Anthroposophische Gesellschaft und Discours de la méthode: Unterschied zwischen den Seiten

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Die '''Anthroposophische Gesellschaft''' ist nach ihrem Selbstverständnis „eine Gemeinschaft von Menschen, die überzeugt sind, dass die Aufgaben, die Gegenwart und Zukunft stellen, nur durch eine spirituelle Vertiefung des Lebens gelöst werden können“. Das Fundament dafür bildet die von [[Rudolf Steiner]] begründete [[Anthroposophie]].
[[Datei:Descartes Discours de la Methode.jpg|mini|''Discours de la méthode'' von René Descartes, Erstausgabe]]


Die '''Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft''' ('''AAG''') - die nicht identisch ist mit der [[Wikipedia:1923|1923]] bei der [[Weihnachtstagung]] gegründeten Anthroposophischen Gesellschaft - mit Sitz am [[Goetheanum]] in [[Wikipedia:Dornach|Dornach]] ist weltweit tätig. Sie ist dezentral in örtlichen Zweigen, regionalen Zentren und Landesgesellschaften organisiert, die wirtschaftlich autonom, ihre Tätigkeiten selbständig organisieren. Außerdem ist sie Träger der [[Freie Hochschule für Geisteswissenschaft|Freien Hochschule für Geisteswissenschaft]] am Goetheanum.  
Der '''Discours de la méthode''', mit vollem Titel '''Discours de la méthode pour bien conduire sa raison et chercher la verité dans les sciences''' (dt. „Abhandlung über die Methode, seine Vernunft gut zu gebrauchen und die Wahrheit in den Wissenschaften zu suchen“), ist ein [[Philosophie|philosophisches]] und autobiographisches Werk des französischen Philosophen [[René Descartes]].


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Es erschien erstmals [[1637]] anonym in [[Leiden (Stadt)|Leiden]] in französischer Sprache und war daher auch philosophischen Laien zugänglich. 1656 folgte eine lateinische Fassung, die in [[Amsterdam]] herausgegeben wurde.
„Die Anthroposophische Gesellschaft ist eine durchaus öffentliche. Ihr Mitglied kann jedermann ohne Unterschied der Nation, des Standes, der Religion, der wissenschaftlichen oder künstlerischen Überzeugung werden, der in dem Bestand einer solchen Institution, wie sie das Goetheanum in Dornach als Freie Hochschule für Geisteswissenschaft ist, etwas Berechtigtes sieht.“<br>(Statuten der Anthroposophischen Gesellschaft von 1923, Artikel 4)
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Ziel dieser Hochschule soll die „Forschung auf geistigem Felde” sein, Ziel der Gesellschaft die Ermöglichung einer solchen Forschung sowie die Pflege des seelischen Lebens im einzelnen Menschen und in der Gemeinschaft aufgrund dieser Forschung. Ihre Aufgabe versucht die Gesellschaft aufgrund ihrer Satzung dadurch zu lösen, dass sie die anthroposophische Geisteswissenschaft mit ihren Ergebnissen für die ''Brüderlichkeit im menschlichen Zusammenleben, für das moralische und religiöse sowie für das künstlerische und allgemein geistige Leben im Menschenwesen'' zum Mittelpunkt ihrer Bemühungen macht.
== Werkskontext ==
Der ''Discours'' beinhaltet Descartes' Auseinandersetzung mit [[Skeptizismus]] und dem [[Aristotelismus]] der [[Scholastik]]. Ausgehend von einem allgemeinen Zweifel an überlieferten Wahrheiten, aber auch am eigenen Urteil ist es Descartes Ziel, unwiderlegbare wahre Sätze zu finden. Umrahmt von Schilderungen seiner intellektuellen Autobiographie beschreibt Descartes dabei detailliert eines der frühesten Programme zur wissenschaftlichen Naturforschung. Der ''Discours'' gilt daher als einer der Ursprünge der [[Wissenschaftsphilosophie]].


===Geschichte===
Der ''Discours'' bildet eine [[Methodologie|methodologische]] Vorrede zu drei naturphilosophischen Abhandlungen Descartes', die gemeinsam mit ihm herausgegeben wurden: ''La Dioptrique''<ref>René Descartes: [[s:fr:Page:Œuvres de Descartes, éd. Cousin, tome V.djvu/8| ''La Dioptrique'']], ed. V. Cousin</ref>, ''Les Météores''<ref>René Descartes: [[s:fr:Page:Œuvres de Descartes, éd. Cousin, tome V.djvu/159| ''Les Météores'']], ed. V. Cousin</ref> und ''La Géométrie''<ref>René Descartes: [[s:fr:La Géométrie|''La Géometrie'']]</ref>. Diese Untersuchungen, die Lichtbrechung, Himmelserscheinungen und [[Analytische Geometrie]] zum Gegenstand haben (in der ''Geometrie'' wird das [[kartesisches Koordinatensystem|cartesische Koordinatensystem]] vorgestellt), stellen bereits eine Anwendung dieses Verfahrens dar: Durch mathematische Modellierung werden die Naturphänomene mit Hilfe allgemeiner Regeln bestimmt, die nach Vermessung und durch schrittweise Berechnung und zwingende Schlüsse auf den Einzelfall angewendet werden.
Die erste Anthroposophische Gesellschaft wurde am [[Wikipedia:28. Dezember|28. Dezember]] [[Wikipedia:1912|1912]] durch [[Michael Bauer]], [[Marie von Sivers]] und [[Carl Unger]] in [[Wikipedia:Köln|Köln]] zunächst noch inoffiziell begründet; sie ging aus der [[Theosophische Gesellschaft|Theosophischen Gesellschaft]] hervor, nachdem zwischen Rudolf Steiner und [[Annie Besant]] gravierende Differenzen um die Interpretation des [[Christentum]]s und des [[Christus]] aufgetreten waren. Steiner weigerte sich entschieden, den indischen Jungen [[Krishnamurti]] als [[Reinkarnation|wiederverkörperten]] Christus zu sehen. Die formelle Gründung der Anthroposophischen Gesellschaft (AG) erfolgte schließlich anlässlich der 1. Generalversammlung vom [[Wikipedia:2. Februar|2.]] und [[Wikipedia:3. Februar|3. Februar]] [[Wikipedia:1913|1913]] in [[Wikipedia:Berlin|Berlin]], ihrem zukünftigen Sitz, indem sich die deutsche Sektion der Adyar-TG in AG umbenannte und fortan alle Beziehungen zu [[Annie Besant]] abbrach. Am [[Wikipedia:7. März|7. März]] [[Wikipedia:1913|1913]] entzog Besant Steiner die Stiftungsurkunde der Adyar-TG und schloss ihn und seine Anhänger aus der Theosophischen Gesellschaft aus.


Als Zentrum baute man das von [[Rudolf Steiner]] entworfene und bis ins Detail beim Bau von ihm überwachte [[Goetheanum]], welches am [[Wikipedia:31. Dezember|31. Dezember]] [[Wikipedia:1922|1922]] noch vor seiner endgültigen Fertigstellung durch Brandstiftung zerstört wurde.
Gemeinsam mit den ''[[Meditationes de prima philosophia]]'', den ''Principia Philosophiae'' und den ''[[Regulae ad directionem ingenii]]'' bildet der ''Discours'' die Basis der als [[Cartesianismus]] bekannten Form des [[Rationalismus]].


Ende [[Wikipedia:1923|1923]] wurde die Gesellschaft unter der Bezeichnung '''Anthroposophische Gesellschaft''' mit [[Rudolf Steiner]] als Vorsitzenden neu begründet.<br>Im Jahr [[Wikipedia:1924|1924]] wurde der Grundstein für das [[Goetheanum|Zweite Geotheanum]] gelegt.
Aus dem IV. Teil des Discours de la méthode stammt das berühmte Zitat „Je pense, donc je suis“ (dt. {{"|Ich denke, also bin ich}}). Das {{"|[[Cogito ergo sum]]}} hingegen stammt aus §&nbsp;7 der ''Principia Philosophiae'' von 1644.


Nach Steiners Tod im Jahr [[Wikipedia:1925|1925]] übernahm [[Albert Steffen]] den Vorsitz der '''Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft''', die mit der Anthroposophischen Gesellschaft der Weihnachtstagung aber nicht identisch ist, sondern am [[Wikipedia:8. Februar|8. Februar]] [[Wikipedia:1925|1925]] aus dem ''Verein des Goetheanum'' hervorgegangen ist, der der rechtmäßige Vermögensträger des Goetheanums war und durch die für den Goetheanumbrand ausbezahlte Versicherungssumme von über 3 Millionen Franken ein beträchtliches Vermögen verfügte. Dieser Goetheanumverein konnte der noch ins Handelsregister einzutragenden Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft nicht einfach eingegliedert werden, da das mit zu hohen Verwaltungskosten verbunden gewesen wäre. Auch wurden die auf der Weihnachtstagung verabschiedeten Statuten von der Behörde als nicht geeignet für den Eintrag ins Handelsregister befunden. So wurde der Verein des Goetheanum in Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft umbenannt und mit entsprechend abgewandelten Statuten ins Handelsregister eingetragen, wobei die auf der Weihnachtstagung verabschiedeten Statuten ''"dann später laut Dr. Guenther Wachsmuth «auf ausdrückliche Angabe Dr. Steiners die Bezeichnung <Prinzipien> erhielten» (Nachrichtenblatt 1935, Nr. 20)."'' {{Lit|{{G|260a|20}}}}
== Aufbau ==
Der Discours selbst besteht aus sechs Teilen, deren Einteilung Descartes in seinem Vorwort vorschlägt.<ref>René Descartes: [http://www.zeno.org/Philosophie/M/Descartes,+Ren%C3%A9/Abhandlung+%C3%BCber+die+Methode,+richtig+zu+denken+und+Wahrheit+in+den+Wissenschaften+zu+suchen/Vorwort Abhandlung über die Methode/Vorwort], dt. von Julius von Kirchmann (1870), S. 19–20.</ref>
# Betrachtungen über die Wissenschaften
# Hauptregeln der Methode
# Einige moralische Regeln
# Fundamente der Metaphysik
# Naturphilosophische Fragen
# Gründe, die den Autor zum Schreiben bewogen haben


Nach dem Verbot der Gesellschaft im deutschen „Mutterland“ und dem durch die Beschlüsse von 1935 bewirkten Zerwürfnis mit den wichtigen Landesgesellschaften in Holland und England war der Einfluss des Dornacher Zentrums schon weitgehend auf die Schweiz beschränkt, bevor diese mit Ausbruch des Krieges 1939 auch als Nation in eine rundum isolierte Insellage geriet. 1939 musste das Goetheanum (Hauptgebäude) aus finanziellen Gründen geschlossen werden. Personell geriet im nun noch dreiköpfigen Vorstand Marie Steiner allmählich ins Abseits, und 1942 kam es zum offenen Konflikt zwischen ihr und Albert Steffen oder vielmehr zwischen den jeweiligen Anhängern in der Mitgliedschaft. Marie Steiner, die von Rudolf Steiner testamentarisch zur Alleinerbin bestimmt worden war, machte nun diese Rechte formal geltend, indem sie einen „Nachlassverein“ gründete, der abgesondert von der Anthroposophischen Gesellschaft auch nach ihrem Tod die Werke Rudolf Steiners herausgeben sollte.
Im Original finden sich, im Gegensatz zu modernen Ausgaben, aber keine Zwischenüberschriften. Descartes hat für den ''Discours'' die Form einer Autobiographie gewählt, tatsächlich handelt es sich aber um eine rationalistische Programmschrift: Indem Descartes seinen eigenen intellektuellen Werdegang beschreibt, liefert er Gründe und beschreibt Schritte, um von den Vorurteilen seiner Zeit Abstand zu gewinnen und rationalistisch zu philosophieren.


=== Die Anthroposophische Gesellschaft in Deutschland während der Zeit des Nationalsozialismus ===
== Zusammenfassung ==
=== Betrachtungen über die Wissenschaften ===
Descartes beschreibt die Ausgangslage: In allen Wissenschaften, aber auch bezüglich der Moral und der Religion, begegnen dem Wissbegierigen zahlreiche konkurrierende Theorien, ohne dass ihr rivalisierender Geltungsanspruch entschieden werden könnte. Nur in der Mathematik scheint Einigkeit hinsichtlich der Geltungskriterien zu herrschen, sodass der Wissenschaftsbetrieb um die Priorität von Entdeckungen, nicht um alternative Systeme konkurriert.<ref>vgl. die Darstellung von Emerich Coreth und Harald Schöndorf: ''{{Internetquelle|url=http://books.google.com/books?id=KuPhiosdtWoC&pg=PA33 |titel=Philosophie des 17. und des 18. Jahrhunderts|zugriff=20. März 2011}}'', Stuttgart: Kohlhammer 1983, S. 34.</ref>


In der Ära des [[Wikipedia:Nationalsozialismus|Nationalsozialismus]] wurde am 15. November [[Wikipedia:1935|1935]] die Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft wegen „internationaler Einstellung und engen Beziehungen zu ausländischen Freimaurern, Juden und Pazifisten“ verboten.
=== Hauptregeln der Methode ===
Auf diesen negativen Befund gründet Descartes die Notwendigkeit eines Neuanfangs: Die historisch überlieferte, widersprüchliche Gestalt der Wissenschaften soll durch eine systematische ersetzt werden. Durch das System sollen sich Widersprüche und Lücken schneller aufzeigen lassen. Für die Neubegründung formuliert Descartes vier Regeln:
# Akzeptiere nur als wahr, was unbezweifelbar gewiss ist.
# Zerlege jede Frage in Teilprobleme und einfache Fragen, die mit Gewissheit entschieden werden können.
# Baue das Wissen der Reihe nach aus den Antworten auf diese einfachen Fragen auf und unterstelle für alle komplexe Fragen einen solchen einfachen Aufbau.
# Überprüfe diese Elemente daraufhin, ob sie eine vollständige Ordnung bilden.


{{Zitat|Nach der geschichtlichen Entwicklung der Anthroposophischen Gesellschaft ist diese international eingestellt und unterhält auch heute noch enge Beziehungen zu ausländischen Freimaurern, Juden und Pazifisten. Die auf der Pädagogik des Gründers Steiner aufgebauten und in den heute noch bestehenden anthroposophischen Schulen angewandten Unterrichtsmethoden verfolgen eine individualistische, nach dem Einzelmenschen ausgerichtete Erziehung, die nichts mit den nationalsozialistischen Erziehungsgrundsätzen gemein hat. Infolge der Gegensätze zwischen den Anschauungen der Anthroposophischen Gesellschaft und den vom Nationalsozialismus vertretenen völkischen Gedanken bestand die Gefahr, dass durch eine weitere Tätigkeit der Anthroposophischen Gesellschaft die Belange des nationalsozialistischen Staates geschädigt werden. Die Organisation ist daher wegen ihres staatsfeindlichen und staatsgefährdenden Charakters aufzulösen.|Reinhard Heydrich<ref>Preußische Geheime Staatspolizei Berlin, 1. November 1935, StAM LR 17 134354, BAD Z/B 1 904, BAK R 43 II/822, zitiert nach Walter Kugler, ''Feindbild Steiner'', 2001, S. 11f.</ref>}}
Diese Problemlösungsstrategie sieht Descartes in der antiken Geometrie bereits verwirklicht.<ref>vgl. die Darstellung von Emerich Coreth, Harald Schöndorf: ''{{Internetquelle|url=http://books.google.com/books?id=KuPhiosdtWoC&pg=PA33 |titel=Philosophie des 17. und des 18. Jahrhunderts|zugriff=20. März 2011}}'', Stuttgart: Kohlhammer 1983, S. 34.</ref>
Das antisemitische Hetzblatt "Der Judenkenner" hatte bereits einige Monate zuvor die Stoßrichtung vorgegeben: "Was wir über die gänzlich verjudete anthroposophische Bewegung und Rudolf Steiner denken, ist bekannt", hieß es etwa in der Ausgabe vom 28. August 1935.<ref>Zitiert nach Walter Kugler, Feindbild Steiner, 2001, S </ref>


Schon vor dem Verbot hatten alle jüdischen Mitglieder ihre Ämter in der Gesellschaft abgegeben. Ein Großteil von ihnen war ausgetreten, andere wurden zum Austritt gedrängt, um Reibungspunkte mit dem Regime zu minimieren.<ref>So berichtete Hans Büchenbacher, ein Anthroposoph jüdischer Abstammung, er habe die teilweise bereitwillige "Bereinigung" des Konfliktes um jüdische Mitglieder mit großer Bitterkeit erlebt. Büchenbacher emigrierte 1935 in die Schweiz. Siehe Helmut Zander, Anthroposophie und Nationalsozialismus, Neue Zürcher Zeitung - 22.07.1999 ([http://www.akdh.ch/ps/ps_46Zahnder.html Internet]) sowie Jens Heisterkamp, Schatten der Vergangenheit - Anthroposophen und ihre Institutionen im Nationalsozialismus, info3, April 1999</ref> Nach dem Verbot bemühten sich einige Anthroposophen um eine Wiederzulassung. Der Vorstand der Anthroposophischen Gesellschaft wehrte sich gegen die Auflösung mit einem Brief an [[Wikipedia:Adolf Hitler|Adolf Hitler]], in dem auf Steiners arische Abstammung verwiesen und die Verbindung zu jüdischen Kreisen bestritten wurde. In dem Schreiben hieß es: "''Die Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft, die im Jahre 1923 von Dr. Rudolf Steiner konstituiert und begründet wurde, hat zu irgend welchen freimaurerischen, jüdischen, pazifistischen Kreisen irgend welche Beziehungen oder auch nur Berührungspunkte nicht gehabt. Die arische Abstammung Rudolf Steiners ist überdies vom Rassepolitischen Amt in Berlin ausdrücklich bestätigt worden. [...] Auf das allerentschiedenste muss [...] Verwahrung dagegen eingelegt werden, dass in dem Schreiben der Geheimen Preussischen Staatspolizei aus diesen nicht zutreffenden Motivierungen auch noch die Behauptung abgeleitet wird, dass die Anthroposophische Gesellschaft in Deutschland 'staatsfeindlich' sei. Wie aus dem Obigen und aus näheren Nachprüfungen ohne weiteres hervorgehen wird, stellt eine solche Bezeichnung eine völlig ungerechtfertigte Diskriminierung einer in wertvollster Weise für das Deutschtum eintretenden Gesellschaft dar.''"<ref>Aus: Dokumente und Briefe zur Geschichte der Anthroposophischen Bewegung und Gesellschaft in der Zeit des Nationalsozialismus. Band I. Hg.: [[Arfst Wagner]], 1991.</ref>
=== Einige moralische Regeln ===
Mit diesen Regeln lassen sich zwar Probleme wissenschaftlich lösen, aber sie erfordern Zeit zur Analyse und Beantwortung der elementaren Fragen. Bis sich daraus ein Weltbild ergibt, das auch handlungsleitende Funktion haben kann, empfiehlt Descartes eine ''provisorische Moral'', die auf einer abwägenden und Extreme meidenden Konformität an das Umfeld beruht. Eine ähnliche Moral hatte auch der Skeptiker [[Montaigne]] empfohlen. Descartes erklärt eine solche Skepsis allerdings für vorläufig – mit den Regeln sollen alle Fragen, auch normative, wahrheitsgemäß beantwortet werden können.


Trotz dieser Repressionsmaßnahmen gab es auch Mitglieder, die sich mit dem System arrangierten oder sogar aktiv in den Gremien der [[Wikipedia:Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei|NSDAP]] mitarbeiteten. Hohe Wertschätzung fand die biologisch-dynamische Landwirtschaft bei einigen NS-Größen, was jedoch auf ihre „Ursprünglichkeit“ und nicht auf die spirituelle Begründung zurückzuführen ist.
=== Fundamente der Metaphysik ===
Alle Versuche einer Wiederzulassung der Anthroposophischen Gesellschaft in Deutschland scheiterten jedoch 1939, als [[Wikipedia:Rudolf Heß|Rudolf Heß]] die ''„Gleichbehandlung mit ehemaligen Freimaurern“'' anordnete. Und das, obwohl sich anthroposophische Institutionen auch weiter kooperativ zeigten und die [[Biologisch-dynamische Landwirtschaft]] auf großes Interesse in der nationalsozialistischen Nomenklatur stieß. Die [[Wikipedia:Schutzstaffel|SS]] hatte zwischen 1939 und 1945 landwirtschaftliche Versuchsgüter eingerichtet, in der die biologisch dynamische Landwirtschaft erprobt wurde; eines der Güter lag in unmittelbarer Nähe des [[Wikipedia:KZ Ravensbrück|KZ Ravensbrück]].<ref>Prof. Dr. Wolfgang Jacobeit, Ganzheitlich orientierte Produktionsweisen in der NS- Zeit - Die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise in den landwirtschaftlichen Versuchsgütern der SS 1939 - 1945, in: Nachhaltigkeit "Alternative" Landwirtschaft als kulturökologisches Phänomen. Berliner Blätter. Ethnographische und ethnologische Beiträge. Nr. 16, 1998</ref> Das Heft 5 der Zeitschrift "Demeter" aus dem Jahr 1939 erschien mit einer Abbildung Hitlers und einer Grußzeile zum 50. Geburtstag auf dem Titelbild.<ref>Aus Band III der Briefe und Dokumente zur Geschichte der Anthroposophischen Bewegung und Gesellschaft in der Zeit des Nationalsozialismus. Herausgegeben von Arfst Wagner, 1992.</ref> In der Septemberausgabe der Zeitschrift lag zudem ein Flugblatt bei, in dem der Herausgeber, Erhard Bartsch, die biologisch-dynamischen Landwirte zur Unterstützung des "Führers" aufrief. Bartsch bemühte sich offenbar sogar um eine Mitwirkung an den Besiedlungsplänen  der SS für den "[[Wikipedia:Lebensraum im Osten|Lebensraum im Osten]]".<ref>Jens Heisterkamp, Schatten der Vergangenheit - Anthroposophen und ihre Institutionen im Nationalsozialismus, info3, April 1999</ref>
Descartes Ziel ist also die „Erforschung der Wahrheit“. Dieses Ziel geht er methodisch so an, dass er alles, was angezweifelt werden kann, zunächst zurückweist. Descartes legt zunächst dar, dass äußere Erfahrung, Schlussfolgerungen und selbst phänomenales Bewusstsein diesem Kriterium nicht genügen:


Bis 1941 hatte Rudolf Heß nach Möglichkeit versucht, seine "schützende Hand" über anthroposophische Aktivitäten zu halten. Erst nach dem Englandflug von Rudolf Heß am 10. Mai 1941, in dessen Folge er als Verräter bezeichnet und für verrückt erklärt worden war, wurden die Reste der organisierten Anthroposophie in Deutschland zerschlagen. Heß selbst war zwar, anderslautenden Gerüchten zum Trotz, kein Anthroposoph, er war aber spirituellen Vorstellungen gegenüber aufgeschlossen. Seine Frau, Ilse Hess, nahm im Jahre 1984 Stellung zu der Haltung ihres Mannes zur Anthroposophie: "''Mein Mann hat sich überhaupt nicht für Anthroposophie interessiert, ich ausschließlich im Zusammenhang mit der biol. dyn. Anbauweise, da ich leidenschaftliche Gärtnerin war und bin. [...] Mein Mann hat nur, da er Versuchen aufgeschlossen war, eben diese seine 'schützende Hand' über die Waldorfschulen und die BiolDynamischen gehalten, nach 1941 war das natürlich vorbei, da [[Wikipedia:Martin Bormann|[Martin] Bormann]] genau das Gegenteil praktizierte.''"<ref>Brief Ilse Hess an Reinhard G., 14.05.1984, zitiert nach Arfst Wagner, Dokumente und Briefe zur Geschichte der Anthroposophischen Gesellschaft und Bewegung in der Zeit des Nationalsozialismus, 1993</ref> Zum Stab von Rudolf Heß gehörte auch der Nationalsozialist [[Werner Georg Haverbeck]], der nach dem Krieg als Pfarrer für die [[Christengemeinschaft]] tätig war.<ref>DER RECHTE RAND Nr. 13, August/September 1991, S. 12 f. </ref>
Da die Sinneswahrnehmungen uns bisweilen täuschen können, sind sie also nicht gewiss. Ebenso stellt er fest, dass formal korrekte logische Schlüsse der traditionellen [[Syllogistik]] dennoch zu falschen Ergebnissen führen können. Auch sie sind also nicht gewiss. Drittens ist sogar möglich, dass wir im Traum dieselben Gedanken haben, wie im wachen Zustand. Daraus zieht er die Konsequenz, dass alle Bewusstseinsinhalte ebenso gut Trugbilder sein können.


Nach dem Englandflug waren die spirituellen und spiritistischen Gruppen, für die sich Heß verwendet hatte, Gegenstand von Verfolgungen. Man meinte, sie hätten mit ihren okkulten Lehren Einfluss auf Heß ausgeübt und seien Ursache dafür, dass er seinen Verstand verloren habe. Auch von Anthroposophen wurde behauptet, sie hätten Heß okkult beeinflusst und zu seinem Flug nach England bewegt.<ref>"Einige Nazis sind jetzt sogar der wahnwitzigen Meinung, Hess sei von den Anthroposophen, ja von "Dornach" okkult beeinflußt und zum Flug nach England bewegt worden (S. 303ff)." Jens Heisterkamp, Schatten der Vergangenheit - Anthroposophen und ihre Institutionen im Nationalsozialismus, info3, April 1999</ref> Es folgte eine Welle von Verhaftungen und Verhören. Kurz darauf wurde auch die Christengemeinschaft aufgelöst. Ihre Priester wurden inhaftiert. Zwar gab es weitere Versuche von anthroposophischer Seite, sich dem Regime im "Endkampf gegen den Bolschewismus" anzudienen, mit dem Wegfall des Förderers Heß fehlte diesen aber der Resonanzboden.<ref>Jens Heisterkamp, Schatten der Vergangenheit - Anthroposophen und ihre Institutionen im Nationalsozialismus, info3, April 1999</ref>
Ausgenommen von diesem Vorbehalt ist aber der formale Akt des Denkens (hier Zweifelns) selbst. Das Zweifeln setzt ein zweifelndes Subjekt voraus, das Denken ein Subjekt, das denkt. Das findet in der berühmten Formel „Ich denke, also bin ich“ („Je pense, donc je suis“) seinen Ausdruck. (In der ''Principia philosophiae'' (§&nbsp;7) heißt es: [[Cogito, ergo sum]].)


Alles in allem war das Verhältnis der Anthroposophie zum Nationalsozialismus ambivalent. Ein Gesamturteil ist schwierig. Es war zwar eine unüberbrückbare Kluft zwischen beiden Weltanschauungen vorhanden, die Anthroposophen hatten aber auf Verständigung, nicht auf Widerstand gesetzt. Der Publizist Jens Heisterkamp resümiert: "Widerstandskämpfer hat die anthroposophische Bewegung nicht hervorgebracht." Weiter heisst es bei Heisterkamp: "In Deutschland bemühte man sich [seitens der Anthroposophischen Gesellschaft], den Eindruck einer harmlosen geistigen Vereinigung zu vermitteln, die dem neuen System nicht nur nicht im Wege stehen will, sondern ihm vielleicht sogar nützlich sein könnte. Sowohl für die Anthroposophische Gesellschaft als auch für die Waldorfpädagogik und erst Recht für die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise gilt, daß die Unvereinbarkeit von Anthroposophie und Nationalsozialismus von den Parteivertretern weit klarer eingeschätzt - und vor allem auch ausgesprochen - wurde als von anthroposophischer Seite."<ref>Jens Heisterkamp, Schatten der Vergangenheit - Anthroposophen und ihre Institutionen im Nationalsozialismus, info3, April 1999</ref>
Aus der Gewissheit, die das Bewusstsein über seine Existenz hat, macht er ein Beispiel dafür, wie gewiss uns eine Wahrheit im Allgemeinen zu sein hat. Alle Urteile über die Dinge, die Wahrheit beanspruchen, müssen uns in ähnlicher Weise einleuchten und evident werden wie der Satz: „Ich denke, also bin ich“.


Unmittelbar nach dem [[Wikipedia:Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] kam es in Deutschland zu einem Neubeginn und weltweit zu einer Ausweitung [[Anthroposophie|anthroposophischer]] Initiativen, vor allem durch die Gründung von Einrichtungen in den Bereichen [[Waldorfpädagogik|Pädagogik]], [[Medizin]], [[Heilpädagogik]] und [[Landwirtschaft]].
Dem Bewusstsein können bestimmte Sachverhalte nur dann klar und evident einleuchten, wenn es in der Lage ist, diese Sachverhalte als klar und deutlich (gemeint ist: durch Eigenschaften bestimmt und von anderen unterscheidbar, ''clara et distincta'') zu erkennen und das heißt, ihre besondere Qualität gegenüber den gewöhnlichen Zweifeln wahrzunehmen. Es hat also die Fähigkeit, Gewissheit vom Zweifel zu unterscheiden. Descartes vermutet, dass diese Fähigkeit daher kommt, dass das Bewusstsein von vornherein eine Vorstellung von Vollkommenheit hat, die den Maßstab bzw. das Bewertungskriterium bildet, um auch Bewusstseinsinhalte einordnen zu können: Erkenntnisse und Gewissheit sind vollkommener als Zweifel. Die Vorstellung von Vollkommenheit kommt von Gott; dabei aber nicht in der Weise, dass er sie als einzelne Vorstellung in uns, in unser Bewusstsein, eingepflanzt hätte, sondern vielmehr daher, dass das Bewusstsein, wenn es Gott wahrnimmt, Vollkommenheit als ein Attribut Gottes mit erfassen muss (und diesen Begriff dann in anderen Zusammenhängen weiter verwenden kann).


===Namensschutz:===
Oder umgekehrt: Da der Begriff der Vollkommenheit in unserem Bewusstsein (beweisbar) vorhanden ist, zieht Descartes den Schluss, dass Gott notwendig existiert -- und zwar für uns erkennbar existiert, denn wie sonst sollte das Bewusstsein zu diesem Begriff kommen und wie ohne ihn in der Lage sein, überhaupt etwas zu erkennen? Dass das Bewusstsein aber in der Lage ist, etwas zu erkennen, zeigt die Evidenz der Sätze: „Ich denke, also bin ich“ und „Ein vollkommenes Wesen muss existieren“.


Weithin unbekannt ist, dass die Anthroposophische Gesellschaft - dem Grunde nach - eine Namensrechtsschutz genießt. Allerdings wurde dieser noch nie juristisch durchgefochten.<ref>Vgl. http://www.christian-rosenkreutz-zweig.de/downloads/Nachrichtenbl_25071965.pdf </ref>
Im folgenden Abschnitt werden nun diese beiden Ergebnisse aus dem vierten und fünften Abschnitt miteinander verknüpft: Was wir klar und deutlich erfassen, ist wahr. Gott ist Garant für die Wahrheit.


===Siehe auch===
Also: Was wir klar und deutlich erfassen, stammt von Gott. Im letzten Abschnitt greift Descartes noch einmal das Traumargument des Anfangs auf. Die erste Schlussfolgerung war ja, dass alle Wirklichkeitserkenntnis bezweifelbar ist, weil wir uns – wie im Traum – täuschen könnten. Nun aber, da die Existenz eines wahrhaftigen und vollkommenen Gottes aus dem Begriff der Vollkommenheit abgeleitet zu sein scheint, kann Gott als [[transzendental|Bedingung der Möglichkeit]] wahrer Erkenntnis postuliert werden, wobei allerdings die Unvollkommenheit des Menschen als Ursache für falsche Erkenntnis eingeräumt werden muss.
[[Anthroposophie]], [[Rudolf Steiner]], [[Goetheanum]]


== Anmerkungen ==
=== Naturphilosophische Fragen ===
In dieser Sektion führt Descartes seine Methode an zwei Beispielen vor: Zum einen anerkennt er zwar als einer der ersten [[William Harvey|Harveys]] Entdeckung des Blutkreislaufs, nicht aber dessen Auffassung von der Pumpfunktion des Herzens, sondern behauptet, die Bewegung des Blutes werde durch dessen Erwärmung und Hitzeausdehnung im Herzen verursacht,<ref>W. Bruce Fye: ''Profiles in Cardiology – René Descartes'', [http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/clc.4960260112/pdf Clin. Cardiol. 26, 49–51 (2003)], PDF 58,2 kB.</ref> zum anderen bestimmte er den Unterschied zwischen Mensch und Tier neu. Während Tiere biologische Automaten sind, zeigt der Mensch, dass er eine Seele besitzt, die seinen Körper (''res extensa'') zu Bewegungen veranlasst, die über die natürliche Determination hinausgehen. So ist vor allem das Sprechen ein Ausdruck des Denkens, dass nach Descartes ein Zustand der Seelensubstanz (''res cogitans'') ist.


<references/>
=== Gründe, die den Autor zum Schreiben bewogen haben ===


== Literatur ==
Obwohl er bereits ein angesehener Gelehrter ist, erkennt Descartes, dass seine Leistungen nicht einem überlegenen Intellekt entwachsen sind, sondern ihren Ursprung in seiner Fähigkeit haben, sich nicht von [[Überdeterminierung|Überbestimmtheit]] blenden zu lassen. Weiterhin geht er Schritt für Schritt vor, wobei jeder Schritt klar und distinkt sein muss. In dieser Schrift stellt er seine analytische Methode vor und zeigt in einem breiten Spektrum ihre Anwendung und ihre Leistungsfähigkeit.
#Rudolf Steiner: ''Die Konstitution der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft und der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft. Der Wiederaufbau des Goetheanum'', [[GA 260a]] (1987), ISBN 3-7274-2606-3 {{Geschichte|260a}} {{Vorträge1|148}}


{{GA}}
Descartes stellt sich die Frage, wie sichere Erkenntnisse in Philosophie, Naturwissenschaft, Medizin und Ethik gewonnen werden können.
 
Das Ergebnis seiner Überlegungen ist, dass es zum einen eines sicheren Fundamentes bedarf, auf dem alle Erkenntnis aufbauen kann. Zum anderen bedarf es einer Methode, um anhand dieser vom Fundament aus gesichert zu weiteren Erkenntnissen fortschreiten zu können. Es ergibt sich eine Hierarchie der Wissenschaften bzw. Wissensbereiche. So ist die Philosophie das Fundament (oder die Wurzel) aller Erkenntnisse. Darauf baut die Physik als Stamm auf, über die man schließlich zu gesicherten Erkenntnissen der Medizin, Mechanik und der Moral kommen kann. Da die richtige Ethik erst am Schluss des Prozesses gefunden werden kann, führt Descartes auch die Notwendigkeit einer provisorischen Moral für die Übergangszeit vor Augen.
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Discours de la méthode}}
* {{WikipediaDE|Rationale Psychologie}}


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://www.goetheanum.org/ Das Goetheanum Sitz der AAG und der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft]
* [[s:fr:Discours de la méthode| Volltext auf wikisource]]
* http://www.antroposofi.no/historie/Motzstrase30%20Berlin.pdf "Rudolf Steiner, wohnten und wirkten hier 1903-1923", Motzstraße 30, Schöneberg, Berlin.
* [http://zulu-ebooks.com/download/3-fachbuecher/859-discours-de-la-methode ''Discours de la méthode''] (1637), édition Adam et Tannery, 1902. (Pdf, 80 Seiten, 362 kB)
* [http://www.textlog.de/descartes-methode.html Abhandlung über die Methode] Volltext in deutscher Übersetzung von Kuno Fischer
* [http://www.zum.de/Faecher/D/SH/descdisc.htm Vierter Abschnitt des Discours in deutscher Übersetzung]
* {{Zeno-Werk|Philosophie/M/Descartes,+René/Abhandlung+über+die+Methode,+richtig+zu+denken+und+Wahrheit+in+den+Wissenschaften+zu+suchen}} in deutscher Übersetzung von Julius von Kirchmann, Philosophische Bibliothek (PhB) 25 [1], Berlin 1870.
 
== Einzelnachweise ==
<references />
 
{{Navigationsleiste Descartes}}
{{Normdaten|TYP=w|GND=4398058-2|VIAF=179842396}}


[[Kategorie:Anthroposophie]]
{{SORTIERUNG:Discours de la methode}}
[[Kategorie:Anthroposophische Gesellschaft]]
[[Kategorie:Philosophisches Werk von Descartes]]
[[Kategorie:Philosophisches Werk]]


{{Wikipedia}}
{{Wikipedia}}

Aktuelle Version vom 11. Juli 2020, 01:10 Uhr

Discours de la méthode von René Descartes, Erstausgabe

Der Discours de la méthode, mit vollem Titel Discours de la méthode pour bien conduire sa raison et chercher la verité dans les sciences (dt. „Abhandlung über die Methode, seine Vernunft gut zu gebrauchen und die Wahrheit in den Wissenschaften zu suchen“), ist ein philosophisches und autobiographisches Werk des französischen Philosophen René Descartes.

Es erschien erstmals 1637 anonym in Leiden in französischer Sprache und war daher auch philosophischen Laien zugänglich. 1656 folgte eine lateinische Fassung, die in Amsterdam herausgegeben wurde.

Werkskontext

Der Discours beinhaltet Descartes' Auseinandersetzung mit Skeptizismus und dem Aristotelismus der Scholastik. Ausgehend von einem allgemeinen Zweifel an überlieferten Wahrheiten, aber auch am eigenen Urteil ist es Descartes Ziel, unwiderlegbare wahre Sätze zu finden. Umrahmt von Schilderungen seiner intellektuellen Autobiographie beschreibt Descartes dabei detailliert eines der frühesten Programme zur wissenschaftlichen Naturforschung. Der Discours gilt daher als einer der Ursprünge der Wissenschaftsphilosophie.

Der Discours bildet eine methodologische Vorrede zu drei naturphilosophischen Abhandlungen Descartes', die gemeinsam mit ihm herausgegeben wurden: La Dioptrique[1], Les Météores[2] und La Géométrie[3]. Diese Untersuchungen, die Lichtbrechung, Himmelserscheinungen und Analytische Geometrie zum Gegenstand haben (in der Geometrie wird das cartesische Koordinatensystem vorgestellt), stellen bereits eine Anwendung dieses Verfahrens dar: Durch mathematische Modellierung werden die Naturphänomene mit Hilfe allgemeiner Regeln bestimmt, die nach Vermessung und durch schrittweise Berechnung und zwingende Schlüsse auf den Einzelfall angewendet werden.

Gemeinsam mit den Meditationes de prima philosophia, den Principia Philosophiae und den Regulae ad directionem ingenii bildet der Discours die Basis der als Cartesianismus bekannten Form des Rationalismus.

Aus dem IV. Teil des Discours de la méthode stammt das berühmte Zitat „Je pense, donc je suis“ (dt. „Ich denke, also bin ich“). Das „Cogito ergo sum“ hingegen stammt aus § 7 der Principia Philosophiae von 1644.

Aufbau

Der Discours selbst besteht aus sechs Teilen, deren Einteilung Descartes in seinem Vorwort vorschlägt.[4]

  1. Betrachtungen über die Wissenschaften
  2. Hauptregeln der Methode
  3. Einige moralische Regeln
  4. Fundamente der Metaphysik
  5. Naturphilosophische Fragen
  6. Gründe, die den Autor zum Schreiben bewogen haben

Im Original finden sich, im Gegensatz zu modernen Ausgaben, aber keine Zwischenüberschriften. Descartes hat für den Discours die Form einer Autobiographie gewählt, tatsächlich handelt es sich aber um eine rationalistische Programmschrift: Indem Descartes seinen eigenen intellektuellen Werdegang beschreibt, liefert er Gründe und beschreibt Schritte, um von den Vorurteilen seiner Zeit Abstand zu gewinnen und rationalistisch zu philosophieren.

Zusammenfassung

Betrachtungen über die Wissenschaften

Descartes beschreibt die Ausgangslage: In allen Wissenschaften, aber auch bezüglich der Moral und der Religion, begegnen dem Wissbegierigen zahlreiche konkurrierende Theorien, ohne dass ihr rivalisierender Geltungsanspruch entschieden werden könnte. Nur in der Mathematik scheint Einigkeit hinsichtlich der Geltungskriterien zu herrschen, sodass der Wissenschaftsbetrieb um die Priorität von Entdeckungen, nicht um alternative Systeme konkurriert.[5]

Hauptregeln der Methode

Auf diesen negativen Befund gründet Descartes die Notwendigkeit eines Neuanfangs: Die historisch überlieferte, widersprüchliche Gestalt der Wissenschaften soll durch eine systematische ersetzt werden. Durch das System sollen sich Widersprüche und Lücken schneller aufzeigen lassen. Für die Neubegründung formuliert Descartes vier Regeln:

  1. Akzeptiere nur als wahr, was unbezweifelbar gewiss ist.
  2. Zerlege jede Frage in Teilprobleme und einfache Fragen, die mit Gewissheit entschieden werden können.
  3. Baue das Wissen der Reihe nach aus den Antworten auf diese einfachen Fragen auf und unterstelle für alle komplexe Fragen einen solchen einfachen Aufbau.
  4. Überprüfe diese Elemente daraufhin, ob sie eine vollständige Ordnung bilden.

Diese Problemlösungsstrategie sieht Descartes in der antiken Geometrie bereits verwirklicht.[6]

Einige moralische Regeln

Mit diesen Regeln lassen sich zwar Probleme wissenschaftlich lösen, aber sie erfordern Zeit zur Analyse und Beantwortung der elementaren Fragen. Bis sich daraus ein Weltbild ergibt, das auch handlungsleitende Funktion haben kann, empfiehlt Descartes eine provisorische Moral, die auf einer abwägenden und Extreme meidenden Konformität an das Umfeld beruht. Eine ähnliche Moral hatte auch der Skeptiker Montaigne empfohlen. Descartes erklärt eine solche Skepsis allerdings für vorläufig – mit den Regeln sollen alle Fragen, auch normative, wahrheitsgemäß beantwortet werden können.

Fundamente der Metaphysik

Descartes Ziel ist also die „Erforschung der Wahrheit“. Dieses Ziel geht er methodisch so an, dass er alles, was angezweifelt werden kann, zunächst zurückweist. Descartes legt zunächst dar, dass äußere Erfahrung, Schlussfolgerungen und selbst phänomenales Bewusstsein diesem Kriterium nicht genügen:

Da die Sinneswahrnehmungen uns bisweilen täuschen können, sind sie also nicht gewiss. Ebenso stellt er fest, dass formal korrekte logische Schlüsse der traditionellen Syllogistik dennoch zu falschen Ergebnissen führen können. Auch sie sind also nicht gewiss. Drittens ist sogar möglich, dass wir im Traum dieselben Gedanken haben, wie im wachen Zustand. Daraus zieht er die Konsequenz, dass alle Bewusstseinsinhalte ebenso gut Trugbilder sein können.

Ausgenommen von diesem Vorbehalt ist aber der formale Akt des Denkens (hier Zweifelns) selbst. Das Zweifeln setzt ein zweifelndes Subjekt voraus, das Denken ein Subjekt, das denkt. Das findet in der berühmten Formel „Ich denke, also bin ich“ („Je pense, donc je suis“) seinen Ausdruck. (In der Principia philosophiae (§ 7) heißt es: Cogito, ergo sum.)

Aus der Gewissheit, die das Bewusstsein über seine Existenz hat, macht er ein Beispiel dafür, wie gewiss uns eine Wahrheit im Allgemeinen zu sein hat. Alle Urteile über die Dinge, die Wahrheit beanspruchen, müssen uns in ähnlicher Weise einleuchten und evident werden wie der Satz: „Ich denke, also bin ich“.

Dem Bewusstsein können bestimmte Sachverhalte nur dann klar und evident einleuchten, wenn es in der Lage ist, diese Sachverhalte als klar und deutlich (gemeint ist: durch Eigenschaften bestimmt und von anderen unterscheidbar, clara et distincta) zu erkennen und das heißt, ihre besondere Qualität gegenüber den gewöhnlichen Zweifeln wahrzunehmen. Es hat also die Fähigkeit, Gewissheit vom Zweifel zu unterscheiden. Descartes vermutet, dass diese Fähigkeit daher kommt, dass das Bewusstsein von vornherein eine Vorstellung von Vollkommenheit hat, die den Maßstab bzw. das Bewertungskriterium bildet, um auch Bewusstseinsinhalte einordnen zu können: Erkenntnisse und Gewissheit sind vollkommener als Zweifel. Die Vorstellung von Vollkommenheit kommt von Gott; dabei aber nicht in der Weise, dass er sie als einzelne Vorstellung in uns, in unser Bewusstsein, eingepflanzt hätte, sondern vielmehr daher, dass das Bewusstsein, wenn es Gott wahrnimmt, Vollkommenheit als ein Attribut Gottes mit erfassen muss (und diesen Begriff dann in anderen Zusammenhängen weiter verwenden kann).

Oder umgekehrt: Da der Begriff der Vollkommenheit in unserem Bewusstsein (beweisbar) vorhanden ist, zieht Descartes den Schluss, dass Gott notwendig existiert -- und zwar für uns erkennbar existiert, denn wie sonst sollte das Bewusstsein zu diesem Begriff kommen und wie ohne ihn in der Lage sein, überhaupt etwas zu erkennen? Dass das Bewusstsein aber in der Lage ist, etwas zu erkennen, zeigt die Evidenz der Sätze: „Ich denke, also bin ich“ und „Ein vollkommenes Wesen muss existieren“.

Im folgenden Abschnitt werden nun diese beiden Ergebnisse aus dem vierten und fünften Abschnitt miteinander verknüpft: Was wir klar und deutlich erfassen, ist wahr. Gott ist Garant für die Wahrheit.

Also: Was wir klar und deutlich erfassen, stammt von Gott. Im letzten Abschnitt greift Descartes noch einmal das Traumargument des Anfangs auf. Die erste Schlussfolgerung war ja, dass alle Wirklichkeitserkenntnis bezweifelbar ist, weil wir uns – wie im Traum – täuschen könnten. Nun aber, da die Existenz eines wahrhaftigen und vollkommenen Gottes aus dem Begriff der Vollkommenheit abgeleitet zu sein scheint, kann Gott als Bedingung der Möglichkeit wahrer Erkenntnis postuliert werden, wobei allerdings die Unvollkommenheit des Menschen als Ursache für falsche Erkenntnis eingeräumt werden muss.

Naturphilosophische Fragen

In dieser Sektion führt Descartes seine Methode an zwei Beispielen vor: Zum einen anerkennt er zwar als einer der ersten Harveys Entdeckung des Blutkreislaufs, nicht aber dessen Auffassung von der Pumpfunktion des Herzens, sondern behauptet, die Bewegung des Blutes werde durch dessen Erwärmung und Hitzeausdehnung im Herzen verursacht,[7] zum anderen bestimmte er den Unterschied zwischen Mensch und Tier neu. Während Tiere biologische Automaten sind, zeigt der Mensch, dass er eine Seele besitzt, die seinen Körper (res extensa) zu Bewegungen veranlasst, die über die natürliche Determination hinausgehen. So ist vor allem das Sprechen ein Ausdruck des Denkens, dass nach Descartes ein Zustand der Seelensubstanz (res cogitans) ist.

Gründe, die den Autor zum Schreiben bewogen haben

Obwohl er bereits ein angesehener Gelehrter ist, erkennt Descartes, dass seine Leistungen nicht einem überlegenen Intellekt entwachsen sind, sondern ihren Ursprung in seiner Fähigkeit haben, sich nicht von Überbestimmtheit blenden zu lassen. Weiterhin geht er Schritt für Schritt vor, wobei jeder Schritt klar und distinkt sein muss. In dieser Schrift stellt er seine analytische Methode vor und zeigt in einem breiten Spektrum ihre Anwendung und ihre Leistungsfähigkeit.

Descartes stellt sich die Frage, wie sichere Erkenntnisse in Philosophie, Naturwissenschaft, Medizin und Ethik gewonnen werden können.

Das Ergebnis seiner Überlegungen ist, dass es zum einen eines sicheren Fundamentes bedarf, auf dem alle Erkenntnis aufbauen kann. Zum anderen bedarf es einer Methode, um anhand dieser vom Fundament aus gesichert zu weiteren Erkenntnissen fortschreiten zu können. Es ergibt sich eine Hierarchie der Wissenschaften bzw. Wissensbereiche. So ist die Philosophie das Fundament (oder die Wurzel) aller Erkenntnisse. Darauf baut die Physik als Stamm auf, über die man schließlich zu gesicherten Erkenntnissen der Medizin, Mechanik und der Moral kommen kann. Da die richtige Ethik erst am Schluss des Prozesses gefunden werden kann, führt Descartes auch die Notwendigkeit einer provisorischen Moral für die Übergangszeit vor Augen.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. René Descartes: La Dioptrique, ed. V. Cousin
  2. René Descartes: Les Météores, ed. V. Cousin
  3. René Descartes: La Géometrie
  4. René Descartes: Abhandlung über die Methode/Vorwort, dt. von Julius von Kirchmann (1870), S. 19–20.
  5. vgl. die Darstellung von Emerich Coreth und Harald Schöndorf: Philosophie des 17. und des 18. Jahrhunderts. Abgerufen am 20. März 2011., Stuttgart: Kohlhammer 1983, S. 34.
  6. vgl. die Darstellung von Emerich Coreth, Harald Schöndorf: Philosophie des 17. und des 18. Jahrhunderts. Abgerufen am 20. März 2011., Stuttgart: Kohlhammer 1983, S. 34.
  7. W. Bruce Fye: Profiles in Cardiology – René Descartes, Clin. Cardiol. 26, 49–51 (2003), PDF 58,2 kB.


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