Somatosensorischer Cortex

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Funktionelle Organisation der Großhirnrinde:
  • Primär-motorisches Areal
  • Prä/Supplementär-motorische Areale
  • Primär-sensible Areale
  • Sensible Assoziationsareale
  • Hörfelder
  • Sehfelder
  • Schematische Darstellung der Funktionen des somatosensorischen Cortex.

    Der somatosensible oder somatosensorische Cortex (von griech. σώμα soma „Körper“ und lat. sensus „Empfindung, Gefühl, (Sinnes-)Eindruck, (Sinnes-)Wahrnehmung“[1]) verarbeitet auf den eigenen Körper und dessen unmittelbare Berührung mit der Umwelt bezogene Reize, die von entsprechenden Sinneszellen im Körperinneren und an der Körperoberfläche (Haut) aufgenommen werden. Er empfängt seine sensorischen Daten von verschiedenen Sinneszellen der Haut und aus dem Inneren des Körpers. Er vermittelt so die haptischen und thermischen Wahrnehmungen, Berührung, Druck und Vibration, sowie die Propriozeptionen, die vor allem mit dem Eigenbewegungssinn zusammenhängen und teilweise auch Schmerzempfindungen.

    Der somatosensorische Cortex gliedert sich in folgende Bereiche:

    • Die primär-sensiblen Areale (S1) umfassen die Brodmann-Areale 1, 2 und 3 (untergliedert in 3a und 3b) und liegen überwiegend auf der ersten Gehirnwindung hinter der Zentralfurche, dem Gyrus postcentralis. Auffallend ist, dass hier der ganze Körper - ähnlich wie beim benachbarten motorischen Cortex - als verkleinerter, auf dem Kopf stehender und je nach funktioneller Bedeutung in seinen Dimensionen teils stark verzerrter „Homunculus“ abgebildet ist.
    • Die sekundär-sensiblen oder sensiblen Assoziationsareale (S2) entsprechen den Brodmann-Arealen 40 und 43 und schließen sich nach hinten und unten an die primären Areale an.

    Johannes W. Rohen beschreibt die Funktionalität des somatosensorischen Systems wie folgt:

    „Die in den verschiedenen Hautsinnesorganen entstehenden nervösen Erregungen werden durch die hinteren Wurzeln der Spinalnerven dem Rückenmark zugeleitet und erreichen nach Kreuzung zur anderen Seite mit den sog. Vorderseitenstrangbahnen (Tractus spinothalamicus ant. und lat.) über den Thalamus die Großhirnrinde im Bereich der hinteren Zentralwindung (Gyrus postcentralis), die daher auch als «Körperfühlsphäre» bezeichnet wird. Den Rückenmarksbahnen schließen sich im Hirnstamm dann noch die Trigeminusbahnen an, die die Oberflächensensibilität der Hautbezirke des Kopfes zur hinteren Zentralwindung der Gegenseite leiten. Damit entsteht auf der Hirnoberfläche ein spiegelbildliches Muster der gesamten Körperoberfläche, wobei aber der Kopf unten und die Beine oben und zwar jeweils auf der anderen Seite des Gehirns «abgebildet» werden und zudem auch kein anatomisch «richtiges», sondern ein stark verzerrtes Bild entsteht, in dem funktionell hochwertige Hautareale (Lippen, Finger) größere Hirnbereiche einnehmen als relativ unempfindliche Hautzonen (z.B. Rumpf; sensorischer Homunkulus).

    Die von den verschiedenen Hautrezeptoren kommenden Erregungen werden schon im Rückenmark nach den jeweiligen Modalitäten (Druck, Berührung, Vibration, Schmerz, Temperatur) aufgeteilt und getrennt dem Hirnstamm (hier erfolgen gegebenenfalls Reflexschaltungen) und der Großhirnrinde (hier entwickelt sich dann ein Bewusstsein von den Tastsensationen) zugeleitet. Interessanterweise werden die Sensationen in der hinteren Zentralwindung des Gehirns aber nicht nach den Körperregionen zu einheitlichen «Bildern» zusammengefasst, sondern auch hier wieder - «sorgfältig» getrennt nach den verschiedenen Modalitäten - verarbeitet. Es bleibt also auch bei diesem Sinnessystem das Rätsel bestehen, wie sich das für uns doch ganz einheitliche oder ganzheitliche Sinneserlebnis ausbilden kann, obwohl die nervösen Kanäle für die verschiedenen Modalitäten im gesamten Nervensystem immer getrennt voneinander bleiben.“ (Lit.: Rohen 2016, S. 306)

    Siehe auch

    Literatur

    • Johannes W. Rohen: Funktionelle Neuroanatomie: Lehrbuch und Atlas, Schattauer, F.K. Verlag 2001, ISBN 978-3794521289
    • Johannes W. Rohen, Elke Lütjen-Drecoll: Funktionelle Anatomie des Menschen: Lehrbuch der makroskopischen Anatomie nach funktionellen Gesichtspunkten, Schattauer; Auflage: 11., überarb. u. erw. Aufl. (September 2005), ISBN 978-3794524402
    • Johannes W. Rohen: Eine funktionelle und spirituelle Anthropologie: unter Einbeziehung der Menschenkunde Rudolf Steiners, 1. Aufl., Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2009, ISBN 978-3772520983
    • Johannes W. Rohen, Chihiro Yokochi, Elke Lütjen-Drecoll: Anatomie - Der fotografische Atlas der systematischen und topografischen Anatomie des Menschen, 8. Aufl., Schattauer, 2015, ISBN 978-3-7945-2981-0 (Print) und ISBN 978-3-7945-6804-8 (eBook PDF) [1]
    • Johannes W. Rohen: Morphologie des menschlichen Organismus, 4. Aufl., Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2016, ISBN 978-3772519987

    Einzelnachweise