Drache und Der Menschheitsrepräsentant zwischen Luzifer und Ahriman: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Bild:Drache.jpg|thumb|Drache]]
[[Bild:Menschheitsrepraesentant big.jpg|thumb|220px|[[Christus]] als Menschheitsrepräsentant zwischen [[Luzifer]] und [[Ahriman]] - Holzskulptur von [[Rudolf Steiner]].]]
[[Datei:Ouroboros 1.jpg|mini| Der Drache [[Ouroboros]] in dem [[Alchemie|alchemistischen]] Werk ''De Lapide Philosophico'' (herausgegeben von [[Wikipedia:Lucas Jennis|Lucas Jennis]], 1625)]]
'''Der Menschheitsrepräsentant zwischen Luzifer und Ahriman''' ist eine mehr als 8 m hohe von [[Rudolf Steiner]] entworfene und gemeinsam mit der Bildhauerin [[Edith Maryon]] für das [[Erstes Goetheanum|erste Goetheanum]] in [[Wikipedia:Dornach SO|Dornach]] geschaffene [[Skulptur|Holzskulptur]]. Sie sollte im kleinen Kuppelraum, dem Bühnenraum des [[Erstes Goetheanum|ersten Goetheanums]], aufgestellt werden. Als das Goetheanum in der Silvesternacht 1922/23 niederbrannte, war die Skulptur noch nicht vollendet und blieb daher vom Feuer verschont.
[[Datei:Klagenfurt Lindwurmbrunnen 2009.jpg|mini|Der [[Wikipedia:Lindwurmbrunnen|Lindwurmbrunnen]] in [[Wikipedia:Klagenfurt am Wörthersee|Klagenfurt am Wörthersee]], [[Wikipedia:Österreich|Österreich]]]]
Der '''Drache''' ([[Latein|lat.]] ''draco'', {{ELSalt|δράκων}} ''drákon'' „Drache“), meist als [[Wikipedia:Echsen|echsenartiges]] [[Wesen]] mit [[Wikipedia:Flughaut|Flughäuten]] dargestellt oder auch als schlangenartiger '''Lindwurm''' ({{ahd|lint|[[Schlange]]}}, ist in der Regel ein [[Imagination|imaginatives]] Bild meist niederer [[astral]]er Urkräfte, die unter dem Einfluss der [[luziferisch]]en oder [[ahrimanisch]]en [[Widersacher]]mächte stehen. In diesem Sinn kann man von einem '''luziferischen Drachen''' - meist als die [[Schlange]] bezeichnet - und einem '''ahrimanischen Drachen''' sprechen. Aufgrund der in den luziferischen Kräften enthaltenen Ursprünglichkeit werden diese Kräfte, namentlich in den östlichen Kulturen, auch positiv gedeutet („Glücksdrache“). Sie sind aber mit dem wachen [[Selbstbewusstsein]], das der [[Mensch]] heute entwickeln sollte, nicht mehr vereinbar. Eine wesentliche Aufgabe unserer Zeit besteht vielmehr darin, sich vor allem auch mit den ahrimanischen Kräften auseinanderzusetzen und sie im positiven Sinn zu nützen, so wie man einstmals die [[Kultur]] durch die luziferischen Kräfte begründen und befruchten konnte.


== Der Drache hat die verschiedenste Gestalt ==  
== Das Streben des individuellen Menschen nach Gleichgewicht ==


{{GZ|Als der Mond herausging, da stand der Mensch in bezug auf seine niedere Natur auf der Höhe etwa eines großen Molches. Das ist das,
<div style="margin-left:20px">
was die Bibel die [[Schlange]] nennt, was genannt ist Lindwurm oder Drache. Der Mensch hatte unten eine tierartige, häßliche Gestalt; oben aber waren die letzten Überreste einer Lichtgestalt, in welche die Kräfte der Sonne von außen flossen.|106|90}}
"Der einzelne, individuelle Mensch kam bis in die Mitte des
15. Jahrhunderts nicht so in Betracht wie seit jener Zeit. Seit jener Zeit
ist dasjenige, was das Wesentlichste im Menschen ist, das Streben, Individualität
zu sein, das Streben, individuelle Persönlichkeitskräfte zusammenzufassen,
gewissermaßen einen Mittelpunkt in sich selber zu
finden [...]


Die niedere Natur des Menschen, die als der kleine [[Hüter der Schwelle]], den [[Mensch]]en davor bewahrt, unreif in die [[geistige Welt]] einzutreten, erscheint meist in drachenartiger Gestalt:
Dadurch aber wird für den Menschen etwas ganz besonders wichtig
in dieser Zeit, die mit der Mitte des 15. Jahrhunderts begonnen hat und
gegen das vierte Jahrtausend zu erst enden wird. Damit tritt etwas ein,
was für diese Zeit von ganz besonderer Wichtigkeit ist. Denn sehen Sie,
es ist etwas Unbestimmtes ausgedrückt, wenn man sagen muß: Jeder
Mensch strebt nach seiner besonderen Individualität. Der Gruppengeist,
selbst wenn er nur kleinere Gruppen umfaßt, ist etwas viel Faßbareres
als dasjenige, was jeder einzelne Mensch aus dem Urquell seiner
Individualität heraus erstrebt. Daher kommt es, daß ganz besonders
wichtig wird für diesen Menschen der neueren Zeit das zu verstehen,
was man nennen kann: Gleichgewicht suchen zwischen den entgegengesetzten
Polen.


{{GZ|Indem sich nun in der lemurischen Zeit das damals reptilienartige menschliche Wesen aufrichtete, wurde eine nach vorn ganz offene Kopfbildung sichtbar, aus der eine feurige Wolke hervorquoll. Das hat Veranlassung gegeben zu der Erzählung vom
Das eine will gewissermaßen über den Kopf hinaus. Alles, was den
Lindwurm, von dem Drachen. Der [[Hüter der Schwelle]], die niedere Natur des Menschen, erscheint gewöhnlich auch in einer derartigen Gestalt.|93a|141}}
Menschen dazu bringt, Schwärmer, Phantast, Wahnmensch zu sein, was
ihn erfüllt mit unbestimmten mystischen Regungen nach irgendeinem
unbestimmten Unendlichen, ja, was ihn selbst erfüllt, wenn er Pantheist
oder Theist oder irgend so etwas ist, was man ja heute so häufig ist, das
ist der eine Pol. Der andere Pol ist der der Nüchternheit, der Trockenheit,
trivial gesprochen, aber nicht unwirklich gesprochen gegenüber
dem Geiste der Gegenwart, wahrhaftig nicht unwirklich gesprochen:
der Pol der Philistrosität, der Pol des Spießbürgertums, der Pol, der uns
hinunterzieht zur Erde in den Materialismus hinein. Diese zwei Kräftepole
sind im Menschen, und zwischen denen darinnen steht das Menschenwesen,
hat es das Gleichgewicht zu suchen. Auf wie viele Arten
kann man denn das Gleichgewicht suchen? [...]


{{GZ|Der Drache hat die verschiedenste Gestalt; der Drache hat alle
Auf unendlich viele Arten können Sie das Gleichgewicht suchen.
möglichen Gestalten. Die von menschlichen [[Emotion]]en kommenden
Das entspricht den unendlich vielen Arten, individueller Mensch zu
sind schädlich genug, aber die sind nicht so schädlich wie diejenige
sein. Daher ist für den gegenwärtigen Menschen so wesentlich, einzusehen,
Gestalt, die der Drache von dem toten, von dem ertötenden Wissen
daß sein Wesen in dem Streben nach Gleichgewicht zwischen
der Gegenwart bekommt. Da wird der Drache ganz besonders scheußlich,
den entgegengesetzten Polen besteht. Und das Unbestimmte des Suchens
und eigentlich möchte man sagen, das eigentliche Symbolum der
nach Gleichgewicht ist eben jenes Unbestimmte, von dem ich Ihnen vorhin
heutigen höheren Lehranstalten müßte sein: ein dickes schwarzes Tuch,
gesprochen habe [...]
und das müßte im Grunde genommen in jedem Hörsaal irgendwo an der
Wand hängen. Man wüßte, dahinter ist etwas, aber das darf keinem
Menschen gezeigt werden, weil damit ein merkwürdiges Licht geworfen
würde auf das, was da getrieben wird. Und hinter dem schwarzen
Tuch müßte das Bild des Kampfes des Michael mit dem Drachen sein.
Der Kampf mit der ertötenden [[Intellekt]]ualität.|302a|145f}}


{{GZ|Der physische Leib ist ein Tempel,
Seelisch gesund sind wir, wenn wir das Gleichgewicht
den die unteren Götter uns bauten, und was Fehlerhaftes
finden zwischen dem Schwärmerisch-Phantastischen und dem Trocken-
und Schlechtes daran ist, das haben ganz allein wir getan. Und
Philiströsen. Körperlich gesund sind wir, wenn wir im Gleichgewichte
wenn wir dann uns, die Bewohner dieses Tempels, anschauen,
leben können zwischen dem Fieber und der Sklerose, der Verknöcherung.
so werden wir gewahr, daß wir, das heißt unser geistiges Teil,
Und das kann auf unendlich viele Weise geschehen, darinnen
die Gestalt eines Drachen, eines Wurmes hat. Wie manchen, der
kann die Individualität leben.
sich einbildet, er lebe selbstlos, nur seinen Mitmenschen, sieht
der Hellseher mit den weit vorgeschobenen Kiefern und der zurückliegenden
Stirne des Wurmes an als Zeichen seines Egoismus.
Diese Wurmgestalt hat unsere Seele noch, und damit wir
sie nicht immer sehen, haben gute Götter den Hüter der Schwelle
davorgesetzt. Nun sollen wir uns aber vornehmen, daß wir
diesen Drachen verwandelt den oberen Göttern entgegen- und
hinaufbringen. Das soll unsere unausgesetzte Arbeit sein. Wenn
der alte Ägypter bei seiner Einweihung durch den Tempel
schritt, durch die Reihen der Sphinxe, so sagte er sich, daß dieser
Tempel das physische Abbild der vollkommenen Wohnung
des Gottes sei und daß er diese Göttlichkeit zu erreichen habe,
um würdig im Tempel seines Leibes zu wohnen.|266b|328}}


== Großer roter Drache ==
Das ist dasjenige, worin der Mensch gerade in der modernen Zeit
[[Datei:Reddragon.jpg|mini|[[w:William Blake|William Blake]]: ''The Red Dragon and the Woman Clothed with the Sun'' (etwa Mai 1803)]]
erfühlen muß den alten Apollo-Spruch «Erkenne dich selbst». Aber
[[Datei:Siegel 05 (Tafel XI) AS.jpg|thumb|Fünftes apokalyptisches Siegel]]
«Erkenne dich selbst» nicht in irgendeiner Abstraktion: «Erkenne dich
selbst in dem Streben nach Gleichgewicht.» Deshalb haben wir im Osten
des Baues aufzustellen dasjenige, was den Menschen empfinden lassen
kann dieses Streben nach Gleichgewicht. Und das soll in der gestern
erwähnten plastischen Holzgruppe zur Darstellung kommen, die als
Mittelpunktsfigur hat die Christus-Gestalt, die Christus-Gestalt, die
versucht worden ist so zu gestalten, daß man sich vorstellen kann: So
hat wirklich der Christus in dem Menschen Jesus von Nazareth gewandelt
im Beginne unserer Zeitrechnung in Palästina. Die konventionellen
Bilder des bärtigen Christus, sie sind ja eigentlich erst Schöpfungen
des 5., 6. Jahrhunderts, und sie sind wahrhaftig nicht irgendwie,
wenn ich den Ausdruck gebrauchen darf, porträtgetreu. Das ist versucht
worden: einen porträtgetreuen Christus zu schaffen, der der
Repräsentant zugleich sein soll des suchenden, des nach Gleichgewicht
strebenden Menschen. (Es wird gezeichnet.)


Als '''großer rote Drache''' wird in der [[Apokalypse des Johannes]] der '''luziferische Drache''', die [[alte Schlange]], bezeichnet, die [[Adam und Eva]] im [[Garten Eden]] dazu verführte, von den Früchten des [[Baum der Erkenntnis|Baums der Erkenntnis]] zu essen. Der große rote Drache hat [[sieben]] [[Kopf#Der Kopf als Symbol in der Apokalypse des Johannes|Häupter]] und [[zehn]] [[Horn#Die okkulte Bedeutung des Horns|Hörner]] und verfolgt die [[Frau, mit der Sonne bekleidet, und der Mond unter ihren Füßen]]. Von [[Michael (Erzengel)|Michael]] und seinen Scharen wird er auf die [[Erde (Planet)|Erde]] gestürzt. Der große rote Drache wird auch auf dem [[Fünftes apokalyptisches Siegel|fünften apokalyptischen Siegel]] gezeigt, das von [[Clara Rettich]] nach dem Entwurf von [[Rudolf Steiner]] gefertigt wurde.
[[Datei:GA194_187.gif|center|300px|Der Menschheitsrepräsentant zwischen Luzifer und Ahriman; Tafel 17 aus GA 194, S 187]]


{{Zitat|1 Und es erschien ein großes Zeichen im Himmel: eine Frau, mit der Sonne bekleidet, und der Mond unter ihren Füßen und auf ihrem Haupt eine Krone von zwölf Sternen. 2 Und sie war schwanger und schrie in Kindsnöten und hatte große Qual bei der Geburt. 3 Und es erschien ein anderes Zeichen im Himmel, und siehe, ein großer, roter Drache, der hatte sieben Häupter und zehn Hörner und auf seinen Häuptern sieben Kronen, 4 und sein Schwanz fegte den dritten Teil der Sterne des Himmels hinweg und warf sie auf die Erde. Und der Drache trat vor die Frau, die gebären sollte, damit er, wenn sie geboren hätte, ihr Kind fräße. 5 Und sie gebar einen Sohn, einen Knaben, der alle Völker weiden sollte mit eisernem Stabe. Und ihr Kind wurde entrückt zu Gott und seinem Thron. 6 Und die Frau entfloh in die Wüste, wo sie einen Ort hatte, bereitet von Gott, dass sie dort ernährt werde tausendzweihundertsechzig Tage. 7 Und es entbrannte ein Kampf im Himmel: Michael und seine Engel kämpften gegen den Drachen. Und der Drache kämpfte und seine Engel, 8 und er siegte nicht, und ihre Stätte wurde nicht mehr gefunden im Himmel. 9 Und es wurde hinausgeworfen der große Drache, die alte Schlange, die da heißt: Teufel und Satan, der die ganze Welt verführt. Er wurde auf die Erde geworfen, und seine Engel wurden mit ihm dahin geworfen. 10 Und ich hörte eine große Stimme, die sprach im Himmel: Nun ist das Heil und die Kraft und das Reich unseres Gottes geworden und die Macht seines Christus; denn der Verkläger unserer Brüder und Schwestern ist gestürzt, der sie verklagte Tag und Nacht vor unserm Gott. 11 Und sie haben ihn überwunden durch des Lammes Blut und durch das Wort ihres Zeugnisses und haben ihr Leben nicht geliebt bis hin zum Tod. 12 Darum freut euch, ihr Himmel und die darin wohnen! Weh aber der Erde und dem Meer! Denn der Teufel kam zu euch hinab und hat einen großen Zorn und weiß, dass er wenig Zeit hat. 13 Und als der Drache sah, dass er auf die Erde geworfen war, verfolgte er die Frau, die den Knaben geboren hatte. 14 Und es wurden der Frau gegeben die zwei Flügel des großen Adlers, dass sie in die Wüste flöge an ihren Ort, wo sie ernährt werden sollte eine Zeit und zwei Zeiten und eine halbe Zeit fern von dem Angesicht der Schlange. 15 Und die Schlange stieß aus ihrem Rachen Wasser aus wie einen Strom hinter der Frau her, damit er sie fortreiße. 16 Aber die Erde half der Frau und tat ihren Mund auf und verschlang den Strom, den der Drache ausstieß aus seinem Rachen. 17 Und der Drache wurde zornig über die Frau und ging hin, zu kämpfen gegen die Übrigen von ihrem Geschlecht, die Gottes Gebote halten und haben das Zeugnis Jesu.|[[Offenbarung des Johannes]]|{{BB|Off|12|1-17|LUT}}}}  
Sie werden dann an dieser Gruppe zwei Figuren sehen: Hier den
stürzenden Luzifer, hier den hinaufstrebenden Luzifer. Hier unten,
gewissermaßen verbunden mit Luzifer, eine ahrimanische Gestalt, und
hier eine zweite ahrimanische Gestalt. Hineingestellt der Menschheitsrepräsentant
zwischen der ahrimanischen Gestalt: dem Philiströsen,
dem Nüchtern-Trocken-Materialistischen; und der Luzifer-Gestalt:
dem Schwärmerischen, Phantastischen. Der Ahriman-Gestalt: alldem,
was den Menschen führt zur Petrifizierung, zur Sklerose; der Luzifer-
Gestalt: Repräsentanz alles dessen, was den Menschen fiebrig über das
Maß derjenigen Gesundheit hinausführt, das er ertragen kann." {{Lit|{{G|194|183ff}}}}
</div>


== Der Kampf Michaels mit dem Drachen ==
== Zusammenhang mit der Oster-Imagination ==
[[Datei:Saint Michel combattant le dragon.jpg|mini| Kampf des [[Michael (Erzengel)|Erzengels Michael]] mit dem Drachen (Miniatur von [[Wikipedia:Jean Fouquet|Jean Fouquet]] aus seinem [[Wikipedia:Stundenbuch des Étienne Chevalier|Stundenbuch des Étienne Chevalier]], um 1450)]]


{{GZ|Angeloi, Archangeloi, Archai - in ihren damaligen
Die [[Oster-Imagination]], die [[Rudolf Steiner]] gegeben hat, schildert, wie sich aus dem [[irdisch]]-[[kosmisch]]en Geschehen heraus das Bild des [[Christus]] formt, der zwischen den [[Widersacher]]mächten [[Luzifer]] und [[Ahriman]] steht und beide im Gleichgewicht hält. In der Statue des Menschheitsrepräsentanten zwischen Luzifer und Ahriman finden wesentliche Teile dieser Osterimagination ihre künstlerisch-bildhauerische Darstellung.  
Formen, sie waren vor allen Dingen noch nicht zur Freiheit
bestimmt in dem Sinne, wie wir heute beim Menschen von Freiheit
sprechen. Der Wille dieser Wesen wurde nicht so erlebt, daß sie selber
jenes eigentümliche Gefühl gehabt hätten, das wir aussprechen mit
den Worten: Wir wollen willkürlich etwas. - Diese Wesen wollten
nicht willkürlich etwas, sie wollten das, was als der göttliche Wille in
ihre Wesenheit einfloß. Diese Wesenheiten hatten ihren Willen vollständig
in dem göttlichen Willen beschlossen [...]


Da aber ... erhob sich unter diesen
<div style="margin-left:20px">
Geistern, deren kosmisches Schicksal es eigentlich war, im Willen der
"In der Mitte dieser Gruppe wird eine Gestalt stehen, wie, ich möchte sagen, der Repräsentant des höchsten
göttlichen Geister beschlossen zu sein, eine Anzahl von solchen
Menschlichen, das auf der Erde sich entfalten konnte. Daher wird man auch diese
Wesenheiten, die ihren Willen gewissermaßen abschnüren wollten von
Gestalt des höchsten Menschlichen in der Erdentwickelung empfinden können als
dem göttlichen Willen, die ihren Willen emanzipieren wollten vom
den [[Christus]]. Es wird die besondere Aufgabe sein, diese Christus-Gestalt so auszugestalten,
göttlichen Willen. Es erhoben sich in einem übermenschlichen Hochmut
daß man wird sehen können, wie dieser Erdenleib in jeder Miene, in allem,
Wesenheiten, die, bevor die Zeit dazu da war, in der die Freiheit
was an ihm ist, durchgeistigt ist von dem, was aus kosmischen, aus geistigen Höhen
reifen sollte, zu dieser Freiheit ihres Willens kommen wollten. Und
als der Christus eingezogen ist. Durch die Erhebung des linken Armes der Christus-
als den Bedeutendsten, den Anführer dieser Wesenheiten dachte man
Gestalt geschieht es, daß diese herabstürzende Wesenheit die Flügel zerbricht. Aber
sich dasjenige Wesen, das dann Gestalt bekommen hat in dem Drachen,
es darf das nicht so aussehen, als wenn etwa der Christus dieser Wesenheit ([[Luzifer]])
den Michael bekämpft, jener Michael, der oben geblieben ist im Reiche
die Flügel zerbräche, sondern das Ganze muß künstlerisch so gestaltet sein, daß, indem
derjenigen Geister, die ihren Willen auch weiterhin orientieren wollten
der Christus den Arm hinaufhebt, schon in der ganzen Handbewegung liegt,
im Sinne des göttlich-geistigen Willens, der über ihnen steht.
daß er eigentlich auch mit dieser Wesenheit nur unendliches Mitleid hat. Diese Wesenheit
erträgt aber nicht das, was durch den Arm und die Hand hinaufströmt; man
möchte ihre Empfindung in die Worte kleiden: Ich kann nicht ertragen, daß so Reines
auf mich heraufstrahlt.  


Aus diesem Stehenbleiben im göttlich-geistigen Willen entstand
Und auf der anderen Seite da wird der Felsen ausgehöhlt sein. In dieser Aushöhlung
bei Michael der Impuls, das Richtige zu tun mit demjenigen Wesen,
ist auch eine Gestalt, die Flügel hat. Die Gestalt in der Höhle klammert sich
das vorzeitig, wenn ich so sagen darf, zur Freiheit gegriffen hat. Denn
förmlich ein in die Höhle, man sieht sie in Fesseln, man sieht sie da unten arbeiten,
die Gestalten, welche die Wesenheiten der Hierarchie der Archangeloi,
das Erdreich auszuhöhlen. Christus hat die rechte Hand nach unten gerichtet. Christus
Angeloi, Archai hatten, waren einfach nicht angemessen einem Wesen,
selbst hat unendliches Mitleid für [[Ahriman]]. Ahriman aber kann das nicht ertragen,
das in der angedeuteten Art einen freien, von dem Göttlichen emanzipierten
er windet sich in Schmerzen durch das, was durch die Hand des Christus ausstrahlt.
Willen haben sollte. Dazu sollte im Laufe der Entwickelung
Und was da ausstrahlt das bewirkt, daß die Goldadern, die unten in der Felsenhöhle
der Welt die Gestalt erst später entstehen, nämlich die menschliche
sind, sich wie Schnüre um den Ahrimanleib winden und ihn fesseln." {{Lit|{{G|159|248ff}}}}
Gestalt. Aber das alles wird in eine Zeit versetzt, in der im Zusammenhange
</div>
des Kosmos die menschliche Gestalt noch nicht möglich war;
auch die höheren tierischen Gestalten waren noch nicht möglich, nur
jene niederen tierischen Gestalten, die ich vorhin charakterisiert habe.
Und so mußte sozusagen eine kosmisch widerspruchsvolle Gestalt
entstehen. In die mußte gewissermaßen der widersetzliche Geist gegossen
werden. Es konnte nicht eine Tiergestalt sein, die erst später
entstehen durfte, es konnte auch nicht eine der Tiergestalten sein, wie
sie dazumal waren in der gewöhnlichen, sozusagen weichen Materie.
Es konnte nur eine Tiergestalt sein, welche von den in der physischen
Welt möglichen Tiergestalten abwich, aber doch wiederum, weil sie
einen kosmischen Widerspruch darstellen sollte, tierähnlich wurde.
Und die Gestalt, die einzig und allein aus dem heraus, was damals
möglich war, geschaffen werden konnte, diese Gestalt ist die Gestalt
des Drachen.|223|91ff}}


== Der Drache in uns verschlingt die Elementarwesen der Natur ==
== Christus als Menschheitsrepräsentant zwischen den Widersachermächten ==


{{GZ|... mannigfaltig, großartig
[[Bild:Osterimagination.jpg|thumb|300px|left|Die [[Osterimagination]] - [[Christus]] zwischen [[Luzifer]] und [[Ahriman]].]]
und gewaltig sind die geistigen Wirkungen, die fortwährend
<div style="margin-left:20px">
von den Dingen der Natur an den Menschen herantreten, indem der
Mensch seinen Weg durch die Natur nimmt. Derjenige, der in diese
Dinge hineinschauen kann, sieht eigentlich fortdauernd, wie unendlich
mannigfaltig und großartig alles das ist, was an den Menschen
von allen Seiten durch die Elementargeistigkeit der Natur heranströmt.
Und es strömt in ihn ein. Es ist dasjenige, was - ich habe es
gestern im Sinne der äußeren Vorstellung auseinandergesetzt - aus
dem Spiegel der äußeren Natur, die ein Spiegel des Göttlich-Geistigen
ist, fortwährend dem Menschen als ein Geistiges entgegenströmt, das
da ist als ein Übersinnliches, das über die Natur ergossen ist.


Aber nun ist - wir werden über diese Dinge im Sinne wirklicher
Die Figurengruppe der großen Holzskulptur zeigt den [[Christus]], schreitend zwischen ''zwei'' [[Luzifer]]gestalten
anthroposophischer Vorstellung in den nächsten Tagen noch genauer
und zwei [[Ahriman]]gestalten, die paarweise zusammengehören. Das eine Paar der Luzifer- und Ahrimangestalten waltet im Menscheninneren, das andere ist draußen in der Natur bzw. im Kosmos so wirksam, wie es auch die [[Oster-Imagination]] zeigt. Ganz links oben über der Gestalt Luzifers wächst noch aus innerer künstlerischer Notwendigkeit ein stark asymmetrisch gestaltetes [[Elementarwesen]] aus dem Gestein, das mit einem gewissen [[Humor]] über den Felsen herüberschaut - der [[Weltenhumor]].  
zu sprechen haben - zunächst in dem Menschen diejenige Kraft enthalten,
die ich gestern als die Kraft des Drachen beschrieben habe, die
Michael bekämpft, des Drachen, mit dem Michael im Streit ist. Ich
habe angedeutet, wie dieser Drache zwar eine tierähnliche Gestalt hat,
aber eigentlich ein übersinnliches Wesen ist, wie er durch seine Widersetzlichkeit
als übersinnliches Wesen in die Sinneswelt verstoßen ist
und nun in ihr haust. Ich habe angedeutet, wie er nur im Menschen ist,
weil die äußere Natur ihn nicht haben kann. Die äußere Natur in ihrer
Unschuld, als ein Spiegel der göttlichen Geistigkeit, hat mit dem Drachen
nichts zu tun. Ich habe gestern dargestellt, wie er in den Menschenwesenheiten
sitzt. Dadurch aber, daß er ein solches Wesen ist,
daß er ein Übersinnliches in der Sinneswelt ist, zieht er in demselben
Augenblicke dasjenige an, was aus den Weiten der Natur an den
Menschen als übersinnliches Elementarisches heranströmt, verbindet
sich mit dem, und statt daß der Mensch durch seine Seelenhaftigkeit,
durch sein Gemüt die Elementarwesen, sagen wir der Pflanzen, aus
ihrer Verzauberung erlöst, verbindet er sie mit dem Drachen, läßt er
sie in seiner niederen Natur mit dem Drachen untergehen. Denn alles
in der Welt ist in der Strömung einer Entwickelung, nimmt die verschiedensten
Wege der Entwickelung. Und jene Elementarwesen, die
in den Mineralien, Pflanzen und Tieren leben, müssen zu höherem
Dasein aufsteigen, als sie es haben können in den gegenwärtigen Mineralien,
Pflanzen und Tieren. Das können sie nur, wenn sie durch den
Menschen durchgehen. Der Mensch ist wahrhaftig auf der Erde nicht
nur dazu da, daß er die äußere Kultur begründet. Der Mensch hat
innerhalb der ganzen Weltenentwickelung ein kosmisches Ziel, und
dieses kosmische Ziel hängt mit solchen Dingen zusammen, wie ich
sie eben beschrieben habe: mit der Höherentwickelung jener Elementarwesen,
die im irdischen Dasein auf einer niederen Stufe stehen, aber
zu einer höheren Stufe bestimmt sind, und die, wenn der Mensch in
ein bestimmtes Verhältnis zu ihnen kommt, und wenn das alles mit
rechten Dingen zugeht, zu einer höheren Entwickelungsstufe kommen
können.


Es war nun in der Tat in den alten Zeiten der instinktiven Menschenentwickelung,
"Der ganze Bau ist, wie ich sagte, angeordnet von Westen nach Osten, so daß also zwischen den Säulen die Symmetrieachse durchgeht, von Westen nach Osten, und sie schneidet den kleinen Zylinder, also den Bühnenraum, an seiner Grenze im Osten. Dort also nach dem Osten hin, zwischen der sechsten Säule rechts und der sechsten Säule links, steht eine bildhauerisch gearbeitete Gruppe. Die soll nun ihrerseits künstlerisch wieder darstellen, ich möchte sagen, das Intimste unserer geisteswissenschaftlichen Weltanschauung. Sie soll darstellen, was notwendigerweise der menschlichen Geistanschauung der Gegenwart und in die Zukunft hinein sich einfügen muß. Die Menschheit muß begreifen lernen, daß alles, was für die Weltgestaltung und für das menschliche Leben wichtig ist, in diese drei Strömungen hineinläuft: gewissermaßen die normale geistige Strömung, in die der Mensch hineingewoben ist, dann die luziferische Strömung und die ahrimanische. In alles, sowohl in die Grundlagen des physischen wie in die Offenbarungen des geistigen Geschehens, ist göttliche Entwickelung, luziferische Entwickelung und ahrimanische Entwickelung hineinverwoben. Dies soll aber nun wieder nicht symbolisch, sondern künstlerisch erfaßt, in unserer bildnerischen Gruppe zum Ausdruck kommen. Eine Holzgruppe. Es hat sich mir der Gedanke ergeben, den ich als Gedanken glaube erfaßt zu haben, dessen Begründung aber mir selbst in seinen okkulten Untergründen noch nicht klargeworden ist; es wird wohl die okkulte Forschung der Zukunft dies noch ergeben. Es scheint aber unbedingt richtig zu sein, daß sich alle antiken Motive besser in Stein oder in Metall zur Darstellung bringen lassen, und alle christlichen Motive - und unseres ist im eminenten Sinne ein christliches Motiv - besser in Holz. Ich kann nicht anders als sagen: Ich habe es immer als notwendig empfunden, daß die Gruppe in der Peterskirche in Rom, die Pieta von Michelangelo, in Holz umzudenken wäre; denn da, glaube ich, würde sie erst das darstellen, was sie darstellen soll; ebenso wie ich andere christliche Gruppen, die ich in Stein fand, in Holz umdenken mußte. Es liegt dem ganz gewiß etwas zugrunde; auf die Gründe selbst bin ich noch nicht gekommen. So mußte unsere Gruppe in Holz gedacht und ausgeführt werden.
da die Menschen in ihrem Gemüt als Erleben hatten
das Seelisch-Geistige, und da ihnen das Geistig-Seelische ebenso
ein Selbstverständliches war wie das Natürliche, so, daß in der Tat die
Weltenentwickelung vorrückte, indem gewissermaßen die Strömung
des Daseins durch den Menschen in einer regelrechten Weise durchging.
Aber gerade in der Epoche, die jetzt ihren Abschluß finden muß,
die jetzt zu einer höheren Geistigkeit vorrücken muß, ist es so gewesen,
daß Unzähliges von Elementarwesenhaftigkeit innerhalb des
Menschen dem Drachen ausgeliefert worden ist. Denn es ist gerade
das die Wesenhaftigkeit dieses Drachen, daß er dürstet und hungert
nach diesen Elementarwesen; er möchte überall herumschleichen, er
möchte alle Pflanzen und Mineralien abschlecken, um in sich die Elementarwesen
der Natur aufsaugen zu können. Denn mit denen will er
sich verbinden, mit denen will er sein eigenes Dasein durchdringen.
In der außermenschlichen Natur kann er das nicht, er kann es nur in
der innermenschlichen Natur. Er kann es nur in der menschlichen
Natur, weil dort für ihn eine Möglichkeit des Daseins ist. Und wenn
das so fortginge, dann wäre die Erde dem Verfall anheimgegeben,
dann würde unbedingt der Drache, von dem ich gestern gesprochen
habe, im irdischen Dasein siegen.|223|113ff}}


== Der Drache als [[Alchemie|alchemistisches]] Symbol ==
Die Hauptfigur ist eine Art Menschheitsrepräsentant, eine Wesenheit, die den Menschen darstellen soll in seiner göttlichen Offenbarung. Ich bin es zufrieden, wenn jemand, der diese Gestalt anschaut, die Empfindung hat: es ist eine Darstellung des Christus Jesus. Aber selbst dies schien mir unkünstlerisch, wenn ich den Impuls zugrunde gelegt hätte: Ich will einen Christus Jesus machen. Ich wollte darstellen, was dasteht. Was dann der Betreffende erlebt, ob es ein Christus Jesus ist, das muß erst die Folge sein. Ich wäre recht froh, wenn jeder das erlebte. Das ist aber nicht der künstlerische Gedanke, einen Christus Jesus darzustellen. Der künstlerische Gedanke ruht rein in der künstlerischen Form, in der Gestaltengebung; das andere ist ein novellistischer oder programmatischer Gedanke, einen Christus Jesus darzustellen. Das Künstlerische lebt in der Form, wenigstens wenn es ein Bildnerisches ist. - Eine Hauptgestalt, die ganze Gruppe ist achteinhalb Meter hoch, steht etwas erhöht, hinter ihr Felsen, unter ihr Felsen. Unten aus dem Felsen, der sich etwas aushöhlt, wächst heraus eine Ahrimangestalt. Die ist in einer Felsenhöhle drinnen, halb liegend, mit dem Kopf nach oben. Auf diesem etwas ausgehöhlten Felsen steht die Hauptfigur. Über der Ahrimanfigur und vom Beschauer links ist wiederum aus dem Felsen herauswachsend ein zweiter Ahriman, so daß die Ahrimanfigur sich wiederholt. Über der Ahrimanfigur, wiederum links vom Beschauer, ist eine Luzifergestalt. Zwischen dem Luzifer und dem Ahriman darunter ist eine Art künstlerischer Zusammenhang geschaffen. Ganz wenig darüber, über der Hauptfigur, rechts vom Beschauer, ist auch eine Luzifergestalt. Luzifer ist also auch zweimal vorhanden. Dieser andere Luzifer ist in sich gebrochen, stürzt ab durch das In-sich-Gebrochensein. Die rechte Hand der Mittelfigur weist nach unten, die linke nach oben. Diese nach oben weisende linke Hand weist auf die Bruchstelle des Luzifer hin; da gerade bricht er sich entzwei und stürzt ab. Die rechte Hand und der rechte Arm der Mittelfigur weist nach dem unteren Ahriman hin und bringt ihn zur Verzweiflung. Das Ganze ist so gedacht - ich hoffe, daß man es wird empfinden können -, daß diese Mittelfigur nicht irgendwie aggressiv ist; sondern in der Geste, die ich andeutete, ist nur Liebe darinnen. Aber weder Luzifer noch Ahriman vertragen diese Liebe. Der Christus kämpft nicht gegen Ahriman, sondern er strahlt Liebe aus; aber Luzifer und Ahriman können die Liebe nicht in ihre Nähe gelangen lassen. Durch die Nähe der Liebe fühlt der eine, Ahriman, die Verzweiflung, das In-sich-Verzehrtwerden, und Luzifer stürzt ab. In ihnen, in Luzifer und Ahriman, liegt es also, was in ihren Gesten zum Ausdruck kommt.
[[Bild:Gruener_Drache.jpg|thumb|Der grüne Drache wird überwältigt und fixiert und damit die Bereitung des [[Stein der Weisen|Steins der Weisen]] eingeleitet.]]
Der Drache ist auch ein von den [[Alchemist]]en häufig verwendetes Bild, z.B. der [[Grüner Drache|grüne]] oder [[Roter Drache|rote Drache]], wodurch bestimmte Läuterungsgrade der [[Materie]] ausgedrückt werden.


== Tannin ==
[[Bild:Menschheitsrepraesentant Ahriman.gif|thumb|350px|Die untere [[ahrimanisch]]e Gestalt, gezeichnet nach dem 1:1-Modell.]]
Die Gestalten waren natürlich aus dem Grunde nicht leicht zu schaffen, weil man Geistiges - bei der Hauptfigur teilweise Geistiges, bei Luzifer und Ahriman aber rein Geistiges - zu schaffen hat, und bildhauerisch ist es am schwierigsten, das Geistige zu bilden. Es wurde aber doch versucht, das zu erreichen, was notwendig war, besonders für unsere Ziele: die Form, trotzdem sie künstlerische Form bleiben mußte, ganz in Geste, ganz in Miene aufzulösen. Der Mensch ist ja eigentlich nur in der Lage, Geste und Miene in sehr eingeschränktem Sinne zu gebrauchen. Luzifer und Ahriman sind ganz Geste und ganz Miene. Geistgestalten haben nicht abgeschlossene Form, keine fertige Geistgestalt gibt es. Wenn Sie den Geist gestalten wollen, sind Sie in derselben Lage, wie wenn Sie den Blitz gestalten wollten. Die Gestalt, die ein Geist in einem Augenblick hat, ist eine andere als im nächsten Augenblick. Das muß man berücksichtigen. Würde man aber für den einen Augenblick eine Geistgestalt festhalten wollen, so wie man eine ruhende Gestalt nachbildet, dann würde man nichts herausbekommen, dann hätte man nur eine erstarrte Gestalt. So muß man in solchem Falle ganz und gar die Geste nachbilden. Es ist also bei Luzifer und Ahriman ganz und gar die Geste nachgebildet, und zum Teil mußte das auch für die mittlere Gestalt versucht werden, die ja natürlich eine physische Gestalt ist: der Christus Jesus.


[[Tannin]] ({{HeS|תַּנִּין|Drache, Seeungeheuer}}) werden im [[hebräisch]]en [[Tanach]] [[schlange]]n- bzw. drachenähnliche, urzeitliche Meeresungeheuer genannt, die von den [[Elohim]] am fünften [[Schöpfungstag]] geschaffen wurden.  
Nun möchte ich Ihnen ein paar Bilder vorführen, die Ihnen im Kleinen, so gut es geht, einen Begriff von dieser Hauptgruppe geben können. Das erste ist der Kopf des Ahriman, und zwar in der Gestalt, wie er mir zuerst gekommen ist: ein Mensch - man denke dabei an die Dreiteilung des Menschen in Kopf-, Rumpf- und Extremitätenmenschen -, der ganz Kopf ist, der daher auch das Werkzeug ist für die vollendetste Klugheit, Verständigkeit und Schlauheit. Das soll in der Ahrimanfigur zum Ausdruck kommen. Der Kopf des Ahriman ist, wie Sie ihn hier sehen, richtig Geist, wenn ich den paradoxen Ausdruck gebrauchen darf; aber Sie wissen, wie ein Paradoxes oft herauskommt, wenn man geistig charakterisiert. Er ist tatsächlich nach dem Modell, geistgetreu, künstlerisch naturgetreu. Ahriman mußte schon «sitzen», damit das zustande gebracht werden konnte.


{{Zitat|Und Gott schuf die großen Seeungeheuer und alle sich regenden lebenden Wesen, von denen das Wasser wimmelt, nach ihrer Art, und alle geflügelten Vögel, nach ihrer Art. Und Gott sah, dass es gut war.|{{Bibel|1 Mos|1|21|ELB}}}}
[[Bild:Menschheitsrepraesentant Luzifer.gif|thumb|left|250px|[[Luzifer]], gezeichnet nach dem 1:1-Modell.]]
Das nächste soll sein Luzifer, wie er vom Beschauer aus an der linken Seite sich findet. Um Luzifer zu verstehen, müssen Sie sich in einer sehr merkwürdigen Weise das denken, was als Geistgestalt des Luzifer erscheint. Man denke sich das am meisten Ahrimanische am Menschen von der Menschengestalt weg, also den Kopf weg, dafür aber denken Sie sich die Ohren und die Ohrmuscheln, das Außenohr, wesentlich vergrößert, natürlich vergeistigt und zu Flügeln gebildet und zu einem Organ geformt, das Organ aber um ihren Leib herumgeschlungen, die Kehlkopfflügel ebenfalls erweitert; so daß Kopf, Flügel, Ohren ein Organ zusammen bilden. Und die Flügel, das Hauptorgan, ist das, das sich für die Gestalt des Luzifer ergibt. Luzifer ist erweiterter Kehlkopf, Kehlkopf, der zur ganzen Gestalt wird, aus dem sich dann herausentwickelt durch eine Art Flügel eine Verbindung zum Ohre hin, so daß man sich vorzustellen hat: Luzifer ist eine solche Gestalt, welche die Sphärenmusik aufnimmt, sie hereinnimmt in diesen Ohr-Flügelorganismus; und ohne daß die Individualität mitspricht, spricht sich das Weltenall, die Sphärenmusik selber, wiederum durch dasselbe Organ aus, das nach vorn zum Kehlkopf umgeformt, also eine andere Metamorphose der Menschengestalt ist: Kehlkopf-Ohr-Flügelorgan. Daher ist der Kopf nur angedeutet. Bei Ahriman werden Sie finden, wenn Sie einmal die Figur im Dornacher Bau sehen werden: Es ist das herausgestellt, was man sich als Gestalt denken kann. Was aber bei Luzifer als Kopf herauskommt - obwohl Sie sich nicht gut vorstellen können, daß es bei Ihnen selbst so wäre wie bei Luzifer -, das ist etwas, was doch im höchsten Grade schön ist. Das Ahrimanische ist also das Verständige, Kluge, aber Häßliche in der Welt; das Luziferische ist das Schöne in der Welt. Alles in der Welt enthält die beiden: das Ahrimanische und das Luziferische. Die Jugend und die Kindheit ist mehr luziferisch, das Alter mehr ahrimanisch; die Vergangenheit ist mehr ahrimanisch, die Zukunft mehr luziferisch in ihren Impulsen; die Frauen mehr luziferisch, die Männer mehr ahrimanisch; alles enthält diese beiden Strömungen.


Sie gelten in der [[Wikipedia:Bibel|Bibel]] als Sinnbild des [[Das Böse|Bösen]] und wurden später, ähnlich wie [[Leviathan]], von [[JHWH]] zerschmettert.
[[Bild:Menschheitsrepraesentant Weltenhumor.jpg|thumb|350px|Das [[Elementarwesen]] über [[Luzifer]] - der "[[Weltenhumor]]".]]
Das Wesen über dem Luzifer entstand als ein solches, das als Elementarwesen aus dem Felsen herauswächst. Wir hatten die besprochene Gruppe fertig, und als sie von ihrem Gerüst befreit war, stellt sich etwas ganz Merkwürdiges dar: daß nämlich, wie Fräulein Waller empfand, der Schwerpunkt der Gruppe - für die Anschauung natürlich nur - zu weit rechts läge und etwas dazu geschaffen werden müßte, um den Ausgleich zu bringen. So wurde es uns vom Karma zugetragen. Nun handelte es sich darum, nicht bloß einen Batzen Felsen anzubringen, sondern den bildhauerischen Gedanken weiterzuverfolgen. So entstand dann dieses Wesen, das gewissermaßen als Elementarwesen aus dem Felsen herauswächst. Gerade an diesem Wesen werden Sie eines bemerken, wenn es auch nur in Andeutungen zum Ausdruck kommt: Sie werden sehen, wie eine Asymmetrie, sobald Geistgestalten in Betracht kommen, sogleich wirken muß. Das kommt im Physischen nur sehr eingeschränkt zum Ausdruck: unser linkes Auge ist anders als unser rechtes und so weiter; mit Ohr und Nase ist es ebenso. Sobald man aber ins Geistige hineinkommt, wirkt schon der Ätherleib ganz entschieden asymmetrisch. Die linke Seite des Ätherleibes ist ganz anders als die rechte; das kommt sofort heraus, wenn man Geistgestalten bilden will. Sie können um dieses Wesen herumgehen, und Sie werden von jedem Punkt aus unten einen andern Anblick haben. Sie werden aber sehen, daß die Asymmetrie als etwas Notwendiges wirkt, weil sie der Ausdruck ist der Geste, mit der dieses Wesen mit einem gewissen Humor über den Felsen herüberschaut und auf die Gruppe unten schaut. Dieses Hinunterschauen mit Humor über den Felsen hat seinen guten Grund. Es ist durchaus nicht richtig, sich in die höheren Welten nur mit einer bloßen Sentimentalität erheben zu wollen. Will man sich richtig in die höheren Welten hinaufarbeiten, so muß man es nicht bloß mit Sentimentalität tun. Diese Sentimentalität hat immer einen Beigeschmack von Egoismus. Sie werden sehen, daß ich oftmals, wenn die höchsten geistigsten Zusammenhänge erörtert werden sollen, in die Betrachtung etwas hineinmische, was nicht herausbringen soll aus der Stimmung, sondern nur die egoistische Sentimentalität der Stimmung vertreiben soll. Erst dann werden sich die Menschen wahrhaftig zum Geistigen erheben, wenn sie es nicht erfassen wollen mit egoistischer Sentimentalität, sondern sich in Reinheit der Seele, die niemals ohne Humor sein kann, in dieses geistige Gebiet hineinbegeben können.


== Teli, der Drache der Welt ==
[[Bild:Menschheitsrepraesentant Christuskopf.gif|thumb|250px|Der Kopf der [[Christus]]figur, gezeichnet nach dem 1:1-Modell.]]
Dann der Kopf der Mittelfigur im Profil, wie er sich mit Notwendigkeit ergeben hat. Da mußte der Kopf auch etwas asymmetrisch gemacht werden, weil an dieser Figur gezeigt werden sollte, daß nicht nur die Bewegungen der rechten Hand, der linken Hand, des rechten Armes und so weiter das Innere der Seele wiedergeben, sondern weil dies bei einer solchen, ganz in der Seele lebenden Wesenheit, wie es der Christus Jesus ist, zum Beispiel auch die Stirnbildung in Anspruch nimmt und die ganze übrige Gestalt, viel mehr, als es beim Menschen in der Geste der Fall sein kann. Wir haben ausprobiert, trotzdem es nicht der Wirklichkeit entspricht, daß man, wenn man das Bild verkehrt in den Apparat steckt, schon einen ganz andern Anblick hat bloß dadurch, daß es umgekehrt ist. Der Eindruck ist ein anderer. Wie das asymmetrisch gedacht ist, künstlerisch, das werden Sie aber erst an dem fertigen Kopf der Mittelfigur sehen. - Man darf wohl sagen: Bei der Ausarbeitung einer solchen Sache kommen alle künstlerischen Fragen auch wirklich in Betracht; die kleinste künstlerische Frage steht da immer im Zusammenhang mit irgendeinem weithingehenden Ganzen. Hier zum Beispiel kam besonders in Betracht die Behandlung der Fläche. Das Leben muß ja da besonders durch die Fläche erzeugt werden. Die Fläche einfach gebogen, und die Biegung wieder gebogen : diese besondere Behandlung der Fläche, die doppelte Biegung der Fläche, wie das aus der Fläche selbst Leben herausholt, das sieht man erst, wenn man diese Dinge durcharbeitet. Und so werden Sie sehen, daß das, was wir wollten, nicht allein im Dargestellten liegt, sondern auch in einer gewissen künstlerischen Behandlung der Sache. Man mußte nicht etwa in novellistischer Weise, durch Nachbildung bloß, das Ahrimanische, das Luziferische und wieder das Menschliche erreichen, sondern man mußte es in die Fingerspitzen bekommen, in die Flächenformung hineinbekommen, mußte es ganz und gar in die künstlerische Formung hineinbekommen. Und jene Erweiterung, die der Mensch erhält, indem er seine Anschauung ins Geistige hinein ausdehnt, sie dehnte sich auf der andern Seite auch wieder ins Künstlerische hinein aus.


[[Teli]] ({{HeS|תלי}}, ''geringelt''?), der ''Drache der Welt'', ist nach dem [[Sefer Jetzira]], dem älteste eigenständig überlieferte Werk der [[Kabbala]], der oberste Regent der geschaffenen Welt, der [[Tierkreis]] und das [[Herz]] sind ihm untergeordnet.  
Diese Gruppe steht also unten im Osten im Bühnenraum. Darüber wölbt sich die kleinere Kuppel, und die wieder ist ausgemalt, wie ich es angedeutet habe. Über dieser Gruppe ist es dann wieder versucht, dasselbe Motiv malerisch zu geben. Da ist der Christus, darüber Luzifer und Ahriman, und es ist versucht, durch die Farben aussprechen zu lassen, was dargestellt werden sollte durch die Kunst. Gerade durch die Verschiedenartigkeit der Behandlung wird man sehen, wie rein aus den Kunstmitteln heraus die Dinge geholt werden mußten." {{Lit|GA 181/III, S 43ff}}
</div>


{{Zitat|Der Drache in der Welt ist wie ein König auf seinem Thron. Der Sternbilderkreis im Jahr ist wie ein König im Reich. Das Herz im Menschen ist wie ein König im Krieg.|Sefer Jetzira 6,6}}
[[Bild:Menschheitsrepraesentant Modell.jpg|thumb|left|Der Menschheitsrepräsentant zwischen Luzifer und Ahriman - Modell im Maßstab 1:1]]
== Die künstlerische Arbeit an der Figurengruppe ==


== Long, der Drache in der chinesischen Mythologie ==
Zur Vorbereitung der Figurengruppe wurden zunächst mehrere etwa 50cm große Modelle geschaffen und schließlich auch ein noch heute erhaltenes Modell im Maßstab 1:1 aus [[Kalk]]mehl, [[Wikipedia:Bienenwachs|Bienenwachs]] und [[Wikipedia:Plastilin|Plastilin]]. [[Edith Maryon]] bereitete das Holzgerüst und die Materialien für den Bau des Modells vor. Das Plastilin wurde nach den Angaben Rudolf Steiners zubereitet und von Hand geknetet. Dieses Material wurde gewählt, weil es lange elastisch formbar bleibt und so Rudolf Steiner immer wieder trotz seiner langen und häufigen Abwesenheiten von Dornach an dem Modell weiterarbeiten konnte.  
 
'''Lóng''', der chinesische [[Drache (Mythologie)|Drache]], ist das wohl bekannteste [[Wikipedia:Fabelwesen|Fabelwesen]] [[Wikipedia:China (Kulturraum)|Chinas]], wenn nicht des gesamten [[Wikipedia:Ostasien|ostasiatischen]] [[Kultur]]kreises.
 
Das in der [[Chinesische Mythologie|Mythologie Chinas]] sehr oft vorkommende Wesen ist, im Gegensatz zu den [[Wikipedia:Europa|europäischen]] Drachen, eher mit einer [[Gottheit]] als mit einem (böswilligen) [[Dämon (Religion)|Dämon]] zu vergleichen. Der Drache, oder besser gesagt, die verschiedenen lokalen Drachen[[gott]]heiten (in [[Fluss|Flüssen]], [[See (Gewässer)|Seen]], [[Wikipedia:Bucht|Bucht]]en, einer Legende nach sogar in [[Wikipedia:Brunnen|Brunnen]]) werden auch noch heute, besonders in ländlichen Gegenden, [[Wikipedia:Anbetung|angebetet]], um beispielsweise Regen zu erbitten. Allerdings waren nicht alle Drachen gutartig. Gefürchtet war u.a. der schwarze Drache der [[Wikipedia:Flut|Flut]], der für [[Wikipedia:Überschwemmung|Überschwemmung]]en und [[Sturm|Stürme]] verantwortlich war.
 
== Siehe auch ==
 
* {{WikipediaDE|Drache (Mythologie)}}
* {{WikipediaDE|Drache}}


== Literatur ==
== Literatur ==
#Rudolf Steiner: ''Das Geheimnis des Todes. Wesen und Bedeutung Mitteleuropas und die europäischen Volksgeister'', [[GA 159]] (1980)
#Rudolf Steiner: ''Erdensterben und Weltenleben. Anthroposophische Lebensgaben. Bewußtseins-Notwendigkeiten für Gegenwart und Zukunft'', [[GA 181]] (1991), Sechzehnter Vortrag, Berlin, 3. Juli 1918
#Rudolf Steiner: ''Die Sendung Michaels'', [[GA 194]] (1994), ISBN 3-7274-1940-7 {{Vorträge|194}}


* Klaus Herrmann (Herausgeber), ''Sefer Jezira - Buch der Schöpfung.'', Verlag der Weltreligionen, Frankfurt a. M. und Leipzig, 2008, ISBN 978-3-458-70007-4
{{GA}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Grundelemente der Esoterik'', [[GA 93a]] (1987)
* [[Rudolf Steiner]]: ''Ägyptische Mythen und Mysterien'', [[GA 106]] (1992)
* [[Rudolf Steiner]]: ''Der Jahreskreislauf als Atmungsvorgang der Erde und die vier großen Festeszeiten'', [[GA 223]] (1990), ISBN 3-7274-2231-9 {{Vorträge|223}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Aus den Inhalten der esoterischen Stunden, Band II: 1910 – 1912'', [[GA 266/2]] (1996), ISBN 3-7274-2662-4 {{Schule|266b}}
* [[Rudolf Steiner]]: ''Erziehung und Unterricht aus Menschenerkenntnis'', [[GA 302a]] (1993), ISBN 3-7274-3025-7 {{Vorträge|302a}}


{{GA}}
==Weblinks==
# [http://www.goetheanum.org/ Die Homepage des Goetheanums in Dornach - Goetheanum.org]
# [[Bild:Adobepdf_small.gif]] [http://www.anthrowiki.info/jump.php?url=http://www.anthrowiki.info/ftp/anthroposophie/Rudolf_Steiner/Der_Dornacher_Bau.pdf Rudolf Steiner: ''Der Dornacher Bau''] - Vortrag in Berlin am 3. Juli 1918


== Weblinks ==
{{Audioartikel|Drachen.ogg}}


[[Kategorie:Mythologisches Tier]] [[Kategorie:Widersacher]] [[Kategorie:Alchemie]] [[Kategorie:Ahriman]]
[[Kategorie:Kunst]] [[Kategorie:Bildende Kunst]] [[Kategorie:Skulptur]] [[Kategorie:Goetheanum]]
[[Kategorie:Symbol]]

Version vom 1. August 2013, 10:14 Uhr

Christus als Menschheitsrepräsentant zwischen Luzifer und Ahriman - Holzskulptur von Rudolf Steiner.

Der Menschheitsrepräsentant zwischen Luzifer und Ahriman ist eine mehr als 8 m hohe von Rudolf Steiner entworfene und gemeinsam mit der Bildhauerin Edith Maryon für das erste Goetheanum in Dornach geschaffene Holzskulptur. Sie sollte im kleinen Kuppelraum, dem Bühnenraum des ersten Goetheanums, aufgestellt werden. Als das Goetheanum in der Silvesternacht 1922/23 niederbrannte, war die Skulptur noch nicht vollendet und blieb daher vom Feuer verschont.

Das Streben des individuellen Menschen nach Gleichgewicht

"Der einzelne, individuelle Mensch kam bis in die Mitte des 15. Jahrhunderts nicht so in Betracht wie seit jener Zeit. Seit jener Zeit ist dasjenige, was das Wesentlichste im Menschen ist, das Streben, Individualität zu sein, das Streben, individuelle Persönlichkeitskräfte zusammenzufassen, gewissermaßen einen Mittelpunkt in sich selber zu finden [...]

Dadurch aber wird für den Menschen etwas ganz besonders wichtig in dieser Zeit, die mit der Mitte des 15. Jahrhunderts begonnen hat und gegen das vierte Jahrtausend zu erst enden wird. Damit tritt etwas ein, was für diese Zeit von ganz besonderer Wichtigkeit ist. Denn sehen Sie, es ist etwas Unbestimmtes ausgedrückt, wenn man sagen muß: Jeder Mensch strebt nach seiner besonderen Individualität. Der Gruppengeist, selbst wenn er nur kleinere Gruppen umfaßt, ist etwas viel Faßbareres als dasjenige, was jeder einzelne Mensch aus dem Urquell seiner Individualität heraus erstrebt. Daher kommt es, daß ganz besonders wichtig wird für diesen Menschen der neueren Zeit das zu verstehen, was man nennen kann: Gleichgewicht suchen zwischen den entgegengesetzten Polen.

Das eine will gewissermaßen über den Kopf hinaus. Alles, was den Menschen dazu bringt, Schwärmer, Phantast, Wahnmensch zu sein, was ihn erfüllt mit unbestimmten mystischen Regungen nach irgendeinem unbestimmten Unendlichen, ja, was ihn selbst erfüllt, wenn er Pantheist oder Theist oder irgend so etwas ist, was man ja heute so häufig ist, das ist der eine Pol. Der andere Pol ist der der Nüchternheit, der Trockenheit, trivial gesprochen, aber nicht unwirklich gesprochen gegenüber dem Geiste der Gegenwart, wahrhaftig nicht unwirklich gesprochen: der Pol der Philistrosität, der Pol des Spießbürgertums, der Pol, der uns hinunterzieht zur Erde in den Materialismus hinein. Diese zwei Kräftepole sind im Menschen, und zwischen denen darinnen steht das Menschenwesen, hat es das Gleichgewicht zu suchen. Auf wie viele Arten kann man denn das Gleichgewicht suchen? [...]

Auf unendlich viele Arten können Sie das Gleichgewicht suchen. Das entspricht den unendlich vielen Arten, individueller Mensch zu sein. Daher ist für den gegenwärtigen Menschen so wesentlich, einzusehen, daß sein Wesen in dem Streben nach Gleichgewicht zwischen den entgegengesetzten Polen besteht. Und das Unbestimmte des Suchens nach Gleichgewicht ist eben jenes Unbestimmte, von dem ich Ihnen vorhin gesprochen habe [...]

Seelisch gesund sind wir, wenn wir das Gleichgewicht finden zwischen dem Schwärmerisch-Phantastischen und dem Trocken- Philiströsen. Körperlich gesund sind wir, wenn wir im Gleichgewichte leben können zwischen dem Fieber und der Sklerose, der Verknöcherung. Und das kann auf unendlich viele Weise geschehen, darinnen kann die Individualität leben.

Das ist dasjenige, worin der Mensch gerade in der modernen Zeit erfühlen muß den alten Apollo-Spruch «Erkenne dich selbst». Aber «Erkenne dich selbst» nicht in irgendeiner Abstraktion: «Erkenne dich selbst in dem Streben nach Gleichgewicht.» Deshalb haben wir im Osten des Baues aufzustellen dasjenige, was den Menschen empfinden lassen kann dieses Streben nach Gleichgewicht. Und das soll in der gestern erwähnten plastischen Holzgruppe zur Darstellung kommen, die als Mittelpunktsfigur hat die Christus-Gestalt, die Christus-Gestalt, die versucht worden ist so zu gestalten, daß man sich vorstellen kann: So hat wirklich der Christus in dem Menschen Jesus von Nazareth gewandelt im Beginne unserer Zeitrechnung in Palästina. Die konventionellen Bilder des bärtigen Christus, sie sind ja eigentlich erst Schöpfungen des 5., 6. Jahrhunderts, und sie sind wahrhaftig nicht irgendwie, wenn ich den Ausdruck gebrauchen darf, porträtgetreu. Das ist versucht worden: einen porträtgetreuen Christus zu schaffen, der der Repräsentant zugleich sein soll des suchenden, des nach Gleichgewicht strebenden Menschen. (Es wird gezeichnet.)

Der Menschheitsrepräsentant zwischen Luzifer und Ahriman; Tafel 17 aus GA 194, S 187
Der Menschheitsrepräsentant zwischen Luzifer und Ahriman; Tafel 17 aus GA 194, S 187

Sie werden dann an dieser Gruppe zwei Figuren sehen: Hier den stürzenden Luzifer, hier den hinaufstrebenden Luzifer. Hier unten, gewissermaßen verbunden mit Luzifer, eine ahrimanische Gestalt, und hier eine zweite ahrimanische Gestalt. Hineingestellt der Menschheitsrepräsentant zwischen der ahrimanischen Gestalt: dem Philiströsen, dem Nüchtern-Trocken-Materialistischen; und der Luzifer-Gestalt: dem Schwärmerischen, Phantastischen. Der Ahriman-Gestalt: alldem, was den Menschen führt zur Petrifizierung, zur Sklerose; der Luzifer- Gestalt: Repräsentanz alles dessen, was den Menschen fiebrig über das Maß derjenigen Gesundheit hinausführt, das er ertragen kann." (Lit.: GA 194, S. 183ff)

Zusammenhang mit der Oster-Imagination

Die Oster-Imagination, die Rudolf Steiner gegeben hat, schildert, wie sich aus dem irdisch-kosmischen Geschehen heraus das Bild des Christus formt, der zwischen den Widersachermächten Luzifer und Ahriman steht und beide im Gleichgewicht hält. In der Statue des Menschheitsrepräsentanten zwischen Luzifer und Ahriman finden wesentliche Teile dieser Osterimagination ihre künstlerisch-bildhauerische Darstellung.

"In der Mitte dieser Gruppe wird eine Gestalt stehen, wie, ich möchte sagen, der Repräsentant des höchsten Menschlichen, das auf der Erde sich entfalten konnte. Daher wird man auch diese Gestalt des höchsten Menschlichen in der Erdentwickelung empfinden können als den Christus. Es wird die besondere Aufgabe sein, diese Christus-Gestalt so auszugestalten, daß man wird sehen können, wie dieser Erdenleib in jeder Miene, in allem, was an ihm ist, durchgeistigt ist von dem, was aus kosmischen, aus geistigen Höhen als der Christus eingezogen ist. Durch die Erhebung des linken Armes der Christus- Gestalt geschieht es, daß diese herabstürzende Wesenheit die Flügel zerbricht. Aber es darf das nicht so aussehen, als wenn etwa der Christus dieser Wesenheit (Luzifer) die Flügel zerbräche, sondern das Ganze muß künstlerisch so gestaltet sein, daß, indem der Christus den Arm hinaufhebt, schon in der ganzen Handbewegung liegt, daß er eigentlich auch mit dieser Wesenheit nur unendliches Mitleid hat. Diese Wesenheit erträgt aber nicht das, was durch den Arm und die Hand hinaufströmt; man möchte ihre Empfindung in die Worte kleiden: Ich kann nicht ertragen, daß so Reines auf mich heraufstrahlt.

Und auf der anderen Seite da wird der Felsen ausgehöhlt sein. In dieser Aushöhlung ist auch eine Gestalt, die Flügel hat. Die Gestalt in der Höhle klammert sich förmlich ein in die Höhle, man sieht sie in Fesseln, man sieht sie da unten arbeiten, das Erdreich auszuhöhlen. Christus hat die rechte Hand nach unten gerichtet. Christus selbst hat unendliches Mitleid für Ahriman. Ahriman aber kann das nicht ertragen, er windet sich in Schmerzen durch das, was durch die Hand des Christus ausstrahlt. Und was da ausstrahlt das bewirkt, daß die Goldadern, die unten in der Felsenhöhle sind, sich wie Schnüre um den Ahrimanleib winden und ihn fesseln." (Lit.: GA 159, S. 248ff)

Christus als Menschheitsrepräsentant zwischen den Widersachermächten

Die Osterimagination - Christus zwischen Luzifer und Ahriman.

Die Figurengruppe der großen Holzskulptur zeigt den Christus, schreitend zwischen zwei Luzifergestalten und zwei Ahrimangestalten, die paarweise zusammengehören. Das eine Paar der Luzifer- und Ahrimangestalten waltet im Menscheninneren, das andere ist draußen in der Natur bzw. im Kosmos so wirksam, wie es auch die Oster-Imagination zeigt. Ganz links oben über der Gestalt Luzifers wächst noch aus innerer künstlerischer Notwendigkeit ein stark asymmetrisch gestaltetes Elementarwesen aus dem Gestein, das mit einem gewissen Humor über den Felsen herüberschaut - der Weltenhumor.

"Der ganze Bau ist, wie ich sagte, angeordnet von Westen nach Osten, so daß also zwischen den Säulen die Symmetrieachse durchgeht, von Westen nach Osten, und sie schneidet den kleinen Zylinder, also den Bühnenraum, an seiner Grenze im Osten. Dort also nach dem Osten hin, zwischen der sechsten Säule rechts und der sechsten Säule links, steht eine bildhauerisch gearbeitete Gruppe. Die soll nun ihrerseits künstlerisch wieder darstellen, ich möchte sagen, das Intimste unserer geisteswissenschaftlichen Weltanschauung. Sie soll darstellen, was notwendigerweise der menschlichen Geistanschauung der Gegenwart und in die Zukunft hinein sich einfügen muß. Die Menschheit muß begreifen lernen, daß alles, was für die Weltgestaltung und für das menschliche Leben wichtig ist, in diese drei Strömungen hineinläuft: gewissermaßen die normale geistige Strömung, in die der Mensch hineingewoben ist, dann die luziferische Strömung und die ahrimanische. In alles, sowohl in die Grundlagen des physischen wie in die Offenbarungen des geistigen Geschehens, ist göttliche Entwickelung, luziferische Entwickelung und ahrimanische Entwickelung hineinverwoben. Dies soll aber nun wieder nicht symbolisch, sondern künstlerisch erfaßt, in unserer bildnerischen Gruppe zum Ausdruck kommen. Eine Holzgruppe. Es hat sich mir der Gedanke ergeben, den ich als Gedanken glaube erfaßt zu haben, dessen Begründung aber mir selbst in seinen okkulten Untergründen noch nicht klargeworden ist; es wird wohl die okkulte Forschung der Zukunft dies noch ergeben. Es scheint aber unbedingt richtig zu sein, daß sich alle antiken Motive besser in Stein oder in Metall zur Darstellung bringen lassen, und alle christlichen Motive - und unseres ist im eminenten Sinne ein christliches Motiv - besser in Holz. Ich kann nicht anders als sagen: Ich habe es immer als notwendig empfunden, daß die Gruppe in der Peterskirche in Rom, die Pieta von Michelangelo, in Holz umzudenken wäre; denn da, glaube ich, würde sie erst das darstellen, was sie darstellen soll; ebenso wie ich andere christliche Gruppen, die ich in Stein fand, in Holz umdenken mußte. Es liegt dem ganz gewiß etwas zugrunde; auf die Gründe selbst bin ich noch nicht gekommen. So mußte unsere Gruppe in Holz gedacht und ausgeführt werden.

Die Hauptfigur ist eine Art Menschheitsrepräsentant, eine Wesenheit, die den Menschen darstellen soll in seiner göttlichen Offenbarung. Ich bin es zufrieden, wenn jemand, der diese Gestalt anschaut, die Empfindung hat: es ist eine Darstellung des Christus Jesus. Aber selbst dies schien mir unkünstlerisch, wenn ich den Impuls zugrunde gelegt hätte: Ich will einen Christus Jesus machen. Ich wollte darstellen, was dasteht. Was dann der Betreffende erlebt, ob es ein Christus Jesus ist, das muß erst die Folge sein. Ich wäre recht froh, wenn jeder das erlebte. Das ist aber nicht der künstlerische Gedanke, einen Christus Jesus darzustellen. Der künstlerische Gedanke ruht rein in der künstlerischen Form, in der Gestaltengebung; das andere ist ein novellistischer oder programmatischer Gedanke, einen Christus Jesus darzustellen. Das Künstlerische lebt in der Form, wenigstens wenn es ein Bildnerisches ist. - Eine Hauptgestalt, die ganze Gruppe ist achteinhalb Meter hoch, steht etwas erhöht, hinter ihr Felsen, unter ihr Felsen. Unten aus dem Felsen, der sich etwas aushöhlt, wächst heraus eine Ahrimangestalt. Die ist in einer Felsenhöhle drinnen, halb liegend, mit dem Kopf nach oben. Auf diesem etwas ausgehöhlten Felsen steht die Hauptfigur. Über der Ahrimanfigur und vom Beschauer links ist wiederum aus dem Felsen herauswachsend ein zweiter Ahriman, so daß die Ahrimanfigur sich wiederholt. Über der Ahrimanfigur, wiederum links vom Beschauer, ist eine Luzifergestalt. Zwischen dem Luzifer und dem Ahriman darunter ist eine Art künstlerischer Zusammenhang geschaffen. Ganz wenig darüber, über der Hauptfigur, rechts vom Beschauer, ist auch eine Luzifergestalt. Luzifer ist also auch zweimal vorhanden. Dieser andere Luzifer ist in sich gebrochen, stürzt ab durch das In-sich-Gebrochensein. Die rechte Hand der Mittelfigur weist nach unten, die linke nach oben. Diese nach oben weisende linke Hand weist auf die Bruchstelle des Luzifer hin; da gerade bricht er sich entzwei und stürzt ab. Die rechte Hand und der rechte Arm der Mittelfigur weist nach dem unteren Ahriman hin und bringt ihn zur Verzweiflung. Das Ganze ist so gedacht - ich hoffe, daß man es wird empfinden können -, daß diese Mittelfigur nicht irgendwie aggressiv ist; sondern in der Geste, die ich andeutete, ist nur Liebe darinnen. Aber weder Luzifer noch Ahriman vertragen diese Liebe. Der Christus kämpft nicht gegen Ahriman, sondern er strahlt Liebe aus; aber Luzifer und Ahriman können die Liebe nicht in ihre Nähe gelangen lassen. Durch die Nähe der Liebe fühlt der eine, Ahriman, die Verzweiflung, das In-sich-Verzehrtwerden, und Luzifer stürzt ab. In ihnen, in Luzifer und Ahriman, liegt es also, was in ihren Gesten zum Ausdruck kommt.

Die untere ahrimanische Gestalt, gezeichnet nach dem 1:1-Modell.

Die Gestalten waren natürlich aus dem Grunde nicht leicht zu schaffen, weil man Geistiges - bei der Hauptfigur teilweise Geistiges, bei Luzifer und Ahriman aber rein Geistiges - zu schaffen hat, und bildhauerisch ist es am schwierigsten, das Geistige zu bilden. Es wurde aber doch versucht, das zu erreichen, was notwendig war, besonders für unsere Ziele: die Form, trotzdem sie künstlerische Form bleiben mußte, ganz in Geste, ganz in Miene aufzulösen. Der Mensch ist ja eigentlich nur in der Lage, Geste und Miene in sehr eingeschränktem Sinne zu gebrauchen. Luzifer und Ahriman sind ganz Geste und ganz Miene. Geistgestalten haben nicht abgeschlossene Form, keine fertige Geistgestalt gibt es. Wenn Sie den Geist gestalten wollen, sind Sie in derselben Lage, wie wenn Sie den Blitz gestalten wollten. Die Gestalt, die ein Geist in einem Augenblick hat, ist eine andere als im nächsten Augenblick. Das muß man berücksichtigen. Würde man aber für den einen Augenblick eine Geistgestalt festhalten wollen, so wie man eine ruhende Gestalt nachbildet, dann würde man nichts herausbekommen, dann hätte man nur eine erstarrte Gestalt. So muß man in solchem Falle ganz und gar die Geste nachbilden. Es ist also bei Luzifer und Ahriman ganz und gar die Geste nachgebildet, und zum Teil mußte das auch für die mittlere Gestalt versucht werden, die ja natürlich eine physische Gestalt ist: der Christus Jesus.

Nun möchte ich Ihnen ein paar Bilder vorführen, die Ihnen im Kleinen, so gut es geht, einen Begriff von dieser Hauptgruppe geben können. Das erste ist der Kopf des Ahriman, und zwar in der Gestalt, wie er mir zuerst gekommen ist: ein Mensch - man denke dabei an die Dreiteilung des Menschen in Kopf-, Rumpf- und Extremitätenmenschen -, der ganz Kopf ist, der daher auch das Werkzeug ist für die vollendetste Klugheit, Verständigkeit und Schlauheit. Das soll in der Ahrimanfigur zum Ausdruck kommen. Der Kopf des Ahriman ist, wie Sie ihn hier sehen, richtig Geist, wenn ich den paradoxen Ausdruck gebrauchen darf; aber Sie wissen, wie ein Paradoxes oft herauskommt, wenn man geistig charakterisiert. Er ist tatsächlich nach dem Modell, geistgetreu, künstlerisch naturgetreu. Ahriman mußte schon «sitzen», damit das zustande gebracht werden konnte.

Luzifer, gezeichnet nach dem 1:1-Modell.

Das nächste soll sein Luzifer, wie er vom Beschauer aus an der linken Seite sich findet. Um Luzifer zu verstehen, müssen Sie sich in einer sehr merkwürdigen Weise das denken, was als Geistgestalt des Luzifer erscheint. Man denke sich das am meisten Ahrimanische am Menschen von der Menschengestalt weg, also den Kopf weg, dafür aber denken Sie sich die Ohren und die Ohrmuscheln, das Außenohr, wesentlich vergrößert, natürlich vergeistigt und zu Flügeln gebildet und zu einem Organ geformt, das Organ aber um ihren Leib herumgeschlungen, die Kehlkopfflügel ebenfalls erweitert; so daß Kopf, Flügel, Ohren ein Organ zusammen bilden. Und die Flügel, das Hauptorgan, ist das, das sich für die Gestalt des Luzifer ergibt. Luzifer ist erweiterter Kehlkopf, Kehlkopf, der zur ganzen Gestalt wird, aus dem sich dann herausentwickelt durch eine Art Flügel eine Verbindung zum Ohre hin, so daß man sich vorzustellen hat: Luzifer ist eine solche Gestalt, welche die Sphärenmusik aufnimmt, sie hereinnimmt in diesen Ohr-Flügelorganismus; und ohne daß die Individualität mitspricht, spricht sich das Weltenall, die Sphärenmusik selber, wiederum durch dasselbe Organ aus, das nach vorn zum Kehlkopf umgeformt, also eine andere Metamorphose der Menschengestalt ist: Kehlkopf-Ohr-Flügelorgan. Daher ist der Kopf nur angedeutet. Bei Ahriman werden Sie finden, wenn Sie einmal die Figur im Dornacher Bau sehen werden: Es ist das herausgestellt, was man sich als Gestalt denken kann. Was aber bei Luzifer als Kopf herauskommt - obwohl Sie sich nicht gut vorstellen können, daß es bei Ihnen selbst so wäre wie bei Luzifer -, das ist etwas, was doch im höchsten Grade schön ist. Das Ahrimanische ist also das Verständige, Kluge, aber Häßliche in der Welt; das Luziferische ist das Schöne in der Welt. Alles in der Welt enthält die beiden: das Ahrimanische und das Luziferische. Die Jugend und die Kindheit ist mehr luziferisch, das Alter mehr ahrimanisch; die Vergangenheit ist mehr ahrimanisch, die Zukunft mehr luziferisch in ihren Impulsen; die Frauen mehr luziferisch, die Männer mehr ahrimanisch; alles enthält diese beiden Strömungen.

Das Elementarwesen über Luzifer - der "Weltenhumor".

Das Wesen über dem Luzifer entstand als ein solches, das als Elementarwesen aus dem Felsen herauswächst. Wir hatten die besprochene Gruppe fertig, und als sie von ihrem Gerüst befreit war, stellt sich etwas ganz Merkwürdiges dar: daß nämlich, wie Fräulein Waller empfand, der Schwerpunkt der Gruppe - für die Anschauung natürlich nur - zu weit rechts läge und etwas dazu geschaffen werden müßte, um den Ausgleich zu bringen. So wurde es uns vom Karma zugetragen. Nun handelte es sich darum, nicht bloß einen Batzen Felsen anzubringen, sondern den bildhauerischen Gedanken weiterzuverfolgen. So entstand dann dieses Wesen, das gewissermaßen als Elementarwesen aus dem Felsen herauswächst. Gerade an diesem Wesen werden Sie eines bemerken, wenn es auch nur in Andeutungen zum Ausdruck kommt: Sie werden sehen, wie eine Asymmetrie, sobald Geistgestalten in Betracht kommen, sogleich wirken muß. Das kommt im Physischen nur sehr eingeschränkt zum Ausdruck: unser linkes Auge ist anders als unser rechtes und so weiter; mit Ohr und Nase ist es ebenso. Sobald man aber ins Geistige hineinkommt, wirkt schon der Ätherleib ganz entschieden asymmetrisch. Die linke Seite des Ätherleibes ist ganz anders als die rechte; das kommt sofort heraus, wenn man Geistgestalten bilden will. Sie können um dieses Wesen herumgehen, und Sie werden von jedem Punkt aus unten einen andern Anblick haben. Sie werden aber sehen, daß die Asymmetrie als etwas Notwendiges wirkt, weil sie der Ausdruck ist der Geste, mit der dieses Wesen mit einem gewissen Humor über den Felsen herüberschaut und auf die Gruppe unten schaut. Dieses Hinunterschauen mit Humor über den Felsen hat seinen guten Grund. Es ist durchaus nicht richtig, sich in die höheren Welten nur mit einer bloßen Sentimentalität erheben zu wollen. Will man sich richtig in die höheren Welten hinaufarbeiten, so muß man es nicht bloß mit Sentimentalität tun. Diese Sentimentalität hat immer einen Beigeschmack von Egoismus. Sie werden sehen, daß ich oftmals, wenn die höchsten geistigsten Zusammenhänge erörtert werden sollen, in die Betrachtung etwas hineinmische, was nicht herausbringen soll aus der Stimmung, sondern nur die egoistische Sentimentalität der Stimmung vertreiben soll. Erst dann werden sich die Menschen wahrhaftig zum Geistigen erheben, wenn sie es nicht erfassen wollen mit egoistischer Sentimentalität, sondern sich in Reinheit der Seele, die niemals ohne Humor sein kann, in dieses geistige Gebiet hineinbegeben können.

Der Kopf der Christusfigur, gezeichnet nach dem 1:1-Modell.

Dann der Kopf der Mittelfigur im Profil, wie er sich mit Notwendigkeit ergeben hat. Da mußte der Kopf auch etwas asymmetrisch gemacht werden, weil an dieser Figur gezeigt werden sollte, daß nicht nur die Bewegungen der rechten Hand, der linken Hand, des rechten Armes und so weiter das Innere der Seele wiedergeben, sondern weil dies bei einer solchen, ganz in der Seele lebenden Wesenheit, wie es der Christus Jesus ist, zum Beispiel auch die Stirnbildung in Anspruch nimmt und die ganze übrige Gestalt, viel mehr, als es beim Menschen in der Geste der Fall sein kann. Wir haben ausprobiert, trotzdem es nicht der Wirklichkeit entspricht, daß man, wenn man das Bild verkehrt in den Apparat steckt, schon einen ganz andern Anblick hat bloß dadurch, daß es umgekehrt ist. Der Eindruck ist ein anderer. Wie das asymmetrisch gedacht ist, künstlerisch, das werden Sie aber erst an dem fertigen Kopf der Mittelfigur sehen. - Man darf wohl sagen: Bei der Ausarbeitung einer solchen Sache kommen alle künstlerischen Fragen auch wirklich in Betracht; die kleinste künstlerische Frage steht da immer im Zusammenhang mit irgendeinem weithingehenden Ganzen. Hier zum Beispiel kam besonders in Betracht die Behandlung der Fläche. Das Leben muß ja da besonders durch die Fläche erzeugt werden. Die Fläche einfach gebogen, und die Biegung wieder gebogen : diese besondere Behandlung der Fläche, die doppelte Biegung der Fläche, wie das aus der Fläche selbst Leben herausholt, das sieht man erst, wenn man diese Dinge durcharbeitet. Und so werden Sie sehen, daß das, was wir wollten, nicht allein im Dargestellten liegt, sondern auch in einer gewissen künstlerischen Behandlung der Sache. Man mußte nicht etwa in novellistischer Weise, durch Nachbildung bloß, das Ahrimanische, das Luziferische und wieder das Menschliche erreichen, sondern man mußte es in die Fingerspitzen bekommen, in die Flächenformung hineinbekommen, mußte es ganz und gar in die künstlerische Formung hineinbekommen. Und jene Erweiterung, die der Mensch erhält, indem er seine Anschauung ins Geistige hinein ausdehnt, sie dehnte sich auf der andern Seite auch wieder ins Künstlerische hinein aus.

Diese Gruppe steht also unten im Osten im Bühnenraum. Darüber wölbt sich die kleinere Kuppel, und die wieder ist ausgemalt, wie ich es angedeutet habe. Über dieser Gruppe ist es dann wieder versucht, dasselbe Motiv malerisch zu geben. Da ist der Christus, darüber Luzifer und Ahriman, und es ist versucht, durch die Farben aussprechen zu lassen, was dargestellt werden sollte durch die Kunst. Gerade durch die Verschiedenartigkeit der Behandlung wird man sehen, wie rein aus den Kunstmitteln heraus die Dinge geholt werden mußten." (Lit.: GA 181/III, S 43ff)

Datei:Menschheitsrepraesentant Modell.jpg

Die künstlerische Arbeit an der Figurengruppe

Zur Vorbereitung der Figurengruppe wurden zunächst mehrere etwa 50cm große Modelle geschaffen und schließlich auch ein noch heute erhaltenes Modell im Maßstab 1:1 aus Kalkmehl, Bienenwachs und Plastilin. Edith Maryon bereitete das Holzgerüst und die Materialien für den Bau des Modells vor. Das Plastilin wurde nach den Angaben Rudolf Steiners zubereitet und von Hand geknetet. Dieses Material wurde gewählt, weil es lange elastisch formbar bleibt und so Rudolf Steiner immer wieder trotz seiner langen und häufigen Abwesenheiten von Dornach an dem Modell weiterarbeiten konnte.

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Das Geheimnis des Todes. Wesen und Bedeutung Mitteleuropas und die europäischen Volksgeister, GA 159 (1980)
  2. Rudolf Steiner: Erdensterben und Weltenleben. Anthroposophische Lebensgaben. Bewußtseins-Notwendigkeiten für Gegenwart und Zukunft, GA 181 (1991), Sechzehnter Vortrag, Berlin, 3. Juli 1918
  3. Rudolf Steiner: Die Sendung Michaels, GA 194 (1994), ISBN 3-7274-1940-7 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

  1. Die Homepage des Goetheanums in Dornach - Goetheanum.org
  2. Rudolf Steiner: Der Dornacher Bau - Vortrag in Berlin am 3. Juli 1918