Knorpel

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Hyaliner Knorpel im lichtmikroskopischen Bild

Knorpelgewebe ist ein festes sowohl druck- als auch biegungselastisches, gefäßloses Stützgewebe, das in der Entwicklung zudem die Anlage des knöchernen Skeletts bildet. Es ist schneidbar und besteht wie die anderen Binde- und Stützgewebsarten aus Zellen und der sie umgebenden Interzellularsubstanz, die aus geformten und ungeformten Komponenten besteht.

Aufbau

Schematisches Beispiel eines Chondrons

Als Knorpelzellen kommen Chondroblasten, Chondrozyten, und Chondroklasten vor. Als Chondroblasten („Knorpelbildner“) werden die Vorläuferzellen der Chondrozyten bezeichnet. Sie stammen von mesenchymalen Stammzellen ab und stellen die aktive Form der Knorpelzelle dar, da sie alle Komponenten der Knorpelmatrix synthetisieren können. Sobald sie diese Synthesefunktion eingestellt haben, differenzieren sie sich zu den Chondrozyten, den eigentlichen Knorpelzellen. Die Chondrozyten sind kleiner als die Chondroblasten, kugelig geformt, besitzen einen rundlichen Zellkern und enthalten viel Wasser, Fett und Glykogen. Ihre Anzahl, Lage und Dichte ist für jede Knorpelart spezifisch. Chondrozyten können sich im unausgereiften Zustand noch teilen, was zum charakteristischen Auftreten von „isogenen Gruppen“ führen kann. Sie entstehen, wenn die sich teilenden Zellen schon von Knorpelmatrix umgeben sind und so nicht mehr auseinanderweichen können. Die isogenen Gruppen sind Chondrozyten-Komplexe, bei denen jeder Komplex aus einem einzigen Chondrozyten entstanden ist. Die einzelnen Komplexe scheinen von einer Knorpelkapsel umgeben zu sein und in einer Knorpelhöhle (Lakune) zu liegen, die allerdings erst bei der Fixierung entsteht und den ursprünglich von den Chondrozyten eingenommenen Platz widerspiegelt. Daran schließt sich ein Knorpelhof an, der durch seine basophile Eigenschaft deutlich anfärbbar ist (=Territorium). Die isogenen Gruppen sind dabei meist säulenartig angeordnet. Die isogene Gruppe und ihr Territorium fasst man als „Chondron“ zusammen. Sobald die Chondrozyten ausdifferenziert sind, verlieren sie ihre Fähigkeit zur Teilung. Als Chondroklasten bezeichnet man wiederum Fresszellen, die sich auf Knorpel spezialisiert haben. Sie sind wesentlich größer und durch Fusion aus mehreren Monozyten entstanden und somit meist mehrkernige Riesenzellen. Sie spielen die Hauptrolle beim Abbau des frühen Knorpel-Knochen-Modells (chondrale Ossifikation) zum späteren Knochen bzw. in diesem Kontext auch bei der Heilung nach Knochenbrüchen.

Die Interzellularsubstanz besteht aus geformten und ungeformten Komponenten. Zu den geformten Komponenten zählt man den Faseranteil aus kollagenen bzw. elastischen Fasern, der bei den drei Knorpelarten jeweils unterschiedlich ist. Hauptbestandteile der ungeformten Interzellularsubstanz sind Wasser (ca. 70 %), Proteoglykane (hauptsächlich Aggrecan) und Hyaluronsäure. Die Proteoglykane sind polyanionisch und ziehen deshalb Natriumkationen an, welche wiederum den Wassereinstrom bewirken.

Knorpelgewebe ist beim Erwachsenen frei von Gefäßen und Nerven. Die Ernährung der Zellen muss daher über Diffusion erfolgen. Dieses geschieht entweder über eine bindegewebige, schützende Hülle (Perichondrium), welche den Knorpel (Ausnahme Gelenkknorpel und Faserknorpel) als Knorpelhaut überzieht, oder beim Gelenkknorpel über die Synovialflüssigkeit des Gelenkspaltes.

Unterteilung

Die Interzellularsubstanz bestimmt mit der Art ihrer Zusammensetzung und ihrem Faseranteil die Unterteilung des Knorpelgewebes in

Hyaliner Knorpel

Hyaliner Knorpel hat eine hohe Druckelastizität, deshalb findet man ihn überall dort, wo hauptsächlich Druckbelastungen auftreten (wie z. B. in den meisten Gelenkflächen). Die Chondrozyten liegen hier meist als Chondrone beieinander. Sie scheiden die durchsichtige Interzellularsubstanz aus (Zwischensubstanz, Extrazellularmatrix), in der sie selbst mit den kollagenen Fasern (hauptsächlich vom Typ II, auch Typ IX und XI) liegen. Da die Fasern denselben Brechungsindex wie die Interzellularsubstanz besitzen, erscheint der hyaline Knorpel im Lichtmikroskop meist als gleichmäßige Masse. Die Kollagenfasern sind hier also verdeckt (maskiert). Wenn mit dem Alterungsprozess jedoch die Interzellularsubstanz abnimmt, werden einige der Fasern wieder sichtbar. Man bezeichnet sie als Asbestfasern. Die Abgrenzung zum Faserknorpel muss dann über die Gestalt und Anordnung der Chondrozyten erfolgen.

Im hyalinen Knorpel finden sich schon frühzeitig Kalkeinlagerungen. Seine Gefäßarmut begünstigt, zusammen mit der oft hohen mechanischen Belastung, degenerative Prozesse. Im Gelenkknorpel fehlen das umgebende Perichondrium und damit auch die mesenchymalen Zellen, die zu Chondroblasten differenzieren können, sodass kaum Regeneration stattfinden kann. (Die Ernährung des Knorpels erfolgt über die Synovia.)

Hyaliner Knorpel kommt als Gelenk-, Rippen-, Nasenknorpel, in den Knorpelspangen der Luftröhre, in den Epiphysenfugen und im knorpelig präformierten Skelett vor. In der Hämatoxylin-Eosin-Färbung hat hyaliner Knorpel eine milchig-bläuliche Farbe.

Elastischer Knorpel

Elastischer Knorpel ist das zellreichste Knorpelgewebe. Er ist prinzipiell wie hyaliner Knorpel aufgebaut, jedoch ist er in der extrazellulären Matrix zusätzlich von reichlich elastischen Fasern durchzogen, die für seine charakteristische gelbliche Farbe sorgen und aus Fibrillin bestehen, welches mit amorphem Elastin assoziiert ist. Durch das Zusammenwirken dieser Komponenten ist der elastische Knorpel sehr druck- und biegeelastisch. Er zeigt darüber hinaus keine Tendenz zur Verkalkung.

Elastischer Knorpel kommt in der Ohrmuschel, dem äußeren Gehörgang, der Ohrtrompete, dem Kehldeckel, der Cartilago corniculata und den kleinen Bronchien vor.

Faserknorpel

Faserknorpel wird auch als Bindegewebsknorpel bezeichnet und enthält weniger Zellen als die erstgenannten beiden Arten, dafür viele Kollagenfibrillen, unter anderem auch vom Typ I. Bei ihm kommt kein Perichondrium vor.[1]

Faserknorpel kommt überall dort vor, wo Scherkräfte auftreten, wie beispielsweise im Faserring (Anulus fibrosus) der Zwischenwirbelscheiben (Bandscheiben), der Schambeinfuge und anderen Symphysen, den Gelenklippen (Labrum acetabulare, Labrum glenoidale) und den Menisken.

Faserknorpel kommt auch im Kiefergelenk und im Sternoclaviculargelenk (SCG) vor, sowie übergangsweise bei der sekundären Knochenheilung.

Entstehung des Knorpelgewebes und sein Wachstum

Bei dem Vorgang der Knorpelentstehung, der auch Chondrogenese genannt wird, vergrößern sich zunächst aus dem Mesenchym die dicht zusammengelegenen Chondroblasten. Diese nehmen schließlich ihre Funktion auf und sondern dabei eine Matrix ab, die reich an Chondromukoprotein ist. Gleichzeitig wird Tropokollagen produziert und im Extrazellularraum als Kollagen abgelagert. Durch die Produktion dieser Substanzen rücken die Chondroblasten immer weiter auseinander. Gleichzeitig differenzieren sie sich zu Chondrozyten, die entweder einzeln in der Matrix liegen oder sich durch Teilung vermehren und dann als isogene Gruppen vorkommen können. Das Wachstum des Knorpels geschieht somit vornehmlich durch die Größenzunahme der Interzellularsubstanz, was auch als intussuszeptionelles Wachstum bezeichnet wird und nur im Rahmen der Knorpelentstehung auftritt. Für das weitere Wachsen bzw. in begrenztem Rahmen auch bei der Regeneration des Knorpelgewebes ist hauptsächlich das Anlagerungswachstum (appositionelles Wachstum) verantwortlich. Hier kommt es zur Bildung von Knorpelgewebe von der Oberfläche her, also durch die Knorpelhaut. In ihrer inneren Schicht sitzen Chondroblasten, die die Matrix synthetisieren und sich noch mitotisch teilen können.

Siehe auch

Literatur

  • H.-G. Liebich: Funktionelle Histologie der Haussäugetiere. 4. Auflage. Schattauer, Stuttgart 2003, ISBN 3-7945-2311-3.
  • U. Welsch: Sobotta Lehrbuch Histologie. Urban & Fischer, München 2002, ISBN 3-437-42420-3.

Weblinks

 Wiktionary: Knorpel – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Theodor H. Schiebler, Horst-W. Korf: Anatomie: Histologie, Entwicklungsgeschichte, makroskopische und mikroskopische Anatomie, Topographie. 10. Ausgabe. Springer, 2007, ISBN 978-3-7985-1770-7, S. 49.


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