Wirtschaftsgeschichte und Revolution: Unterschied zwischen den Seiten

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Die '''Wirtschaftsgeschichte''' ist eine Brückendisziplin zwischen den [[Wirtschaftswissenschaft]]en und der [[Geschichtswissenschaft]]. Je nach Betrachtungsweise können die [[Volkswirtschaftslehre|Volks-]] und [[Betriebswirtschaftslehre]] sowie die Geschichtswissenschaft der Wirtschaftsgeschichte als Hilfswissenschaften dienen. Oder aber die Wirtschaftsgeschichte wird zur Hilfswissenschaft der erstgenannten Fächer, beispielsweise zur Untersuchung der epochenübergreifenden Gültigkeit von Theorien. Die Wirtschaftsgeschichte untersucht die Entwicklung, die Organisation und die Handlungslogiken von bzw. in [[Volkswirtschaft]]en, [[Wikipedia:Wirtschaftszweig|Branchen]], [[Unternehmen]], [[Akteur]]en und Akteursgruppen in historischer Perspektive.
[[Datei:Prise de la Bastille.jpg|mini|hochkant=1.3|Der [[Wikipedia:Sturm auf die Bastille|Sturm auf die Bastille]] am [[Wikipedia:Quatorze Juillet|14. Juli]] 1789 zu Beginn der [[Wikipedia:Französische Revolution|Französischen Revolution]]]]


In den letzten Jahrzehnten hat sich die methodisch-konzeptionelle Ausrichtung der Wirtschaftsgeschichte im deutschsprachigen Raum mehrfach verändert. Ab Ende der 1950er Jahre wurde sie zunächst – ausgehend von angelsächsischen Ländern – durch die [[Wikipedia:Cliometrie|Cliometrie]] in Richtung quantitativer Fragestellungen, makroökonomische Perspektiven und statistisch-mathematischer Methoden weiterentwickelt.<ref>Mark Spoerer, Jochen Streb: ''Neue deutsche Wirtschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts''. München 2013, S. 1–23.</ref> Seit den 1990er Jahren wurde der Anschluss an die [[Wikipedia:Neue Institutionenökonomik|Neue Institutionenökonomik]], deren Impulse aus der Wirtschaftswissenschaften kamen, verwandte institutionelle Theorien und [[Kulturwissenschaft|kulturwissenschaftliche Modelle]] der Geschichtswissenschaft gesucht.<ref>Vgl. Clemens Wischermann et al.: ''Studienbuch institutionelle Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte''. Stuttgart 2015.</ref> Damit traten mehr und mehr qualitative Fragestellungen und Methoden sowie mikroökonomische Perspektiven in den Mittelpunkt aktueller Forschungsperspektiven. Zeitgleich ist auch eine Hinwendung zu verstärkt internationalen, länder- und kulturvergleichenden Themen und Fragestellungen zu erkennen. Während traditionell vor allem die Frage nach Ursachen und Faktoren des Übergangs in die moderne Wachstumswirtschaft ([[Wikipedia:Industrielle Revolution|Industrielle Revolution]]) diskutiert wurde, interessiert sich die Wirtschaftsgeschichte mittlerweile für ein breites und vielfältiges Feld an Themen.
'''Revolution''' ([[Latein|spätlat.]] ''revolutio'' „Umdrehung, Zurückwälzung“) bezeichnet heute im weitesten Sinn einen plötzlichen, oft auch gewaltsamen Wandel in [[geist]]iger, [[wissenschaft]]licher, [[Technik|technischer]], [[Soziales Leben|sozialer]], [[Politik|politischer]] und/oder [[wirtschaft]]licher Hinsicht und bildet damit den Gegenbegriff zur [[Evolution]], die vergleichsweise langsam, stetig und weitgehend friedlich verläuft.  


An den [[Wikipedia:Universität|Universität]]en werden [[Wikipedia:Lehrstuhl|Lehrstühle]] für Wirtschaftsgeschichte in der Regel entweder an geschichtswissenschaftlichen oder wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten angesiedelt. Öfters wird das Fach dabei mit verwandten Disziplinen wie der [[Wikipedia:Sozialgeschichte|Sozial-]] oder [[Wikipedia:Agrargeschichte|Agrargeschichte]] gekoppelt.<ref>Beispielsweise an den Universitäten Münster, Regensburg und Hohenheim.</ref> In der deutschen Hochschulpolitik ist die Wirtschaftsgeschichte gemeinsam mit der [[Wikipedia:Sozialgeschichte|Sozialgeschichte]] als [[Wikipedia:Kleines Fach|Kleines Fach]] eingestuft.
== Allgemeines ==
<ref> siehe [https://www.kleinefaecher.de/wirtschafts-und-sozialgeschichte/ Fachstandorte der Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Arbeitsstelle Kleine Fächer (Mainz)], abgerufen am 6. Dezember 2015 </ref>
 
Das Wort ist seit dem [[Wikipedia:15. Jahrhundert|15. Jahrhundert]] gebräuchlich und bezeichnete zunächst in der [[Astronomie]] die Umdrehung der [[Himmelskörper]]. In diesem Sinn wurde es auch von [[Nikolaus Kopernikus]] in seinem auch im geistesgeschichtlich revolutionären Werk ''[[Wikipedia:De revolutionibus orbium coelestium|De revolutionibus orbium coelestium]]'' (1543) verwendet. Im [[Wikipedia:England|England]] des [[Wikipedia:17. Jahrhundert|17. Jahrhundert]] wurde der Begriff für die Wiederherstellung („Zurückwälzung“) der alten vorabsolutistischen Herrschaftsform durch die [[Wikipedia:Glorious Revolution|Glorious Revolution]] (1688). Im Sinne eines gewaltsamen sozialen und politischen Umsturzes von unten, d.h. durch die breite Volksmasse, wird der Begriff erst seit der [[Französische Revolution|Französischen Revolution]] verstanden.
 
== Anthroposophie und Russische Revolution ==
 
Angesichts der [[Wikipedia:Russische Revolution|Russischen Revolution]] (1917) bemerkte [[Rudolf Steiner]]:
 
{{GZ|Aber mit diesen Revolutionen hat es seine Eigentümlichkeit.
Revolutionen waren in der Welt da. Eine der größten
Revolutionen war diejenige, die durch das Heraufkommen des
Christentums sich vollzogen hat. Was war das für eine Revolution?
Eine geistige Revolution war das. Dasjenige, was umgewandelt worden
ist, das waren die Verhältnisse im geistigen Leben. Was Neues in
der Menschheit wirklich heraufkommen kann auf diesem Wege
durch eine Metamorphose in der Entwickelung, das können nur geistige
Impulse zunächst sein.
 
Die christliche Umwälzung war eine geistige. Und was sie in ihrem
Gefolge hatte an Rechtsleben und an Wirtschaftsleben, war eine
Folge der geistigen Umwälzung, die durch das Christentum sich
vollzogen hat. Daher war sie, diese Umwälzung, eine große, und
derjenige, der die Entwickelung des Christentums kennt, der weiß,
wie tief einschneidend dasjenige war, was durch das Christentum als
eine geistige Umwälzung in die Welt gekommen ist.
 
Betrachten wir aber jetzt eine Umwälzung der Rechtsverhältnisse,
der politischen Verhältnisse: Wir finden solche Umwälzungen in der
Französischen Revolution oder in der kontinentalen Revolution des
Jahres 1848. Man studiere diese Revolutionen und man wird finden:
Einiges haben sie erreicht, einiges haben sie an die Stelle des Alten gesetzt;
aber vieles ist zurückgeblieben, das durchaus nicht eine Lösung
vorher erhobener Forderungen war, sondern eine Lösung früher
aufgestellter Forderungen war, Reste, die zurückblieben von diesen
politischen Revolutionen, von den drei Elementen des menschlichen
Lebens. Man kann sie verfolgen, die Umwälzungen auf geistigem
Gebiete, auf politisch-rechtlichem Gebiete; eine Umwälzung auf geistigem
Gebiete, diejenige durch das Christentum; eine Umwälzung
auf politisch-rechtlichem Gebiete, die Umwälzung der Französischen
Revolution und der Revolution des Jahres 1848. Jetzt will
man eine Umwälzung auf wirtschaftlichem Gebiete. Das wirtschaftliche
Leben aus sich selber heraus kann sich mechanisieren, kann
sich aus sich selber nicht umgestalten. Wer weltgeschichtliche Zusammenhänge
kennt, der weiß, daß es geistige Umwälzungen geben
kann, weil vom Geiste aus alles übrige Leben befruchtet werden
kann, daß auch noch etwas bleibt von den Rechtsverhältnissen, die
im seelischen Zusammenleben der Menschen begründet sind, wenn
sie sich in einer Umwälzung vollziehen. Wenn aber das Äußere
selbst, rein aus sich gebildet, umgestaltet werden soll, so ist dies eine
Illusion. Es ist einfach ein Gesetz der weltgeschichtlichen Entwickelung,
daß da, wo eine bloß wirtschaftliche Revolution vollzogen
werden soll, wie im gegenwärtigen Rußland, diese wirtschaftliche
Revolution der Totengräber sein muß der modernen Zivilisation,
ehe sie nicht wieder aufnimmt etwas wirklich Geistiges.
 
Wahr ist es, ''Lenin'' und ''Trotzki'' sind die letzten konsequenten Ausbildner
dessen, was im [[Darwinismus]] der Masse seit Jahrzehnten gelebt
hat. Aber indem man versucht, das zu verwirklichen, was man
in den Ideen als bloße Wirtschaftsideen einseitig ausbilden konnte,
und woran man glauben konnte, solange es nicht praktisch wurde,
wird man im selben Augenblicke, wo man es ins Leben einführen
will, zum Totengräber der Zivilisation. Und Tod nur könnte sich im
europäischen Osten ausdehnen unter dem Einflüsse solcher Ideen,
wenn nicht eingesehen würde, daß wir nötig haben in unserer Zeit
etwas ganz anderes: eine Erneuerung des geistigen Lebens.|329|213ff}}
 
== Es wird nie wieder eine Revolution geben ==
 
: "Es wird nie wieder eine Revolution geben, denn die würde eine völlige Verelendung praktisch der gesamten Bevölkerung voraussetzen. Aber in dem Moment, wo die Verelendung beginnt, und sie wird beginnen, allein schon auf Grund der fortschreitenen Umweltzerstörung, des fortschreitenden Klimawandels und der fortschreitenden Überbefölkerung, wird man irgendwann Gegenmaßnahmen ergreifen, und die graben dem Revolutionsdruck unweigerlich das Wasser ab. Jedenfalls wird man niemals bis zur Revolution warten. Auch das Kapital selbst hat an einer drohenden Revolution kein Interess und wird sofort Zugeständnisse machen, um den Revolutionsdruck rauszunehmen. Die Revolution hat also an sich keine Chance mehr. Aber wir brauchen natürlich Kompensation für die leider nicht mehr mögliche Weltrevolution." ([[Joachim Stiller]])


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Wirtschaftsgeschcihte}}
* {{WikipediaDE|Revolution}}
* {{WikipediaDE|Weltrevolution}}


== Literatur ==
== Literatur ==
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die Befreiung des Menschenwesens als Grundlage für eine soziale Neugestaltung. Altes Denken und neues soziales Wollen.'', [[GA 329]] (1985), ISBN 3-7274-3290-X {{Vorträge|329}}


=== Methodische Einführungen ===
{{GA}}
* Gerold Ambrosius, Dietmar Petzina, Werner Plumpe (Hrsg.): ''Moderne Wirtschaftsgeschichte: Eine Einführung für Historiker und Ökonomen''. 2., bearb. u. erw. Auflage. München 2006, ISBN 3-486-57878-2.
* Christoph Buchheim: ''Einführung in die Wirtschaftsgeschichte.'' München 1997, ISBN 3-406-41901-1.
* Ludwig Beutin, Hermann Kellenbenz: ''Grundlagen des Studiums der Wirtschaftsgeschichte''. Köln u. a. 1973, ISBN 3-412-86373-4.
* Jan-Otmar Hesse, Wirtschaftsgeschichte. Entstehung und Wandel der modernen Wirtschaft. Frankfurt 2013, ISBN 978-3-593-39958-4.
* Mark Spoerer/Jochen Streb: ''Neue deutsche Wirtschaftsgeschichte des 20. Jahrhunderts.'' Oldenbourg, München 2013, ISBN 978-3-486-58392-2.
* Rolf Walter: ''Einführung in die Wirtschafts- und Sozialgeschichte.'' 2. Auflage. UTB. Böhlau, Weimar 2008, ISBN 978-3-8252-3085-2.
* Clemens Wischermann / Katja Patzel-Mattern/ Martin Lutz/ Thilo Jungkind (Hg.): ''Studienbuch institutionelle Wirtschafts- und Unternehmensgeschichte.'' Franz Steiner, Stuttgart 2015, ISBN 978-3-515-11122-5.
* Wolfgang Zorn: ''Einführung in die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit. Probleme und Methoden.'' 2. Auflage. München 1974, ISBN 3-406-05484-6.
 
=== Thematische Einführungen ===
* Moses Finley: ''The ancient economy.'' Berkeley 1973 [http://books.google.de/books?id=oMmyO465s9oC&printsec=frontcover&dq=inauthor:%22Moses+I.+Finley%22&hl=de&sa=X&ei=cHMzT5qyDuKj0QXK3K2rAg&redir_esc=y#v=onepage&q&f=false Vollansicht]
* Gerold Blümle: ''Wirtschaftsgeschichte und ökonomisches Denken. Ausgewählte Aufsätze.'' Metropolis, Marburg 2007, ISBN 978-3-89518-597-7.
* Timothy Earle: ''Bronze Age Economics: The First Political Economies.'' Westview Press, Boulder Colo 2002, ISBN 0-8133-3969-3.
* Marshall David Sahlins: ''Stone Age Economics.'' Aldine Atherton, Chicago 1972, ISBN 0-202-01098-8.
* Jörg Baten (Hrsg.): ''A History of the Global Economy: 1500 to the Present.'' Cambridge University Press 2016, ISBN 978-1-107-50718-0.
* Christian Marx: [http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0159-2012081309 '' Wirtschaftliche Netzwerke.''] In: Europäische Geschichte Online, hrsg. vom Institut für Europäische Geschichte (Mainz), 2012 Zugriff am: 17. Dezember 2012
* Werner Plumpe (Hrsg.): ''Wirtschaftsgeschichte.'' Stuttgart 2008, ISBN 978-3-515-09064-3.
* Bertram Schefold: ''Beiträge zur ökonomischen Dogmengeschichte.'' Verlag Wirtschaft und Finanzen, Düsseldorf 2004, ISBN 3-87881-182-9.
* Günther Schulz, Christoph Buchheim, Gerhard Fouquet (Hrsg.): ''Sozial- und Wirtschaftsgeschichte. Arbeitsgebiete - Probleme - Perspektiven.'' Franz Steiner, Wiesbaden 2004, ISBN 3-515-08771-0.
* Rolf Walter: ''Wirtschaftsgeschichte: vom Merkantilismus bis zur Gegenwart.'' 4. Auflage. Köln 2003, ISBN 3-412-11803-6.
* Rolf Walter: ''Geschichte der Weltwirtschaft. Eine Einführung.'' UTB. Böhlau, Weimar 2006, ISBN 3-8252-2724-3.
* Jürgen Kocka: ''Geschichte des Kapitalismus'', Beck, München 2013. ISBN 978-3-406-65493-0
* Hugo Ott und Hermann Schäfer (Hrsg.): ''Wirtschafts-Ploetz. Die Wirtschaftsgeschichte zum Nachschlagen.'' Ploetz, Freiburg/ Würzburg 1984, ISBN 3-87640-073-2 (unter Mitarbeit zahlreicher Fachwissenschaftler, mit gut 100 grafischen und tabellarischen Übersichten)
* Kai Ruffing: ''Wirtschaft in der griechisch-römischen Antike.'' (Geschichte kompakt). Darmstadt 2012, ISBN 978-3-534-22836-2.
* Hans-Joachim Drexhage, Heinrich Konen, Kai Ruffing: ''Die Wirtschaft des Römischen Reiches (1.-3. Jahrhundert): Eine Einführung.'' Berlin 2002, ISBN 3-05-003430-0.
* Hans-Jörg Gilomen: Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters (= Beck'sche Reihe 2781). C.H. Beck, München 2014. ISBN 978-3-406-65484-8


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat|Economic history|Wirtschaftsgeschichte}}
{{Commonscat|Revolutions|Revolution}}
{{Wikisource|Kategorie:Wirtschaftsgeschichte|Wirtschaftsgeschichte}}
{{Wiktionary|Revolution}}
* [http://www.gswg.net/ Gesellschaft für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte]
{{Wikiquote|Revolution}}
* [http://wisoge.uni-hohenheim.de/VfS/Aus_uber.pdf Vorstellung des Faches] von Toni Pierenkemper, Verein für Socialpolitik, Wirtschaftshistorischer Ausschuss (PDF-Datei; 102&nbsp;kB)
* [https://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/kapitalismus-kritik-star-investor-ray-dalio-warnt-vor-einer-revolution/24188040.html?utm_source=pocket-newtab&ticket=ST-1826679-dQ5Yc6zLtTegv6QXgREe-ap2 Star-Investor Ray Dalio warnt vor einer Revolution] Artikel vom 05.04.2019 im Handelsblatt
* [http://www.wu.ac.at/inst/vw3/telematik/ Überblicksseite von der] Wirtschaftsuniversität Wien
* André Steiner: ''[http://docupedia.de/zg/Wirtschaftsgeschichte Wirtschaftsgeschichte].'' Version: 1.0, In: ''Docupedia Zeitgeschichte.'' 15. Oktober 2013.
 
== Einzelnachweise ==
<references />


{{Normdaten|TYP=s|GND=4121930-2}}
[[Kategorie:Menschheitsentwicklung]] [[Kategorie:Politik]] [[Kategorie:Marxismus]] [[Kategorie:Kommunismus]] [[Kategorie:Sozialismus]] [[Kategorie:Gemeinnützige Wirtschaft]]
[[Kategorie:Eigentum]]


[[Kategorie:Wirtschaftsgeschichte|!]]
{{Wikipedia}}
{{Wikipedia}}

Version vom 25. August 2020, 07:30 Uhr

Der Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789 zu Beginn der Französischen Revolution

Revolution (spätlat. revolutio „Umdrehung, Zurückwälzung“) bezeichnet heute im weitesten Sinn einen plötzlichen, oft auch gewaltsamen Wandel in geistiger, wissenschaftlicher, technischer, sozialer, politischer und/oder wirtschaftlicher Hinsicht und bildet damit den Gegenbegriff zur Evolution, die vergleichsweise langsam, stetig und weitgehend friedlich verläuft.

Allgemeines

Das Wort ist seit dem 15. Jahrhundert gebräuchlich und bezeichnete zunächst in der Astronomie die Umdrehung der Himmelskörper. In diesem Sinn wurde es auch von Nikolaus Kopernikus in seinem auch im geistesgeschichtlich revolutionären Werk De revolutionibus orbium coelestium (1543) verwendet. Im England des 17. Jahrhundert wurde der Begriff für die Wiederherstellung („Zurückwälzung“) der alten vorabsolutistischen Herrschaftsform durch die Glorious Revolution (1688). Im Sinne eines gewaltsamen sozialen und politischen Umsturzes von unten, d.h. durch die breite Volksmasse, wird der Begriff erst seit der Französischen Revolution verstanden.

Anthroposophie und Russische Revolution

Angesichts der Russischen Revolution (1917) bemerkte Rudolf Steiner:

„Aber mit diesen Revolutionen hat es seine Eigentümlichkeit. Revolutionen waren in der Welt da. Eine der größten Revolutionen war diejenige, die durch das Heraufkommen des Christentums sich vollzogen hat. Was war das für eine Revolution? Eine geistige Revolution war das. Dasjenige, was umgewandelt worden ist, das waren die Verhältnisse im geistigen Leben. Was Neues in der Menschheit wirklich heraufkommen kann auf diesem Wege durch eine Metamorphose in der Entwickelung, das können nur geistige Impulse zunächst sein.

Die christliche Umwälzung war eine geistige. Und was sie in ihrem Gefolge hatte an Rechtsleben und an Wirtschaftsleben, war eine Folge der geistigen Umwälzung, die durch das Christentum sich vollzogen hat. Daher war sie, diese Umwälzung, eine große, und derjenige, der die Entwickelung des Christentums kennt, der weiß, wie tief einschneidend dasjenige war, was durch das Christentum als eine geistige Umwälzung in die Welt gekommen ist.

Betrachten wir aber jetzt eine Umwälzung der Rechtsverhältnisse, der politischen Verhältnisse: Wir finden solche Umwälzungen in der Französischen Revolution oder in der kontinentalen Revolution des Jahres 1848. Man studiere diese Revolutionen und man wird finden: Einiges haben sie erreicht, einiges haben sie an die Stelle des Alten gesetzt; aber vieles ist zurückgeblieben, das durchaus nicht eine Lösung vorher erhobener Forderungen war, sondern eine Lösung früher aufgestellter Forderungen war, Reste, die zurückblieben von diesen politischen Revolutionen, von den drei Elementen des menschlichen Lebens. Man kann sie verfolgen, die Umwälzungen auf geistigem Gebiete, auf politisch-rechtlichem Gebiete; eine Umwälzung auf geistigem Gebiete, diejenige durch das Christentum; eine Umwälzung auf politisch-rechtlichem Gebiete, die Umwälzung der Französischen Revolution und der Revolution des Jahres 1848. Jetzt will man eine Umwälzung auf wirtschaftlichem Gebiete. Das wirtschaftliche Leben aus sich selber heraus kann sich mechanisieren, kann sich aus sich selber nicht umgestalten. Wer weltgeschichtliche Zusammenhänge kennt, der weiß, daß es geistige Umwälzungen geben kann, weil vom Geiste aus alles übrige Leben befruchtet werden kann, daß auch noch etwas bleibt von den Rechtsverhältnissen, die im seelischen Zusammenleben der Menschen begründet sind, wenn sie sich in einer Umwälzung vollziehen. Wenn aber das Äußere selbst, rein aus sich gebildet, umgestaltet werden soll, so ist dies eine Illusion. Es ist einfach ein Gesetz der weltgeschichtlichen Entwickelung, daß da, wo eine bloß wirtschaftliche Revolution vollzogen werden soll, wie im gegenwärtigen Rußland, diese wirtschaftliche Revolution der Totengräber sein muß der modernen Zivilisation, ehe sie nicht wieder aufnimmt etwas wirklich Geistiges.

Wahr ist es, Lenin und Trotzki sind die letzten konsequenten Ausbildner dessen, was im Darwinismus der Masse seit Jahrzehnten gelebt hat. Aber indem man versucht, das zu verwirklichen, was man in den Ideen als bloße Wirtschaftsideen einseitig ausbilden konnte, und woran man glauben konnte, solange es nicht praktisch wurde, wird man im selben Augenblicke, wo man es ins Leben einführen will, zum Totengräber der Zivilisation. Und Tod nur könnte sich im europäischen Osten ausdehnen unter dem Einflüsse solcher Ideen, wenn nicht eingesehen würde, daß wir nötig haben in unserer Zeit etwas ganz anderes: eine Erneuerung des geistigen Lebens.“ (Lit.:GA 329, S. 213ff)

Es wird nie wieder eine Revolution geben

"Es wird nie wieder eine Revolution geben, denn die würde eine völlige Verelendung praktisch der gesamten Bevölkerung voraussetzen. Aber in dem Moment, wo die Verelendung beginnt, und sie wird beginnen, allein schon auf Grund der fortschreitenen Umweltzerstörung, des fortschreitenden Klimawandels und der fortschreitenden Überbefölkerung, wird man irgendwann Gegenmaßnahmen ergreifen, und die graben dem Revolutionsdruck unweigerlich das Wasser ab. Jedenfalls wird man niemals bis zur Revolution warten. Auch das Kapital selbst hat an einer drohenden Revolution kein Interess und wird sofort Zugeständnisse machen, um den Revolutionsdruck rauszunehmen. Die Revolution hat also an sich keine Chance mehr. Aber wir brauchen natürlich Kompensation für die leider nicht mehr mögliche Weltrevolution." (Joachim Stiller)

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

Commons: Revolution - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
 Wiktionary: Revolution – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Wikiquote: Revolution – Zitate


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