Negentropie und Isāf und Nāʾila: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Negentropie''' ist die Kurzbezeichnung für '''negative Entropie''' und ist ein Spezialfall der [[Transinformation|Synentropie]]. Allgemein ist die Negentropie definiert als [[Entropie]] mit negativem [[Vorzeichen (Zahl)|Vorzeichen]]. Sie kann interpretiert werden als ein Maß für die [[Empirische Standardabweichung|Abweichung]] einer [[Zufallsvariable]]n von der [[Gleichverteilung]]. Da die Entropie (Unordnung oder [[Zufälligkeit]]) einer gleichverteilten Zufallsfolge maximal ist, folgt, dass die Negentropie dieser Folge minimal wird. In der [[Entropie (Informationstheorie)|informationstheoretischen Interpretation der Entropie]] ist damit die Negentropie groß, wenn in einer [[Zeichenfolge]] viel [[Information]] steckt, und klein in einer zufälligen Zeichenfolge.
'''Isāf und Nāʾila''' ({{arS|إساف ونائلة}}) waren zwei [[Steinkult|Steinidole]], die im vorislamischen [[Mekka]] verehrt wurden. Nach der arabischen Überlieferung handelt es sich ursprünglich um einen Mann und eine Frau, die in der [[Kaaba]] Unzucht miteinander getrieben hatten und deshalb versteinert worden waren.  


== Definition ==
[[Ibn al-Kalbī]] überliefert die Legende in seinem Götzenbuch, wie folgt: „Sie kamen als Pilger nach Mekka und fanden eine einsame Stelle im Tempel und wurden von den Leuten nicht beachtet. Da trieb er Unzucht mit ihr im heiligen Hause, worauf sie in zwei Steine verwandelt wurden.“<ref>Vgl. Ibn al-Kalbī: ''Kitāb al-aṣnām''. Übersetzung mit Einleitung u. Kommentar von Rosa Klinke-Rosenberger. Leipzig 1941. S. 34.</ref>
Negentropie wird unterschiedlich definiert. Die einfachste Definition (s.&nbsp;o.) lautet: ''Negentropie ist negative Entropie''.


Eine weitere Definition definiert Negentropie <math>J</math> für eine [[diskret]]e [[Zufallsvariable]] <math>y</math> so, dass sie der [[Redundanz (Informationstheorie) #Redundanz eines Codes|Redundanz]]<ref>ISO/IEC DIS 2382-16</ref> entspricht:
Nach der Überlieferung des mekkanisches Lokalhistorikers [[al-Azraqī]] († 837) trug sich die Episode zu der Zeit zu, als der arabische Stamm der Dschurhum über Mekka herrschte. Die beiden Steine seien dann aus der Kaaba entfernt und auf den Hügeln [[as-Safa und al-Marwa]] aufgestellt worden, damit sich die Menschen davon mahnen ließen. Im Laufe der Zeit seien sie dann als Götzen verehrt worden. Einige Gelehrte, so al-Azraqī, machten ʿAmr ibn Luhayy, den Stammvater des arabischen Stammes Chuzāʿa, der den Götzendienst in Mekka einführte, für die Verehrung von Isāf und Nāʾila verantwortlich. Er habe die Menschen zu ihrer Verehrung aufgerufen und das damit begründet, dass bereits ihre Vorfahren dies getan hätten. Der [[Quraisch]]it [[Qusaiy ibn Kilāb]] habe dann die beiden Steine zu dem Ort [[Zamzam]] bei der Kaaba verbracht, damit dort bei ihnen geopfert würde.<ref>Vgl. al-Azraqī: ''Achbār Makka''. Ed. Wüstenfeld 49f. Online verfügbar: http://archive.org/stream/diechronikender00wsgoog#page/n514/mode/2up</ref>


:<math>J(y) = H(y_{\text{gleich}}) - H(y)</math>
[[Abū Sufyān ibn Harb]], das Oberhaupt des Clans ʿAbd Schams, brachte noch kurz vor der Einnahme Mekkas durch die Muslime bei diesen Idolen Haaropfer dar, schlachtete Tiere für sie und gelobte, bis zu seinem Tode ihnen zu dienen.<ref>Vgl. Rubin 106</ref> Nach der muslimischen Einnahme der Stadt im Januar 630 wurden die beiden Steinidole dann zerstört.<ref>Vgl. al-Azraqī: ''Achbār Makka''. Ed. F. Wüstenfeld S. 50. Online verfügbar: http://archive.org/stream/diechronikender00wsgoog#page/n514/mode/2up</ref>
 
mit
* der Entropie <math>H(y)</math>; entscheidend ist, dass sie gemäß der o.&nbsp;g. Definition mit negativem Vorzeichen eingeht
* einer [[Standardisierung (Statistik)|Normierung]] <math>H(y_{\text{gleich}})</math> einer gleichverteilten Variable <math>y_{\text{gleich}}</math> (mit der gleichen [[Korrelationsmatrix|Korrelations-]] und [[Kovarianzmatrix]] wie <math>y</math>).
 
Durch geeignete Normierung kann man erreichen, dass die Negentropie der gleichverteilten Variable gleich Null ist:
 
:<math>\Rightarrow J(y_{\text{gleich}}) = 0</math>
 
== Interpretation und Sonstiges ==
Der Begriff negative Entropie wurde von [[Erwin Schrödinger]] in seinem Buch ''Was ist Leben'' geprägt bzw. von [[Ludwig Boltzmann|Boltzmann]] übernommen.<ref>Zitat: ''Übrigens ist die „negative Entropie“ gar nicht meine Erfindung. Sie ist nämlich der Begriff, um den sich Boltzmanns unabhängige Erörterung drehte.'' Quelle: Erwin Schrödinger ''Was ist Leben? – Die lebende Zelle mit den Augen des Physikers betrachtet.'' Piper Taschenbuch 1989, ISBN 978-3492211345, S. 130</ref> Er definiert Leben als etwas, das negative Entropie aufnimmt und speichert. Das bedeutet, dass Leben etwas sei, das Entropie exportiert und seine eigene Entropie niedrig hält: Negentropie-Import ist Entropie-Export.
 
Auch wenn Schrödinger mit negativer Entropie [[freie Energie]] meinte, wie er in einer Fußnote schrieb, widerspricht das entgegen der oftmals vorgebrachten Auffassung nicht dem [[Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik|Zweiten Hauptsatz der Thermodynamik]], da dieser Prozess unter Energiezufuhr (bei Pflanzen etwa durch das Sonnenlicht) stattfindet.
 
[[Léon Brillouin]] verkürzte die Bezeichnung später zu ''Negentropie'', um den Sachverhalt auf "positivere" Weise auszudrücken: Ein lebendiges System nimmt Negentropie auf und speichert sie. Organismen verändern sich negentropisch durch Energienutzung. Wegen des Energiebedarfs sind Organismen [[Offenes System|offene Systeme]].<ref>Brillouin, Leon: (1953) "Negentropy Principle of Information", ''J. of Applied Physics'', v. '''24(9)''', pp. 1152–1163</ref><ref>Léon Brillouin, ''La science et la théorie de l'information'', Masson, 1959</ref>
 
Was die Verwendung in anderen Gebieten betrifft, scheint der Begriff der Negentropie nicht eindeutig definiert zu sein.
 
Im Lexikon der Biologie wird Negentropie definiert als ''durchschnittlicher [[Informationsgehalt]] des Einzelzeichens innerhalb einer gegebenen [[Zeichenkette]]'',<ref>Lexikon der Biologie, Herder Verlag 1988</ref> womit ein Bezug zur [[Informationstheorie]] hergestellt wird. Dies entspricht auch dem oben genannten Beispiel für die Gleichverteilung, da bei einer „gleichverteilten“ Variable keine zusätzliche Information gegenüber einer „Gleichverteilung“ vorhanden ist.
 
Etwas anders wird der Begriff von [[Soziologische Systemtheorie|soziologischen Systemtheoretikern]] definiert, nämlich als „Negation der Entropie“ bzw. als „Zunahme von [[Komplexität]]“. Damit ist Negentropie hier gleichbedeutend mit [[Sortierung|Ordnung]] oder [[Information]] und damit ein Kennzeichen der Entstehung oder Abgrenzung von [[System]]en. Eine weitere (freie) Übersetzung wäre: „Abwesenheit von (relativ vollständiger) Entropie“ oder auch entsprechend: „Abwesenheit von [[Chaos]]“.
 
== Negentropie und Ordnung ==
Ähnlich uneinheitlich wie der Begriff Negentropie wird der Begriff ''Ordnung'' verwendet, der mit der Negentropie meistens gleichgesetzt wird.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Negentropie}}
* {{WikipediaDE|Isāf und Nāʾila}}
* {{WikipediaDE|Kurtosis}}


== Literatur ==
== Literatur ==
* Norbert Wiener, ''Cybernetics or Control and Communication in the Animal and the Machine'', Massachusetts, MIT Press 1948
* Toufic Fahd: ''Le Panthéon de l’Arabie centrale à la veille de l’hégire''. Paris 1968, S. 103–107.
* {{Literatur  |Titel=Entropie für Ingenieure |Autor=Heinz Herwig, Tammo Wenterodt |Verlag=Springer Fachmedien |Ort=Wiesbaden |Auflage=1 |Datum=2012 |ISBN=978-3-8348-1714-3 |Kapitel=2.10.1 Negentropie}}
* Toufiq Fahd: ''Art. Isāf wa-Nāʾila''. In: ''The Encyclopaedia of Islam. New Edition''. Bd. IV, S. 91f.
* Uri Rubin: ''The Ka'ba: aspects of its ritual functions and position in Pre-Isamic and early Islamic times''. In: ''Jerusalem Studies in Arabic and Islam''. 8 (1986) 97–131.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references/>
<references />


[[Kategorie:Thermodynamik]]
{{SORTIERUNG:Isaf und Naila}}
[[Kategorie:Informationswissenschaft]]
[[Kategorie:Altarabische Gottheit]]
[[Kategorie:Informationstheorie]]
[[Kategorie:Erwin Schrödinger]]
[[Kategorie:Information]]


{{Wikipedia}}
{{Wikipedia}}

Aktuelle Version vom 29. September 2020, 19:00 Uhr

Isāf und Nāʾila (arab. إساف ونائلة) waren zwei Steinidole, die im vorislamischen Mekka verehrt wurden. Nach der arabischen Überlieferung handelt es sich ursprünglich um einen Mann und eine Frau, die in der Kaaba Unzucht miteinander getrieben hatten und deshalb versteinert worden waren.

Ibn al-Kalbī überliefert die Legende in seinem Götzenbuch, wie folgt: „Sie kamen als Pilger nach Mekka und fanden eine einsame Stelle im Tempel und wurden von den Leuten nicht beachtet. Da trieb er Unzucht mit ihr im heiligen Hause, worauf sie in zwei Steine verwandelt wurden.“[1]

Nach der Überlieferung des mekkanisches Lokalhistorikers al-Azraqī († 837) trug sich die Episode zu der Zeit zu, als der arabische Stamm der Dschurhum über Mekka herrschte. Die beiden Steine seien dann aus der Kaaba entfernt und auf den Hügeln as-Safa und al-Marwa aufgestellt worden, damit sich die Menschen davon mahnen ließen. Im Laufe der Zeit seien sie dann als Götzen verehrt worden. Einige Gelehrte, so al-Azraqī, machten ʿAmr ibn Luhayy, den Stammvater des arabischen Stammes Chuzāʿa, der den Götzendienst in Mekka einführte, für die Verehrung von Isāf und Nāʾila verantwortlich. Er habe die Menschen zu ihrer Verehrung aufgerufen und das damit begründet, dass bereits ihre Vorfahren dies getan hätten. Der Quraischit Qusaiy ibn Kilāb habe dann die beiden Steine zu dem Ort Zamzam bei der Kaaba verbracht, damit dort bei ihnen geopfert würde.[2]

Abū Sufyān ibn Harb, das Oberhaupt des Clans ʿAbd Schams, brachte noch kurz vor der Einnahme Mekkas durch die Muslime bei diesen Idolen Haaropfer dar, schlachtete Tiere für sie und gelobte, bis zu seinem Tode ihnen zu dienen.[3] Nach der muslimischen Einnahme der Stadt im Januar 630 wurden die beiden Steinidole dann zerstört.[4]

Siehe auch

Literatur

  • Toufic Fahd: Le Panthéon de l’Arabie centrale à la veille de l’hégire. Paris 1968, S. 103–107.
  • Toufiq Fahd: Art. Isāf wa-Nāʾila. In: The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Bd. IV, S. 91f.
  • Uri Rubin: The Ka'ba: aspects of its ritual functions and position in Pre-Isamic and early Islamic times. In: Jerusalem Studies in Arabic and Islam. 8 (1986) 97–131.

Einzelnachweise

  1. Vgl. Ibn al-Kalbī: Kitāb al-aṣnām. Übersetzung mit Einleitung u. Kommentar von Rosa Klinke-Rosenberger. Leipzig 1941. S. 34.
  2. Vgl. al-Azraqī: Achbār Makka. Ed. Wüstenfeld 49f. Online verfügbar: http://archive.org/stream/diechronikender00wsgoog#page/n514/mode/2up
  3. Vgl. Rubin 106
  4. Vgl. al-Azraqī: Achbār Makka. Ed. F. Wüstenfeld S. 50. Online verfügbar: http://archive.org/stream/diechronikender00wsgoog#page/n514/mode/2up


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