John Locke und Künstliche Intelligenz: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:John Locke.jpg|miniatur|John Locke (Porträt von Godfrey Kneller, 1697)]]
{{Textbox|<poem>Und so ein Hirn, das trefflich denken soll,
'''John Locke''' [{{IPA|dʒɒn lɒk}}] (* [[Wikipedia:29. August|29. August]] [[Wikipedia:1632|1632]] in Wrington bei [[Wikipedia:Bristol|Bristol]]; † [[Wikipedia:28. Oktober|28. Oktober]] [[Wikipedia:1704|1704]] in Oates, [[Wikipedia:Epping Forest (District)|Epping Forest]], [[Wikipedia:Essex|Essex]]) war ein einflussreicher [[England|englischer]] [[Philosoph]] und Vordenker der [[Aufklärung]].
Wird künftig auch ein Denker machen.
                      <small>[[Goethe]], [[Faust II]], Laboratorium</small></poem>}}
[[Datei:Turing statue Surrey.jpg|mini|Statue von [[Alan Turing]] (1912-1954) an der [[Wikipedia:University of Surrey|University of Surrey]]]]
[[Datei:Thomas Hobbes (portrait).jpg|mini|Thomas Hobbes (1588-1679)]]
[[Datei:John McCarthy Stanford.jpg|mini|[[Wikipedia:John McCarthy|John McCarthy]] (1927-2011)]]
[[Datei:Marvin Minsky at OLPCb.jpg|mini|[[Marvin Minsky]] (1927-2016)]]
[[Datei:Raymond Kurzweil Fantastic Voyage.jpg|miniatur|[[Wikipedia:Raymond Kurzweil|Raymond „Ray“ Kurzweil]] (2006)]]
[[Datei:Samuel Butler by Charles Gogin.jpg|mini|Samuel Butler (1835-1902)]]


Locke gilt allgemein als ''Vater des [[Liberalismus]]''.<ref>Locke, John. A Letter Concerning Toleration Routledge, New York, 1991. p. 5 (Introduction)</ref><ref>Delaney, Tim. The march of unreason: science, democracy, and the new fundamentalism Oxford University Press, New York, 2005. p. 18</ref><ref>Godwin, Kenneth et al. School choice tradeoffs: liberty, equity, and diversity University of Texas Press, Austin, 2002. p. 12</ref> Er ist zusammen mit [[Isaac Newton]] und [[David Hume]] der Hauptvertreter des britischen [[Empirismus]]. Des Weiteren ist er neben [[Thomas Hobbes]] (1588–1679) und [[Jean-Jacques Rousseau]] (1712–1778) einer der bedeutendsten [[w:Vertragstheorie|Vertragstheoretiker]] im frühen Zeitalter der [[Aufklärung]].
'''Künstliche Intelligenz''' (kurz '''KI'''), auch '''Artifizielle Intelligenz''' ({{EnS|'''''artificial intelligence'''''}}; kurz '''AI''') genannt, ist ein Teilgebiet der [[Informatik]], das auf die [[Maschine|maschinelle]] [[Automat]]isierung der [[Intelligenz]] mittels [[Computer]] abzielt. Namentlich im Bereich der [[Kognition|kognitiven Intelligenz]] (z.B. [[Wikipedia:Spracherkennung|Sprach]]- und [[Wikipedia:Texterkennung|Texterkennung]], [[Wikipedia:Objekterkennung|Objekterkennung]], [[Wikipedia:autonomes Fahren|autonomes Fahren]]) wurden in den letzten Jahren große Fortschritte erzielt.  


Seine [[politische Philosophie]] beeinflusste die [[w:Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten|Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten]], die [[w:Verfassung der Vereinigten Staaten|Verfassung der Vereinigten Staaten]], die Verfassung des [[Französische Revolution|revolutionären Frankreichs]] und über diesen Weg die meisten Verfassungen liberaler Staaten maßgeblich. In seinem Werk ''[[w:Zwei Abhandlungen über die Regierung|Two Treatises of Government]]'' argumentiert Locke, dass eine Regierung nur legitim ist, wenn sie die Zustimmung der Regierten besitzt und die Naturrechte Leben, Freiheit und Eigentum beschützt. Wenn diese Bedingungen nicht erfüllt sind, haben die Untertanen ein Recht auf Widerstand gegen die Regierenden.
== Geschichte ==


== Leben ==
Schon [[Thomas Hobbes]] (1588-1679) vertrat eine frühe Version des [[Computationalismus]], wonach der [[Rationalismus|rationale]] [[Verstand]] des [[Mensch]]en auf [[Berechnung]]svorgängen beruhe:
[[Datei:John Locke by John Greenhill.jpg|miniatur|John Locke (Porträt von John Greenhill, vor 1676)]]


Locke wurde als Sohn eines Gerichtsbeamten in der [[w:Grafschaft (England)|Grafschaft]] [[w:Somerset|Somerset]] geboren. Er entstammte einer relativ wohlhabenden Familie. Sein Großvater Nicholas Locke hatte als [[w:Verlagssystem|Tuchverleger]] ein kleineres Vermögen und Landbesitz angesammelt, von dem die Familie leben konnte. Sein Vater stand im [[w:Englischer Bürgerkrieg|Englischen Bürgerkrieg]] als Offizier auf der Seite des Parlaments. Die Lockes genossen Protektion durch die Familie der Pophams, die mit [[w:John Popham|John Popham]] (1531–1602) einen Speaker des [[w:House of Commons (England)|House of Commons]] und mit [[w:Alexander Popham|Alexander Popham]] (1595–1669) ein langjähriges Mitglied des Unterhauses hervorgebracht hatten. So war es John Locke 1647 möglich, die ehemals königliche [[Westminster School]] in der Londoner Innenstadt zu besuchen. Er konnte von dort die versammelte Menge hören, als die Puritaner König [[w:Karl I. (England)|Karl&nbsp;I.]] am 30. Januar 1649 hinrichteten.
{{Zitat|Unter rationeller Erkenntnis vielmehr verstehe ich Berechnung.
Berechnen heißt entweder die Summe von zusammengefügten
Dingen finden oder den Rest erkennen, wenn eins vom andern
abgezogen wird. Also ist rationelle Erkenntnis dasselbe wie
Addieren und Subtrahieren; wenn jemand Multiplizieren, und
Dividieren hinzufügen will, so habe ich nichts dagegen, da
Multiplikation dasselbe ist wie Addition gleicher Posten, Division
dasselbe wie eine bestimmte Subtraktion gleicher Posten. Aber
rationelle Erkenntnis geht jedenfalls auf zwei Geistesoperationen
zurück: Addition und Subtraktion.|Thomas Hobbes|''Grundzüge der Philosophie'', 1. Teil: ''Lehre vom Körper'', S. 14}}


Locke erlangte ein Stipendium, das es ihm erlaubte, ab 1652 am College [[w:Christ Church (Oxford)|Christ Church]] der [[w:University of Oxford|University of Oxford]] „klassische Wissenschaften“ zu studieren, was eine Schulung an [[Aristoteles]] und der [[Scholastik]] (Logik und Metaphysik) sowie die alten Sprachen Griechisch und Latein und die klassischen Autoren umfasste. 1656 verlieh ihm die Universität den [[w:Bachelor of Arts|Bachelor of Arts]]. Überlegungen, sein Studium abzubrechen und in eine Anwaltskanzlei einzutreten, gab er auf. Stattdessen legte er die Prüfung zum [[w:Master|Master of Arts]] bereits zwei Trimester vor Ablauf der planmäßigen Studienzeit im Jahr 1658 ab. Danach wurde er als ''senior student'' Mitglied des Lehrkörpers und nahm seine Tätigkeit als Dozent auf. Er war ab 1660 Lecturer für Griechisch, dann [[Rhetorik]] (1662) und [[Ethik]] (1663 „Censor of Moral Philosophy“). Seine Karriere war damit für Oxford-Verhältnisse durchaus typisch.
Dass sich die menschliche Intelligenz möglicherweise [[automat]]isieren bzw. [[Mechanizismus|mechanisch]] nachbilden ließe, hatte bereits [[Julien Offray de La Mettrie]] (1709-1751) in seinem [[Wikipedia:1748|1748]] zunächst anonym veröffentlichten Hauptwerk ''L'Homme Machine'' erwogen.  


Nachdem sein jüngerer Bruder schon in der Kindheit gestorben war, erbte John Locke nach dem frühen Tod seines Vaters 1661 etwas Land und einige [[w:Cottage (Wohngebäude)|Cottages]], wodurch er finanziell unabhängig wurde. In der statusbasierten englischen Gesellschaft hatte er so den Rang eines Landbesitzers inne.
Die Bezeichnung „künstliche Intelligenz“ wurde erstmals 1955 von dem [[Logik]]er und [[Informatik]]er [[Wikipedia:John McCarthy|John McCarthy]] (1927-2011) in seinem Förderantrag<ref>“A Proposal for the Dartmouth Summer Research Project on Artificial Intelligence” [http://www-formal.stanford.edu/jmc/history/dartmouth/dartmouth.html (McCarthy et al.:Förderantrag, August 1955, S. 1)]</ref> für das von ihm organisierte und am 13. Juli 1956 am [[Wikipedia:Dartmouth College|Dartmouth College]] in [[Wikipedia:Hanover (New Hampshire)|Hanover]] begonnene sechswöchige ''Dartmouth Summer Research Project on Artificial Intelligence'' verwendet. An dieser Konferenz nahmen unter anderen auch [[Marvin Minsky]], [[Wikipedia:Nathaniel Rochester|Nathan Rochester]] und [[Wikipedia:Claude Elwood Shannon|Claude Shannon]] teil. Die [[Wikipedia:Dartmouth Conference|Dartmouth Conference]] gilt seither als Gründungsveranstaltung der Forschung auf dem Gebiet der KI.


Bereits als Student hatte Locke, wie sich aus seinen Aufzeichnungen ergibt, Interesse an medizinischen Fragen und den neu aufkommenden empirischen Methoden gezeigt. So befasste er sich mit den Naturwissenschaften und hörte bei [[w:Richard Lower|Richard Lower]] inoffiziell medizinische Vorlesungen. In dieser Zeit hatte er engeren Kontakt zu [[Robert Boyle]] und den experimentellen empirischen Methoden der Naturwissenschaften. Er interessierte sich besonders für die botanischen Aspekte der Medizin und erarbeitete sich einen Abschluss als [[w:Bachelor|Bachelor]] in Medizin in [[w:Oxford|Oxford]]. Während der folgenden Jahre verfasste Locke einige Abhandlungen, die durchaus royalistisch gefärbt sind, jedoch auch den Standpunkt des klassischen Naturrechts vertreten. Diese wurden jedoch zu seinen Lebzeiten nie veröffentlicht. Seine Karriere stagnierte, sowohl akademisch als auch politisch konnte er zunächst keinen Gönner finden.
Basierend auf den Arbeiten von [[Alan Turing]] (1912-1954), unter anderem dem Aufsatz ''Computing machinery and intelligence'', formulierten [[wikipedia:Allen Newell|Allen Newell]] (1927–1992) und [[wikipedia:Herbert A. Simon|Herbert A. Simon]] (1916–2001) von der [[wikipedia:Carnegie Mellon University|Carnegie Mellon University]] in [[wikipedia:Rittburgh|Pittsburgh]] die ''„Physical Symbol System Hypothesis“'', der zufolge [[Denken]] Informationsverarbeitung ist, und Informationsverarbeitung ein Rechenvorgang, eine Manipulation von Symbolen. Auf das [[Gehirn]] als solches komme es beim Denken nicht an: ''„Intelligence is mind implemented by any patternable kind of matter.“''


Im Jahr 1665 begleitete Locke als Sekretär den Gesandten Sir [[w:Walter Vane|Walter Vane]] zu Verhandlungen mit dem brandenburgischen Kurfürsten [[w:Friedrich Wilhelm (Brandenburg)|Friedrich Wilhelm]] in [[w:Kleve|Kleve]]. Allerdings kehrte er im folgenden Jahr bereits nach Oxford zurück und wandte sich erneut der Medizin zu. Im selben Jahr traf er Sir [[w:Anthony Ashley-Cooper, 1. Earl of Shaftesbury|Anthony Ashley-Cooper]], den späteren 1st Earl of Shaftesbury. Ashley-Cooper war nach Oxford gekommen, um sich einer Therapie wegen einer Lebererkrankung zu unterziehen. Er war von Locke sehr beeindruckt und überredete ihn, sich bei ihm als Leibarzt anstellen zu lassen, obwohl er keine Approbation als Doktor der Medizin besaß: eine offizielle Erlaubnis, als Mediziner zu praktizieren, verlieh ihm die Universität erst 1675. Locke zog im Jahre 1667 in Shaftesburys Domizil am Exeter House in London und diente ihm als Leibarzt. In London vertiefte Locke seine medizinischen Studien, zu denen auch die exakte Beobachtung am Krankenbett gehörte, unter der Leitung von [[w:Thomas Sydenham|Thomas Sydenham]]. Bereits 1668 führte Locke einen gewagten medizinischen Eingriff durch, der Ashley-Cooper unter Umständen das Leben gerettet haben mag.
Diese Auffassung, dass Intelligenz unabhängig von der Trägersubstanz ist, wird von den Vertretern der ''starken KI''-These geteilt. Für [[Marvin Minsky]] (1927-2016) vom [[wikipedia:Massachusetts Institute of Technology|Massachusetts Institute of Technology]] (MIT), einem der Pioniere der KI, ist ''„das Ziel der KI die Überwindung des Todes“''. Der Roboterspezialist [[Hans Moravec]] (* 1948) von der [[Wikipedia:Carnegie Mellon University|Carnegie Mellon University]] beschreibt in seinem Buch ''Mind Children'' (Kinder des Geistes) das Szenario der [[Evolution]] des postbiologischen [[Leben]]s: Ein Roboter überträgt das im menschlichen Gehirn gespeicherte Wissen in einen Computer, sodass die [[Biomasse]] des Gehirns überflüssig wird und ein posthumanes Zeitalter beginnt, in dem das gespeicherte Wissen beliebig lange zugreifbar bleibt. Mit der detailierten Erinnerung an alles, was Menschen jemals gedacht haben, würden sich unsere „Geisteskinder“ mit ihrer überragenden Intelligenz dann größeren Herausforderungen in den Weiten des Universums stellen:


Dieser protegierte Locke seitdem nachhaltig; Locke hatte an seinem politischen Aufstieg zu einem Führer der [[w:Gentry|Gentry]] und schließlich an die Regierung teil. Dass Locke keine große politische Karriere machte, liegt wahrscheinlich an Lockes eigener Skepsis gegenüber diesen Aufgaben, nicht an mangelnder Unterstützung durch den Earl. Durch die enge Verbindung zur regierenden Klasse in der bewegten Zeit des Konflikts zwischen parlamentarischer und absoluter Monarchie, Merkantilismus und Handelsstaat erwarb Locke Kenntnisse und Meinungen, die auch auf seine philosophischen Werke Einfluss nahmen. 1672 erhielt er durch Shaftesbury einen der unwichtigeren Regierungsposten, der ihm jedoch Ansehen und Reichtum verschaffte. Wichtiger aber war der geistige Austausch, der durch Shaftesbury gepflegt und gefördert wurde. Locke wurde 1668 Mitglied der [[Royal Society]].
{{Zitat|Was uns erwartet, ist nicht Vergessen, sondern eine Zukunft, die von unserem gegenwärtigen Aussichtspunkt am besten mit den Worten "postbiologisch" oder sogar "übernatürlich" beschrieben wird. Es ist eine Welt, in der die Menschheit von der Flut der kulturellen Veränderung hinweggefegt wurde, usurpiert von ihrer eigenen künstliche Nachkommenschaft. Die letzten Konsequenzen sind jedoch unbekannt, obwohl viele Zwischenschritte nicht nur vorhersehbar sind, sondern bereits stattgefunden haben. Heute sind unsere Maschinen noch einfache Erzeugnisse, welche die elterliche Fürsorge und schwebende Aufmerksamkeit eines Neugeborenen erfordern, kaum würdig des Wortes "intelligent". Aber im nächsten Jahrhundert werden sie zu Entitäten heranreifen, die so komplex sind wie wir selbst und schließlich zu etwas, das alles transzendiert, was wir wissen - auf die wir stolz sein können, wenn sie sich selbst als unsere Nachkommen bezeichnen.


Als Shaftesbury im Verlauf von Machtkämpfen in der Regierung in Haft kam, unternahm Locke von 1675 bis 1679 eine Reise durch Frankreich, die er nutzte, um sich mit dortigen Naturforschern auszutauschen. Shaftesbury ging nach seiner Freilassung zunächst in die Opposition, wurde aber wegen des Konflikts mit dem König, er war Gegner der Nachfolge [[w:Jakob II. (England)|Jakobs&nbsp;II.]] auf den Thron [[w:Karl II. (England)|Karls&nbsp;II.]], 1681 erneut inhaftiert. In diese Zeit fällt die erste Abfassung Lockes ''Zwei Abhandlungen über die Regierung''. Shaftesbury, mittlerweile der Führer der Gruppierungen, die später die Partei der [[Whigs]] bilden sollten, versuchte nach der Freilassung 1682 einen Staatsstreich, den [[w:Rye House Plot|Rye House Plot]], bei dem Jakob&nbsp;II. und Karl&nbsp;II. ermordet werden sollten, der scheiterte, und ging ins holländische Exil, wo er 1683 starb. Locke blieb zwar zunächst im Verborgenen in England, ging dann aber auch von 1683 bis 1688 nach Holland.
Von der schleppenden Geschwindigkeit der biologischen Evolution entfesselt, werden die Kinder unseres Geistes frei sein, sich zu entwickeln, um sich immensen und fundamentalen Herausforderungen im größeren Universum zu stellen. Wir Menschen werden für eine Zeit von ihren Arbeiten profitieren, aber früher oder später, wie natürliche Kinder, werden sie ihr eigenes Glück suchen, während wir, ihre alten Eltern, still verblassen. Sehr wenig muss bei diesem Fackellauf verloren gehen - es wird in der Fähigkeit unseres künstlichen Nachwuchses liegen und ihm zum Vorteil gereichen, sich an fast alles über uns zu erinnern, vielleicht sogar in allen Details an die Arbeit des menschlichen Geistes.|Hans Moravec|''Mind Children. The Future of Robot and Human Intelligence.''|ref=<ref>„What awaits is not oblivion but rather a future which, from our
present vantage point, is best described by the words "postbiological"
or even "supernatural." It is a world in which the human race has
been swept away by the tide of cultural change, usurped by its own
artificial progeny. The ultimate consequences are unknown, though
many intermediate steps are not only predictable but have alread
been taken. Today, our machines are still simple creations, requiring
the parental care and hovering attention of any newborn, hardly
worthy of the word "intelligent." But within the next century they
will mature into entities as complex as ourselves, and eventually into
something transcending everything we know - in whom we can take
pride when they refer to themselves as our descendants.<br />


Locke wurde beauftragt, die Enkel des Earl, darunter auch [[w:Anthony Ashley-Cooper, 3. Earl of Shaftesbury|Anthony Ashley-Cooper]], der selbst ein berühmter Moralphilosoph werden sollte, zu besorgen.
Unleashed from the plodding pace of biological evolution, the
1684 befahl der englische König, ihn in Abwesenheit aus dem Christ-Church-College auszuschließen. Locke, der Zeit seines Lebens überzeugtes Mitglied der Universität war, wehrte sich gegen diesen Beschluss. Die Zuneigung Lockes zu Oxford beruhte durchaus nicht auf Gegenseitigkeit: bereits 1683 fand im Hof die letzte öffentliche [[w:Bücherverbrennung|Bücherverbrennung]] Englands statt, wobei auch viele Werke vernichtet wurden, die Locke schätzte. 1684 beschuldigten diverse Professoren der Universität Locke, den Stuarts feindlich gesinnt zu sein. Noch 1703, nachdem seine Werke in der europäischen Geisteswelt Furore machten, weigerte sich die Universität, die Bücher ihres Sohnes in den Lehrplan aufzunehmen.
children of our minds will be free to grow to confront immense and
fundamental challenges in the larger universe. We humans will benefit
for a time from their labors, but sooner or later, like natural children,
they will seek their own fortunes while we, their aged parents, silently
fade away. Very little need be lost in this passing of the torch - it will
be in our artificial offspring's power, and to their benefit, to remember
almost everything about us, even, perhaps, the detailed working of
individual human minds.
<br />Hans Moravec: ''Mind Children. The Future of Robot and Human Intelligence'', p. 1</ref>}}


Erst mit dem Machtantritt [[w:Wilhelm III. (Oranien)|Wilhelms von Oranien]] wurde ihm 1689 wieder ein Regierungsamt angeboten, das er aus gesundheitlichen Gründen ablehnte. Ab 1690 zog er sich auf das Gut eines befreundeten Adligen zurück. Während er sich persönlich zurückzog, wuchs sein Ansehen. Mit Wilhelm III. und der [[w:Bill of Rights (England)|Bill of Rights]] hatte sich die protestantisch-bürgerliche Partei im englischen Machtkonflikt durchgesetzt. Lockes 1690 veröffentlichtes ''[[An Essay Concerning Humane Understanding]]'' (Versuch über den menschlichen Verstand) machte seinen Namen in den gelehrten Kreisen Europas bekannt und berühmt, sodass spätere Veröffentlichungen auf große Aufmerksamkeit stießen und intensive Auseinandersetzungen zur Folge hatten. Im House of Commons bildete sich eine Gruppe um [[w:John Somers, 1st Baron Somers|John Somers]], die stark von Lockes Ideen beeinflusst war und sich mit ihm traf, wenn er in London war. Somers selbst wurde später wichtigster Berater von Wilhelm&nbsp;III.
Der KI-Pionier [[Wikipedia:Raymond Kurzweil|Raymond Kurzweil]] (* 1948), seit 2012 Leiter der technischen Entwicklung bei [[Wikipedia:Google|Google]], erwartet, dass 2029 ein Computer erstmals den sog. [[Turing-Test]] bestehen und damit die künstliche Intelligenz menschliches Niveau erreichen und bald danach auch weit übertreffen werde. Über die Möglichkeit einer deratigen '''Superintelligenz''' und einer damit verbundenen „Intelligenzexplosion“ hatte erstmals schon 1965 der britische Mathematiker und Kryptologe [[Wikipedia:Irving John Good|Irving John Good]] (1916-2009), der unter der Leitung von Alan Turing an der Entschlüsselung des Funkverkehrs der deutschen Kriegsmarine mitgearbeitet hatte, spekuliert: 


Locke starb am 28. Oktober 1704 in seinem Arbeitszimmer.
{{Zitat|Eine ultraintelligente Maschine sei definiert als eine Maschine, die die intellektuellen Fähigkeiten jedes Menschen, und sei er noch so intelligent, bei weitem übertreffen kann. Da der Bau eben solcher Maschinen eine dieser intellektuellen Fähigkeiten ist, kann eine ultraintelligente Maschine noch bessere Maschinen bauen; zweifellos würde es dann zu einer explosionsartigen Entwicklung der Intelligenz kommen, und die menschliche Intelligenz würde weit dahinter zurückbleiben. Die erste ultraintelligente Maschine ist also die letzte Erfindung, die der Mensch zu machen hat, vorausgesetzt, dass die Maschine fügsam genug ist, uns zu sagen, wie man sie unter Kontrolle hält.|[[Wikipedia:Irving John Good|Irving John Good]]|''Speculations Concerning the First Ultraintelligent Machine''|ref=<ref>„Let an ultraintelligent machine be defined as a machine that can far surpass all the intellectual activities of any man however clever. Since the design of machines is one of these intellectual activities, an ultraintelligent machine could design even better machines; there would then unquestionably be an „intelligence explosion“, and the intelligence of man would be left far behind. Thus the first ultraintelligent machine is the ''last'' invention that
man need ever make, provided that the machine is docile enough to tell us how to keep it under control.“<br />Irving John Good: ''Speculations Concerning the First Ultraintelligent Machine'' [https://exhibits.stanford.edu/feigenbaum/catalog/gz727rg3869 online]</ref>}}


== Philosophie ==
Heftig diskutiert wird die Frage, ob Maschinen mit künstlicher Intelligenz künftig auch [[Bewusstsein]] entwickeln können. Auf diese Möglichkeit hatte schon [[Wikipedia:Samuel Butler (Schriftsteller)|Samuel Butler]] (1835-1902) in seinem 1872 erschienenen utopischen Roman [[Wikipedia:Erewhon|Erewhon]] (ein Anagramm des englischen Wortes ''nowhere'' „nirgendwo“) hingewiesen:
=== Veröffentlichungen ===
Lockes erste Veröffentlichung war ein 1653 publiziertes Lobgedicht auf [[Oliver Cromwell]], nachdem dieser eine Schlacht im [[w:Englisch-Niederländischer Krieg (1652–1654)|Englisch-Niederländischen Krieg]] gewonnen hatte. Während seiner Zeit in Christ Church befasste sich Locke in seinen Schriften nicht mit Philosophie im engeren Sinne, er bereitete aber einige Texte zur Politik Englands und zum [[Naturrecht]] vor. Eine Abhandlung über den ''civil magistrate'' bereitete er 1664 zum Druck vor, sie wurde aber nie veröffentlicht. Zusammen mit seinen universitätsinternen Schriften zeigt der Text, dass Locke zu dieser Zeit weit autoritärer war als zu späterer Zeit. Er verteidigt die absolute Macht des Magistrats über die Mitglieder der Gesellschaft; die Entscheidungen binden selbst das Gewissen der einzelnen Mitglieder. Die Freiheit des Individuums beginnt erst dort, wo es keine bindende Entscheidung gibt. Im Gegensatz zu Verfechtern eines monarchischen [[Absolutismus]] legt Locke aber bereits in dieser Phase eine Art [[Rechtsstaat]] zugrunde: die höchste legitime Gewalt war nicht die Person des Herrschers, sondern die Gesamtheit der Gesetze, die er repräsentierte.


Lockes erste weiter verbreitete Publikationen sind wahrscheinlich in enger Zusammenarbeit mit dem 1. Earl of Shaftesbury entstanden. ''The Fundamental Constitutions of Carolina'' (Die grundlegende Verfassung Carolinas) erschien 1669, der ''Letter from a Person of Quality'' (Brief eines Vornehmen) 1675, beide wurden anonym veröffentlicht.
{{Zitat|Dass Maschinen heute nur sehr wenig Bewusstsein haben, bietet keine
Sicherheit gegen die Entwicklung eines mechanischen Bewusstseins.
Eine Molluske besitzt kaum Bewusstsein. Man bedenke die
außerordentlichen Fortschritte, die die Maschinen in den letzten
Jahrhunderten gemacht haben, und vergleiche dies mit dem langsamen
Fortschritt im Tier- und Pflanzenreich! Im Vergleich mit der
Vergangenheit entsprechen die komplexeren Maschinen gewissermaßen
nicht so sehr den Schöpfungen von gestern, als denen von vor fünf
Minuten. Nehmen Sie um des Arguments willen an, dass bewusstes Sein
seit 20 Millionen Jahren existiert: Dann schauen Sie sich die großen
Fortschritte an, die die Maschinen in den letzten tausend Jahren gemacht
haben! Wird die Erde nicht noch weitere 20 Millionen Jahre existieren?
Und wenn es so ist, was kann dann alles aus den Maschinen werden?|Samuel Butler|''Erewhon''|ref=<ref>„There is no security ... against the ultimate development of mechanical consciousness, in the fact of machines possessing little consciousness now. A mollusc has not much consciousness. Reflect upon the extraordinary advance which machines have made during the last few hundred years, and note how slowly the animal and vegetable kingdoms are advancing. The more highly organised machines are creatures not so much of yesterday, as of the last five minutes, so to speak, in comparison
with past time. Assume for the sake of argument that conscious beings have existed for some twenty million years: see what strides machines have made in the last thousand! May not the world last twenty million years longer? If so, what will they not in the end become?“<br />Samuel Butler: ''[http://en.wikisource.org/wiki/Erewhon/Chapter_23 Erewhon; Or, over the Range'', Chapter 23: The Book of the Machines], 1872 </ref>}}


In seinen späten Jahren fernab des politischen Tagesgeschehens veröffentlichte er seine Hauptwerke; die Entwürfe und Skizzen dazu waren aber weit älter. Sie sind in ihren Grundzügen bereits entstanden, als Locke noch eng mit dem Earl of Shaftesbury zusammenarbeitete. Sein erster Entwurf zum ''Versuch über den menschlichen Verstand'' datiert von 1671.
Durch die weitere Entwicklung der [[Medizin]] und des maschinellen „Denkens“ wird etwa ab dem Jahr [[2200]] namentlich von [[Amerika]] eine [[Unterdrückung des Denkens]] ausgehen. Ein entsprechendes Gegengewicht gegen diese Tendenzen kann - und wird - nur durch die [[Geisteswissenschaft]] gefunden werden können.


1686 erschienen die anonym veröffentlichten ''Briefe über Toleranz'', die teilweise wahrscheinlich auch aus der Feder Shaftesburys stammen. 1690 folgten ebenfalls anonym ''[[w:Zwei Abhandlungen über die Regierung|Zwei Abhandlungen über die Regierung]]'', im selben Jahr erschien der ''Versuch über den menschlichen Verstand'', in dem zumindest sein Name unter dem Vorwort stand; 1692 wurden die bereits 1668 geschriebenen ''Betrachtungen über die Senkung des Zinssatzes und die Erhöhung des Geldwertes'' publiziert, in denen er sich für eine frühe Form des [[w:Freihandel|Freihandel]]s einsetzte, 1694 schließlich die ''Thoughts Concerning Education'' (Gedanken zur Erziehung).
{{GZ|Es wird gar nicht lange dauern, wenn man das Jahr
2000 geschrieben haben wird, da wird nicht ein direktes, aber eine
Art von Verbot für alles Denken von Amerika ausgehen, ein Gesetz,
welches den Zweck haben wird, alles individuelle Denken zu unterdrücken.
Auf der einen Seite ist ein Anfang dazu gegeben in dem,
was heute die rein materialistische Medizin macht, wo ja auch nicht
mehr die Seele wirken darf, wo nur auf Grundlage des äußeren
Experiments der Mensch wie eine Maschine behandelt wird...


Eine Ausnahme in seinem Werk bilden die zwei Abhandlungen über die Regierung ''(Two Treatises on Government)'', über die es keine Skizzen, Manuskripte oder andere Aufzeichnungen Lockes gibt. Das Buch entstand im Wesentlichen wahrscheinlich Mitte der 1680er vor der Bill of Rights. Da es erst nach dieser veröffentlicht wurde, konnte er aber Einleitung und bestimmte Teile so umschreiben, dass es als Begründung dieser gelesen werden konnte. Er ließ die Arbeit nicht nur anonym verlegen, sondern beseitigte auch alle Spuren, die ihn als Verfasser mit dem Werk in Zusammenhang bringen konnten. Unter anderem vernichtete er das Manuskript. Obwohl bereits zu Lebzeiten viele Zeitgenossen ihm die Abhandlung öffentlich zuschrieben und sie lobten, reagierte Locke nicht darauf. Selbst in seinem eigenen alphabetisch geordneten Bücherregal war es bei den unbekannten Autoren eingeordnet. Erst in seinem Testament bekannte er sich zur Autorenschaft.
Man muß eben wissen,
daß in allem Materiellen Geistiges ist und daß durch die Erkenntnis
des Geistes auch nur allein das Materielle geheilt werden kann.
Aber das soll ausgeschaltet werden, das Geistige, von der ganzen
Welt. Das ist einer der Anfänge.


=== Erkenntnistheorie ===
Einer der anderen Anfänge: Wir haben ja heute schon Maschinen
[[Datei:Locke Essay 1690.jpg|miniatur|250px|''An Essay concerning Humane Understanding'' (London: T. Basset/E. Mory, 1690)]]
zum Addieren, Subtrahieren: nicht wahr, das ist sehr bequem, da
Locke lieferte einen bedeutenden Beitrag zur [[Erkenntnistheorie]]. Er befürwortet zwar die [[rational]]e [[Theologie]] und die Wende der [[Philosophie des Mittelalters]] zur [[Philosophie der Neuzeit]], die die [[Rationalismus|rationalistische]] Philosophie vor allem [[René Descartes]] verdankt. Locke wandte sich aber gegen die Rechtfertigung der Naturwissenschaften aus dem bloßen Denken und suchte ihr Fundament stattdessen in der [[Erfahrung]].
braucht man nicht mehr zu rechnen. Und so wird man es auch
machen mit allem. Das wird nicht lange dauern, ein paar Jahrhunderte
— dann ist alles fertig; dann braucht man nicht mehr zu
denken, nicht mehr zu überlegen, sondern man schiebt. Zum Beispiel
da steht: «330 Ballen Baumwolle Liverpool», so überlegt man
heute sich da noch etwas, nicht wahr? Aber dann schiebt man bloß,
und die Geschichte ist ausgemacht. Und damit nicht gestört wird das
feste Gefüge des sozialen Zusammenhangs der Zukunft, werden
Gesetze erlassen werden, auf denen nicht direkt stehen wird: Das
Denken ist verboten, aber die die Wirkung haben werden, daß alles
individuelle Denken ausgeschaltet wird. Das ist der andere Pol, dem
wir entgegen arbeiten. Dagegen ist das Leben heute immerhin nicht
gar so unangenehm. Denn wenn man nicht über eine gewisse Grenze
hinausgeht, so darf man ja heute noch denken, nicht wahr? Allerdings
eine gewisse Grenze überschreiten darf man ja nicht, aber
immerhin, innerhalb gewisser Grenzen darf man noch denken. Aber
das, was ich geschildert habe, das steckt in der Entwickelung des
Westens, und das wird kommen durch die Entwickelung des Westens.


Dennoch nahm er wie Descartes als Ausgangspunkt der philosophischen Überlegungen den [[Zweifel]] an der gegenständlichen Wirklichkeit, an der [[Existenz]] der Außenwelt. Die Aufhebung dieses Zweifels wurde von ihm nun nicht mehr über den [[Gott]]esbegriff vollzogen, sondern [[Empirismus|empiristisch]], angeregt durch [[Pierre Gassendi]]. In seinem aus vier Büchern bestehenden Hauptwerk ''[[An Essay concerning Humane Understanding]]'' (Ein Versuch über den menschlichen Verstand) untersuchte Locke den Ursprung, die Gewissheit und den Umfang menschlichen Wissens in Abgrenzung zu [[Glauben]], Meinen und Vermuten. Ausgangspunkt war einerseits Lockes [[scholastisch]]e Ausbildung in Oxford auf Basis des in England vorherrschenden [[Universalienproblem|Nominalismus]]. Andererseits hatte er sich in seinem vierjährigen Frankreichaufenthalt intensiv mit Descartes und dessen Vorstellung eingeborener Ideen auseinandergesetzt.
Also in diese ganze Entwickelung muß sich auch die geisteswissenschaftliche
Entwickelung hineinstellen. Das muß sie klar und
objektiv durchschauen. Sie muß sich klar sein, daß das, was heute
wie ein Paradoxon erscheint, geschehen wird: ungefähr im Jahre
2200 und einigen Jahren wird eine Unterdrückung des Denkens in
größtem Maßstabe auf der Welt losgehen, in weitestem Umfange.
Und in diese Perspektive hinein muß gearbeitet werden durch Geisteswissenschaft.
Es muß soviel gefunden werden — und es wird gefunden
werden —, daß ein entsprechendes Gegengewicht gegen diese
Tendenzen da sein kann in der Weltenentwickelung.|167|97ff}}


Entsprechend untersuchte Locke im ersten Buch zunächst den Ursprung der Ideen und entwickelte eine Vielzahl pragmatischer Argumente gegen die Existenz eingeborener Ideen. Seine Grundthese ist die bereits weit vor ihm formulierte Aussage: ''Nihil est in intellectu quod non (prius) fuerit in sensibus'' („Nichts ist im Verstand, was nicht vorher in den Sinnen gewesen wäre“). Das zweite Buch befasst sich mit dem Zusammenhang von Ideen und Erfahrung. Das menschliche Bewusstsein ist bei der Geburt wie ein weißes Blatt Papier ([[Tabula rasa]]), auf das die Erfahrung erst schreibt. Ausgangspunkt der Erkenntnis ist die sinnliche Wahrnehmung. Er unterschied äußere Wahrnehmungen ''(sensations)'' und innere Wahrnehmungen ''([[Reflexion (Philosophie)|reflections]])''. Der nächste Schritt ist im dritten Buch die Untersuchung der Rolle der [[Sprachphilosophie|Sprache]], ihres Zusammenhangs mit den Ideen und ihrer Bedeutung für das Wissen. Buch vier handelt schließlich von den komplexen (zusammengefassten) Ideen, von den Grenzen des Wissens und dem Verhältnis von Begründung und Glauben.
Hinter dieser Entwicklung stehen ganz deutlich [[ahriman]]ische Mächte. [[Ahriman]] will die ganze [[Erde (Planet)|Erde]] in einen von [[Maschine]]n erfüllten Planeten verwandel, in eine Art von ''neuem Saturn'', und von hier aus eine neue Entwicklungsreihe beginnen. Heute ist die Zeit gekommen, wo wir uns mit diesen Kräften bewusst auseinandersetzen ''müssen'', um sie letztlich überwinden zu können.


==== Ideen ====
{{GZ|Das sind die ahrimanischen Wesenheiten. Diese ahrimanischen Wesenheiten,
Lockes Kritik der Vorstellung der eingeborenen Ideen ''(ideae innatae)'' hat einen aufklärerischen Charakter. Durch die Untersuchung der Dinge selbst soll den [[Dogma|Dogmen]], Vorurteilen und den von Autoritäten vorgegebenen Prinzipien, wie sie zu seiner Zeit an der Tagesordnung waren, der Boden entzogen werden. Nachdrücklich wandte er sich gegen Descartes' Annahme, dass auch die Gottesidee angeboren sei: denn in vielen Gegenden der Welt gebe es keine entsprechende Gottesvorstellung.
die wollen alle Vergangenheit auslöschen und wollen dem
Menschen nur das als ein Ergebnis lassen, was also unmittelbar er auf
der Erde errungen hat...


Wenn es angeborene Ideen gäbe, müssten diese auch bei geistig zurückgebliebenen Menschen vorhanden sein.
Mit der Erde soll eine neue Evolution
 
beginnen, die soll ein neuer Saturn sein, dann die Sonne kommen und so
{{Zitat|Erstens nämlich ist es offensichtlich, daß alle Kinder und Idioten nicht im geringsten eine Vorstellung oder einen Gedanken von diesen Sätzen haben. Schon dieser Mangel genügt, um jene allgemeine Zustimmung zunichte zu machen, die notwendig und unbedingt die Begleiterin aller angeborenen Wahrheiten sein müßte.|Buch I, Kapitel 1, Abschnitt 3}}
weiter. Das ist das Ideal dieser anderen Wesenheiten. Sie stürmen ins
 
Unbewußte des Menschen herein, in das Willensleben, das Stoffwechsel-
Eingeborene Ideen würden auch die Vernunft überflüssig machen, da man nicht erst zu entdecken braucht, was man schon besitzt. Prinzipien wie das vom [[Satz vom Widerspruch|ausgeschlossenen Widerspruch]] („Nichts kann zugleich und in derselben Hinsicht sein und nicht sein“) oder von der Identität („Alles, was ist, das ist“) sind evident, müssten aber erst durch die Vernunft erschlossen werden. Es gibt keine Kriterien zur Unterscheidung eingeborener von erworbenen Ideen. Auch das Kriterium der [[Evidenz]] kann aus Sicht Lockes nicht eingeborene Ideen kennzeichnen, denn es gebe so viele evidente Aussagen, dass diese unmöglich angeboren sein könnten. Aus den gleichen Gründen gebe es auch keine eingeborenen moralischen Prinzipien. Grundsätze wie [[Gerechtigkeit]] oder das Einhalten von Verträgen müssten durch die Vernunft begründet werden, damit sie Allgemeingültigkeit erhalten.
Gliedmaßenleben, da stürmen sie herein. Sie sind dasjenige Geschlecht
[[Datei:John Locke Ideen.png|miniatur|300px|Übersicht über die Darstellung der Ideen bei John Locke]]
unter den geistigen Wesenheiten, die dem Menschen beibringen wollen
Als wesentliches Argument gegen den [[Innatismus]] sah Locke an, dass seine eigene, für ihn schlüssige Erkenntnistheorie ohne die Vorstellung der eingeborenen Ideen auskam.
ein besonderes Interesse für alles Mineralisch-Materielle, die dem Menschen
 
beibringen wollen ein Interesse für alles dasjenige, was zum Beispiel
Das Material der Erkenntnis sind einfache Ideen. Deren Ursprung liegt in der Erfahrung. Locke unterschied dabei ''sensations'' (äußere Eindrücke) und ''reflections'' (innere Eindrücke), die erst im Verstand zu komplexen Ideen verbunden und geformt werden. Die inneren Eindrücke umfassen geistige Tätigkeiten wie Wahrnehmen, Zweifeln, Glauben, Schließen, Erkennen oder Wollen. Komplexe Ideen entstehen durch Vergleichen, Zusammensetzen, Abstrahieren und andere entsprechende Tätigkeiten des Verstandes. Damit war Locke nicht – wie so oft zu lesen ist – [[Sensualismus|Sensualist]]. Für ihn gab es sehr wohl einen aktiven Verstand (vgl. [[intellectus agens]]), der im Erkenntnisprozess eine wesentliche Rolle spielt. So weit besteht kein Unterschied zu [[Immanuel Kant|Kant]]. Für Locke gab es lediglich keine Ideen [[a priori]], sondern nur das [[Vermögen (Fähigkeit)|Vermögen]], Wahrnehmungen zu verarbeiten zu Abbildern, komplexen Ideen und Begriffen. Bei komplexen Ideen unterschied er Substanzen, Relationen und Modi. [[Substanz]]en sind Dinge, die eigenständig existieren, einschließlich der [[Engel]], Gott und anderer „konstruierter“ Gegenstände. In ''Relationen'' drückt sich das Verhältnis verschiedener Ideen aus. ''Modi'' sind Ideen, die nicht die Wirklichkeit abbilden, sondern geistige Konstrukte, beispielsweise „Dreieck“, „Staat“ oder „Dankbarkeit“.
Äußerlich-Maschinelles, Mechanisches ist. Sie möchten am liebsten
 
alles dasjenige, was die Erde sich vom alten Monde her mitgebracht
Bei der Erfassung der Substanzen, die für Locke jeweils komplexen Ideen entsprechen, unterschied er ''primäre und sekundäre Qualitäten''. Primär sind solche Eigenschaften, die den Substanzen unmittelbar innewohnen wie Ausdehnung, Festigkeit oder Gestalt. Sekundäre Qualitäten sind Eigenschaften, die nicht tatsächlich im Körper des Gegenstandes vorzufinden sind, sondern in der Idee der jeweiligen Substanz von unserer Wahrnehmung hinzugefügt werden.
hat, zerstören, möchten, daß die Tierwelt verschwinde, daß die physische
 
Menschenwelt verschwinde, die Pflanzenwelt verschwinde, daß
{{Zitat|Was in der Idee von Süß, Blau oder Warm ist, ist nur eine gewisse Größe, Gestalt und Bewegung der sinnlich nicht wahrnehmbaren Teilchen in den Körpern selbst, die wir so benennen.|II, 8,15}}
vom Mineralreich nur die physischen Gesetze bleiben, aber namentlich,
 
daß die Menschen von der Erde weggenommen würden; und einen
Locke fand in der Unterscheidung der sekundären Qualitäten ein Problem, das noch in der Philosophie der Gegenwart unter dem Stichwort [[Qualia]] intensiv diskutiert wird. Sekundäre Qualitäten sind für Locke Produkte des [[Geist]]es. Sie „sind nichts weiter als die Vermögen verschiedener Kombinationen der primären Qualitäten.“ (II,8,22). Primäre Qualitäten sind Eigenschaften fester Körper, deren [[Abbild]]er Ideen im menschlichen Geist hervorrufen. Dies setzt einen nicht näher bestimmbaren Träger voraus (II,22,2), eine Substanz, deren Erkenntnis angenommen werden muss, ein Ding von dem wir offensichtlich keine klare Idee haben. Diese Substanz beschrieb Locke in Anlehnung an Gassendi und in Übereinstimmung mit dem von Boyle vertretenen [[Atomismus]] als nicht wahrnehmbare kleinste Teilchen. Seine Vorstellung kennzeichnete er als [[Hypothese]]. Die Welt ist so, wie sie uns erscheint, auch wenn sie mit der realen Welt nicht übereinstimmen muss. Aber am Konzept einer realen Welt muss man festhalten. Als Konsequenz ergibt sich ein [[Dualismus (Ontologie)|Dualismus]] von Geist und Materie. Die Annahme sowohl einer geistigen Welt als auch einer realen Welt war Ansatzpunkt der Kritik sowohl durch Berkeleys [[Idealismus (Philosophie)|Idealismus]] als auch Humes [[Skeptizismus]].
neuen Saturn aus Maschinen möchten sie bilden, eine neue Welt aus
 
lauter Maschinen. So soll die Welt dann weitergehen. Das ist eigentlich
==== Erkenntnis ====
ihr Ideal. Auf äußerem wissenschaftlichem Gebiete haben sie das Ideal,
[[Datei:John Locke Erkenntnis.png|miniatur|300px|Konzept der Erkenntnis bei John Locke]]
alles zur Materie zu machen, zu mechanisieren.|203|261}}
Erkenntnis ist Locke zufolge die Perzeption (Wahrnehmung) der Übereinstimmung oder Nichtübereinstimmung von Ideen. Zur Erkenntnis bedarf es also des Urteils, ob eine Aussage gültig ist. Locke unterschied drei Elemente der Erkenntnis, die ''intuitive'', die ''demonstrative'' und die ''sensitive'' Erkenntnis. Intuitiv erkennt man Ideen als solche, wenn sie im Geist als Einheit vorhanden sind (Identität) und sie sich von anderen Ideen unterscheiden (Distinktheit). Das intuitive Erfassen einer Idee ist notwendig für die weiteren Erkenntnisschritte. Intuitive Wahrheit ergibt sich, wenn die Ideen nicht mehr weiter analysierbar sind (Evidenz).
 
Demonstrative Erkenntnis findet nur mittelbar statt. Der Verstand hat das Vermögen, mit Hilfe der Ideen einen Zusammenhang zwischen zwei Ideen herzustellen. Dieses Vermögen ist nach Locke die Vernunft. Diese Art der Erkenntnis nannte er die rationale. Die Verknüpfung der Ideen erfolgt dabei in Einzelschritten, wobei jeder Schritt durch intuitive Erkenntnis bestätigt wird. Die scholastischen [[Syllogismus|Syllogismen]] waren für Locke nur deduktiv, also nicht geeignet, tatsächlich neue Erkenntnis zu erzeugen. Sie hatten nur eine didaktische Funktion.
 
Mit der sensitiven Erkenntnis schließlich erfasst der Mensch die Existenz realer Gegenstände; denn „niemand kann im Ernst so skeptisch sein, dass er über die Existenz der Dinge, die er sieht oder fühlt, ungewiss wäre“ (IV, 11, 3). Allerdings sind die Sinne gegenüber der Evidenz und der Ableitbarkeit mit einer gewissen Unsicherheit behaftet, so dass Locke am Ende die Erkenntnis im engeren Sinne als intuitive und demonstrative Erkenntnis bestimmt.
 
{{Zitat|Diese beiden, Intuition und Demonstration, sind die Grade unserer Erkenntnis. Alles, was nicht einer diesen beiden entspricht, ist – wie zuversichtlich man es auch annehmen mag – bloßer Glaube oder Meinung, aber nicht Erkenntnis.|IV,2,14}}
 
Wie sicher ist aber das Wissen um das Erkannte? Lockes Empirismus begrenzt die Erkenntnis auf die Erfahrung. Was jenseits der sinnlichen Erfahrung liegt, die Essenz (das Wesen) der Dinge, kann nicht erkannt werden. Der Verstand gibt dem Erkannten Einheit, indem er den „Begriff von der reinen Substanz im allgemeinen“ (II,4,18) bildet. Über die Natur lässt sich nichts Endgültiges sagen. Mit Hilfe der Vernunft kann der Mensch die Sinne nicht übersteigen. Er kann nur [[Hypothese]]n aufstellen als Leitfaden für Forschung und Experiment. Absolute Gewissheit ist auf empirischem Wege nicht möglich. Im Bereich der Hypothesen arbeitet der Verstand mit abstrakten Begriffen wie Art und Gattung, indem er von der Erfahrung abgeleitete, aber abstrahierte komplexe Ideen wie Relationen und Modi verwendet. Solche Ideen wie die des Dreieckes haben nicht nur [[Universalienproblem|nominale]], sondern auch reale Essenz. Deshalb ist es in den abstrakten Wissenschaften wie der Mathematik möglich, unanfechtbare Wahrheiten zu finden.
 
{{Zitat|Allgemeine und sichere Wahrheiten sind lediglich in den Beziehungen und Verhältnissen der abstrakten Ideen begründet.|IV,12,7}}
 
Da er z.&nbsp;B. Gerechtigkeit, Dankbarkeit oder Diebstahl gleichzeitig als Modi einstufte, zählte Locke die Moral zu den abstrakten Wissenschaften, für die man diese allgemeinen und sicheren Wahrheiten mit Hilfe der Vernunft herleiten kann.
 
==== Rezeption der Erkenntnistheorie ====
Erste Reaktionen auf den Essay gab es bereits zu Lockes Lebzeiten, wobei sich sowohl [[René Descartes|Cartesianer]] (John Norris) als auch [[Thomismus|Thomisten]] (John Sergeant) ablehnend äußerten. Von den bekannten Philosophen reagierten sowohl [[Gottfried Wilhelm Leibniz|Leibniz]] mit ''Neue Abhandlungen über den menschlichen Verstand'' (1704, gedruckt 1759) als auch [[George Berkeley|Berkeley]] mit der ''Abhandlung über die Prinzipien der menschlichen Erkenntnis'' (1709) unmittelbar kritisch auf das Werk Lockes. Dieses kann daher als Anstoß für eine neue Gattung von Abhandlungen in der Philosophie angesehen werden, die sich ausschließlich auf die erkenntnistheoretische Frage konzentriert.
 
In diesem Sinn stehen auch Humes ''[[Untersuchung über den menschlichen Verstand]]'' und Kants ''[[Kritik der reinen Vernunft]]'' in einer Linie der Diskussion über die Erkenntnistheorie. Während Locke, Berkeley und Hume jeweils die empiristische Position vertraten, sind Leibniz und Kant Vertreter des [[Apriorismus]] – ein Gegensatz, der seit Descartes und Locke die philosophische Auseinandersetzung über den [[Positivismus]] ([[John Stuart Mill]]) und [[Neopositivismus]] einerseits sowie den deutschen Idealismus einschließlich [[Arthur Schopenhauer]], der Locke als seicht kritisierte, und dem [[Neukantianismus]] andererseits bis in die Gegenwart bestimmte. Lockes Theorie der Erfahrung fand in [[Prozess und Realität]] bei [[Alfred North Whitehead]] eine positive Aufnahme, wohingegen er kritisierte, dass Locke die Trennung von [[Subjekt (Philosophie)|Subjekt]] und [[Substanz]] ebenso wie viele andere Philosophen seiner Zeit zumindest implizit übernommen habe.
 
=== Religion, Toleranzidee und Erziehungsgedanken ===
 
Von Lockes theologischen Schriften ist besonders ''The Reasonableness of Christianity as Deliver’d in the Scriptures'' (Vernünftigkeit des Christentums wie in der Heiligen Schrift dargestellt, 1695) wichtig. Locke verband rationalistisches Gedankengut mit dem überkommenen [[Supranaturalismus]]. Er wollte darlegen, dass das in der Bibel Bezeugte der Vernunft entspricht, ja von ihr als logisch anerkannt werden muss. Die Wunder seien eine Beglaubigung des Wahrheitsanspruchs der Bibel. Locke hielt an der wörtlichen Eingebung der biblischen Texte ([[Verbalinspiration]]) fest, ebenso am kosmologischen [[Gottesbeweis]]. [[Jesus]] war für ihn sowohl Lehrer des göttlichen Willens ([[Heiland]]) als auch Erlöser ([[Christologie|Christus]]) und Inhalt der göttlichen Selbstbekundung (Gottes Sohn).<ref>D. Henrich: Locke, John. – In: Die Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. Aufl., Band IV (1960), Sp. 425 f. – Karl Heussi: Kompendium der Kirchengeschichte. 11. Aufl. (1956), S. 398</ref> Ähnlich wie [[Martin Luther|Luther]] beschäftigte sich Locke intensiv mit den [[Paulusbriefe|Briefen des Apostels Paulus]]. Posthum erschien ''A Paraphrase and Notes on the Epistles of St. Paul'' (Eine [[Paraphrase (Sprache)|Paraphrase]] und Anmerkungen zu den Paulusbriefen).
 
Die Eltern Lockes waren [[Puritanismus|Puritaner]].<ref>[http://plato.stanford.edu/entries/locke/#LocLifUpHisMeeLorAsh166 Uzgalis, William, „John Locke“, The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Winter 2010 Edition)]</ref> Deshalb waren ihm von klein auf reformatorische [[Frömmigkeit]], Lebensführung und [[Theologie]] vertraut. Dazu gehörten ganz wesentlich die demokratischen Strukturen im Leben der Kirchengemeinden bei [[Kongregationalisten]], [[Presbyterianer]]n, [[Baptisten]] und [[Quäker]]n (z.&nbsp;B. Wahl der Kirchenältesten (Presbyter) und der in die regionalen und nationalen [[Synode (Gremium)|Synoden]] entsandten Vertreter durch die Gemeindeglieder, Gleichstellung von Geistlichen und Laien). Dieser demokratische Ansatz geht zurück auf Anschauungen Luthers („allgemeines Priestertum aller Gläubigen“, Wahl und gegebenenfalls Abwahl von Pfarrern durch die Gemeindeglieder), [[Calvinismus|Calvin]]s Kirchenordnung (1541; gewählte Kirchenälteste usw.) und die Schaffung von Synoden auf regionaler und nationaler Ebene durch die [[Hugenotten]] (Trennung von Kirche und Staat).<ref>Karl Heussi: Kompendium der Kirchengeschichte. 11. Aufl. (1956), S. 316; 325</ref>
 
Die 1620 von Kongregationalisten („[[Pilgerväter]]“) in Nordamerika gegründete [[Plymouth Colony]] wurde ebenso demokratisch verwaltet wie die benachbarte [[Massachusetts Bay Colony]].<ref>[http://www.histarch.uiuc.edu/plymouth/index2.html The Plymouth Colony Archive Project] und [http://www.quaqua.org/pilgrim.htm Massachusetts Bay Colony]</ref> Der Baptist [[Roger Williams]] gründete 1636 die Kolonie [[Rhode Island]]s, die demokratische Grundsätze mit Glaubens- und Gewissensfreiheit für alle christlichen Bekenntnisse verband. Dasselbe verwirklichte [[William Penn]] 1682 in der Kolonie [[Pennsylvania]], die eine Zufluchtsstätte für in Europa verfolgte religiöse Minderheiten wurde (Quäker, Hugenotten, [[Mennoniten]], [[Böhmische Brüder]] und viele andere).<ref>M. Schmidt: Pilgerväter. – In: Die Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. Aufl., Band V (1961), Sp. 384</ref> Die englische Öffentlichkeit erfuhr von diesen für das 17. Jahrhundert umwälzenden Ereignissen durch Schriften, die Führungspersönlichkeiten dieser Kolonien veröffentlichten (z.&nbsp;B. [[Edward Winslow]], [[William Bradford (1590–1657)|William Bradford]], [[John Cotton]]). Die Kolonien kannten bereits ansatzweise das Prinzip der [[Gewaltenteilung]].
 
Im Zusammenhang mit der Reformation war die [[Täuferbewegung]] entstanden. Als vielfach verfolgte Minderheit bestanden die Täufer auf Glaubens- und Gewissensfreiheit. Anfang des 17. Jahrhunderts bildeten sich aus dem englischen Täufertum Baptistenkirchen (General Baptists und Particular Baptists). Führende Baptisten wie [[John Smyth]], [[Thomas Helwys]] und [[John Murton]] forderten in einer Reihe von Schriften das Recht auf [[Religionsfreiheit|freie Religionsausübung]].<ref>Karl Heussi: Kompendium der Kirchengeschichte. 11. Aufl. (1956), S. 382</ref> Auch Roger Williams schrieb ein leidenschaftliches Plädoyer für die Freiheit von Glauben und Gewissen.
 
Locke war von diesen Schriften beeinflusst.<ref name="Karl Heussi 1956">Karl Heussi, Kompendium der Kirchengeschichte. 11. Aufl. (1956), S. 398</ref> Zu diesen Einflüssen gehörte zudem der Verfassungsentwurf der Independenten (Kongregationalisten) unter ihrem Führer Oliver Cromwell (Agreement of the People, 1647), der als Folge demokratischer Tendenzen die Gleichheit aller Menschen betonte.<ref>W. Wertenbruch: ''Menschenrechte. Geschichtlich''. In:`''Die Religion in Geschichte und Gegenwart'', 3. Aufl., Band IV (1960), Sp. 869</ref> Der „positiv-gläubigen Stellung Lockes zur Religion“ (Karl Heussi) entsprach es, dass er religiöse Toleranz nicht bzw. nicht nur philosophisch begründet (siehe unten), sondern wie etwa auch Roger Williams biblisch-theologisch.<ref name="Heinrich Bornkamm 1962 p. 943">Heinrich Bornkamm: ''Toleranz. In der Geschichte des Christentums''. In: ''Die Religion in Geschichte und Gegenwart'', 3. Aufl., Band VI (1962), Sp. 943</ref> Schon im frühen 16. Jahrhundert hatte Luther die „unerzwingbare Freiheit des Glaubens“ betont.<ref name="Heinrich Bornkamm 1962 p. 943" /> Locke nahm von der Tolerierung durch den Staat den Atheismus und den Katholizismus aus.<ref name="Karl Heussi 1956" /> Damit sind auch alle atheistischen Formen der Aufklärung abgelehnt. Die katholische Kirche verhindert nach Lockes Ansicht die Verwirklichung seines zentralen Anliegens, des Rechts des Einzelnen, über sein Denken, Glauben und Handeln selbst bestimmen zu können.<ref>D. Henrich Locke, John. – In: Die Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. Aufl., Band IV (1960), Sp. 425</ref> Locke unterstützte die Kräfte, die sich gegen die absolutistischen Ansprüche Karls I., Karls II. und Jakobs II. sowie ihre Anstrengungen wandten, in England und Schottland gegen den Willen der überwiegenden Mehrheit des Volkes den Katholizismus als Staatsreligion wieder einzuführen. Damit wäre auch die [[Inquisition]] zurückgekehrt. Deshalb begrüßte Locke die [[Glorious Revolution]] (1688) und den Beschluss des Parlaments, dass jeder englische Monarch Mitglied der [[Church of England|anglikanischen Kirche]] sein muss.
 
In seinem ''Letter Concerning Toleration'' ([[Brief über die Toleranz]]) und den zwei Nachfolgebriefen ging Locke auf das Verhältnis zwischen Staat und [[Religion]] ein. Er fürchtete damals die Machtübernahme der [[Römisch-katholische Kirche|Römisch-katholischen Kirche]] und eine Verfolgung aller Andersgläubigen. Er sprach sich dafür aus, dass der Staat die Religion größtenteils seinen Bürgern überlasse. Locke griff dabei im Wesentlichen auf ein religiös-[[christlich]]es und drei im engeren Sinn philosophische Argumente zurück. Religiös argumentierte er, dass sich nirgendwo in der [[Bibel]] ein Hinweis darauf finde, dass Menschen mit Gewalt dazu gezwungen würden, ihre Religion zu wechseln. Innerhalb der philosophischen Argumentation nahm er einen Gedanken aus seinen ''Two Treatises'' auf: der Daseinszweck der Regierung sei es, Leben, Freiheit und Eigentum zu schützen; würde sie in das religiöse Leben ihrer Bürger eingreifen, würde sie ihre Kompetenzen überschreiten. Dies wäre auch nicht sinnvoll, da es beim Glauben auf eine innere Einkehr und Überzeugung ankäme, die mit Gewalt und Verfolgung nicht erzwungen werden könne. Die rein äußerliche Annahme einer anderen Religion würde keinen Schritt zum wahren Glauben hinführen, aber in die Naturrechte der Untertanen eingreifen. Und selbst angenommen, die Regierung könnte auf eine Art die innere Überzeugung der Untertanen ändern, so wäre es immer noch fraglich, ob dies der wahren Religion helfen würde, da Regierungen an sich genauso anfällig dafür seien, eine falsche Religion zu propagieren wie ihre Untertanen.
 
In der [[Pädagogik|Erziehung]] wandte sich Locke, der nicht verheiratet war und keine Kinder hatte, gegen strenge Schulzucht. Stattdessen müsse die Erziehung die Individualität der Kinder und Jugendlichen fördern. Lockes Empfehlungen zu Bildung und Erziehung sind eng verknüpft mit seiner Lehre, dass jedes Kind in geistiger Hinsicht als Tabula rasa zur Welt kommt.<ref>D. Henrich: Locke, John. – In: Die Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. Aufl., Band IV (1960), Sp. 425–426</ref>
 
=== Gesellschafts- und Staatstheorie ===
[[Datei:Locke treatises of government page.jpg|miniatur|Titelseite der Ausgabe von 1690, veröffentlicht 1689]]
Locke schrieb seine Werke vor dem Hintergrund der Konflikte zwischen Parlament und Krone. Zu seiner Zeit waren es keine abstrakten Überlegungen, sondern argumentatorische Waffen im Konflikt um die neue Gesellschaftsordnung. Dabei stand das absolute Recht des Königs gegen die Ansprüche des Bürgertums auf Regierungsbeteiligung und eigene Rechte gegenüber dem König. Locke begründet, warum die Macht des Herrschenden eingeschränkt sein soll.
 
Lockes politisches Denken geht von „protestantisch-christlichen“ Annahmen aus.<ref>„Protestant-Christian assumptions.“ John Dunn, ''Political Thought of John Locke: A Historical Account of the Argument of the ‘Two Treatises of Government’''. Cambridge University Press 1969, S. 99. Zustimmend zitiert in Jeremy Waldron, ''God, Locke, and Equality: Christian Foundations in Locke's Political Thought''. Cambridge University Press. Cambridge 2002, S. 12</ref> Als Theologe leitet er bestimmte zentrale Begriffe wie Gleichheit der Menschen aus biblischen Texten ab und untersucht dann als Philosoph mit Hilfe des Verstandes die Konsequenzen, die sich aus den Begriffen für Staat und Gesellschaft ergeben. Der [[Whig]] (Anhänger der [[Konstitutionelle Monarchie|konstitutionellen Monarchie]]) Locke geht 1689 in seinen politischen Hauptwerk ''[[Two Treatises of Government]]'' (Zwei Abhandlungen über die Regierung) von natürlich gegebenen Rechten der Menschen aus (siehe [[Naturrecht]]). Er setzt bestimmte Annahmen über den Zustand des Menschen in Abwesenheit des Staates und leitet von diesen ab, wie die Menschen im Naturzustand zusammenlebten. Über die Anhäufung von Eigentum bildeten sich Gesellschaften. Mithilfe seiner [[Vertragstheorie]] begründet Locke, wie diese sich Gesellschaftsverträge und somit Regierungen gaben. Da Regierungen nur geschaffen wurden, um bestimmten menschlichen Zwecken zu dienen, kann er im Folgenden legitime und illegitime Regierungen unterscheiden. Gegen illegitime Regierungen sieht er ein Recht auf [[Revolution]].
 
==== Naturrechtslehre ====
Was als „Naturrecht“ bezeichnet wird, ist notwendigerweise inhaltlich unbestimmt. Denn man kann aus der „Natur“ des Menschen, aus angeblichen Ur- oder Idealzuständen der menschlichen Gesellschaft als „Recht“ nur das herauslesen, was man zuvor in sie hineingetragen hat.<ref>Helmut Thielicke: Theologische Ethik, 1. Band, Tübingen (1956), S. 657</ref> Die protestantischen Naturrechtsphilosophen [[Wikipedia:Hugo Grotius|Hugo Grotius]], [[Wikipedia:Samuel Pufendorf|Samuel Pufendorf]] und John  Locke entgingen dem Dilemma der inhaltlichen Unbestimmtheit des Naturrechts, indem sie es mit der biblischen Offenbarung gleichsetzten, da beide ihrer Ansicht nach auf denselben Urheber, Gott, zurückgingen.<ref>H. Hohlwein: ''Pufendorf, Samuel Freiherr von''. In: ''Die Religion in Geschichte und Gegenwart'', Band V, Spalte 721. – Jeremy Waldron: ''God, Locke, and Equality: Christian Foundations in Locke’s Political Thought''. Cambridge University Press, Cambridge 2002, S. 208</ref> Locke war zeitlebens fest in einem calvinistisch gefärbten Protestantismus verwurzelt.<ref>Jeremy Waldron: ''God, Locke, and Equality: Christian Foundations in Locke’s Political Thought''. Cambridge University Press, Cambridge (2002), S. 13</ref> Er nimmt in allen seinen Schriften, die sich mit politischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Fragen beschäftigen, ständig Bezug auf das [[Wikipedia:Altes Testament|Alte Testament]] und [[Wikipedia:Neues Testament|Neue Testament]]. Insbesondere aus der [[Wikipedia:Schöpfungsgeschcihte|Schöpfungsgeschichte]] (1. Mose 1 und 2), dem [[Wikipedia:Zehn Gebote|Dekalog]] (Zehn Gebote, 2. Mose 20), dem Verhalten und der Lehre Jesu (Barmherziger Samariter {{Bibel|Lukas|10|30-37}}, Liebesgebot {{Bibel|Matthäus|5,44}}; {{Bibel|Matthäus|19,19}}, [[Goldene Regel]] {{Bibel|Matthäus|7, 12}} u.&nbsp;a.) und den Ermahnungen der Briefe des Apostels [[Paulus von Tarsus]] leitete er entscheidende Punkte seiner politischen Theorie ab. Natur ist von Gott geschaffene Wirklichkeit. „Was den Inhalt des Naturrechts angeht, so ist Locke fest davon überzeugt, dass Gottes Gebote notwendigerweise vernunftgemäß sind: Gott gab dem  Menschen die Vernunft, und‚ mit ihr ein Gesetz, das nichts anderes enthalten konnte, als was die Vernunft vorschrieb.‘“ (“As for the content of natural law, Locke insists that God’s commands are necessarily reasonable: God gave man reason, and ‘with it a law: that could not be otherwise than what reason should dictate’.”)<ref>Jeremy Waldron: ''God, Locke, and Equality: Christian Foundations in Locke’s Political Thought''. Cambridge University Press, Cambridge (2002), S. 97, 41ff, 101, 155, 181, 192, 194, 196, 207f, 215, 217, 230</ref>  Der Dekalog stellt unter anderem Leben, Eigentum und guten Ruf des Menschen, also seine Ehre und Würde, unter göttlichen Schutz. Der Vorspruch {{Bibel|Ex|20,2}} weist auf die Befreiung des Volkes Israel aus ägyptischer Sklaverei hin. Gottes Befreiungstat geht den Forderungen voraus und begründet sie.<ref>Vgl. Martin Noth: ''Das zweite Buch Mose. Exodus''. Göttingen (1959), S. 130</ref> Das Recht auf Leben, Freiheit, Würde und Eigentum – damit sind zentrale naturrechtliche Begriffe nicht nur des politischen Denkens Lockes, sondern auch anderer Aufklärungsphilosophen benannt und mit biblischem Gehalt gefüllt.
 
Das Recht ergibt sich für Locke zwingend aus seinem Verständnis der Naturrechte. Freiheit, Gleichheit und Unverletzlichkeit von Person und [[Eigentum]] erklärt er zu den höchsten [[Rechtsgut|Rechtsgütern]]. Er geht dabei von dem Gedanken aus, dass das höchste Ziel und Zweck des Menschen das Leben ist. Locke begründet dies noch explizit damit, dass der Mensch durch Gott geschaffen sei:
 
{{Zitat-en|''…by his [God’s] order and about his business, they are his property whose workmanship they are, made to last during his, not one another’s pleasure: … [human being] has no liberty to destroy himself, or so much as any creature in his possession, yet when some nobler use than its bare possession calls for it.''|Übersetzung=Sie sind sein Eigentum, denn sie sind sein Werk, von ihm geschaffen, dass sie so lange bestehen wie es ihm gefällt, nicht aber wie es ihnen untereinander gefällt. … [Der Mensch] hat nicht die Freiheit, sich selbst oder irgendein ihm unterworfenes Lebewesen zu zerstören, es sei denn, ein edlerer Zweck als bloße Erhaltung fordere es.|Two Treatises of Government, II. ii. 5}}
 
Aber er stellt auch fest, dass Gottes Wille durch reines Nachdenken und Weltbeobachtung erkennbar ist (vgl. [[Natürliche Theologie]]). Das würde im Umkehrschluss bedeuten, dass die Argumentation auch ohne Gott funktioniert. Dieser Umkehrschluss lässt aber außer Acht, dass der Verweis auf den biblischen Gott von Locke bewusst gesetzt wurde. Lockes Gedankengänge lassen sich nicht von ihrer Verankerung im biblischen Denken ablösen.<ref>Jeremy Waldron: ''God, Locke, and Equality: Christian Foundations in Locke’s Political Thought''. Cambridge University Press, Cambridge (2002), p. 6</ref> Denn damit werden die Rechte inhaltlich definiert. Um das Überleben zu sichern, sind die Rechte auf Leben, Gesundheit, Freiheit und Eigentum ''(Life, Health, Liberty, Property)'' notwendig.
 
Im Gegensatz zur Konzeption [[Thomas Hobbes]]' sind die Naturrechte bei Locke durch die Rechte anderer begrenzt. Während bei Hobbes im Prinzip jeder ein Recht auf Alles hat, werden die Rechte auf Freiheit und Eigentum bei Locke durch die Freiheits- und Eigentumsrechte anderer eingeschränkt. Niemand soll einem anderen an seinem Leben, seiner Gesundheit, seiner Freiheit oder seinem Besitz Schaden zufügen: “No one ought to harm another in his Life, Health, Liberty, or Possessions” (II, 6; 9–10). Aus dieser Einschränkung leitet er selbst Rechte ab, diejenigen zu bestrafen und Ausgleich gegenüber denen zu fordern, die sie verletzten. Während Hobbes von individuellen Rechten ausgeht, ist Lockes ''Law of Nature'' überindividuell angesiedelt: “the state of nature has a law of nature to govern it, which obliges every one” (II, 6, II, 6–7), deutsch: „Im Naturzustand herrscht ein natürliches Gesetz, das für alle verbindlich ist.“ Damit greift er auf ältere naturrechtliche Konzeptionen zurück.
 
==== Leben ====
Locke begründet als erstes das Recht eines Menschen, die Annehmlichkeiten des Lebens zu genießen und zu erhalten: “to subsist and enjoy the conveniences of life” (I 97, II, 2–3). Wichtig ist hier, dass dieses Recht nicht nur die reine Selbsterhaltung einschließt, sondern auch die Freude am eigenen Leben. Folgend seiner Konzeption der Naturrechte und des daraus resultierenden Naturzustandes bedeutet es auch, dass das Leben der Menschen bereits im Naturzustand gesichert ist. Anders als bei Hobbes kann die Aufgabe der Regierung nicht nur sein, das Leben der Menschen zu schützen.
 
==== Gleichheit ====
 
Es ist bezeichnend für Lockes Denken, dass er die Gleichheit der Menschen, einschließlich der Gleichheit von Mann und Frau, nicht aus philosophischen Prämissen herleitet, sondern aus der Bibel {{Bibel|Gen|1|27}}, der Grundlage der theologischen [[Gottebenbildlichkeit|Imago-Dei]]-Lehre. Gleichheit ist für Locke die Voraussetzung dafür, dass eine Regierung Macht nur mit Einverständnis der Regierten ausüben darf.<ref>Jeremy Waldron, ''God, Locke, and Equality: Christian Foundations in Locke’s Political Thought''. Cambridge University Press, Cambridge (2002), pp. 21-43</ref> Insofern ist sie auch Voraussetzung von Freiheit und die unabdingbare Grundlage jeder rechtsstaatlichen Demokratie.
 
==== Freiheit ====
Die zweite Abhandlung beginnt mit dem Recht auf Freiheit:
{{Zitat-en|''Freedom to order their Actions, and dispose of their Possessions and Persons as they think fit, within the bounds of the Law of Nature, without asking leave, or depending upon the Will of any other man.''|Übersetzung=[Der Naturzustand] ist ein Zustand vollkommener Freiheit, innerhalb der Grenzen des Naturgesetzes seine Handlungen zu lenken und über seinen Besitz und seine Person zu verfügen, wie es einem am besten scheint – ohne jemandes Erlaubnis einzuholen und ohne von dem Willen eines anderen abhängig zu sein.|II, § 4|ref=<ref>[[s:en:Two Treatises of Government/The Second Treatise of Government: An Essay Concerning the True Origin, Extent, and End of Civil Government#Chap. II. Of the State of Nature.|Originaltext online]] auf wikisource</ref>}}
Locke definiert aber auch eine legitime totale Einschränkung der Freiheit: [[Sklaverei]]. Menschen können andere Menschen in dem Moment legitim versklaven, in dem letztere einen ungerechten Krieg beginnen und verlieren. Der Sieger hat, um den Krieg zu beenden, in diesem Moment nur die Wahl, seinen Gegner entweder zu töten oder zu versklaven. Bietet aber der Verlierer als Akt der Reue eine angemessene Wiedergutmachung für das von ihm verschuldete Unrecht an, so muss der Sieger der Vernunft des Naturgesetzes folgen und den Kriegszustand beenden. Beide Parteien verfügen nun wieder über die absolute Freiheit, die dem Naturzustand innewohnt.
 
Der Historiker [[David Brion Davis]] sieht in Locke den letzten großen Philosophen, der die absolute und immerwährende Sklaverei zu rechtfertigen versucht.<ref>Domenico Losurdo: ''Freiheit als Privileg – Eine Gegengeschichte des Liberalismus'', Papyrossa, 2010, S. 12.</ref>
 
==== Eigentum ====
===== Arbeitstheorie: Aneignung der Natur =====
Die Argumentation Lockes zum Eigentum verläuft zweistufig. In der ersten Stufe, der Arbeitstheorie, begründet er, wie Menschen überhaupt rechtmäßig Privateigentum erwerben können. Im ersten Schritt widerspricht er der [[Absolutismus|absolutistischen]] These, die nur dem König legitime Eigentumsrechte zubilligt. Sie lautet, dass die Welt [[Adam und Eva|Adam]], [[Noach]] und dann ihren Nachfahren, den Königen gegeben worden sei, um über sie zu herrschen. Nach Locke gab Gott die Natur allen Menschen gemeinsam (siehe [[1. Mose]]), begründungsbedürftig ist vielmehr, dass Einzelne sich Privateigentum aneignen können und damit den anderen Menschen Zugriff auf diesen Teil der Natur verwehren.
 
Das Eigentum rechtfertige sich aus dem [[Selbsterhaltungsrecht]]: Der Mensch sei folgend dem Freiheits- und Selbstbestimmungsrecht nicht nur Eigentümer seiner selbst und damit seiner [[Arbeit (Philosophie)|Arbeit]], sondern auch berechtigt, der Natur ein angemessenes Stück zu entnehmen, um sich selbst zu erhalten.
{{Zitat-en|''natural reason … tells us, that Men, being once born, have a right to their Preservation, and consequently to Meat and Drink, and such other things, as Nature affords for their subsistence''|Übersetzung=die natürliche Vernunft … sagt, dass die Menschen, nachdem sie einmal geboren sind, ein Recht haben auf ihre Erhaltung und somit auf Speise und Trank und alle anderen Dinge, die die Natur für ihren Unterhalt hervorbringt.|II, § 25 ([[s:en:Two Treatises of Government/The Second Treatise of Government: An Essay Concerning the True Origin, Extent, and End of Civil Government#Chap. V. Of Property.|online]])}}
 
Durch die Vermischung der Natur, die noch allen gehört, mit der eigenen Arbeit, die dem Individuum selbst gehört, ist der Mensch zur [[Aneignung (Philosophie)|Aneignung]] dieses Teils der Natur berechtigt. Er selbst gibt als Beispiel die Aneignung eines vom Baum gefallenen Stückes Obst: Es gehört dem, der es aufgehoben hat, weil er es durch das Aufheben mit seiner Arbeit vermischt hat:
 
{{Zitat-en|''The labour that was mine, removing them out of that common state they were in, hath fixed my Property in them.''|Übersetzung=Meine Arbeit, die sie dem gemeinen Zustand, in dem sie sich befanden, enthoben hat, hat mein Eigentum an ihnen bestimmt.|II, § 28 ([[s:en:Two Treatises of Government/The Second Treatise of Government: An Essay Concerning the True Origin, Extent, and End of Civil Government#Chap. V. Of Property.|online]])}}
 
An dieser Stelle der Argumentation greift Locke auf ältere Theoretiker des Privateigentums wie [[Hugo Grotius]] oder [[Samuel von Pufendorf]] zurück. Das Eigentum ist bei Locke zunächst durch mehrere Einschränkungen begrenzt: Man darf der Natur nicht mehr entnehmen, als man selbst verbrauchen kann. Andere Menschen müssen ebenfalls genug von der gemeinsam gegebenen Natur zurückbehalten, um selbst überleben zu können.
 
Vor allem der erstgenannte Punkt ist seines Erachtens wichtig. Es ist verboten, sich Früchte der Natur anzueignen und sie dann, im ursprünglichen Sinn des Wortes, verderben zu lassen:
{{Zitat-en|''As much as any one can make use of to any advantage of life before it spoils, so much he may by his labour fix a Property in: Whatever is beyond this, is more than his share, and belongs to others. Nothing was made by God for Man to spoil or destroy.''|Übersetzung=So viel, als ein jeder zu irgendwelchem Vorteil für sein Leben nutzen kann, bevor es verdirbt, darf er sich zu seinem Eigentum machen. Was darüber hinausgeht, ist mehr als ihm zusteht, und gehört den anderen. Nichts wurde von Gott geschaffen, um zerstört zu werden.|II, § 31 ([[s:en:Two Treatises of Government/The Second Treatise of Government: An Essay Concerning the True Origin, Extent, and End of Civil Government#Chap. V. Of Property.|online]])}}
 
===== Geldtheorie: Ansammlung von Eigentum =====
In der zweiten Stufe, seiner Geldtheorie, legt er dar, wie die ursprüngliche, auf [[Subsistenz]] beruhende Eigentumsordnung rechtmäßig in eine [[Kapitalismus|kapitalistisch]] geprägte Eigentumsordnung übergehen kann: Es ist erlaubt, verderbliche Gaben der Natur gegen weniger verderbliche einzutauschen, also beispielsweise Äpfel gegen Nüsse. Man darf mehr Nüsse besitzen, als man aktuell braucht, solange diese nicht verderben. Über diesen Zwischenschritt erlaubt er, Naturprodukte, die man sich angeeignet hat, gegen Geld, das heißt Gold oder Silber zu tauschen:
{{Zitat-en|''if he would give his nuts for a piece of metal, pleased with its color, or exchange his sheep for shells, or wool for a sparkling pebble or diamond, and keep those by him all his life, he invaded not the right of others, he might heap up as much of the durable things as he pleased; the exceeding of the bounds of his property not lying in the largeness of his possessions, but the perishing of any thing uselessly in it.''|Übersetzung=Gab er dann auch Nüsse für ein Stück Metall, dessen Farbe ihm gefiel, tauschte er seine Schafe gegen Muscheln ein oder Wolle gegen einen funkelnden Kiesel oder Diamanten, um sie sein ganzes Leben bei sich zu tragen zu können, so griff er nicht in die Rechte anderer ein, mochte er von diesen beständigen Dingen auch so viel anhäufen wie er wollte. Er überschritt die Grenzen rechtmäßigen Eigentums nicht durch Vergrößerung seines Besitzes, sondern dann, wenn irgend etwas ungenutzt umkam.|II, § 46 ([[s:en:Two Treatises of Government/The Second Treatise of Government: An Essay Concerning the True Origin, Extent, and End of Civil Government#Chap. V. Of Property.|online]])}}
 
Dies allerdings ist bei Locke kein Recht im eigentlichen Sinn, sondern entsteht durch menschliche Übereinkunft und Akzeptanz. Da Geld nicht verdirbt, darf man sich davon so viel aneignen, wie man will und kann. Damit umgeht Locke die im älteren Naturrecht entwickelte und aufrechterhaltene Schranke für das private Eigentum, ohne sie zu verletzen. Die naturrechtliche Beschränkung, dass nichts verderben darf, bleibt formal anerkannt, faktisch darf man sich aber „unendlichen“ Reichtum aufhäufen, da Geld nicht verdirbt.
 
==== Gesellschaftsvertrag und Regierung ====
Da Menschen Eigentumswerte ansammeln, nehmen auch die Ungleichheiten in der Gesellschaft zu. Im ersten Stadium sind Menschen an das gebunden, was sie persönlich produzieren und konsumieren können, die Eigentumsverhältnisse werden relativ gleich bleiben. In der fortgeschrittenen Geldwirtschaft werden die Eigentumsunterschiede beträchtlich, was zu Neid, Streitereien und häufigeren Verstößen gegen das Naturrecht führt. In der Theorie kann jeder jemanden bestrafen, der gegen das natürliche Recht verstößt. In der Praxis wird es jedoch meist das Opfer sein, das die Strafe vollstreckt. Da die Strafe aber im Verhältnis zur Tat stehen sollte und das Opfer oft die Schwere des Vergehens überschätzt, kann es hier häufig zu Überreaktionen kommen. Durch übertriebene Strafen und darauf folgende Vergeltung kommt es zu Auseinandersetzungen bis hin zum Krieg. Laut Locke schließen sich die Menschen in diesem Moment zusammen, um den Vorgang abzubrechen und die eigenen Eigentumsrechte zu beschützen.
 
Locke baut auf die von [[Thomas Hobbes]] aufgebrachte Theorie vom [[Vertragstheorie|Gesellschaftsvertrag]] auf, wonach die Beziehung zwischen Volk und Regierung als Verhältnis einer freien bürgerlichen Eigentümergesellschaft verstanden wird. Dabei weitet er das [[Widerstandsrecht]] gegen die Regierung erheblich aus. Anders als bei Hobbes können Menschen bei Locke ihre Rechte, auch das auf Leben, ganz verwirken durch eine Tat ''that deserves Death'' (die den Tod verdient) (II, 23, I, 10).
 
Ausgehend von der Entwicklung des Gesellschaftsvertrages entwickelt Locke Maßstäbe, nach denen sich die Legitimität einer Regierung entscheiden lässt: Legitim sind Regierungen, welche die natürlich gegebenen Rechte des Menschen beschützen; illegitim diejenigen, die sie verletzen. Da eine illegitime Regierung danach keine Existenzberechtigung hat, ist es wiederum rechtmäßig, gegen eine solche Regierung zu rebellieren.
 
==== Gewaltenteilung ====
Noch vor [[Charles de Secondat, Baron de Montesquieu|Charles de Montesquieu]] entwickelt Locke innerhalb der zweiten Abhandlung über die Regierung (und zwar im 12. bis 14. Kapitel) eine Theorie der [[Gewaltenteilung]]. Er sieht zwei bereits im Naturzustand dem Einzelnen zugeschriebene, durch den Gesellschaftsvertrag aber abgegebene Gewalten, und zwar die [[Exekutive]] und die [[Föderative]]. Im Staat kommen die [[Legislative]] und die [[Prärogative]] hinzu. Unter Föderative versteht Locke die Gewalt, die Entscheidungen über Bündnisse und damit über Krieg und Frieden trifft, unter Prärogative eine der Exekutive zugeordnete Gewalt, die auch außerhalb des Gesetzes nach eigener Entscheidung für das öffentliche Wohl handelt.
 
==== Entstehung und Rezeption der Zwei Abhandlungen ====
Zwar hatte Locke den ''[[Leviathan (Thomas Hobbes)|Leviathan]]'' Thomas Hobbes' wahrscheinlich gelesen – es lassen sich in den ''Zwei Abhandlungen'' implizite Hinweise darauf finden –, vor allem aber war sein Buch als Erwiderung auf [[Robert Filmer]]s ''Patriarcha, or the Natural Power of Kings'' konzipiert. Da die ersten Auflagen zahlreiche Druckfehler enthalten, die von Locke angemahnt wurden, ist es schwer, von einer Originalversion auszugehen. Allgemein wird heute die 4. Auflage als autorisierte Version angesehen.
 
Lockes [[Staatstheorie]] hat die [[Amerikanische Unabhängigkeitserklärung]] 1776, den [[Französische Verfassung (1791)|französischen Verfassungsentwurf von 1791]] sowie die gesamte Entwicklung des bürgerlich-liberalen Verfassungsstaates bis in die Gegenwart maßgeblich beeinflusst. Die Einleitung der Unabhängigkeitserklärung baut direkt auf Locke auf:
 
{{Zitat-en|''We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness. – That to secure these rights, Governments are instituted among Men, deriving their just powers from the consent of the governed, – That whenever any Form of Government becomes destructive of these ends, it is the Right of the People to alter or to abolish it''|Übersetzung=Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, dass alle Menschen gleich erschaffen worden, dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt worden, worunter sind Leben, Freiheit und das Streben nach Glückseligkeit. Dass zur Versicherung dieser Rechte Regierungen unter den Menschen eingeführt worden sind, welche ihre gerechte Gewalt von der Einwilligung der Regierten herleiten; dass sobald eine Regierungsform diesen Endzwecken verderblich wird, es das Recht des Volkes ist, sie zu verändern oder abzuschaffen, und eine neue Regierung einzusetzen}}
 
Wie Locke leitet die Unabhängigkeitserklärung die allgemeinen Menschen- und demokratischen Bürgerrechte aus dem biblischen Schöpfungsglauben ab. Sie sind theonomes, d.&nbsp;h. Gottesrecht betreffendes Gedankengut.<ref>W.Wertenbruch: ''Menschenrechte''. In: Die Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. Aufl., Band IV, Spalte 869</ref> Die Trias ''Life, Liberty and the pursuit of happiness'' ist eine literarisch adaptierte Version von Lockes Naturrechten auf ''Life, Health, Liberty and Property'', wobei in den ersten Entwürfen ''Property'' auch wörtlich im Text stand und Thomas Jefferson es erst später durch das weniger eindeutige ''Pursuit of Happiness'' ersetzte.
 
Neben den revolutionären Politikern der damaligen Zeit beeinflusste Locke aber auch die Entwicklung der [[Politische Theorie|politischen Theorie]] maßgeblich: die von ihm zugrunde gelegten Naturrechte sind bis heute Kernbestand des [[Liberalismus]]. Ebenso lassen sich mit seinen Abhandlungen sämtliche Konzeptionen des Minimalstaats begründen, die Eingriffe der Regierung in das Leben der Menschen nur zu eng definierten Zwecken zulassen.
 
Die akademische Diskussion um seine Staatstheorie beeinflussten besonders [[Leo Strauss]] (1953) und [[C. B. Macpherson]] (1962). Für Strauss und seine Anhänger hat Lockes Theorie große Ähnlichkeiten mit der Thomas Hobbes. Locke habe lediglich seine Ansätze für die damalige Zeit sozial akzeptabler formuliert. Macpherson legt eine [[Marxismus|marxistisch]] geprägte Interpretation vor, die Locke als Apologeten des Kapitalismus sieht. Beide monieren, Lockes Werk legitimiere die unbegrenzte Eigentumsanhäufung des sich abzeichnenden Kapitalismus. Die Einschränkungen, die er macht, seien nur oberflächlich und letztlich bedeutungslos.
 
Andere wie [[James Tully (Politikwissenschaftler)|James Tully]] interpretieren das Werk fast gegenteilig: Demnach machten das Geld und die damit verbundene Anhäufung von Reichtum sowie die darauf beruhenden Ungleichheiten die Loslösung aus dem Naturzustand notwendig. Die Einführung einer Staatsgewalt auf der Grundlage eines Gesellschaftsvertrags verhinderte den Niedergang der Menschheit.
 
Während Locke in seiner Arbeit mit Hilfe der Geldtheorie die Verschwendungseinschränkung des Eigentums aushebelt, geht er darauf, dass jedem Menschen genug zum Überleben bleiben muss, nur knapp ein. Zu Lockes Zeiten handelte es sich dabei um kein gravierendes Problem, da mit dem neu entdeckten Amerika scheinbar unbegrenzte natürliche Schätze zur Verfügung standen. Heute, nachdem es kein Land mehr auf der Erde gibt, das nicht von jemand beansprucht wird, beschäftigt sich ein großer Teil der wissenschaftlichen Diskussion damit, wie diese Begrenzung der Ressourcen zu interpretieren ist und welche Konsequenzen sich daraus ergeben.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|John Locke}}


== Werke und Ausgaben ==
* {{WikipediaDE|Künstliche Intelligenz}}
=== Werke (Auswahl) ===
* ''Epistola de tolerantia (A Letter Concerning Toleration)'', 1689 ''(Brief über die Toleranz)''
* ''An Essay Concerning Humane Understanding'', 1690 ''(Ein Versuch über den menschlichen Verstand)''
* ''The Second Treatise of Civil Government'', 1690 ''([[Wikipedia:Zwei Abhandlungen über die Regierung|Zweite Abhandlung über die Regierung]])''
* ''Some Considerations of the Consequences of the Lowering of Interest, an the Raising of the Value of Money'', 1692, 5. Aufl. 1705
* ''Some Thoughts Concerning Education'', 1693 ''(Gedanken über Erziehung)''
* ''The Reasonableness of Christianity as Deliver’d in the Scriptures'', 1695
* ''Of the Conduct of the Understanding'', 1706


=== Werkausgabe ===
== Literatur ==
mit einer Reihe nachgelassener Manuskripte:
* ''The Works'', I–III, London 1704, I–X, 11. Aufl. 1812, (new ed. corrected) 1823 (Nachdruck Aalen 1963)


=== Deutsche Textausgaben ===
* [[Thomas Hobbes]]: ''Elemente der Philosophie. Erste Abteilung: Der Körper.'' Übers. u. hrsg. v. Karl Schuhmann. Meiner, Hamburg 1997, ISBN 978-3-7873-1459-1.
* ''A Letter concerning Toleration''
* [[Wikipedia:Ray Kurzweil|Ray Kurzweil]]: ''KI - Das Zeitalter der künstlichen Intelligenz'', Carl Hanser Verlag 1993, ISBN 978-3446173750
** ''Ein Brief über Toleranz'' (englisch-deutsch), übersetzt, eingeleitet und in Anmerkungen erläutert von Julius Ebbinghaus, Meiner, Hamburg 1996, ISBN 978-3-7873-1143-9.
* [[Wikipedia:John Searle|John Searle]]: ''Die Wiederentdeckung des Geistes'', Artemis & Winkler, München 1993, ISBN 978-3760819440
* ''An Essay concerning Humane Understanding''
* [[Wikipedia:Marvin Minsky|Marvin Minsky]]: ''The Society of Mind: Mentopolis'', Klett-Cotta 1994, ISBN 978-3608931174
** ''Versuch über den menschlichen Verstand'' in vier Büchern, Bd. 1., Buch I und II, 5. Auflage, Meiner, Hamburg 2000, ISBN 978-3-7873-1555-0, Bd. 2., Buch III und IV, 3. Auflage, Meiner, Hamburg 1988. ISBN 978-3-7873-0931-3.
* [[Wikipedia:Roger Penrose|Roger Penrose]]: ''Shadows of the Mind: A Search for the Missing Science of Consciousness'', Vintage Books, London 1995, ISBN 978-0099582113
* ''The Second Treatise of Civil Government''
* [[Wikipedia:Hans Moravec|Hans Moravec]]: ''Mind Children: The Future of Robot and Human Intelligence'', Harvard University Press 1998, ISBN 978-0674576162
** ''Über die Regierung'' (The second treatise of government), übersetzt von Dorothee Tidow. Mit einem Nachwort hrsg. von Peter Cornelius Mayer-Tasch, Reclam, Stuttgart 1974, ISBN 3-15-009691-X.
* Hans Moravec: ''Computer übernehmen die Macht. Vom Siegeszug der künstlichen Intelligenz'', Hoffmann und Campe, Hamburg 1999, ISBN 978-3455085754
** ''Zwei Abhandlungen über die Regierung'', übersetzt von Hans Jörn Hoffmann, hrsg. und eingeleitet von Walter Euchner, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1977, ISBN 3-518-27813-4.
* Wolfgang Ziegler: ''Neuronale Netze'', entwickler.press, eBook ASIN B0105UIJPC
* ''Some Thoughts Concerning Education''
* [[Wikipedia:Jeff Hawkins|Jeff Hawkins]]: ''Die Zukunft der Intelligenz: Wie das Gehirn funktioniert und was Computer davon lernen können'', Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2006, ISBN 978-3499621673
** ''Gedanken über Erziehung'', übersetzt, Anmerkungen und Nachwort von Heinz Wohlers, Reclam, Stuttgart 1990, ISBN 3-15-006147-4.
* Bernd Vowinkel: ''Maschinen mit Bewusstsein - Wohin führt die künstliche Intelligenz?'', Wiley-VCH 2006, ISBN 978-3527406302, eBook ASIN B0096QYU4G
* ''Of the Conduct of the Understanding''
* Ray Kurzweil: ''Das Geheimnis des menschlichen Denkens: Einblicke in das Reverse Engineering des Gehirns'', Lola Books 2014, ISBN 978-3944203065, eBook ASIN B01348W39K
** ''Die Leitung des Verstandes'', übersetzt von Jürgen Bona Meyer, Hrsg. von Klaus H. Fischer, Wissenschaftlicher Verlag, Schutterwald, 1999, ISBN 978-3-928640-61-9.
* Ray Kurzweil: ''Menschheit 2.0: Die Singularität naht'', Lola Books 2014, ISBN 978-3944203089, eBook {{ASIN|B0112F25QI}}
** ''Über den richtigen Gebrauch des Verstandes'', übersetzt von Otto Martin, Meiner, Leipzig 1920; unveränderter Nachdruck der Ausgabe von 1920, Meiner, Hamburg 1978, ISBN 3-7873-0434-7.
* Ray Kurzweil: ''Die Intelligenz der Evolution'', KiWi-Taschenbuch 2016, ISBN 978-3462049428, Kiepenheuer & Witsch eBook, ASIN B01FENJJH2
* [[Wikipedia:Nick Bostrom|Nick Bostrom]]: ''Superintelligenz: Szenarien einer kommenden Revolution'', Suhrkamp Verlag 2016, ISBN 978-3518586846, eBook ASIN B00OTQKXJE
* Klaus Mainzer: ''Künstliche Intelligenz – Wann übernehmen die Maschinen?'' Springer Verlag 2016, ISBN 978-3662484524, eBook {{ASIN|B01CYJHR1Y}}
* Wolfgang Ertel: ''Grundkurs Künstliche Intelligenz'', Springer-Verlag 2016, ISBN 978-3-658-13548-5, eBook ISBN 978-3-658-13549-2
* [[WikipediaEN:Pedro Domingos|Pedro Domingos]]: ''The Master Algorithm: How the Quest for the Ultimate Learning Machine Will Remake Our World'', Penguin 2017, ISBN 978-0141979243, eBook {{ASIN|B06XK8D37J}}
* Christian J. Meier: ''Suppenintelligenz (TELEPOLIS): Die Rechenpower aus der Natur'', Heise Medien GmbH & Co. KG 2017, ISBN 978-3957881014, eBook ASIN B076CQBPMC
* Julian Nida-Rümelin, Nathalie Weidenfeld: ''Digitaler Humanismus: Eine Ethik für das Zeitalter der Künstlichen Intelligenz'', Piper 2018, ISBN 978-3492058377, eBook {{ASIN|B07GZPD34T}}
* Toby Walsh: ''It's alive: Wie künstliche Intelligenz unser Leben verändern wird'', Edition Körber 2018, ISBN 978-3896842664, eBook {{ASIN|B07GWHS12N}}
* Peter Fischer: ''Künstliche Intelligenz: Digitalisierung, neuronale Programmierung, Industrie 4.0 & Deep learning'', Independently published 2018, ISBN 978-1728834597, eBook {{ASIN|B07JGFX5ZL}}
* Hans Bonneval: Revolution im Denken: Rudolf Steiner. Warum Computer nicht denken können, BoD, Norderstedt 2017
* Paul Emberson: ''Maschinen und Menschengeist'', The DewCross Centre for Moral Technology, Edinburgh 2013
* Paul Emberson: ''Von Gondishapur bis Silicon Valley'' Band I, Etheric Dimensions Press, Schweiz und Schottland 2012 - [http://ipwebdev.com/hermit/counter-silicon.html kritische Betrachtung: ''A well intended very flawed Book'']
* Paul Emberson: ''From Gondishapur to Silicon Valley'', Volume II, Etheric Dimensions Press, Switzerland and Scottland 2014 (deutsche Übersetzung in Vorbereitung)
* Rudolf Steiner, Andreas Neider (Hrsg.): ''Der elektronische Doppelgänger und die Entwicklung der Computertechnik'', Futurum Verlag 2013, ISBN 978-3856363642; Kindle Edition 2015, ASIN B0195VK6WG
* Rudolf Steiner: ''Gegenwärtiges und Vergangenes im Menschengeiste'', [[GA 167]] (1962), ISBN 3-7274-1670-X {{Vorträge|167}}
* Rudolf Steiner: ''Die Verantwortung des Menschen für die Weltentwickelung durch seinen geistigen Zusammenhang mit dem Erdplaneten und der Sternenwelt'', [[GA 203]] (1989), ISBN 3-7274-2030-8 {{Vorträge|203}}


== Literatur ==
{{GA}}
* Peter R. Anstey (Hrsg.): ''The philosophy of John Locke. New perspectives''. Routledge, London 2003, ISBN 0-415-31446-1
* Michael R. Ayers: ''Locke. Epistemology & Ontology''. Routledge, London 1991, ISBN 0-415-10030-5
* Manfred Brocker: ''Die Grundlegung des liberalen Verfassungsstaates. Von den Levellern zu John Locke''. Alber, Freiburg im Breisgau / München 1995, ISBN 3-495-47807-8 (Dissertation Universität Köln, 1993, 327 Seiten, 21 cm).
* Walter Euchner: ''Naturrecht und Politik bei John Locke''. Suhrkamp Taschenbücher Wissenschaft 280, Frankfurt am Main 1979, ISBN 3-518-07880-1 (Frankfurt am Main 1967; Dissertation Universität Frankfurt am Main 31. Mai 1967, 308 Seiten, 8 / Buchhandel: Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main, 1969, VIII, 316 Seiten
* Walter Euchner: ''John Locke zur Einführung''. 3., ergänzte Auflage. Junius, Hamburg 2011, ISBN 978-3-88506-600-2.
* Francesca Falk: ''Postkoloniale Perspektiven auf die politische Philosophie. Thomas Hobbes' horror vacui und John Lockes leeres Land'' (= ''Tierische (Ge)Fährten. Historische Anthropologie'', 2011. 19, 2 Seiten, 292–310; = ''Eine gestische Geschichte der Grenze. Wie der Liberalismus an der Grenze an seine Grenzen kommt'', Fink, Paderborn 2011 (17. August 2011), ISBN 978-3-7705-5202-3 (Dissertation [2009], 192 Seiten, 22 cm)).
* Eduard Fechtner: ''John Locke’s „Gedanken über Erziehung“'', Wissenschaftlicher Verlag, Schutterwald/Baden 2003, ISBN 978-3-928640-43-5.
* Susanne Held: ''Eigentum und Herrschaft bei John Locke und Immanuel Kant: ein ideengeschichtlicher Vergleich'' (= ''Politica et ars,'' Band 10), Lit, Berlin / Münster 2006, ISBN 978-3-8258-9611-9 (Dissertation Universität Halle 2006, 310 Seiten, 24 cm).
* Franz-Josef Illhardt: ''Locke, John.'' In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): ''Enzyklopädie Medizingeschichte.'' De Gruyter, Berlin/ New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 860.
* Crawford B. Macpherson: ''Die politische Theorie des Besitzindividualismus. Von Hobbes zu Locke''. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1990, ISBN 3-518-27641-7.
* Leo Strauss: ''Naturrecht und Geschichte''. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1989, ISBN 3-518-27816-9.
* Udo Thiel: ''John Locke, mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten'', Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1990, ISBN 3-499-50450-2.
* James Tully: ''A discourse on property. John Locke and his adversaries''. Cambridge University Press, Cambridge 1982, ISBN 0-521-22830-1.
* Jeremy Waldron: ''God, Locke, and Equality. Christian foundations of John Locke’s political thought''. Cambridge University Press, Cambridge 2002, ISBN 0-521-89057-8.
* Roger Woolhouse: ''Locke: A Biography'',  Cambridge University Press, Cambridge [u.&nbsp;a.] 2009, ISBN 978-0-521-74880-3.
* Michael P. Zuckert: ''Launching liberalism. On Lockean political philosophy''. University Press of Kansas, Lawrence, Kansas 2002, ISBN 0-7006-1174-6
* ''Locke Studies. An annual journal of Locke research''. Lancaster University, Esrick, York 1. Jg. (2002) ff. [Vorgänger: ''The Locke newsletter'']
* [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/download/philosophie_locke.pdf John Locke: Leben und Werk] PDF


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat}}
 
{{Wikisource|en:Author:John Locke|John Locke (englisch)}}
* [http://noetic.org/blog/communications-team/loving-artificial Loving Artificial Intelligence]
{{Wikisource}}
{{Wikiquote}}
* [http://www.libraries.psu.edu/tas/locke/index.html#toc Bibliografie zu John Locke mit etwa 9.000 Titeln] (englisch)
* [http://www.lonang.com/exlibris/locke/ ''Two Treatises of Government'']
* [http://www.geist-oder-materie.de/Philosophie/englische_Phil_/Locke/locke.html Eintrag] in Geist oder Materie
* [http://oll.libertyfund.org/index.php?option=com_staticxt&staticfile=show.php&title=1725 The Works of John Locke in Nine Volumes (1824)] (engl. Primärtexte)
* {{Webarchiv|url=http://www.cne.org/pub_pdf/monatsmag/2004_11_00_monatsmag.pdf|wayback=20070928151834|text=Artikel im CNE-Monatsmagazin}} (PDF-Datei; 627 kB)
* [http://jobo72.wordpress.com/2013/03/08/john-locke-eine-einfuhrung-zu-leben-und-werk/ John Locke. Eine Einführung zu Leben und Werk] von Dr. J. Bordat (PDF)
* [http://www-neu.uni-trier.de/index.php?id=16424 Rechtshistorischer Podcast, Folge 8]
* [http://www.digitallockeproject.nl/ Digital Locke Project], Texte von John Locke
* „Zwei Abhandlungen über Regierung“ [http://www.welcker-online.de/Links/link_962.html online]
* Jürgen Court: [http://www.philosophie-woerterbuch.de/online-woerterbuch/?tx_gbwbphilosophie_main%5Bentry%5D=31&tx_gbwbphilosophie_main%5Baction%5D=show&tx_gbwbphilosophie_main%5Bcontroller%5D=Lexicon&no_cache=1 Artikel „John Locke“] im UTB-Online-Wörterbuch Philosophie


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />


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{{Wikipedia}}

Version vom 15. Januar 2019, 10:48 Uhr

Und so ein Hirn, das trefflich denken soll,
Wird künftig auch ein Denker machen.
                       Goethe, Faust II, Laboratorium

Statue von Alan Turing (1912-1954) an der University of Surrey
Thomas Hobbes (1588-1679)
John McCarthy (1927-2011)
Marvin Minsky (1927-2016)
Raymond „Ray“ Kurzweil (2006)
Samuel Butler (1835-1902)

Künstliche Intelligenz (kurz KI), auch Artifizielle Intelligenz (eng. artificial intelligence; kurz AI) genannt, ist ein Teilgebiet der Informatik, das auf die maschinelle Automatisierung der Intelligenz mittels Computer abzielt. Namentlich im Bereich der kognitiven Intelligenz (z.B. Sprach- und Texterkennung, Objekterkennung, autonomes Fahren) wurden in den letzten Jahren große Fortschritte erzielt.

Geschichte

Schon Thomas Hobbes (1588-1679) vertrat eine frühe Version des Computationalismus, wonach der rationale Verstand des Menschen auf Berechnungsvorgängen beruhe:

„Unter rationeller Erkenntnis vielmehr verstehe ich Berechnung. Berechnen heißt entweder die Summe von zusammengefügten Dingen finden oder den Rest erkennen, wenn eins vom andern abgezogen wird. Also ist rationelle Erkenntnis dasselbe wie Addieren und Subtrahieren; wenn jemand Multiplizieren, und Dividieren hinzufügen will, so habe ich nichts dagegen, da Multiplikation dasselbe ist wie Addition gleicher Posten, Division dasselbe wie eine bestimmte Subtraktion gleicher Posten. Aber rationelle Erkenntnis geht jedenfalls auf zwei Geistesoperationen zurück: Addition und Subtraktion.“

Thomas Hobbes: Grundzüge der Philosophie, 1. Teil: Lehre vom Körper, S. 14

Dass sich die menschliche Intelligenz möglicherweise automatisieren bzw. mechanisch nachbilden ließe, hatte bereits Julien Offray de La Mettrie (1709-1751) in seinem 1748 zunächst anonym veröffentlichten Hauptwerk L'Homme Machine erwogen.

Die Bezeichnung „künstliche Intelligenz“ wurde erstmals 1955 von dem Logiker und Informatiker John McCarthy (1927-2011) in seinem Förderantrag[1] für das von ihm organisierte und am 13. Juli 1956 am Dartmouth College in Hanover begonnene sechswöchige Dartmouth Summer Research Project on Artificial Intelligence verwendet. An dieser Konferenz nahmen unter anderen auch Marvin Minsky, Nathan Rochester und Claude Shannon teil. Die Dartmouth Conference gilt seither als Gründungsveranstaltung der Forschung auf dem Gebiet der KI.

Basierend auf den Arbeiten von Alan Turing (1912-1954), unter anderem dem Aufsatz Computing machinery and intelligence, formulierten Allen Newell (1927–1992) und Herbert A. Simon (1916–2001) von der Carnegie Mellon University in Pittsburgh die „Physical Symbol System Hypothesis“, der zufolge Denken Informationsverarbeitung ist, und Informationsverarbeitung ein Rechenvorgang, eine Manipulation von Symbolen. Auf das Gehirn als solches komme es beim Denken nicht an: „Intelligence is mind implemented by any patternable kind of matter.“

Diese Auffassung, dass Intelligenz unabhängig von der Trägersubstanz ist, wird von den Vertretern der starken KI-These geteilt. Für Marvin Minsky (1927-2016) vom Massachusetts Institute of Technology (MIT), einem der Pioniere der KI, ist „das Ziel der KI die Überwindung des Todes“. Der Roboterspezialist Hans Moravec (* 1948) von der Carnegie Mellon University beschreibt in seinem Buch Mind Children (Kinder des Geistes) das Szenario der Evolution des postbiologischen Lebens: Ein Roboter überträgt das im menschlichen Gehirn gespeicherte Wissen in einen Computer, sodass die Biomasse des Gehirns überflüssig wird und ein posthumanes Zeitalter beginnt, in dem das gespeicherte Wissen beliebig lange zugreifbar bleibt. Mit der detailierten Erinnerung an alles, was Menschen jemals gedacht haben, würden sich unsere „Geisteskinder“ mit ihrer überragenden Intelligenz dann größeren Herausforderungen in den Weiten des Universums stellen:

„Was uns erwartet, ist nicht Vergessen, sondern eine Zukunft, die von unserem gegenwärtigen Aussichtspunkt am besten mit den Worten "postbiologisch" oder sogar "übernatürlich" beschrieben wird. Es ist eine Welt, in der die Menschheit von der Flut der kulturellen Veränderung hinweggefegt wurde, usurpiert von ihrer eigenen künstliche Nachkommenschaft. Die letzten Konsequenzen sind jedoch unbekannt, obwohl viele Zwischenschritte nicht nur vorhersehbar sind, sondern bereits stattgefunden haben. Heute sind unsere Maschinen noch einfache Erzeugnisse, welche die elterliche Fürsorge und schwebende Aufmerksamkeit eines Neugeborenen erfordern, kaum würdig des Wortes "intelligent". Aber im nächsten Jahrhundert werden sie zu Entitäten heranreifen, die so komplex sind wie wir selbst und schließlich zu etwas, das alles transzendiert, was wir wissen - auf die wir stolz sein können, wenn sie sich selbst als unsere Nachkommen bezeichnen.

Von der schleppenden Geschwindigkeit der biologischen Evolution entfesselt, werden die Kinder unseres Geistes frei sein, sich zu entwickeln, um sich immensen und fundamentalen Herausforderungen im größeren Universum zu stellen. Wir Menschen werden für eine Zeit von ihren Arbeiten profitieren, aber früher oder später, wie natürliche Kinder, werden sie ihr eigenes Glück suchen, während wir, ihre alten Eltern, still verblassen. Sehr wenig muss bei diesem Fackellauf verloren gehen - es wird in der Fähigkeit unseres künstlichen Nachwuchses liegen und ihm zum Vorteil gereichen, sich an fast alles über uns zu erinnern, vielleicht sogar in allen Details an die Arbeit des menschlichen Geistes.“

Hans Moravec: Mind Children. The Future of Robot and Human Intelligence.[2]

Der KI-Pionier Raymond Kurzweil (* 1948), seit 2012 Leiter der technischen Entwicklung bei Google, erwartet, dass 2029 ein Computer erstmals den sog. Turing-Test bestehen und damit die künstliche Intelligenz menschliches Niveau erreichen und bald danach auch weit übertreffen werde. Über die Möglichkeit einer deratigen Superintelligenz und einer damit verbundenen „Intelligenzexplosion“ hatte erstmals schon 1965 der britische Mathematiker und Kryptologe Irving John Good (1916-2009), der unter der Leitung von Alan Turing an der Entschlüsselung des Funkverkehrs der deutschen Kriegsmarine mitgearbeitet hatte, spekuliert:

„Eine ultraintelligente Maschine sei definiert als eine Maschine, die die intellektuellen Fähigkeiten jedes Menschen, und sei er noch so intelligent, bei weitem übertreffen kann. Da der Bau eben solcher Maschinen eine dieser intellektuellen Fähigkeiten ist, kann eine ultraintelligente Maschine noch bessere Maschinen bauen; zweifellos würde es dann zu einer explosionsartigen Entwicklung der Intelligenz kommen, und die menschliche Intelligenz würde weit dahinter zurückbleiben. Die erste ultraintelligente Maschine ist also die letzte Erfindung, die der Mensch zu machen hat, vorausgesetzt, dass die Maschine fügsam genug ist, uns zu sagen, wie man sie unter Kontrolle hält.“

Irving John Good: Speculations Concerning the First Ultraintelligent Machine[3]

Heftig diskutiert wird die Frage, ob Maschinen mit künstlicher Intelligenz künftig auch Bewusstsein entwickeln können. Auf diese Möglichkeit hatte schon Samuel Butler (1835-1902) in seinem 1872 erschienenen utopischen Roman Erewhon (ein Anagramm des englischen Wortes nowhere „nirgendwo“) hingewiesen:

„Dass Maschinen heute nur sehr wenig Bewusstsein haben, bietet keine Sicherheit gegen die Entwicklung eines mechanischen Bewusstseins. Eine Molluske besitzt kaum Bewusstsein. Man bedenke die außerordentlichen Fortschritte, die die Maschinen in den letzten Jahrhunderten gemacht haben, und vergleiche dies mit dem langsamen Fortschritt im Tier- und Pflanzenreich! Im Vergleich mit der Vergangenheit entsprechen die komplexeren Maschinen gewissermaßen nicht so sehr den Schöpfungen von gestern, als denen von vor fünf Minuten. Nehmen Sie um des Arguments willen an, dass bewusstes Sein seit 20 Millionen Jahren existiert: Dann schauen Sie sich die großen Fortschritte an, die die Maschinen in den letzten tausend Jahren gemacht haben! Wird die Erde nicht noch weitere 20 Millionen Jahre existieren? Und wenn es so ist, was kann dann alles aus den Maschinen werden?“

Samuel Butler: Erewhon[4]

Durch die weitere Entwicklung der Medizin und des maschinellen „Denkens“ wird etwa ab dem Jahr 2200 namentlich von Amerika eine Unterdrückung des Denkens ausgehen. Ein entsprechendes Gegengewicht gegen diese Tendenzen kann - und wird - nur durch die Geisteswissenschaft gefunden werden können.

„Es wird gar nicht lange dauern, wenn man das Jahr 2000 geschrieben haben wird, da wird nicht ein direktes, aber eine Art von Verbot für alles Denken von Amerika ausgehen, ein Gesetz, welches den Zweck haben wird, alles individuelle Denken zu unterdrücken. Auf der einen Seite ist ein Anfang dazu gegeben in dem, was heute die rein materialistische Medizin macht, wo ja auch nicht mehr die Seele wirken darf, wo nur auf Grundlage des äußeren Experiments der Mensch wie eine Maschine behandelt wird...

Man muß eben wissen, daß in allem Materiellen Geistiges ist und daß durch die Erkenntnis des Geistes auch nur allein das Materielle geheilt werden kann. Aber das soll ausgeschaltet werden, das Geistige, von der ganzen Welt. Das ist einer der Anfänge.

Einer der anderen Anfänge: Wir haben ja heute schon Maschinen zum Addieren, Subtrahieren: nicht wahr, das ist sehr bequem, da braucht man nicht mehr zu rechnen. Und so wird man es auch machen mit allem. Das wird nicht lange dauern, ein paar Jahrhunderte — dann ist alles fertig; dann braucht man nicht mehr zu denken, nicht mehr zu überlegen, sondern man schiebt. Zum Beispiel da steht: «330 Ballen Baumwolle Liverpool», so überlegt man heute sich da noch etwas, nicht wahr? Aber dann schiebt man bloß, und die Geschichte ist ausgemacht. Und damit nicht gestört wird das feste Gefüge des sozialen Zusammenhangs der Zukunft, werden Gesetze erlassen werden, auf denen nicht direkt stehen wird: Das Denken ist verboten, aber die die Wirkung haben werden, daß alles individuelle Denken ausgeschaltet wird. Das ist der andere Pol, dem wir entgegen arbeiten. Dagegen ist das Leben heute immerhin nicht gar so unangenehm. Denn wenn man nicht über eine gewisse Grenze hinausgeht, so darf man ja heute noch denken, nicht wahr? Allerdings eine gewisse Grenze überschreiten darf man ja nicht, aber immerhin, innerhalb gewisser Grenzen darf man noch denken. Aber das, was ich geschildert habe, das steckt in der Entwickelung des Westens, und das wird kommen durch die Entwickelung des Westens.

Also in diese ganze Entwickelung muß sich auch die geisteswissenschaftliche Entwickelung hineinstellen. Das muß sie klar und objektiv durchschauen. Sie muß sich klar sein, daß das, was heute wie ein Paradoxon erscheint, geschehen wird: ungefähr im Jahre 2200 und einigen Jahren wird eine Unterdrückung des Denkens in größtem Maßstabe auf der Welt losgehen, in weitestem Umfange. Und in diese Perspektive hinein muß gearbeitet werden durch Geisteswissenschaft. Es muß soviel gefunden werden — und es wird gefunden werden —, daß ein entsprechendes Gegengewicht gegen diese Tendenzen da sein kann in der Weltenentwickelung.“ (Lit.:GA 167, S. 97ff)

Hinter dieser Entwicklung stehen ganz deutlich ahrimanische Mächte. Ahriman will die ganze Erde in einen von Maschinen erfüllten Planeten verwandel, in eine Art von neuem Saturn, und von hier aus eine neue Entwicklungsreihe beginnen. Heute ist die Zeit gekommen, wo wir uns mit diesen Kräften bewusst auseinandersetzen müssen, um sie letztlich überwinden zu können.

„Das sind die ahrimanischen Wesenheiten. Diese ahrimanischen Wesenheiten, die wollen alle Vergangenheit auslöschen und wollen dem Menschen nur das als ein Ergebnis lassen, was also unmittelbar er auf der Erde errungen hat...

Mit der Erde soll eine neue Evolution beginnen, die soll ein neuer Saturn sein, dann die Sonne kommen und so weiter. Das ist das Ideal dieser anderen Wesenheiten. Sie stürmen ins Unbewußte des Menschen herein, in das Willensleben, das Stoffwechsel- Gliedmaßenleben, da stürmen sie herein. Sie sind dasjenige Geschlecht unter den geistigen Wesenheiten, die dem Menschen beibringen wollen ein besonderes Interesse für alles Mineralisch-Materielle, die dem Menschen beibringen wollen ein Interesse für alles dasjenige, was zum Beispiel Äußerlich-Maschinelles, Mechanisches ist. Sie möchten am liebsten alles dasjenige, was die Erde sich vom alten Monde her mitgebracht hat, zerstören, möchten, daß die Tierwelt verschwinde, daß die physische Menschenwelt verschwinde, die Pflanzenwelt verschwinde, daß vom Mineralreich nur die physischen Gesetze bleiben, aber namentlich, daß die Menschen von der Erde weggenommen würden; und einen neuen Saturn aus Maschinen möchten sie bilden, eine neue Welt aus lauter Maschinen. So soll die Welt dann weitergehen. Das ist eigentlich ihr Ideal. Auf äußerem wissenschaftlichem Gebiete haben sie das Ideal, alles zur Materie zu machen, zu mechanisieren.“ (Lit.:GA 203, S. 261)

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. “A Proposal for the Dartmouth Summer Research Project on Artificial Intelligence” (McCarthy et al.:Förderantrag, August 1955, S. 1)
  2. „What awaits is not oblivion but rather a future which, from our present vantage point, is best described by the words "postbiological" or even "supernatural." It is a world in which the human race has been swept away by the tide of cultural change, usurped by its own artificial progeny. The ultimate consequences are unknown, though many intermediate steps are not only predictable but have alread been taken. Today, our machines are still simple creations, requiring the parental care and hovering attention of any newborn, hardly worthy of the word "intelligent." But within the next century they will mature into entities as complex as ourselves, and eventually into something transcending everything we know - in whom we can take pride when they refer to themselves as our descendants.
    Unleashed from the plodding pace of biological evolution, the children of our minds will be free to grow to confront immense and fundamental challenges in the larger universe. We humans will benefit for a time from their labors, but sooner or later, like natural children, they will seek their own fortunes while we, their aged parents, silently fade away. Very little need be lost in this passing of the torch - it will be in our artificial offspring's power, and to their benefit, to remember almost everything about us, even, perhaps, the detailed working of individual human minds.“
    Hans Moravec: Mind Children. The Future of Robot and Human Intelligence, p. 1
  3. „Let an ultraintelligent machine be defined as a machine that can far surpass all the intellectual activities of any man however clever. Since the design of machines is one of these intellectual activities, an ultraintelligent machine could design even better machines; there would then unquestionably be an „intelligence explosion“, and the intelligence of man would be left far behind. Thus the first ultraintelligent machine is the last invention that man need ever make, provided that the machine is docile enough to tell us how to keep it under control.“
    Irving John Good: Speculations Concerning the First Ultraintelligent Machine online
  4. „There is no security ... against the ultimate development of mechanical consciousness, in the fact of machines possessing little consciousness now. A mollusc has not much consciousness. Reflect upon the extraordinary advance which machines have made during the last few hundred years, and note how slowly the animal and vegetable kingdoms are advancing. The more highly organised machines are creatures not so much of yesterday, as of the last five minutes, so to speak, in comparison with past time. Assume for the sake of argument that conscious beings have existed for some twenty million years: see what strides machines have made in the last thousand! May not the world last twenty million years longer? If so, what will they not in the end become?“
    Samuel Butler: Erewhon; Or, over the Range, Chapter 23: The Book of the Machines, 1872