Solow-Modell

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Graphische Darstellung des einfachen Solow-Modells (Solow-Modell ohne Bevölkerungswachstum und technischen Fortschritt) mit dem Pro-Kopf-Einkommen auf der vertikalen Achse und dem Pro-Kopf-Kapitalstock auf der horizontalen Achse. Zu sehen ist der gleichgewichtige Kapitalstock und das gleichgewichtige Pro-Kopf-Einkommen .

Das Solow-Modell, auch Solow-Swan-Modell oder Solow-Wachstumsmodell genannt, ist ein 1956 von Robert Merton Solow und Trevor Swan entwickeltes Modell, welches einen Beitrag dazu leistet, das ökonomische Wachstum einer Volkswirtschaft mathematisch zu erklären. Es stellt ein exogenes Wachstumsmodell dar und bildet eine Grundlage der neoklassischen Wachstumstheorie. Aufgrund seiner besonderen attraktiven mathematischen Eigenschaften und der mathematischen Einfachheit erwies sich das Solow-Modell als ein geeigneter Ausgangspunkt für verschiedenste Erweiterungen.

Allgemeines

Das Solow-Modell erklärt Wachstum als Prozess der Akkumulation von physischem Kapital hin zu einem langfristigen Gleichgewicht zwischen Investitionen und Abschreibungen, einem sogenannten Wachstumsgleichgewicht bzw. stationären Zustand (eng. steady state). Im Kern des Modells befindet sich eine aggregierte neoklassische Produktionsfunktion, welche meist vom Cobb-Douglas-Typ ist und die dem makroökonomischen Modell erlaubt „Kontakt zu der Mikroökonomie herzustellen“. Eine Volkswirtschaft, die zu Beginn mit wenig Kapital ausgestattet ist, wird in dem Modell zusätzliches Kapital ansparen und dadurch wachsen – anfangs mit hohen, mit zunehmender Kapitalakkumulation dann mit niedrigeren Wachstumsraten –, bis das langfristige Gleichgewicht erreicht wird. Im langfristigen Gleichgewicht ist die Wachstumsrate der Pro-Kopf-Produktion null. Weiteres Wachstum ist nur durch nicht im Modell erklärten (exogenen), technologischen Fortschritt möglich, da dieser die Eigenschaft aufweist, dass er die Beschränkung der abnehmenden Grenzerträge überwindet.

Entstehungsgeschichte

Solow und Swan entwickelten voneinander unabhängig ähnliche Versionen ihres Wachstumsmodells; Solow veröffentlichte seinen Beitrag im Februar 1956 im Quarterly Journal of Economics, Swans Artikel erschien im November in Economic Record. Während zu Beginn auch Swans Artikel auf große fachliche Rezeption stieß – der Beitrag wurde mehrmals in Sammelbände aufgenommen, und Swan wurde als Gastprofessor an verschiedene Universitäten eingeladen – setzte sich langfristig Solows Version des Modells und insbesondere die von ihm gewählte graphische Darstellung durch.[1] Später entwickelte Solow viele Implikationen und Anwendungen dieses Modells und erhielt im Jahr 1987 den Wirtschaftsnobelpreis für seine Beiträge zur Wachstumstheorie.[2]

Das Solow-Swan-Modell war eine Kritik und Weiterentwicklung des zu dieser Zeit vorherrschenden Wachstumsmodells nach Harrod-Domar. Wie das Solow-Modell nahm auch das Harrod-Domar-Modell eine konstante, exogene Sparquote an. Das Modell beruhte aber auch auf einer konstanten Grenzproduktivität des Kapitals und auf einer Produktionsfunktion mit geringer bzw. nicht existenter Substituierbarkeit zwischen Arbeit und Kapital. Das Harrod-Domar-Modell erlaubt mehrere verschiedene Wachstumsgleichgewichte: In einem möglichen Szenario wächst Kapital, ohne benutzt zu werden, in einem anderen wächst die Arbeitslosigkeit. Nur in einer Parameterkonstellation ergibt sich ein Wachstumsgleichgewicht, in dem alle verfügbaren Produktionsfaktoren benutzt werden.[3]

Das Modell

Annahmen

Die Volkswirtschaft wird im Solow-Modell als eine Aggregatseinheit angesehen (sozusagen als ein einziger Haushalt), die jegliche Produktions- und Konsumaktivität vornimmt. Weiterhin wird von der Existenz eines Staates abstrahiert und man nimmt an, dass keine monetären Effekte vorliegen, d. h. alle Güterpreise sind auf 1 normiert . Die Volkswirtschaft besitzt zu jedem Zeitpunkt [4] gewisse Mengen an Kapital (), Arbeit () und Technologie (), aus denen zusammen gemäß einer Produktionsfunktion (), Output () produziert wird:[5]

Das Produkt wird dabei als effektive Arbeit bezeichnet. Für die Produktionsfunktion wird angenommen, dass sie neoklassisch ist, also folgende vier Eigenschaften aufweist:

  1. Essentialität der Produktionsfaktoren. Ein Produktionsfaktor wird als essentiell bezeichnet, wenn ohne dessen Einsatz der Output stets 0 beträgt:
  2. Konstante Skalenerträge bzw. Homogenität vom Grad 1 in effektiver Arbeit und Kapital. Ökonomisch bedeutet dies: Ein vermehrter/verminderter Einsatz dieser Produktionsfaktoren führt zu einer im gleichen Verhältnis erhöhten/verminderten Produktion:
  3. Positive und abnehmende Grenzerträge:
    Durch die Annahmen implizierter Verlauf der Produktionsfunktion.
    Durch die Annahmen implizierter Verlauf der Produktionsfunktion.
    Die Grenzerträge von Kapital und effektiver Arbeit sind positiv, sinken aber mit zunehmendem Einsatz des jeweiligen Faktors. Wird also beispielsweise mehr effektive Arbeit verwendet, so steigt die Produktion, aber sie steigt weniger, wenn bereits viel effektive Arbeit eingesetzt wird. Mathematisch bedeutet dies, dass die ersten partiellen Ableitungen der Produktionsfunktion nach effektiver Arbeit und Kapital positiv, die jeweiligen zweiten Ableitungen aber negativ sind:
  4. Die sogenannten Inada-Bedingungen[6] müssen erfüllt sein, d. h., dass das Grenzprodukt eines jeden Produktionsfaktors gegen unendlich konvergiert, wenn man nur den jeweiligen Faktoreinsatz gegen null streben lässt. Lässt man den jeweiligen Faktoreinsatz hingegen gegen unendlich streben, so konvergiert das Grenzprodukt des Faktors gegen null:

Ökonomisch bedeutet dies, dass bei gegebener Technologie in einer Volkswirtschaft der Output nicht beliebig gesteigert werden kann, indem der Arbeitseinsatz (bzw. Kapitaleinsatz) immer weiter erhöht wird. Somit ist eine positive Wachstumsrate des Einkommens im Falle einer neoklassischen Produktionsfunktion ohne technischen Fortschritt bei Gültigkeit der Inada-Bedingungen langfristig nicht möglich.

In seiner einfachsten Form bezieht sich das Solow-Modell außerdem auf eine geschlossene Volkswirtschaft ohne Staatstätigkeit. Einkommen und Produktion müssen sich in einer solchen Volkswirtschaft entsprechen, die Produktion kann deswegen entweder für Konsum oder für Investitionen verwendet werden (Outputverwendungsgleichung):

Die Bruttoinvestitionen entsprechen ex post außerdem genau dem, was die Volkswirtschaft spart: (Siehe hierzu auch Investition und Sparen). In einer geschlossenen Volkswirtschaft ist somit . Das Sparverhalten der Volkswirtschaft wird durch eine konstante Sparquote () modelliert: , wobei zwischen 0 und 1 liegt. Die Volkswirtschaft spart also in jeder Periode einen gewissen Prozentsatz der gesamten Produktion. Diese über die Zeit konstante Sparquote wird als ein nicht im Modell bestimmter, exogener Parameter angenommen. Die Resultate zusammengefasst gilt:

mit

Zwei weitere Annahmen betreffen Kapital und Arbeit: Hinsichtlich Kapital wird angenommen, dass in jeder Periode ein gewisser Prozentsatz des bestehenden Kapitals unbrauchbar wird (Abschreibungen), während die arbeitende Bevölkerung mit einer konstanten Wachstumsrate exponentiell wächst.[7] Weiterhin wird angenommen, dass die Sparquote , aufgrund der unterstellten Gleichheit von Sparen und Investitionen, der Investitionsquote entspricht. Dies ist jedoch keine restriktive Annahme, da in der Realität eine annähernde Gleichheit der beiden Quoten über die Zeit herrscht.

Der Wachstumsprozess

Hauptartikel: Neoklassische Theorie

Zur Analyse von Volkswirtschaften mit wachsender Bevölkerung und zur besseren Vergleichbarkeit von Volkswirtschaften unterschiedlicher Größe werden die Modellgrößen nicht absolut, sondern pro Kopf ausgedrückt, wobei Kleinbuchstaben für Pro-Kopf-Größen verwendet werden. Man definiert demgemäß:

,

wobei die letzte Gleichung aus der Annahme konstanter Skalenerträge folgt.

Unter der Annahme einer konstanten Technologie kann dann mit dem Pro-Kopf-Kapital die Pro-Kopf-Produktionsfunktion definiert werden als[8][9]

.

Diese gibt für jeden Pro-Kopf-Kapitalbestand an, wie viel Output pro Kopf hergestellt wird. Für die Entwicklung des Pro-Kopf-Einkommens ist also der Pro-Kopf-Kapitalbestand entscheidend.

Dessen Entwicklung wird durch drei Faktoren bestimmt:

  1. In jeder Periode spart die Volkswirtschaft einen Teil ihres Pro-Kopf-Einkommens:
  2. In jeder Periode wird ein Teil des Pro-Kopf-Kapitalstocks: unbrauchbar
  3. In jeder Periode wächst die Bevölkerung exponentiell mit einer exogenen Rate , sodass mehr Arbeiter mit Kapital ausgestattet werden müssen, um das Pro-Kopf-Kapital konstant zu halten:

Damit ist die Veränderung des Pro-Kopf-Kapitalstocks jeder Periode gegeben als

Fundamentale Bewegungsgleichung des Solow-Modells mit Bevölkerungswachstum:[10]

  • : Änderung der Kapitalintensität über die Zeit
  • : Bruttoinvestitionen pro Kopf
  • : Erweiterte Abschreibungen pro Kopf
  • : Nettoinvestitionen pro Kopf

Wenn positiv ist, wächst der Pro-Kopf-Kapitalstock und damit das Pro-Kopf-Einkommen. Ist negativ, so schrumpfen Pro-Kopf-Kapital und -Produktion. Formal bedeutet dies:

(Kapitalintensität und Pro-Kopf-Einkommen wachsen)
(Kapitalintensität und Pro-Kopf-Einkommen schrumpfen)

Im langfristigen Gleichgewicht – dem Wachstumsgleichgewichts-Niveau der Volkswirtschaft – muss gelten, dass die Investitionen genau den Abschreibungen (unter Berücksichtigung des Bevölkerungswachstums) des Kapitalmodells entsprechen, d. h., der Kapitalbestand pro Kopf ist über die Zeit konstant ():

Der Pro-Kopf-Kapitalstock , der diese Gleichung erfüllt, ist der Wachstumsgleichgewichts-Kapitalstock () der Volkswirtschaft.[11] Die oben genannten Annahmen an die Produktionsfunktion (konstante Skalenerträge, positive, abnehmende Grenzerträge und die Inada-Bedingungen) garantieren die Existenz eines eindeutigen Wachstumsgleichgewichts.[12]

Abb. 1. Graphische Darstellung des Solow-Modells mit Bevölkerungswachstum: Unabhängig vom Startpunkt konvergiert die Kapitalintensität zur gleichgewichtigen Kapitalintensität.

Graphisch kann dies in einem Diagramm mit Pro-Kopf-Kapital auf der horizontalen und Pro-Kopf-Einkommen auf der vertikalen Achse dargestellt werden: ist gemäß der Annahmen eine konkave Funktion, ebenso die volkswirtschaftliche Sparfunktion . Die -Kurve ist eine Gerade, die angibt, wie viel gespart werden muss, um den Pro-Kopf-Kapitalstock gerade konstant zu halten und wird deswegen auch als Investitionsbedarfslinie (eng. requirement line) bezeichnet. Der Schnittpunkt zwischen Sparfunktion und Investitionsbedarfslinie bestimmt das langfristige Gleichgewichtsniveau (Wachstumsgleichgewicht) des Kapitalstocks, bei dem gerade so viel gespart wird, dass der Kapitalstock trotz Abschreibungen und Bevölkerungswachstum konstant bleibt. Wenn dieser Kapitalstock erreicht wird, ist die Wachstumsrate null und Pro-Kopf-Produktion, -Einkommen und -Kapital sind über die Zeit konstant.[13]

Falls das Pro-Kopf-Kapital unter dem langfristigen Gleichgewichtsniveau liegt, wird die Volkswirtschaft wachsen und das langfristige Gleichgewicht schließlich asymptotisch erreichen. Die Wachstumsrate geht dabei mit steigendem Kapitalstock immer weiter zurück – eine Implikation der Annahme, dass die Grenzerträge des Kapitals abnehmen.[14] Das Solow-Modell sagt also voraus, dass, ceteris paribus, Volkswirtschaften mit niedrigerem Pro-Kopf-Kapitalstock schneller wachsen als solche mit hoher Kapitalausstattung.[15]

Konvergenz zum Gleichgewicht

Abb. 2. Grafische Darstellung der Veränderung des Kapitalstocks pro Kopf über die Zeit in einem -Diagramm

In dem Bereich, in dem die Investitionen () größer als die Abschreibungen () sind, sind die Nettoinvestitionen positiv und somit steigt die Kapitalintensität über die Zeit [16]. Im Gegensatz dazu sind die Nettoinvestitionen in dem Bereich, in dem die Investitionen kleiner als die Abschreibungen sind, negativ und somit sinkt die Kapitalintensität über die Zeit . Folglich ist das System global stabil, d. h., für jeden beliebigen Anfangswert () konvergiert die Ökonomie zum Wachstumsgleichgewicht () (globale Stabilität):

Änderungen exogener Parameter

Der langfristige Wachstumsgleichgewichts-Kapitalstock () wird, wie oben ausgeführt, bestimmt durch[17]

.

Dabei werden die Sparquote , die Abschreibungsquote und das Bevölkerungswachstum als exogene, nicht im Modell bestimmte Parameter angesehen. Änderungen dieser Parameter haben jedoch Auswirkungen auf das langfristige Gleichgewicht der Volkswirtschaft.

Bevölkerungswachstum und Abschreibungen

Abb. 3. Effekt einer größeren Bevölkerungswachstumsrate () auf das langfristige Gleichgewicht.

Ein schnelleres Bevölkerungswachstum (größeres ) oder größere Abschreibungen (größeres ) haben im Modell die gleichen Auswirkungen auf das langfristige Gleichgewichtsniveau: Sie erhöhen die Steigung der Investitionsbedarfslinie und senken dadurch Pro-Kopf-Kapitalstock und -Einkommen: In jeder Periode müssen mehr Arbeiter mit Kapital ausgestattet (bzw. muss mehr Kapital ersetzt) werden, sodass bei gleichem Sparverhalten und gleicher Produktionstechnologie weniger Pro-Kopf-Kapital gebildet wird.[18] Abb. 3 zeigt graphisch, wie das langfristige Gleichgewicht auf ein erhöhtes Bevölkerungswachstum reagiert: Die schwarze Sparfunktionslinie bleibt unverändert, die Investitionsbedarfslinie mit Steigung (rot) rotiert um den Ursprung. Das neue langfristige Gleichgewicht resultiert aus dem Schnittpunkt der veränderten Investitionsbedarfslinie mit der Sparfunktion und ist durch ein geringeres Pro-Kopf-Kapital und -Einkommen charakterisiert als das vorherige Gleichgewicht . Da die neue Investitionsbedarfslinie beim Kapitalbestand höher liegt als , wird zu wenig Kapital angespart – die Wirtschaft schrumpft (). Dieser Prozess setzt sich fort, bis das neue Gleichgewichtsniveau in Punkt (Schnittpunkt der neuen Investitionsbedarfslinie mit der Sparenkurve: ) erreicht wird. Im neuen Gleichgewicht liegt ein gleichgewichtiger geringer Pro-Kopf-Kapitalstock vor und ein geringeres gleichgewichtiges Pro-Kopf-Outputniveau wird realisiert.

Sparquote und Goldene Regel der Akkumulation

Abb. 4. Effekt einer höheren Sparquote () auf das langfristige Gleichgewicht.

Zu vielen weiteren Themane siehe auch

Kritik und Weiterentwicklungen

Das grundlegende Solow-Modell geht von einer geschlossenen Volkswirtschaft ohne Staatstätigkeit aus. Eine Miteinbeziehung des Staatssektors und internationaler Kapitalflüsse ist allerdings möglich.[19]

Eine zentrale Annahme des Solow-Modells ist jedoch die exogen vorgegebene, über die Zeit konstante Sparquote. Diese bedeutet, dass eine Volkswirtschaft unabhängig vom Niveau ihres Einkommens immer den gleichen Prozentsatz desselben spart. Das Sparverhalten wird also nicht modelliert, und deswegen kann auch nicht untersucht werden, wie die Volkswirtschaft auf Änderungen des Zinssatzes oder des Kapitalsteuersatzes reagiert. Darüber hinaus deuten empirische Untersuchungen auch darauf hin, dass die Sparquote mit steigendem Einkommen steigt. Eine wichtige Erweiterung des Solow-Modells ist es deswegen, die Sparquote in Abhängigkeit vom Einkommen zu formulieren, was eine explizite Modellierung des Sparverhaltens der Haushalte erfordert. Eine solche wurde bereits von Ramsey 1928 eingeführt und dann von Cass (1965) und Koopmans (1965) weiterentwickelt.[20] Das resultierende Modell wird deswegen oft als Ramsey-Cass-Koopmans‑Modell oder kurz Ramsey-Modell bezeichnet.

Das Solow-Modell erklärt nicht weiter, was unter „Technologie“ oder „Arbeitsproduktivität“ zu verstehen ist. Es handelt sich dabei um einen Sammelbegriff für alle Faktoren, die das Pro-Kopf-Einkommen beeinflussen und nicht schon in Kapital und Arbeit inbegriffen sind. Dazu könnten unter anderem die Ausbildung der arbeitenden Bevölkerung, die Infrastruktur, aber auch politische Institutionen wie Eigentumsrechte gehören. Darüber hinaus nimmt das Modell diese für das Modell zentrale Wachstumsdeterminante als exogen gegeben an.[21] Während das Ramsey-Cass-Koopmans-Modell die Endogenisierung der Sparquote schaffte (d. h., die Sparquote wird aus dem Modell heraus erklärt und nicht als gegeben angenommen), behielt es die Annahme exogenen technologischen Fortschritts bei. Die Kritik an dieser Annahme führte Ende der 1980er Jahre zur Entwicklung sogenannter endogener Wachstumsmodelle, zu denen unter anderem Paul Romer, Philippe Aghion und Peter Howitt sowie Gene M. Grossman und Elhanan Helpman wichtige Beiträge verfassten (siehe auch Romer-Modell oder Jones-Modell). In diesen Modellen wird der technologische Fortschritt nicht als von außen vorgegebene Größe betrachtet, sondern bestimmt sich endogen innerhalb des Modells.[22]

Wachstumskritiker wie Herman Daly oder Nicholas Georgescu-Roegen kritisieren, dass im Solow-Modell die Rolle natürlicher Ressourcen nicht berücksichtigt würde.[23][24][25][26] Es existieren allerdings inzwischen Erweiterungen wie das „green Solow model“.[27][28]

Kritik von Joachim Stiller

  • Das ganze Solow-Modell ist im Grunde kompletter Schrott... Der Irrtum ist einfach, dass das Solow-Modell ein Vollgeldsystem unterstellt... Wir habe aber kein Vollgeldsystem... Und damit bricht das Solow-Modell komplett in sich zusammen...
  • Der Zusammenhang zwischen den Spareinlagen und den Darlehen (nicht Investitionen] ist kein implikativer, wie es in den Lehrbüchern steht, sondern ein replikativer...
  • Es wird unterstellt, Spareinlagen würden Investitionen generieren... Das ist aber so nicht der Fall... Tatsächlich generieren allein Investitionen Spareinlagen...

Weblinks

Commons: Exogene Wachstumsmodelle - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Siehe auch

Literatur

  • Robert Merton Solow: A Contribution to the Theory of Economic Growth. In: Quarterly Journal of Economics. Band 70, 1956, S. 65–94 (doi:10.2307/1884513).
→ Deutsche Übersetzung: H. König (Hrsg.): Ein Beitrag zur Theorie des wirtschaftlichen Wachstums. In: Wachstum und Entwicklung der Wirtschaft. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 1968, S. 67–96.
  • Trevor Swan: Economic Growth and Capital Accumulation. In: Economic Record. Band 32, Ausgabe 2, 1956, S. 334–361 (doi:10.1111/j.1475-4932.1956.tb00434.x).
  • Robert J. Barro, Xavier Sala-i-Martin: Economic Growth. 2. Auflage, MIT Press, Cambridge, MA 2004.
→ Deutsche Übersetzung der ersten Auflage (übersetzt von Walter Buhr): Wirtschaftswachstum. Oldenbourg Verlag, München 1998, ISBN 978-3-486-23535-7.
  • Lucas Bretschger: Wachstumstheorie. 3. überarbeitete und erweiterte Auflage, Oldenbourg Verlag, München 2004, ISBN 3-486-20003-8, Kapitel 3, Seite 25–40.
  • Manfred Gärtner: Macroeconomics. 2. Auflage, Pearson Education, Harlow 2006.
  • David Romer: Advanced Macroeconomics. 3. Auflage, McGraw-Hill/Irwin, New York 2006.
  • Daron Acemoglu: Introduction to Modern Economic Growth. Princeton University Press, 2008.
  • Charles I. Jones: The Facts of Economic Growth. Stanford GSB and NBER, 2015.
  • M. Burda; C. Wyplosz: Macroeconomics. A European Text. 4. Auflage, New York, 2005.
  •  Verena Halsmayer: From Exploratory Modeling to Technical Expertise: Solow's Growth Model as a Multipurpose Design. In: MIT and the Transformation of American Economics (= History of Political Economy). 2014, S. 229-251, doi:10.1215/00182702-2716181 (https://www.academia.edu/9499650).

Einzelnachweise

  1. Siehe hierzu auch: Robert W. Dimand, Barbara J. Spencer: Trevor Swan and the Neoclassical Growth Model. NBER Working Paper 13950, April 2008.
  2. Daron Acemoglu: Introduction to Modern Economic Growth. Princeton University Press, Princeton 2009, S. 37.
  3. Barro, Sala-i-Martin: Economic Growth. S. 71–74.
  4. Für die Variablen gilt im Folgenden:
  5. Denkbar wäre auch eine allgemeinere Produktionsfunktion der Form . Tatsächlich ist aber nur technologischer Fortschritt, der den Produktionsfaktor Arbeit erhöht (sogenannter labour augmenting oder Harrod-neutraler Fortschritt), mit der Existenz eines langfristigen Gleichgewichts mit kontinuierlichem technologischen Fortschritt mit konstanter Rate vereinbar. Siehe Barro, Sala-i-Martin: Economic Growth. S. 52 f. und 78 ff.
  6. Nach Ken-Ichi Inada, der sie in seinem 1963 erschienenen Artikel On a Two-Sector Model of Economic Growth: Comments and Generalization (Review of Economic Studies 30.2, S. 119–127) formulierte.
  7. Barro, Sala-i-Martin: Economic Growth. S. 23–28.
  8. Barro, Sala-i-Martin: Economic Growth. S. 28.
  9. Gärtner: Macroeconomics. S. 246.
  10. Die Pro-Kopf-Fundamentalgleichung des Solow-Modells lässt sich wie folgt durch die Ableitung des Kapitalstocks nach der Zeit und Anwendung der Kettenregel angeben: , wobei und beachtet werden muss.
  11. Gärtner: Macroeconomics. S. 246 f.
  12. Daron Acemoglu: Introduction to Modern Economic Growth. Princeton University Press, Princeton 2009, S. 29, 33 und 39.
  13. Gärtner: Macroeconomics. S. 238 f., S. 246 f.
  14. Barro, Sala-i-Martin: Economic Growth. S. 38 f.
  15. Barro, Sala-i-Martin: Economic Growth. S. 44.
  16. bezeichnet die Ableitung der Variablen nach der Zeit : , somit gibt die Veränderung der Variablen zum Zeitpunkt an.
  17. Im Folgenden werden die Zeitindizes aus Vereinfachungsgründen weggelassen.
  18. Gärtner: Macroeconomics. S. 247.
  19. Siehe Gärtner: Macroeconomics. Kapitel 10.1 und 10.2.
  20. Barro, Sala-i-Martin: Economic Growth. S. 85. Die zugrundeliegenden Arbeiten sind:
    Frank P. Ramsey: A Mathematical Theory of Saving. Economic Journal 38 (152), S. 543–559.
    David Cass: Optimum Growth in an Aggregative Model of Capital Accumulation. Review of Economic Studies, 32.3, S. 233–240.
    Tjalling C. Koopmans: On the concept of optimal economic growth. In: (Study Week on the) Econometric Approach to Development Planning. Kapitel 4, S. 225–87, North-Holland Publishing Co., Amsterdam.
  21. Romer: Advanced Macroeconomics. S. 28.
  22. Barro, Sala-i-Martin: Economic Growth. S. 19 f.
  23. Herman Daly: Georgescu-Roegen versus Solow/Stiglitz. In: Ecological Economics 1997; 22(3), S. 261–266.
  24. Herman Daly: Reply to Solow/Stiglitz. In: Ecological Economics 1997; 22(3), S. 271–273.
  25. Joseph E. Stiglitz: Georgescu-Roegen versus Solow/Stiglitz. In: Ecological Economics 1997; 22(3), S. 269–270.
  26. Robert M. Solo]: Georgescu-Roegen versus Solow-Stiglitz. In: Ecological Economics 1997; 22(3), S. 267–268.
  27. William A. Brock, M. Scott Taylor: The green Solow model. In: Journal of Economic Growth 15.2, 2010, S. 127–153, doi:10.1007/s10887-010-9051-0.
  28. Steffen Lange: Macroeconomics Without Growth: Sustainable Economies in Neoclassical, Keynesian and Marxian Theories. Metropolis, Marburg 2018. ISBN 978-3-7316-1298-8. Kapitel 8.
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