und zum Geistesmenschen zu finden. Man hätte abgeschnitten seinen Zukunftsweg und hätte den Menschen für ganz andere Entwickelungsbahnen in Anspruch genommen.“ (Lit.: GA 182, S. 172f; vgl. auch GA 184, S. 267ff)

Die Akademie von Gundishapur unter muslimischer Herrschaft

Die Sassanidendynastie unterlag den muslimischen Armeen im Jahre 642 n. Chr. Die Akademie überlebte den Herrscherwechsel und bestand noch für einige Jahrhunderte als muslimische Lehranstalt weiter. Nach der Gründung des Hauses der Weisheit in der Abbassiden-Hauptstadt Bagdad im Jahre 832 n.Chr. durch den Kalifen Al-Mamun verlor die Akademie jedoch ständig an Bedeutung. Das Haus der Weisheit übernahm die Methoden der Akademie und einige derer Gelehrten wurden erfolgreich abgeworben. Beide Institutionen standen im Wettbewerb, den das Haus der Weisheit schließlich für sich entscheiden konnte. Die Akademie wurde im 10. Jahrhundert aufgelöst.

Der geistige Hintergrund und die Folgen des Impulses von Gundishapur

"Nehmen Sie einmal das Ereignis, das ja die äußere Menschheit nicht viel interessiert, aber das doch ein außerordentlich bedeutsames Ereignis ist, nehmen Sie den Umstand, daß 529 der Kaiser Justinianus den griechischen Philosophenschulen das Verbot entgegenhält, weiter zu funktionieren und die griechischen Philosophenschulen, den Glanz des Altertums, verbietet. So daß dasjenige, was an Gelehrsamkeit aus uralten Zeiten eingezogen ist in die griechischen Philosophenschulen, was erzeugt hatte einen Anaxagoras, einen Heraklit, später einen Sokrates, einen Plato, einen Aristoteles, durch diesen Erlaß des Kaisers Justinian 529 aus der Welt geschafft wurde. Gewiß, man kann nach dem, was die Geschichte enthält, nun sich Vorstellungen darüber machen, warum dieser Kaiser Justinianus die alte Wissenschaft in Europa sozusagen weggefegt hat; aber man bleibt, wenn man ehrlich über diese Dinge nachdenkt, unbefriedigt von all den Ausführungen, die man da erhält. Da walten, man spürt es, unbekannte Kräfte drinnen. Und sonderbar ist es, daß dieses Ereignis zusammenfällt - nicht ganz, aber geschichtliche Tatsachen, die manchmal auch ein paar Jahrzehnte auseinanderliegen, vor den späteren Blicken nehmen sie sich doch als zusammengehörig aus - mit der Vertreibung der Philosophen auch aus Edessa durch den Isaurier, Zeno Isaurikus; so daß sozusagen an wichtigsten Stellen der damaligen Welt die gelehrtesten Leute vertrieben werden. Und diese gelehrten Leute, welche bewahrt hatten die alte Wissenschaft, insofern sie noch nicht beeinflußt war von dem Christentum-also im 5. und 6. Jahrhundert unserer christlichen Zeitrechnung - , mußten auswandern. Sie wanderten aus nach Persien und gründeten die Akademie von Gondishapur.

Von dieser Gelehrtenakademie von Gondishapur wird eigentlich selbst unter den Philosophen wenig geredet. Aber ohne daß man das Wesen der von den Resten der alten Gelehrten begründeten Akademie von Gondishapur kennt, versteht man nichts von der ganzen Entwickelung der neueren Menschheit. Denn dasjenige, was an alter Gelehrsamkeit hingetragen hatten nach Gondishapur die Weisen, die von Justinianus und Isaurikus vertrieben worden waren, das bildete die Grundlage für eine ungeheuer bedeutsame Lehre, welche in Gondishapur dann im 7. Jahrhundert an die Schüler gegeben worden ist. Und in Gondishapur war es, wo man den Aristoteles, den alten griechischen Weisen, übersetzt hat. Und das Merkwürdige, was geschehen ist, das ist: Aristoteles - er wäre ja sonst wahrscheinlich ganz verlorengegangen - , er war zunächst in Edessa von den Gelehrten, die später durch Isaurikus vertrieben wurden, ins Syrische übersetzt worden. Die syrische Übersetzung wurde nach Gondishapur gebracht, und in Gondishapur wurde der syrische Aristoteles ins Arabische übersetzt. Und diese Übertragung des Aristoteles aus dem Griechischen ins Arabische auf dem Umwege des Syrischen, die enthielt etwas sehr Merkwürdiges. Wer einen Einblick gewinnt in die Veränderungen, die vorgehen mit Gedanken, wenn man sie aus einer Sprache in die andere wirklich übersetzt, zu übersetzen versucht, der wird begreifen können, daß gewissermaßen etwas - nun, ich will es hypothetisch sagen - wie Absicht darinnen liegen konnte, nicht den griechischen Aristoteles zu nehmen, sondern den Aristoteles, der den Weg über das Syrische ins Arabische genommen hat. Und da kam denn durch die Übersetzung des Aristoteles eine Grundlage zustande, in der die aristotelischen Begriffe in dem Lichte der arabischen Seele, wie sie damals war, erschienen, dieser merkwürdigen Seele der Araber, wie sie damals war, wo schärfstes Denken verbunden war mit einer gewissen Phantastik, welche aber in logischen Bahnen verlief und bis zum Schauen sich erhob. Und nun, im Lichte dieser eigentümlichen Lehre, dieser eigentümlichen Anschauung entwickelte sich zu Gondishapur eine gewaltige Weltanschauung. Zu Gondishapur war es, wo im 7. Jahrhundert das geschah, was ich angedeutet habe.

Was ich angedeutet habe, ist nicht ein phantastisches Ereignis, es ist nicht einmal etwas, was ganz und gar nicht auf der Erde war; sondern zu Gondishapur wurde schon gelehrt dasjenige, wovon ich gestern gesprochen habe: dasjenige, was - aufgefaßt in seiner Wesenheit - der größte Gegensatz, der denkbar größte Gegensatz ist gegenüber dem, was aus dem Ereignis von Golgatha sich entwickelt hat. Und es war ein gewisses Bestreben bei den Weisen von Gondishapur. Dieses Bestreben war - und es war genau das, was ich gestern erzählte und vorhin andeutete - eine umfassende Wissenschaft, die hätte ersetzen sollen die Anstrengungen der Bewußtseinsseele, die aber den Menschen zum bloßen Erdenmenschen gemacht hätte, ihn abgeschlossen hätte von seiner wirklichen Zukunft, der Hineinentwickelung in die geistige Welt. Weise Menschen würden entstanden sein, aber materialistisch denkende Menschen, reine Erdenmenschen. Tief hinein hätten sie sehen können auch in das geistige Irdische, in das Übersinnlich-Irdische; aber abgeschnitten gewesen wären sie gerade von derjenigen Entwickelung, die dem Menschen zugedacht ist von seinen Schöpfern mit dem Geistselbst, Lebensgeist und Geistesmenschen. Und wer eine Ahnung hat von der Weisheit von Gondishapur, der wird sie zwar halten für eine der Menschheit im höchsten Sinne gefährliche, aber er wird sie zu gleicher Zeit halten für ein ungeheueres Phänomen. Und die Absicht bestand, nicht nur die Umgegend, sondern die ganze damals bekannte zivilisierte Welt, nach Asien und Europa überall hin, mit dieser Gelehrsamkeit zu überschwemmen.

Die Ansätze waren dazu auch gemacht. Aber es wurde abgestumpft dasjenige, was von Gondishapur ausgehen sollte, gewissermaßen zurückgehalten von retardierenden geistigen Kräften, die doch zusammenhingen, wenn sie auch wiederum eine Art von Gegensatz bilden, mit dem, was durch den Christus-Impuls beeinflußt war. Es wurde abgestumpft dasjenige, was von Gondishapur ausgehen sollte, zunächst durch das Auftreten Mohammeds. Indem Mohammed eine phantastische Religionslehre verbreitete, vor allen Dingen über diejenigen Gegenden, über die man verbreiten wollte die gnostische Weisheit von Gondishapur, nahm er sozusagen dieser gnostischen Weisheit von Gondishapur das Feld weg. Er schöpfte sozusagen den Rahm weg, und dann segelte dasjenige nach, was von Gondishapur kam, und konnte nun nicht durch dasjenige durch, was Mohammed getan hatte. Das ist gewissermaßen die Weisheit in der Weltgeschichte; man kennt auch den Mohammedanismus erst richtig, wenn man zu den andern Dingen noch weiß, daß der Mohammedanismus dazu bestimmt war, die gnostische Weisheit von Gondishapur abzustumpfen, ihr die eigentliche, stark ahrimanisch versucherische Kraft, die sie auf die Menschheit sonst ausgeübt hätte, zu nehmen.

Nun, ganz verschwunden aber ist nicht diese Weisheit von Gondishapur. Man muß allerdings sorgfältig die Entwickelung der Menschheit seit dem 7. Jahrhundert bis in unsere Zeiten herein verfolgen, wenn man verstehen will, was im Zusammenhange mit der gnostischen Bewegung von Gondishapur geschehen ist. Das ist nicht erreicht worden, was der große Lehrer, dessen Name unbekannt geblieben ist, der aber der größte Gegner des Christus Jesus war, was der in Gondishapur den Schülern beigebracht hat, aber etwas anderes ist doch erreicht worden. Nur muß man, um es zu erkennen, sorgfältige Studien machen. Man kann die Frage aufwerfen: Wodurch ist denn eigentlich die gegenwärtige Naturwissenschaft zustande gekommen, diese eigentümliche naturwissenschaftliche Denkweise? Das, was ich jetzt sage, ist sogar sorgfältigen Historikern nicht unbekannt. Diese gegenwärtige naturwissenschaftliche Denkweise, wie ich sie Ihnen gestern wiederum charakterisiert habe, sie ist nicht dadurch zustande gekommen, daß sich irgend etwas aus dem Christentum in gerader Linie entwickelt hat; nein, die gegenwärtige naturwissenschaftliche Denkweise hat sozusagen mit dem Christentum als solchem in Wirklichkeit nichts zu tun. Man kann Schritt für Schritt, von Jahrzehnt zu Jahrzehnt verfolgen, wie, zwar abgestumpft, die gnostische Gondishapur-Weisheit über Südeuropa und Afrika nach Spanien, nach Frankreich, nach England sich hineinverbreitet, hat und dann über den Kontinent, gerade auch auf dem Umwege durch die Klöster, kann verfolgen, wie das Übersinnliche herausgetrieben und nur das Sinnliche zurückbehalten wird, sozusagen die Tendenz, die Intention zurückbehalten wird; und es entsteht aus der Abstumpfung der gnostischen Weisheit von Gondishapur das abendländische naturwissenschaftliche Denken.

Besonders interessant ist es, den Roger Bacon nach dieser Richtung zu studieren, nicht Baco von Verulam, sondern Roger Bacon, der zeigt, trotzdem er Mönch ist - aber ein von seinen Kollegen nicht sehr angesehener Mönch - , wie in ihn eingeflossen ist die gnostische Weisheit von Gondishapur. So wenig kennen die Menschen heute die Quellen desjenigen, was in ihren Seelen wirkt, daß man glaubt, vorurteilsloses naturwissenschaftliches Denken zu haben, während dieses vorurteilslose naturwissenschaftliche Denken in Wahrheit aus der Akademie von Gondishapur heraus entstanden ist." (Lit.: GA 184, S. 280ff)

Literatur

  • The Cambridge History of Iran. Bd. 3–4, Cambridge 1983ff.
  • George Ghevarghese Joseph: In his Crest of the Peacock. Princeton University Press, 2000 (mit Referenz auf die Bedeutung der Akademie für die Mathematikgeschichte).
  • Friedrun R. Hau: Gondeschapur. Eine Medizinschule aus dem 6. Jahrhundert n. Chr. Gesnerus, XXXVI/1979, S. 98-115.
  • Heinz Herbert Schöffler: Die Akademie von Gondischapur. Aristoteles auf dem Wege in den Orient. Mit eineem Geleitwort von Friedrich Hiebel. 2. Aufl., Stuttgart 1980 (= Logoi 5), ISBN 3-7725-0701-8.
  • Heinz Herbert Schöffler: Die Akademie von Gondischapur und der Impuls von 666. In: Flensburger Hefte Nr. 61, Flensburg 1998, S. 14 - 43
  • Paul Emberson: Von Gondishapur bis Silicon Valley Band I, Etheric Dimensions Press, Schweiz und Schottland 2012
  • Paul Emberson: From Gondishapur to Silicon Valley, Volume II, Etheric Dimensions Press, Switzerland and Scottland 2014 (deutsche Übersetzung in Vorbereitung)
  • Rudolf Steiner: Der Tod als Lebenswandlung, GA 182 (1996), ISBN 3-7274-1820-6 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  • Rudolf Steiner: Die Polarität von Dauer und Entwickelung im Menschenleben. Die kosmische Vorgeschichte der Menschheit., GA 184 (2002), ISBN 3-7274-1840-0 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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