Preis (Wirtschaft) und Ehebruch: Unterschied zwischen den Seiten

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Der '''Preis''' ([[Wikipedia:Mittelhochdeutsch|mhd.]] ''prīs''; von [[Latein|lat.]] ''pretium'') ist der beim tatsächlichen Verkauf konkret realisierte [[Wert (Wirtschaft)|Wert]] eines [[wirtschaft]]lichen [[Gut (Wirtschaft)|Gut]]. Er wird üblicherweise in [[Geld]]einheiten ausgedrückt, beim [[Wikipedia:Tauschhandel|Tauschhandel]] bzw. [[Wikipedia:Barter|Barter]]geschäften hingegen direkt durch andere [[Ware]]n mit eigenem Wert. In der freien [[Marktwirtschaft]] wird der Preis vorwiegend durch [[Angebot und Nachfrage]] bestimmt. [[Nationalökonomie|Volkswirtschaftlich]] entscheidend ist bei der '''Preisbildung''' nicht der Austausch der Güter als solcher, sondern der Austausch der damit verbundenen Werte, die sich beim Kauf und Verkauf konkret als [[Preis]] realisieren.
[[Datei:Man and woman undergoing public exposure for adultery in Japan-J. M. W. Silver.jpg|thumb|Anprangerung eines des Ehebruchs für schuldig befundenen Paares im alten Japan]]
'''Ehebruch''' wird in der [[wikipedia:Ethnologie|Ethnologie]] und der [[wikipedia:Anthropologie|Anthropologie]] als das Eingehen gesellschaftlich nicht geduldeter außerehelicher Beziehungen definiert.
 
Vor allem in Gesellschaften mit [[wikipedia:Patrilinearität|patrilinearen]] Gesellschaftsordnungen wird Ehebruch der Frau streng bestraft. In [[wikipedia:Matrilinearität|matrilinearen]] Gesellschaften hingegen, in denen der biologischen [[wikipedia:Vaterschaft|Vaterschaft]] keine große Bedeutung beigemessen wird, gilt der Ehebruch meist als minder schweres Delikt.
 
In derselben Gesellschaft können unterschiedliche, teilweise sogar sich gegenseitig ausschließende Konzepte des Ehebruchs vorkommen.<ref>{{cite web
| url = http://www.univie.ac.at/Voelkerkunde/cometh/glossar/heirat/f.htm
| title = Ehebruch
| author = Helmut Lukas, Vera Schindler, Johann Stockinger
| work = Interaktives Online-Glossar: Ehe, Heirat und Familie
| publisher = Universität Wien
| date = 1993-1997
| accessdate = 2013-03-29
}}</ref> Trotz mitunter sehr schwerer Strafen kommt Ehebruch in allen von Anthropologen untersuchten Gesellschaften vor.<ref>{{Literatur
| Autor = [[wikipedia:Helen Fisher|Helen Fisher]]
| Titel = Anatomy of Love – A natural History of Mating, Marriage, and why we stray
| Verlag = Random House
| Ort = New York
| Jahr = 1992
| ISBN = 0-449-90897-6
| Kommentar = S. 87: „There exists no culture in which adultery is unknown, no cultural device or code that extinguishes philandering.“
}}</ref> Gegen Ehebruch zu sein, lässt nicht auf ein Bekenntnis zur [[wikipedia:Monogamie|Monogamie]] und gegen [[wikipedia:Polygamie|Polygamie]] schließen.<ref>{{cite web
| url = http://www.welt.de/politik/ausland/article13412169/Wie-tuerkische-Frauen-unter-der-Vielweiberei-leiden.html
| title = Wie türkische Frauen unter der Vielweiberei leiden
| author = Boris Kálnoky
| publisher = Die Welt
| date = 2011-06-04
| accessdate = 2013-03-29
}}</ref>
 
== Aussagen in der Bibel zum Ehebruch ==
 
Matthäus 19,9: "Ich sage Euch: Wer sich von seinem Weibe scheidet, außer wegen Unzucht, bricht die Ehe, wenn er ein anderes Weib nimmt" (Übersetzung Emil Bock)<ref>Luther: "Ich aber sage euch, wer sich von seinem Weibe scheidet, (es sei denn um der Hurerei wegen), und freiet eine andere, der bricht die Ehe. Und wer die Abgeschiedene freiet, der bricht auch die Ehe".</ref><ref> Elberfelder 1905:"Ich sage euch aber, daß, wer irgend sein Weib entlassen wird, nicht wegen Hurerei, und eine andere heiraten wird, Ehebruch begeht; [und wer eine Entlassene heiratet, begeht Ehebruch.]"</ref>"Außer wegen Unzucht" ist nach Aussagen der Bibelforschung<ref>http://www.lectiobrevior.de/2011/09/ehescheidung-neutestamentliche.html</ref> keine authentische Aussage Jesu bzw. des Matthäus, sondern eine spätere Hinzufügung in den Text. Sofern der Zusatz "außer wegen Unzucht" Gültigkeit hätte, eräbe sich daraus die Frage, ob sich dann ein Mann, wie beim Witwertum, respektive die Frau, ein neues Weib oder einen Mann nehmen dürfe, und dies dann gemäß der Überlieferung kein Ehebruch sei, wie es nicht als Ehebruch gilt, eine Witwe oder einen Witwer zu heiraten (Röm. 7,3).
 
Zum gleichen Thema gibt es die Frage der Anwendung des sechsten Gebotes auf auf Verfehlungen wie Wollust, Unkeuschheit usw.
Matthäus 5, 27,28: "Ihr habt das Wort gehört, das zu den Menschen der Vergangenheit gesprochen worden ist: 'Du sollst nicht die Ehe brechen'. Aus dem Ich heraus jedoch sage ich euch: Schon wer ein Weib mit begierdevollem Blick betrachtet, hat sich in seinem Herzen<ref>Der Hinweis auf das Herz mag wohl sehr wesentlich sein</ref> mit ihr ehebrecherisch verbunden." (Übersetzung Emil Bock)<ref>Luther: "Ihr habt gehört, daß zu den Alten gesagt ist: Du sollst nicht ehebrechen. Ich aber sage euch: Wer ein Weib ansiehet, ihrer zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen:"</ref>. (vgl. auch Markus 10,11; Lukas 16,18, Matthäus 5,32)<ref>vgl. auch [[Schiller]], Ästhetische Briefe für eine moderne Interpretation.</ref>.
 
Die Unterscheidung zwischen [[Begierde|natürlichem Verlangen]]<ref>Wunsch nach Beiwohung, Begattungsinteresse, Sehnsucht nach einem Kind usw., auch der begehrliche Blick aus dem Bewußtsein, einer Ergänzung durch die ergänzende, bessere Hälfte bedürftig zu sein, sind natürlich veranlagt und haben wohl nichts mit Ehebruch usw. zu tun.</ref>, [[Begierde]], [[Wollust]], [[Unzucht]]<ref>Obwohl Unzucht ein Begriff ist, der sich auf ''Verhalten'' bezieht, sind nach anthroposophischer und allgemein esoterischer Auffassung auch Gedanken und Gefühle Verhalten bzw. Handlung mit objektiven, tatsächlichen Wirkungen in der Welt. Ein unzüchtiger Gedanke fällt also dem Wesen nach unter den gleichen Begriff, wenn zwar die gesellschaftliche Sanktionierung von Unzucht darauf zielt, daß ein ''Verhalten'' unterlassen wird.</ref>.bezieht und Ehebruch ist auch insofern unklar, als es Wollust und Unzucht in den gegebenen Bestimmungen als Empfindung und Verhalten auch unabhängig von der Ehefrage und so definiertem Ehebruch gibt<ref>Auch wenn eine sinngemäße Übersetzung sprachlich möglich sein könnte, was Jesus damit meinte; so kann die Aussage doch nicht auch für uns heute ohne weiteres gelten, ohne etwa die Differenz, was denn eine gierische Regung im Altertum bedeutete, im Vergleich zu solchen Vorkommnissen bei uns heutigen, zu untersuchen. Zudem muß auch der patriachalistische Aspekt beachtet werden, der zwar nicht den Worten Jesu selbst zuzuschreiben ist, aber dem Gesamtkontext der Bibel, der so, wie er überliefert ist, bekanntlich patriarchalische Auffassungen transportiert.</ref>. Auch Johannes 4,16-18 bringt darüber keine Klarheit:
 
In Johannes 4,16-18 sagt Jesus am Brunnen zu der Samariterin: "Geh, rufe deinen Mann, und komm dann wieder her. Da sprach die Frau: Ich habe keinen Mann. Jesus spricht: Du sagst mit Recht, du habest keinen Mann. Fünf Männer hattest du, und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann." (Übersetzung Emil Bock).
 
Es ist zwar nach dem Sinn nicht ausgeschlossen, daß einer der vier vorherigen Männer der Samariterin ihr Ehemann gewesen sei. Wenn das aber so gewesen wäre, warum wird dann von Jesus der Samriterin ein Ehebruch nicht vorgehalten?<ref>Eine andere oder zusätzliche tiefere Bedeutung wird von Rudolf Steiner u.a. in [[GA 103]], S. 98 erläutert.</ref>
 
== Rudolf Steiner über den Ehebruch ==
In den Vorträgen über die [[10 Gebote]] äußert sich Rudolf Steiner dahin gehend, daß die Ehe nicht gebrochen werden solle, weil die Ehe ein Zentrum der [[Ich]]kraft sei:


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"Wenn wir irgendwo
"Und weiter liegt allen folgenden Gesetzen zugrunde, daß die Ich-
drinnenstehen im volkswirtschaftlichen Prozeß, und der volkswirtschaftliche
Kraft des Menschen erhöht wird durch die richtige Anwendung des
Prozeß, ich möchte sagen, irgendwo beim Kauf und Verkauf
Ich-Impulses, daß sie aber durch seine falsche Anwendung zugrunde
sich abspielt, so haben wir im Kauf und Verkauf im wesentlichen
gerichtet wird. Das fünfte Gebot sagt etwas, was eigentlich im richtigen
Wertaustausch, Austausch von Werten. Sie finden keinen anderen
Sinne nur aus der Geheimwissenschaft heraus zu verstehen ist.
Austausch als den von Werten. Eigentlich ist es falsch, wenn man von
Alles, was mit Töten, mit der Vernichtung fremden Lebens zusammenhängt,
Güteraustausch spricht. Im volkswirtschaftlichen Prozeß ist das Gut,
schwächt die selbstbewußte Ich-Kraft im Menschen. Man
ob es nun modifiziertes Naturprodukt ist oder modifizierte Arbeit, ein
kann dadurch im Menschen die schwarzmagischen Kräfte erhöhen;
Wert. Was getauscht wird, sind Werte. Darauf kommt es an. So daß
da erhöht man aber nur unter Umgehung der Ich-Kraft die astralischen
Sie sich also sagen müssen: Wenn irgendwo sich Kauf und Verkauf
Kräfte im Menschen. Was als Göttliches im Menschen ist,
abspielen, so werden Werte ausgetauscht. - Und dasjenige, was nun
das wird vernichtet durch jedes Töten. Daher spielt dieses Gesetz
herauskommt im volkswirtschaftlichen Prozeß, wenn Wert und Wert
nicht nur auf etwas Abstraktes an, sondern auch auf etwas, wodurch
gewissermaßen aufeinanderprallen, um sich auszutauschen, das ist der
dem Menschen in seinem Ich-Impuls okkulte Kraft zuströmt, wenn
Preis. Sie finden den Preis erscheinen niemals anders, als daß Wert an
er Leben erhöht, Leben gedeihen macht, Leben nicht vernichtet. Das
Wert stößt im volkswirtschaftlichen Prozeß. Daher kann man auch
wird als ein Ideal für die Erhöhung der individuellen Ich-Kraft hingestellt,
über den Preis gar nicht nachdenken, wenn man etwa an den Austausch
und nur auf weniger stark betonten Gebieten wird dasselbe
von bloßen Gütern denkt. Wenn Sie einen Apfel um, ja, ich
gefordert im sechsten und siebenten Gebot.
weiß nicht, sagen wir fünf Pfennige kaufen, dann können Sie ja sagen,
Durch die Ehe wird ein Zentrum für die Ich-Kraft begründet.
Sie tauschen ein Gut aus gegen ein anderes Gut, den Apfel gegen
Wer die Ehe zerstört, wird daher in demjenigen geschwächt, was der
fünf Pfennige. Auf diese Weise kommen Sie aber nie zu einer volkswirtschaftlichen
Ich-Kraft zufließen soll. Ebenso schwächt derjenige seine Ich-Kraft,
Betrachtung. Denn der Apfel ist irgendwo gepflückt,
der etwas von des anderen Ich-Kraft nehmen und durch Wegnehmen,
ist dann befördert worden, es ist vielleicht um ihn herum noch
Stehlen und so weiter Besitztum erwerben will. Es liegt auch da
manches andere geschehen. Das ist die Arbeit, die ihn modifiziert hat.
durchaus der führende Gedanke zugrunde, daß das Ich sich nicht
Sie haben es nicht zu tun mit dem Apfel, sondern mit dem von
schwächen soll. Und jetzt wird in den letzten drei Geboten sogar
Menschenarbeit veränderten Naturprodukt, das einen Wert darstellt.
darauf hingewiesen, wie der Mensch durch eine falsche Richtung
Und man muß immer ausgehen vom Wert in der Volkswirtschaft.
seiner Begierden seine Ich-Kraft schwächt. Das Begierdenleben hat
Ebenso haben Sie es bei den fünf Pfennigen mit einem Wert und nicht
eine große Bedeutung für die Ich-Kraft. Die Liebe erhöht die Kraft
mit einem Gut zu tun; denn diese fünf Pfennige sind doch wohl nur
des Ichs, die Mißgunst, der Haß läßt die Ich-Kraft verdorren. Wenn
das Zeichen dafür, daß vorhanden ist in dem Menschen, der sich den
also der Mensch seinen Mitmenschen haßt, wenn er seinen Wert
Apfel kaufen muß, ein anderer Wert, den er eintauscht dafür." {{Lit|{{G|340|33f}}}}
herabsetzt, indem er etwas Falsches von ihm sagt, so schwächt er
dadurch die Ich-Kraft, macht alles, was um ihn herum ist, an Gesundheit
und an Lebenskraft geringer. Ebenso ist es mit der Mißgunst
auf das Besitztum des anderen. Schon die Begierde nach dem Gute
des Nächsten macht seine Ich-Kraft schwach. Und ebenso ist es im
zehnten Gebote: wenn der Mensch neidisch hinschaut auf die Art
und Weise, wie der andere sein Fortkommen sucht, und nicht
nach der Liebe zum andern strebt und dadurch seine Seele erweitert
und die Kraft seines Ichs hervorsprießen läßt." {{Lit|{{G|107|128}}}}f. (1908)
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[[Rudolf Steiner]] hat in eine knappe Formel gefasst, wann ein im [[sozial]]en Sinn «richtiger Preis» vorliegt:
In einem Brief aus dem Jahre 1913 äußert sich Rudolf Steiner zur Ehefrage wie folgt:


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<div style="margin-left:20px>
"Ich habe also in den «[[GA 23|Kernpunkten der sozialen Frage]]» als Formel
"In Ihrem Rundschreiben geht die erste Frage dahin, ob
das Folgende angegeben: Ein richtiger Preis ist dann vorhanden, wenn
man die Meinung haben könne, daß eine Krise in der Ehefrage
jemand für ein Erzeugnis, das er verfertigt hat, so viel als Gegenwert
bestehe, die nach Reformen drängt. Die Antwort auf
bekommt, daß er seine Bedürfnisse, die Summe seiner Bedürfnisse,
diese Frage hängt davon ab, welche Vorstellungen man über
worin natürlich eingeschlossen sind die Bedürfnisse derjenigen, die zu
die Bedingungen hat, unter welchen von der Ehefrage überhaupt
ihm gehören, befriedigen kann so lange, bis er wiederum ein gleiches
gesprochen werden kann. Diese Bedingungen sind
Produkt verfertigt haben wird. Diese Formel ist, so abstrakt sie ist,
dadurch gegeben, daß der Mensch sich durch die Ehe nach
dennoch erschöpfend. Es handelt sich ja beim Aufstellen von Formeln
zwei Richtungen hin in ein Ganzes der Menschheit hineinstellt.
eben darum, daß sie wirklich alle konkreten Einzelheiten enthalten. Und
Deshalb kann er sich keineswegs das volle Recht zusprechen,
ich meine, für das Volkswirtschaftliche ist diese Formel wirklich so
über die Ehefrage nach persönlichen Gesichtspunkten
erschöpfend wie, sagen wir, der Pythagoräische Lehrsatz erschöpfend ist
Forderungen zu stellen. Das eine Ganze, in das
für alle rechtwinkeligen Dreiecke. Nur handelt es sich darum: ebenso
sich der Mensch durch die Ehe hineinstellt, ist der soziale
wie man in diesen hineinbringen muß die Verschiedenheit der Seiten, so
Zusammenhang, in dem er lebt: Religionsgemeinschaft,
muß man unendlich viel mehr in diese Formel hineinbringen. Aber das
Staat usw. Nicht allein der Mensch, welcher die Ehe
Verständnis, wie man in diese Formel den ganzen volkswirtschaftlichen
schließt, hat ein Interesse, daß die Ehe zu seinem Gedeihen
Prozeß hineinbringt, das ist eben Volkswirtschaftswissenschaft." {{Lit|{{G|340|82}}}}
sei, sondern auch dieser Zusammenhang. Indem der
Mensch diesem Zusammenhange dienen will, muß er in der
Lage sein, mit Institutionen, welche er eingeht, dem Ganzen
Opfer zu bringen. Daher ist jede Diskussion über die
Ehefrage unmöglich, wenn ''nur'' die individuellen Interessen
der Eheschließenden in diese Frage einbezogen werden. Die
sozialen Zusammenhänge aber werden z.B. ein Interesse
daran haben müssen, daß die Ehe, die ihrem Wesen nach
so eng mit der Aufrechterhaltung dieser Zusammenhänge
verbunden ist, als ein ''stabiles'' Verhältnis gelten könne,
mit dem gerechnet werden kann, wenn es einmal besteht.
Gewiß können die individuellen Interessen mit den allgemeinen
in Konflikt kommen; die Lösung der Frage liegt
aber dann doch darinnen, daß der einzelne seine Interessen
nicht über diejenigen seines sozialen Zusammenhanges
stellt.
Das zweite Ganze, in das sich der Mensch durch die Ehe
hineinstellt, ist die Familie, und damit in die ganze Entwicklung
der Menschheit. Das Normale ist doch, daß die
Ehe mit den Kindern zur Familie führt. Deshalb ist das Verhältnis
des Mannes zur Frau nur ein Teil dessen, was für die
Ehefrage in Betracht kommt; der wesentlichere ist, normalerweise,
die Sorge um die Familie, also um folgende Generationen.
Damit aber wird die Ehefrage zur Familienfrage.
Wer nun die Kräfte richtig beurteilt, welche in dieser Beziehung
in der Gegenwart walten und wohl auch für eine ferne
Zukunft walten werden, dem wird klar, daß mit dem Kinde,
an dem des Mannes und der Frau Herzen in gleicher Weise
hängen sollten, ein Band gegeben ist, das zurückwirkt auf
die Stabilität der Ehe; und diese zweifellos fordert. Etwas anderes aber kann ich in der modernen Ehefrage überhaupt
nicht sehen, als die Frage nach größerer oder geringerer Festigkeit und Unauflöslichkeit des Bandes. Alle anderen Fragen gehen doch immer auf diese zurück, wenn man sich auch dessen nicht in allen Fällen bewußt ist. Und sobald die
Ehe in ihren notwendigen Zusammenhang hineingestellt
wird, zeigt sich, daß sowohl der soziale wie der Familienzusammenhang
immer dazu zwingt, die Stabilität anzuerkennen,
wie auch die persönlichen Interessen zu anderem neigen
mögen. In solchen Dingen kann der Mensch nicht nach
individuellen Bedürfnissen Institutionen gestalten; er muß
diese Institutionen dem Bestände des Ganzen anpassen.
Wer so denkt, dem kann die «Krise in der Ehefrage» gar
nicht als eine solche erscheinen, die ''für sich'' aus sozialen,
historischen Gründen usw. beurteilt werden kann. Die Sache
ist vielmehr so, daß die Gegenwart den Menschen auf
vielen Gebieten in einen gewissen Gegensatz bringt zwischen
dem Ganzen eines Zusammenhangs und seinem individuellen
Erleben. Dieser Gegensatz wirkt in viele Verhältnisse
der Gegenwart hinein, und nur eines dieser Verhältnisse
ist die Ehe-Institution. Was nun aus dieser Tatsache
für viele Ehen folgt, hängt ''gar nicht von dem Wesen der
Ehe ab'', sondern von Dingen, welche außerhalb dieses Wesens
liegen. Es können z.B. Ehen unglücklich verlaufen;
aber dieses Unglück braucht gar nicht von der Ehe abzuhängen,
sondern davon, daß der eine oder beide Gatten
überhaupt nicht zur Verträglichkeit erzogen sind. Hier ergibt
sich der Blick von einer einzelnen Institution auf die
großen Geistes- und Kulturfragen der Gegenwart." {{G|39|450}}  
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Aufmerksamkeit verdient die konservative Bewertung der Ehe als soziale Institution, deren Anforderungen sich persönliche Interessen unterzuordnen haben:
"Etwas anderes aber kann ich in der modernen Ehefrage überhaupt
nicht sehen, als die Frage nach größerer oder geringerer Festigkeit und Unauflöslichkeit des Bandes. Alle anderen Fragen gehen doch immer auf diese zurück, wenn man sich auch dessen nicht in allen Fällen bewußt ist. Und sobald die
Ehe in ihren notwendigen Zusammenhang hineingestellt
wird, zeigt sich, daß sowohl der soziale wie der Familienzusammenhang
immer dazu zwingt, die Stabilität anzuerkennen,
wie auch die persönlichen Interessen zu anderem neigen
mögen."
Diese Herleitung der Unauflöslichkeit, oder nötigen Stabilität der Ehe aus den Gründen der Reproduktion, der Erziehung der Kinder usw., sowie andererseits aus der Notwendigkeit für den sozialen Organismus, in der Ehe eine stabilisierende Einrichtung zu haben, ist schwierig mit der Begründung im Vortrag über die 10 Gebote, weshalb die Ehe nicht gebrochen werden solle, in Einklang zu bringen. Im Sine des sechsten Gebotes soll die Ehe nach Aussage Steiners nicht gebrochen werden, weil die Ehe ein Zentrum der Ichkraft sei. In dem Brief wird die Unauflöslichkeit, bzw. sinngemäß der gesellschaftliche Sinn des sechsten Gebotes mit den Pflichten der Ehepartner gegenüber sozialer Gemeinschaft und den aufzuziehenden Kindern begründet.<ref>Es gibt allerdings erheblichen Interpretationsspielraum. Steiner spricht in dem Brief nicht von Ehebruch, sondern von einem Erfordernis der Unauflöslichkeit bzw. Stabilität der Ehe. Im Zeitalter der Homoehe und der Leihmütter, der Patchworkfamilien und einem großen Prozentsatz kinderloser Ehen, sowie auch Fernbeziehungen, in denen Partner aus unterschiedlichen kulturellen Kontexten kommen, deren sozialer Zusammenhalt als solcher unabhängig ist vom dem ehelichen Verhalten, ist die Relevanz der Steinerschen Argumentation fraglich. Auf der anderen Seite bleiben manche Ehepartner "um der Kinder willen zusammen", was dann dem Erfordernis der Stabilität um der Aufzucht der Kinder willen entsprechen würde, auch wenn keine Ehe im eigentlichen Sinne mehr geführt wird, sondern nur noch der Form nach. Somit ist tatsächlich fraglich, ob das sechste Gebot (sofern es sozialgenetisch nicht gerade doch seinen Ursprung in den Erfordernissen, wie sie Steiner in dem Brief anführt, hat) in Steiners Interpretation im Hinblick darauf, daß die Ehe ein Zentrum der Ichkraft sei, zumal in der gesteigerten Form, sich keine unkeuschen Regungen etc. zu erlauben, überhaupt etwas mit der Ehe als gesellschaftlicher Institution und den Bedingungen eines gesunden Familienlebens zu tun habe?</ref> Zudem wird die "moderne Ehefrage" auf dieses Problem der Unauflöslichkeit bzw. Stabilität reduziert.
== Ethische Aspekte ==
Aus der anthroposophischen Perspektive überzeugt nicht die spärliche Aussage von Rudolf Steiner zum sechsten Gebot, im Kontrast zu den Verlautbarungen in der Bibel, daß wer sich mit einer Hure zusammentut, mit ihr "ein Fleisch" werde. Diese Problematik ist, wenn sie mit den Aussagen zur "Ichkraft" mit bestimmt sein soll, doch sehr vage durch die Aussagen Rudolf Steiners bestimmt. Die teilweise scheinbar etwas überzogenen Worte von [[Paulus]]<ref> Paulus rät übrigens, von anderen problematischen Aussagen abgesehen, dazu, daß wer allein sei, nicht die eheliche Verbindung suchen solle. Als Grund gibt er an, daß der oder die Partnerin (sinngemäß) konkurrierend ist im Hinblick auf die völlige Hingabe zu Gott. So fraglich das ist, ist andererseits genug bekannt, daß es nicht gut ist, daß der Mensch allein sei. [[Thomas von Aquino]] empfhielt die Ehe auch um Unzucht zu vermeiden.</ref> zum Thema geben ebenfalls keine ethische bzw. moralische Stütze.-
Das Verständnis der Bedeutung des sechsten Gebotes ist erschwert durch korrespondierende in der Traditon gewachsene soziale Gesetze oder überkommene Regeln bezüglich Erbfolge, Sorge für den Aufwuchs usw. Diese eher dem Überleben einer sozialen Gruppe dienenden Regeln, es kann sich dabei auch um das Überleben einer Affenhorde handeln, können nicht direkt, als ein Grund für die allgemeine Geltung des sechsten Gebotes angenommen werden. Es ist allerdings im Interesse der Kinder, die aus einer fleischlichen Verbindung entstehen, ethisch etwa die Scheidung zu bedenken. Aber die Rücksichtnahme auf den Nachwuchs hat nichts zu tun mit einem sog. Ehebruch, wie er in der Bibel, und sonst wo definiert ist.
Es gibt andere Aspekte zum Thema, die hier nicht weiter zu erörtern sind. Fakt ist, daß es in einer gesellschaftlichen Wirklichkeit explizit oder indirekt Gebote gibt, die das Geschlechterverhältnis, Familie, usw. regeln. Dies war auch zur Zeit Jesu so, aber es scheint kaum möglich, ein "Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist", auf heute eins zu eins zu übertragen.
=== Ehe und Ehebruch im Zeitalter der Bewußtseinsseele ===
Gemeinhin gibt es die Ansicht, daß mit ein Grund für die heutigen Schwierigkeiten, eine Ehe zu führen, der moderne [[wikipedia:Individualismus|Individualismus]] bzw. die [[Individualisierung]] sei. Will man Herbert Kretschmer folgen [Lit.: Ehe und Famlie], ist es genau umgekehrt:
"Das Wort Geschlechterkreig (...) weist in diese Richtung. Stehen sich die beiden Ehepartner nur als Gattungswesen (Gatte - Gattin) gegenüber, verharren sie in ihren Geschlechtsrollen, können sie letztlich nicht mehr zueinander finden, sich nicht mehr verstehen, erleben sie sich isoliert, vereinsamt. Ohne getragen zu sein von der Gemeinschaft, ohne feste Rollenvorgaben - was notwendig ist, um zur Individualität, zur Freiheit zu kommen -, bleibt letztlich nur die Trennung, oder, wenn man zusammenbleibt, der tägliche (Klein)Krieg. (...) Die Paarbeziehung weist hier in eine Richtung, die Johannes in der Apokalypse für die gesamte Menschheit beschreibt: als Krieg aller gegen alle. (S. 32)"
=== Die zukünftige Einfleischwerdung der Geschlechter ===
Abgesehen von den schon genannten Aspekten, was ein Ehebruch sei, ist auch zu erwähnen, daß prakizierte Ehe auch die zukünftige Werdung der Einfleischlichkeit bewirkt. Wie Paulus sagt, wer sich mit einer Hure verbinde, werde "ein Fleisch" mit ihr.
Diese Problematik der Einfleischwerdung ist nicht unmittelbar mit der Erläuterung Rudolf Steiners, man solle die Ehe nicht brechen, weil sie ein Zentrum der Ichkraft sei, in Zusammenhang zu bringen.
== Ehebruch, Begattungstrieb und Fortflanzung im Kontrast zur Ernährung, und Essen zum Selbsterhalt ==
Die natürliche Gemeinsamkeit zwischen Ernährung und Begattung ist unmittelbar klar, ebenso der Unterschied im Hinblick auf das Soziale.
Soweit der soziale Aspekt außer Acht bleiben kann, ist der Vergleich von Sexualität und Ernährung sehr weit führend. Beides sind Grundbedürfnisse, die, wenn sie in frühen Jahren nicht gerecht befriedigt werden, oder auf falsche Bahnen gelenkt sind, ähnliche, um nicht zu sagen Fehlentwicklungen, so doch von der Normalität abweichende, oft aber nur eingebildete, Versorgungsschwierigkeiten des Individuums, bewirken, wenn nicht eine Psychotherapie oder entsprechende Selbstheilungsprozesse dem entgegen wirken.
Wer als Kind Hunger litt, wird vielleicht nicht so leicht eine gewisse Gier, und entsprechendes Verhalten, wieder los. Auch wenn Nahrung überreichlich vorhanden ist, so kann doch in vielen Situationen ein nicht verarbeitetes Entbehrungstrauma hoch kommen und  eine "gierige" Reaktion bewirken, z.B. wenn an einem gemeinsamen Mittagstisch auf der Tafel zugelangt werden darf.
== Ehe und romantische Liebe ==
Während früher die Ehe (mit) wirtschaflich bestimmt war, so ist sie heute kulturell bestimmt, d.h. sie will "romantische" Liebe sein. Die Einheit von Ehe und romantischer Liebe ist aber ein ganz moderner Versuch. Sowohl die Sehnsucht danach, und die Schönheit des Gelingens, und die Trauer über das Scheitern haben im sechsten Gebot keine Abbildung, noch scheint aus der Überlieferung der scheinbar groben Worte aus jener Zeit ein Stichwort gegeben zu sein.
== Zum Begriff und Wort Ehe"bruch" ==
Es gibt wohl viele Untersuchungen, was eigentlich eine Ehe sei. Über die Frage, was mit "Brechen" oder "Bruch" gemeint ist, im Unterschied etwa zu einer allmählichen Entfremdung, oder Aufhebung von Illusionen bei näherer Bekanntschaft, wo dann oft gleichwohl die Ehe fortgesetzt wird, trotzdem die Voraussetzungen des Zusammenkommens, wie subjektiv wahrgenommen, inszwischen obsolet sind - Wie sieht es da aus? Zudem scheint Ehebruch nicht identisch mit [[Treue]]bruch zu sein. Weder im 6. Gebot, noch in den anderen 10 Geboten ist der Treuebruch ein Thema.
Mit dem Aufkommen des romantischen Ideals der Liebe kommt auch eine Ambivalenz, sogar eine Verwirrung, was der Unterschied sei, zwischen einem Ehebruch und einem Treuebruch, zum Vorschein. Die vorstehend angeführte Ansicht, implizit interpretiert, daß auch ein begehrender Blick schon ein Bruch sei (der Tendenz nach), verweist anscheinend weniger auf die Ehe, als auf ein Treueversprechen.
,
Im Kontrast zu einer [[Lüsternheit|lüsternen]] Regung, oder einem gelegentlichen [[Flirt]]<ref>Das gilt jedenfalls so wohl beim Flirt unter Fremden, weil das [[Spiel]]verständnis des Gegenüber nicht vorausgesetzt werden kann, wodurch es in der Folge zu Mißverständnissen kommen kann. An sich ist der Flirt eine soziale Institution, die, wenn die Rollen auch ausgefüllt werden können, eine Sublimierung in Richtung der Freude am Schönen bedeutet, ähnlich wie der Gesellschaftstanz, bei dem es auch erlaubt ist, eine andere Frau als die eigene anzufassen (als Tanzpartnerin), und ihr ein Lächeln usw. zu schenken.</ref>, die angeblich, will man den Aussagen der Bibel und auch denen Rudolf Steiners folgen, eine Verletzung des sechsten Gebotes, also Ehebruch seien, ist die moderne Problematik die des Treuebruches, und die ist sehr stark belastet durch die überkommenen Aussagen bezüglich der [[Unauflöslichkeit der Ehe]].
Es gibt z.B. keine plausible (exoterische) Erklärung, weshalb nach überlieferter Auffassung, ein Witwer und eine Witwerin ein weitere Ehe eingehen dürfen, jedoch Geschiedene dies nicht dürften, um nicht das sechste Gebot zu verletzen. Sofern tatsächlich da ein Unterschied gemacht werden muß, ist dieser weder im sechsten Gebot, noch in den Verlautbarungen Rudolf Steiners in den zitierten Stellen zum sechsten Gebot begreifbar.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
[[Ehe]]
[[Partnerschaft]]
[[wikipedia:Paulinisches Privileg|Paulinisches Privileg]]
[[wikipedia:Petrinisches Privileg|Petrinisches Privileg]]


* {{WikipediaDE|Preis (Wirtschaft)}}
== Einzelnachweise ==
* [[Assoziation (Wirtschaft)]]
<references/>
* [[Urzelle des Wirtschaftslebens]]


== Literatur ==
== Literatur ==
* [[Rudolf Steiner]] ''Nationalökonomischer Kurs'', [[GA 340]] (2002), ISBN 3-7274-3400-7 {{Vorträge|340}}
* Herbert Kretschmer: ''Ehe und Familie. Die Entwicklung von Ehe und Familie im Laufe der Geschichte. Angaben Rudolf Steiners zu Ehe und Familie'', Verlag am Goetheanum (1988) ''(Ein Aufsatz (überarbeiteter Vortrag) Kretschmers, mit einem Literaturverzeichnis und einer stichwortartigen Sammlung von Angaben Rudolf Steiners zu Ehe und Familie)''
* [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/download/sozialwissenschaft_neue_klassische_theorie.pdf Neue klassische Theorie] PDF
* Rudolf Steiner: ''Geisteswissenschaftliche Menschenkunde'', [[GA 107]] (1988), ISBN 3-7274-1070-1 {{Vorträge|107}}
* [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/download/sozialwissenschaft_brotmarkt.pdf Das Kostenpreis-Nachfrage-Modell] PDF
* Ulrike Bauer, Bodo Kirchhoff (HG.): ''Unaufhaltsame Entzweiung. Ein Lesebuch.'', Suhrkamp-TB, 1996, ISBN 351838452X
* [[Niklas Luhmann]]: ''Liebe als Passion: Zur Codierung von Intimität'', Suhrkamp, 1982 ''(Luhmanns schönstes Buch, heißt es. Untersucht die Genese (bzw. die Genese des Ideals) der romantischen Liebe)''


{{GA}}
{{GA}}


[[Kategorie:Soziales Leben]] [[Kategorie:Wirtschaft]][[Kategorie:Assoziative Wirtschaft]] [[Kategorie:Wirtschaftswissenschaft]] [[Kategorie:Wirtschaftstheorie]]
{{wikipedia}}
[[Kategorie:Soziales Leben]][[Kategorie:Ethik]][[Kategorie:Religion]]

Version vom 10. Juni 2013, 16:29 Uhr

Anprangerung eines des Ehebruchs für schuldig befundenen Paares im alten Japan

Ehebruch wird in der Ethnologie und der Anthropologie als das Eingehen gesellschaftlich nicht geduldeter außerehelicher Beziehungen definiert.

Vor allem in Gesellschaften mit patrilinearen Gesellschaftsordnungen wird Ehebruch der Frau streng bestraft. In matrilinearen Gesellschaften hingegen, in denen der biologischen Vaterschaft keine große Bedeutung beigemessen wird, gilt der Ehebruch meist als minder schweres Delikt.

In derselben Gesellschaft können unterschiedliche, teilweise sogar sich gegenseitig ausschließende Konzepte des Ehebruchs vorkommen.[1] Trotz mitunter sehr schwerer Strafen kommt Ehebruch in allen von Anthropologen untersuchten Gesellschaften vor.[2] Gegen Ehebruch zu sein, lässt nicht auf ein Bekenntnis zur Monogamie und gegen Polygamie schließen.[3]

Aussagen in der Bibel zum Ehebruch

Matthäus 19,9: "Ich sage Euch: Wer sich von seinem Weibe scheidet, außer wegen Unzucht, bricht die Ehe, wenn er ein anderes Weib nimmt" (Übersetzung Emil Bock)[4][5]"Außer wegen Unzucht" ist nach Aussagen der Bibelforschung[6] keine authentische Aussage Jesu bzw. des Matthäus, sondern eine spätere Hinzufügung in den Text. Sofern der Zusatz "außer wegen Unzucht" Gültigkeit hätte, eräbe sich daraus die Frage, ob sich dann ein Mann, wie beim Witwertum, respektive die Frau, ein neues Weib oder einen Mann nehmen dürfe, und dies dann gemäß der Überlieferung kein Ehebruch sei, wie es nicht als Ehebruch gilt, eine Witwe oder einen Witwer zu heiraten (Röm. 7,3).

Zum gleichen Thema gibt es die Frage der Anwendung des sechsten Gebotes auf auf Verfehlungen wie Wollust, Unkeuschheit usw. Matthäus 5, 27,28: "Ihr habt das Wort gehört, das zu den Menschen der Vergangenheit gesprochen worden ist: 'Du sollst nicht die Ehe brechen'. Aus dem Ich heraus jedoch sage ich euch: Schon wer ein Weib mit begierdevollem Blick betrachtet, hat sich in seinem Herzen[7] mit ihr ehebrecherisch verbunden." (Übersetzung Emil Bock)[8]. (vgl. auch Markus 10,11; Lukas 16,18, Matthäus 5,32)[9].

Die Unterscheidung zwischen natürlichem Verlangen[10], Begierde, Wollust, Unzucht[11].bezieht und Ehebruch ist auch insofern unklar, als es Wollust und Unzucht in den gegebenen Bestimmungen als Empfindung und Verhalten auch unabhängig von der Ehefrage und so definiertem Ehebruch gibt[12]. Auch Johannes 4,16-18 bringt darüber keine Klarheit:

In Johannes 4,16-18 sagt Jesus am Brunnen zu der Samariterin: "Geh, rufe deinen Mann, und komm dann wieder her. Da sprach die Frau: Ich habe keinen Mann. Jesus spricht: Du sagst mit Recht, du habest keinen Mann. Fünf Männer hattest du, und der, den du jetzt hast, ist nicht dein Mann." (Übersetzung Emil Bock).

Es ist zwar nach dem Sinn nicht ausgeschlossen, daß einer der vier vorherigen Männer der Samariterin ihr Ehemann gewesen sei. Wenn das aber so gewesen wäre, warum wird dann von Jesus der Samriterin ein Ehebruch nicht vorgehalten?[13]

Rudolf Steiner über den Ehebruch

In den Vorträgen über die 10 Gebote äußert sich Rudolf Steiner dahin gehend, daß die Ehe nicht gebrochen werden solle, weil die Ehe ein Zentrum der Ichkraft sei:

"Und weiter liegt allen folgenden Gesetzen zugrunde, daß die Ich- Kraft des Menschen erhöht wird durch die richtige Anwendung des Ich-Impulses, daß sie aber durch seine falsche Anwendung zugrunde gerichtet wird. Das fünfte Gebot sagt etwas, was eigentlich im richtigen Sinne nur aus der Geheimwissenschaft heraus zu verstehen ist. Alles, was mit Töten, mit der Vernichtung fremden Lebens zusammenhängt, schwächt die selbstbewußte Ich-Kraft im Menschen. Man kann dadurch im Menschen die schwarzmagischen Kräfte erhöhen; da erhöht man aber nur unter Umgehung der Ich-Kraft die astralischen Kräfte im Menschen. Was als Göttliches im Menschen ist, das wird vernichtet durch jedes Töten. Daher spielt dieses Gesetz nicht nur auf etwas Abstraktes an, sondern auch auf etwas, wodurch dem Menschen in seinem Ich-Impuls okkulte Kraft zuströmt, wenn er Leben erhöht, Leben gedeihen macht, Leben nicht vernichtet. Das wird als ein Ideal für die Erhöhung der individuellen Ich-Kraft hingestellt, und nur auf weniger stark betonten Gebieten wird dasselbe gefordert im sechsten und siebenten Gebot. Durch die Ehe wird ein Zentrum für die Ich-Kraft begründet. Wer die Ehe zerstört, wird daher in demjenigen geschwächt, was der Ich-Kraft zufließen soll. Ebenso schwächt derjenige seine Ich-Kraft, der etwas von des anderen Ich-Kraft nehmen und durch Wegnehmen, Stehlen und so weiter Besitztum erwerben will. Es liegt auch da durchaus der führende Gedanke zugrunde, daß das Ich sich nicht schwächen soll. Und jetzt wird in den letzten drei Geboten sogar darauf hingewiesen, wie der Mensch durch eine falsche Richtung seiner Begierden seine Ich-Kraft schwächt. Das Begierdenleben hat eine große Bedeutung für die Ich-Kraft. Die Liebe erhöht die Kraft des Ichs, die Mißgunst, der Haß läßt die Ich-Kraft verdorren. Wenn also der Mensch seinen Mitmenschen haßt, wenn er seinen Wert herabsetzt, indem er etwas Falsches von ihm sagt, so schwächt er dadurch die Ich-Kraft, macht alles, was um ihn herum ist, an Gesundheit und an Lebenskraft geringer. Ebenso ist es mit der Mißgunst auf das Besitztum des anderen. Schon die Begierde nach dem Gute des Nächsten macht seine Ich-Kraft schwach. Und ebenso ist es im zehnten Gebote: wenn der Mensch neidisch hinschaut auf die Art und Weise, wie der andere sein Fortkommen sucht, und nicht nach der Liebe zum andern strebt und dadurch seine Seele erweitert und die Kraft seines Ichs hervorsprießen läßt." (Lit.: GA 107, S. 128)f. (1908)

In einem Brief aus dem Jahre 1913 äußert sich Rudolf Steiner zur Ehefrage wie folgt:

"In Ihrem Rundschreiben geht die erste Frage dahin, ob man die Meinung haben könne, daß eine Krise in der Ehefrage bestehe, die nach Reformen drängt. Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, welche Vorstellungen man über die Bedingungen hat, unter welchen von der Ehefrage überhaupt gesprochen werden kann. Diese Bedingungen sind dadurch gegeben, daß der Mensch sich durch die Ehe nach zwei Richtungen hin in ein Ganzes der Menschheit hineinstellt. Deshalb kann er sich keineswegs das volle Recht zusprechen, über die Ehefrage nach persönlichen Gesichtspunkten Forderungen zu stellen. Das eine Ganze, in das sich der Mensch durch die Ehe hineinstellt, ist der soziale Zusammenhang, in dem er lebt: Religionsgemeinschaft, Staat usw. Nicht allein der Mensch, welcher die Ehe schließt, hat ein Interesse, daß die Ehe zu seinem Gedeihen sei, sondern auch dieser Zusammenhang. Indem der Mensch diesem Zusammenhange dienen will, muß er in der Lage sein, mit Institutionen, welche er eingeht, dem Ganzen Opfer zu bringen. Daher ist jede Diskussion über die Ehefrage unmöglich, wenn nur die individuellen Interessen der Eheschließenden in diese Frage einbezogen werden. Die sozialen Zusammenhänge aber werden z.B. ein Interesse daran haben müssen, daß die Ehe, die ihrem Wesen nach so eng mit der Aufrechterhaltung dieser Zusammenhänge verbunden ist, als ein stabiles Verhältnis gelten könne, mit dem gerechnet werden kann, wenn es einmal besteht. Gewiß können die individuellen Interessen mit den allgemeinen in Konflikt kommen; die Lösung der Frage liegt aber dann doch darinnen, daß der einzelne seine Interessen nicht über diejenigen seines sozialen Zusammenhanges stellt. Das zweite Ganze, in das sich der Mensch durch die Ehe hineinstellt, ist die Familie, und damit in die ganze Entwicklung der Menschheit. Das Normale ist doch, daß die Ehe mit den Kindern zur Familie führt. Deshalb ist das Verhältnis des Mannes zur Frau nur ein Teil dessen, was für die Ehefrage in Betracht kommt; der wesentlichere ist, normalerweise, die Sorge um die Familie, also um folgende Generationen. Damit aber wird die Ehefrage zur Familienfrage. Wer nun die Kräfte richtig beurteilt, welche in dieser Beziehung in der Gegenwart walten und wohl auch für eine ferne Zukunft walten werden, dem wird klar, daß mit dem Kinde, an dem des Mannes und der Frau Herzen in gleicher Weise hängen sollten, ein Band gegeben ist, das zurückwirkt auf die Stabilität der Ehe; und diese zweifellos fordert. Etwas anderes aber kann ich in der modernen Ehefrage überhaupt nicht sehen, als die Frage nach größerer oder geringerer Festigkeit und Unauflöslichkeit des Bandes. Alle anderen Fragen gehen doch immer auf diese zurück, wenn man sich auch dessen nicht in allen Fällen bewußt ist. Und sobald die Ehe in ihren notwendigen Zusammenhang hineingestellt wird, zeigt sich, daß sowohl der soziale wie der Familienzusammenhang immer dazu zwingt, die Stabilität anzuerkennen, wie auch die persönlichen Interessen zu anderem neigen mögen. In solchen Dingen kann der Mensch nicht nach individuellen Bedürfnissen Institutionen gestalten; er muß diese Institutionen dem Bestände des Ganzen anpassen. Wer so denkt, dem kann die «Krise in der Ehefrage» gar nicht als eine solche erscheinen, die für sich aus sozialen, historischen Gründen usw. beurteilt werden kann. Die Sache ist vielmehr so, daß die Gegenwart den Menschen auf vielen Gebieten in einen gewissen Gegensatz bringt zwischen dem Ganzen eines Zusammenhangs und seinem individuellen Erleben. Dieser Gegensatz wirkt in viele Verhältnisse der Gegenwart hinein, und nur eines dieser Verhältnisse ist die Ehe-Institution. Was nun aus dieser Tatsache für viele Ehen folgt, hängt gar nicht von dem Wesen der Ehe ab, sondern von Dingen, welche außerhalb dieses Wesens liegen. Es können z.B. Ehen unglücklich verlaufen; aber dieses Unglück braucht gar nicht von der Ehe abzuhängen, sondern davon, daß der eine oder beide Gatten überhaupt nicht zur Verträglichkeit erzogen sind. Hier ergibt sich der Blick von einer einzelnen Institution auf die großen Geistes- und Kulturfragen der Gegenwart." GA 39, S. 450

Aufmerksamkeit verdient die konservative Bewertung der Ehe als soziale Institution, deren Anforderungen sich persönliche Interessen unterzuordnen haben:

"Etwas anderes aber kann ich in der modernen Ehefrage überhaupt nicht sehen, als die Frage nach größerer oder geringerer Festigkeit und Unauflöslichkeit des Bandes. Alle anderen Fragen gehen doch immer auf diese zurück, wenn man sich auch dessen nicht in allen Fällen bewußt ist. Und sobald die Ehe in ihren notwendigen Zusammenhang hineingestellt wird, zeigt sich, daß sowohl der soziale wie der Familienzusammenhang immer dazu zwingt, die Stabilität anzuerkennen, wie auch die persönlichen Interessen zu anderem neigen mögen."

Diese Herleitung der Unauflöslichkeit, oder nötigen Stabilität der Ehe aus den Gründen der Reproduktion, der Erziehung der Kinder usw., sowie andererseits aus der Notwendigkeit für den sozialen Organismus, in der Ehe eine stabilisierende Einrichtung zu haben, ist schwierig mit der Begründung im Vortrag über die 10 Gebote, weshalb die Ehe nicht gebrochen werden solle, in Einklang zu bringen. Im Sine des sechsten Gebotes soll die Ehe nach Aussage Steiners nicht gebrochen werden, weil die Ehe ein Zentrum der Ichkraft sei. In dem Brief wird die Unauflöslichkeit, bzw. sinngemäß der gesellschaftliche Sinn des sechsten Gebotes mit den Pflichten der Ehepartner gegenüber sozialer Gemeinschaft und den aufzuziehenden Kindern begründet.[14] Zudem wird die "moderne Ehefrage" auf dieses Problem der Unauflöslichkeit bzw. Stabilität reduziert.

Ethische Aspekte

Aus der anthroposophischen Perspektive überzeugt nicht die spärliche Aussage von Rudolf Steiner zum sechsten Gebot, im Kontrast zu den Verlautbarungen in der Bibel, daß wer sich mit einer Hure zusammentut, mit ihr "ein Fleisch" werde. Diese Problematik ist, wenn sie mit den Aussagen zur "Ichkraft" mit bestimmt sein soll, doch sehr vage durch die Aussagen Rudolf Steiners bestimmt. Die teilweise scheinbar etwas überzogenen Worte von Paulus[15] zum Thema geben ebenfalls keine ethische bzw. moralische Stütze.-

Das Verständnis der Bedeutung des sechsten Gebotes ist erschwert durch korrespondierende in der Traditon gewachsene soziale Gesetze oder überkommene Regeln bezüglich Erbfolge, Sorge für den Aufwuchs usw. Diese eher dem Überleben einer sozialen Gruppe dienenden Regeln, es kann sich dabei auch um das Überleben einer Affenhorde handeln, können nicht direkt, als ein Grund für die allgemeine Geltung des sechsten Gebotes angenommen werden. Es ist allerdings im Interesse der Kinder, die aus einer fleischlichen Verbindung entstehen, ethisch etwa die Scheidung zu bedenken. Aber die Rücksichtnahme auf den Nachwuchs hat nichts zu tun mit einem sog. Ehebruch, wie er in der Bibel, und sonst wo definiert ist.

Es gibt andere Aspekte zum Thema, die hier nicht weiter zu erörtern sind. Fakt ist, daß es in einer gesellschaftlichen Wirklichkeit explizit oder indirekt Gebote gibt, die das Geschlechterverhältnis, Familie, usw. regeln. Dies war auch zur Zeit Jesu so, aber es scheint kaum möglich, ein "Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist", auf heute eins zu eins zu übertragen.

Ehe und Ehebruch im Zeitalter der Bewußtseinsseele

Gemeinhin gibt es die Ansicht, daß mit ein Grund für die heutigen Schwierigkeiten, eine Ehe zu führen, der moderne Individualismus bzw. die Individualisierung sei. Will man Herbert Kretschmer folgen [Lit.: Ehe und Famlie], ist es genau umgekehrt:

"Das Wort Geschlechterkreig (...) weist in diese Richtung. Stehen sich die beiden Ehepartner nur als Gattungswesen (Gatte - Gattin) gegenüber, verharren sie in ihren Geschlechtsrollen, können sie letztlich nicht mehr zueinander finden, sich nicht mehr verstehen, erleben sie sich isoliert, vereinsamt. Ohne getragen zu sein von der Gemeinschaft, ohne feste Rollenvorgaben - was notwendig ist, um zur Individualität, zur Freiheit zu kommen -, bleibt letztlich nur die Trennung, oder, wenn man zusammenbleibt, der tägliche (Klein)Krieg. (...) Die Paarbeziehung weist hier in eine Richtung, die Johannes in der Apokalypse für die gesamte Menschheit beschreibt: als Krieg aller gegen alle. (S. 32)"

Die zukünftige Einfleischwerdung der Geschlechter

Abgesehen von den schon genannten Aspekten, was ein Ehebruch sei, ist auch zu erwähnen, daß prakizierte Ehe auch die zukünftige Werdung der Einfleischlichkeit bewirkt. Wie Paulus sagt, wer sich mit einer Hure verbinde, werde "ein Fleisch" mit ihr.

Diese Problematik der Einfleischwerdung ist nicht unmittelbar mit der Erläuterung Rudolf Steiners, man solle die Ehe nicht brechen, weil sie ein Zentrum der Ichkraft sei, in Zusammenhang zu bringen.

Ehebruch, Begattungstrieb und Fortflanzung im Kontrast zur Ernährung, und Essen zum Selbsterhalt

Die natürliche Gemeinsamkeit zwischen Ernährung und Begattung ist unmittelbar klar, ebenso der Unterschied im Hinblick auf das Soziale.

Soweit der soziale Aspekt außer Acht bleiben kann, ist der Vergleich von Sexualität und Ernährung sehr weit führend. Beides sind Grundbedürfnisse, die, wenn sie in frühen Jahren nicht gerecht befriedigt werden, oder auf falsche Bahnen gelenkt sind, ähnliche, um nicht zu sagen Fehlentwicklungen, so doch von der Normalität abweichende, oft aber nur eingebildete, Versorgungsschwierigkeiten des Individuums, bewirken, wenn nicht eine Psychotherapie oder entsprechende Selbstheilungsprozesse dem entgegen wirken.

Wer als Kind Hunger litt, wird vielleicht nicht so leicht eine gewisse Gier, und entsprechendes Verhalten, wieder los. Auch wenn Nahrung überreichlich vorhanden ist, so kann doch in vielen Situationen ein nicht verarbeitetes Entbehrungstrauma hoch kommen und eine "gierige" Reaktion bewirken, z.B. wenn an einem gemeinsamen Mittagstisch auf der Tafel zugelangt werden darf.

Ehe und romantische Liebe

Während früher die Ehe (mit) wirtschaflich bestimmt war, so ist sie heute kulturell bestimmt, d.h. sie will "romantische" Liebe sein. Die Einheit von Ehe und romantischer Liebe ist aber ein ganz moderner Versuch. Sowohl die Sehnsucht danach, und die Schönheit des Gelingens, und die Trauer über das Scheitern haben im sechsten Gebot keine Abbildung, noch scheint aus der Überlieferung der scheinbar groben Worte aus jener Zeit ein Stichwort gegeben zu sein.

Zum Begriff und Wort Ehe"bruch"

Es gibt wohl viele Untersuchungen, was eigentlich eine Ehe sei. Über die Frage, was mit "Brechen" oder "Bruch" gemeint ist, im Unterschied etwa zu einer allmählichen Entfremdung, oder Aufhebung von Illusionen bei näherer Bekanntschaft, wo dann oft gleichwohl die Ehe fortgesetzt wird, trotzdem die Voraussetzungen des Zusammenkommens, wie subjektiv wahrgenommen, inszwischen obsolet sind - Wie sieht es da aus? Zudem scheint Ehebruch nicht identisch mit Treuebruch zu sein. Weder im 6. Gebot, noch in den anderen 10 Geboten ist der Treuebruch ein Thema.

Mit dem Aufkommen des romantischen Ideals der Liebe kommt auch eine Ambivalenz, sogar eine Verwirrung, was der Unterschied sei, zwischen einem Ehebruch und einem Treuebruch, zum Vorschein. Die vorstehend angeführte Ansicht, implizit interpretiert, daß auch ein begehrender Blick schon ein Bruch sei (der Tendenz nach), verweist anscheinend weniger auf die Ehe, als auf ein Treueversprechen. , Im Kontrast zu einer lüsternen Regung, oder einem gelegentlichen Flirt[16], die angeblich, will man den Aussagen der Bibel und auch denen Rudolf Steiners folgen, eine Verletzung des sechsten Gebotes, also Ehebruch seien, ist die moderne Problematik die des Treuebruches, und die ist sehr stark belastet durch die überkommenen Aussagen bezüglich der Unauflöslichkeit der Ehe.

Es gibt z.B. keine plausible (exoterische) Erklärung, weshalb nach überlieferter Auffassung, ein Witwer und eine Witwerin ein weitere Ehe eingehen dürfen, jedoch Geschiedene dies nicht dürften, um nicht das sechste Gebot zu verletzen. Sofern tatsächlich da ein Unterschied gemacht werden muß, ist dieser weder im sechsten Gebot, noch in den Verlautbarungen Rudolf Steiners in den zitierten Stellen zum sechsten Gebot begreifbar.

Siehe auch

Ehe

Partnerschaft

Paulinisches Privileg

Petrinisches Privileg

Einzelnachweise

  1. Helmut Lukas, Vera Schindler, Johann Stockinger (1993). Ehebruch. Interaktives Online-Glossar: Ehe, Heirat und Familie. Universität Wien. Abgerufen am 29. März 2013.
  2.  Helen Fisher: Anatomy of Love – A natural History of Mating, Marriage, and why we stray. Random House, New York 1992, ISBN 0-449-90897-6 (S. 87: „There exists no culture in which adultery is unknown, no cultural device or code that extinguishes philandering.“).
  3. Boris Kálnoky (4. Juni 2011). Wie türkische Frauen unter der Vielweiberei leiden. Die Welt. Abgerufen am 29. März 2013.
  4. Luther: "Ich aber sage euch, wer sich von seinem Weibe scheidet, (es sei denn um der Hurerei wegen), und freiet eine andere, der bricht die Ehe. Und wer die Abgeschiedene freiet, der bricht auch die Ehe".
  5. Elberfelder 1905:"Ich sage euch aber, daß, wer irgend sein Weib entlassen wird, nicht wegen Hurerei, und eine andere heiraten wird, Ehebruch begeht; [und wer eine Entlassene heiratet, begeht Ehebruch.]"
  6. http://www.lectiobrevior.de/2011/09/ehescheidung-neutestamentliche.html
  7. Der Hinweis auf das Herz mag wohl sehr wesentlich sein
  8. Luther: "Ihr habt gehört, daß zu den Alten gesagt ist: Du sollst nicht ehebrechen. Ich aber sage euch: Wer ein Weib ansiehet, ihrer zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen:"
  9. vgl. auch Schiller, Ästhetische Briefe für eine moderne Interpretation.
  10. Wunsch nach Beiwohung, Begattungsinteresse, Sehnsucht nach einem Kind usw., auch der begehrliche Blick aus dem Bewußtsein, einer Ergänzung durch die ergänzende, bessere Hälfte bedürftig zu sein, sind natürlich veranlagt und haben wohl nichts mit Ehebruch usw. zu tun.
  11. Obwohl Unzucht ein Begriff ist, der sich auf Verhalten bezieht, sind nach anthroposophischer und allgemein esoterischer Auffassung auch Gedanken und Gefühle Verhalten bzw. Handlung mit objektiven, tatsächlichen Wirkungen in der Welt. Ein unzüchtiger Gedanke fällt also dem Wesen nach unter den gleichen Begriff, wenn zwar die gesellschaftliche Sanktionierung von Unzucht darauf zielt, daß ein Verhalten unterlassen wird.
  12. Auch wenn eine sinngemäße Übersetzung sprachlich möglich sein könnte, was Jesus damit meinte; so kann die Aussage doch nicht auch für uns heute ohne weiteres gelten, ohne etwa die Differenz, was denn eine gierische Regung im Altertum bedeutete, im Vergleich zu solchen Vorkommnissen bei uns heutigen, zu untersuchen. Zudem muß auch der patriachalistische Aspekt beachtet werden, der zwar nicht den Worten Jesu selbst zuzuschreiben ist, aber dem Gesamtkontext der Bibel, der so, wie er überliefert ist, bekanntlich patriarchalische Auffassungen transportiert.
  13. Eine andere oder zusätzliche tiefere Bedeutung wird von Rudolf Steiner u.a. in GA 103, S. 98 erläutert.
  14. Es gibt allerdings erheblichen Interpretationsspielraum. Steiner spricht in dem Brief nicht von Ehebruch, sondern von einem Erfordernis der Unauflöslichkeit bzw. Stabilität der Ehe. Im Zeitalter der Homoehe und der Leihmütter, der Patchworkfamilien und einem großen Prozentsatz kinderloser Ehen, sowie auch Fernbeziehungen, in denen Partner aus unterschiedlichen kulturellen Kontexten kommen, deren sozialer Zusammenhalt als solcher unabhängig ist vom dem ehelichen Verhalten, ist die Relevanz der Steinerschen Argumentation fraglich. Auf der anderen Seite bleiben manche Ehepartner "um der Kinder willen zusammen", was dann dem Erfordernis der Stabilität um der Aufzucht der Kinder willen entsprechen würde, auch wenn keine Ehe im eigentlichen Sinne mehr geführt wird, sondern nur noch der Form nach. Somit ist tatsächlich fraglich, ob das sechste Gebot (sofern es sozialgenetisch nicht gerade doch seinen Ursprung in den Erfordernissen, wie sie Steiner in dem Brief anführt, hat) in Steiners Interpretation im Hinblick darauf, daß die Ehe ein Zentrum der Ichkraft sei, zumal in der gesteigerten Form, sich keine unkeuschen Regungen etc. zu erlauben, überhaupt etwas mit der Ehe als gesellschaftlicher Institution und den Bedingungen eines gesunden Familienlebens zu tun habe?
  15. Paulus rät übrigens, von anderen problematischen Aussagen abgesehen, dazu, daß wer allein sei, nicht die eheliche Verbindung suchen solle. Als Grund gibt er an, daß der oder die Partnerin (sinngemäß) konkurrierend ist im Hinblick auf die völlige Hingabe zu Gott. So fraglich das ist, ist andererseits genug bekannt, daß es nicht gut ist, daß der Mensch allein sei. Thomas von Aquino empfhielt die Ehe auch um Unzucht zu vermeiden.
  16. Das gilt jedenfalls so wohl beim Flirt unter Fremden, weil das Spielverständnis des Gegenüber nicht vorausgesetzt werden kann, wodurch es in der Folge zu Mißverständnissen kommen kann. An sich ist der Flirt eine soziale Institution, die, wenn die Rollen auch ausgefüllt werden können, eine Sublimierung in Richtung der Freude am Schönen bedeutet, ähnlich wie der Gesellschaftstanz, bei dem es auch erlaubt ist, eine andere Frau als die eigene anzufassen (als Tanzpartnerin), und ihr ein Lächeln usw. zu schenken.

Literatur

  • Herbert Kretschmer: Ehe und Familie. Die Entwicklung von Ehe und Familie im Laufe der Geschichte. Angaben Rudolf Steiners zu Ehe und Familie, Verlag am Goetheanum (1988) (Ein Aufsatz (überarbeiteter Vortrag) Kretschmers, mit einem Literaturverzeichnis und einer stichwortartigen Sammlung von Angaben Rudolf Steiners zu Ehe und Familie)
  • Rudolf Steiner: Geisteswissenschaftliche Menschenkunde, GA 107 (1988), ISBN 3-7274-1070-1 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  • Ulrike Bauer, Bodo Kirchhoff (HG.): Unaufhaltsame Entzweiung. Ein Lesebuch., Suhrkamp-TB, 1996, ISBN 351838452X
  • Niklas Luhmann: Liebe als Passion: Zur Codierung von Intimität, Suhrkamp, 1982 (Luhmanns schönstes Buch, heißt es. Untersucht die Genese (bzw. die Genese des Ideals) der romantischen Liebe)
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.


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