Arbeit und Sinnesorgane: Unterschied zwischen den Seiten

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Der [[Begriff]] der menschlichen '''Arbeit''' umfasst ganz allgemein alle zielgerichteten, zweckgebundenen [[mensch]]lichen Tätigkeiten, deren Sinn sich nicht in der Tätigkeit selbst erschöpft, und unterscheidet sich dadurch vom [[Spiel]], bei dem eine solche zielgerichtete Zweckorientierung nicht vorliegt. Volkswirtschaftlich gesehen ist eine menschliche Tätigkeit darüber hinaus nur insofern als Arbeit aufzufassen, als das [[Produkt]] der menschlichen Tätigkeit, bestimmte ''eigene'' (Selbstversorgung) oder ''fremde'' menschliche Bedürfnisse befriedigen kann. Erst durch die Konsumfähigkeit des Produkts ergibt sich der volkswirtschaftliche Wert der Arbeit.
Ein '''Sinnesorgan''' ist ein spezialisiertes [[Organ]], das der [[Wahrnehmung]] der [[Sinnliche Welt|sinnlichen Welt]] dient. [[Rudolf Steiner]] unterscheidet [[zwölf]] [[Sinne]] des [[Mensch]]en. Die Sinnesorgane gleichen [[physik]]alischen bzw. physikalisch-[[Chemie|chemischen]] Apparaten. Durch spezifisch gebaute [[Sinneszelle]]n sind sie für ganz bestimmte [[physik]]alische und [[Chemie|chemische]] [[Reiz]]e aus der Umgebung oder dem Inneren des [[Körper]]s empfänglich und wandeln diese in [[Elektrizität|elektrische Impulse]] um, die über das [[Nervensystem]] weitergeleitet werden.  


== Der volkswirtschaftliche Begriff der Arbeit ==  
== Die Sinnesorgane als physikalische Apparate ==


{{GZ|Ein Begriff der Arbeit ist sehr leicht zu bilden im volkswirtschaftlichen Sinn. Er liegt dann vor, wenn man ein Naturprodukt vor sich hat, das durch menschliche Tätigkeit verändert worden ist mit dem Zweck, konsumiert zu werden. Es muß wenigstens konsumfähig gemacht werden, denn dann hat es den Wert.|341|59f}}
{{GZ|Das erste aber, was sich uns mit besonderer Deutlichkeit ergibt,
wenn wir den ganzen Hergang der Menschenentwickelung beachten,
das ist, daß diese Sinnesorgane als solche zu tun haben mit dem,
was wir nennen können, physikalische Wirkungen. Auf dem alten
Saturn ist ja schon die erste Anlage der Sinnesorgane als eine bloß
physikalische Anlage entstanden, und immer wieder und wieder
schreitet die Entwickelung der Sinnesorgane des Menschen dadurch
fort, daß physikalisches Geschehen sich eingliedert in dasjenige, was
sich sonst beim Menschen ausbildet; so daß also im wesentlichen die
Sinnesorgane, wie sie heute sind, physikalische Organe sind. Es wird
Ihnen ja unschwer auffallen können, daß die Augen physikalische
Organe sind, daß die Ohren physikalische Organe sind und so weiter.
Gewiß, die niederen Sinne sind wie chemische Organe, aber
trotzdem hat das alles mit dem Physikalisch-Chemischen zu tun.


Steiner definiert die Arbeit auch "so":
So müssen wir die Sache auffassen, daß gewissermaßen als das äußerste
seiner Entwickelungsglieder der Mensch in die Welt hinein
dasjenige vorstreckt, was man nennen kann sein Physikalisches.|162|263}}


'''Fähigkeiten, vom Geist geleitet, ergreifen die Natur. ([[Steiner]])'''
{{GZ|Alle Sinneswerkzeuge, alle physikalischen Apparate am
Menschen haben nur die Stufe eines [[Mineral]]s erreicht. Sie folgen
ganz denselben Gesetzen wie die Mineralien. [[Auge]] und [[Ohr]] gehören
zu den mineralischen Einschlüssen; auch im Gehirn sind noch
solche Teile.|98|137}}


Das ist unmittelbar angelehnt an die Definition die [[Karl Marx]] im 1. Band des [[Das Kapital|Kapitals]] gibt:
{{GZ|Bei den andern Sinnen ist es zwar ebenso, aber die Sache tritt für die
äußere Beobachtung nicht mit derselben Schärfe zutage, nicht so
scharf, wie wenn man das, was eigentlich hier gemeint ist, für den
Sinn des Gesichts, für das Auge in Betracht zieht. Bedenken Sie, dieses
Auge als ein physikalischer Apparat liegt ja eigentlich als ein ziemHch
selbständiges Organ im menschlichen Schädel drinnen und ist eigentlich
nur durch die Anhänge, die Anhänge der Blutadern, die Anhänge
der Nerven, nach rückwärts in den menschlichen Leib hinein verlängert.
Man kann sagen: Dieses ist das menschliche Auge, hier ist die


'''Arbeit ist ein Ergreifen der Natur. ([[Karl Marx|Marx]])'''
[[Datei:GA180 091.gif|center|300px|Zeichnung aus GA 180, S. 91]]


[[Eugen Löbl]], einer der Wirtschaftstheoretiker des [[Prager Frühling|Prager Frühlings]] geht hingegen einen ganz anderen Weg, wenn er definiert:
Verlängerung (siehe Zeichnung); aber als Auge liegt es hier in der
knöcherigen Schädelhöhle mit einer großen Selbständigkeit drinnen,
insoweit es physikalischer Apparat ist, hier die Linse, der Einfall der
Lichtstrahlen, der Glaskörper, also alles das, was physikalischer Apparat
ist, ist eigentlich sehr selbständig. Nur durch den Sehnerv, die
Aderhaut, die sich hinein nach dem Leibe verlängert, verlängert sich
eben das Auge selbst nach dem Leibe, so daß man sagen kann, dieses
Auge als physikalischer Apparat, also insofern es aufnimmt die äußere
Sinneswelt in ihrer Sichtbarkeit, ist ein selbständiger Organismus, bis
zu einem gewissen Grade wenigstens.|180|91}}


'''Arbeit ist jede Tätigkeit, die die Naturprodukte und Naturkräfte in Produkte und Produktivkräfte umwandelt. ([[Eugen Löbl|Löbl]])'''
Zugleich ist jedes Sinnesorgan nichts anderes ist als ein abgeändertes kleines [[Gehirn]]:


[[Joachim Stiller]] geht hingegen noch wieder einen anderen Weg, wenn er definiert:
<div style="margin-left:20px">
„Was ist das Auge? Das Auge ist ein kleines Gehirn, das von unserem
Geiste so bearbeitet ist, daß der eigentliche Nervenapparat zurückgeschoben
ist an die hintere Wand, wo sie zur Netzhaut des
Auges geworden ist. So arbeiten die Baumeister der Natur, die Bildner
der Formen. So formen sie. Im Grunde genommen herrscht ein Bauplan
in allen menschlichen Organen, der nur im einzelnen, je nach
Bedarf, abgeändert wird. Wenn ich wochenlang sprechen könnte,
würde ich Ihnen zeigen, wie jedes Sinnesorgan nichts anderes ist als
ein abgeändertes kleines Gehirn, und das Gehirn wiederum ein Sinnesorgan
auf einer höheren Stufe. Aus dem Geiste heraus ist der ganze
menschliche Organismus aufgebaut.“ {{Lit|{{G|115|66}}}}
</div>


'''Arbeit ist im Prinzip jede Tätigkeit, die gegen Geld angeboten wird, oder doch zumindest mit einer gewissen Aussicht auf Erfolg gegen Geld angeboten werden "könnte". ([[Stiller]])'''
== Das Sehen und das Leuchten der Sterne ==


== Arbeit und Kulturentwicklung ==
{{GZ|Wir haben immer nur sagen hören, wenn die Frage entstanden
war: Was ist das [[Licht]]? Licht ist die Ursache des Leuchtens
der Körper. - Nun sehen Sie, damit ist selbstverständlich etwas riesig
«Gewaltiges» gesagt über das Licht, wenn man sagt: Licht ist die
Ursache des Leuchtens der Körper. Aber im Grunde ist es nicht
viel mehr, wenn die heutige materialistische Physik sagt: Man sieht
eben die Weltkörper, wenn sie Licht ausstrahlen. Es ist im Grunde
ganz dasselbe.


[[Rudolf Steiner]] hat deutlich gemacht, dass sich das Verhältnis des Menschen zur äußeren Arbeit im Laufe der Kulturentwicklung bedeutsam gewandelt hat und noch weiter wandeln wird:
Nun habe ich bei einer anderen Gelegenheit schon erwähnt, daß
 
es für die materialistischen Physiker recht sehr überraschend sein
{{GZ|In der vierten Unterrasse ([[griechisch-römische Kulturepoche]]) wurde die Arbeit als Tribut geleistet (Sklavenarbeit).
würde, wenn sie nach der Sonne fahren könnten und dort nachsehen
In der fünften Unterrasse (unsere gegenwärtige [[germanisch-angelsächsische Kulturepoche]]) wird die Arbeit als Ware geleistet (verkauft).
könnten, was die Sonne eigentlich ist. Das habe ich gesagt,
In der sechsten Unterrasse ([[slawische Kulturepoche]]) wird die Arbeit als Opfer geleistet (freie Arbeit).
weil in der Tat dort gar nichts ist, wo die Sonne ist. Sondern das,
 
was man finden würde, würde ein Zusammenhang von rein geistigen
Die wirtschaftliche Existenz wird dann getrennt sein von der Arbeit; es wird kein Eigentum mehr geben, alles ist Gemeingut. Man arbeitet dann nicht mehr für seine eigene Existenz, sondern leistet alles als absolutes Opfer für die Menschheit."<ref>1905, es gibt keine stenographische Mitschrift. GA93a beruht auf Notizen von Teilnehmern, die diese für ihren persönlichen Gebrauch gemacht hatten. Vgl. GA93a S. 14f. Vorwort des Herausgebers. </ref>|93a|231}}
Wesenheiten und Kräften sein; etwas Materielles ist dort überhaupt
 
nicht. Nun, wenn man mit diesem hellseherischen Bewußtsein
{{Siehe auch|Soziales Hauptgesetz}}
die Sterne untersucht und nach dem Grunde ihres Leuchtens
 
fragt, dann findet man, daß das, was da eigentlich vorhanden ist
== Überarbeitung ==
und von uns als ihr Leuchten bezeichnet wird, eigentlich in der
 
Wahrnehmungsfähigkeit, in der mehr oder weniger groben, wie es
{{Zitat|Ist man bei der Arbeit mit dem ''ganzen'' Menschen, so kommt Überarbeitung fast nicht in Betracht. Die Arbeit muss aber eine nutzbringende sein. Schaden ist jede unfruchtbare Arbeit.|Leipzig|12. Oktober 1907 (Fragenbeantwortung; nicht veröffentlicht) [http://www.steiner-klartext.net/pdfs/19071012b-01-01.pdf]}}
bei den Erdenmenschen ist, oder feiner gestalteten Wahrnehmungsfähigkeit
 
von Wesen besteht. Und wenn irgendein Wesen auf Venus
== Arbeit ist ein Recht und keine Pflicht ==
oder Mars auf die Erde herunterschauen würde, so würde dieses
 
Wesen, wenn es die Erde leuchten sähe, sich sagen müssen:
Im gesunden [[Sozialer Organismus|sozialen Organismus]] darf die Arbeit nicht mehr zur Ware werden, sondern muss den Charakter eines [[Recht]]es bekommen, das im [[Rechtsleben]] verankert ist und nicht im [[Wirtschaftsleben]]. Wenn die Arbeitskraft als Ware angesehen wird, so ist das eine heute nicht mehr berechtigte Erbschaft, die auf die Leibeigenschaft des Mittelalters und auf das Sklavenwesen des Altertums zurückführen ist. [[Zwangsarbeit]] jeglicher Form ist Ausdruck ungesunder sozialer Verhältnisse. Solche ungesunden Verhältnisse liegen auch vor, wenn nicht jeder wirtschaftlichen Leistung eine gleichwertige Gegenleistung entspricht. Real gesehen kann Arbeit im sozialen Zusammenhang nicht durch [[Geld]], sondern nur wieder durch Arbeit abgegolten werden.
diese Erde leuchtet, nicht weil da Sonnenstrahlen zurückgeworfen
 
werden, sondern weil auf der Erde Menschen sind, die durch ihre
{{GZ|Der Mensch muß essen, und was gegessen
Augen wahrnehmen. Dieser Vorgang des Sehens bedeutet nicht nur
wird, das muß von irgendwelchen Menschen erarbeitet werden.
etwas für unser Bewußtsein, sondern er strahlt hinaus in den ganzen
Der Mensch muß sich kleiden. Dasjenige, was er anzieht, müssen
Weltenraum, und was die Menschen tun, indem sie sehen, ist
Leute erarbeiten. Damit ich einen Rock anziehen kann oder ein Beinkleid,
das Licht des betreffenden Weltkörpers. Wir sehen nicht nur, damit
müssen Menschen stundenlang ihre Arbeitskraft verwenden, um
wir mit unserem Bewußtsein die Resultate des Gesehenen aufnehmen,
das zustandezubringen. Die arbeiten für mich. Davon lebe ich, nicht
sondern wir sehen, damit durch unseren Prozeß des Sehens
von meinem Gelde. Mein Geld hat keinen andern Wert, als daß es mir
die Erde hinausleuchte in den Weltenraum. So hat in der Tat jedes
die Macht gibt, des andern Arbeit zu benützen. Und so wie die sozialen
unserer Sinnesorgane die Aufgabe, nicht nur das zu sein, was es für
Verhältnisse heute liegen, fängt man erst an, Interesse für seine Mitmenschen
uns ist, sondern hat außerdem eine Weltaufgabe. Der Mensch ist
zu haben, wenn man sich diese Frage in der entsprechenden
durch seine sinnliche Wahrnehmung ein Weltenwesen. Er ist nicht
Weise beantwortet, wenn man im Geiste sieht: Soundso viele Menschen
nur das Wesen, das er durch sein Bewußtsein als Erdenmensch ist,
müssen soundso viele Stunden arbeiten, damit ich in der sozialen
er ist ein Weltenwesen.|157|295f}}
Struktur drinnen leben kann. Nicht darum handelt es sich, daß man
sich selber wohltut, indem man sich sagt: Ich liebe die Menschen. -
Man liebt nicht die Menschen, wenn man glaubt, man lebe von seinem
Gelde, und sich nicht im geringsten vorstellt, wie die Menschen für
einen arbeiten, damit man nur des Lebens Minimum überhaupt hat.
 
Aber dieser Gedanke: Soundso viel Leute arbeiten, damit man des
Lebens Minimum hat -, der ist ja untrennbar von dem anderen Gedanken,
daß man das wiederum der Sozietät zurückgeben muß, nicht
durch Geld, sondern wiederum durch Arbeit, was für einen gearbeitet
wird. Und erst, wenn man sich verpflichtet fühlt, das Quantum von
Arbeit, das für einen geleistet wird, auch wiederum zurückzuarbeiten
in irgendeiner Form, erst dann hat man Interesse für seine Mitmenschen.
Daß man seinen Mitmenschen sein Geld gibt, das bedeutet
nur, daß man die Mitmenschen am Gängelbande, am Sklavenbande
führen kann, sie zwingen kann, daß sie für einen arbeiten. Können Sie
sich aus Ihrer Erfahrung nicht selbst die Antwort geben auf die Frage:
Wie viele Menschen bedenken, daß Geld nur eine Anweisung auf
menschliche Arbeitskraft, daß Geld nur ein Machtmittel ist? Wie viele
Menschen sehen im Geiste, daß sie gar nicht da sein könnten in dieser
physischen Welt, ohne daß sie der Arbeit der anderen Menschen das,
was sie selbst beanspruchen für ihr Leben, verdanken? - Sich verschuldet
fühlen der Gesellschaft, in der man drinnen lebt, das ist der
Beginn jenes Interesses, das verlangt werden muß für eine gesunde
soziale Gestaltung.|186|45f|46}}
 
Gefordert ist eine solidarische, sozial gerechte, auf Leistung und Gegenleistung beruhende Gestaltung der Arbeitswelt. Das "Recht auf Arbeit" wird in einigen Verfassungen europäischer Länder als Staatsziel aufgeführt. Nur selten jedoch werden daraus auch praktische Konsequenzen gezogen, wie in den meisten skandinavischen Ländern, durch die dortige Etablierung eines starken Sozialstaats. In Deutschland hingegen wurde mit der Einführung von "[[Wikipedia:Hartz-Konzept#Hartz IV|Hartz IV]]" im Jahre 2005 eine allgemeine Arbeitspflicht ([[Zwangsarbeit]]) begründet<ref>bzw. Verpflichtung, alle zumutbaren Möglichkeiten wahrzunehmen, die Hilfebedürfigkeit zu beenden oder zu verringern (§ 2 Abs. 1 SGB II)</ref>, die zu einem drastischen Sozialabbau beigetragen hat, wenngleich hierdurch die Zahl der Arbeitslosen auch stark reduziert werden konnte, was vor allem durch die besondere Förderung von [[Wikipedia:Leiharbeit|Leiharbeit]] und weiteren prekären Beschäftigungsverhältnissen erreicht wurde. Im Zuge dieser gesetzlichen Maßnahmen wurden die Grundrechte (-> [[Wikipedia:Grundgesetz|Grundgesetz]]) der arbeitsuchenden Menschen weiter ausgehöhlt und stehen heute oft nur noch auf dem Papier.
 
{{GZ|... wer in den Geist meines Buches
«[[Die Kernpunkte der Sozialen Frage]]» eindringt, der wird sehen,
daß dasjenige, was nun wirklich jedem einigermaßen menschlich
denkenden Menschen - das sage ich hier ganz unverblümt - als das
Scheußlichste erscheinen muß, ein bürokratisch angeordneter
Arbeitszwang, daß der in der Zukunft [in einem dreigegliederten
sozialen Organismus] wegfallen kann. Natürlich ist ja jeder aus den
sozialen Verhältnissen heraus gezwungen zu arbeiten, und man hat
nur die Wahl, entweder zu verhungern oder zu arbeiten. Einen
anderen Arbeitszwang als den, der sich auf diese Weise aus den
Verhältnissen ergibt, kann es nicht geben [in einer sozialen Ordnung],
in der doch die Freiheit des menschlichen Wesens eine
Grundbedingung ist.|337a|78}}
 
{{Siehe auch|Warencharakter der menschlichen Arbeit}}
 
== Arbeitsteilung ==
 
{{Hauptartikel|Arbeitsteilung}}
 
Die menschliche Arbeit ist im Zuge der Kulturentwicklung von der bloßen Selbstversorgung zur weitreichenden Arbeitsteilung vorangeschritten:
 
{{GZ|Arbeitsteilung bewirkt in einer richtigen Weise die Verbilligung der Produkte. Tendenzen gegen die Arbeitsteilung (durch Selbstversorgung) wirken umgekehrt die Produkte verteuernd.|340|52}}
 
{{GZ|Man spricht viel von der modernen Arbeitsteilung, von deren Wirkung als Zeitersparnis, Warenvollkommenheit, Warenaustausch und so weiter; aber man berücksichtigt wenig, wie sie das Verhältnis des einzelnen Menschen zu seiner Arbeitsleistung beeinflusst. Wer in einem auf Arbeitsteilung eingestellten sozialen Organismus arbeitet, der erwirbt eigentlich niemals sein Einkommen selbst, sondern er erwirbt es durch die Arbeit aller am sozialen Organismus Beteiligten. Ein Schneider, der sich zum Eigengebrauch einen Rock macht, setzt diesen Rock zu sich nicht in dasselbe Verhältnis wie ein Mensch, der in primitiven Zuständen noch alles zu seinem Lebensunterhalte Notwendige selbst zu besorgen hat. Er macht sich den Rock, um für andere Kleider machen zu können; und der Wert des Rockes für ihn hängt ganz von den Leistungen der andern ab. Der Rock ist eigentlich Produktionsmittel. Mancher wird sagen, das sei eine Begriffsspalterei. Sobald er auf die Wertbildung der Waren im Wirtschaftskreislauf sieht, wird er diese Meinung nicht mehr haben können. Dann wird er sehen, dass man in einem Wirtschaftsorganismus, der auf Arbeitsteilung beruht, gar nicht für sich arbeiten kann. Man kann nur für andere arbeiten, und andere für sich arbeiten lassen. Man kann ebensowenig für sich arbeiten, wie man sich selbst aufessen kann. Aber man kann Einrichtungen herstellen, welche dem Wesen der Arbeitsteilung widersprechen. Das geschieht, wenn die Gütererzeugung nur darauf eingestellt wird, dem einzelnen Menschen als Eigentum zu überliefern, was er doch nur durch seine Stellung im sozialen Organismus als Leistung erzeugen kann. Die Arbeitsteilung drängt den sozialen Organismus dazu, dass der einzelne Mensch in ihm lebt nach den Verhältnissen des Gesamtorganismus; sie schließt wirtschaftlich den Egoismus aus. Ist dann dieser Egoismus doch vorhanden in Form von Klassenvorrechten und dergleichen, so entsteht ein sozial unhaltbarer Zustand, der zu Erschütterungen des sozialen Organismus führt. In solchen Zuständen leben wir gegenwärtig.|23|133f}}
 
== Gemeinsames Geistesleben eines Betriebs ==
 
{{GZ|Das Kapital ist der Geist des
Wirtschaftslebens. Und ein großer Teil der Schäden unserer heutigen
Zeit beruht darauf, daß die Kapitalverwaltung, die Kapitalfruktifizierung
dem Geistesleben entzogen ist. Darum handelt es sich gerade,
daß das Verhältnis, sagen wir, des körperlich Arbeitenden zu dem mit
Hilfe des Kapitals Organisierenden, ebenso behandelt werden kann
im gesunden sozialen Organismus als ein bloßes, auf gegenseitigem
Verständnis ruhendes Vertrauensverhältnis, wie zürn Beispiel die
Wahl der freien Schule. Im gesunden sozialen Organismus kann gar
nicht jene Abschließung zwischen dem Unternehmer und dem Arbeiter
weiter bestehen...
 
Es muß als eine Notwendigkeit angesehen werden, daß ebenso wie
an der Maschine gearbeitet wird, ebenso regelmäßig in Besprechungsstunden
zwischen dem Unternehmer und dem Arbeiter die geschäftlichen
Verhältnisse besprochen werden, so daß der Arbeiter fortdauernd
ganz genau den Überblick hat über dasjenige, was geschieht -
das ist es, was für die Zukunft angestrebt werden muß - und daß der
Unternehmer wiederum jederzeit genötigt ist, sich völlig zu decouvrieren
vor dem Arbeiter und mit ihm alle Einzelheiten zu besprechen,
so daß ein gemeinsames Geistesleben die Fabrik, die Unternehmung
umschließt. Darauf kommt es an. Denn ist es erst möglich, daß
sich jenes Verhältnis herausstellt, auf Grund dessen der Arbeiter sich
sagt: Ja, der ist ja ebenso notwendig wie ich, denn was soll meine
Arbeit im gesellschaftlichen Organismus, wenn der nicht da ist? Der
stellt meine Arbeit an den richtigen Platz. - Aber der Unternehmer
wird auch genötigt sein, diese Arbeit wirklich an den richtigen Platz
zu stellen und ihm das seinige zukommen zu lassen, denn alles wird
durchschaubar sein.|189|133f}}
 
== Ein sozial verträglicher Begriff der menschlichen [[Arbeit]] ==
 
=== Die unsinnige Unterteilung in sensorische und motorische Nerven ===
 
Ein sozial verträglicher [[Begriff]] der menschlichen Arbeit lässt sich nur finden, wenn die unsinnige Unterteilung in motorische und sensorische [[Nerven]] aufgegeben wird; in Wahrheit sind alle Nerven sensorisch. Die [[Wille]]nstätigkeit des [[Mensch]]en ist nicht durch die motorischen Nerven bedingt, sondern durch ein unmittelbares Zusammensein der [[Seele]] mit der Außenwelt. Die sogenannten motorischen Nerven dienen nur der Wahrnehmung der dadurch entstehenden Bewegung:
 
{{GZ|Innerhalb unserer landläufigen sozial-ökonomischen Auffassung ist
der fragwürdigste Begriff der der menschlichen Arbeit. Ich habe diesen
Begriff der menschlichen Arbeit schon berührt. Ich habe gesagt, im
Marxismus spiele der Begriff der Arbeitskraft eine große Rolle, aber es
handle sich darum, daß innerhalb dieser marxistischen Theorie der
Begriff der Arbeit ganz falsch angeschaut werde. Arbeit, Arbeitskraft
als solche hat sozial eine Bedeutung durch die Leistung beziehungsweise
durch die Funktion der Leistung im sozialen Zusammenleben der Menschen.
Ich habe vor einigen Tagen hier gesagt, es sei ein großer Unterschied,
ob jemand Sport treibt und dabei seine Arbeitskraft aufbraucht,
oder ob er Holz hackt. Wenn er Holz hackt, so ist die Art, wie seine
Arbeit hineinfließt in das soziale Zusammenleben das Bedeutsame, nicht
der Verbrauch der Arbeitskraft als solcher. Und so wird sich uns in den
nächsten Tagen herausstellen, daß wir gar nicht der Arbeit als sozialer
Funktion gerecht werden, wenn wir sie nicht in diesem ihrem Einfließen
in den sozialen Organismus betrachten, sondern wenn wir von
dem Verbrauch der Arbeitskraft als solcher sprechen.
 
Nun kann man sich fragen: Woher rühren denn die falschen Begriffe
über die Arbeit? - Wer richtige Begriffe über die sogenannten motorischen
Nerven hat, der wird sicher auch bald zu richtigen Begriffen über
die Funktion der Arbeit im sozialen Organismus kommen. Wer nämlich
einsieht, daß es keine motorischen Nerven gibt, sondern daß die sogenannten
motorischen Nerven nur Empfindungsnerven für die Natur
des betreffenden Gliedes sind, auf das der Wille seine Kraft überträgt,
der wird finden, wie stark jeder Willensimpuls schon dadurch, daß er
ein solcher ist, in der Arbeit zum Ausdruck kommt, wie stark er in der
Außenwelt steht. Dadurch aber, durch einen wirklichen Begriff des
Willens und der Beziehung des Willens zum menschlichen Organismus,
wird er eine wirkliche Unterlage bekommen, die Verwandtschaft einzusehen
zwischen Wille und Arbeit. Dadurch aber wird er auch zu richtigen
sozialen Begriffen, zu richtigen sozialen Vorstellungen und auch
Empfindungen über eine solche Idee kommen. Man kann sagen: Wie
der Mensch sozial denkt, das ist in vieler Beziehung abhängig davon, ob
er gewisse Naturbegriffe in richtiger oder unrichtiger Weise entwickeln
kann. Man muß sich klar sein darüber, daß derjenige, der da meint, im
Menschen selber seien motorische Nerven die Erreger des Willens, niemals
eigentlich einen wirklichen Zusammenhang herausfinden kann
zwischen dem Erreger der Arbeit, dem Willen, und der Funktion der
Arbeit im sozialen Organismus.|332a|144f}}
 
{{GZ|Kein Mensch kann in irgendeiner Sozialwissenschaft ein richtiges
Verständnis des Menschen für sein Verhältnis zur Arbeit gewinnen,
der auf der vertrackten Unterscheidung zwischen sensitiven und
motorischen Nerven seine Begriffe, seine Vorstellungen aufbaut. Denn
man wird stets kuriose Begriffe von dem bekommen, was menschliche
Arbeit in Wirklichkeit ist, wenn man einerseits fragt: Was geht
eigentlich im Menschen vor, wenn er arbeitet, wenn er seine Muskeln
in Bewegung bringt? - und andererseits keine Ahnung davon hat,
daß dieses In-Bewegung-Bringen der Muskeln nicht auf den sogenannten
motorischen Nerven beruht, sondern auf dem unmittelbaren
Zusammensein der Seele mit der Außenwelt [...]
 
Wenn ich mit einer Maschine in Berührung komme, muß ich als
ganzer Mensch mit ihr in Berührung kommen; da muß ich ein Verhältnis
herstellen vor allen Dingen zwischen meinen Muskeln und
dieser Maschine. Dieses Verhältnis ist dasjenige, worauf des Menschen
Arbeit wirklich beruht. Auf dieses Verhältnis kommt es an, wenn man
die Arbeit sozial werten will, auf das ganz besondere Verhältnis des
Menschen zu der Arbeitsgrundlage.
 
Mit was für einem Arbeitsbegriff arbeiten wir denn heute? Das, was
im Menschen vorgeht, wenn er, wie man sagt, arbeitet, das ist nicht
verschieden, ob er nun an einer Maschine sich abmüht, ob er Holz
hackt, oder ob er zu seinem Vergnügen Sport treibt. Er kann sich
geradeso mit dem Sportvergnügen abnützen, er kann ebensoviel
Arbeitskraft konsumieren bei dem sozial überflüssigen Sport wie bei
dem sozial nützlichen Holzhacken. Und die Illusion über den Unterschied
zwischen motorischen und sensitiven Nerven ist es, die psychologisch
die Menschen ablenkt davon, auch einen wirklichen Arbeitsbegriff
zu erfassen, der nur erfaßt werden kann, wenn man den Menschen
nicht darnach betrachtet, wie er sich abnützt, sondern darnach,
wie er sich in ein Verhältnis stellt zur sozialen Umgebung. Ich glaube
Ihnen, daß Sie davon noch keinen deutlichen Begriff bekommen
haben, weil die Begriffe, die man heute von diesen Dingen erhalten
kann, so verkehrt sind durch unser Schulwesen, daß es erst einige
Zeit dauern wird, bis man den Übergang von dem sozial unsinnigen
Arbeitsbegriff, von dem wahnsinnigen wissenschaftlichen Begriff der
Unterscheidung der sensitiven und motorischen Nerven, finden wird.
Aber in diesen Dingen liegt zugleich der Grund dafür, warum wir so
unpraktisch denken. Denn wie kann eine Menschheit praktisch über
das Praktische denken, die sich der wahnsinnigen Vorstellung hingibt:
in unserem Inneren waltet ein Telegraphenapparat, und die
Drähte gehen hin zu irgend etwas im Gehirn und werden dort umgeschaltet
in andere Drähte, sensitive und motorische Nerven? Von
unserer, einem verkehrten Schulwesen entspringenden Unwissenschaft,
an die das breite Publikum, verführt durch die Zeitungspest,
glaubt, geht aus das Unvermögen, wirklich sozial zu denken.|192|154f}}
 
== Der philosophische Begriff der Arbeit ==
 
{{Hauptartikel|Arbeit (Philosophie)}}
 
Der philosophische Begriff der Arbeit bezieht sich auf das [[Autonomie|autonome]] [[Eigenverantwortung|eigenverantwortliche]] [[Bewusstsein|bewusste]] [[schöpferisch]]e [[Tun]] des Menschen, das keine geregelten Arbeitszeiten kennt, und ein entsprechendes Maß an [[Muße]], d.h. an [[Freiheit|frei]] und [[individuell]] gestaltbarer Zeit, voraussetzt. Die philosophische Arbeit fällt nicht in den Bereich des Wirtschaftslebens, sondern in den des [[Geistesleben]]s und liefert auch nicht primär ein konsumfähiges „Produkt“, ist also nicht als Arbeit im volkswirtschaftlichen Sinn aufzufassen, liefert aber die notwendigen [[geist]]igen Impulse, die auch die Weiterentwicklung des Wirstschaftslebens fördern.
 
== Der physikalische Begriff der Arbeit ==
 
{{Hauptartikel|Arbeit (Physik)}}
 
In der [[Physik]] ist die Arbeit mit dem [[Formelzeichen]] <math>W</math> (von {{enS|''work''}}) definiert als jene [[Energie]], die auf einen [[Körper (Physik)|Körper]] durch eine [[Kraft (Physik)|Kraft]] <math>\vec F</math> längs eines Weges <math>\vec s</math> übertragen wird, d.h.:
 
: <math>W=\int_{\vec s_1}^{\vec s_2} \vec F(\vec s)\cdot\mathrm d \vec s</math>
 
mit <math>\vec s_1\,</math> als Anfangs- und <math>\vec s_2\,</math> als Endpunkt des Weges.
 
Die [[Maßeinheit]] für die Arbeit ist gleich jener für die [[Energie]] das [[Wikipedia:Joule|Joule]] <math>J</math>.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* [[Wikipedia:Arbeit|Arbeit]], Begriffsklärung
== Siehe auch ==
* [[Arbeit (Philosophie)]], das bewusste schöpferische Handeln des Menschen
* {{WikipediaDE|Kategorie:Wahrnehmung}}
* [[Arbeit (Sozialwissenschaften)]], bezahlte Erwerbstätigkeit und unbezahlte Reproduktionsarbeit
* {{WikipediaDE|Wahrnehmung}}
* {{WikipediaDE|Sinneslehre Rudolf Steiners}}
* {{WikipediaDE|Sinn (Wahrnehmung)}}
* {{WikipediaDE|Kategorie:Sinnesorgan}}
* {{WikipediaDE|Sinnesorgan}}


==Literatur==
== Literatur ==
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die Kernpunkte der Sozialen Frage'', [[GA 23]] (1976) {{Schriften|023}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Grundelemente der Esoterik'', [[GA 93a]] (1972) {{Vorträge|093a}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Die soziale Frage als Bewußtseinsfrage'', [[GA 189]] (1980), ISBN 3-7274-1890-7 {{Vorträge|189}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Geisteswissenschaftliche Behandlung sozialer und pädagogischer Fragen'', [[GA 192]] (1991), ISBN 3-7274-1920-2 {{Vorträge|192}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Soziale Zukunft'', [[GA 332a]] (1977), ISBN 3-7274-3325-6 {{Vorträge|332a}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Soziale Ideen – Soziale Wirklichkeit – Soziale Praxis. Band I: Frage- und Studienabende des Bundes für Dreigliederung des sozialen Organismus in Stuttgart'', [[GA 337a]] (1999), ISBN 3-7274-3371-X {{Vorträge|337a}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Nationalökonomischer Kurs'', [[GA 340]] (2002) {{Vorträge|340}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Nationalökonomisches Seminar'', [[GA 341]] (1986) {{Vorträge|341}}
* Franziska Reif/Tobias Prüwer: ''A wie asozial. So demontiert Hartz IV den Sozialstaat'', Tectum Vlg., Marburg 2014
* Themenheft Die Drei: ''Zukunft der Arbeit - Arbeit der Zukunft'', Themenheft Nr. 6, 2010 [http://diedrei.org/hefte-anzeigen/inhalt/heft-6-2010.html]


== Siehe auch ==
* [[Rudolf Steiner]]: ''Natur- und Geistwesen – ihr Wirken in unserer sichtbaren Welt'', [[GA 98]] (1996), ISBN 3-7274-0980-0 {{Vorträge|098}}
* [https://www.youtube.com/watch?v=irhnlNk7VHw Philosophei kontrovers: Marx' Theorie der Arbeit]
* [[Rudolf Steiner]]: ''Anthroposophie – Psychosophie – Pneumatosophie'', [[GA 115]] (2001), ISBN 3-7274-1150-3 {{Vorträge|115}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Menschenschicksale und Völkerschicksale'', [[GA 157]] (1981), ISBN 3-7274-1571-1 {{Vorträge|157}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Kunst- und Lebensfragen im Lichte der Geisteswissenschaft'', [[GA 162]] (2000), ISBN 3-7274-1620-3 {{Vorträge|162}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Mysterienwahrheiten und Weihnachtsimpulse. Alte Mythen und ihre Bedeutung'', [[GA 180]] (1980), ISBN 3-7274-1800-1 {{Vorträge|180}}


{{GA}}
{{GA}}


== Einzelnachweise ==
[[Kategorie:Sinnesorgane|!]] [[Kategorie:Sinne|201]] [[Kategorie:Wahrnehmung]]
<references />
[[en:Sense organ]]
 
[[Kategorie:Handlungstheorie (Philosophie)]]
[[Kategorie:Wirtschaftswissenschaften]]
[[Kategorie:Arbeitswissenschaft]]
[[Kategorie:Wirtschaftstheorie]]
[[Kategorie:Arbeitswelt]]
[[Kategorie:Produktion]]
[[Kategorie:Kapital|102]]
[[Kategorie:Arbeit|102]]
[[Kategorie:Ware|102]]

Version vom 11. Oktober 2021, 15:42 Uhr

Ein Sinnesorgan ist ein spezialisiertes Organ, das der Wahrnehmung der sinnlichen Welt dient. Rudolf Steiner unterscheidet zwölf Sinne des Menschen. Die Sinnesorgane gleichen physikalischen bzw. physikalisch-chemischen Apparaten. Durch spezifisch gebaute Sinneszellen sind sie für ganz bestimmte physikalische und chemische Reize aus der Umgebung oder dem Inneren des Körpers empfänglich und wandeln diese in elektrische Impulse um, die über das Nervensystem weitergeleitet werden.

Die Sinnesorgane als physikalische Apparate

„Das erste aber, was sich uns mit besonderer Deutlichkeit ergibt, wenn wir den ganzen Hergang der Menschenentwickelung beachten, das ist, daß diese Sinnesorgane als solche zu tun haben mit dem, was wir nennen können, physikalische Wirkungen. Auf dem alten Saturn ist ja schon die erste Anlage der Sinnesorgane als eine bloß physikalische Anlage entstanden, und immer wieder und wieder schreitet die Entwickelung der Sinnesorgane des Menschen dadurch fort, daß physikalisches Geschehen sich eingliedert in dasjenige, was sich sonst beim Menschen ausbildet; so daß also im wesentlichen die Sinnesorgane, wie sie heute sind, physikalische Organe sind. Es wird Ihnen ja unschwer auffallen können, daß die Augen physikalische Organe sind, daß die Ohren physikalische Organe sind und so weiter. Gewiß, die niederen Sinne sind wie chemische Organe, aber trotzdem hat das alles mit dem Physikalisch-Chemischen zu tun.

So müssen wir die Sache auffassen, daß gewissermaßen als das äußerste seiner Entwickelungsglieder der Mensch in die Welt hinein dasjenige vorstreckt, was man nennen kann sein Physikalisches.“ (Lit.:GA 162, S. 263)

„Alle Sinneswerkzeuge, alle physikalischen Apparate am Menschen haben nur die Stufe eines Minerals erreicht. Sie folgen ganz denselben Gesetzen wie die Mineralien. Auge und Ohr gehören zu den mineralischen Einschlüssen; auch im Gehirn sind noch solche Teile.“ (Lit.:GA 98, S. 137)

„Bei den andern Sinnen ist es zwar ebenso, aber die Sache tritt für die äußere Beobachtung nicht mit derselben Schärfe zutage, nicht so scharf, wie wenn man das, was eigentlich hier gemeint ist, für den Sinn des Gesichts, für das Auge in Betracht zieht. Bedenken Sie, dieses Auge als ein physikalischer Apparat liegt ja eigentlich als ein ziemHch selbständiges Organ im menschlichen Schädel drinnen und ist eigentlich nur durch die Anhänge, die Anhänge der Blutadern, die Anhänge der Nerven, nach rückwärts in den menschlichen Leib hinein verlängert. Man kann sagen: Dieses ist das menschliche Auge, hier ist die

Zeichnung aus GA 180, S. 91
Zeichnung aus GA 180, S. 91

Verlängerung (siehe Zeichnung); aber als Auge liegt es hier in der knöcherigen Schädelhöhle mit einer großen Selbständigkeit drinnen, insoweit es physikalischer Apparat ist, hier die Linse, der Einfall der Lichtstrahlen, der Glaskörper, also alles das, was physikalischer Apparat ist, ist eigentlich sehr selbständig. Nur durch den Sehnerv, die Aderhaut, die sich hinein nach dem Leibe verlängert, verlängert sich eben das Auge selbst nach dem Leibe, so daß man sagen kann, dieses Auge als physikalischer Apparat, also insofern es aufnimmt die äußere Sinneswelt in ihrer Sichtbarkeit, ist ein selbständiger Organismus, bis zu einem gewissen Grade wenigstens.“ (Lit.:GA 180, S. 91)

Zugleich ist jedes Sinnesorgan nichts anderes ist als ein abgeändertes kleines Gehirn:

„Was ist das Auge? Das Auge ist ein kleines Gehirn, das von unserem Geiste so bearbeitet ist, daß der eigentliche Nervenapparat zurückgeschoben ist an die hintere Wand, wo sie zur Netzhaut des Auges geworden ist. So arbeiten die Baumeister der Natur, die Bildner der Formen. So formen sie. Im Grunde genommen herrscht ein Bauplan in allen menschlichen Organen, der nur im einzelnen, je nach Bedarf, abgeändert wird. Wenn ich wochenlang sprechen könnte, würde ich Ihnen zeigen, wie jedes Sinnesorgan nichts anderes ist als ein abgeändertes kleines Gehirn, und das Gehirn wiederum ein Sinnesorgan auf einer höheren Stufe. Aus dem Geiste heraus ist der ganze menschliche Organismus aufgebaut.“ (Lit.: GA 115, S. 66)

Das Sehen und das Leuchten der Sterne

„Wir haben immer nur sagen hören, wenn die Frage entstanden war: Was ist das Licht? Licht ist die Ursache des Leuchtens der Körper. - Nun sehen Sie, damit ist selbstverständlich etwas riesig «Gewaltiges» gesagt über das Licht, wenn man sagt: Licht ist die Ursache des Leuchtens der Körper. Aber im Grunde ist es nicht viel mehr, wenn die heutige materialistische Physik sagt: Man sieht eben die Weltkörper, wenn sie Licht ausstrahlen. Es ist im Grunde ganz dasselbe.

Nun habe ich bei einer anderen Gelegenheit schon erwähnt, daß es für die materialistischen Physiker recht sehr überraschend sein würde, wenn sie nach der Sonne fahren könnten und dort nachsehen könnten, was die Sonne eigentlich ist. Das habe ich gesagt, weil in der Tat dort gar nichts ist, wo die Sonne ist. Sondern das, was man finden würde, würde ein Zusammenhang von rein geistigen Wesenheiten und Kräften sein; etwas Materielles ist dort überhaupt nicht. Nun, wenn man mit diesem hellseherischen Bewußtsein die Sterne untersucht und nach dem Grunde ihres Leuchtens fragt, dann findet man, daß das, was da eigentlich vorhanden ist und von uns als ihr Leuchten bezeichnet wird, eigentlich in der Wahrnehmungsfähigkeit, in der mehr oder weniger groben, wie es bei den Erdenmenschen ist, oder feiner gestalteten Wahrnehmungsfähigkeit von Wesen besteht. Und wenn irgendein Wesen auf Venus oder Mars auf die Erde herunterschauen würde, so würde dieses Wesen, wenn es die Erde leuchten sähe, sich sagen müssen: diese Erde leuchtet, nicht weil da Sonnenstrahlen zurückgeworfen werden, sondern weil auf der Erde Menschen sind, die durch ihre Augen wahrnehmen. Dieser Vorgang des Sehens bedeutet nicht nur etwas für unser Bewußtsein, sondern er strahlt hinaus in den ganzen Weltenraum, und was die Menschen tun, indem sie sehen, ist das Licht des betreffenden Weltkörpers. Wir sehen nicht nur, damit wir mit unserem Bewußtsein die Resultate des Gesehenen aufnehmen, sondern wir sehen, damit durch unseren Prozeß des Sehens die Erde hinausleuchte in den Weltenraum. So hat in der Tat jedes unserer Sinnesorgane die Aufgabe, nicht nur das zu sein, was es für uns ist, sondern hat außerdem eine Weltaufgabe. Der Mensch ist durch seine sinnliche Wahrnehmung ein Weltenwesen. Er ist nicht nur das Wesen, das er durch sein Bewußtsein als Erdenmensch ist, er ist ein Weltenwesen.“ (Lit.:GA 157, S. 295f)

Siehe auch

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Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.