Waldorfschule und Kategorie:Unternehmenswesen: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Bild:Panorama Waldorfschule Loheland.jpg|450px|thumb|Rudolf-Steiner-Schule [[Loheland]]]] '''Waldorfschulen''' sind Schulen in freier Trägerschaft, an denen nach der von [[Rudolf Steiner]] begründeten Waldorfpädagogik unterrichtet wird. Die Waldorfpädagogik ist eine der bekanntesten praktischen Anwendungen der ebenfalls von Rudolf Steiner begründeten [[Anthroposophie]]. Vielen Waldorfschulen ist ein [[Waldorfkindergarten]] angegliedert.
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Die erste Waldorfschule wurde 1919 in [[Stuttgart]] als Schule für die Arbeiterkinder durch den Direktor der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik [[Emil Molt]] gegründet und am [[7. September]] [[1919]] eröffnet. Von der [[Zigarette]]nfabrik erhielt die pädagogische Bewegung Rudolf Steiners, der der erste Schulleiter der Astoria-Betriebsschule war, ihren Namen. Im [[Nationalsozialismus]] wurde [[1939]]/[[1940|40]] der Lehrbetrieb an Waldorfschulen, wie auch an den meisten anderen nichtstaatlichen Schulen, bis [[1945]] verboten.
'''{{WikipediaDE|Kategorie:Unternehmenswesen}}'''
[[Bild:Waldorfschüler.jpg|thumb|Waldorfschüler auf dem Schulhof]]


Nach Angaben aus dem Jahr [[2006]] existieren in [[Deutschland]] 193 Waldorfschulen, in ganz [[Europa]] 643 und [[Welt|weltweit]] 903 sowie 2000 Kindergärten und Fördereinrichtungen.<!-- http://www.waldorfschule.info/upload/pdf/brd.pdf --> Bekannt sind sie auch unter den Bezeichnungen '''Rudolf-Steiner-Schule''', englisch ''Waldorf School'', ''Steiner School'', französisch ''École Waldorf'', niederländisch ''Vrijeschool''.
[[Kategorie:Wirtschaftsorganisation]]
 
[[Kategorie:Unternehmenswesen|!]]
== Zielsetzung ==
[[Kategorie:Wirtschaftsleben]]
 
[[Kategorie:Wirtschaft]]
Die Waldorfschule ist in den sozialen Wirren nach dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] aus den Versuchen [[Rudolf Steiner]]s und seiner Gesinnungsgenossen entstanden, ein vom Staat unabhängiges Geistesleben zu schaffen und Wissenschaft, Kunst und Religion zu ihrer als urtümlich angenommenen Einheit zurückzuführen, und hat sich letztlich aus allgemeinbildenden Kursen für die Arbeiter der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik in Stuttgart herausentwickelt, die ihre Arbeitsvorgänge besser verstehen lernen und Steiners Ansätze einer Betriebskunde zu einer Schule für ihre Kinder ausbauen wollten. Man will allgemein umfassender und natürlicher bilden und vor allem vermeiden, dass in der früheren Kindheit zu stark Wissen in einer Form aufgenommen wird, die sich eher für Erwachsene eignet, wenn sie den Überblick über Welt und Lebendiges ''schon haben.'' Der generelle Ansatz ist, den ''Hunger des jungen Menschen auf Bildung'' nicht zu ''stillen,'' sondern im Gegenteil ''ihn hungrig auf Bildung zu machen,'' der Lehrstoff wird in erster Linie als eine rein exemplarische Masse gesehen, über die das Lernen, Denken, Empfinden geschult bzw. entfaltet wird. Um dieses Ziel zu erreichen, hat man Maßnahmen ergriffen, die auf größere Menschengemäßheit und bessere seelische Entwicklungschancen angelegt sind: möglichst langes Zusammenbleiben einer Klassengemeinschaft und ihres Lehrers ähnlich wie in der Dorfschule von einst, kein Wettrennen um Noten, die traditionellen Arbeiten der Frauen und Männer, sogenannten "freichristlichen" Religionsunterricht für nicht getaufte Schüler, [[Eurythmie]], um individuell den ganzen Menschen ''formen'' und Einheit der seelischen und motorischen Entwicklung gewährleisten zu können, aber man hat auch beschlossen, dass noch viel anderweitige künstlerische Betätigung zur Ausbildung jedes Menschen gehört. Der ''Lehrplan'' der Waldorfschule geht vor allem in den unteren Jahren, die Steiner noch miterlebte, auf diesen zurück, stimmt den Stoff genau auf Zahnwechsel, Geschlechtsreife und andere Entwicklungsstufen des Menschen ab und ''wiederholt'' deshalb auch manches über die Schulzeit hinweg bis zu dreimal. Die Waldorfbewegung will auch allgemein sozial heilend wirken und unter anderem nationale Grenzen möglichst überwinden. Mit ihrem grundsätzlich anderen Lehrplan stehen die Schulen vor allem in den oberen Jahren in erheblichem Grade ''isoliert'' in der Bildungslandschaft.
 
==Methodisch-Didaktisches==
 
Die wichtigsten anthroposophischen Ansätze sind schwer zu fassen und können auch nicht von jedem Lehrer in gleich ernsthafter Weise umgesetzt werden, da sie viel Einfühlungsvermögen erfordern. Sie gründen auf Steiners ''Menschenkunde'' bzw. der ''Entwicklung'' des Kindes sowie in der ''Charakterologie.''
 
===Steiners Menschenkunde===
 
Der Kern der Anthroposophie ist es, dass man Religionen und andere Lehren von Innerlichem nicht nur als ''Wille und Vorstellung'' abtut, sondern ''ernstnimmt.''
 
So hat Steiner auch in einem Teil seiner Lehrerkurse zunächst ausführlich den Menschen als ''psychisch-physische Leibeinheit'' dargestellt. Für ihn ist die Seele, das Ich des Menschen eine ''Kugel,'' die sich um den Kopf herumspannt und über den Körper hinausragt. Das ist vereinfacht, hilft aber dem Waldorflehrer, die Aura der Schüler wahrzunehmen und dadurch in fachgerechter Weise mit ihnen in Austausch treten zu können. Es entsteht eine wesentlich ''privatere'' Lage, Streitereien werden aus dem Lehralltag ausgeschieden. Dieses eigentümlich waldorfschulhafte Liebe und Innige lässt sich schwer in Worte kleiden und zieht dadurch nur umso wirksamer die Menschen zu Steiners Schulen hin.
 
Steiner hat zu allen Lebensaltern des Kindes Hinweise gegeben. Es entwickelt sich gemäß ihm bis zum siebten Lebensjahr zunächst als ein ''ungeschlechtliches'' Wesen und steht noch ganz im ''Kosmos'' drinnen. In diesem Lebensalter lernt es vor allem durch ''Nachahmung.'' (Seine Nachahmungskräfte werden dann in den ersten Schuljahren durch den früh beginnenden Fremdsprachenunterricht noch so stark wie möglich ausgebeutet; bis zur sechsten Klasse sollen die Schüler die Fremdsprachen fließend beherrschen.) Vom Zahnwechsel bis zur Geschlechtsreife ''macht das Kind bewusst nach, was die Erwachsenen ihm vormachen;'' das ist das anthroposophische Verständnis von ''Autorität.'' Schon ab 14 stellt der Lehrer darauf ab, dass sich der Schüler ''frei zu entscheiden vermag.'' Strafarbeiten und Nachsitzen gibt es jetzt nicht mehr, ein uneinsichtiger Schüler soll gegebenenfalls lieber gleich die Schule verlassen.
 
===Die Charaktere===
 
Der Waldorflehrer kennt die vier Ausdrücke ''cholerisch, melancholisch, phlegmatisch und sanguinisch –'' zornig, traurig, nachgiebig und fröhlich. Er soll bei jedem Schüler herausfinden, welcher der vier Charaktere vorherrscht, und ist es das Traurige oder Nachgiebige, muss es ins Fröhliche bzw. Zornig-Drauflosgehende umgewandelt werden. Auch wird streng unterschieden, welchen Wesenszug der Schüler nur ''von den Eltern übernommen'' hat und welcher sein ''ur-eigener'' ist.
 
== Der Lehrplan ==
 
===Die Klassenlehrerzeit===
 
Ein [[Klassenlehrer]] behält seine Klasse vom ersten bis zum achten Schuljahr. Er unterrichtet alle [[Epochenunterricht|Epochenfächer]] über etwa drei Wochen hinweg jeden Tag in den ersten beiden, zusammenhängenden Stunden bis zur großen Pause. Damit der Klassenlehrer noch enger mit seiner Klasse zusammenwächst, soll er auch möglichst noch mehrere andere Fächer geben, die er studiert hat. Ab der ersten Klasse gibt es zwei Fremdsprachen - in Deutschland natürlich eine davon Englisch, die andere meistens Russisch, z.T. auch Französich -, Handarbeiten, Musik, Eurythmie, Religion (der am Ort vorherrschenden Kirchen und manchmal auch der Christengemeinschaft), Turnen. Die Schüler folgen in den unteren Klassen häufig der Tafelgestaltung des Lehrers und gestalten ihr Epochenheft auch mit eigenen Beiträgen.
 
====Das rhythmische Element====
 
In der Unter- und Mittelstufe, aus denen sich die Klassenlehrerzeit zusammensetzt, wird besonders fleißig gesungen und werden besonders viele Gedichte gesprochen.
 
=====Der Morgenspruch=====
 
Jede Klasse beginnt den Tag mit dem immer gleichen, seit 1919 unveränderten sogenannten ''Morgenspruch'' von Rudolf Steiner, der sie gemeinsam darauf einstimmen soll, in der Schule in feierlicher Weise Erkenntnisse aufzunehmen, die fürs Leben wichtig sind. Er lautet:
 
  Der Sonne liebes Licht,
  es hellet mir den Tag;
  der Seele Geistesmacht,
  sie gibt den Gliedern Kraft;
  im Sonnen-Lichtes-Glanz
  verehre ich, o Gott,
  die Menschenkraft, die du
  in meine Seele mir
  so gütig hast gepflanzt,
  dass ich kann arbeitsam
  und lernbegierig sein.
  von dir stammt Licht und Kraft,
  zu dir ström' Lieb' und Dank.
 
=====Die Zeugnissprüche=====
 
Ab der zweiten Klasse muss jeder Schüler einmal pro Woche an dem Wochentag, an dem er geboren ist, neben den anderen stehend, die dran sind, vor der Klasse einen Spruch sagen, den ihm der Klassenlehrer unter das lange - ganzseitige - Zeugnis geschrieben hat und den er sowohl selbst erdacht wie von einem anderen - oft von bedeutenden Dichtern - übernommen haben kann.
 
====Die Lehrinhalte====
 
Es wird mit Wasserfarben gemalt und zunächst vor allem gelernt, die Farbe gleichmäßig auf dem Blatt zu verteilen und Zebrastreifen wie von Anstreichern zu vermeiden. Das Rechnen wird auf anschauliche Weise mit irgendwelchen Bohnen oder anderen zählbaren Gegenständen erlernt. Die Schrift übernimmt der Schüler Buchstabe für Buchstabe von Dingen in der Natur, die mit dem jeweiligen Laut anfangen und ihm gleichsehen, so wird z.B. das '''''W''''' rund mit blauer Farbe als eine '''''W'''''elle gemalt. Es kann vorkommen, dass man noch in der vierten Klasse dem Nebensitzer beim Vorlesen aus dem speziellen Waldorflesebuch vorsagen muss. Den kognitiven Inhalt des Unterrichts, der allgemein in die Welt des Wissens einführt, bilden zunächst lange zu einem großen Teil Sagen und Märchen, und zwar zuerst die des ''Mittelalters'' und erst dann die der ''Germanen.'' In der vierten Klasse führt man ein Stück auf, das in der germanischen Heldenwelt spielt. Die Epochen führen zum Teil in besondere Abschnitte der menschlichen kulturellen Entwicklung, wie den ägyptischen, ein. Der Gartenbau und die anderen handwerklichen Fächer treten als regelmäßige Fachstunden hinzu: Schreinern, Plastizieren, Metalltreiben, Malerei oder Steinmetzen (Mittel- und Oberstufe). In der siebten Klasse gibt es eine Stereoskopie-, in der achten eine Goethe-und-Schiller-Epoche. Der Geschichtsunterricht erreicht erst jetzt die neueste Zeit. Die Klassenlehrerzeit wird normalerweise mit einem großen Klassenspiel, einer weiten gemeinsamen Klassenfahrt und manchmal auch mit obligatorischen praktisch-theoretischen Einzelleistungen (Jahresarbeiten) beendet.
 
===Die Oberstufe===
 
Nach der achten Klasse werden auch die Epochen von Fachlehrern übernommen, es bleibt der Hauptunterricht, in dem sie erteilt werden. Die Schüler schreiben sich ihre Lehrbücher auch jetzt noch selbst, ihre Aufsätze, die auf dem Mitschreiben während des Unterrichts beruhen, bekommen sie nach dem Ende der Epoche in Einem korrigiert ausgehändigt. Der Lehrer kann das traditionelle Epochenheft auch in der Form eines Ordners führen lassen, so dass sich besonders leicht zusätzliche Texte und Grafiken darin unterbringen lassen. Der Unterricht gleicht sich mehr und mehr dem an einer [[Universität]] an.
 
''Lehrbücher'' soll es auch in der Oberstufe nicht geben, sie werden nur benutzt, um auf die staatlichen Prüfungen vorzubereiten. Bis zu diesen wird das Wissen der Schüler von außen nicht kontrolliert.
 
[[Bild:FWS-Oberursel-Panorma.jpg|250px|thumb|Freie Waldorfschule Vordertaunus [[Oberursel]]]]
 
====Das rhythmische Element====
 
In der Oberstufe gibt es keine Zeugnissprüche mehr, aber dafür einen - anderen - Morgenspruch:
 
  Ich schaue in die Welt,
  in der die Sonne leuchtet,
  in der die Sterne funkeln,
  in der die Steine lagern.
  Die Pflanzen lebend wachsen,
  die Tiere fühlend leben,
  in der der Mensch beseelt
  dem Geiste Wohnung gibt.
  Ich schaue in die Seele,
  die mir im Innern lebt,
  der Gottesgeist, er webt
  im Sonn- und Seelenlichte,
  im Weltenraum da draußen,
  in Seelentiefen drinnen.
  Zu dir, o Gottes Geist,
  will ich bittend mich wenden,
  dass Kraft und Segen mir
  zum Lernen und zur Arbeit
  in meinem Innern wachse.
 
An die Stelle des gemeinsamen Singens tritt in der Oberstufe zu einem großen Teil das gemeinsame Musizieren im Schulorchester, das es an jeder Waldorfschule gibt.
 
====Die Lehrinhalte====
 
In der neunten Klasse, nach dem Eintritt in die [[Pubertät]], wird dem Schüler geholfen, sich bewusst enger mit dem Irdischen zu verbinden, indem man ihn durch eine Geologie-Epoche führt, die von einer Zeitreise bis zurück zum Anfang des Lebens gekrönt werden kann. Auch blicken die Schüler in der Goethe-Epoche mehrere Wochen lang auf den Lebenslauf des Dichters, der Deutschlehrer kann durch den "Götz" ergänzen. Die Schüler beginnen jetzt, das Zusammenfassen literarischer Werke und die Formen des Aufsatzes und des Protokolls zu üben.
 
Die Oberstufe ist auch die Zeit der ''Praktika.'' In der neunten Klasse arbeitet man zusammen oder in kleineren Einheiten auf dem ''Bauernhof,'' jetzt oder in der Zehn geht man ''ein Stück Land vermessen,'' dann folgt ein Praktikum in einer ''sozialen Einrichtung,'' an manchen Schulen muss auch ein ''Handwerks-'' oder sogar ein ''Industriepraktikum'' absolviert werden.
 
In der zehnten Klasse werden die Schüler mittels der [[Poetik-Epoche]] in die wichtigsten Regeln der [[Metrik]] eingeführt, jetzt lesen sie auf [[mittelhochdeutsch]] das [[Nibelungenlied]]. Ein Jahr später führt man sie durch eine [[Parzival]]-, im letzten Jahr der Waldorfschule schließlich durch eine [[Faust]]-Epoche noch tiefer in die Literatur ein.
 
In der zehnten oder elften Klasse ist ein [[Fremdsprachenspiel]] üblich, in der zwölften ein großes gemeinsames [[Klassenspiel]] nebst Abschlussfahrt und - mancherorts - auch [[Jahresarbeiten]], die als [[Waldorfabschluss]] anerkannt werden können.
 
==Die Beurteilung der Leistungen==
 
Noten werden an Waldorfschulen bis zur Oberstufe nicht hochoffiziell vergeben, stattdessen wird im [[Schulzeugnis|Zeugnis]] der jeweilige Leistungsstand und -fortschritt sprachlich gefasst. Im Zeugnis steht, was der Schüler kann bzw. noch nicht kann, was bei ihm psychologisch von Belang ist und wie er sich in den Unterricht eingebracht hat.
 
==Schulabschluss==
[[Bild:Waldorfschule-Klassenraum.jpg|thumb|Klassenraum in der Unterstufe]]
Die [[Regelschulzeit]] beträgt zwölf Jahre, unabhängig von dem individuell angestrebten staatlichen Schulabschluss. Am Ende der 12. Klasse steht der ''Waldorfschulabschluss'', der als gleichwertig mit einem staatlichen Schulabschluss (z.B. [[Realschulabschluss]]) anerkannt werden kann. Der Waldorfschulabschluss ist keine Abschlussprüfung, sondern zieht sich als ein modularer Prozess durch die gesamte Oberstufe (Klasse 9 bis 12) hindurch und umfasst neben einer abschließenden Bewertung der schulischen Leistungen diverse Praktika (Landwirtschaftspraktikum, Betriebspraktikum, Sozialpraktikum), eine [[Facharbeit]] oder die so genannte [[Jahresarbeit]] mit einem theoretischen und einem praktischen Teil, die Teilnahme an einem Theaterprojekt der ganzen Klasse, den [[Eurythmie]]<nowiki></nowiki>abschluss und meist auch eine Studienfahrt mit künstlerisch/kunstgeschichtlicher Ausrichtung.
 
Der Waldorfschulabschluss ist in Deutschland im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern staatlich nicht anerkannt, gilt den Anhängern der Waldorfpädagogik aber als wichtiger Nachweis erworbener [[Sozialkompetenz|Sozial- und Persönlichkeitskompetenzen]] (Teamfähigkeit, Selbstständigkeit, Durchhaltevermögen, Kreativität, Lernkompetenz usw.). Das Waldorfschulabschlusszeugnis dokumentiert auch ausführlich die erbrachten praktischen Leistungen.
 
Obwohl die Waldorfpädagogik nicht auf staatliche Schulabschlüsse ausgerichtet ist, bieten die Waldorfschulen meist eine dreizehnte Jahrgangsstufe an, um die Schüler auf das [[Abitur]] oder die [[Fachhochschulreife]] vorzubereiten. Statt des waldorftypischen fachpraktischen Unterrichts erhalten sie einen vertiefenden Unterricht in den abiturrelevanten Fächern. In [[Bayern]], [[Baden-Württemberg]], [[Sachsen]] und seit 2006 auch in [[Niedersachsen]] wird das gleiche Zentralabitur wie an allen Schulen, an denen das Abitur abgelegt werden kann, geschrieben, mit dem Unterschied, dass für die Abiturnote nur die Prüfungsergebnisse und nicht die Jahresleistung zählen. In Brandenburg wird in einem Prüfungsfach die Möglichkeit der [[Portfolio]]prüfung genutzt. Aufgrund meist geringer Schülerzahlen der in der Regel einzügigen Waldorfschulen können die Prüfungsfächer nicht frei gewählt werden. Schule und Schüler müssen sich auf ein konkretes Fächerangebot einigen.
Die Prüfung wird durch vom [[Kultusminister|Landeskultusminister]] beauftragte staatliche Prüfer begleitet.
 
Im Jahre 2002 legten in Deutschland 49 Prozent der ca. 4.500 Waldorfschul-Abgänger das [[Abitur]] ab, 33 Prozent die [[mittlere Reife]], 7 Prozent die [[Fachhochschulreife]] und 11 Prozent den [[Hauptschulabschluss]]. <!-- http://www.bmbf.de/pub/GuS2004_ges_dt.pdf Seite 96 -->
 
==Vorreiter- und Nachzüglerrolle==
Die [[1919]] gegründete erste Waldorfschule in [[Stuttgart]] brachte für die damalige Zeit sehr fortschrittliche Ideen mit sich. Während die Mehrheit der Kinder in Deutschland nur acht Jahre zur Schule ging, wurden ihnen an der Waldorfschule 12 Jahre Schulbildung garantiert.
 
Ab dem ersten Schuljahr wurden bereits zwei Fremdsprachen unterrichtet, die Freie Waldorfschule war in Deutschland die erste [[Gesamtschule]] und auch die erste Schule, die regulär [[Koedukation|koedukativ]] unterrichtete. Des Weiteren waren [[Praktikum|Praktika]] schon immer fester Bestandteil des Lehrplans.
 
Die Waldorfschule in [[Kapstadt]] ([[Südafrika]]) konnte noch während der [[Apartheid]] das Recht erkämpfen, in gemischten Klassen unterrichten zu dürfen. Während der [[Rassentrennung]] in Eisenbahnwagen wurde speziell für die Schüler dieser Schule ein "Gemischtwagen" eingeführt.
 
Die Freie Waldorfschule [[Innsbruck]] ([[Österreich]]) war die erste Schule, die das Fach [[Menschenrechte]] in der Oberstufe zum Pflichtfach machte.
 
Heute wird den Waldorfschulen oftmals eher eine Nachzüglerrolle zugeschrieben, weil sich ihre pädagogischen Leitlinien nur sehr wenig weiterentwickelt haben. Da die Waldorfschulen nicht von zentraler Stelle aus geleitet werden, sondern Entscheidungen des Kollegiums einstimmig getroffen werden müssen, wird eine einheitliche Entwicklung und Qualitätssicherung gebremst. Infolgedessen gehörten beispielsweise manche Waldorfschulen zu den ersten Schulen in Deutschland, die [[Programmierung|Programmierkenntnisse]] vermittelten, während auch heute noch an anderen Waldorfschulen [[Informatik]] für unwichtig erachtet wird.
 
Laut einer in der Zeitschrift [[Capital]] veröffentlichten Studie <!-- http://www.waldorfschuleduesseldorf.de/public/capital.pdf --> zählen dagegen überproportional viele Waldorfschulen zu den 100 besten Schulen Deutschlands (10 Schulen bei 1&nbsp;% Gesamtanteil).
 
== Waldorfschulen im deutschen Rechtsrahmen ==
Waldorfschulen sind öffentliche, allgemeinbildende Schulen in freier Elternträgerschaft im Rahmen der Schulgesetzgebung der Bundesländer auf der Grundlage des [http://bundesrecht.juris.de/gg/BJNR000010949BJNE002300314.html Grundgesetzartikels 7 (Schulwesen)]. Die Anerkennung der Waldorfschulen als Ersatzschulen (siehe auch [[Privatschule]]) führt u.a. zu staatlichen Zuschüssen. Ergänzend wird zur Finanzierung [[Schulgeld]] von den Eltern erhoben. Im Jahr 2002 betrug das Schulgeld nach Angaben des [[Bund der Freien Waldorfschulen|Bundes der Freien Waldorfschulen]] durchschnittlich 125 Euro monatlich.
 
Dem Grundgesetz entsprechend darf die Erhebung von [[Schulgeld]] nicht dazu führen, dass einem Kind der Besuch einer bestimmten Schule aus finanziellen Gründen verwehrt wird (siehe [[Sonderungsverbot]]).
 
== Siehe auch ==
* [[Reformpädagogik]]
 
== Literatur ==
'''Positiv wertende Literatur'''
*Bußmann, Hildegard und Jochen: ''Unser Kind geht auf die Waldorfschule. Erfahrungen und Ansichten.'' Rowohlt, 1990. ISBN 3-499-18736-1
*Carlgren, Frans: ''Erziehung zur Freiheit''. Verlag Freies Geistesleben, 2005. ISBN 3-7725-1619-X
*Kiersch, Johannes: ''Die Waldorfpädagogik. Eine Einführung in die Pädagogik Rudolf Steiners.'' Reihe Praxis Anthroposophie 47, Verlag Freies Geistesleben, 1997. ISBN 3-7725-1247-X
*Leber, Stefan (Hg.): ''Waldorfschule heute. Einführung in die Lebensformen einer Pädagogik.'' Mit Beiträgen von Michaela Glöckler, Christoph Gögelein, Wenzel Götte, Freya Jaffke, Ernst-Michael Kranich, Helmut von Kügelgen, Stefan Leber, Manfred Leist, Christoph Lindenberg, Walter Riethmüller, Christian Rittelmeyer und Hartwig Schiller. Stuttgart: Verlag Freies Geistesleben 2001. ISBN 3-7725-1221-6
*Richter, Tobias: ''Pädagogischer Auftrag und Unterrichtsziele. Vom Lehrplan der Waldorfschule.'' Stuttgart: Verlag Freies Geistesleben 2002. ISBN 3-7725-0269-5
*Schad, Wolfgang: ''Erziehung ist Kunst. Pädagogik aus Anthroposophie.'' Stuttgart: Verlag Freies Geistesleben 1994. (Vergriffen, Neuauflage steht noch nicht fest.) ISBN: 3-7725-1204-6
*Steiner, Rudolf: ''Praxis der Waldorfpädagogik'' (10 Vorträge, Themen aus dem Gesamtwerk Band 21). Stuttgart: Verlag Freies Geistesleben 2004. ISBN 3-7725-0091-9
 
'''Negativ wertende Literatur'''
*Bierl, Peter: ''Die Anthroposophie Rudolf Steiners und die Waldorfpädagogik''. 1999. ISBN 3-89458-171-9
*Jacob, Sybille-Christin und Drewes, Detlef: ''Aus der Waldorf-Schule geplaudert. Warum die Steiner-Pädagogik keine Alternative ist.'' Aschaffenburg: Alibri, 2001. ISBN 3-932710-28-2
*Prange, Klaus: ''Erziehung zur Anthroposophie - Darstellung und Kritik der Waldorfpädagogik''. Bad Heilbrunn: Klinkhard, 2000. ISBN 3-7815-1089-1
*Rudolph, Charlotte: ''Waldorf-Erziehung: Wege zur Versteinerung''. DTV, 1988. ISBN 3-472-61727-6
*Wagemann, Paul-Albert und Kayser, Martina: ''Wie frei ist die Waldorfschule?'' W. Heyne Verlag, 2002. ISBN 3-453-09147-7
*Weibring, Juliane: ''Die Waldorfschule und ihr religiöser Meister - Waldorfpädagogik aus feministischer und religionskritischer Perspektive''. ATHENA, 1998. ISBN 3-932740-21-1
 
== Weblinks ==
'''Waldorfpädagogik'''<br/>
Offizielle Seiten
* http://www.waldorf.net
* [http://www.waldorfschule.info Homepage des Bundes der Freien Waldorfschulen]
* [http://www.bildungsoekonomie-waldorf.de/ Umfangreiches Zahlenmaterial in Zusammenarbeit mit dem Statistischen Bundesamt]
 
Sonstiges
* http://www.waldorfschueler-web.de
* [http://www.diewaldorfs.waldorf.net/list.html Liste prominenter Waldorfschüler]
 
'''Kritische Auseinandersetzung'''<br />
Pro:
* [http://www.waldorf.net/report.htm Stellungnahmen der Waldorfschulen zum ARD-Fernsehbeitrag]
* [http://www.taz.de/pt/2000/05/13/a0156.nf/text Gegen den Verdacht des Antisemitismus] – von Evelyn Hecht-Galinski
* [http://www.anthroposophie-de.com/aktuelles/aktuell.html Rassismus, Antisemitismus und Sektenvorwürfe – was ist wahr?]
* [http://www.info3.de/ycms/printartikel_40.shtml ''Schatten der Vergangenheit'' - Waldorfschulen in der NS-Zeit]
 
Contra:
* [http://www.akdh.ch/ps/ps_report.html ARD-Fernsehbeitrag über Antisemitismus in der Waldorfpädagogik]
* [http://www.vordenker.de/anthroposophiekritik/anthroposophiekritik.htm Anmerkungen zum anthroposophischen Gehalt der Waldorfpädagogik und zu deren Konsequenzen]
* [http://www.novo-magazin.de/71/novo7138.htm Wundersame Waldorf-Pädagogik oder Atlantis als Bewusstseinszustand]
* [http://www.novo-magazin.de/73/novo7322.htm Vom zweifelhaften Erfolg der Waldorfpädagogik]
* http://www.waldorfcritics.org (engl.)
 
'''Sonstiges'''
* Zur [http://www.klaus-frisch.de/html/waldorf.html indirekten Herkunft des Namens Waldorf] von der Stadt [[Walldorf (Baden)|Walldorf]]
 
[[Kategorie:Waldorfpädagogik]]
 
{{Wikipedia}}

Version vom 18. März 2020, 21:58 Uhr

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