Schwarzes Loch

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Aus Radioaufnahmen des Event Horizon Telescope berechnete Darstellung, die das supermassereiche Schwarze Loch der Galaxie M87 zeigt. Die schwarze Scheibe in der Bildmitte ist etwa 2,5-mal so groß wie der Ereignishorizont (Schwarzschild-Durchmesser ca. 38·1012 m) des supermassereichen Schwarzen Lochs im Zentrum.[1][2]
Simulation eines nichtrotierenden Schwarzen Lochs von 10 Sonnenmassen, wie es aus einer Entfernung von 600 km aussähe. Die Milchstraße im Hintergrund erscheint durch die Gravitation des Schwarzen Lochs verzerrt und doppelt. Die Bildbreite entspricht einem Blickwinkelbereich von etwa 90°.

Ein Schwarzes Loch ist ein astronomisches Objekt, das in seiner unmittelbaren Umgebung eine so starke Gravitation erzeugt, dass weder Materie noch Information (etwa Licht- oder Radiosignale) diese Umgebung verlassen kann. Nach der Allgemeinen Relativitätstheorie verformt eine ausreichend kompakte Masse die Raumzeit so stark, dass sich ein Schwarzes Loch bildet. Außerhalb des sog. Ereignishorizonts verhält sich ein Schwarzes Loch wie ein normaler Massenkörper und kann von anderen Himmelskörpern auf stabilen Bahnen umrundet werden. Der Ereignishorizont erscheint von außen visuell als vollkommen schwarzes und undurchsichtiges Objekt, in dessen Nähe der dahinterliegende Raum wie durch eine optische Linse verzerrt abgebildet wird.

Forschungsgeschichte

Der Begriff „Schwarzes Loch“ ist erstmals 1964 in einem Bericht der Wissenschaftsjournalistin Ann Ewing über ein Symposion der American Association for the Advancement of Science zu den verschiedenen Endstadien von Sternen nachgewiesen und wurde schließlich 1967 durch John Archibald Wheeler etabliert. Zu jener Zeit galt die Existenz der erst theoretisch beschriebenen Schwarzen Löcher zwar als sehr wahrscheinlich, war aber noch nicht durch Beobachtungen bestätigt. Später wurden zahlreiche Beispiele für Auswirkungen Schwarzer Löcher beobachtet, z. B. ab 1992 die Untersuchungen des supermassereichen Schwarzen Lochs Sagittarius A* im Zentrum der Milchstraße im Infrarotbereich. 2016 wurde die Fusion zweier Schwarzer Löcher über die dabei erzeugten Gravitationswellen durch LIGO beobachtet und 2019 gelang eine radioteleskopische Aufnahme eines Bildes des supermassereichen Schwarzen Lochs im Zentrum der Galaxie M87.

Schon 1783 hatte der englische Naturphilosoph und Geologe John Michell (1724-1793) einen Einfluss der Gravitation auf das Licht vermutet und auch die Existenz von „Dunklen Sternen“ postuliert. Der Begriff verweist auf den Umstand, dass sich im Außenraum von hinreichend kompakten Massen oder Energieanhäufungen ein durch den Ereignishorizont (eng. event horizon) charakterisiertes Raumgebiet bildet, in das Materie nur hineinfallen, aber nicht wieder hinausgelangen kann (Loch), und das auch eine elektromagnetische Welle, wie etwa sichtbares Licht, niemals verlassen kann und daher schwarz erscheint.

Ereignishorizont und Schwarzschild-Radius

Hauptartikel: Ereignishorizont

Bei statischen Schwarzen Löchern mit einer zentralen Singularität bei ist der Ereignishorizont identisch mit dem sog. Schwarzschild-Radius . Mit der Gravitationskonstante [3] und der Lichtgeschwindigkeit errechnet er sich wie folgt:

Für die Masse der Sonne beträgt der Schwarzschild-Radius , für die Erde [4]

Singularität

Ein statisches schwarzes Loch mit seiner zentralen Singularität

Die sogenannte Singularität im Inneren des schwarzen Lochs ist jener Ort, an dem die Gravitation so stark wird, dass die Krümmung der Raumzeit divergiert und in diesem Sinn „unendlich“ ist. Die Frage, ob es auch nackte Singularitäten geben kann, d.h. Singulatitäten ohne Ereignishorizont, ist noch nicht geklärt.

Nach der Urknalltheorie entstand unser ganzes Universum aus einer mathematischen Singularität. Zugleich entstanden dabei überhaupt erst Raum und Zeit.

Hawking-Strahlung

Hauptartikel: Hawking-Strahlung

Quantentheoretische Überlegungen von Stephen Hawking (1942-2018) zeigen, dass jedes Schwarze Loch dennoch auch Strahlung abgibt. Dies scheint im Widerspruch zu der Aussage zu stehen, dass nichts das Schwarze Loch verlassen kann. Jedoch lässt sich der Vorgang als Produktion von Teilchen/Antiteilchen-Paaren nahe am Schwarzschildradius deuten, bei dem eines der Teilchen ins Zentrum des Schwarzen Lochs fällt, während das andere in die Umgebung entkommt. Auf diese Weise kann ein Schwarzes Loch Teilchen abgeben, ohne dass etwas den Ereignishorizont von innen nach außen überschreitet. Die Energie für diesen Hawking-Strahlung genannten Prozess stammt aus dem Gravitationspotential des Schwarzen Lochs. Das heißt, es verliert durch die Strahlung an Masse.

Von außen betrachtet sieht es also so aus, als würde das Schwarze Loch „verdampfen“ und somit langsam kleiner werden. Den Teilchen der Hawking-Strahlung kann eine Wellenlänge und damit auch eine Temperatur zugeordnet werden. Diese Temperatur ist umgekehrt proportional zu der Masse des Schwarzen Lochs. Aus Sternen der Hauptreihe entstandene Schwarze Löcher sind allerdings so kalt, dass sie nur sehr wenig Hawking-Strahlung abgeben. Ihre Temperatur ist deutlich niedriger als die Temperatur der Hintergrundstrahlung, was bedeutet, dass das Schwarze Loch mehr Energie und damit Masse aus der Wärmestrahlung des Universums aufnimmt, als es durch Hawking-Strahlung abgibt.

Klasseneinteilung

Klasseneinteilung Schwarzer Löcher
Klasse Masse Größe (Schwarzschildradius)
Supermassereiches Schwarzes Loch ≈ 105–1010 M ≈ 0,001–200 AE
Mittelschweres Schwarzes Loch ≈ 1000 M ≈ 3000 km
Stellares Schwarzes Loch ≈ 10 M ≈ 30 km
Primordiales Schwarzes Loch bis zu ≈ MMond bis zu ≈ 0,1 mm

Schwarze Löcher werden nach der Entstehungsweise und aufgrund ihrer Masse in nebenstehend gezeigte Klassen verteilt, auf die im Folgenden eingegangen wird:

Supermassereiche Schwarze Löcher

Sgr A* und IRS 13 im Zentrum der Milchstraße
Eine Gaswolke auf dem Weg zum supermassereichen Schwarzen Loch im Zentrum der Milchstraße (ESO-Beobachtungsbericht und Modellierung/Animation)

Supermassereiche (supermassive) Schwarze Löcher (eng. supermassive black hole, SMBH) können die millionen- bis milliardenfache Sonnenmasse (M) haben. Sie befinden sich in den Zentren heller elliptischer Galaxien und im Bulge der meisten oder sogar aller Spiralgalaxien. Wie sie entstanden sind und wie ihre Entstehung mit der Entwicklung der Galaxien zusammenhängt, ist Gegenstand aktueller Forschung.

So ist die starke Radioquelle Sagittarius A* (kurz Sgr A*) im Zentrum der Milchstraße ein supermassereiches Schwarzes Loch von 4,3 Millionen Sonnenmassen.[5] Vor wenigen Jahren lag die Massenabschätzung, die auf der Beobachtung von Gaswolken (z. B. der sogenannten Mini-Spirale) fußte, noch bei etwa 2,7 Mio. Sonnenmassen. Dank verbesserter Auflösung und Empfindlichkeit der Teleskope konnte die Masse für das Schwarze Loch im Zentrum der Galaxis genauer angegeben werden, indem die Bahnkurven beispielsweise von S0-102 oder S0-2 analysiert wurden.

Natarajan und Treister[6] haben ein Modell entwickelt, das eine obere Massengrenze in der Größenordnung von 10 Milliarden Sonnenmassen vorhersagt. Die Begründung liegt – anschaulich erklärt – darin, dass die hineinstürzende Materie durch die Gravitationskraft eines solchen supermassereichen Schwarzen Lochs derart beschleunigt wird, dass sich ein stabiler Orbit außerhalb des Schwarzschild-Radius ergibt. Zusätzlich wirken die elektromagnetische Strahlung und die „Materiewinde“, die von der Materie in der Akkretionsscheibe ausgestrahlt werden, als Widerstand gegen weiter einfallende Materie, sodass sich letztlich ein Gleichgewicht zwischen einfallender und abgestoßener Materie einstellt (siehe Eddington-Grenze).

Ein ungelöstes Rätsel ist die Entstehung supermassereicher Schwarzer Löcher im frühen Universum. Es ist bekannt, dass schon 700 Millionen Jahre nach dem Urknall supermassereiche Löcher von rund 2 Milliarden Sonnenmassen existierten (ULAS J1120+0641).[7] Auch das zum Stand Dezember 2017 entfernteste bekannte Objekt ULAS J1342+0928, weniger als 690 Millionen Jahre nach dem Urknall, ist bereits ein supermassereiches Schwarzes Loch.[8] Die meisten Wissenschaftler stimmen darin überein, dass sie aus kleineren Schwarzen Löchern entstanden, wobei ein Lager diese „Saat“ in Schwarzen Löchern von maximal einigen hundert Sonnenmassen sieht, das andere in solchen von tausenden bis zehntausenden Sonnenmassen.[9] Die Ersteren sind leichter herzustellen, müssen aber einen Mechanismus schnellen Wachstums besitzen, der die Eddington-Grenze umgeht. Beim zweiten Fall starten die Schwarzen Löcher mit einer größeren Anfangsmasse und können mehr Masse aus Gaswolken der Umgebung aufnehmen, bevor sie die Eddington-Grenze erreichen, es bedarf aber einer Theorie, die deren Existenz natürlich erklärt. N. Yoshida und Kollegen veröffentlichten 2017 eine Simulation des frühen Universums, in dem supermassereiche Sterne von rund 34.000 Sonnenmassen durch die Wechselwirkung sehr überschallschneller Gaswinde und der Dynamik von Klumpen dunkler Materie, die dann zu einem Schwarzen Loch kollabieren, entstehen.[10] In anderen Szenarien verhindert das intensive UV-Licht junger Sterne benachbarter Galaxien die Sternbildung in einer Gaswolke, bis sie direkt zu einem Schwarzen Loch von rund 100.000 Sonnenmassen kollabiert.[11] Mehr Aufschlüsse über Sterne und Gaswolken im frühen Universum erhofft man sich durch das James Webb Space Telescope.

2008 hat ein schweizerisches Team der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) um Alexander Eigenbrod ein energiereiches Ringgebilde um einen 10 Milliarden Lichtjahre entfernten Quasar, das Einsteinkreuz im Sternbild Pegasus, am VLT beobachtet und damit die Theorie der supermassereichen Löcher sehr gut bestätigt.[12]

Im Zentrum der relativ nahe gelegenen Galaxie M87 (ca. 55 Millionen Lichtjahre entfernt) wurde ein Schwarzes Loch mit einer Masse von 6,6 Milliarden Sonnenmassen nachgewiesen.[13][14]

Supermassereiche Schwarze Löcher wurden auch in (ultrakompakten) Zwerggalaxien gefunden (zuerst 2014 in M60-UCD 1),[15][16] was darauf hinweist, dass diese als „normale“ Galaxien entstanden, denen durch Kollisionen mit größeren Galaxien ein Großteil der Sterne entrissen wurde.

Im September 2017 wurde die Entdeckung eines doppelten supermassereichen Schwarzen Loches veröffentlicht, das mit Hilfe der Very Long Baseline Interferometry (VLBI) beobachtet werden konnte. Hierbei handelt es sich um zwei einander im Abstand von 1,1 Lichtjahren umkreisende Schwarze Löcher mit einer Gesamtmasse von 36 Millionen Sonnenmassen in der 380 Millionen Lichtjahre entfernten Spiralgalaxie NGC 7674.[17]

2015 wurde unter Mitwirkung von NuStAR und XMM-Newton entdeckt, dass supermassereiche Schwarze Löcher „Plasma-Winde“ (Gase hochenergetischer und hochionisierter Atome) in sphärisch symmetrischer Form abstrahlen und dass diese stark genug sind, Sternbildung in großen Bereichen der Wirtsgalaxie zu verhindern.[18] Durch die Kugelsymmetrie unterscheiden sie sich deutlich von Jets. 2017 wurde am Keck-Observatorium nachgewiesen, dass die Winde von Schwarzen Löchern (in diesem Fall im 9,3 Milliarden Lichtjahre entfernten Quasar 3C 298) sogar die Fähigkeit haben, die gesamte Wirtsgalaxie aktiv zu formen.[19][20][21] Die Galaxie hat nur ein Hundertstel der Masse, die aus der normalen Relation zwischen der Masse supermassereicher Schwarzer Löcher und ihrer Wirtsgalaxien zu erwarten wäre.

Ultramassereiche Schwarze Löcher

2018 wurde vorgeschlagen, für supermassereiche Schwarze Löcher über 10 Milliarden Sonnenmassen die neue Klasse der ultramassereichen Schwarzen Löcher einzuführen.[22][23]

In diese Kategorie fallen die größten bekannten Schwarzen Löcher. Rekordhalter (Stand Januar 2021) ist TON 618 (Quasar) mit schätzungsweise 66 bis 70 Milliarden Sonnenmassen, danach das zentrale Schwarze Loch der Galaxie IC 1101 mit ca. 40 Milliarden Sonnenmassen.[24] Ein Schwarzes Loch von geschätzten 21 Milliarden Sonnenmassen befindet sich im Zentrum der Galaxie NGC 4889 (2011).[25] Mit einem Schwarzen Loch von etwa 20 Milliarden Sonnenmassen[26] gehört der Quasar APM 08279+5255 (ca. 12 Milliarden Lichtjahre entfernt), um den 2011 enorme Mengen an Wasserdampf entdeckt wurden,[27] ebenfalls zu den ultramassereichen Schwarzen Löchern.

Mittelschwere Schwarze Löcher

Mittelschwere Schwarze Löcher (eng. intermediate-mass black hole, IMBH) von einigen hundert bis wenigen tausend Sonnenmassen entstehen möglicherweise infolge von Sternenkollisionen und -verschmelzungen. Anfang 2004 veröffentlichten Forscher Ergebnisse einer Untersuchung von Nachbargalaxien mit dem Weltraumteleskop Chandra, in der sie Hinweise auf mittelschwere Schwarze Löcher in sogenannten ultrahellen Röntgenquellen (englisch ultra-luminous X ray source, ULX) fanden. Danach gab es allerdings aufgrund von Beobachtungen mit dem VLT und dem Subaru-Teleskop starke Zweifel daran, dass ULX mittelschwere Schwarze Löcher sind.[28]

Neue Kandidaten sind die Zentren der Kugelsternhaufen Omega Centauri in der Milchstraße und Mayall II in der Andromeda-Galaxie,[29] sowie in der Spiralgalaxie Messier 82 und in einer Zwerg-Seyfert-Galaxie.[30]

Stellare Schwarze Löcher

Stellare Schwarze Löcher (eng. stellar black hole, SBH) stellen den Endzustand der Entwicklung massereicher Sterne dar. Sterne, deren Anfangsmasse kleiner als drei Sonnenmassen ist, können nicht zu einem Schwarzen Loch werden. Nachdem ihr Vorrat an zur Fusion geeignetem Brennstoff verbraucht ist, verlöschen sie vergleichsweise unspektakulär. Es verbleibt ein Weißer Zwerg oder ein Neutronenstern. Sterne, deren Anfangsmasse drei Sonnenmassen übersteigt (etwa Blaue Riesen), durchlaufen am Ende ihres Lebens die höheren Stufen der Nukleosynthese bis zum Siliciumbrennen. Sie explodieren in einer Kernkollaps-Supernova, wobei der übrigbleibende Sternenrest zu einem Schwarzen Loch kollabiert, sofern er noch mehr als 2,5 Sonnenmassen besitzt (Tolman-Oppenheimer-Volkoff-Grenze). Ansonsten können Sterne bis zur 15-fachen Sonnenmasse – abhängig davon, wie viel Masse sie als Supernova verlieren – auch als Neutronenstern enden, wenn die verbleibende Masse zwischen 1,5 und 2,5 Sonnenmassen liegt. Neutronensterne können sich – beispielsweise als kompakter Begleiter in einem Röntgendoppelstern – durch die Akkretion weiterer Materie noch zu Schwarzen Löchern entwickeln.

Durch die Beobachtung von Gravitationswellen konnte im September 2015 die Verschmelzung zweier stellarer Schwarzer Löcher mit etwa 36 und 29 Sonnenmassen beobachtet werden. Das resultierende Schwarze Loch hat eine Masse von etwa 62 Sonnenmassen (die Energie von 3 Sonnenmassen wurde als Gravitationswellen abgestrahlt). Dies ist das massereichste bekannte stellare Schwarze Loch (Stand: März 2016).

Ein weiteres sehr massereiches Schwarzes Loch in der Zwerggalaxie IC 10 im Sternbild Kassiopeia hat eine Masse von 24 bis 33 Sonnenmassen. Es ist Teil eines Doppelsternsystems. Das Schwarze Loch wurde indirekt durch die in ihrer Stärke schwankende Röntgenstrahlung des begleitenden Sterns entdeckt, was ein Hinweis auf ein periodisch die Quelle verdeckendes Objekt sein kann. Berechnungen aus Daten des Satelliten Swift sowie des Gemini-Teleskops auf Hawaiʻi bestätigten die Vermutungen.[31]

Nach einer Schätzung von 2022,[32][33] die das Massenspektrum und die Anzahl schwarzer Löcher über die gesamte Geschichte des Universums berechnete, gibt es im sichtbaren Universum (40 Trillionen) stellare schwarze Löcher, so dass rund 1 Prozent der gewöhnlichen (baryonischen) Materie in schwarzen Löchern liegt.[34] Das Spektrum reicht von etwa fünf bis einigen hundert Sonnenmassen, wobei es beginnend bei rund fünf Sonnenmassen zunächst einen Anstieg in der Anzahl gibt bis auf ein Plateau und ab rund 50 Sonnenmassen einen starken Abfall gibt (das Ende des Spektrums liegt bei rund 150 Sonnenmassen).

Als Kandidat für das kleinste Schwarze Loch galt 2008 XTE J1650-500, ebenfalls ein Röntgendoppelstern, dessen Masse inzwischen auf ca. 10,7 Sonnenmassen geschätzt wird. Seit 2011 wird IGR J17091-3624 untersucht. Es handelt sich um ein Doppelsternsystem aus einem normalen Stern und einem Schwarzen Loch, das anhand der Veränderungen seines Röntgensignals auf weniger als drei Sonnenmassen geschätzt wird.[35] Im November 2019 wurde über einen Kandidaten für ein Schwarzes Loch von nur rund 3,3 Sonnenmassen (in den Grenzen 2,6 bis 6,1) in einem Doppelsternsystem berichtet (2MASS J05215658+4359220). Das kompakte Objekt agiert nicht mit seinem Begleitstern über die Akkretion von Masse und wurde deshalb nicht an der Röntgenemission, sondern durch die Schwerkraftwirkung identifiziert, selbst emittiert es keine Strahlung.[36] Es ist entweder ein Schwarzes Loch oder ein ungewöhnlicher Neutronenstern (gewöhnlich wird die obere Grenze für die Masse von Neutronensternen auf 2,5 Sonnenmassen geschätzt).

2022 wurde erstmals ein röntgenleises Schwarzes Loch außerhalb der Milchstraße entdeckt – in der Großen Magellanschen Wolke. Es ist ein „ruhiges“ Schwarzes Loch, das sich nicht durch Aussendung von Strahlung (hineinstürzender Massen), sondern nur durch die Gravitation seiner Masse bemerkbar macht. Dieses und der leuchtende Stern VFTS 243 umkreisen sich wechselseitig auf Kreisbahnen. Man nimmt wegen der Bahnform an, dass sich das Schwarze Loch durch unmittelbaren Kollaps, also ohne Ausbildung einer Supernova gebildet hat.[37] Die Entdeckung des mit 1560 Lichtjahren bisher sonnennächsten schwarzen Lochs Gaia BH 1 wurde 2022 bekanntgegeben.[38] Das schwarze Loch von rund 10 Sonnenmassen ist Teil eines Doppelsternsystems mit einem sonnenähnlichen Stern als Begleiter in einem gegenseitigen Abstand wie die Erde zur Sonne. Er wurde über das Spektrum des leuchtenden Sterns durch die Raumsonde Gaia entdeckt mit zusätzlichen Daten aus irdischen Teleskopen. Die Entstehung des Doppelsternsystems ist unklar, da sie nicht wie gewöhnliche Doppelsternsysteme entstanden sein könnten, das schwarze Loch entstand aus einem Vorgängerstern von 20 Sonnenmassen, der nur eine kurze Lebensdauer von wenigen Millionen Jahren hatte und als Überriese die heutige Umlaufbahn des Begleiters weit überschritten hätte. Denkbar wären eine Entstehung in Sternhaufen, in dem Streuungen von Sternen bei engen Begegnungen stattfanden, oder ein System aus drei Sternen, von denen sich zwei zu schwarzen Löchern entwickelt hätten. Mehrere vermeintliche Beobachtungen solcher „stiller“ sonnennaher stellarer schwarzer Löcher, die also nicht durch eine Akkretionsscheibe auffallen, waren vorher widerlegt oder in Zweifel gezogen worden.

Primordiale Schwarze Löcher

1966 stellten Jakow Borissowitsch Seldowitsch und Igor Dmitrijewitsch Nowikow[39][40] und 1971 Stephen Hawking,[41] der dies genauer behandelte, als Erste die Vermutung auf, neben den durch Supernovae entstandenen Schwarzen Löchern könnte es sogenannte primordiale Schwarze Löcher geben. Das sind Schwarze Löcher, die sich bereits beim Urknall in Raumbereichen gebildet haben, in denen die lokale Massen- und Energiedichte genügend hoch war (rechnet man die ständig abnehmende Materiedichte im Universum zurück, so findet man, dass sie in der ersten Tausendstelsekunde nach dem Urknall die Dichte des Atomkerns überstieg). Auch der Einfluss von Schwankungen der gleichmäßigen Dichteverteilung (siehe hierzu kosmische Hintergrundstrahlung) im frühen Universum war für die Bildung von primordialen Schwarzen Löchern ausschlaggebend, ebenso die beschleunigte Expansion während der Inflationsphase nach dem Urknall. Damals könnten sich kleine Schwarze Löcher u. a. mit einer Masse von etwa 1012 Kilogramm gebildet haben. Für ein derartiges Schwarzes Loch wird ein Schwarzschild-Radius von nur ca. 10−15 Metern oder einem Femtometer angegeben, weniger als die klassische Größe eines Protons. Es wäre daher äußerst schwierig mit optisch basierten Methoden im Raum zu lokalisieren. Eine ähnliche Masse haben z. B. die kleinen Jupitermonde S/2003 J 9 und S/2003 J 12 mit rund 1 km Durchmesser oder ein irdischer Berg ähnlicher Größe. Seit Mitte der 1990er Jahre wird diskutiert, ob die kürzesten auf der Erde gemessenen Gammablitze von verstrahlenden primordialen Schwarzen Löchern stammen könnten, denn deren berechnete Lebensdauer liegt in der Größenordnung des Alters des heutigen Universums. Auch ein Zusammenhang mit bestimmten Fast Radio Bursts wurde diskutiert.

Aus seinen Überlegungen über kleine Schwarze Löcher folgerte Hawking im Jahre 1974 die Existenz der nach ihm benannten Hawking-Strahlung, dass also Schwarze Löcher Materie nicht nur schlucken, sondern auch wieder freisetzen können. Obwohl die Existenz von primordialen Schwarzen Löchern keineswegs gesichert ist, haben sich also allein aus hypothetischen Betrachtungen wertvolle neue Erkenntnisse im Bereich der Kosmologie, der Quantenphysik und der Relativitätstheorie ergeben.

Schwarze Mikro-Löcher

Hauptartikel: Micro Black Hole

Nach einigen vereinheitlichten Theorien, wie der Stringtheorie, sollte die Mindestmasse für Schwarze Löcher weit unterhalb der Planck-Masse liegen, sodass Schwarze Mikro-Löcher beim Betrieb zukünftiger Teilchenbeschleuniger entstehen könnten.[42] In der Tat wurde aus diesem Grund seit 2008 gegen den Betrieb des LHC-Beschleunigers opponiert[43] und sogar geklagt. Die Klage wurde 2012 letztinstanzlich abgelehnt.[44] Die Kläger befürchteten, dass ein solches Mikro-Loch in den Erdkern fallen, dort wachsen und sich schließlich die ganze Erde einverleiben könnte. Dagegen spricht, dass die Theorien, die die Mikro-Löcher vorhersagen, ihnen gleichzeitig eine extrem geringe Lebensdauer zuschreiben. Außerdem ist der Erde seit Milliarden Jahren trotz permanenter Kollision mit noch viel energiereicherer kosmischer Strahlung nichts passiert.[45]

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Astronomers Capture First Image of a Black Hole. Event Horizon Telescope (EHT), abgerufen am 14. April 2019 (english).
  2. Schwarze Löcher | Leben aus dem All - Dokumentation auf YouTube
  3. CODATA Recommended Values. National Institute of Standards and Technology, abgerufen am 17. Juni 2011. Wert für die Gravitationskonstante in Basiseinheiten
  4. Florian Scheck: Theoretische Physik 3: Klassische Feldtheorie. Springer, Berlin 2005, ISBN 3-540-23145-5, S. 354. Online-Version bei Google Books. Abgerufen am 21. Februar 2012.
  5. Ein Monster im Visier. Astronomen vermessen das Schwarze Loch im Milchstraßenzentrum. In: wissenschaft.de. 10. Dezember 2008, archiviert vom Original am 29. Juli 2009; abgerufen am 1. Oktober 2009.
  6. Natarajan, Treister: Is there an upper limit to black hole masses? 2008. bibcode:2009MNRAS.393..838N.
  7. D. Mortlock u. a.: A luminous quasar at a redshift of z=7,085. Nature, Band 474, 2011, S. 616–619.
  8. Eduardo Bañados u. a.: An 800-million-solar-mass black hole in a significantly neutral Universe at a redshift of 7.5. In: Nature. 6. Dezember 2017. arxiv:1712.01860. bibcode:2018Natur.553..473B. doi:10.1038/nature25180. Abgerufen am 18. August 2018.
  9. Yasemin Saplakogu: Zeroing in on how supermassive black holes formed. In: Scientific American. Online-Ausgabe, 29. September 2017.
  10. Shingo Hirano, Takashi Hosokawa, Naoki Yoshida, Rolf Kuiper: Supersonic gas streams enhance the formation of massive black holes in the early universe. In: Science. Band 357, 2017, S. 1375–1378. Arxiv.
  11. John Regan, John H. Wise, Greg Bryan u. a.: Rapid Formation of Massive Black Holes in close proximity to Embryonic Proto-Galaxies. In: Nature Astronomy. März 2017, Arxiv.
  12. Theorie über Ringe um Schwarze Löcher bestätigt. In: Welt.de. 15. Dezember 2008, abgerufen am 1. Oktober 2009.
  13. MPE-Astronom findet massereichstes schwarzes Loch in Galaxie M87. Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE), 8. Juni 2009, archiviert vom Original am 2. Januar 2010; abgerufen am 20. April 2019.
  14. Masse-Rekord. Das schwerste Objekt im Universum. In: Spiegel Online. 17. Januar 2011, abgerufen am 20. April 2019 (Neue Massenbestimmung des Schwarzen Lochs in M87).
  15. Harald Zaun: Im Zentrum einer Zwerggalaxie pulsiert ein Monster. In: Welt.de. 18. September 2014.
  16. Anil Seth, Matthias Frank, Nadine Neumayer u. a.: A supermassive black hole in an ultra-compact dwarf galaxy. (Memento vom 2. Oktober 2014 im Internet Archive). In: Nature. Band 513, 2014, S. 398–400, Abstract.
  17. Rainer Kayser: Doppeltes Schwarzes Loch beobachtet. Welt der Physik vom 18. September 2017, abgerufen am 20. September 2017.
  18. How black hole winds blow. In: NASA.gov. 17. August 2015.
  19. Michelle Starr: We Finally Have Evidence That Black Holes Drive Winds Shaping Their Entire Galaxy. In: ScienceAlert.com. 28. Dezember 2017.
  20. A. Vayner, Shelley Wright u. a.: Galactic-scale Feedback Observed in the 3C 298 Quasar Host Galaxy. In: Astroph. J. Band 851, 2017, Nr. 2, Abstract.
  21. Astronomers Shed Light on Formation of Black Holes and Galaxies. In: KeckObservatory.org. 20. Dezember 2017.
  22. Michael Irving: “Ultramassive” black holes may be the biggest ever found – and they’re growing fast. In: NewAtlas.com. 21. Februar 2018, abgerufen am 19. August 2022.
  23. From Super to Ultra: Just How Big Can Black Holes Get? In: NASA.gov. Chandra X-Ray Observatory, 18. Dezember 2012, abgerufen am 19. August 2022.
  24. Stupendously Large Black Holes Could Be Hiding in Universe, auf: sci-news vom 22. Januar 2021
  25. Referenzfehler: Es ist ein ungültiger <ref>-Tag vorhanden: Für die Referenz namens McConnell2011 wurde kein Text angegeben.
  26. Spectrum of Quasar APM 08279+5255. Englisch.
  27. 12 Milliarden Lichtjahre entfernt. US-Forscher entdecken gigantisches Wasserreservoir im All. Wasserdampf bei APM 08279+5255 stellt Mengen- und Entfernungsrekord. Bei: Spiegel.de.
  28. M. W. Pakull u. a.: Ultraluminous X-Ray Sources, Bubbles and Optical Counterparts. Preprint.
  29. Ein Schwarzes Loch in Omega Centauri. In: Sterne und Weltraum. Mai 2008, S. 21. ISSN 0039-1263.
  30. Xiaobo Dong u. a.: SDSS J160531.84+174826.1: A Dwarf Disk Galaxy With An Intermediate-Mass Black Hole. Preprint.
  31. Massive Black Hole Smashes Record. Bei: NASA.gov.
  32. Alex Sicilia, Andrea Lapi, Lumen Boco, Mario Spera, Ugo N. Di Carlo, Michela Mapelli, Francesco Shankar, David M. Alexander, Alessandro Bressan, Luigi Danese, The Black Hole Mass Function Across Cosmic Times. I. Stellar Black Holes and Light Seed Distribution, The Astrophysical Journal, Band 924, Nr. 2, 2022, S. 56, Online
  33. Tanja Banner: Wie viele schwarze Löcher gibt es im Universum? Studie enthüllt schier unglaubliche Zahl. In: Frankfurter Rundschau, 28. Januar 2022 (aktualisiert: 11. Mai 2022), (abgerufen am 30. Oktober 2022)
  34. How many black holes are out there in the universe?, Science Daily, 19. Januar 2022
  35. Mikroquasare. Der Herzschlag eines Schwarzen Lochs. Bei: Astronews.com.
  36. Todd A. Thompson u. a.: A noninteracting low-mass black hole–giant star binary system. Science, Band 366, 1. November 2019, S. 637–640, Online
  37. Astronomie: "Ruhiges" Schwarzes Loch entdeckt ORF.at, 19. Juli 2022, abgerufen am 19. Juli 2022.
  38. Das nächstgelegene schwarze Loch, Max-Planck-Gesellschaft, 4. November 2022
  39. Zeldovich, Novikov, The Hypothesis of Cores Retarded During Expansion and the Hot Cosmological Model, Soviet Astronomy, Band 10, Heft 4, 1966, S. 602–603
  40. M. Sasaki u. a.: Primordial Black Holes - Perspectives in Gravitational Wave Astronomy, Classical and Quantum Gravity, Arxiv 2018
  41. Hawking: Gravitationally collapsed objects of very low mass, Mon. Not. R. Astron. Soc., Band 152, 1971, S. 75
  42. Greg Landsberg: Black Holes at Future Colliders and Beyond. (PDF; 191 kB), Vortrag auf der 10. SUSY Konferenz, Juni 2002, DESY/Hamburg.
  43. Felix Knoke: Schwarze Löcher in Genf. Angst vor Weltuntergang – Amerikaner klagt gegen Teilchenbeschleuniger. In: Spiegel.de. 31. März 2008.
  44. Angst vor Weltuntergang. Klage gegen Cern endgültig gescheitert. In: Spiegel.de. 16. Oktober 2012.
  45. Norbert Frischauf: Weltuntergang am CERN? Der Orion, 25. Oktober 2008, abgerufen am 5. Juli 2014.
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