Eudemische Ethik und Hofkarten: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:Aristotle, Eudemian Ethics, Cambridge, MS. Ii.5.44.jpg|mini|Die ''Eudemische Ethik'' in der 1279 geschriebenen Handschrift Cambridge, University Library, MS. Ii.5.44, fol. 120r]]
Die Hofkarten im [[Tarot]] sind die [[Bildkarten]] der [[Kleine Arkana|kleinen Arkana]]. Von ihnen gbit es zumeist 16. Die Hofkarten weichen allerdings je nach Taro zum Teil erheblich voneinander ab.
Die '''''Eudemische Ethik''''' gehört neben der ''[[Nikomachische Ethik|Nikomachischen Ethik]]'' und der ''Großen Ethik (Magna Moralia)'' zu den drei unter dem Namen des [[Aristoteles]] überlieferten Abhandlungen zu seiner [[Aristoteles#Ethik|Ethik]]. Im 19.&nbsp;Jahrhundert war ihre Echtheit umstritten, doch seit [[Wikipedia:Werner Jaeger|Werner Jaeger]] (1923)<ref>Werner Jaeger: ''Aristoteles. Grundlegung einer Geschichte seiner Entwicklung'', Berlin 1923.</ref> hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass sie ein Werk des Aristoteles und vor der ''Nikomachischen Ethik'' entstanden ist.


Das Werk weist acht Bücher auf. Die sogenannten „kontroversen Bücher“ IV-VI entsprechen den Büchern V-VII der ''Nikomachischen Ethik''. Aufgrund der handschriftlichen Überlieferung wird heute vermutet, dass sie ursprünglich zur ''Nikomachischen Ethik'' gehörten.
=== Die 16 Hofkarten ===
Die sogenannten '''Hofkarten''' sind meist vier Karten, welche eine Person mit dem Symbol der Farbe darstellen. Traditionell sind dies König, Königin, Ritter und Page. Man kann mit einiger Berechtigung sagen, dass diese Karten den größten Wandel unter den Tarotkarten durchgemacht haben, sowohl was ihre Bedeutung als auch ihre Darstellung betrifft.  


Die ''Eudemische Ethik'' ist nach der heute in der Altertumswissenschaft vorherrschenden Auffassung dem jung verstorbenen Freund und Schüler des Aristoteles [[Wikipedia:Eudemos von Rhodos|Eudemos von Rhodos]] gewidmet. Wegen des – nicht vom Autor stammenden – Titels wurde die ''Eudemische Ethik'' schon in der Antike und noch bis ins späte 19. Jahrhundert oft für ein Werk des Eudemos von Rhodos gehalten. Gelegentlich wird in der Forschung auch ein anderer Freund des Aristoteles, [[Wikipedia:Eudemos von Zypern|Eudemos von Zypern]], als Adressat in Betracht gezogen.<ref>Franz Dirlmeier (Hrsg.): ''Aristoteles: Magna Moralia'', Berlin 1958, S. 97; Vianney Décarie (Hrsg.): ''Aristote: Éthique à Eudème'', Paris 1978, S. 29–31; Vianney Décarie: ''Eudème: de Rhodes ou de Chypre''. In: ''Proceedings of the World Congress on Aristotle, Thessaloniki August 7–14, 1978'', Athen 1981, S. 277–280.</ref>
Der Bedeutungswandel und die Vielfalt der Bedeutungen lassen sich auch an den sich vielen Variationen der Bezeichnungen der einzelnen Karten ablesen; wobei sehr viele der ''freien'' Decks hier von den großen Traditionen abweichen.


== Inhalt ==
{| class="wikitable"
|-
|'''Marseille-Tarot'''<br /> '''Rider-Waite-Tarot''' || König || Königin || Ritter || Page oder Bube
|-
|'''Golden Dawn'''<br /> '''Crowleys Thoth-Tarot''' || Ritter || Königin || Prinz || Prinzessin
|-
|'''Haindl-Tarot''' || Vater || Mutter || Sohn || Tochter
|-
|'''Tarot der Ursprünge''' || Mann || Frau || Tier || Kind
|-
|'''Shining Woman/Tribe''' || Sprecher || Gabe || Wissende/r || Ort
|}


Buch I behandelt die [[Glück]]seligkeit (''[[eudaimonia]]'') als das Ziel des menschlichen Handelns. Aristoteles fragt nach den Voraussetzungen des glücklichen Lebens und den ihnen entsprechenden Lebensformen. Die Bücher II bis VI erörtern das Thema der [[Tugend]] (''[[Arete]]''). Es wird zwischen Charakter- (''aretai êthikai'') und Verstandestugenden (''aretai dianoêtikai'') unterschieden, die auch unterschiedlichen [[Seele]]nteilen angehören. Das Buch VII analysiert das Phänomen der [[Freundschaft]]. Buch VIII enthält Bemerkungen über die [[Klugheit]] (''phronesis''), Schön- und Gutsein (''kalokagathia'') und das Verhältnis von [[Erfolg]] (''eutychia'') und Glück (''eudaimonia'').
==== Personenzuordnung ====
Anfänglich symbolisierten die Hofkarten lediglich Personen, etwa wie folgt:
* König der Stäbe = Rothaariger älterer Mann
* Ritter der Kelche = Blonder junger Mann
* Königin der Schwerter = Brünette Frau
* Page der Münzen = Schwarzhaariges Kind


== Ausgaben ==
In einem Wahrsagesystem ergeben Karten, die etwa ''Eine blonde Frau'' bedeuten, durchaus Sinn. In einem System, welches der (Selbst-)Erkenntnis dient, wäre jedoch eine Karte, welche etwa ''Die Macht der Gefühle'' bedeuten kann, wesentlich sinnvoller. Auch mit der zunehmenden Verbindung der großen Arkana mit Archetypen schwand die Notwendigkeit weiterer Karten, die Personen repräsentieren (können).


* [[Wikipedia:Richard Walzer|Richard R. Walzer]] / Jean Mingay (Hrsg.): ''Aristotelis ethica Eudemia''. Oxford University Press, Oxford 1991, ISBN 0-19-814575-6
Auch in den meisten neueren Interpretationen können Hofkarten noch Personen darstellen, wenngleich eine Interpretation bezüglich des Alters oder gar der Haarfarbe weitestgehend aufgegeben wurde zugunsten der Eigenschaften von Personen; auch repräsentieren Hofkarten, wenn sie Personen repräsentieren sollen, meist Personen jeden Geschlechts, nicht nur des Dargestellten.


== Übersetzungen ==
==== Elementezuordnung ====
Daneben aber stellen die Hofkarten häufig die unterschiedlichen Einflüsse oder Anwendungen der Elemente dar. Es war zunächst der ''Golden Dawn'', der den Hofkarten die vier Elemente zugeordnet und ihnen auch neue Namen gab:
* König/Ritter = Feuer
* Königin = Wasser
* Ritter/Prinz = Luft
* Page/Prinzessin = Erde
Daraus ergibt sich beispielsweise, dass der König/Ritter der Stäbe Feuer vom Feuer ist, die Karte also unter anderem ausgesprochene Willenskraft und Dynamik symbolisiert. Der König/Ritter der Münzen dagegen ist nach diesem System Feuer der Erde und steht unter anderem für den Willen, materielle Dinge zu erreichen. Wie üblich beim Tarot gibt es auch Systeme, welche die Zuordnung anders vornehmen. Dies ist allerdings die häufigste.


* [[Wikipedia:Franz Dirlmeier|Franz Dirlmeier]] (Hrsg.): ''Aristoteles: Eudemische Ethik''. Akademie-Verlag, Berlin 1962
Die meisten heutigen Tarot-Systeme benutzen eine Mischung aus diesen beiden Systemen, in unterschiedlichen Gewichtungen, was die Hofkarten grade für Anfänger oft zu den am schwierigsten zu erlernenden Karten macht.
* ''Aristotle’s Eudemian Ethics: Books I, II, and VIII.'' Transl. with a comm. by [[Wikipedia:Michael John Woods|Michael John Woods]]. Clarendon Press 1982, 2. Auflage 1992.


== Literatur ==
==== Alternative Deutung ====
 
Einen gänzlich anderen Ansatz stellte [[Wikipedia:Rachel Pollack|Rachel Pollack]] 1994 im ''Shining Women Tarot''<ref>Rachel Pollack: ''The Shining Woman Tarot''. 1994, wieder veröffentlicht 2001 als ''The Shining Tribe Tarot''. ISBN 1-56718-532-0.</ref> vor. Dort ist die Darstellung als Personen gänzlich aufgegeben worden, und die Hofkarten heißen Ort, Wissende/Wissender, Gabe und Sprecher des Elements der jeweiligen Farbe. Der Ort repräsentiert etwa das Potential des Elements, oder einen Ort der Begegnung mit dem Element. Der Wissende steht für das Verständnis des Elements, und dessen Bedeutung für das eigene Leben. Die Gabe kann für ein vertieftes Verständnis des Elements stehen oder dafür, dass man ein Geschenk dieses Elements enthält; bei den Stäben (Feuer) beispielsweise etwa die Kraft, etwas bestimmtes zu tun. Und der Sprecher schließlich steht für die Fähigkeit, das Element aktiv anwenden zu können, oder dessen Energie an andere weitergeben zu können.
* [[Wikipedia:Egon Braun|Egon Braun]]: ''Ethika Eudemeia'', in: Franco Volpi (Hg.): ''Großes Werklexikon der Philosophie.'' 2 Bde. Jubiläumsausgabe. Kröner, Stuttgart 2004, ISBN 3-520-83901-6
* [[Wikipedia:Paul Moraux|Paul Moraux]] und [[Wikipedia:Dieter Harlfinger|Dieter Harlfinger]] (Hg.): ''Untersuchungen zur „Ethica Eudemica“'', Akten des 5. [[Wikipedia:Symposium Aristotelicum|Symposiums Aristotelicum]], Berlin 1971
* [[Wikipedia:Anthony Kenny|Anthony Kenny]]: ''The Aristotelian Ethics'', Oxford 1978
* Markus H. Wörner: ''Das Ethische in der Rhetorik des Aristoteles'', Freiburg i. B./München 1990, ISBN 3-495-47679-2


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/aristotle-ethics/|Aristotle's Ethics|Richard Kraut}}
(Sämtliche Werke sind absolut empfehlenswert. Es handelt sich um "die" Standardliteratur zum Thema schlechthin.)
* [[Akron (Okkultist)|Akron]], [[Hajo Banzhaf]]: ''Der Crowley-Tarot'' (mit [[Akron (Okkultist)|Akron]]). Hugendubel, München 2004, ISBN 3-7205-2514-7, ISBN 3-7205-2515-5 (mit Crowley-Tarot-Deck)
* [[Hajo Banzhaf]], [[Brigitte Theler]]: ''Schlüsselworte zum [[Aleister Crowley|Crowley]]-Tarot'' (mit [[Brigitte Theler]]). Hugendubel, München 1998; Goldmann, München 1999, ISBN 3-442-21524-2.
* [[Hajo Banzhaf]]: ''Schlüsselworte zum Tarot''. Goldmann, München 1990, ISBN 3-442-12077-2, ISBN 3-442-12126-4 (inkl. Kartenset)
* [[Hajo Banzhaf]]: ''Das Tarot-Handbuch''. Hugendubel, München 1986; Goldmann, München 1998, ISBN 3-442-21503-X.
* [[Hajo Banzhaf]]: ''Das Arbeitsbuch zum Tarot''. Diederichs, München 1988; Hugendubel, München 2003, ISBN 3-7205-2424-8, ISBN 978-3-7205-2846-7 (inkl. Kartenset)
* [[Arthur Edward Waite]]: ''Pictorial Key to the Tarot'' (1910)
* [[Arthur Edward Waite]]: ''[[Der Bilderschlüssel zum Tarot (Buch)|Der Bilderschlüssel zum Tarot. Fragmente einer geheimen Tradition unter dem Schleier der Weissagekunst]]''. Urania-Verlag, Waakirchen 1978, ISBN 3-921960-01-0.


== Einzelanchweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />


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[[Kategorie:Bildkarten]]
 
[[Kategorie:Tarotkarte|N]]
[[Kategorie:Teleologische Ethik]]
[[Kategorie:Hofkarte|!]]
[[Kategorie:Aristoteles]]
 
{{Wikipedia}}

Version vom 18. August 2019, 15:10 Uhr

Die Hofkarten im Tarot sind die Bildkarten der kleinen Arkana. Von ihnen gbit es zumeist 16. Die Hofkarten weichen allerdings je nach Taro zum Teil erheblich voneinander ab.

Die 16 Hofkarten

Die sogenannten Hofkarten sind meist vier Karten, welche eine Person mit dem Symbol der Farbe darstellen. Traditionell sind dies König, Königin, Ritter und Page. Man kann mit einiger Berechtigung sagen, dass diese Karten den größten Wandel unter den Tarotkarten durchgemacht haben, sowohl was ihre Bedeutung als auch ihre Darstellung betrifft.

Der Bedeutungswandel und die Vielfalt der Bedeutungen lassen sich auch an den sich vielen Variationen der Bezeichnungen der einzelnen Karten ablesen; wobei sehr viele der freien Decks hier von den großen Traditionen abweichen.

Marseille-Tarot
Rider-Waite-Tarot
König Königin Ritter Page oder Bube
Golden Dawn
Crowleys Thoth-Tarot
Ritter Königin Prinz Prinzessin
Haindl-Tarot Vater Mutter Sohn Tochter
Tarot der Ursprünge Mann Frau Tier Kind
Shining Woman/Tribe Sprecher Gabe Wissende/r Ort

Personenzuordnung

Anfänglich symbolisierten die Hofkarten lediglich Personen, etwa wie folgt:

  • König der Stäbe = Rothaariger älterer Mann
  • Ritter der Kelche = Blonder junger Mann
  • Königin der Schwerter = Brünette Frau
  • Page der Münzen = Schwarzhaariges Kind

In einem Wahrsagesystem ergeben Karten, die etwa Eine blonde Frau bedeuten, durchaus Sinn. In einem System, welches der (Selbst-)Erkenntnis dient, wäre jedoch eine Karte, welche etwa Die Macht der Gefühle bedeuten kann, wesentlich sinnvoller. Auch mit der zunehmenden Verbindung der großen Arkana mit Archetypen schwand die Notwendigkeit weiterer Karten, die Personen repräsentieren (können).

Auch in den meisten neueren Interpretationen können Hofkarten noch Personen darstellen, wenngleich eine Interpretation bezüglich des Alters oder gar der Haarfarbe weitestgehend aufgegeben wurde zugunsten der Eigenschaften von Personen; auch repräsentieren Hofkarten, wenn sie Personen repräsentieren sollen, meist Personen jeden Geschlechts, nicht nur des Dargestellten.

Elementezuordnung

Daneben aber stellen die Hofkarten häufig die unterschiedlichen Einflüsse oder Anwendungen der Elemente dar. Es war zunächst der Golden Dawn, der den Hofkarten die vier Elemente zugeordnet und ihnen auch neue Namen gab:

  • König/Ritter = Feuer
  • Königin = Wasser
  • Ritter/Prinz = Luft
  • Page/Prinzessin = Erde

Daraus ergibt sich beispielsweise, dass der König/Ritter der Stäbe Feuer vom Feuer ist, die Karte also unter anderem ausgesprochene Willenskraft und Dynamik symbolisiert. Der König/Ritter der Münzen dagegen ist nach diesem System Feuer der Erde und steht unter anderem für den Willen, materielle Dinge zu erreichen. Wie üblich beim Tarot gibt es auch Systeme, welche die Zuordnung anders vornehmen. Dies ist allerdings die häufigste.

Die meisten heutigen Tarot-Systeme benutzen eine Mischung aus diesen beiden Systemen, in unterschiedlichen Gewichtungen, was die Hofkarten grade für Anfänger oft zu den am schwierigsten zu erlernenden Karten macht.

Alternative Deutung

Einen gänzlich anderen Ansatz stellte Rachel Pollack 1994 im Shining Women Tarot[1] vor. Dort ist die Darstellung als Personen gänzlich aufgegeben worden, und die Hofkarten heißen Ort, Wissende/Wissender, Gabe und Sprecher des Elements der jeweiligen Farbe. Der Ort repräsentiert etwa das Potential des Elements, oder einen Ort der Begegnung mit dem Element. Der Wissende steht für das Verständnis des Elements, und dessen Bedeutung für das eigene Leben. Die Gabe kann für ein vertieftes Verständnis des Elements stehen oder dafür, dass man ein Geschenk dieses Elements enthält; bei den Stäben (Feuer) beispielsweise etwa die Kraft, etwas bestimmtes zu tun. Und der Sprecher schließlich steht für die Fähigkeit, das Element aktiv anwenden zu können, oder dessen Energie an andere weitergeben zu können.

Weblinks

(Sämtliche Werke sind absolut empfehlenswert. Es handelt sich um "die" Standardliteratur zum Thema schlechthin.)

Einzelnachweise

  1. Rachel Pollack: The Shining Woman Tarot. 1994, wieder veröffentlicht 2001 als The Shining Tribe Tarot. ISBN 1-56718-532-0.