Prophet

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Der Prophet Jesaja in einem Fresko in der Sixtinischen Kapelle (Michelangelo, 1509)
Der Prophet Jeremia (Michelangelo, Sixtinische Kapelle)
Der Prophet Ezechiel (Michelangelo, Sixtinische Kapelle, 1510)

Als Prophet (von griech. προ pro „aus“ und φεµι femí „sprechen“, im Sinne von „aussprechen, fürsprechen“; hebr. נָבִיא Nevi oder Nebi; Plural נְבִיאִים, Nevi’im oder Nebiim) wird ganz allgemein ein Person bezeichnet, die durch ein meist traumartiges hellsichtiges Erleben eine Botschaft oder Prophezeiung Gottes oder der Götter empfängt, verbunden mit dem Auftrag, diese Botschaft, die Prophetie, anderen Menschen zu verkündigen, also sie auszusprechen. Besondere Bedeutung erlangte das Prophetentum im letzten vorchristlichen Jahrtausend innerhalb des Judentums, wo immer nachdrücklicher auf den Messias, den herabkommenden Christus, hingewiesen wurde. Anders als später im Christentum werden allerdings im Judentum nur jene Personen zu den Propheten gezählt, die unmittelbar und nicht durch Vermittler wie Engelwesen mit Gott gesprochen haben und deren Worte sich direkt auf ihre Zeitgenossen und nicht auf eine fernere Zukunft beziehen. Deshalb wird etwa Daniel, der im Christentum als einer der großen Propheten gilt, aus jüdischer Sicht nicht zu den Propheten gerechnet.

„Wenn man die Seelen der jüdischen Propheten verfolgt, so findet man, daß sie Wiederverkörperungen sind von Eingeweihten, die bei anderen Völkern eingeweiht waren und dort schon gewisse Stufen der Einweihung erstiegen hatten. Wenn wir also einen der jüdischen Propheten zurückverfolgen, so kommen wir zu anderen Völkern. Dort finden wir eine Initiiertenseele, die lange bei diesem Volke geblieben war; sie ging dann durch die Pforte des Todes und wurde wiederverkörpert bei dem jüdischen Volke. Und alle die einzelnen Gestalten - Jeremias, Jesajas, Daniel und so weiter -, wir müssen sie, wenn wir ihre Seelen in früheren Verkörperungen finden wollen, bei anderen Völkern suchen. Es ist wirklich, trivial gesprochen, so wie ein Nachund- nach-sich-Versammeln der Eingeweihten der anderen Völker bei dem jüdischen Volke, wo die Eingeweihten in der Gestalt der Propheten auftreten. Dann aber ist es erklärlich, daß die Propheten so erscheinen, daß ihre Prophetengabe wie ein elementarisches Hervortreten ihres Innern erscheint. Es ist die Erinnerung an das, was sie sich als Eingeweihte da oder dort erworben haben. Das tritt heraus, tritt aber auch heraus so, daß es nicht immer jene klare harmonische Form zeigen muß, die es in früheren Inkarnationen gehabt hat. Denn es wird die Seele, die in einem persischen oder ägyptischen Leibe inkarniert war, sich erst anbequemen müssen der Körperlichkeit des jüdischen Volkes. Da wird manches nicht herauskommen können, was früher schon in ihr darinnen war. Denn es ist nicht so, daß, wenn der Mensch fortschreitet von Inkarnation zu Inkarnation, immer auch das in ihm vorhanden ist, was früher vorhanden war, sondern es kann etwas, was früher schon da war durch die Schwierigkeiten, welche die Körperlichkeit macht, unharmonisch erscheinen, kann chaotisch erscheinen.

So sehen wir, wie die jüdischen Propheten ihrem Volke eine Summe von spirituellen Impulsen gaben, die oft ungeordnete, aber grandiose Wiedererinnerungen sind der früheren Initiation. Das ist das Eigentümliche, was uns bei diesen jüdischen Propheten entgegentritt. Und warum geschieht dies? Aus keinem anderen Grunde geschieht es, als weil in der Tat die ganze Menschheitsentwickelung diesen Durchgangspunkt nehmen mußte, weil das, was zerstreut errungen worden war, gesammelt werden sollte wie in einem Brennpunkt und wiedergeboren werden sollte aus dem Blut des alttestamentlichen Volkes heraus.“ (Lit.:GA 139, S. 36f)

„Wenn innerhalb des alten Judentums die Menschen von irgendeiner Erkenntnis gesprochen haben, so waren es traumhafte Erkenntnisse. Die Propheten, die die höchsten Erkenntnisse gehabt haben, werden Ihnen geschildert als die Träger eben der prophetischen Träume.“ (Lit.:GA 203, S. 270)

Die Sehergabe der jüdischen Propheten unterschied sich durch ihre besonnene Art sehr deutlich von der der Sibyllen, die ihre Prophezeiungen in unkontrollierter Ekstase unmittelbar aus der elementarischen Erdenumgebung schöpften. Sie konnten dies, weil sich ihr Ich, in dem das Volks-Ich lebte, unmittelbar mit den Kräften der Erde, mit der Geologie, verband.

„Was strebten denn diese Propheten eigentlich an? Wollen wir einmal versuchen, gewissermaßen in das Innerste dieser Prophetenseelen, Jesaias, Jeremias, Hesekiel, Daniel, Joel, Jonas und Zacharias, hineinzuschauen: Was strebten sie an? Ja, wenn man nur wirklich unbefangen diese Prophetenseelen studiert, dann findet man: Sie sind bemüht, im Grunde genommen, eine besondere menschliche Seelenkraft in den Vordergrund des Seelenlebens zu stellen und eine andere zurückzudrängen, gleichsam in die Tiefen des Seelenlebens hinunterzudrangen. Aufmerksam habe ich Sie schon gemacht, wie auf den Michelangeloschen Schöpfungen, auf die ich hingewiesen habe, die Propheten immer so gebildet werden, daß sie in tiefem Sinnen dasitzen, wie getragen von innerlicher Seelenruhe, so daß man sieht: Dasjenige, dem ihre Seele hingegeben ist, hängt zusammen in ihren unterirdischen Gründen mit dem Ewigen. Als den Gegensatz stellt Michelangelo hin die Sibyllen, in die hereinwirken die Elemente der Erde, hereinwirken so, wie es bei der einen ist, daß das Haar vom Winde getrieben wird, daß selbst in das bläuliche Obergewand der Wind hineinzieht; unter diesem Einfluß des Windes tut sie ihre Prophezeiung. Die andere sehen wir von innerer Glut ergriffen: In der eigentümlichen Beweisgeste der Hand sehen wir das Feuer, das irdische Element. Und so könnten wir noch einmal die Sibyllen durchgehen: Sie leben mit den Seelenkräften, die unmittelbar in die Seelen hereinziehen aus der elementarischen Erdenumgebung. Diese Sibyllenkräfte, die sozusagen hereinsaugen in die Seele den Geist der Erdenelemente und ihn zum Ausdruck bringen, diese Sibyllenkräfte wollten die Propheten des alten Judentums zurückdrängen. Wenn Sie wirklich vorurteilslos die ganze Prophetengeschkhte lesen, so werden Sie finden: Der Prophet ist bemüht — darin besteht seine Schulung —, den Sibyllenzug in sich zu unterdrücken, ihn nicht aufkommen zu lassen.

Apollo verwandelt den Sibyllenzug der Pythia dadurch, daß er selber in diesen untertaucht und durch die Sibylle spricht. Die Propheten wollen auch das Pythienhafte ihrer Seele unterdrücken und einzig und allein das kultivieren, was in der klaren Kraft des Ich wirkt, jenes Ich, das mit der Erde verbunden ist, das zur Erde gehört, das das geistige Gegenbild des geologischen Elementes ist. Wie das Ewige im Ich sich kundgibt in gelassener Ruhe, wenn die sibyllinischen Elemente schweigen, wenn alles innere Rasen aufhört, wenn das alles unterdrückt wird, wenn nur Gelassenheit waltet und in die Gründe des Ewigen hineinschaut, das wollten die jüdischen Prophetennaturen entwickeln, und ihre Verkündigungen sollten aus solcher Seelenstimmung hervorgehen, die in der Seele sucht, was in höchstem Maße der Geologie entspricht. So tönt uns das, was bei diesen Propheten hinreißend ist, entgegen wie ein Ausfluß des geologischen Elementes, und selbst dasjenige, was dann anders gekommen ist, als die Propheten es prophezeit haben, zeigt uns gerade, wie das Element der Propheten das geologische ist. Ein zukünftiges Reich, das aber mit äußeren Gebärden an die Erde gebunden sein soll und das diesmalige Reich ablösen soll, ein Himmel auf Erden, das ist, was die Propheten zunächst verkünden, — so eng sind sie verbunden mit Geologie.“ (Lit.:GA 149, S. 69f)

Literatur

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Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
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