Sozialgeographie und Ferdinand Maack: Unterschied zwischen den Seiten

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Die '''Sozialgeographie''', auch ''Sozialgeografie'', ist ein Teilgebiet der [[Geographie]], das sich mit der Beziehung zwischen Gesellschaft und Raum beschäftigt.
'''Ferdinand Maack''' (* [[1861]]<!--in [[Hamburg]]?-->; † [[1930]]<!--in [[Hamburg]]?-->) war ein deutscher [[Arzt]], [[Erfinder]] und [[Okkultismus|Okkultist]].


== Hauptfragen ==
Maack gilt als Erfinder des [[w:3D-Schach|Raumschachspiels]]. In Aufsätzen und Schriften vertrat er seine eigenwilligen Positionen mit zahlreichen Wortneuschöpfungen wie „Allomatik“, „Koinismus“ oder „[[w:Xenologie|Xenologie]]“. 1923, im Jahr der Neugründung der [[Anthroposophische Gesellschaft|Anthroposophischen Gesellschaft]] durch seinen erklärten Gegner [[Rudolf Steiner]], gründete er in Hamburg einen eigenen [[Rosenkreuzer]]-Orden, der wohl ebenso kurz lebte wie die damit verbundene Zeitschrift ''Der Theosoph'', von der nur gerade eine Nummer erschien. 1926 lieferte er eine neue Deutung von Goethes [[Hexeneinmaleins]] als einem unvollkommenen („verhexten“) [[Magisches Quadrat|magischen Quadrat]].
Traditionelle Kernthematik der Sozialgeographie ist die Beziehung von [[Gesellschaft (Soziologie)|Gesellschaft]] und dem Untersuchungsgegenstand Raum. Die deutschsprachige Sozialgeographie ähnelt in ihren Anfängen somit der traditionellen [[Kulturgeographie|kulturgeographischen]] Forschung [[angloamerikanisch]]er Prägung. Insgesamt existieren vor allem drei Fragestellungen:


# Wie gestalten gesellschaftliche Prozesse und Funktionen den Raum hinsichtlich dessen Strukturen? 
== Werke ==
# Wie organisieren sich Gesellschaften in räumlicher Hinsicht?
*''Die Weisheit von der Welt-Kraft. Eine Dynamosophie''. Mit einem Vorwort über die Röntgen-Strahlen. Otto Weber, Leipzig 1897
# Welche Rolle spielen die räumlichen Bedingungen für die Existenz einer Gesellschaft?
*''Polarchemiatrie. Ein Beitrag zur Einigung alter und neuer Heilkunst''. Altmann, Leipzig 1905
 
*''Die goldene Kette Homers''. Lorch 1905; Graz 2005
== Disziplingeschichte ==
*''Das Schachraumspiel. (Dreidimensionales Schachspiel.) Eine neue praktisch interessante und theoretisch wichtige Erweiterung des zweidimensionalen Schachbrettspiels''. A. Stein, Potsdam 1908
Die Ursprünge der Sozialgeographie sind in Frankreich in der zweiten Hälfte des [[19. Jahrhundert]]s zu finden und gehen auf die Le Play-Schule ([[Pierre Guilleaume Fréderic Le Play]]) und den [[Geograph]]en [[Élisée Reclus]] zurück. Erstmals benutzt wurde der Begriff der ''géographie sociale'' bei einer Besprechung von Reclus erstem Band der ''Nouvelle géographie universelle'' (1911) von [[Paul de Rousiers]], einem Mitglied der Le Play-Schule. Reclus übernahm diesen Begriff.
*''Zweimal gestorben! Die Geschichte eines Rosenkreuzers aus dem XVIII. Jahrhundert''. Nach urkundlichen Quellen, mit literarischen Belegen und einer Abhandlung über vergangene und gegenwärtige Rosenkreuzerei. Wilhelm Heims, Leipzig 1912; Graz 2007, ISBN 978-3-902640-57-4
 
*''Spielregeln zum Raumschach''. Staub, Berlin 1913
Das Aufkommen der Sozialgeographie wurde maßgeblich durch die industrielle Revolution mit begünstigt. Durch den damit verbundenen [[Verstädterung]]s&shy;prozess kam es zu einer räumlichen Konzentration der [[Bevölkerung]]. Durch den damit verbundenen Berufswechsel aus der Landwirtschaft in industrielle Berufe innerhalb einer Fabrik kommt es zu einer sozialen Konzentration.
*''Elias Artista redivivus oder Das Buch vom Salz und Raum''. Hermann Barsdorf, Berlin 1913; Graz 2008
 
*''Die schwarze Lilie. Stimmen aus dem Abgrund zu Kritik und Krisis von Theosophie und Spiritismus''. Heims, Leipzig 1914; Graz 2007, ISBN 978-3-902640-56-7
Die deutschsprachige Sozialgeographie war lange Zeit – wie die Geographie allgemein – von geodeterministischen Vorstellungen geprägt. Der Naturraum wurde so zur [[Determinante]] und zum sozialen Wirkfaktor. Als wichtiger Vertreter muss [[Friedrich Ratzel]] (1844–1904) genannt werden, der den Naturdeterminismus in der Sozialgeographie verankerte. Dieser wurde zum Grundstein für die ''Blut-und-Boden''-NS-Ideologie: Für einen Boden kann es auch nur ein Volk geben.
*''Raumschach. Einführung in die Spielpraxis''. Selbstverlag, Hamburg 1919
 
*''Thesen über den Ursprung des Lebens'', um 1920
Nach dem Zweiten Weltkrieg bestimmte die traditionelle Landschafts- bzw. Länderkunde die Anthropogeographie. In dieser Zeit legten [[Hans Bobek]] und [[Wolfgang Hartke]] den Grundstein für die sozialgeographische [[Kulturlandschaft]]s&shy;forschung.
*''Das Wesen der Alchemie''. Baum, Pfullingen 1921; Graz 2005
 
*''Das zweite Gehirn. Betrachtungen über die zukünftigen Aufgaben eines wissenschaftlichen Okkultismus''. Theosophia, Hamburg 1921
Mit dem Eingang funktionalen Denkens in die Sozialgeographie erfuhr die Betonung von Funktionsräumen (z.&nbsp;B. Pendlereinzugsgebieten) stärkeren Aufwind und führte zur Entwicklung eines noch stärker sozialwissenschaftlich ausgerichteten Teils der Sozialgeographie. Die stärkste Phase dieser Sozialgeographie in Deutschland war von den [[1960er|60ern]] bis in die [[1980er|80er]] Jahre des [[20. Jahrhundert]]s, verbunden mit der Entstehung zahlreicher geographischer Disziplinen an den Universitäten (u.&nbsp;a. Raum und [[Raumplanung]]) und Beeinflussung der Inhalte in den Schulen. Dazu trug vor allem die [[Münchner Schule der Sozialgeographie]] mit Jörg Maier, Karl Ruppert, Reinhard Paesler und [[Franz Schaffer (Geograph)|Schaffer]], als deren wichtigsten Vertreter, bei. Im Mittelpunkt ihrer Forschung stehen die sieben [[Daseinsgrundfunktionen]]: Gesellschaft, Wohnen, Arbeit, Versorgen, Erholen, Bilden und am Verkehr teilnehmen. Anhand dieser Funktionen lassen sich alle Muster menschlicher [[Mobilität]] nachvollziehen. Auch lassen sich viele geographische Disziplinen ihnen direkt zuordnen.
*''Die heilige Mathesis. Beiträge zur Magie des Raumes und der Zahl''. Talis, Leipzig 1924; Graz 2008, ISBN 978-3-902640-55-0
 
*''Talisman Turc. Ein Beitrag zur magisch-quadratischen Dechiffrierung von Liebes- und Krankheits-Amuletten, zum Ursprung und Wesen Magischer Quadrate sowie zur wissenschaftlichen Periodologie''. Madaus, Radeburg 1926; Bohmeier, Leipzig 2009, ISBN 978-3-89094-612-2
In neuerer Zeit ist die Sozialgeographie durch handlungstheoretische Ansätze erweitert worden. [[Benno Werlen]] übertrug die [[Strukturationstheorie]] des Soziologen [[Anthony Giddens]] auf die Sozialgeographie. In diesem Zusammenhang fordert er die Abwendung von einer „handlungsorientierten Raumwissenschaft“ und das Betreiben einer „raumorientierten Handlungswissenschaft“ (Werlen 2000: 310).
 
== Perspektiven ==
Trotz der großen innovativen Kraft der Sozialgeographie kam es nicht zu einer vollständigen Neuorientierung der [[Humangeographie]]. Mit einer der Gründe hierfür sind die schwer einzusehenden Methoden der Sozialgeographie und die Schwierigkeit an verwertbare Daten zu kommen. So lässt sich gesellschaftliche Raumwirksamkeit nur schwer messen. Die Notwendigkeit und Bedeutung einer sozialgeographischen Betrachtungsweise wird jedoch anerkannt. Als Ergebnis zeigt sich die Koexistenz unterschiedlicher sozialgeographischer Ansätze in der Gegenwart – von der sozialgeographischen Kulturlandschaftsforschung über raumwissenschaftlich-funktionelle (''spatial turn'') bis hin zu [[Konstruktivismus|konstruktivistischen]] Ansätzen. Dieser Paradigmenpluralismus entspricht so dem Konzept einer [[postmodern]]en Wissenschaft.
 
Die sozialen Beziehungen von Einzelpersonen, die zwischenmenschliche [[Interaktion]], die individuelle Raumwahrnehmung und -bewertung, wie auch die entsprechenden Verhaltensmuster einer großen Bevölkerungsgruppe weisen vielfältige Beziehungen zum Raum auf. Raum im geographischen Sinne mitbeeinflusst bestimmte menschliche Verhaltensweisen zu erklären (beispielsweise [[Mobilität]], [[Landnutzung]]s&shy;entscheidungen), wird gleichzeitig aber auch selbst durch menschliches Verhalten verändert (Nutzung, Bebauung) oder verzerrt (Massenverkehr).
 
Mit dem aus der individuellen Wahrnehmung und Interaktion herleitbaren Verhältnis von Gesellschaft und Raum sowie der räumlichen Organisation menschlicher Gesellschaft befasst sich die Sozialgeographie. Wichtige Interessenfelder sind unter anderem
* Absoluter Raum und Relativraum in der [[Umweltwahrnehmung]]
* Aspekte der Globalisierung und Regionalisierung
* Folgen der [[Raumentwicklungskonzeption|Raumentwicklung]] (vgl. [[Sozialräumliche Struktur]])
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Sozialgeographie}}
* {{WikipediaDE|Bildungsgeographie}}
* {{WikipediaDE|Psychogeographie}}
* {{WikipediaDE|Soziophysik}}


== Literatur ==
== Literatur ==
* Karl Ruppert, Franz Schaffer: ''Zur Konzeption der Sozialgeographie.'' In: ''Geographische Rundschau <Braunschweig>.'' 21/6/1969, S. 214–221, Westermann, Braunschweig, {{ISSN|0016-7460}}
*[[w:Harald Lamprecht|Harald Lamprecht]]: ''Neue Rosenkreuzer. Ein Handbuch''. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2004, S. 187–191, ISBN 3-525-56549-6
* Peter Weichhart: ''Entwicklungslinien der Sozialgeographie''. Von Hans Bobek bis Benno Werlen. In: ''Sozialgeographie kompakt'', Band 1, Steiner, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-515-08798-8.
* Benno Werlen: ''Sozialgeographie''. Eine Einführung. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage. [[Uni-Taschenbücher|UTB 1911]], Haupt, Bern / Stuttgart / Wien 2008 (Erstausgabe 2000), ISBN 978-3-8252-1911-6.
* Karin Wesse: ''Empirisches Arbeiten in der Wirtschaftsgeographie und Sozialgeographie''. UTB 1956, Schöningh, Paderborn / München / Wien / Zürich 1996, ISBN 3-8252-1956-9 (UTB) / ISBN 3-506-99486-7 (Schöningh).


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://www.social-geography.net/ Zeitschrift für Sozialgeographie]
*{{DNB-Portal|11661854X}}
* [http://www.wsl.ch/fe/wisoz/gruppen/sla/index_DE Sozialwissenschaftliche Landschaftsforschung], Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft


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[[Kategorie:Sozialwissenschaft nach Fachgebiet]]
{{SORTIERUNG:Maack, Ferdinand}}
[[Kategorie:Sozialwissenschaftliches Fachgebiet]]
[[Kategorie:Mediziner (19. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Humangeographie|!]]
[[Kategorie:Mediziner (20. Jahrhundert)]]
[[Kategorie:Okkultist]]
[[Kategorie:Erfinder]]
[[Kategorie:Rosenkreuzer]]
[[Kategorie:Autor (Esoterik)]]
[[Kategorie:Deutscher]]
[[Kategorie:Geboren 1861]]
[[Kategorie:Gestorben 1930]]
[[Kategorie:Mann]]


{{Wikipedia}}
{{Wikipedia}}

Aktuelle Version vom 28. Januar 2020, 21:48 Uhr

Ferdinand Maack (* 1861; † 1930) war ein deutscher Arzt, Erfinder und Okkultist.

Maack gilt als Erfinder des Raumschachspiels. In Aufsätzen und Schriften vertrat er seine eigenwilligen Positionen mit zahlreichen Wortneuschöpfungen wie „Allomatik“, „Koinismus“ oder „Xenologie“. 1923, im Jahr der Neugründung der Anthroposophischen Gesellschaft durch seinen erklärten Gegner Rudolf Steiner, gründete er in Hamburg einen eigenen Rosenkreuzer-Orden, der wohl ebenso kurz lebte wie die damit verbundene Zeitschrift Der Theosoph, von der nur gerade eine Nummer erschien. 1926 lieferte er eine neue Deutung von Goethes Hexeneinmaleins als einem unvollkommenen („verhexten“) magischen Quadrat.

Werke

  • Die Weisheit von der Welt-Kraft. Eine Dynamosophie. Mit einem Vorwort über die Röntgen-Strahlen. Otto Weber, Leipzig 1897
  • Polarchemiatrie. Ein Beitrag zur Einigung alter und neuer Heilkunst. Altmann, Leipzig 1905
  • Die goldene Kette Homers. Lorch 1905; Graz 2005
  • Das Schachraumspiel. (Dreidimensionales Schachspiel.) Eine neue praktisch interessante und theoretisch wichtige Erweiterung des zweidimensionalen Schachbrettspiels. A. Stein, Potsdam 1908
  • Zweimal gestorben! Die Geschichte eines Rosenkreuzers aus dem XVIII. Jahrhundert. Nach urkundlichen Quellen, mit literarischen Belegen und einer Abhandlung über vergangene und gegenwärtige Rosenkreuzerei. Wilhelm Heims, Leipzig 1912; Graz 2007, ISBN 978-3-902640-57-4
  • Spielregeln zum Raumschach. Staub, Berlin 1913
  • Elias Artista redivivus oder Das Buch vom Salz und Raum. Hermann Barsdorf, Berlin 1913; Graz 2008
  • Die schwarze Lilie. Stimmen aus dem Abgrund zu Kritik und Krisis von Theosophie und Spiritismus. Heims, Leipzig 1914; Graz 2007, ISBN 978-3-902640-56-7
  • Raumschach. Einführung in die Spielpraxis. Selbstverlag, Hamburg 1919
  • Thesen über den Ursprung des Lebens, um 1920
  • Das Wesen der Alchemie. Baum, Pfullingen 1921; Graz 2005
  • Das zweite Gehirn. Betrachtungen über die zukünftigen Aufgaben eines wissenschaftlichen Okkultismus. Theosophia, Hamburg 1921
  • Die heilige Mathesis. Beiträge zur Magie des Raumes und der Zahl. Talis, Leipzig 1924; Graz 2008, ISBN 978-3-902640-55-0
  • Talisman Turc. Ein Beitrag zur magisch-quadratischen Dechiffrierung von Liebes- und Krankheits-Amuletten, zum Ursprung und Wesen Magischer Quadrate sowie zur wissenschaftlichen Periodologie. Madaus, Radeburg 1926; Bohmeier, Leipzig 2009, ISBN 978-3-89094-612-2

Literatur

Weblinks


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