Grund und Dionysius von Paris: Unterschied zwischen den Seiten

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Der '''Grund''' ({{ELSalt|ἀρχή}}, ''[[arché]]'', „Anfang, Prinzip, Ursprung“; [[Latein|lat.]] ''principium'' oder ''ratio'') ist gemäß der [[Logik]] ein [[Urteil]], das den Ausgangspunkt für weitere [[Schlussfolgerung]]en bildet und damit nur schwer abzugrenzen ist von verwandten [[Begriff]]en wie «[[Ursache]]» und «[[Prinzip]]», wobei erstere im traditionellen Sinn auch als ''Realgrund'', letzteres als ''Erkenntnisgrund'' aufgefasst werden kann. Real- und Erkenntnisgründe müssen nicht notwendigerweise zusammenfallen. So ist etwa in dem [[Satz]]: „Die Störche kommen, also wird es Frühling“, die Ankunft der Störche ein Erkenntnisgrund für den kommenden Frühling; der Realgrund, d.h. die tatsächliche Ursache für das Kommen der Störche ist aber gerade umgekehrt der beginnende Frühling. Ziel des [[philosophisch]]en [[Denken]]s ist es, alle Erscheinung auf letzte Gründe zurückzuführen, die unmittelbar einsichtig, d.h. [[evident]] sind.  
[[Datei:Ellmeney Dyonisius crop.jpg|thumb|St. Dyonisus, Gemälde in der Bergkapelle Ellmeney, Leutkirch im Allgäu]]
[[File:1465 Le Moiturier Hl. Dionysius anagoria.JPG|thumb|Saint Denis de Paris, um 1460]]
'''Dionysius von Paris''' ([[Wikipedia:Französische Sprache|franz.]]: {{lang|fr|''Denis'' oder ''Denys''}}) war Missionar in [[Wikipedia:Gallien|Gallien]], erster [[Wikipedia:Liste der Erzbischöfe von Paris|Bischof von Paris]] und christlicher [[Wikipedia:Märtyrer|Märtyrer]]. Er ist ein [[Wikipedia:Nationalheiliger|Nationalheiliger]] Frankreichs und Schutzpatron verschiedener Städte und Gemeinden (unter anderem [[Wikipedia:Paris|Paris]] und [[Wikipedia:Krefeld|Krefeld]]).


== Letzbegründung ==
== Leben ==
Dionysius wurde im 3. Jahrhundert – vermutlich um das Jahr 250 von [[Wikipedia:Papst|Papst]] [[Wikipedia:Fabianus|Fabianus]] – mit sechs anderen Bischöfen von Rom aus nach Gallien geschickt, um dort die Worte des Christentums zu verkünden. Gemäß [[Wikipedia:Gregor von Tours|Gregor von Tours]] war Dionysius um 250 Bischof von Paris. Der römische Gouverneur ordnete die Verhaftung und Enthauptung von Dionysius und seinen Begleitern Rustikus und Eleutherius an. Die Legende berichtet, Dionysius habe auf dem Richtplatz am [[Wikipedia:Montmartre|Montmartre]] sein abgeschlagenes Haupt aufgenommen, habe es in einer nahegelegenen Quelle gewaschen und sei mit dem Kopf in den Händen sechs Kilometer Richtung Norden gegangen, bis zu der Stelle, wo er begraben werden wollte.


In diesem Sinn wird von verschiedenen Philosophen für [[Wissenschaft|wissenschaftlich]]-[[Philosophie|philosophische]] [[These]]n auch eine '''Letztbegründung''' gefordert, die keines weiteren Beweises mehr bedarf. Einer Letztbegründung wurde insbesondere von [[Anselm von Canterbury]], [[René Descartes]], [[Wikipedia:Karl Leonhard Reinhold|Karl Leonhard Reinhold]], [[Wikipedia:Jakob Friedrich Fries|Jakob Friedrich Fries]], im [[Deutscher Idealismus|Deutschen Idealismus]] und von [[Edmund Husserl]] in seiner Spätphilosophie angestrebt; moderne Vertreter sind [[Wikipedia:Hugo Dingler|Hugo Dingler]], [[Wikipedia:Karl-Otto Apel|Karl-Otto Apel]], [[Vittorio Hösle]], [[Wikipedia:Wolfgang Kuhlmann|Wolfgang Kuhlmann]] und [[Wikipedia:Harald Holz|Harald Holz]].  
An diesem Platz baute der fränkische König [[Wikipedia:Dagobert I.|Dagobert I.]] 626 die nach dem Heiligen benannte Abtei mit der [[Wikipedia:Basilika Saint-Denis|Basilika Saint-Denis]], welche den französischen Königen als Grablege diente.


Namentlich Vertretern des [[Kritischer Rationalismus|Kritischen Rationalismus]] kritisieren die Letzbegründung scharf und fordern für alle Thesen und [[Theorie]]n das Prinzip der [[Falsifizierbarkeit]] ein.
== Verehrung ==
Dionysius ist Heiliger der [[Wikipedia:katholische Kirche|katholischen]] und der [[Wikipedia:Anglikanische Gemeinschaft|anglikanischen]] Kirche.
Der Kult des Dionysius ist in Frankreich, Spanien und Deutschland verbreitet.


== Satz vom zureichenden Grund ==
Die ältesten Nachrichten über sein Leben stammen von [[Wikipedia:Gregor von Tours|Gregor von Tours]]. Populär wurde die Dionysius-Vita [[Wikipedia:Hilduin von Saint-Denis|Hilduins von Saint-Denis]], der auch die für das gesamte Mittelalter geltende Gleichsetzung mit [[Dionysius Areopagita]] und [[Pseudo-Dionysius Areopagita]] vollzog.
Der für das [[Logik|logische Denken]] zentrale '''Satz vom zureichenden Grund''' ([[Latein|lat.]] '''''principium rationis sufficientis'''''; {{EnS|''principle of sufficient reason''}}) besagt, ''dass jedes Sein oder Erkennen in zureichender Weise auf ein anderes, grundlegenderes Sein oder Erkennen zurückgeführt werden kann und soll'' - ein Denkvorgang, der als '''Rechtfertigung''' bzw. '''Begründung''' oder in der lückenlosen, streng [[Logik|logischen]] Form als [[Beweis]] bezeichnet wird. Die Annahme: „Nichts geschieht ohne Grund“ ([[Latein|lat.]] '''''nihil fit sine causa''''') ist das fundamentale Prinzip des [[Rationalismus]].


[[Gottfried Wilhelm Leibniz]], in dessen [[Philosophie]] der Satz vom zureichenden Grund eine zentrale Rolle spielt, hat diesen in seiner [[Monadologie]] wie folgt formuliert:
Sein Gedenktag ist der [[Wikipedia:9. Oktober|9. Oktober]] (Zu diesem Tag gibt es die [[Wikipedia:Bauernregel|Bauernregel]] ''Regnet’s an St. Dionys, regnet’s den ganzen Winter gewiss''.). Ein zweiter Gedenktag wird am [[Wikipedia:4. Dezember|4. Dezember]] gefeiert, dem Tag der Überbringung der Gebeine nach Paris.


{{Zitat|Im Sinne des zureichenden Grundes finden wir, dass keine [[Tatsache]] [fait] als wahr oder existierend gelten kann und keine [[Aussage]] [Enonciation] als richtig, ohne dass es einen zureichenden Grund [raison suffisante] dafür gibt, dass es so und nicht anders ist, obwohl uns diese Gründe meistens nicht bekannt sein mögen.|ref=<ref>G.W. Leibniz: ''Monadologie'', §&nbsp;32; zit. nach der dt.-frz. Suhrkamp-Ausgabe 1998, S.&nbsp;27</ref>}}
Schon vor dem 15. Jahrhundert wurde Dionysius gegen Kopfschmerzen angerufen, aber auch gegen [[Wikipedia:Tollwut|Tollwut]], Gewissensunruhe und Seelenleiden. Seit 1450 gehört er zu den 14 [[Wikipedia:Nothelfer|Nothelfer]]n. Er ist [[Wikipedia:Schutzpatron|Patron]] der französischen Könige und Schutzheiliger der Stadt [[Wikipedia:Paris|Paris]].


In seiner „[[Theodizee]]“ heißt es:
Nach Dionysius sind die Stadt [[Wikipedia:Saint-Denis (Seine-Saint-Denis)|Saint-Denis]] und das [[Wikipedia:Département|Département]] [[Wikipedia:Seine-Saint-Denis|Seine-Saint-Denis]] benannt. Auch [[Wikipedia:Saint-Denis (Réunion)|Saint-Denis]] auf der Insel [[Wikipedia:Réunion|Réunion]] führt seinen Namen. Der [[Wikipedia:Clos Saint-Denis|Clos Saint-Denis]] ist eine [[Wikipedia:Grand Cru|Grand Cru]]-Weinlage in der Gemeinde [[Wikipedia:Morey-Saint-Denis|Morey-Saint-Denis]] im [[Wikipedia:Burgund|Burgund]].


{{Zitat|[...] nichts geschieht, ohne dass es eine [[Ursache]] [cause] oder wenigstens einen bestimmenden Grund [raison déterminante] gibt, d.&nbsp;h. etwas, das dazu dienen kann, ''[[a priori]]'' zu begründen, weshalb etwas eher existiert als nicht existiert und weshalb etwas gerade so als in einer anderen Weise existiert.|ref=<ref>G.W. Leibniz: ''Theodizee'', §44; zit. nach der dt.-frz. Suhrkamp-Ausgabe 1999, S.273</ref>}}
Er befindet sich auch im [[Wikipedia:Wappen der Stadt Krefeld|Wappen der Stadt Krefeld]].
 
[[Arthur Schopenhauer]] betonte die Wichtigkeit des ''Satzes vom zureichenden Grund'' für die [[Wissenschaft]]:
 
{{Zitat|Sie ist überaus groß, da man ihn die Grundlage aller
Wissenschaft nennen darf. ''Wissenschaft'' nämlich bedeutet
ein System von Erkenntnissen, d.h. ein Ganzes von
verknüpften Erkenntnissen, im Gegensatz des bloßen Aggregats
derselben. Was aber Anderes, als der Satz vom zureichenden
Grunde, verbindet die Glieder eines Systems?
Das eben zeichnet jede Wissenschaft vor dem bloßen Aggregat
aus, daß ihre Erkenntnisse eine aus der andern, als
ihrem Grunde, folgen.|Arthur Schopenhauer|''Ueber die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde'', §4}}


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
 
* {{WikipediaDE|Dionysius von Paris}}
* {{WikipediaDE|Grund (Philosophie)}}
* {{Eisler|Grund}}
* {{Kirchner|Grund}}
* {{UTB-Philosophie|Lic. phil. Gerhild Tesak|388|Grund}}


== Literatur ==
== Literatur ==
* Hiltgart L. Keller: ''Reclams Lexikon der Heiligen und der Biblischen Gestalten.'' Reclam, Stuttgart 1979. ISBN 3-15-010154-9
* Luc Campana: ''Die 14 Heiligen Nothelfer. Herkunft und Verehrung – Konkurrenz zur Medizin – Leben und Legenden – Reichweite und Bildnisse.'' Lauerz: Theresia-Verlag, 2009. ISBN 978-3-03767-035-4.
* {{BBKL|archiveurl=https://web.archive.org/web/20070613125944/http://www.bautz.de/bbkl/d/dionysius_v_p.shtml |band=1|spalten=1325-1326|autor=Friedrich Wilhelm Bautz|artikel=Dionysius von Paris}}


* [[Arthur Schopenhauer]]: ''Ueber die vierfache Wurzel des Satzes zum zureichenden Grunde'', Verlag F. A. Brockhaus, Leipzig 1864 [https://archive.org/details/ueberdievierfac00schogoog archive.org] [https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/80/Ueber_die_vierfache_Wurzel_des_Satzes_vom_zureichenden_Grunde.pdf pdf]
== Weblinks ==
* Axel Tschentscher: ''Kantische Letztbegründung'', Jurisprudentia Verlag, Würzburg 2001, ISBN 3-8311-3114-7 [http://www.servat.unibe.ch/jurisprudentia/lit/letztbegruendung.pdf pdf]
{{commonscat|Denis de Paris|Dionysius von Paris}}
 
* {{Hl-Lex|b|Dionysius_von_Paris.html}}
== Anmerkungen ==
* [http://www.vierzehnheiligen.de/de/gnadenaltar/heiliger-dionysius.php Franziskanerkloster Vierzehnheiligen über Dionysius]


<references/>
{{Normdaten|TYP=p|GND=118679740|VIAF=74647109}}
{{SORTIERUNG:Dionysius von Paris}}
[[Kategorie:Bischof]]
[[Kategorie:Märtyrer]]
[[Kategorie:Heiliger]]
[[Kategorie:Dionysius Areopagita]]
[[Kategorie:Geboren im 3. Jahrhundert]]
[[Kategorie:Gestorben im 3. oder 4. Jahrhundert]]
[[Kategorie:Mann]]


[[Kategorie:Philosophie]] [[Kategorie:Logik]] [[Kategorie:Erkenntnistheorie]]
{{Wikipedia}}

Version vom 7. Juli 2022, 18:37 Uhr

St. Dyonisus, Gemälde in der Bergkapelle Ellmeney, Leutkirch im Allgäu
Saint Denis de Paris, um 1460

Dionysius von Paris (franz.: Denis oder Denys) war Missionar in Gallien, erster Bischof von Paris und christlicher Märtyrer. Er ist ein Nationalheiliger Frankreichs und Schutzpatron verschiedener Städte und Gemeinden (unter anderem Paris und Krefeld).

Leben

Dionysius wurde im 3. Jahrhundert – vermutlich um das Jahr 250 von Papst Fabianus – mit sechs anderen Bischöfen von Rom aus nach Gallien geschickt, um dort die Worte des Christentums zu verkünden. Gemäß Gregor von Tours war Dionysius um 250 Bischof von Paris. Der römische Gouverneur ordnete die Verhaftung und Enthauptung von Dionysius und seinen Begleitern Rustikus und Eleutherius an. Die Legende berichtet, Dionysius habe auf dem Richtplatz am Montmartre sein abgeschlagenes Haupt aufgenommen, habe es in einer nahegelegenen Quelle gewaschen und sei mit dem Kopf in den Händen sechs Kilometer Richtung Norden gegangen, bis zu der Stelle, wo er begraben werden wollte.

An diesem Platz baute der fränkische König Dagobert I. 626 die nach dem Heiligen benannte Abtei mit der Basilika Saint-Denis, welche den französischen Königen als Grablege diente.

Verehrung

Dionysius ist Heiliger der katholischen und der anglikanischen Kirche. Der Kult des Dionysius ist in Frankreich, Spanien und Deutschland verbreitet.

Die ältesten Nachrichten über sein Leben stammen von Gregor von Tours. Populär wurde die Dionysius-Vita Hilduins von Saint-Denis, der auch die für das gesamte Mittelalter geltende Gleichsetzung mit Dionysius Areopagita und Pseudo-Dionysius Areopagita vollzog.

Sein Gedenktag ist der 9. Oktober (Zu diesem Tag gibt es die Bauernregel Regnet’s an St. Dionys, regnet’s den ganzen Winter gewiss.). Ein zweiter Gedenktag wird am 4. Dezember gefeiert, dem Tag der Überbringung der Gebeine nach Paris.

Schon vor dem 15. Jahrhundert wurde Dionysius gegen Kopfschmerzen angerufen, aber auch gegen Tollwut, Gewissensunruhe und Seelenleiden. Seit 1450 gehört er zu den 14 Nothelfern. Er ist Patron der französischen Könige und Schutzheiliger der Stadt Paris.

Nach Dionysius sind die Stadt Saint-Denis und das Département Seine-Saint-Denis benannt. Auch Saint-Denis auf der Insel Réunion führt seinen Namen. Der Clos Saint-Denis ist eine Grand Cru-Weinlage in der Gemeinde Morey-Saint-Denis im Burgund.

Er befindet sich auch im Wappen der Stadt Krefeld.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Commons: Dionysius von Paris - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema


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