Organisation: Unterschied zwischen den Versionen

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*Klaus Türk: ''Die Organisation der Welt. Herrschaft durch Organisation in der modernen Gesellschaft'', Opladen 1995, Westdeutscher Verlag {{IT|16|http://d-nb.info/943157048/04|Inhaltsverzeichnis}}  
*Klaus Türk: ''Die Organisation der Welt. Herrschaft durch Organisation in der modernen Gesellschaft'', Opladen 1995, Westdeutscher Verlag {{IT|16|http://d-nb.info/943157048/04|Inhaltsverzeichnis}}  
*Rudolf Steiner: ''Anthroposophie, soziale Dreigliederung und Redekunst. Orientierungskurs für die öffentliche Wirksamkeit mit besonderem Hinblick auf die Schweiz.'', [[GA 339]] (1984), ISBN 3-7274-3390-6 {{Vorträge|339}}
*Rudolf Steiner: ''Anthroposophie, soziale Dreigliederung und Redekunst. Orientierungskurs für die öffentliche Wirksamkeit mit besonderem Hinblick auf die Schweiz.'', [[GA 339]] (1984), ISBN 3-7274-3390-6 {{Vorträge|339}}
*Rudolf Steiner: ''Nationalökonomischer Kurs'', [[GA 340]] (2002), ISBN 3-7274-3400-7 {{Vorträge|340}}
*Rudolf Steiner: ''Die Kernpunkte der Sozialen Frage'', [[GA 23]] (1976), ISBN 3-7274-0230-X; '''Tb 606''', ISBN 978-3-7274-6061-6 {{Schriften|023}}
*[[Bernard Lievegoed]]: ''Über Institutionen des Geisteslebens'', Reihe "Zur anthroposophischen Heilpädagogik und Sozialtherapie", Heft 1, hrsg. von der Konferenz für Heilpädagogik und Sozialtherapie in der Medizinischen Sektion der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft am Goetheanum, Verlag (Bezugsquelle) Sekretariat für Heilpädagogik und Sozialtherapie Dornach, 2. Aufl. 1989 (1987), 40 S., (Inhalt: Vorwort 3 - Zusammenfassung 5 - Organisationsprinzipien 10 - Über das Geistesleben 24 - Über geistige Kreativität 26 - Mitarbeiterförderung 29 - Nachwort 39) (Diese Veröffentlichung ist eine Ergänzung zu Lievegoeds Buch "Organisationen im Wandel" 1974)
*[[Bernard Lievegoed]]: ''Über Institutionen des Geisteslebens'', Reihe "Zur anthroposophischen Heilpädagogik und Sozialtherapie", Heft 1, hrsg. von der Konferenz für Heilpädagogik und Sozialtherapie in der Medizinischen Sektion der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft am Goetheanum, Verlag (Bezugsquelle) Sekretariat für Heilpädagogik und Sozialtherapie Dornach, 2. Aufl. 1989 (1987), 40 S., (Inhalt: Vorwort 3 - Zusammenfassung 5 - Organisationsprinzipien 10 - Über das Geistesleben 24 - Über geistige Kreativität 26 - Mitarbeiterförderung 29 - Nachwort 39) (Diese Veröffentlichung ist eine Ergänzung zu Lievegoeds Buch "Organisationen im Wandel" 1974)
*[[Friedrich Glasl]]: ''Das Unternehmen der Zukunft. Moralische Intuition in der Gestaltung von Organisationen'', Verlag Freies Geistesleben, 1994, 2. Aufl. 1999
*[[Friedrich Glasl]]: ''Das Unternehmen der Zukunft. Moralische Intuition in der Gestaltung von Organisationen'', Verlag Freies Geistesleben, 1994, 2. Aufl. 1999
*Michael Ross: ''Organisation und Entwicklung. Organisationsentwicklung als soziale Gestaltungsaufgabe'', Vortrag (Tagungsbeitrag) 2011, Bearbeitung Christoph Strawe, in: Sozialimpulse 2/2011, S. 5 - 10 {{VT16|http://www.sozialimpulse.de/fileadmin/sozialimpulse/pdf/Ross_Organisationsentwicklung.pdf}}
*Michael Ross: ''Organisation und Entwicklung. Organisationsentwicklung als soziale Gestaltungsaufgabe'', Vortrag (Tagungsbeitrag) 2011, Bearbeitung Christoph Strawe, in: Sozialimpulse 2/2011, S. 5 - 10 {{VT16|http://www.sozialimpulse.de/fileadmin/sozialimpulse/pdf/Ross_Organisationsentwicklung.pdf}}
*Herbert Witzenmann: ''Geldordnung als Bewusstseinsfrage'', Gideon Spicker Verlag, 1995, ISBN 3857042273,  (Vorträge/Texte aus den Jahren 1984 und 1985: Dynamische Geldfunktion. Ein sinnhaltiges Organissationskriterium zur Unterscheidung positiver und negativer Geldwirkungen - Geldordnung als Bewußtseinsfrage - Die monetäre Dreigliederung - Dreigliedrige Assoziationsgestaltung und dynamische Geldordnung) {{IT|16|http://anthrowiki.at/images/9/9f/Geldordnung.jpg|Inhaltsverzeichnis}}
*Herbert Witzenmann: ''Der Gerechte Preis, Eine Grundfrage des sozialen Lebens'', drei Vorträge 14. - 15. Dezember 1974, Gideon Spicker Verlag 1993, (2. Aufl. 2005), ISBN 3857041641
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== Weblinks ==
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Version vom 20. August 2016, 11:12 Uhr

Organisation bzw. Organisieren (griech. ὄργανον órganon ‚ Werkzeug‘) lässt sich am zutreffendsten mit ‚Bewerkstelligung‘ übersetzen, eindeutige Definitionen bestehen jedoch nicht.[1][2] Etymologisch ist „Organisation“ gem. Duden[3] vom Verb „organisieren“ abgeleitet („planmäßig ordnen, gestalten, einrichten, aufbauen“), das auf französisch organe ‚Werkzeug‘; ‚mit Organen versehen‘; zu einem lebensfähigen Ganzen zusammenfügen‘ zurückgeht.

Organisation steht auch für den Prozess des Organisierens, durch den „fortlaufende unabhängige Handlungen zu vernünftigen Folgen“ zusammengefügt werden, „so dass vernünftige Ergebnisse erzielt werden“[4] bzw. so zusammengefügt werden, dass sie zu gewünschten Zielen bzw. Ergebnissen führen.

Eine Organisation kann eine soziale Struktur sein, die aus dem planmäßigen und zielorientierten Zusammenwirken von Menschen entsteht, sich zur Umwelt abgrenzt und – als korporativer Akteur (Coleman) – mit anderen Akteuren interagieren kann.

In der Biologie kennt man Organisationen in Form von Gemeinschaftsbildung, Teambildung (z. B. Horde) oder Staatenbildung (z. B. Ameisenstaat, auch als Superorganismus bezeichnet).

Bestimmung von Organisationen

Alltagssprachlich – teilweise aber auch in einzelnen der Strängen der Organisationsforschung - werden die Worte „Organisation“ und „Organisieren“ verwendet, um eine auf einen Zweck ausgerichtete planmäßige Regelung von Vorgängen zu beschreiben.[5] Nach diesem breiten Verständnis von Organisation muss man dann jedoch feststellen, dass fast immer und überall organisiert wird. Denn schließlich „organisieren“ nicht nur Organisationen ihre Entscheidungsprozesse, sondern auch Familien ihr Zusammenleben, Protestbewegungen ihre Demonstrationen und Freundesgruppen ihre Partys.

In Abgrenzung zu dieser breiten Verwendung des Begriffs Organisation hat sich ein engeres Verständnis von Organisationen durchgesetzt. In der Organisationssoziologie wird mit „Organisation“ eine besondere Form von sozialem Gebilde bezeichnet, das sich von anderen sozialen Gebilden wie beispielsweise Familien, Gruppen, Bewegungen oder Netzwerke unterscheiden läßt. Dabei lassen sich besonders drei Merkmale von Organisationen hervorheben.[6]

Erstens können Organisationen über den Eintritt und Austritt von Personen entscheiden und können deswegen Bedingungen für Mitgliedschaft definieren, denen sich die Mitglieder (und eben nur die Mitglieder) zu unterwerfen haben. Mitgliedern ist bewusst, dass sie die Organisation zu verlassen haben, wenn sie offen zu verstehen geben, dass sie Programme der Organisation nicht befolgen, Kommunikationswege missachten oder andere Personen in der Organisation nicht als Kommunikationspartner akzeptieren.[7]

Zweitens geben sich Organisationen Zwecke, mit denen sie Entscheidungen ausrichten. Auch wenn die noch in der Tradition von Max Weber vertretene zweckrationale Annahme, dass Organisationen sich von ihren Zwecken aus verstehen lassen, nicht durchsetzen konnte, so spielen Zwecke zur Strukturierung von Organisationen eine wichtige Rolle. Sie konzentrieren wie Scheuklappen die Perspektive der Organisation auf einige wenige wichtig erscheinende Aspekte und blenden alles andere aus.[8]

Drittens sind Organisationen durch Hierarchien gekennzeichnet, die Über-, Unterordnungsverhältnisse der Mitglieder festlegen. Zwar ist besonders durch die mikropolitisch orientierte Organisationssoziologie überzeugend herausgearbeitet worden, dass hierarchisch weit unten angesiedelte Mitglieder über erhebliche Machtquellen verfügen können,[9] wobei aber die Befolgung hierarchischer Anweisungen zur Mitgliedschaftsbedingung gemacht werden kann und so auch unpopuläre Entscheidungen durchgesetzt werden können.

Wachsender Organismus vs. künstliche Organisiertheit

"Ebensowenig kann man davon sprechen, daß man organisieren soll, damit die Dreigliederung herauskäme. Was ein Organismus ist, das organisiert man eben nicht; das wächst. Es ist ja gerade das Wesen des Organismus, daß man ihn nicht zu organisieren hat, daß er sich selbst organisiert. Was man organisieren kann, ist kein Organismus." GA 339, S. 28

Es "bekommt dasjenige, was wirtschaftliche Organisation ist, zuerst eine gewisse Verwaltung im rechtlichen Sinn, indem die Städte immer mehr und mehr auftauchen und die Städte nun dieses wirtschaftliche Leben zunächst organisieren, während es früher gewachsen ist, als die Dorfgemeinden tonangebend waren." GA 339, S. 29

"Aber geradeso wie in einem Organismus jede Einzelheit notwendig so geformt ist, wie sie eben geformt ist, so ist in der Welt, in der wir leben und an der wir mitgestalten, alles so zu formen, wie es im Sinne des Ganzen an seinem Orte geformt werden muß." GA 339, S. 30

"Dann ist man so weit, daß man nun auseinandersetzen kann, wie das geistige Leben wiederum Realität gewinnen muß, weil es ja zur Ideologie wirklich geworden ist. Wenn man vom Geiste nur Ideen hat, nicht den Zusammenhang mit dem wirklichen geistigen Sein und Wesen, dann ist es eben eine Ideologie. So bekommt man von da aus die Brücke zu dem Gebiet, auf dem man eine Vorstellung hervorrufen kann von der Realität des geistigen Lebens. Und dann wird es einem möglich, darauf hinzuweisen, wie das geistige Leben eben eine in sich geschlossene Realität, nicht ein Produkt des wirtschaftlichen Lebens, nicht eine bloße Ideologie ist, sondern ein in sich selbst gegründetes Reales ist. (...) Wenn das geistige Leben nur eine Ideologie ist, so strömen eben diese Ideen herauf aus dem wirtschaftlichen Leben. Da muß man sie organisieren, da muß man ihnen eine künstliche Wirksamkeit und Organisation verschaffen. Das hat ja auch der Staat getan. In dem Zeitalter, wo das geistige Leben in Ideologie verdunstete, hat der Staat es in die Hand genommen, um der Sache wenigstens die Realität, die man nicht in der geistigen Welt selber erlebt hat, zu geben." GA 339, S. 60f.

"Das Geistesleben aber ist, wenn man ihm gegenübersteht als einem Elemente, das auf sich selbst gebaut ist, ein sehr strenges Element, ein Element, demgegenüber man fortwährend seine Freiheit bewahren muß, das deshalb nicht anders als auch in der Freiheit organisiert werden darf. Lassen Sie einmal eine Generation ihr Geistesleben freier entfalten und dann dieses Geistesleben organisieren, wie sie es will: es ist die reinste Sklaverei für die nächstfolgende Generation. Das Geistesleben muß wirklich, nicht etwa bloß der Theorie nach, sondern dem Leben nach, frei sein. Die Menschen, die darinnenstehen, müssen die Freiheit erleben. Das Geistesleben wird zur großen Tyrannei, wenn es überhaupt auf der Erde sich ausbreitet, denn ohne daß eine Organisation eintritt, kann es sich nicht ausbreiten, und wenn eine Organisation eintritt, wird sogleich die Organisation zur Tyrannin. Daher muß fortwährend in Freiheit, in lebendiger Freiheit gekämpft werden gegen die Tyrannis, zu der das Geistesleben selber neigt." GA 339, S. 72

Lievegoeds Unterscheidung von Institut, Gemeinschaft und Organisation

„Die Grundsätze dieser Organisationsform [Organisationen im Wirtschaftsleben] sind ausführlich beschrieben im Buch «Organisationen im Wandel». Die Entwicklung von der Pionierphase zur bürokratischen Differenzierungsphase und zur anschliessenden Integrationsphase ist hier angebracht. Leider finden in grossem Umfang diese Formen und Entwicklungen auch Anwendung auf Institute des Geisteslebens! (zum Beispiel in Krankenhäusern und Universitäten.) Abgesehen von der Tatsache, dass die Initiativphase, solange sie noch nicht beendet ist, nicht richtig beurteilt wird, besteht die Gefahr, dass anschliessend daran das Streben sich auf eine bürokratische Differenzierung des Geisteslebens richtet. Wenn diese Durchgangsphase schon auf das Wirtschaftsleben erstarrend wirkt, so sind für das Geistesleben diese Formen tödlich.

Kleinkariertes Ressortdenken, lückendichtes Absichern, eine immer tiefere Gliederung mit dirigierenden Zwischenschichten, die Zunahme von Funktionen, die nicht unmittelbar mit der betreffenden Arbeit zu tun haben, Entscheidungen - auch in Führungsangelegenheiten - von Sektoren, die Dienstleistungen erbringen, Vorbereitungen einer Entscheidung bis zu einem Grad, in dem spirituelle Organe nur eine scheinbare Freiheit geniessen, all diese Übel treten in Erscheinung, obwohl keiner der Mitarbeiter dieses bewußt will. Aber sie sind Opfer von Organisationsprinzipien, die nicht zu einem spirituellen Institut passen.

In der Integrationsphase von Organisationen im Wirtschaftsleben sind alle Mitarbeiter durchdrungen von der und konzentriert auf die äusserliche Leistung. Sie sind marktorientiert.

In der Blühphase eines Instituts sind alle Menschen daraufhin gerichtet und davon durchdrungen, Kreativität zu entwickeln im Dienste der Mysterienaufgabe. Man hat ein gemeinsames Ideal, auf das man sich konzentriert, in einen Fall richt man sich nach außen auf den Markt, im anderen Fall nach innen auf das Ideal.“ (Lit.: Lievegoed, Die Institutionen des Geisteslebens, S. 9)


„Im Mittelpunkt steht hier [Gemeinschaften im sozialen Leben] die Wechselwirkung zwischen den Menschen. Am besten erhalten wird sie im Vereinsleben. Ein Beispiel dafür ist die Entstehung der «Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft» während der Weihnachtstagung. (...)

Eine Vereinsform erhält einen völlig anderen Charakter, sobald diese im Dienste des Wirtschaftslebens steht. Man denke zum Beispiel an den Verein Deutscher Schuhfabrikanten (sofern er existiert). Hier wird die Vereinsform zweckwidrig. Zu einem richtigen Verein, als Organ des sozialen Lebens, gehört der demokratische Entscheidungsprozeß, es geht um rein zwischenmenschliche Formen («so gehen wir miteinander um») und jeder kann gleichwertig mitentscheiden.“ (Lit.: e.d., S. 8f.)

Diese Unterscheidungen, hinsichtlich derer Michael Ross[10] feststellt, daß sie weniger bekannt sind als Lievegoeds dreistufiges Entwicklungsmodell wirtschaftlicher Organisationen, werden z.B. auch von einem Friedrich Glasl in seinem Buch "Das Unternehmen der Zukunft" ignoriert (Glasl fügt den drei Phasen eine vierte, die "Assoziationsphase" hinzu):

„Zunächst werde ich die Kerncharakteristika der Evolution von Institutionen in vier Phasen skizzieren, dann gehe ich näher darauf ein. Wir brauchen zum Verstehen des Unternehmens der Zukunft das Bild der ganzen Entwicklung, um zu erkennen, was mit der Unternehmensgründung oder Schulgründung oder Krankenhausgründung am Beginn in die Welt gesetzt wird und eine Gemeinschaft bildet, die ein bestimmtes Gepräge hat. (...) Die zweite Phase, die "Differenzierungsphase", wird dann eingeläutet, wenn sich die Anforderungen von außen oder von innen ändern, so daß die Organisation in eine Krise kommt und die Frage gestellt werden muß: Geht es noch in diesem familiären Stil weiter, oder brauchen wir eine andere Art der Gestaltung der Organisation und andere Grundsätze des Führens, andere Leitideen? Dann kommt in der Regel etwas Neues; zunächst geschieht das unreflektiert, und die Organisation wird zu einem ganz anderen Gebilde, in dem es um Nüchternheit, um Ratio und kühle Überlegungen geht und wo das Unternehmen jetzt als Apparat erdacht und konstruiert wird: ein arbeitsteiliges Räderwerk, das nichts dem Zufall überläßt, sondern genau regelt, wie geführt wird, wie zusammengearbeitet wird, wie man mit Kundinnen oder Patientinnen, Schülern oder Schülerinnen umgehen soll.“ (Lit.: Glasl, Das Unternehmen der Zukunft, S. 11.f)

Mit dieser Auffassung, Schulen und Krankenhäuser seien Organisationen wie wirtschaftliche Unternehmen, und auch so zu behandeln, steht Glasl an der Seite von Wilhelm Schmundt und Benediktus Hardorp, die generell von einem heutigen Unternehmenstypus ausgehen, der an großen Wirtschaftsunternehmen und bürokratischen Behörden abgelesen ist, und unter den auch die Institutionen des Geisteslebens fraglos subsumiert werden.

Die Gründe dafür dürften darin liegen, wie es bei Wilhelm Schmundt besonders deutlich wird, daß einmal dieser Organisationstypus für unvermeidlich angesehen wird, andererseits aber die verschiedenen Probleme, die sich ergeben, für "geheilt" erachtet werden, sobald die bürokratische Form in die des lebendigen Organismus übergeführt werden konnte (Integrationsphase). Dies ist freilich in der Regel mehr frommer Wunsch als gelebte Praxis. Nach Lievegoed kann es für die Institutionen des Geisteslebens so nicht funktionieren. Schmundt mußte schließlich zu der Erkenntnis kommen, daß vorerst von einer praktischen Umsetzung seiner Ideen vom "sozialen Organismus" noch nicht die Rede sein könne[11]. Wenn man aber Schmundts letzten Wunsch sozusagen beherzigt, daß wenigstens seine Lehre vom sozialen Organismus überall gelehrt werden möchte, für die wissenschaftliche Auseinandersetzung, dann ist eben dieser Unterschied zwischen den Institutionen des Geisteslebens und denjenigen der Wirtschaft, den Schmundt, wie auch Hardorp und offenbar auch Friedrich Glasl ignorierten, den aber Lievegoed noch wahrnahm (und hoffentlich auch die in Schulen und Krankenhäusern tätigen Menschen), zu einem hauptsächlichen Untersuchungsgegenstand zu machen.

Die Dreigliederung der "Kernpunkte" im Verhältnis zur Dreigliederung des "Nationalökonomischen Kurses"

Herbert Witzenmann, vgl. Sozialorganik formuliert zumindest mißverständlich, wenn er zwischen zwei Dreigliederungsideen Rudolf Steiners: Derjenigen der "Kernpunkte" (GA 23) und derjenigen des "Nationalökonomischen Kurses" (GA 340) unterscheidet, die erstere heute für unmöglich hält und den Unterschied folgendermaßen charakterisiert:

„Die erste Variante der Dreigliederungsidee entwickelte die sozialorganische Differenzierung und Integrierung von Menschengruppen innerhalb großer Gegenseitigkeitsgeflechte. Die neue Variante betrifft die Einordnung von Menschen und Menschengruppen in Kooperationssysteme beliebiger Größenordnung. Diese können sich daher auch innerhalb größerer sozialer Zusammenhänge anderer Art bilden.“ (Lit.: Witzenmann, Geldordnung als Bewußtseinsfrage, S. 62ff.)

Das ähnelt dem, was Luhmann im Rahmen seiner Systemtheorie als den Unterschied von Interaktionssystemen und Organisationssystemen bezeichnete (sowie genauestens definierte). Witzenmann sieht die Dreigliederungslehre des Nationalökonomischen Kurses, von ihm als "Sozialorganik" bezeichnet, als eine Metamorphose der Dreigliederungslehre der "Kernpunkte" an, die der neuen, sozialgeschichtlichen Situation 1922 angepaßt sei. Steiner habe schon 1922 eine Dreigliederung im Sinne der Kernpunkte nicht mehr für möglich gehalten[12]. Da hat man denn nun die "Kooperationssysteme beliebiger Größenordnung" (Witzenmann), innerhalb derer die Verwirklichung der Dreigliederungsidee weiterhin möglich sei, im Sinne der Sozialorganik. Sicher denkt Witzenmann, eine Schule würde sich im Sinne der Sozialorganik anders gestalten als ein Wirtschaftsunternehmen. Allerdings sind die heutigen Schulen, Universitäten und Krankenhäuser, wie auch Altenheime usw. meist noch oder wieder eingebunden in den organisierten Gesamtapparat der modernen Gesellschaft. Wie können sie als freie Einrichtungen des Geistesleben existieren, ohne aus dem durchorganisierten Räderwerk der modernen Organisation herausgelöst zu sein, und zwar in genau dem Sinne der ursprünglichen Dreigliederung der Kernpunkte, die Witzenmann ad acta gelegt hat?

Man würde Rudolf Steiners Ausführungen im Nationalökonomischen Kurs sicher mißverstehen, wenn in sie auch eine Revision der ursprünglichen Dreigliederungsidee hineininterpretiert würde. Denn die Gesellschaftsordnung, wie sie in den Kernpunkten dargestellt ist, wurde von Steiner als die notwendige für die Zukunft bezeichnet, wenn sich das gesellschaftliche Leben der Menschen auf der Erde zu einem Besseren hin gestalten können soll. Das Besondere der Dreigliederung im Nationalökonomischen Kurs besteht, abgesehen davon, daß es um das Teilgebiet Wirtschaft geht, lediglich im Aufzeigen eines neuen, evolutionären Weges zu dieser Gesellschaftsordnung der Dreigliedrigkeit hin. In der Tat war ja die offene Situation, wie es sie unmittelbar nach dem ersten Weltkrieg gab, so schon wenige Jahre nicht mehr gegeben. Damit ist doch aber das Ziel, das mit der Dreigliederungsbewegung der Nachkriegszeit verfolgt wurde, nicht aufgegeben. Vielmehr schien 1922 eine unmittelbare Umsetzung nicht mehr möglich. Die Chance war vorerst vorüber. Aber kann es nicht in Zukunft auch wieder Verhältnisse geben, wo solch eine umittelbar verfassungsmäßige Umgestaltung möglich werden könnte? Gab es nicht auch 1945 und 1989 entsprechende Chancen, die nur nicht wahrgenommen werden konnten? Die Dreigliederung des Nationalökonomischen Kurses ist demgegenüber ein evolutionärer Ansatz, der aber gleichfalls schließlich in die Dreigliederung, wie sie sich in dem ursprünglichen Konzept der "Kernpunkte" darstellt, einmündet, bzw. diese mit vorbereitet. Denn eine assoziative Wirtschaftspraxis, wie in dem Nationalökonomischen Kurs dargestellt, führt von sich aus dazu, daß die Wirtschaft als ein sich selbst verwaltendes Gebiet sich von Staat und Geistesleben in einer guten, gesunden Weise emanzipiert, nämlich im Sinne der ursprünglichen Dreigliederungsidee, wie in den "Kernpunkten" dargestellt, der Dreigliederung des sozialen Organismus mit seiner relativen Selbstständigkeit von freiem Geistesleben, Staats- bzw. Rechtsleben und Wirtschaftsleben.

Auch innerhalb der Gebiete des Geisteslebens und des Staatswesens finden sich evolutionäre Wege hin zu dem einzigen Ziel der Dreigliederung des sozialen Organismus. Eine im Sinne der Ausführungen des Nationalökonomischen Kurses gestaltete assoziative Wirtschaft oder auch nur die ja schon gleich wirksame, weil der Idee entsprechende Gestaltungsintention hat freilich schon ihren Sinn in sich selbst. Das erfolgreiche Voranschreiten in jeglicher auch kleiner Alltagspraxis - auf das eine Ziel hin - bessert ja schon, hat einen förderlichen, gesundenden Einfluß auf unsere Gesellschaftsordnung - und gibt auch die nötigen weiteren Einsichten, was zu tun ist.

Siehe auch

Nachweise, Anmerkungen

  1. Organisation – Definition im Gabler Wirtschaftslexikon.
  2. Friedemann, W. Nerdinger, Gerhard Blickle, Niclas Schaper: Arbeits- und Organisationspsychologie, Springer, 1. Auflage 2008, ISBN 3-540-74704-4, S. 48.
  3. Der Duden, 12 Bde., Bd.7, Duden Etymologie Herkunftswörterbuch der deutschen Sprache, neue Rechtschreibung: 7 – Das Herkunftsworterbuch, ISBN 3-411-20907-0.
  4. Karl E. Weick: Der Prozess des Organisierens. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1985, S. 11.
  5. Karl E. Weick: Der Prozeß des Organisierens. Suhrkamp, Frankfurt 1985, S. 11.
  6. Stefan Kühl: Organisationen. Eine sehr kurze Einführung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2011, S. 11.
  7. Niklas Luhmann: Funktionen und Folgen formaler Organisation. Duncker & Humblot, Berlin 1964, S. 44 f.
  8. Niklas Luhmann: Zweckbegriff und Systemrationalität. Suhrkamp, Frankfurt 1973, S. 46.
  9. Michel Crozier, Erhard Friedberg: Macht und Organisation. Die Zwänge kollektiven Handelns. Äthenäum, Berlin 1979.
  10. s. Lit.: Michael Ross, S. 5
  11. Schmundt: Die Assoziationen als Gestaltelement, 1987, in Leber: Die wirtschaftlichen Assoziationen, S. 145f.
  12. Ein Versuch Witzenmanns, seine Ansicht anhand von Aussagen Steiners im Nationalökonomischen Kurs zu belegen, findet sich in "Der gerechte Preis", S. 33ff.

Literatur

  • Renate Mayntz: Soziologie der Organisation, Rowohlt, Reinbek 1965
  • Renate Mayntz: Soziologie der öffentlichen Verwaltung, C. F. Müller Juristischer Verlag Heidelberg, 4. Aufl. 1997 (1978)
  • Niklas Luhmann: Zweckbegriff und Systemrationalität, 1968
  • Klaus Türk: Die Organisation der Welt. Herrschaft durch Organisation in der modernen Gesellschaft, Opladen 1995, Westdeutscher Verlag Inhaltsverzeichnis
  • Rudolf Steiner: Anthroposophie, soziale Dreigliederung und Redekunst. Orientierungskurs für die öffentliche Wirksamkeit mit besonderem Hinblick auf die Schweiz., GA 339 (1984), ISBN 3-7274-3390-6 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  • Rudolf Steiner: Nationalökonomischer Kurs, GA 340 (2002), ISBN 3-7274-3400-7 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  • Rudolf Steiner: Die Kernpunkte der Sozialen Frage, GA 23 (1976), ISBN 3-7274-0230-X; Tb 606, ISBN 978-3-7274-6061-6 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  • Bernard Lievegoed: Über Institutionen des Geisteslebens, Reihe "Zur anthroposophischen Heilpädagogik und Sozialtherapie", Heft 1, hrsg. von der Konferenz für Heilpädagogik und Sozialtherapie in der Medizinischen Sektion der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft am Goetheanum, Verlag (Bezugsquelle) Sekretariat für Heilpädagogik und Sozialtherapie Dornach, 2. Aufl. 1989 (1987), 40 S., (Inhalt: Vorwort 3 - Zusammenfassung 5 - Organisationsprinzipien 10 - Über das Geistesleben 24 - Über geistige Kreativität 26 - Mitarbeiterförderung 29 - Nachwort 39) (Diese Veröffentlichung ist eine Ergänzung zu Lievegoeds Buch "Organisationen im Wandel" 1974)
  • Friedrich Glasl: Das Unternehmen der Zukunft. Moralische Intuition in der Gestaltung von Organisationen, Verlag Freies Geistesleben, 1994, 2. Aufl. 1999
  • Michael Ross: Organisation und Entwicklung. Organisationsentwicklung als soziale Gestaltungsaufgabe, Vortrag (Tagungsbeitrag) 2011, Bearbeitung Christoph Strawe, in: Sozialimpulse 2/2011, S. 5 - 10 Volltext
  • Herbert Witzenmann: Geldordnung als Bewusstseinsfrage, Gideon Spicker Verlag, 1995, ISBN 3857042273, (Vorträge/Texte aus den Jahren 1984 und 1985: Dynamische Geldfunktion. Ein sinnhaltiges Organissationskriterium zur Unterscheidung positiver und negativer Geldwirkungen - Geldordnung als Bewußtseinsfrage - Die monetäre Dreigliederung - Dreigliedrige Assoziationsgestaltung und dynamische Geldordnung) Inhaltsverzeichnis
  • Herbert Witzenmann: Der Gerechte Preis, Eine Grundfrage des sozialen Lebens, drei Vorträge 14. - 15. Dezember 1974, Gideon Spicker Verlag 1993, (2. Aufl. 2005), ISBN 3857041641
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

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