Rigveda

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Hinduistische Schriften

Rigveda (Vedisch, Sanskrit), m., ऋग्वेद, ṛgveda, veda = Wissen, ṛc = Verse) ist der älteste der vier Vedas und bedeutet Veda der Loblieder. Bei der Rigvedasamhita handelt es sich um eine zusammengestellte Sammlung von 1028 (nach anderen Zählungen 1017) Hymnen. Diese Hymnen sind in 10 Mandalas (Liederkreise) genannte Bücher eingeteilt. Für die Bücher I - IX geht Axel Michaels von einer Entstehungzeit zwischen 1750 - 1200 v.Chr. aus. Das X. Buch dürfte ab 1200 v. Chr. entstanden sein.

Umgangssprachlich wird der Begriff Rigveda oft für die Rigvedasamhita verwendet, wenngleich der Rigveda eigentlich eine größere Textsammlung umfasst.

Der Rigveda besteht (wie die anderen Vedas auch) aus mehreren Textschichten. Die älteste Schicht bilden die Samhitas, die Lieder bzw. Hymnen. Insbesondere der Rigveda ist berühmt für seine Hymnen, die in vedischer Sprache abgefasst sind. Die nächste Textschicht sind die Brahmanas, die vor allem aus Ritualtexten bestehen. Dann kommen die Aranyakas, die sogenannten Waldtexte. Die letzte Schicht bilden die Upanishaden, die größtenteils philosophische Abhandlungen enthalten. Die Sprache der letzten Schichten ist Sanskrit. Die anderen Schriften der insgesamt vier Veden sind der Samaveda, der Yajurveda und der Atharvaveda. Einzelne Glaubensrichtungen des Hinduismus rechnen individuell gegebenenfalls weitere Veden zu diesen vier mehr oder weniger kanonischen Veden hinzu. Die Unantastbarkeit der vier vedischen Texte wird von fast allen indischen Religionen bzw. Sekten akzeptiert.

Rigveda auf Papier, frühes 19. Jh., mit vedischen Akzenten

Der Rigveda enthält die Texte, die für den Hotri ("Rufer"), einen der Priester im vedischen Opferkult, von Bedeutung sind. Es handelt sich um Loblieder an Götter wie Agni, Indra oder Varuna. Diese Götter gab es, unter ähnlichen oder ganz unterschiedlichen Namen, auch bei anderen Völkern der indoeuropäischen bzw. indogermanischen Sprachgruppe.

Im Rigveda finden sich die ersten nachweisbaren Quellen zum Kastensystem: Im 10. Mandala (Buch) wird im Purushasukta beschrieben, wie im Rahmen eines Opfers aus dem Urriesen Purusha die vier Kasten (Varnas) entstehen. Aus dem Mund entstehen die Brahmanen, aus den Armen die Kshatriya, aus den Schenkeln die Vaishya und aus den Füßen die Shudra. Obwohl es sich bei dem 10. Mandala um ein spätes Buch des Rigveda handelt, kann man davon ausgehen, dass zu dieser Zeit das Kastenystem im sozialen Leben noch nicht voll entwickelt war. Bemerkenswert ist, dass hier eine mythologische Legitimation von gesellschaftlicher Stratifizierung geleistet wird.

Nach dem Shatapatha Brahmana besteht der Rigveda aus 432.000 Silben, was der Anzahl der muhurtas (1 Tag hat 30 muhurtas) in 40 Jahren entspricht. Diese Aussage betont die den Veden zugrundeliegende Philosophie einer Verbindung zwischen Astronomie und Religion.

Im 14. Jahrhundert schrieb Yaska als einer der ersten einen ausführlichen Kommentar zum Rigveda.

Die erste vollständige Übersetzung des Rigveda in eine neuzeitliche europäische Sprache wurde in den 1920er Jahren von dem Sanskritisten Karl Friedrich Geldner geleistet, der das Werk ins Deutsche übertrug. Inzwischen liegt eine Gesamtübersetzung ins Russische von Tatjana Elizarenkova (Moskau 1989-1999) vor, in der die neuere Forschungsliteratur bis ca. 1990 berücksichtigt ist.

Rigveda 10,129

Der Ursprung der Dinge

1. Weder Nichtsein noch Sein war damals; nicht war der Luftraum noch der Himmel darüber.
Was strich hin und her? Wo? In wessen Obhut? Was war das unergründliche tiefe Wasser?
2. Weder Tod noch Unsterblichkeit war damals; nicht gab es ein Anzeichen von Tag und Nacht.
Es atmete nach seinem Eigengesetz ohne Windzug dieses Eine. Irgend ein Anderes als dieses
war weiter nicht vorhanden.
3. Im Anfang war Finsternis in Finsternis versteckt; all dieses war unkenntliche Flut. Das
Lebenskräftige, das von der Leere eingeschlossen war, das Eine wurde durch die Macht seines
heißen Dranges geboren.
4. Über dieses kam am Anfang das Liebesverlangen, was des Denkens erster Same war. - Im
Herzen forschend machten die Weisen durch Nachdenken das Band des Seins im Nichtsein
ausfindig.
5. Quer hindurch ward ihre Richtschnur gespannt, Gab es denn ein Unten, gab es denn ein
Oben? Es waren Besamer, es waren Ausdehnungskräfte da. Unterhalb war der Trieb, oberhalb
die Gewährung.
6. Wer weiß es gewiß, wer kann es hier verkünden, woher sie entstanden, woher diese
Schöpfung kam? Die Götter kamen erst nachher durch die Schöpfung dieser Welt. Wer weiß
es dann, woraus sie sich entwickelt hat?
7. Woraus diese Schöpfung sich entwickelt hat, ob er sie gemacht hat oder nicht - der der
Aufseher dieser Welt im höchsten Himmel ist, der allein weiß es, es sei denn, daß auch er es
nicht weiß.

Literatur

  • Wendy Doniger O´Flaherty: The Rig Veda. New Delhi, 1994
  • Axel Michaels: Der Hinduismus. München, 2006

Weblinks


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