Julian Apostata und Homoiomerien: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:IVLIANVS.gif|miniatur|200px|Bildnis Julians auf einer Münze]]
'''Homoiomerien''' ({{ELSalt|ὁμοιομερῆ}}, ''hómoiosmere'', von {{ELSalt|ὅμοιος}} ''hómoios'' „gleich, gleichartig, ähnlich“ und {{polytonisch|μέρος}} ''meros'' „Teil“) sind nach der Naturphilosophie des [[Anaxagoras]] die unendlich vielen, kleinen, sinnlich nicht wahrnehmbaren, [[Chaos|chaotisch]] gemischten Bestandteile, die „Samen der Dinge“, aus denen der [[Nus]], die ordnende Weltvernunft, durch Mischung die sinnliche Erscheinungswelt aufbaut. Dabei gebe es unendlich viele verschiedene Arten dieser „[[Urstoff]]e“, die den Dingen entsprechen, die sich aus ihnen zusammensetzen.


'''Julian Apostata''' (auch ''Iulianus Apostata'' {{ELSalt|Ἰουλιανὸς ὁ Ἀποστάτης}}), mit vollem Namen '''Flavius Claudius Iulianus''' ({{ELSalt|Φλάβιος Κλαύδιος Ἰουλιανός}}; * [[Wikipedia:331|331]] in [[Wikipedia:Konstantinope|l]]; † [[Wikipedia:26. Juni|26. Juni]] [[Wikipedia:363|363]] nahe von [[Wikipedia:Samarra|Maranga]] am [[Wikipedia:Tigris|Tigris]]) war von 360 bis 363 [[Wikipedia:Römische Kaiserzeit|römischer Kaiser]]. Den in christlichen Quellen zu findenden Beinamen „[[Apostasie|Apostat]]“, d. h. der Abtrünnige, erhielt er wegen seiner Abwendung vom [[Christentum]].
{{GZ|Wer in dem Fortschritt der menschlichen Entwickelung
zur Stufe der Gedanken-Erlebnisse nicht sieht, wie mit
dem Anfang dieses Lebens wirkliche Erlebnisse - die Bild-
Erlebnisse - aufhörten, die vorher vorhanden waren, der
wird die besondere Eigenart der Denkerpersönlichkeiten
vom sechsten und den folgenden vorchristlichen Jahrhunderten
in Griechenland in anderem Lichte sehen als in
dem, in welchem sie in diesen Ausführungen dargestellt
werden müssen. Der Gedanke zog etwas wie eine Mauer
um die Menschenseele. Früher war sie, ihrem Empfinden
nach, in den Naturerscheinungen drinnen; und was sie mit
diesen Naturerscheinungen zusammen so erlebte, wie sie
die Tätigkeit des eigenen Leibes erlebte, das stellte sich
vor sie in Bild-Erscheinungen hin, welche in ihrer Lebendigkeit
dawaren; jetzt war das ganze Bildergemälde durch
die Kraft des Gedankens ausgelöscht. Wo sich vorher die
inhaltvollen Bilder breiteten, da spannte sich jetzt der Gedanke
durch die Außenwelt. Und die Seele konnte sich in
dem, was außen in Raum und Zeit sich breitet, nur fühlen,
indem sie sich mit dem Gedanken verband. - Man
empfindet eine solche Seelenstimmung, wenn man auf Anaxagoras
aus Klazomenä in Kleinasien (geb. um 500 v.Chr.)
blickt. Er fühlt sich in seiner Seele mit dem Gedankenleben
verbunden; dieses Gedankenleben umspannt, was im
Räume und in der Zeit ausgedehnt ist. So ausgedehnt erscheint
es als der Nus, der Weltenverstand. Dieser durchdringt
als Wesenheit die ganze Natur. Die Natur aber
stellt sich selbst nur als zusammengesetzt aus kleinen Urwesen
dar. Die Naturvorgänge, welche durch das Zusammenwirken
dieser Urwesen sich ergeben, sind das, was die
Sinne wahrnehmen, nachdem das Bildergemälde aus der
Natur gewichen ist. Homoiomerien werden diese Urwesen
genannt. In sich erlebt die Menschenseele den Zusammenhang
mit dem Weltverstand (dem Nus) im Gedanken innerhalb
ihrer Mauer; durch die Fenster der Sinne blickt
sie auf dasjenige, was der Weltverstand durch das Aufeinanderwirken
der «Homoiomerien» entstehen läßt.|018|58ff}}


<div style="margin-left:20px">
{{Zitat|Anaxagoras, der Sohn des Hegesibulos, aus Klazomenai erwies als Anfänge des Seienden die "Gleichteilchen"; denn es schien ihm ganz unmöglich zu sein, wie aus Nichtseiendem etwas entstehen, bzw. in das Nichtseiende vergehen könne. Wir nehmen jedenfalls jeweils nur eine Art einfacher Nahrung zu uns: Brot und Wasser, doch aus ihr nähren sich Haare, Venen, Arterien, Muskeln, Nerven, Knochen und die übrigen Teile <des Körpers>. Insofern müssen wir zugeben, dass in der zugeführten Nahrung alle diese Stoffe enthalten sind und aus ihrem Nährboden alles erwächst. In jener Nahrung sind also Teile, die das Wachstum des Blutes, der Nerven, der Knochen usw. in Gang setzen.
"Eine der ganz großen Gestalten der Weltgeschichte ist einer der Nachfolger
des vorgestern besprochenen Konstantinus, ist Julian der Abtrünnige,
der der Apostat genannt wird, der 363 auf einem Zug gegen
die Perser durch Mörderhand getötet worden ist. In Julian dem Apostaten
haben wir eine Gestalt vor uns, die sich in der allermerkwürdigsten
Weise in die Entwickelungsgeschichte des Abendlandes hineinstellte;
eine Gestalt, welche zeigt, wie in der Weltentwickelung allerdings die
einander entgegengesetzten Kräfte am Werke sein müssen, damit diese
Weltentwickelung überhaupt in entsprechender Weise zustande kommen
könne. In Konstantin haben wir ja diejenige Persönlichkeit gesehen,
die gewissermaßen brechen mußte mit dem alten Gewaltprinzip
der römischen Cäsaren, das ein großer Teil dieser Cäsaren für sich in
Anspruch genommen hat, mit dem Gewaltprinzip, sich in die Mysterien
einweihen zu lassen. Dafür hat dann Konstantin alles unternommen,
um gewissermaßen dem Christentum eine exoterische Herrschaft
zu geben ..." {{Lit|{{G|175|294}}}}
</div>


== Frühere und spätere Inkarnationen ==
Diese Teilchen waren <nach ihm> nur durch Denken erkennbar; denn man darf nicht alles der sinnlichen Wahrnehmung zuführen wollen, nur weil es sich aus Brot und Wasser aufbaut; nein, in diesen gibt es nur durch Denken erkennbare Teilchen.


Julian war während seines Persienfeldzuges in der [[Wikipedia:Schlacht von Maranga|Schlacht von Maranga]] vermutlich von einem christlich-römischen Soldaten seines eigenen Heeres durch einen Speerstich in den Bauch getötet worden<ref>Nach dem Bericht des Historikers [[Wikipedia:Ammianus Marcellinus|Ammianus Marcellinus]] war es allerdings ein Pfeil der feindlichen Reiterei, der ihn am Arm streifte, durch die Rippen fuhr und im unteren Flügel der Leber stecken blieb {{Lit|Ammian 25,3}} [http://books.google.at/books?id=YKE9AAAAcAAJ&hl=de&pg=PA277#v=onepage&q&f=false]</ref>. Nach [[Rudolf Steiner]] wurde er später [[Reinkarnation|wiedergeboren]] als [[Herzeloyde]], der Mutter [[Parzival]]s.
Weil nun die Teilchen in der Nahrung dem, was daraus entsteht, gleich ist, nannte er sie "Gleichteilchen" und erwies sie als die Anfänge der seienden Dinge, und zwar die Gleichteilchen als Stoff, als wirkende Ursache aber den alles ordndenden Geist.|[[Wikipedia:Aëtios (Philosoph)|Aetios]]|I 3,5 [http://www.gottwein.de/Grie/vorsokr/VSAnaxag01.php]}}


<div style="margin-left:20px">
{{Zitat|Indem Anaxagoras den alten Lehrsatz fand, dass nichts aus dem nichts entsteht, beseitigte er die Entstehung und führte statt der Entstehung die Aussonderung ein; denn er schwatzte daher, dass alles miteinander vermischt sei, sich aber absondere, indem es heranwachse. Denn in dem selben Keim seien Haare und Zehen und Venen und Arterien und Sehnen und Knochen, aber sie seien unerkennbar wegen ihrer Kleinteiligkeit, indem sie aber allmählich heranwüchsen, sonderten sie sich aus. "Denn wie könnte," sagte er, "aus Nichthaar Haar und Fleisch aus Nichtfleisch entstehen?" Dies behauptete er nicht nur von den Körpern, sondern auch von den Farben; denn es sei auch in dem Weißen das Schwarze und das Schwarze in dem Weißen. Die selbe These vertrat er auch zum Gewicht, indem er annahm, zu dem Schweren sei das Leichte gemischt und, dieses wieder zu jenem.|SCHOL. IN GREGOR.|XXXVI 911 Migne [http://www.gottwein.de/Grie/vorsokr/VSAnaxag01.php]}}
"Wenn man sich nun etwas bekannt macht mit dem, was in Julian
Apostata lebte, dann wird man ja tief interessiert dafür: Wie lebte
diese Individualität weiter? — Denn es ist eine ganz eigenartige Individualität,
eine Individualität, von der man sagen muß: Mehr als
Konstantin, mehr als Chlodwig, mehr als alle anderen wäre er
geeignet gewesen, dem Christentum die Wege zu ebnen! Und es
lag in seiner Seele. Er hätte, wenn die Zeit dazu günstig gewesen
wäre, wenn die Verhältnisse dazu dagewesen wären, aus den alten
Mysterien heraus eine geradlinige Fortsetzung bewirken können
vom vorchristlichen Christus, von dem wirklichen makrokosmischen
Logos, zu dem Christus, der fortwirken sollte in der Menschheit
nach dem Mysterium von Golgatha. Und wenn man geistig
auf den Julian eingeht, so findet man eben das Merkwürdige: Es ist
Schale bei ihm gewesen dieses Apostata-Wesen, und auf dem
Grunde seiner Seele findet man eigentlich einen Trieb, das Christentum
zu erfassen, den er aber nicht heraufkommen ließ, den er unterdrückte,
wegen der Albernheiten des Celsus, der über den Jesus
geschrieben hat. Es kommt eben vor, daß auch eine geniale Persönlichkeit
bisweilen auf Albernheiten von Leuten hereinfällt. Und
so hat man das Gefühl, Julian wäre eigentlich die geeignete Seele
gewesen, dem Christentum die Bahnen zu ebnen, das Christentum
in die Bahn zu bringen, in die es gehört [...]


Was von Julian fortlebt, das lebt so fort, daß man immer sagen
Die Bezeichnung „Homoiomerien“ ist allerdings nicht direkt von Anaxagoras überliefert, sondern geht auf [[Aristoteles]] zurück.
kann: Es will eigentlich verschwinden in der Menschenbetrachtung.
Und wenn man es verfolgt, hat man sozusagen die größte Mühe,
mit dem geistigen Blick dabeibleiben zu können. Es entzieht sich
einem fortwährend. Man verfolgt es durch die Jahrhunderte bis in
das Mittelalter herein: es entzieht sich einem. Und wenn es einem
dann doch gelingt, die Sache zu verfolgen, dann landet man mit
der Betrachtung an einer merkwürdigen Stelle, die eigentlich gar
nicht historisch ist, die aber historischer als historisch ist: Man
landet endlich bei einer weiblichen Persönlichkeit, in der man die
Seele Julian Apostatas findet, bei einer weiblichen Persönlichkeit,
die unter einem für sie selbst bedrückenden Eindrucke ein Wichtiges
im Leben vollzog. Diese weibliche Persönlichkeit sah nicht in sich,
sondern in einer anderen ein Abbild des Schicksals Julian Apostatas,
insofern Julian Apostata einen Zug nach dem Oriente
machte und im Orient durch Verrat umgekommen ist.
Sehen Sie, das ist Herzeloyde, die Mutter des Parsifal, die eine
historische Persönlichkeit ist, über die aber die Historie nicht berichtet,
die in Gamuret, den sie geheiratet hat und der auf einem
Zug nach dem Orient durch Verrat zugrunde gegangen ist, auf ihr
eigenes Schicksal in dem früheren Julian Apostata hingewiesen
wird. Durch diesen Hinweis, der ihr tief in die Seele ging, vollbrachte
Herzeloyde, was nun legendär, aber ungemein historisch
doch von der Erziehung des Parsifal durch Herzeloyde gesagt wird.
Diese Seele des Julian Apostata, die so in den Untergründen geblieben
war, bei der man glauben möchte, daß sie eigentlich wie berufen
gewesen wäre, dem Christentum die rechte Bahn zu weisen, die
findet sich dann im Mittelalter in einem weiblichen Leibe, in einer
weiblichen Persönlichkeit, die den Parsifal aussendet, um dem
Christentum die esoterischen Wege zu suchen und zu weisen." {{Lit|{{G|238|85ff}}}}
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Im [[Wikipedia:16. Jahrhundert|16. Jahrhundert]] wurde Herzeloyde als der [[Astronom]] [[Tycho de Brahe]] (1546-1601) wiedergeboren.
{{Zitat|Anaxagoras von
 
Klazomenae ... nimmt eine unendliche
<div style="margin-left:20px">
Vielheit von Urbestandteilen an. So ziemlich alles,
"Aber diese Seele hatte ja, weil sie zu denjenigen gehörte, die
was aus gleichartigen Teilen besteht nach der  
noch etwas von den alten Mysterien übernommen hatten, die noch
Art von Wasser oder Feuer, entstehe und vergehe allein durch Mischung und Scheidung; ein
drinnen gelebt hatten in der Substanz der alten Mysterien in einer
Entstehen und Vergehen in anderem Sinne habe
Zeit, wo diese Mysterien in gewisser Beziehung helleuchtend noch
es nicht, sondern bleibe ewig.|Aristotels|[[Wikipedia:Metaphysik (Aristoteles)|Metaphysik]], Einleitung, A}}
waren, diese Seele hatte von der Spiritualität des Kosmos viel in
sich aufgenommen. Das war gewissermaßen zurückgedrängt worden
während der Herzeloyde-Inkarnation, drängte aber herauf in
der Seele, und so finden wir diese Individualität wieder im sechzehnten
Jahrhunderte. Und wir erkennen im sechzehnten Jahrhunderte
bei dieser Individualität, wie aufsteigt verchristlicht dasjenige,
was sie als Julian Apostata durchgemacht hatte. Es erscheint
diese Individualität als Tycho de Brahe im sechzehnten Jahrhunderte und steht da gegenüber demjenigen, was in der abendländischen
Zivilisation als die kopernikanische Weltanschauung herauftaucht." {{Lit|{{G|238|88f}}}}
</div>
 
== Siehe auch ==
 
* {{WikipediaDE|Julian (Kaiser)}}
 
== Anmerkungen ==
 
<references/>


== Literatur ==
== Literatur ==
#Rudolf Steiner: ''Bausteine zu einer Erkenntnis des Mysteriums von Golgatha'', [[GA 175]] (1996), ISBN 3-7274-1750-1 {{Vorträge|175}}
* [[Wikipedia:Hermann Diels|Hermann Diels]], [[Wikipedia:Walther Kranz|Walther Kranz]]: ''[[Wikipedia:Die Fragmente der Vorsokratiker|Die Fragmente der Vorsokratiker]].'' 6. Auflage, 1951, Nr. 59 [http://www.gottwein.de/Grie/vorsokr/VSAnaxag01.php Digitalisat; griechisch-deutsch]
#Rudolf Steiner: ''Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge. Vierter Band'', [[GA 238]] (1991), ISBN 3-7274-2380-3 {{Vorträge|238}}
* [[Wikipedia:Wilhelm Capelle|Wilhelm Capelle]]: ''Die Vorsokratiker. Die Fragmente und Quellenberichte''. 9. Auflage, Alfred Kröner, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-520-11909-4 (Quellentexte in deutscher Übersetzung)
* Patricia Curd (Hrsg.): ''Anaxagoras of Clazomenae. Fragments and Testimonia. A Text and Translation with Notes and Essays'' (= ''The Phoenix Presocratics'', 6. ''Phoenix Supplementary Volumes'', 44). University of Toronto Press, Toronto 2007, ISBN 978-0-8020-9325-7
* Laura Gemelli Marciano (Hrsg.): ''Die Vorsokratiker''. Band 3, Artemis & Winkler, Mannheim 2010, ISBN 978-3-538-03502-7, S. 6–179 (griechische Quellentexte mit deutscher Übersetzung, Erläuterungen sowie Einführung zu Leben und Werk)
* Rudolf Steiner: ''Die Rätsel der Philosophie in ihrer Geschichte als Umriß dargestellt'', [[GA 18]] (1985), ISBN 3-7274-0180-X {{Schriften|018}}


{{GA}}
{{GA}}


{{SORTIERUNG:Julian Apostata}}
[[Kategorie:Philosophie]] [[Kategorie:Naturphilosophie]]
[[Kategorie:Kaiser (Rom)]]
[[Kategorie:Kaiser (Byzanz)]]
[[Kategorie:Christentum]]
[[Kategorie:Konstantinische Dynastie]]
[[Kategorie:Geboren 331]]
[[Kategorie:Gestorben 363]]
[[Kategorie:Biographie]]
[[Kategorie:Mann]]
 
{{Personendaten
|NAME=Julian
|ALTERNATIVNAMEN=Flavius Claudius Iulianus; Flavius Claudius Julianus; Julian Apostata; Julian II.
|KURZBESCHREIBUNG=römischer Kaiser (360–363)
|GEBURTSDATUM=331
|GEBURTSORT=[[Konstantinopel]]
|STERBEDATUM=26. Juni 363
|STERBEORT=[[Samarra]]
}}

Version vom 17. Juli 2015, 10:26 Uhr

Homoiomerien (griech. ὁμοιομερῆ, hómoiosmere, von griech. ὅμοιος hómoios „gleich, gleichartig, ähnlich“ und μέρος meros „Teil“) sind nach der Naturphilosophie des Anaxagoras die unendlich vielen, kleinen, sinnlich nicht wahrnehmbaren, chaotisch gemischten Bestandteile, die „Samen der Dinge“, aus denen der Nus, die ordnende Weltvernunft, durch Mischung die sinnliche Erscheinungswelt aufbaut. Dabei gebe es unendlich viele verschiedene Arten dieser „Urstoffe“, die den Dingen entsprechen, die sich aus ihnen zusammensetzen.

„Wer in dem Fortschritt der menschlichen Entwickelung zur Stufe der Gedanken-Erlebnisse nicht sieht, wie mit dem Anfang dieses Lebens wirkliche Erlebnisse - die Bild- Erlebnisse - aufhörten, die vorher vorhanden waren, der wird die besondere Eigenart der Denkerpersönlichkeiten vom sechsten und den folgenden vorchristlichen Jahrhunderten in Griechenland in anderem Lichte sehen als in dem, in welchem sie in diesen Ausführungen dargestellt werden müssen. Der Gedanke zog etwas wie eine Mauer um die Menschenseele. Früher war sie, ihrem Empfinden nach, in den Naturerscheinungen drinnen; und was sie mit diesen Naturerscheinungen zusammen so erlebte, wie sie die Tätigkeit des eigenen Leibes erlebte, das stellte sich vor sie in Bild-Erscheinungen hin, welche in ihrer Lebendigkeit dawaren; jetzt war das ganze Bildergemälde durch die Kraft des Gedankens ausgelöscht. Wo sich vorher die inhaltvollen Bilder breiteten, da spannte sich jetzt der Gedanke durch die Außenwelt. Und die Seele konnte sich in dem, was außen in Raum und Zeit sich breitet, nur fühlen, indem sie sich mit dem Gedanken verband. - Man empfindet eine solche Seelenstimmung, wenn man auf Anaxagoras aus Klazomenä in Kleinasien (geb. um 500 v.Chr.) blickt. Er fühlt sich in seiner Seele mit dem Gedankenleben verbunden; dieses Gedankenleben umspannt, was im Räume und in der Zeit ausgedehnt ist. So ausgedehnt erscheint es als der Nus, der Weltenverstand. Dieser durchdringt als Wesenheit die ganze Natur. Die Natur aber stellt sich selbst nur als zusammengesetzt aus kleinen Urwesen dar. Die Naturvorgänge, welche durch das Zusammenwirken dieser Urwesen sich ergeben, sind das, was die Sinne wahrnehmen, nachdem das Bildergemälde aus der Natur gewichen ist. Homoiomerien werden diese Urwesen genannt. In sich erlebt die Menschenseele den Zusammenhang mit dem Weltverstand (dem Nus) im Gedanken innerhalb ihrer Mauer; durch die Fenster der Sinne blickt sie auf dasjenige, was der Weltverstand durch das Aufeinanderwirken der «Homoiomerien» entstehen läßt.“ (Lit.:GA 018, S. 58ff)

„Anaxagoras, der Sohn des Hegesibulos, aus Klazomenai erwies als Anfänge des Seienden die "Gleichteilchen"; denn es schien ihm ganz unmöglich zu sein, wie aus Nichtseiendem etwas entstehen, bzw. in das Nichtseiende vergehen könne. Wir nehmen jedenfalls jeweils nur eine Art einfacher Nahrung zu uns: Brot und Wasser, doch aus ihr nähren sich Haare, Venen, Arterien, Muskeln, Nerven, Knochen und die übrigen Teile <des Körpers>. Insofern müssen wir zugeben, dass in der zugeführten Nahrung alle diese Stoffe enthalten sind und aus ihrem Nährboden alles erwächst. In jener Nahrung sind also Teile, die das Wachstum des Blutes, der Nerven, der Knochen usw. in Gang setzen.

Diese Teilchen waren <nach ihm> nur durch Denken erkennbar; denn man darf nicht alles der sinnlichen Wahrnehmung zuführen wollen, nur weil es sich aus Brot und Wasser aufbaut; nein, in diesen gibt es nur durch Denken erkennbare Teilchen.

Weil nun die Teilchen in der Nahrung dem, was daraus entsteht, gleich ist, nannte er sie "Gleichteilchen" und erwies sie als die Anfänge der seienden Dinge, und zwar die Gleichteilchen als Stoff, als wirkende Ursache aber den alles ordndenden Geist.“

Aetios: I 3,5 [1]

„Indem Anaxagoras den alten Lehrsatz fand, dass nichts aus dem nichts entsteht, beseitigte er die Entstehung und führte statt der Entstehung die Aussonderung ein; denn er schwatzte daher, dass alles miteinander vermischt sei, sich aber absondere, indem es heranwachse. Denn in dem selben Keim seien Haare und Zehen und Venen und Arterien und Sehnen und Knochen, aber sie seien unerkennbar wegen ihrer Kleinteiligkeit, indem sie aber allmählich heranwüchsen, sonderten sie sich aus. "Denn wie könnte," sagte er, "aus Nichthaar Haar und Fleisch aus Nichtfleisch entstehen?" Dies behauptete er nicht nur von den Körpern, sondern auch von den Farben; denn es sei auch in dem Weißen das Schwarze und das Schwarze in dem Weißen. Die selbe These vertrat er auch zum Gewicht, indem er annahm, zu dem Schweren sei das Leichte gemischt und, dieses wieder zu jenem.“

SCHOL. IN GREGOR.: XXXVI 911 Migne [2]

Die Bezeichnung „Homoiomerien“ ist allerdings nicht direkt von Anaxagoras überliefert, sondern geht auf Aristoteles zurück.

„Anaxagoras von Klazomenae ... nimmt eine unendliche Vielheit von Urbestandteilen an. So ziemlich alles, was aus gleichartigen Teilen besteht nach der Art von Wasser oder Feuer, entstehe und vergehe allein durch Mischung und Scheidung; ein Entstehen und Vergehen in anderem Sinne habe es nicht, sondern bleibe ewig.“

Aristotels: Metaphysik, Einleitung, A

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.