Erich Fromm und Hypatia: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Erich Fromm''' (* [[23. März]] [[1900]] in [[Frankfurt am Main]], [[Deutsches Kaiserreich|Deutsches Reich]]; † [[18. März]] [[1980]] in [[Muralto]], [[Schweiz]]) war ein [[Deutschland|deutsch]]-[[Vereinigte Staaten|US-amerikanischer]] [[Psychoanalyse|Psychoanalytiker]], [[Philosophie|Philosoph]] und [[Sozialpsychologie|Sozialpsychologe]].
[[Datei:Alfred Seifert Hypatia.jpg|mini|Hypatia, Gemälde von Alfred Seifert (spätestens 1901)]]
[[Datei:Hypatia (Charles William Mitchell).jpg|mini|Hypatia vor ihrer Ermordung in der Kirche. Gemälde von [[Wikipedia:Charles William Mitchell|Charles William Mitchell]], 1885, [[Wikipedia:Laing Art Gallery|Laing Art Gallery]], [[Wikipedia:Newcastle upon Tyne|Newcastle]]]]
[[Datei:Cyril of Alexandria.jpg|mini|[[Wikipedia:Kyrill von Alexandrien|Kyrill von Alexandrien]]]]


== Leben ==
'''Hypatia''' (auch ''Hypatia von Alexandria'', {{ELSalt|Ὑπατία}} ''Hypatía''; * um [[Wikipedia:355|355]] in [[Alexandria]]; † März [[Wikipedia:415|415]] oder März [[Wikipedia:416|416]] in Alexandria) war eine [[Griechen|griechische]] [[Philosophie|Philosophin]], [[Astronomie|Astronomin]] und [[Mathematikerin]] der [[Spätantike]]. Ihr Vater, der Astronom und Mathematiker [[Wikipedia:Theon von Alexandria|Theon von Alexandria]] (* um 330/335; † um 400), war der letzte namentlich bekannte Gelehrte in dem berühmten [[Wikipedia:Museion von Alexandria|Museion von Alexandria]]. Hypatias Werke sind nicht erhalten, doch stand sie vermutlich in der Geistesströmung des [[Neuplatonismus]] verbunden mit Ideen des [[Kynismus]]. Bekannt ist sie vor allem durch ihre [[grausam]]e Ermordung durch den Pöbel der von dem [[Wikipedia:Patriarch|Patriarch]]en [[Wikipedia:Kyrill von Alexandria|Kyrill von Alexandria]] (* um 375/80; † [[Wikipedia:27. Juni|27. Juni]] [[Wikipedia:444|444]]) gegen das [[Heidentum]] fanatisierter [[Christen]], die sie durch die Straßen Alexandrias in eine Kirche hetzten, dort bestialisch töteten und ihren Leichnam zerstückelten.
Erich Fromm stammte aus einer streng religiösen jüdischen Familie, aus der zahlreiche Rabbiner hervorgegangen waren. Auch er wollte ursprünglich diese Laufbahn einschlagen. In Frankfurt aufgewachsen, wo er 1918 am [[Wöhlerschule|Wöhler-Realgymnasium]] sein Abitur machte, studierte er aber dort zunächst Jura, wechselte dann zum Soziologiestudium nach [[Universität Heidelberg|Heidelberg]] und promovierte dort 1922 bei [[Alfred Weber]] über ''Das jüdische Gesetz''. In dieser Zeit engagierte er sich im [[Kartell Jüdischer Verbindungen|K.J.V.]], einem [[Korporationsverband|Organisationsverband]] [[Jüdische Studentenverbindung|zionistischer Studentenverbindungen]], in seinem späteren Leben wandte er sich jedoch von der Idee des Zionismus ab.<ref>Alfred Lévy: ''Erich Fromm: Humanist zwischen Tradition und Utopie'', Königshausen & Neumann, 2002, ISBN 978-3-8260-2242-5, S.13</ref> Bis 1925 nahm er außerdem [[Talmud]]unterricht bei Rabbi Rabinkow. 1926 heiratete er die [[Psychoanalyse|Psychoanalytikerin]] [[Frieda Fromm-Reichmann|Frieda Reichmann]]. Ende der 1920er Jahre begann Fromm am [[Berliner Psychoanalytisches Institut|Berliner Psychoanalytischen Institut]] bei einem nichtärztlichen Freud-Schüler, dem Juristen [[Hanns Sachs]], eine Ausbildung zum Psychoanalytiker. In dieser Zeit gaben er und seine Frau ihre [[Orthodoxes Judentum|orthodox-jüdische]] Lebensweise auf. Ab 1929 praktizierte Fromm, da er kein Mediziner war, als sogenannter Laienanalytiker in Berlin.
[[Datei:Gedenktafel Bayerischer Platz 1 (Schönb) Erich Fromm.JPG|miniatur|Gedenktafel am Haus [[Bayerischer Platz]] 1, in [[Berlin-Schöneberg]]]]


Ab 1930 war er für das Frankfurter [[Institut für Sozialforschung]] als Leiter der Sozialpsychologischen Abteilung tätig. Zugleich gehörte er dem Berliner Zirkel [[Marxismus|marxistischer]] Psychoanalytiker um [[Wilhelm Reich]] und [[Otto Fenichel]] an und trug mit einigen Publikationen zur Theoriebildung des [[Freudomarxismus]] bei. 1931 trennte er sich von Frieda Reichmann, blieb ihr jedoch weiterhin freundschaftlich verbunden (Scheidung erst 1942).
Laut [[Rudolf Steiner]] war Hypatia in einem früheren Erdenleben in die [[Orphische Mysterien|orphischen Mysterien]] eingweiht, nachdem sie in früheren [[Inkarnation]]en schon Erfahrungen durch eine [[Kelten|keltische]] [[Geheimschulung]] gesammelt hatte.


Nach der Machtergreifung Hitlers zog er zunächst nach [[Genf]] und emigrierte im Mai 1934 in die Vereinigten Staaten, wo er an der [[Columbia University]] in [[New York City|New York]] tätig war. Ende 1939 trennte er sich nach verschiedenen Konflikten vom Institut für Sozialforschung, nachdem er über viele Jahre einer der wichtigsten Mitarbeiter gewesen war. Er wurde am 25. Mai 1940 US-amerikanischer Staatsbürger. 1944 heiratete er die deutsch-jüdische Emigrantin Henny Gurland.
{{GZ|Es gab eine wunderbare
Persönlichkeit in den alten orphischen Mysterien; sie machte die Geheimnisse
dieser Mysterien durch; sie gehörte zu den allersympathischsten,
zu den allerinteressantesten Schülern der alten griechischen
orphischen Mysterien. Sie war gut vorbereitet, namentlich durch eine
gewisse keltische Geheimschulung, die sie in früheren Inkarnationen
durchgemacht hatte.|126|20f}}


1950 siedelte er nach [[Mexiko-Stadt]] über und lehrte an der [[Universidad Nacional Autónoma de México]] (UNAM). Nachdem seine Frau Henny 1952 überraschend gestorben war, heiratete er 1953 die US-Amerikanerin Annis Freeman. Ab 1957 beteiligte er sich an der US-amerikanischen [[Friedensbewegung]]. Er geriet auch in die Akten des FBI.<ref>Seine Akte umfasste mehr als 600 Seiten; vgl. z.B. Rainer Funk: ''Erich Fromm'' - Liebe zum Leben: eine Bildbiographie, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart 1999, ISBN 3421052794, S. 145.</ref> Er selbst hat immer einen [[Humanismus|humanistischen]], [[Demokratischer Sozialismus|demokratischen Sozialismus]] vertreten. 1965 wurde Fromm [[Emeritierung|emeritiert]]; 1974 verlegte er seinen Wohnsitz nach [[Muralto]] (Kanton Tessin, Schweiz).
{{GGZ|Zu den orphischen Mysterienschülern gehört unter anderen auch die
sympathische Persönlichkeit, die nicht mit einem äußeren Namen auf
die Nachwelt gekommen ist, die sich aber deutlich zeigt als ein Schüler
der orphischen Mysterien, und auf die ich jetzt hindeute. Schon als
Jüngling und dann viele Jahre hindurch war diese Persönlichkeit mit
all den griechischen Orphien eng verbunden. Sie hat gewirkt in derjenigen
Zeit, die der griechischen Philosophie vorangegangen ist und
die nicht mehr in den Geschichtsbüchern der Philosophie aufgezeichnet
ist; denn das, was mit Thaies und Heraklit aufgezeichnet ist, das ist ein
Nachklang von dem, was die Mysterienschüler früher in ihrer Art
gewirkt haben. Und zu diesen Mysterienschülern gehört derjenige, von
dem ich Ihnen jetzt eben spreche als einem Schüler der orphischen
Mysterien, der dann wiederum zu seinem Schüler hatte jenen Pherekydes
von Syros, der in dem Münchner Zyklus «[[Der Orient im Lichte des Okzidents]]» vom vorigen Jahre angeführt worden ist.


Seine Beiträge zur [[Psychoanalyse]], zur [[Religionspsychologie]] und zur [[Gesellschaftskritik]] haben ihn als einflussreichen Denker des 20.&nbsp;Jahrhunderts etabliert, auch wenn er in der akademischen Welt oft unterschätzt wurde. Viele seiner Bücher wurden zu Bestsellern; seine Gedanken wurden auch außerhalb der Fachwelt breit diskutiert.
Sehen Sie, diese Individualität, die in jenem Schüler der orphischen
Mysterien war, sie finden wir durch Forschung in der Akasha-Chronik
wiederverkörpert im 4. Jahrhundert der nachchristlichen Zeit. Wir
finden sie in ihrer Wiederverkörperung hineingestellt mitten in das
Treiben der Kreise von Alexandria, wobei umgesetzt sind die orphischen
Geheimnisse in persönliche Erlebnisse, freilich höchster Art. Es ist merkwürdig,
wie das alles bei der Wiederverkörperung in persönliche Erlebnisse
umgesetzt war. Am Ende des 4. Jahrhunderts der nachchristlichen
Zeit als die Tochter eines großen Mathematikers, des Theon, sehen wir
diese Individualität wiedergeboren. Wir sehen, wie in ihrer Seele alles
das auflebt, was man durchleben konnte von den orphischen Mysterien
an der Anschauung der großen, mathematischen, lichtvollen Zusammenhänge
der Welt. Das alles war jetzt persönliches Talent, persönliche
Fähigkeit. Jetzt brauchte selbst diese Individualität einen Mathematiker
zum Vater, um etwas vererbt zu erhalten; so persönlich mußten
diese Fähigkeiten sein.


In den Jahren 1966, 1977 und 1978 erlitt er jeweils einen [[Herzinfarkt]]. Fromm starb infolge eines weiteren Herzinfarkts 1980, wenige Tage vor dem Erscheinen der zehnbändigen Gesamtausgabe seiner Werke. Er wurde in [[Bellinzona]] (Schweiz) [[Kremation|eingeäschert]].
So blicken wir zurück auf Zeiten, wo der Mensch noch in Zusammenhang
war mit den geistigen Welten wie bei jener orphischen Persönlichkeit,
so sehen wir ihr Schattenbild unter denjenigen, die da
lehrten in Alexandria an der Grenzscheide des 4. zum 5. Jahrhundert.
Und noch nichts hatte diese Individualität aufgenommen von dem, was,
man könnte sagen, die Menschen damals über die Schattenseiten des
christlichen Anfangs hinwegsehen ließ; denn zu groß war noch in dieser
Seele alles das, was ein Nachklang war aus den orphischen Mysterien,
zu groß, als daß es von jenem anderen Licht, dem neuen Christus-
Ereignis, hätte erleuchtet werden können. Was als Christentum ringsherum
auftrat, etwa in Theophilos und Kyrillos, das war wahrhaftig so,
daß jene orphische Individualität, die jetzt einen persönlichen Charakter
angenommen hatte, Größeres und Weisheitsvolleres zu sagen und
zu geben hatte als diejenigen, die das Christentum in jener Zeit zu
Alexandria vertraten.


1979 wurde Fromm mit dem [[Nelly-Sachs-Preis]] ausgezeichnet, im Jahr 1981 wurde ihm postum die [[Goetheplakette der Stadt Frankfurt am Main]] verliehen.
Vom tiefsten Haß erfüllt waren Theophilos sowohl als auch Kyrillos
gegen alles, was nicht christlich-kirchlich war in dem engen Sinn, wie es
gerade diese beiden Erzbischöfe aufgefaßt haben. Ganz persönlichen
Charakter hatte das Christentum da angenommen, so einen Persönlichkeitscharakter,
daß diese beiden Erzbischöfe sich persönliche Söldlinge
anwarben. Überall wurden die Menschen zusammengeholt, die sozusagen
Schutztruppen der Erzbischöfe bilden sollten. Auf Macht im
persönlichsten Sinn kam es ihnen an. Und was sie ganz beseelte, das
war der Haß gegen das, was aus alten Zeiten herrührte und doch so viel
größer war als das in einem Zerrbild erscheinende Neue. Der tiefste
Haß lebte in den christlichen Würdenträgern Alexandriens namentlich
gegen die Individualität des wiedergeborenen Orphikers. Und daher
brauchen wir uns nicht zu verwundern, daß die wiederverkörperte
Orphiker-Individualität angeschwärzt wurde als schwarze Magierin.
Und das war genügend, um den ganzen Pöbel, der als Söldlinge angeworben
war, aufzustacheln gegen die hehre, einzigartige Gestalt des
wiederverkörperten Orpheus-Schülers. Und diese Gestalt war noch
jung, und sie war trotz ihrer Jugend, trotzdem sie manches durchzumachen
hatte, was auch in der damaligen Zeit einem Weibe durch
lange Studien hindurch große Schwierigkeiten machte, sie war hinaufgestiegen
zu dem Lichte, das leuchten konnte über alle Weisheit, über
alle Erkenntnis der damaligen Zeiten. Und es war ein Wunderbares,
wie in den Lehrsälen der Hypatia - denn so hieß der wiederverkörperte
Orphiker -, wie da die reinste, lichtvollste Weisheit in Alexandrien zu
den begeisterten Hörern drang. Sie hat zu ihren Füßen gezwungen nicht
etwa nur die alten Heiden, sondern auch solche einsichtsvolle, tiefgehende
Christen wie den Synesius. Sie war von einem bedeutsamen
Einfluß und man konnte das in die Persönlichkeit umgesetzte Wiederaufleben
der alten heidnischen Weisheit des Orpheus in Hypatia in
Alexandria erleben.


Der literarische Rechte- und Nachlassverwalter Fromms ist der Psychoanalytiker [[Rainer Funk]], der bei Fromm über [[Sozialpsychologie]] und [[Ethik]] promoviert wurde und sein letzter Assistent war.
Und wahrhaftig symbolisch wirkte das Weltenkarma. Was das Geheimnis
ihrer Einweihung ausmachte, es erschien wirklich hineinprojiziert,
abgeschattet, auf den physischen Plan. Und damit berühren wir
ein Ereignis, das symbolisch wirksam und bedeutend ist für manches,
was sich in historischen Zeiten abspielt. Wir berühren eines jener Ereignisse,
das scheinbar nur ein Märtyrertod ist, das aber ein Symbolum ist,
in dem sich spirituelle Kräfte und Bedeutungen aussprechen.
Der Wut derer, die um den Erzbischof von Alexandrien waren, verfiel
an einem Märztage des Jahres 415 Hypatia. Ihrer Macht, ihrer
geistigen Macht wollte man sich entledigen. Die ungebildetsten, wilden
Horden waren hereingehetzt auch von der Umgebung Alexandriens,
und unter Vorspiegelungen holte man die jungfräuliche Waise ab. Sie
bestieg den Wagen und auf ein Zeichen machten sich die aufgehetzten
Leute über sie her, rissen ihr die Kleider vom Leibe, schleppten sie in
eine Kirche und rissen ihr buchstäblich das Fleisch von den Knochen.
Sie zerfleischten und zerstückelten sie, und die Stücke ihres Leibes wurden
von den durch ihre gierigen Leidenschaften völlig entmenschten
Massen noch in der Stadt herumgeschleift. Das ist das Schicksal der
großen Philosophin Hypatia.


Funk hat im Herbst 2005 im ''Fromm Forum'' einen Aufsatz veröffentlicht mit dem Titel ''Erleben von Ohnmacht im Dritten Reich – Das Schicksal der jüdischen Verwandtschaft Erich Fromms aufgezeigt an Dokumenten''.<ref>[http://www.erich-fromm.de/data/pdf/Funk,%20R.,%202005a.pdf Text]</ref>
Symbolisch, möchte ich sagen, ist da etwas angedeutet, das tief zusammenhängt
mit der Gründung Alexanders des Großen, Alexandriens,
wenn es auch spät erst nach der Begründung Alexandriens sich zuträgt.
In diesem Ereignis sind abgespiegelt wichtige Geheimnisse des vierten
nachatlantischen Zeitalters, das so Großes, Bedeutendes in sich hatte,
und das auch dasjenige, was es zeigen mußte als Auflösung des Alten,
als Hinwegfegung des Alten, in einer so paradox großartigen Weise vor
die Welt hingestellt hat in einem so bedeutsamen Symbolum, wie es die
Hinschlachtung - anders kann man es nicht nennen - der bedeutendsten
Frau von der Wende des 4. zum 5. Jahrhundert, der Hypatia, war.|126|21ff}}


== Werk und Wirkung ==
Rudolf Steiner gab auch einen Hinweis auf die folgende Inkarnation der Hypatia:
=== Normativer Humanismus ===
Noch in den 1950er Jahren folgten die meisten Geisteswissenschaftler dem sogenannten soziologischen [[Relativismus]]: Sie waren davon überzeugt, dass der Mensch fast unbegrenzt formbar sei und unter fast allen Bedingungen leben könne. Daraus zogen sie zwei Schlüsse: Eine [[Gesellschaft (Soziologie)|Gesellschaft]], die in den Grundzügen funktioniere, sei gesund. Für psychische Störungen seien Fehler im [[Individuum]] verantwortlich; die Betroffenen seien einfach nicht anpassungsfähig genug.


Fromm vertrat demgegenüber einen [[normativ]]en [[Humanismus]]: Der Mensch hat nach Fromm nicht nur physische, sondern auch psychische Grundbedürfnisse, die in seiner Existenz wurzeln. Hieraus ergibt sich, dass für die psychische Gesundheit des Menschen universelle Kriterien gelten, die vom gesellschaftlichen System entweder gefördert oder unterdrückt werden können. Der Gesundheitszustand einer Gesellschaft kann somit untersucht werden.
{{GZ|Und
nur hinweisen kann ich darauf, daß gerade eine solche Individualität
wie diejenige, die als Hypatia inkarniert war, die also mitbrachte die
Weisheit der orphischen Mysterien und sie persönlich auslebte, dann in
einer nachfolgenden Inkarnation berufen war, nun den umgekehrten
Weg einzuschlagen: alle persönliche Weisheit wiederum hinaufzutragen
zum Göttlich-Geistigen. Daher erscheint Hypatia ungefähr um die
Wende des 12. zum 13. Jahrhundert als ein bedeutender, umfassender,
universeller Geist der neueren Geschichte, der einen großen Einfluß hat
auf das, was Zusammenfassung des naturwissenschaftlichen und auch
des philosophischen Erkennens ist. So also sehen wir, wie hineindringen
in die aufeinanderfolgenden Inkarnationen der einzelnen Individualitäten
die historischen Mächte.|126|56}}


Zwar kann der Mensch tatsächlich unter vielerlei Bedingungen leben, doch wenn sie seiner menschlichen Natur zuwiderlaufen, reagiert er darauf, indem er die bestehenden Verhältnisse entweder ändert oder seinen vernunftbedingten menschlichen Fähigkeiten entsagt, also sozusagen „abstumpft“.
Aus einer Notitzbucheintragung Rudolf Steiners (Archiv-Nr. 523), die offenbar Reinkarnationen betrifft, geht hervor, welche Persönlichkeit hier gemeint ist, denn dort steht neben dem Namen von Hypatia der von [[Albertus Magnus]] (* um 1200; † 15. November 1280).


==== Prägung des Individuums durch die Gesellschaft ====
== Siehe auch ==
Fromm stellt sich die Frage, „wie es möglich ist, dass die in einer Gesellschaft herrschende Gewalt tatsächlich so wirkungsvoll ist, wie uns das die Geschichte zeigt“ (alle Zitate aus ''[[Autoritärer Charakter|Theoretische Entwürfe über Autorität und Familie]]'', 1936). Einerseits sei die äußere Gewalt „ein unerlässlicher Bestandteil für das Zustandekommen der Fügsamkeit und Unterwerfung der Masse unter diese Autorität“, andererseits könne die Gesellschaft (Fromm spielt konkret auf den Nationalsozialismus an) nicht nur „aus Angst vor den physischen Gewaltmitteln“ funktionieren. Fromm entwickelt daraus in kritischer Abwandlung von [[Sigmund Freud|Freud]] die Theorie des [[Autoritärer Charakter|autoritären Charakters]]: „Die äußere in der Gesellschaft wirksame Gewalt tritt dem in der Familie aufwachsenden Kind in der Person der Eltern und […] speziell der des Vaters gegenüber.“ Und: „Der Familienvater ist zwar dem Kind gegenüber (zeitlich gesehen) der erste Vermittler der gesellschaftlichen Autorität, ist aber (inhaltlich gesehen) nicht ihr [[Vorbild]], sondern ihr [[Abbild]].“ So hebt Fromm die Sicht Freuds auf die Entstehung des psychischen Apparates und speziell des Über-Ichs aus der Enge der Kleinfamilie heraus und leitet die Entstehung des Über-Ichs aus der gesellschaftlichen Gewalt ab, die den Vater autorisiere, das Über-Ich des Kindes aufzurichten. Umgekehrt enthalten für Fromm die gesellschaftlichen Autoritäten immer auch persönliche Über-Ich-Qualitäten, zu sehen beispielsweise in der Rede vom Landesvater oder von Politikern, die Kinder auf den Arm nehmen und Ähnliches.


==== Kulturell vorgeprägte Defekte ====
* {{WikipediaDE|Hypatia}}
Unter einem Defekt leidet ein Mensch dann, wenn es ihm an einer Eigenschaft mangelt, die als spezifisch menschlich gilt. Geht man beispielsweise davon aus, dass Spontanität ein Ziel ist, das jeder Mensch erreichen sollte, so leidet ein Mensch, der sein Selbst nicht gut veräußern kann und völlig unspontan ist, an einem Defekt, der als [[Neurose]] wahrgenommen werden kann.
 
Wie es der Gesellschaft möglich ist, bestimmte Grundbedürfnisse des Menschen zu fördern oder zu unterdrücken, können auch psychische Defekte durch die Kultur hervorgebracht werden. Da nun die Mehrheit der Mitglieder einer Gesellschaft an gewissen Defekten leidet, werden diese als Normalität wahrgenommen, und der Einzelne setzt sie sich sogar zum Ziel, um einem Außenseitertum aus dem Weg zu gehen: „Was [dem Einzelnen] an innerem Reichtum und an echtem Glücksgefühl verlorengegangen sein mag, wird durch die Sicherheit kompensiert, die das Gefühl gibt, zur übrigen Menschheit zu passen – so wie er sie kennt.“
 
Dieses Zugehörigkeitsgefühl verhindert zu einem entscheidenden Teil die Fortentwicklung des Defekts in eine tatsächlich wahrgenommene Neurose. Ferner liefert die Gesellschaft diverse „Gegenmittel“, um den Ausbruch einer Krankheit zu vermeiden. Fromm spricht in diesem Zusammenhang von „kulturellen Opiaten“, wie Fernsehen, Radio oder Sportveranstaltungen. Würde man den Menschen diese Opiate schlagartig für einen längeren Zeitraum verweigern, wäre der Ausbruch der psychischen Krankheit rasch in Form von Nervenzusammenbrüchen und akuten Angstzuständen beobachtbar.
 
==== Innerfamiliäre Prägung ====
Die starke Beeinflussung des Einzelnen durch die Gesellschaft definiert automatisch die Bedingungen des familiären Rahmens und gestaltet folglich zu einem entscheidenden Teil das Klima innerhalb der Familie.
 
Der enge emotionale Austausch der Kinder mit den Eltern hat für die gesellschaftliche Beeinflussung zweierlei zur Folge:
(1) Einerseits wird die Familie zur wichtigsten Institution für den Fortbestand der Gesellschaft. Um diesen zu gewährleisten, müssen bestimmte Erfordernisse wie Pünktlichkeit, Ordentlichkeit, Anpassungsfähigkeit usw. nicht nur befolgt, sondern als eigenständige Charakterstrukturen und somit als eigener Wille verinnerlicht werden. Dieser sogenannte [[Sozialcharakter|Gesellschafts-Charakter]] spiegelt sich in den Eltern und wird hierdurch auf direktem Wege an das Kind vermittelt.
(2) Zum anderen wird auf diese Weise auch die bestehende Problematik der Eltern zu ihrer Umwelt auf das Kind übertragen. Da sich die Individualität aus den Interaktionen mit den frühen Bezugspersonen bzw. der Umwelt im Allgemeinen herauskristallisiert, kann die Selbstwerdung des Kindes als ein Weg von außen nach innen gesehen werden. Fühlen sich diese Bezugspersonen nun auf eine Art und Weise von den bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen verunsichert und leiden hierdurch sogar an einer psychischen Störung, so überträgt sich diese in das Selbst des Kindes. Gleichermaßen geben die Eltern ihre Defekte und die Methode, diese durch kulturelle Opiate zu kompensieren, an das Kind weiter. Krankhafte Lebensweisen werden somit schon im Kindesalter als Normalität aufgefasst.
 
=== Die Situation des Menschen ===
Tiere leben in einer vollkommenen Harmonie mit der Natur. Sie leben unter Bedingungen, die sie als gegeben hinnehmen und mit denen sie somit fertig werden können. Im Gegensatz zum Tier hat sich im Menschen durch die ihm gegebene Vernunft die Fähigkeit entwickelt, seine Umwelt zu transzendieren und somit über die Oberfläche der ihn umgebenden Gegebenheiten hinaus zu gelangen. Er hat sich über die Natur erhoben und kann sie in gewissen Maßen erschaffen und beherrschen.
Diese höchste Gabe des Menschen ist zugleich sein Fluch. Ganz pragmatisch lässt er sich als Anomalie der Natur beschreiben, denn im Menschen ist sich „das Leben […] seiner selbst bewußt“ geworden. So weiß er nicht nur von der Zufälligkeit seines Daseins, sondern auch von der Begrenztheit seines Lebens. Obwohl er noch immer ein Teil der Natur ist, ist er auch aus ihr verstoßen, und die Harmonie mit ihr ist für immer verloren. Durch diese Erkenntnis entsteht im Menschen ein großes Gefühl der Hilflosigkeit und Machtlosigkeit. Er muss selbst leben und Entscheidungen treffen, und jeder Schritt in eine andere Richtung ist angsterregend, weil man bereits bekannte und somit sichere Zustände verlässt. Das größte Problem des Menschen ist seine reine Existenz. (Vergleiche dazu auch das [[Das Sein und das Nichts#Für-sich-sein|Für-sich-Sein]] von Jean-Paul [[Sartre]].)
 
Das menschliche Leben ist von einer unüberwindbaren Polarität zwischen [[Regression (Psychoanalyse)|Regression]] und [[Progression]] beherrscht: Auf der einen Seite steht die Sehnsucht nach der verlorenen Harmonie mit der Natur, die in seiner einst besessenen tierischen Existenz waltet. Auf der anderen Seite strebt er nach dem „Erreichen einer menschlichen Existenz“, die seinen vernunftbedingten Fähigkeiten entspricht und ihm die Lösung des Problems seiner Existenz verspricht. Dieser Zustand bringt ihn auf eine ständige Suche nach Harmonie und macht ein statisches Dasein unmöglich. Sind die tierischen Bedürfnisse (Hunger, Schlaf, Sexus usw.) erst befriedigt, treten die spezifisch menschlichen Bedürfnisse in den Vordergrund: „Alle Leidenschaften und Strebungen des Menschen sind Versuche, eine Antwort auf seine Existenz zu finden, oder man könnte auch sagen, sie sind Versuche, der Geisteskrankheit zu entgehen.“
 
=== Die seelischen Grundbedürfnisse des Menschen ===
Durch die besondere Rolle des Menschen zur Natur, die ihn zu einer gewissen Heimatlosigkeit verdammt, ist es für den Menschen besonders wichtig, einen Weg zu finden, sich in der Welt zu orientieren und so in eine neue Beziehung mit ihr zu treten. Alle Leidenschaften des Menschen dienen letztlich dem Ziel, die Heimatlosigkeit zu verringern.
 
Die seelischen Grundbedürfnisse sind rein psychologischer Natur und ergeben sich aus der menschlichen Gesamtpersönlichkeit und seiner empirischen Lebenspraxis. Im Gegensatz zu Freuds Libido haben sie also keinen physischen Ursprung.
 
Zur Befriedigung seiner Bedürfnisse stehen dem Menschen prinzipiell zwei Möglichkeiten offen, denn der Mensch ist aus humanistischer Sicht nicht von Natur aus gut oder schlecht. Die menschliche Existenz birgt beide Wege als Möglichkeit der Entwicklung in sich. Gegensätzliche Leidenschaften wie Liebe und Hass sind demnach keine unabhängig voneinander existierenden Größen, sondern müssen als Antwort auf dieselbe Frage betrachtet werden. Der Unterschied liegt bloß darin, dass nur ersteres zu Glück führen kann. Im Folgenden sollen die Grundbedürfnisse des Menschen kurz dargestellt werden.
 
==== Identitätserleben durch Individualität oder Konformität ====
Sich selbst als „[[Ich]]“, also als getrenntes Wesen zu seiner Umwelt, zu empfinden ist nicht nur ein philosophisches Problem, sondern auch eine wichtige Voraussetzung seelischer Gesundheit. Da der Mensch selbstständig und ohne natürliche Wurzeln leben muss, muss er sich ein Bild von sich selbst machen können. Hierin liegt die Voraussetzung für jegliche [[Transzendenz]], denn nur so kann sich der Mensch als Subjekt seines Handelns erleben und sich seiner selbst als ein eigenständiges Wesen bewusst sein.
 
Das Bedürfnis nach einem Identitätserleben ist so essentiell, dass es manchmal in Form einer übertriebenen Konformität Ausdruck erhält, in der ein Mensch sogar bereit ist, sein Leben zu opfern, nur um mit der Bezugsgruppe konform zu gehen und auf diese Weise ein Identitätsgefühl zu erlangen. Das Identitätserleben kann auf diese Weise jedoch immer nur illusorisch sein.
 
==== Bezogenheit durch Liebe oder Narzissmus ====
Sich mit anderen Menschen zu vereinigen dient dem Einzelnen als wichtigstes Mittel, die Zufälligkeit und Einsamkeit seiner Existenz regulieren zu können. Zu sich selbst und anderen ein Gefühl der Bezogenheit zu entwickeln ist somit nicht nur ein menschliches Grundbedürfnis, sondern überhaupt Voraussetzung für seelische Gesundheit.
 
Die höchste Erfüllung bietet in dieser Hinsicht die Liebe: Sie ist der einzige Weg, „mit der Welt eins zu werden und gleichzeitig ein Gefühl der Integrität und Individualität zu erlangen“. In der Liebe vereinigt sich der Mensch mit einem anderen Wesen, bewahrt jedoch gleichzeitig die Integrität des eigenen Selbst, also seine Gesondertheit.
Die Liebe zwischen zwei Menschen in der Partnerschaft entsteht permanent von neuem durch die transzendente Polarität von Getrennt-Sein und Vereinigung. Zudem besteht der individuelle Egoismus in so geringem Maße, dass die Bedürfnisse des anderen als genauso wichtig wie die eigenen empfunden werden.
 
Die Liebe steht im Gegensatz zum sekundären [[Narzissmus]]: In diesem war es dem Einzelnen nicht möglich, den primären Narzissmus des Kindes zu überwinden, wodurch die Umwelt nach wie vor als bloßes Mittel benutzt wird, die eigenen Bedürfnisse befriedigen zu können. Narzissten neigen dazu, einen Bezug zu ihrer Umwelt dadurch zu gewinnen, dass sie Macht über sie erlangen. Dadurch ist es ihnen jedoch nur möglich, eine gewisse Einheit herzustellen, während jegliches Gefühl echter Integration zerstört wird.
 
Ein weiterer Weg, sich mit der Welt zu vereinigen, bietet die Möglichkeit, sich einer Gruppe, einem Gott usw. zu unterwerfen. Hierdurch kann der Einzelne das Gefühl von Isolation überwinden, und er erlangt das Gefühl, Teil der großen Macht zu sein, mit der er sich vereint hat.
 
==== Transzendenz durch Kreativität oder Destruktivität ====
Der Mensch verfügt über Vernunft und Vorstellungsvermögen, und diese Eigenschaften machen es ihm unmöglich, eine rein passive Rolle in der Welt einzunehmen. Indem er selbst die Rolle des Schöpfers einnimmt, kann er seine Zufälligkeit und das kreatürliche Dasein überwinden. Wer seinem Schaffen mit Fürsorge und Liebe gegenübertritt, kann sich und seine Umwelt auf diese Weise transzendieren.
 
Auch in der Zerstörung lässt sich das menschliche Selbst transzendieren, doch kann das Zerstören stets nur die mindere Alternative zum Erschaffen sein für Menschen, die zur Transzendierung des Selbst nicht fähig waren. Nur das kreative Schaffen kann zum Glück führen, während Destruktivität Leid in sich birgt, vor allem für den Zerstörer selbst.
 
==== Verwurzelung durch Brüderlichkeit oder Inzest ====
Um den Verlust der natürlichen Wurzeln zu überwinden, braucht der Mensch neue menschliche Wurzeln, um sich in der Welt wieder zu Hause fühlen zu können. In dieser Hinsicht bietet die [[Mutter-Kind-Beziehung]] den höchsten Grad möglicher Verwurzelung. Die Tiefe des Gefühls von Sicherheit, Wärme und Schutz ist hier so stark, dass auch im Erwachsenenalter eine Sehnsucht danach bestehen bleibt. Letztendlich übernehmen Institutionen wie der Staat, die Kirche, die Gruppe usw. im Erwachsenenalter für den Einzelnen die Funktion, ein Gefühl der Verwurzelung zu ermöglichen, sodass der Mensch sich als Teil einer Einheit statt als isoliertes Individuum wahrnehmen kann.
 
Die Abnabelung von der Mutter ist ein beängstigender, doch notwendiger Prozess zur Menschwerdung des Einzelnen. Nur so ist es dem Menschen möglich, Fortschritte zu machen und sich zu entwickeln. Im Gegensatz zu Freud deutet Fromm die Mutterbindung und den Ödipuskomplex auf emotionaler statt auf sexueller Ebene. In dieser Hinsicht erhält das [[Inzesttabu]] insgesamt eine neue Bedeutung, da es nicht nur ein sexuelles Verlangen des Kindes zu einem Elternteil untersagt, sondern auch das Verharren im schützenden mütterlichen Bereich, was eine kulturelle Entwicklung unmöglich machen würde.
 
=== Die Situation des Menschen im postmodernen Kapitalismus ===
==== Der Wandel des Gesellschafts-Charakters ====
In der Entwicklung der Menschheit gab es wohl noch nie ein größeres Maß an [[Freiheit]] als in der heutigen westlichen Gesellschaft. Die Menschen leben in materiellem Komfort, haben viel Freizeit und verfügen über eine große Auswahl an Berufen und Lebensstilen. Doch mit wachsendem [[Wohlstand]] haben auch die psychosozialen Störungen erheblich zugenommen.
 
Der Gesellschafts-Charakter gibt dem Menschen gewisse Denk- und Verhaltensstrukturen vor. Diese sind von der Mehrheit der Gesellschaftsmitglieder als Werte und Normen eingefleischt und gewährleisten dadurch den Fortbestand der [[Kultur]]. Während noch vor einem Jahrhundert das Wirtschaftswesen auf Charaktere ausgerichtet war, die andere für den größtmöglichen Profit ausbeuten und keinen Konkurrenzkampf scheuen, scheinen im heutigen Gesellschafts-Charakter Teamfähigkeit und Konformität zunehmende Bedeutung zu erhalten.
 
Obwohl die Selbstverantwortung des Einzelnen stark unterstrichen wird, wird gleichzeitig durch die rasche wirtschaftliche und technische Entwicklung erwartet, dass man in hohem Maße flexibel bleibt.
Gab es früher offene [[Autorität]]en, gegen die man sich auflehnen konnte (der [[König]], der [[Vorgesetzter|Chef]] usw.), ist heute keine persönliche Machtquelle mehr ausfindig zu machen. Alle [[Macht]] scheint sich entpersonalisiert zu haben und ist höchstens noch als anonymer [[Markt]] fassbar, für dessen Wirkungsweise die Gesetze von [[Angebot und Nachfrage]] gelten und somit kein Einzelner belangt werden kann. Aus der mechanisch fortlaufenden Anonymität heraus entspringt die Erwartungshaltung, das tun zu sollen, was alle anderen auch tun.
 
Der Verlust von Individualität und Identität führt zu höchster Konformität, die in unserer Gesellschaft extrem auffällig ist. Egal ob der Einzelne intelligent oder dumm, gesellschaftlich hoch oder niedrig gestellt ist, alle scheinen denselben Lebensrhythmus zu haben: Alle lesen dieselben Zeitungen und Bücher, sehen sich dieselben Filme und Sendungen im Fernsehen an. Da das Verlangen nach möglichst viel Profit dem schlichten Wunsch nach einem geregelten Einkommen gewichen ist, arbeiten zudem alle im selben Rhythmus. Vor allem aber produzieren und konsumieren die Menschen, ohne Fragen zu stellen, und scheinen es regelrecht zu vermeiden, Begebenheiten, Ursprünge und Gesamtzusammenhänge in Erfahrung zu bringen. An die Stelle eines individuellen Gewissens ist das Verlangen getreten, sich möglichst gut anzupassen und dafür Anerkennung durch andere zu erhalten.
 
Die moderne [[Zivilisation]] scheint die tiefen Bedürfnisse des Menschen also vor allem in Bezug auf ein echtes Identitätserleben nicht zu befriedigen und mit ihrem übergroßen Maß an individueller Freiheit und Wohlstand eher „das Gefühl einer intensiven Langeweile“ und Orientierungslosigkeit zu verursachen. Die Menschen der heutigen Gesellschaft müssen nicht mehr für sexuelle oder politische Freiheit kämpfen; sie sind heute „nicht mehr in Gefahr zu Sklaven zu werden, sondern zu Robotern“.
 
=== Der entfremdete Mensch – psychosoziale Störungen im Kontext des etablierten Gesellschafts-Charakters ===
Im 19. Jh. definierten Hegel und Marx einen Menschen als von sich selbst entfremdet, wenn ihm „die eigene Tat […] zu einer fremden, gegenüberstehenden Macht wird, die ihn unterjocht, statt daß er sie beherrscht“<ref>Karl Marx und Friedrich Engels: Die Deutsche Ideologie: I. Feuerbach, in: Marx-Engels-Werke Band 3, Berlin 1962, S. 33</ref>. Die Entfremdung des Menschen zu sich selbst, seinen Handlungen und dadurch notwendigerweise auch zu seiner Umwelt ist in der modernen Gesellschaft zu einem zentralen Problem geworden. Im Folgenden soll die Situation des Menschen unter diesem Gesichtspunkt betrachtet werden.
 
==== Der Mensch als abstrakte Größe ====
Der einzelne Mensch wird in der heutigen Gesellschaft und Wirtschaftswelt vorwiegend als unpersönliches Einzelteilchen wahrgenommen statt als individuelle Persönlichkeit. Egal ob im Unternehmen oder in der Konsumwelt, er ist zu einer abstrakten Größe geworden, die sich in Zahlen ausdrücken lässt und somit berechnet werden kann. Ein gutes Beispiel ist der typische Bürokrat. Für ihn existieren die Mitmenschen, über deren Schicksal er möglicherweise entscheidet, nur als Objekte und Zahlen auf dem Papier. Dies ermöglicht ihm, ohne Anteilnahme oder zwischenmenschliche Gefühle wie Sympathie oder Antipathie Entscheidungen über sie zu fällen. Ebenso geht es dem Großunternehmer, der mit nur einer Unterschrift 100 Menschen entlassen kann, ohne diese je kennen gelernt zu haben und von ihren Lebensumständen zu wissen. Nur ob sie die Anforderungen erfüllen oder nicht, ist entscheidend.
 
Eine maßgebliche Ursache für die Abstraktion des Menschen ist das Streben nach größtmöglicher Effizienz, das für den Kapitalismus so charakteristisch ist. Vor allem durch die stetige Zunahme von Großkonzernen und das damit verbundene Verschwinden kleiner Betriebe wird der Einzelne vorwiegend nach seinem „Marktwert“ beurteilt und kann wie die kaputte Schraube einer Maschine beliebig ausgetauscht werden.
Eine weitere Auswirkung dieser gesteigerten Produktivitätsverhältnisse ist eine sich immer mehr verzweigende Arbeitsteilung, die dem Einzelnen den Bezug zu seiner Arbeit nimmt. Im humanistischen Sinne dient die Arbeit der Menschwerdung des Einzelnen. Indem er die Natur beherrscht und gestaltet, kann er einen Weg finden, sich mit ihr zu vereinigen, und gelangt durch diesen fortwährenden Entwicklungsprozess zu Individualität. Für die meisten Menschen der heutigen Gesellschaft dient die Arbeit nur als Gewährleistung für ein geregeltes Einkommen. Da man somit nur einen Teil irgendeines Ganzen produziert, verliert man die Verbundenheit mit seinem Tun und den Bezug zum eigenen Selbst. Arbeit kann in diesem Sinne nicht mehr als sinnvolle Tätigkeit angesehen werden, da sie keine Entwicklungsmöglichkeiten mehr in sich birgt.
 
==== Die narzisstische Selbstspiegelung des Menschen ====
Durch den Drang nach Konformität und die entfremdete Arbeitsweise entsteht im Menschen ein „Loch im Selbst“. Dieses wird ferner verstärkt durch den etablierten Gesellschafts-Charakter, der in der heutigen Gesellschaft ein Leben nach außen hin als gesunde Lebensweise vorgibt und auf die Möglichkeit verweist, innere Gefühle der Leere oder Unsicherheit durch die Vielzahl kultureller Opiate zu überdecken.
Das Ergebnis dieser Lebensweise ist eine narzisstische Selbstspiegelung des Einzelnen. Durch das ständige Ablenken vom eigenen Innern ist man sich seiner inneren Kräfte nicht mehr bewusst und erfährt sich somit nicht mehr als Initiator seines Handelns. Das eigene Handeln wird vielmehr durch von außen wirkende Kräfte gesteuert. Auf diese Weise ist es unmöglich, ein gesundes Selbstbewusstsein aufzubauen. Stattdessen kommt es zu einem pseudogesunden Selbstbewusstsein, bei dem der Einzelne sein Selbstwertgefühl auf seiner sozio-ökonomischen Rolle aufbaut. Hierdurch hat sich in unserer Gesellschaft auch in mentaler Hinsicht eine bizarre Marketing-Orientierung ergeben. Für den Einzelnen ist sein Dasein zu einer Art Ware geworden, die im Spiegel des sozialen Echos einen gewissen Wert erlangt: „Sein Körper, sein Geist und seine Seele sind sein Kapital, und seine Lebensaufgabe besteht darin, diese vorteilhaft zu investieren, einen Profit aus sich zu ziehen.“ Ihren höchsten Ausdruck hat dieser Wunsch nach einer spiegelnden Aufmerksamkeit in den Massenmedien gefunden. Egal ob die Teilnahme an Talk- und Realityshows oder die Vielzahl persönlicher Homepages, alles spricht für den Drang, ein sekundäres Selbstwertgefühl zu erlangen, indem man das Interesse anderer Menschen weckt.
 
Unter diesem Gesichtspunkt lässt sich unter anderem die Zunahme der [[Suizid]]e erklären. Wenn man sein Leben vorwiegend als eine Art Unternehmen betrachtet, in das man seine physischen und psychischen Fähigkeiten möglichst sinnvoll investieren muss, dann schlägt Leben fehl, wenn die Bilanz unterhalb des erhofften Werts liegt. „Man begeht Selbstmord, genau wie ein Geschäftsmann seinen Bankrott erklärt, wenn die Verluste größer sind als der Gewinn.“
Der moderne Mensch lässt sich also insgesamt als „passiver Empfänger von Eindrücken, Gedanken und Meinungen“ beschreiben. Zwar ist er im Laufe der Jahrhunderte erheblich intelligenter geworden, doch hat er, was die Vernunft betrifft, starke Einbußen zu verzeichnen. Seine Intelligenz nutzt er als Werkzeug, sich selbst und andere zu manipulieren. Das vernünftige Hinterfragen von Gegebenheiten, das Urteilen und Handeln nach gefundenen Grundsätzen ist jedoch zugunsten der Konformität eingestellt worden.
 
==== Der Massenkonsum ====
Der entfremdete Mensch wird vielmehr von äußeren Einflüssen statt inneren Strebungen gelenkt. Insofern dient auch der Konsum nicht mehr dazu, sich selbst einen Wohlgefallen zu tun, sondern es geht vielmehr um „die Befriedigung von künstlich stimulierten Phantasievorstellungen“, die vor allem durch die Massenmedien an den Menschen herangetragen werden. Da diese scheinbare Befriedigung die tatsächlichen menschlichen Bedürfnisse des Einzelnen jedoch unbefriedigt lässt, hat sich in der heutigen Gesellschaft eine regelrechte Konsumsucht etabliert.
 
Das Bedürfnis nach Massenkonsum erzeugt im Gesellschafts-Charakter den Drang, „daß jeder Wunsch sofort befriedigt werden muß und kein Verlangen frustriert werden darf“. Dadurch ist der moderne Mensch weitgehend unfähig geworden, seine Wünsche aufschieben zu können, auch wenn diese nur von der Wirtschaft vorgegeben sind. Anstatt sich mit Konflikten mit dem eigenen Selbst auseinanderzusetzen, beschäftigt sich der Einzelne ständig mit einem neuen Vergnügen aus der breiten Palette kultureller Opiate. In der heutigen Gesellschaft besteht also nicht einmal mehr die Notwendigkeit, sich seiner selbst bewusst zu werden.
 
==== Auswirkungen auf zwischenmenschliche Beziehungen ====
Der entfremdete Mensch ist vor allem durch das hohe Maß an Manipulation sich selbst und anderen gegenüber gekennzeichnet. Die Beziehung zu seinen Mitmenschen kann somit zwangsläufig nur krankhafter Art sein und ist im Allgemeinen von Gleichgültigkeit durchsetzt. Hinter der aufgesetzten Freundlichkeit steht nur der Wunsch nach Selbstbestätigung und die egoistische Motivation, dass der andere einem irgendwann einmal von Nutzen sein könnte.
 
[[Zwischenmenschliche Beziehung]]en sind zudem zu einer weiteren Möglichkeit geworden, sich selbst und seinen Gedanken aus dem Weg zu gehen. Als Mechanismus hierfür dient ein weit ausgeprägter Verbalismus, der sich in der modernen Kultur etabliert hat. „Sich auszusprechen ist Mode geworden“: Durch das sofortige Aussprechen beunruhigender Gedanken wird ein innerer Druck unverzüglich abgebaut. Hierdurch geht jedoch ein wichtiger Schritt zur Selbstfindung verloren, da die Gedanken auf diesem Weg nicht fruchten und zu neuen Ideen führen können.
 
In der Intimität einer Partnerschaft sucht der Mensch das Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit. Der Mensch ist jedoch nur zum Lieben fähig, wenn er mit sich selbst im Reinen ist. Die entfremdete Lebensweise in unserer Gesellschaft erschwert es folglich dem Einzelnen, eine gesunde Partnerschaft aufzubauen und zu erhalten. Die ausgeprägte Selbstdarstellung erfordert unterschiedliche Rollen, um die geforderte Konformität und Flexibilität zu erhalten. Unter diesem Gesichtspunkt ist es kaum verwunderlich, dass Partnerschaften in der modernen Gesellschaft nur selten von langer Dauer sind bzw. als reine Zweck- und Interessengemeinschaft funktionieren.
 
In Fromms ''[[Anatomie der menschlichen Destruktivität]]'' beschreibt er drei Gesellschaftsformen: System A: Die Lebensbejahende Gesellschaft, System B: Die Nichtdestruktiv-aggressive Gesellschaft und System C: Die Destruktive Gesellschaft. System C ist durch zwei Hauptmerkmale gekennzeichnet; die Bedeutung des Privateigentums und in primitiven Gesellschaften die bösartige Zauberei. Wichtig in diesem System ist die Geheimhaltung und die größte Tugend rücksichtslose Praktiken, durch die man auf Kosten anderer Vorteile einheimst. Die größte Kunst besteht darin, zum Nachteil anderer sich persönliche Vorteile zu sichern. Die Forscher, die zu diesen Erkenntnissen kamen, haben 30 primitive Stämme untersucht.
 
==== Destruktivität ====
In seinem Werk ''Anatomie der menschlichen Destruktivität'' untersuchte Fromm verschiedene [[Aggression]]stheorien sowie die Ursachen des Krieges. Er definierte ''Destruktivität'' als „bösartige Aggression“ und analysierte sie als eine menschliche Leidenschaft bzw. Charakterstruktur, gleichzeitig auch als einen Zug der [[Kapitalismus|kapitalistischen]] Gesellschaft. Dabei unterschied er drei Grundformen der Destruktivität: spontane Destruktivität, [[Sadismus]] und [[Nekrophilie]]. Er porträtierte [[Josef Stalin]] als ''klinischen Fall von nichtsexuellem Sadismus'', [[Heinrich Himmler]] als ''klinischen Fall des anal-hortenden Sadismus'' und [[Adolf Hitler]] als ''klinischen Fall der Nekrophilie''.
 
=== Fromms Pionierleistungen in der empirischen Sozialpsychologie ===
Den ersten Band der von [[Max Horkheimer]] herausgegebenen Zeitschrift für Sozialforschung eröffnete Fromm 1932 programmatisch mit seinem Aufsatz ''Über Methode und Aufgaben einer analytischen Sozialpsychologie''. Im nächsten Heft folgte ein Beitrag zur psychoanalytischen Charakterkunde. Ohne diese Beiträge sind weder die spätere theoretische Orientierung des Frankfurter [[Institut für Sozialforschung|Instituts für Sozialforschung]] noch der empirische Forschungsansatz von den Studien über [[Autorität und Familie]] bis zur Forschung über [[Autoritäre Persönlichkeit]] verständlich.
 
Fromm entwickelte den wichtigen Begriff des [[Sozialcharakter]]s und entwarf damit eine wesentliche Brücke zwischen Soziologie, Sozialpsychologie und Differentieller Psychologie (Charakterkunde). In ''Escape from Freedom'' erläuterte er 1941 die für die Psychodynamik dieser Furcht und Flucht vor der Freiheit wesentlichen Züge: Autoritarismus, Destruktivität, Rückzug, Selbstinflation und automatenhafte Konformität. Das psychoanalytisch-sozialpsychologische Konzept des autoritären Charakters.
 
Bereits in der [[Berliner Arbeiter- und Angestelltenerhebung]] hatte Fromm mit der damals in Deutschland noch kaum verbreiteten Fragebogenmethodik bei ca. 700 Personen zu erkunden versucht, wie häufig bestimmte Formen des sozialen Charakters waren. Die Auswertung klassifizierte die Befragten als [[Autoritärer Charakter]], radikaler bzw. revolutionärer Charakter (der aus Vernunftgründen seine Gesellschaft kritisieren kann<ref>Vgl. zu anderen Aspekten auch Wolfgang Rissling: [http://www.erich-fromm.de/biophil/en/images/stories/pdf-Dateien/Rissling_W_1991.pdf Kreativität und revolutionärer Charakter bei Erich Fromm]. In: J. Claßen (Hg.): Erich Fromm und die Kritische Pädagogik, Beltz, Weinheim - Basel 1991, S. 127-138.</ref>) oder gemischter bzw. ambivalenter Charakter (widersprüchliche Ergebnisse, d.&nbsp;h. sowohl für ersteren wie für letzteren typische Antworten). Als Autor dieser ersten empirischen Untersuchung zum Autoritären Charakter bzw. zur Autoritären Persönlichkeit hatte Fromm einen wichtigen, aber oft unzureichend gewürdigten Einfluss auf die spätere Forschung, insbesondere auf die sehr oft zitierten Studien zum Thema [[Autoritäre Persönlichkeit]] (The Authoritarian Personality) von [[Theodor W. Adorno]], [[Else Frenkel-Brunswik]], [[Daniel J. Levinson]] und [[R. Nevitt Sanford]]. Seit dem Zerwürfnis zwischen Adorno und Fromm besteht eine auffällige Tendenz mehrerer Autoren des Frankfurter Instituts für Sozialforschung, Fromms maßgebliche Bedeutung zu ignorieren. Hätte die Berliner Arbeiter- und Angestelltenerhebung der Jahre 1929/30 damals mit einer Publikation abgeschlossen werden können, wäre sie wahrscheinlich zum Fundament der psychoanalytisch inspirierten Sozialpsychologie des Autoritarismus und Faschismus geworden.
 
== Erich Fromm und die Anthroposophie ==
 
Obwohl Erich Fromms Psychoanalytischer Ansatz dem Menschenbild der [[Anthroposophie]] eher zu widersprechen scheint, gibt es an einigen Punkten seines Werks grundlegende Übereinstimmungen mit der [[Anthroposophie]] [[Rudolf Steiner]]s. So betont Fromm [[Liebe]] und [[Kreativität]] als grundlegende, produktive menschliche Leistungen, die den Menschen in seiner [[Menschenwürde]] und [[Freiheit]] auszeichnen.
In seinem Werk "Ihr werdet sein wie Gott" betont ''Erich Fromm'' die Möglichkeit des Menschen zu einem geistig-spirituellen Aufstieg, wie ihn auch [[Rudolf Steiner]] für den heutigen Menschen, bis hin zum Werden der 10. Hierarchie "der Freiheit", als entwicklungsnotwendig und als zukünftiger Plan Gottes mit dem Menschen, in einer fernen Zukunft als realisierbar ansieht.
 
== Internationale Erich-Fromm-Gesellschaft ==
Die ''[[Internationale Erich-Fromm-Gesellschaft]]'' ist ein 1985 von [[Rainer Funk]] gegründeter gemeinnütziger Verein. Sie hat es sich zum Ziel gesetzt, das Werk Erich Fromms einem breiten Publikum zugänglich zu machen, zu erforschen und weiterzuentwickeln. Sie dient der Erhaltung, Erforschung, Weiterentwicklung und Vermittlung seiner wissenschaftlichen Erkenntnisse und Ideen.
 
Ihr geht es dabei nicht nur um die wissenschaftliche Reflexion des Frommschen Gedankenguts; ebenso wichtig ist die Auseinandersetzung mit Fragen, die sich aus dem Bezug des Werks von Fromm zu aktuellen gesellschaftlichen Problemen ergeben. Denn Fromms wissenschaftliches Denken und seine humanistischen Ideen zeigen Wege und Möglichkeiten, wie die Gesellschaft menschlicher gestaltet und die Umwelt nachhaltiger geschützt werden kann.
 
Ende 2009 zählte die Internationale Erich-Fromm-Gesellschaft etwa 650 Mitglieder weltweit. Knapp zwei Drittel der Mitglieder kommt aus den deutschsprachigen Ländern. Die meisten der etwa 50 nord- und mittelamerikanischen und der 50 italienischen und spanischen Mitglieder sind Psychoanalytiker; bei den deutschsprachigen Mitgliedern ist der berufliche Hintergrund sehr viel breiter gefächert und umfasst alle Bildungsgrade.
 
Die Gesellschaft vergibt den [[Erich-Fromm-Preis]].
 
== Werke und Schriften von Erich Fromm ==
* Gesamtausgabe in 12 Bänden. DVA 2000. ISBN 3-421-05280-8. Taschenbuchausgabe: dtv 1999, ISBN 3-423-59043-2.
* ''Das jüdische Gesetz. Ein Beitrag zur Soziologie des [[Diaspora]]-Judentums''. Promotion, 1922, ISBN 3-453-09896-X.
* ''Über Methode und Aufgaben einer analytischen Sozialpsychologie''. ''Zeitschrift für Sozialforschung'', Bd. 1, 1932, S. 28–54.
* ''Die psychoanalytische Charakterologie und ihre Bedeutung für die Sozialpsychologie''. ''Zeitschrift für Sozialforschung'', Bd. 1, 1932, S. 253–277.
* ''Sozialpsychologischer Teil''. In: ''Studien über Autorität und Familie''. Forschungsberichte aus dem Institut für Sozialforschung. Alcan, Paris 1936, S. 77–135.
* ''Zweite Abteilung: Erhebungen'' (Erich Fromm u.&nbsp;a.). In: ''Studien über Autorität und Familie''. Forschungsberichte aus dem Institut für Sozialforschung. Alcan, Paris 1936, S. 229–469.
* ''Zum Gefühl der Ohnmacht''. In ''Zeitschrift für Sozialforschung'', 6, 1937.
* ''Die Furcht vor der Freiheit''. 1941 (engl. Original: ''Escape from Freedom)''. ISBN 3-423-35024-5.
* ''Psychoanalyse & Ethik''. 1946, ISBN 3-423-35011-3.
* ''Psychoanalyse & Religion''. 1949, ISBN 3-423-34105-X ([http://www.yale.edu/terrylecture/past_23-99.html The Dwight H. Terry Lectureship 1949/1950]).
* ''Wege aus einer kranken Gesellschaft'' (ursprünglicher dt. Titel: ''Der moderne Mensch und seine Zukunft''). 1955, ISBN 3-423-34007-X (englischer Originaltitel: ''The Sane Society''. Holt, Rinehart and Winston, New York NY 1955).
* ''[[Die Kunst des Liebens]]''. 1956, ISBN 3-423-36102-6.
* ''Jenseits der Illusionen. Die Bedeutung von Marx und Freud''. 1962.
* ''Ihr werdet sein wie Gott''. 1966, ISBN 3-499-17332-8.
* ''Die Revolution der Hoffnung. Für eine humanisierte Technik''. 1968, ISBN 3-12-902690-8.
* ''Zen-Buddhismus und Psychoanalyse'' (mit [[Daisetz Teitaro Suzuki]], Richard de Martino). 1971, ISBN 3-518-36537-1.
* ''[[Anatomie der menschlichen Destruktivität]]''. 1974, ISBN 3-499-17052-3.
* ''Die Bedeutung des Ehrwürdigen [[Nyanaponika|Nyânaponika Mahâthera]] für die westliche Welt''. In: K. Onken (Hrsg.): ''Des Geistes Gleichmaß. Festschrift zum 75. Geburtstag''. 1976, S. 35–38, ISBN 3-931095-48-7.
* ''Sigmund Freuds Psychoanalyse – Größe und Grenzen''. 1979; dtv-Sachbuch 1711, ISBN 3-423-01711-2.
* ''[[Haben oder Sein]]''. 1976, ISBN 3-423-36103-4.
* ''Vom Haben zum Sein''. Ullstein, 2005, ISBN 3-548-36775-5.
* ''Den Menschen verstehen. Psychoanalyse und Ethik''. dtv, 2004, ISBN 3-423-34077-0.
* ''Märchen, Mythen, Träume''. 1951, Rowohlt-Taschenbuch, 2004, ISBN 3-499-17448-0.
* ''Ethik und Politik''. 1990, Heyne-Taschenbuch, 1996, ISBN 3-453-09897-8.
* ''Authentisch leben''. Herder Verlag, ISBN 3-451-04839-6.
* ''Die Seele des Menschen. Ihre Fähigkeit zum Guten und zum Bösen''. Ullstein Materialien, 1987.
* ''Arbeiter und Angestellte am Vorabend des Dritten Reiches. Eine sozialpsychologische Untersuchung''. Bearbeitet und hrsg. von Wolfgang Bonß. Deutsche Verlagsanstalt, Stuttgart 1980, ISBN 3-423-04409-8.
* Rainer Funk (Hrsg.): Gesamtausgabe in 12 Bänden. 1999, ISBN 3-423-59043-2.
* Rainer Funk: ''Die Pathologie der Normalität''. 2005, ISBN 3-548-36778-X.
* [[Kurt Biedenkopf]], [[Ralf Dahrendorf]], Erich Fromm, [[Maik Hosang]] (Hrsg.), [[Petra Kelly]] u.&nbsp;a.: ''Klimawandel und Grundeinkommen. Die nicht zufällige Gleichzeitigkeit beider Themen und ein sozialökologisches Experiment''. Andreas Mascha Verlag, München 2008, ISBN 978-3-924404-73-4.
* ''Liebe, Sexualität und Matriarchat – Beiträge zur Geschlechterfrage''. Taschenbuch, DTV Deutscher Taschenbuchverlag.
* ''Es geht um den Menschen. Eine Untersuchung der Tatsachen und Illusionen in der Außenpolitik''. Stuttgart 1981; Goldmann Sachbuch 11337, ISBN 3-442-11337-7.
* ''Aggression. Warum ist der Mensch destruktiv?'' Centaurus Verlag, Freiburg 2012, ISBN 978-3-86226-175-8.
 
== Literatur ==
* Burkhard Bierhoff: ''Erich Fromm. Analytische Sozialpsychologie und visionäre Gesellschaftskritik''. Westdeutscher Verlag, Opladen 1993, ISBN 3-531-12265-7.
* Johannes Claßen (Hrsg.): ''Erich Fromm und die Kritische Pädagogik''. Beltz, Weinheim/Basel 1991, ISBN 3-407-34060-5.([http://www.erich-fromm.de/data/pdf/Classen-Kritische%20Paedagogik.pdf Volltext]).
* Johannes Claßen (Hrsg.): ''Erich Fromm und die Pädagogik. Gesellschafts-Charakter und Erziehung''. Beltz, Weinheim/Basel 1987, ISBN 3-407-34013-3 ([http://www.erich-fromm.de/data/pdf/Classen-Paedagogik.pdf Volltext]).
* Marko Ferst u.&nbsp;a. (Hrsg.): ''Erich Fromm als Vordenker''. Edition Zeitsprung, Berlin 2002, ISBN 3-8311-3199-6.
* [[Rainer Funk]] (Hrsg.): ''Erich Fromm Lesebuch''. DVA, Stuttgart 1985, ISBN 3-421-06259-5.
* Rainer Funk: ''Erich Fromm – Liebe zum Leben. Eine Bildbiographie''. DVA, Stuttgart 1999, ISBN 3-421-05279-4.
* Rainer Funk: ''Mut zum Menschen. Erich Fromms Denken und Werk, seine humanistische Religion und Ethik''. DVA, Stuttgart 1978, ISBN 3-421-01858-8.
* Rainer Funk, Helmut Johach, Gerd Meyer (Hrsg.): ''Erich Fromm heute – Zur Aktualität seines Denkens''. dtv, München 2000, ISBN 3-423-36166-2.
* Rainer Funk: ''Erich Fromm''. 8. Auflage, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2001, ISBN 3-499-50322-0.
* Rainer Funk: ''Erich Fromms kleine Lebensschule''. Herder, Freiburg im Breisgau 2007, ISBN 978-3-451-05927-8.
* Thomas Brunner: ''Erich Fromm und seine Sozialpsychologie in ihrem Verhältnis zur Anthroposophie Rudolf Steiners betrachtet''. Edition Immanente, Berlin 2008
* Jürgen Hardeck: ''Religion im Werk von Erich Fromm. Eine religionswissenschaftliche Untersuchung'' (= ''Humanismus & Gesellschaft'', Band 1). LIT, Münster/Hamburg 1990, ISBN 3-88660-730-5 (Dissertation, Universität Bonn, 1989).
* Jürgen Hardeck: ''Erich Fromm – Leben und Werk''. Primus, Darmstadt 2005, ISBN 3-89678-533-8.
* Helmut Wehr: ''Fromm zur Einführung''. Junius, Hamburg 1990, ISBN 3-88506-852-4.
* Helmut Wehr: ''Erich Fromm interkulturell gelesen''. Bautz, Nordhausen 2006, ISBN 978-3-88309-292-8.
* Annette Thomson: ''Erich Fromm. Explorer of the Human Condition''. Palgrave Macmillan, New York/London 2009, ISBN 978-0-230-51655-7.
* [[Rolf Wiggershaus]]: ''Die Frankfurter Schule. Geschichte, Theoretische Entwicklung, Politische Bedeutung''. dtv, München 1988, ISBN 3-423-04484-5; Neuauflage: rororo monographien 50713, Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2010, ISBN 978-3-499-50713-7.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Commonscat|Erich Fromm}}
{{Commonscat}}
{{Wikiquote|Erich Fromm}}
* [http://www.polyamory.org/~howard/Hypatia Texte zu Hypatia] (englisch)
* [http://dokumente.erich-fromm-online.de Erich Fromm online] – umfangreiche Datenbank über die Schriften von und über Erich Fromm
* {{Webarchiv | url=http://www.geocities.com/hckarlso/sletter154.html | wayback=20080626110636 | text=Synesios von Kyrene, Brief 154 an Hypatia, englisch}}
* {{DNB-Portal|118536389}}
* [http://www.cosmopolis.com/alexandria/hypatia-bio-john.html Johannes von Nikiu, Chronik 84.87–103] (englisch)
* [http://www.erich-fromm.de www.erich-fromm.de] – Erich-Fromm-Archiv; Literary Estate
* [https://www.youtube.com/watch?v=9qar-dVOUNE Hypatia - Eine außergewöhnliche Philosophin] YouTube
* [http://www.fromm-gesellschaft.de www.fromm-gesellschaft.de] – Internationale Erich-Fromm-Gesellschaft e.&nbsp;V.
* {{LeMO|FrommErich}}
* [http://www.dradio.de/dlf/sendungen/langenacht_alt/030405.html www.dradio.de] – Erich Fromm in einer ''Langen Nacht'' des [[Deutschlandfunk]]s, 5. April 2003, von Hans Jürgen Schultz
* [http://www.umweltdebatte.de/fromm-beitraege.htm www.umweltdebatte.de] – Informationsseite zu Erich Fromm, Texte, Bilder
* [http://www.lsr-projekt.de/wrb/wrb4.html Zum Verhältnis Wilhelm Reich / Erich Fromm]
* [http://vault.fbi.gov/Erich%20Fromm FBI-Akten über Erich Fromm]
* [http://www.o-ton.radio-luma.net/php/090306_erich-fromm-preis_2006.php Erich-Fromm-Preis 2006: Dokumentation mit O-Ton und Text zur Verleihung des Preises an Hans Leyendecker und Dr. Heribert Prantl] im offenen Archiv von radio-luma.net
* [http://www.o-ton.radio-luma.net/php/090306_interview_rainer_funk.php Interview mit O-Ton und Abschrift mit Dr. Rainer Funk am Rande der Verleihung vom Erich-Fromm-Preis 2006] von radio-luma.net
* [http://www.daedalus-verlag.de/freie-assoziation/h1_02pr.htm Kurzinformation über seinen Ausschluss aus der IPA]
* [http://dochost.rz.hu-berlin.de/dissertationen/levy-alfred-2000-12-12/PDF/Levy.pdf#search='erich%20fromm' Traditionen und Perspektiven im Werk von Erich Fromm] – Dissertation von Dr. Alfred Levy (PDF-Datei; 1,40&nbsp;MB)
* [http://psydok.sulb.uni-saarland.de/volltexte/2004/258/pdf/Wehr,_H.,_1991.pdf Auszug aus dem Buch von Helmut Wehr] (PDF-Datei; 77&nbsp;kB)
* [http://opus4.kobv.de/opus4-Fromm/frontdoor/index/index/docId/6575 Verdrängung, Realität und die Autonomie der Theorie in der Fromm/Marcuse-Kontroverse] von Daniel Burston
* [http://www.hrc.utexas.edu/multimedia/video/2008/wallace/fromm_erich_t.html E. Fromm im Interview mit Mike Wallace] – Englisch
* Helmut Johach: [http://psydok.sulb.uni-saarland.de/volltexte/2004/243/pdf/Johach,_H.,_1988.pdf ''Erich Fromm und die Kritische Theorie des Subjekts''], Erstveröffentlichung im Jahrbuch der Internationalen Erich-Fromm-Gesellschaft, Band 2, 1992: Erich Fromm und die Kritische Theorie, LIT-Verlag, Münster 1991, S. 33–54 (PDF-Datei; 119&nbsp;kB)


== Einzelnachweise ==
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<references />


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{{Wikipedia}}

Version vom 4. Februar 2020, 07:22 Uhr

Hypatia, Gemälde von Alfred Seifert (spätestens 1901)
Hypatia vor ihrer Ermordung in der Kirche. Gemälde von Charles William Mitchell, 1885, Laing Art Gallery, Newcastle
Kyrill von Alexandrien

Hypatia (auch Hypatia von Alexandria, griech. Ὑπατία Hypatía; * um 355 in Alexandria; † März 415 oder März 416 in Alexandria) war eine griechische Philosophin, Astronomin und Mathematikerin der Spätantike. Ihr Vater, der Astronom und Mathematiker Theon von Alexandria (* um 330/335; † um 400), war der letzte namentlich bekannte Gelehrte in dem berühmten Museion von Alexandria. Hypatias Werke sind nicht erhalten, doch stand sie vermutlich in der Geistesströmung des Neuplatonismus verbunden mit Ideen des Kynismus. Bekannt ist sie vor allem durch ihre grausame Ermordung durch den Pöbel der von dem Patriarchen Kyrill von Alexandria (* um 375/80; † 27. Juni 444) gegen das Heidentum fanatisierter Christen, die sie durch die Straßen Alexandrias in eine Kirche hetzten, dort bestialisch töteten und ihren Leichnam zerstückelten.

Laut Rudolf Steiner war Hypatia in einem früheren Erdenleben in die orphischen Mysterien eingweiht, nachdem sie in früheren Inkarnationen schon Erfahrungen durch eine keltische Geheimschulung gesammelt hatte.

„Es gab eine wunderbare Persönlichkeit in den alten orphischen Mysterien; sie machte die Geheimnisse dieser Mysterien durch; sie gehörte zu den allersympathischsten, zu den allerinteressantesten Schülern der alten griechischen orphischen Mysterien. Sie war gut vorbereitet, namentlich durch eine gewisse keltische Geheimschulung, die sie in früheren Inkarnationen durchgemacht hatte.“ (Lit.:GA 126, S. 20f)

„Zu den orphischen Mysterienschülern gehört unter anderen auch die sympathische Persönlichkeit, die nicht mit einem äußeren Namen auf die Nachwelt gekommen ist, die sich aber deutlich zeigt als ein Schüler der orphischen Mysterien, und auf die ich jetzt hindeute. Schon als Jüngling und dann viele Jahre hindurch war diese Persönlichkeit mit all den griechischen Orphien eng verbunden. Sie hat gewirkt in derjenigen Zeit, die der griechischen Philosophie vorangegangen ist und die nicht mehr in den Geschichtsbüchern der Philosophie aufgezeichnet ist; denn das, was mit Thaies und Heraklit aufgezeichnet ist, das ist ein Nachklang von dem, was die Mysterienschüler früher in ihrer Art gewirkt haben. Und zu diesen Mysterienschülern gehört derjenige, von dem ich Ihnen jetzt eben spreche als einem Schüler der orphischen Mysterien, der dann wiederum zu seinem Schüler hatte jenen Pherekydes von Syros, der in dem Münchner Zyklus «Der Orient im Lichte des Okzidents» vom vorigen Jahre angeführt worden ist.

Sehen Sie, diese Individualität, die in jenem Schüler der orphischen Mysterien war, sie finden wir durch Forschung in der Akasha-Chronik wiederverkörpert im 4. Jahrhundert der nachchristlichen Zeit. Wir finden sie in ihrer Wiederverkörperung hineingestellt mitten in das Treiben der Kreise von Alexandria, wobei umgesetzt sind die orphischen Geheimnisse in persönliche Erlebnisse, freilich höchster Art. Es ist merkwürdig, wie das alles bei der Wiederverkörperung in persönliche Erlebnisse umgesetzt war. Am Ende des 4. Jahrhunderts der nachchristlichen Zeit als die Tochter eines großen Mathematikers, des Theon, sehen wir diese Individualität wiedergeboren. Wir sehen, wie in ihrer Seele alles das auflebt, was man durchleben konnte von den orphischen Mysterien an der Anschauung der großen, mathematischen, lichtvollen Zusammenhänge der Welt. Das alles war jetzt persönliches Talent, persönliche Fähigkeit. Jetzt brauchte selbst diese Individualität einen Mathematiker zum Vater, um etwas vererbt zu erhalten; so persönlich mußten diese Fähigkeiten sein.

So blicken wir zurück auf Zeiten, wo der Mensch noch in Zusammenhang war mit den geistigen Welten wie bei jener orphischen Persönlichkeit, so sehen wir ihr Schattenbild unter denjenigen, die da lehrten in Alexandria an der Grenzscheide des 4. zum 5. Jahrhundert. Und noch nichts hatte diese Individualität aufgenommen von dem, was, man könnte sagen, die Menschen damals über die Schattenseiten des christlichen Anfangs hinwegsehen ließ; denn zu groß war noch in dieser Seele alles das, was ein Nachklang war aus den orphischen Mysterien, zu groß, als daß es von jenem anderen Licht, dem neuen Christus- Ereignis, hätte erleuchtet werden können. Was als Christentum ringsherum auftrat, etwa in Theophilos und Kyrillos, das war wahrhaftig so, daß jene orphische Individualität, die jetzt einen persönlichen Charakter angenommen hatte, Größeres und Weisheitsvolleres zu sagen und zu geben hatte als diejenigen, die das Christentum in jener Zeit zu Alexandria vertraten.

Vom tiefsten Haß erfüllt waren Theophilos sowohl als auch Kyrillos gegen alles, was nicht christlich-kirchlich war in dem engen Sinn, wie es gerade diese beiden Erzbischöfe aufgefaßt haben. Ganz persönlichen Charakter hatte das Christentum da angenommen, so einen Persönlichkeitscharakter, daß diese beiden Erzbischöfe sich persönliche Söldlinge anwarben. Überall wurden die Menschen zusammengeholt, die sozusagen Schutztruppen der Erzbischöfe bilden sollten. Auf Macht im persönlichsten Sinn kam es ihnen an. Und was sie ganz beseelte, das war der Haß gegen das, was aus alten Zeiten herrührte und doch so viel größer war als das in einem Zerrbild erscheinende Neue. Der tiefste Haß lebte in den christlichen Würdenträgern Alexandriens namentlich gegen die Individualität des wiedergeborenen Orphikers. Und daher brauchen wir uns nicht zu verwundern, daß die wiederverkörperte Orphiker-Individualität angeschwärzt wurde als schwarze Magierin. Und das war genügend, um den ganzen Pöbel, der als Söldlinge angeworben war, aufzustacheln gegen die hehre, einzigartige Gestalt des wiederverkörperten Orpheus-Schülers. Und diese Gestalt war noch jung, und sie war trotz ihrer Jugend, trotzdem sie manches durchzumachen hatte, was auch in der damaligen Zeit einem Weibe durch lange Studien hindurch große Schwierigkeiten machte, sie war hinaufgestiegen zu dem Lichte, das leuchten konnte über alle Weisheit, über alle Erkenntnis der damaligen Zeiten. Und es war ein Wunderbares, wie in den Lehrsälen der Hypatia - denn so hieß der wiederverkörperte Orphiker -, wie da die reinste, lichtvollste Weisheit in Alexandrien zu den begeisterten Hörern drang. Sie hat zu ihren Füßen gezwungen nicht etwa nur die alten Heiden, sondern auch solche einsichtsvolle, tiefgehende Christen wie den Synesius. Sie war von einem bedeutsamen Einfluß und man konnte das in die Persönlichkeit umgesetzte Wiederaufleben der alten heidnischen Weisheit des Orpheus in Hypatia in Alexandria erleben.

Und wahrhaftig symbolisch wirkte das Weltenkarma. Was das Geheimnis ihrer Einweihung ausmachte, es erschien wirklich hineinprojiziert, abgeschattet, auf den physischen Plan. Und damit berühren wir ein Ereignis, das symbolisch wirksam und bedeutend ist für manches, was sich in historischen Zeiten abspielt. Wir berühren eines jener Ereignisse, das scheinbar nur ein Märtyrertod ist, das aber ein Symbolum ist, in dem sich spirituelle Kräfte und Bedeutungen aussprechen. Der Wut derer, die um den Erzbischof von Alexandrien waren, verfiel an einem Märztage des Jahres 415 Hypatia. Ihrer Macht, ihrer geistigen Macht wollte man sich entledigen. Die ungebildetsten, wilden Horden waren hereingehetzt auch von der Umgebung Alexandriens, und unter Vorspiegelungen holte man die jungfräuliche Waise ab. Sie bestieg den Wagen und auf ein Zeichen machten sich die aufgehetzten Leute über sie her, rissen ihr die Kleider vom Leibe, schleppten sie in eine Kirche und rissen ihr buchstäblich das Fleisch von den Knochen. Sie zerfleischten und zerstückelten sie, und die Stücke ihres Leibes wurden von den durch ihre gierigen Leidenschaften völlig entmenschten Massen noch in der Stadt herumgeschleift. Das ist das Schicksal der großen Philosophin Hypatia.

Symbolisch, möchte ich sagen, ist da etwas angedeutet, das tief zusammenhängt mit der Gründung Alexanders des Großen, Alexandriens, wenn es auch spät erst nach der Begründung Alexandriens sich zuträgt. In diesem Ereignis sind abgespiegelt wichtige Geheimnisse des vierten nachatlantischen Zeitalters, das so Großes, Bedeutendes in sich hatte, und das auch dasjenige, was es zeigen mußte als Auflösung des Alten, als Hinwegfegung des Alten, in einer so paradox großartigen Weise vor die Welt hingestellt hat in einem so bedeutsamen Symbolum, wie es die Hinschlachtung - anders kann man es nicht nennen - der bedeutendsten Frau von der Wende des 4. zum 5. Jahrhundert, der Hypatia, war.“ (S. 21ff)

Rudolf Steiner gab auch einen Hinweis auf die folgende Inkarnation der Hypatia:

„Und nur hinweisen kann ich darauf, daß gerade eine solche Individualität wie diejenige, die als Hypatia inkarniert war, die also mitbrachte die Weisheit der orphischen Mysterien und sie persönlich auslebte, dann in einer nachfolgenden Inkarnation berufen war, nun den umgekehrten Weg einzuschlagen: alle persönliche Weisheit wiederum hinaufzutragen zum Göttlich-Geistigen. Daher erscheint Hypatia ungefähr um die Wende des 12. zum 13. Jahrhundert als ein bedeutender, umfassender, universeller Geist der neueren Geschichte, der einen großen Einfluß hat auf das, was Zusammenfassung des naturwissenschaftlichen und auch des philosophischen Erkennens ist. So also sehen wir, wie hineindringen in die aufeinanderfolgenden Inkarnationen der einzelnen Individualitäten die historischen Mächte.“ (Lit.:GA 126, S. 56)

Aus einer Notitzbucheintragung Rudolf Steiners (Archiv-Nr. 523), die offenbar Reinkarnationen betrifft, geht hervor, welche Persönlichkeit hier gemeint ist, denn dort steht neben dem Namen von Hypatia der von Albertus Magnus (* um 1200; † 15. November 1280).

Siehe auch

Weblinks

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