Hathor (Ägyptische Mythologie): Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 21. Mai 2020, 14:07 Uhr

Hathor in Hieroglyphen
Ideogramme
O10

C9
oder ausgeschrieben
O6X1
O1
D2
D21
X1
H8
C9

Hathor
(Hat Hor)
Ḥwt Ḥr
Mutterschoß des Horus [1]
Hathor mit Kuhgehörn und Sonnenscheibe
Hathor mit Sonnenscheibe sowie Kuhgehörn
und Hathor als Bat-Verkörperung
Hathor als Kuh

Hathor ist eine Göttin in der ägyptischen Mythologie. In ihren Anfängen nahm sie noch den Rang einer Lokalgöttin ein und fungierte dort in ihrer kuhgestaltigen Erscheinungsform.[2] Im weiteren Verlauf stieg Hathor zur Himmelsgöttin des Westens auf und wurde zu einer allumfassenden Muttergottheit. Sie war aber auch Totengöttin und Göttin der Liebe, des Friedens, der Schönheit, des Tanzes, der Kunst und der Musik.

Name und Darstellung

Hathor - Meyers Konversationslexikon 1888

Spätestens seit der 1. Dynastie ist Hathor unter Narmer als kuhgestaltige Göttin belegt. Auf einem Elfenbeintäfelchen aus dem Grab des Djer in Umm el-Qaab bei Abydos ist sie als liegende Kuh vor dem Serech als „Hathor in den Sümpfen von König Djers Stadt Dep“ zu sehen. Ihre ikonografische Darstellung unterscheidet sich nur wenig von der älteren Himmelsgöttin Bat. Abbildungen auf Gefäßbruchstücken belegen im Aussehen der Göttin Hathor nur einen kleinen Unterschied zu Bat, da die Hörnerspitzen der Hathor im Gegensatz zu Bat nach außen verlaufen.

Auf der Statuengruppe des Mykerinos aus der 4. Dynastie ist Hathor an der linken Seite von Mykerinos mit dem Bat-Emblem abgebildet, während Hathor an seiner rechten Seite in ihrer Eigenschaft als Personifikation des siebten oberägyptischen Gaus auftritt. Gut erkennbar ist das Gehörn der Hathor mit der dazwischen liegenden Sonnenscheibe, das einen leichten Schwung nach außen aufweist, während das Bat-Emblem die nach innen geneigte Hörnerwindung der Bat zeigt. Der Hintergrund einer abweichenden Gehörnform ist wahrscheinlich in zwei verschiedenen Bovidenarten zu sehen. Ab der 11. Dynastie verschmolz die Göttin Bat vollständig mit Hathor.

Ihr Name bedeutet „Haus des Hor“ beziehungsweise „Haus des Horus“, wobei sich der Namensbestandteil „Haus“ von der Bedeutung „Mutterschoß“ ableitet, der Horus umgibt. Das Ideogramm stellt daher meist einen Horusfalken im „Mutterschoß“ dar. Als spätere Gemahlin des Re und Mutter des Horus bildete sie den umschließenden Mutterleib, aus welchem Horus als ihr Sohn entsprang.[1]

Die Darstellung der Göttin Hathor ist vielfältig: Neben ihrer Erscheinungsform als stehende Frau mit Kuhgehörn und dazwischenliegender Sonnenscheibe ist sie auch vollständig als Kuh oder als kuhköpfige Frau abgebildet. In Verbindung zu einem Mythos um die Göttin Sachmet erscheint sie löwen- oder schlangenköpfig sowie als Gebieterin des Westens mit der zugehörigen Hieroglyphe „Westen“
R14
oder sogar als Nilpferd.

Seit dem Alten Reich wird sie auch oft als das Gold bezeichnet.[3]

Mythologische Verbindung zum Sonnengott Re

Ihre mythologischen Anfänge mit Re werden wie folgt beschrieben: Re öffnet im Inneren des Lotos seine Augen in dem Moment, in dem er das Urchaos verließ. In seinen Augen bildete sich eine Flüssigkeit, die zu Boden fiel: Sie verwandelte sich in eine schöne Frau, der man den Namen „Gold der Götter, Hathor die Große, Herrin von Dendera“ gab. In einem Mythos verwahrt Hathor über Nacht Re in ihrem Leib und gebärt ihn jeden Morgen neu.[4] In anderen Mythen ist Hathor das Auge des Re selbst.

Im Neuen Reich wird Re entsprechend mit dem Epitheton Kamutef als „Stier seiner Mutter“ genannt, der sich „durch Hathor selbst zeugte“. Damit repräsentiert Hathor das weibliche Element des göttlichen Königtums und ermöglicht so die zyklische Wiedergeburt des Königs als ursprünglich herrschender Horus.[5]

Im Mythos „Die Vernichtung der Menschheit“ ist Re über die Schlechtigkeit der Menschen enttäuscht und schickt Sachmet, um die bösen Menschen zu töten. Sachmet verfällt jedoch in einen Blutrausch und tötet immer mehr Menschen. Durch einen Plan des Thot wird Sachmet betrunken gemacht, um sie aufzuhalten und während sie schläft, verwandelt Re sie in Hathor.

Bedeutung und Kult

Als eine der ältesten altägyptischen Göttinnen trat sie später einige ihrer Symbole und Funktionen an die jüngere Isis ab. Ihre enge Verbindung zu Isis besteht in den Gemeinsamkeiten als Mutter- und als Totengöttin. Seit dem Neuen Reich ist Hathor nur noch durch die hieroglyphische Beischrift von Isis zu unterscheiden.

Hathor als Kuh im Totentempel der Hatschepsut von Deir el-Bahari

In ihren zahlreichen Funktionen galt sie auch als Beschützerin des Landes am Nil, der Fremden, der Bergleute (beispielsweise in den königlichen Kupfer- und Türkisminen auf dem Sinai), aller weiblichen Wesen und als Behüterin der Toten. Sie wurde auch als die Gemahlin des Horus angesehen.

Hathor-Darstellung im Grab des Haremhab

Der Göttin Hathor wurde unter anderem jrp (irep) – Wein in Krügen – geopfert, galt doch dieses alkoholische Getränk als Symbol des Blutes und der Kraft der Wiederauferstehung nach dem Tode. So wurde Hathor auch „Herrin der Trunkenheit“ genannt.[6]

Hathor wurde an vielen Orten im Alten Ägypten verehrt, darunter in Theben, Memphis, Sais und Abu Simbel, wobei Dendera seit dem Alten Reich als ihr Hauptkultort gilt. Aber auch im Ausland fand die Göttin Verehrung: in Byblos, Libanon und Timna.[7] Zusammen mit Horus von Edfu und den Söhnen Ihi (Sistrumgott) und Harsomtus (Vereiniger der beiden Länder) bildet Hathor in Dendera eine Familie. In Theben gehörte sie zur dortigen Götterneunheit. In Kom Ombo bildete Hathor mit Sobek und ihrem Sohn Chons eine Triade.

In der Interpretatio Graeca wurde Hathor mit Aphrodite identifiziert.[8]

Hathorsäule

Hathorsäule im Tempel von Dendera

Die Hathorsäule, welche auch Sistrumsäule genannt wird, ist eine trommelförmige Säule mit einem Hathorkapitell bei dem an allen vier Seiten das Gesicht der Göttin Hathor gezeigt wird und einem blockförmigen Aufsatz (Sistrum).

Tempel der Hathor

Dieser Göttin war, ebenso wie der Tempel von Dendera, der von Ramses II. für seine Frau Nefertari erbaute zweite Tempel von Abu Simbel geweiht. Auch der kleine Tempel von Deir el-Medina war hauptsächlich Hathor gewidmet.

Die Priesterinnen der Hathor wurden „Hathore“ genannt. Hathoren waren Tänzerinnen, Sängerinnen und Musikerinnen und dieser Begriff bezeichnete später weissagende Frauen und Prophetinnen. Beispielsweise diente auch dem Pharao Cheops eine Hathore als persönliche Prophetin, die Hathor- und Neith-Priesterin Hetepheres.

Siehe auch

Literatur

  • Hans Bonnet: Lexikon der ägyptischen Religionsgeschichte. 3., unveränderte Auflage, Nikol, Hamburg 2000, ISBN 3-937872-08-6, S. 277–282.
  • Wilhelm Drexler: Hathor. In: Wilhelm Heinrich Roscher (Hrsg.): Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Band 1,2, Teubner, Leipzig 1890, Spalte 1850–1869 (Digitalisat).
  • Adolf Erman: Die Aegyptische Religion. Reimer, Berlin 1909.
  • Wikipedia:Joe Heydecker: Die Schwestern der Venus, Die Frau in den Mythen und Religionen. Heyne, München 1994, ISBN 3-453-07824-1.
  • Erik Hornung: Der eine und die Vielen: ägyptische Gottesvorstellungen. 5. Auflage, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1993, ISBN 3-534-05051-7.
  • Farid Atiya, Abeer el-Shahawy: Das Ägyptische Museum von Kairo. Ein Streifzug durch das Alte Ägypten. Farid Atiya Press, Gizeh 2005 (Übersetzung aus dem Englischen: Evelyn Posch), ohne ISBN.

Weblinks

Commons: Hathor - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Kurt Sethe: Beiträge zur ältesten Geschichte Ägyptens, Bd. 3. Olms, Hildesheim 1964 (Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1905), § 145.
  2. Hans Bonnet: Lexikon der ägyptischen Religionsgeschichte. Hamburg 2000, S. 277.
  3. A. Ermann, H. Grapow: Wörterbuch der ägyptischen Sprache, Band II, 239, II
  4. F. Atiya, Abeer el-Shahawy: Das Ägyptische Museum von Kairo. ... Gizeh 2005, S. 173, rechte Spalte, 11. Z. v. u.
  5. Lana Troy: Patterns of queenship in ancient Egyptian myth and history. Almqvist & Wiksell International, Stockholm 1986, ISBN 91-554-1919-4, S. 21–22 und S. 54–59.
  6. F. Atiya, Abeer el-Shahawy: Das Ägyptische Museum von Kairo. ... Gizeh 2005, S. 135, 12. Z. v. u.
  7. Rolf Felde: Ägyptische Gottheiten. 2. erweiterte und verbesserte Auflage, R. Felde Eigenverlag, Wiesbaden 1995, S. 22.
  8. Wilhelm Drexler: Hathor. In: Ausführliches Lexikon der griechischen und römischen Mythologie. Leipzig 1890, S. 1862.


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