Entelechie und Heuschreckenmenschen: Unterschied zwischen den Seiten

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Unter '''Entelechie''' ({{ELSalt|ἐντελέχεια}}, ''entelecheia'') versteht man in der [[Philosophie]] etwas, das sein Ziel ([[Telos (Philosophie)|Telos]]) in sich selbst hat. Der Begriff wurde von [[Aristoteles]] in der [[Wikipedia:Metaphysik (Aristoteles)|Metaphysik]] IX, 8 eingeführt (''siehe auch'' [[Akt und Potenz]]). Der Ausdruck ''Entelechie'' ist aus drei Bestandteilen (en-tel-echeia) zusammengesetzt: ''en'' (in), ''tel'' von ''telos'' (Ziel), ''echeia'' von ''echein'' (haben/halten).
Der Terminus '''Heuschreckenmenschen''' wurde von [[Rudolf Steiner]] im sogenannten [[GA 346|Priester-Apokalypsekurs]] ([[GA 346]]) in Anklang an entsprechende Motive in der [[Apokalypse des Johannes]] benutzt und verweist auf Menschen, die der [[Reinkarnation]] nicht unterliegen: sogenannte [[Ichlose Menschen]]. Damit ist durch [[Rudolf Steiner]] eine von mehreren denkbaren Erklärungen für die derzeitige [[Wikipedia:Überbevölkerung|Überbevölkerung]] des Planeten Erde gegeben worden.


== Begriffsbedeutung ==
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Der Begriff kann auf verschiedene Weise gedeutet werden.  
"Sie werden finden können, wie unter dem
Hereinbrechen des [[Materialismus]], sagen wir zum Beispiel, als der
Kopernikanismus heranrückte, ein Drittel der Menschen eigentlich
geistig getötet wurde, das heißt, aufhörte, volle Geistigkeit zu
entwickeln. Und wirklich furchtbar erschütternd ist ja die in der
Apokalypse geschilderte [[Heuschreckenplage]].


=== Entelechie als Reifegestalt ===
Da kommen wir aber auf eine Sache, die man, ich möchte sagen,
nicht gern sagt, die aber natürlich zu den Dingen gehört, die
gerade in das Priesterwirken hereinschlagen. Diese [[Heuschreckenplage]]
ist ja, vom reinen Bewußtseins Standpunkt aus gesehen,
im allereminentesten Sinne schon eingetreten, nicht wahr, wenn
wir theoretisch sprechen. Wenn wir zu Menschen sprechen, wo ja
immer Gesundungen eintreten können bei kranken Verhältnissen,
dann dürfen solche Dinge nicht erörtert werden; aber wenn es
sich um priesterliches Wirken handelt, dann muß man doch wissen,
mit wem man es bei den Menschen in der Regel zu tun hat.
Es ist ja so, daß in der Regel ungeheure Fröhlichkeit besteht bei
denen, die sich heute liberale oder demokratische Menschen nennen,
wenn sie wieder und wieder anführen können, daß sich die
Menschheit in einem bestimmten Gebiet der Erde so ungeheuer
vermehrt. [[Bevölkerungszunahme]] ist ja das, was so stark ersehnt
wird besonders von demokratisch-liberalen Menschen, ich meine
im politischen Sinn, auch von allen, wie sie meinen, geistig frei
Denkenden.


In dieser Deutung bezeichnet Entelechie ein [[Individuum]], das sein Ziel in sich hat, also ein vollendetes Einzelding, ein Individuum im Vollendungszustand. Beispielsweise ist der [[Schmetterling]] die Entelechie der [[Wikipedia:Raupe (Schmetterling)|Raupe]], da der Schmetterling im Verhältnis zur Raupe die vollendete Gestalt erreicht hat.
Nun, sehen Sie, erstens ist das nicht ganz richtig, weil die Statistiken
auf Irrtümern beruhen; man nimmt bei den statistischen
Vergleichsrechnungen nicht die ganze Erde, man nimmt immer
nur ein Stück der Erde und denkt nicht daran, daß die anderen
Teile der Erde zu anderen Zeiten eben dichter bevölkert waren als
heute. Es ist also im einzelnen nicht immer ganz richtig, aber im
ganzen ist es schon richtig, daß in unserer Zeit eine Art überzähliger
Menschen erscheinen, die ichlos sind, die keine Menschen in
Wirklichkeit sind. Das ist eine furchtbare Wahrheit. Sie gehen
herum, sie sind keine Inkarnationen eines [[Ich]], sie werden hereingestellt in die physische Vererbung, bekommen [[Ätherleib]] und
[[Astralleib]], sie werden in gewissem Sinne innerlich ausstaffiert mit
einem [[ahrimanisch]]en Bewußtsein; sie machen den Eindruck von
Menschen, wenn man nicht genau hinsieht, aber sie sind nicht im
vollen Sinne des Wortes Menschen.


=== Entelechie als Innehaben von Vollendungspotenzial ===
Das ist eine schreckliche Wahrheit, das ist vorhanden, das ist
eine Wahrheit. Und direkt auf Menschen selber weist der Apokalyptiker
hin, wenn er in der fünften Posaunenepoche von der
[[Heuschreckenplage]] spricht. Und wiederum kann man den Apokalyptiker
in seinem Schauen erkennen. Denn in ihrem astralischen
Leib erscheinen solche Menschen durchaus so, wie sie der
Apokalyptiker beschreibt: als ätherische Heuschrecken mit Menschengesichtern.
Es ist durchaus so, daß man über solche übersinnlichen
Dinge so zu denken hat, daß der Priester solche Dinge
wissen muß. Denn er ist der Seelsorger. Er muß also auch die
Worte finden können für alles das, was in einer solchen Seele
vorgeht. Es brauchen durchaus nicht immer böse Seelen zu sein,
es können eben Seelen sein, die bis zum Seelischen kommen, aber
des Ichs entbehren. Man wird schon darauf kommen, wenn man
auf diese Menschen stößt. Der Priester muß dies wissen, denn das
beeinflußt ja die Gemeinschaft unter den Menschen. Und vor
allen Dingen leiden diejenigen Menschen, die echt beseelt sind,
von solchen Personen, die eigentlich als [[Menschen-Heuschrecken]]
durch die Welt gehen. Und es kann und muß sogar die Frage
entstehen: Wie hat man sich solchen Menschen gegenüber zu
verhalten?


Setzt man die beiden ersten Wortbestandteile (en-tel-) als ''entelês'' (vollendet), so bedeutet Entelechie soviel wie "das Vollendete habend", also das Innehaben von vollendeten Fähigkeiten, die prinzipiell jederzeit abrufbar sind. In diesem Sinne bezeichnet Entelechie ein Vermögen eines Individuums, nicht aber das Individuum selbst. Beispielsweise besitzt der Schmetterling die Fähigkeit zu fliegen, daher ist Fliegenkönnen/Flugfähigkeit die Entelechie des Schmetterlings.
Solchen Menschen gegenüber hat man oftmals eine recht
"[[Leibniz]] bezeichnet die [[Monade]]n als Entelechie, weil sie den Zweck ihrer eigenen Verwirklichung in sich tragen." (siehe Anton Hügli/Poul Lübcke unter Literatur).  
schwierige Aufgabe, weil sie durchaus tief fühlend sind; sie können
außerordentlich tief fühlend sein, man merkt aber, es steckt
nicht eine eigentliche Individualität in ihnen. Nur hat man ihnen
das natürlich sorgfältig zu verbergen, daß keine Individualität in
ihnen steckt, denn sonst wäre ja die notwendige Folge der [[Wahnsinn]].
Aber trotzdem man ihnen das zu verbergen hat, handelt es
sich darum, daß man für solche Seelen - Seelen sind es ja doch,
wenn auch nicht Geister -, alles so einrichtet, daß diese Menschen
den Anschluß finden an andere Menschen, in deren Gefolge sie
sich entwickeln können, daß sie also gewissermaßen Mitgehende
dieser anderen werden. Diese Menschen zeigen eigentlich ziemlich
genau die Natur und Wesenheit des Menschen bis zum zwanzigsten
Lebensjahr. Denn beim zwanzigsten Lebensjahr wird ja
erst die Gemüts- oder Verstandesseele geboren und damit die
Möglichkeit des irdischen Auslebens des Ich gegeben.


In dieser Bedeutung kann außerdem zwischen aktiver und passiver Entelechie unterschieden werden:
Derjenige, der behaupten wollte, solchen ichlosen, individualitätslosen
* ''Aktive Entelechie'' ist eine Fähigkeit, die ausgeübt werden kann und somit einem Wirkpotenzial entspricht.  
Menschen gegenüber solle man sich nicht teilnahmsvoll
* ''Passive Entelechie'' ist die Fähigkeit, eine äußere Einwirkung zu erdulden, und entspricht einem Widerstandspotenzial, z. B. der Fähigkeit eines Materials, einem Druck standzuhalten.
verhalten, da sie eine künftige [[Inkarnation]] nicht hätten, weil ja
keine [[Individualität]] da sei, der irrt gar sehr. Er müßte dann auch
behaupten, man solle sich den Kindern gegenüber nicht teilnahmsvoll
verhalten. Es ist in jedem einzelnen Fall zu entscheiden,
was eigentlich in einem solchen Menschen steckt. Manchmal
stecken postume Seelen in solchen Menschen, postum gegenüber
den Menschenseelen, die in einem bestimmten Zeitalter der Entwickelung
entstanden sind und sich als Menschen immer wiederholt
verkörperten. Aber es können auch zurückgebliebene Seelen
sein, solche, die später von einem anderen Planeten wieder zurückgekommen
sind, wohin in einem bestimmten Zeitalter fast
die ganze Menschheit gegangen war. Auch solche Seelen können
in solchen Menschenleibern stecken. Wir müssen also mit vollem
Bewußtsein diese Menschen wie bleibende Kinder erziehen." {{Lit|{{G|346|184f}}}}
</div>


== Entelechie und Energie ==
== Literatur ==
Der Entelechie-Begriff steht bei [[Aristoteles]] in engem Zusammenhang mit dem Energie-Begriff. ''[[Energeia]]'' ist ein weiteres von [[Aristoteles]] geprägtes Kunstwort aus den Wortbestandteilen ''en ergô einai'' (''im Werk sein''). Es bezeichnet die lebendige Wirksamkeit im Unterschied zur ''dynamis'', der bloßen Potenz oder Möglichkeit. Beide Begriffe, Energie und Entelechie, stellen Aspekte des Form-Begriffs dar: Die Form (''eidos'') ist erstens auch Energie, weil sie die [[Wirkursache]] in sich schließt. Die Form ist zweitens auch Entelechie, insofern sie den [[Zweck]] des Wirkens beinhaltet.
 
== Der Entelechie-Begriff bei Goethe und Steiner ==
 
{{GZ|Das "Ganze" (die Idee) bedingt jedes Einzelne aus sich selbst, seinem eigenen Wesen gemäß. Dieses sich aus sich selbst Bestimmende kann man mit Goethe eine ''Entelechie'' nennen. Entelechie ist also die sich aus sich selbst in das Dasein rufende Kraft. Was in die Erscheinung tritt, hat auch sinnenfälliges Dasein, aber dies ist durch jenes entelechische Prinzip bestimmt.|1|59}}


{{GZ|Die Idee ist deshalb im Sinne Goethes als Entelechie, d. i. schon als tätiges Dasein zu fassen.|1|234}}
#Rudolf Steiner: ''Apokalypse und Priesterwirken'', [[GA 346]], S. 184 - 187
<div style="margin-left: 20px;">
(Achtzehn Vorträge, Gespräche
und Fragenbeantwortungen
in Dornach vom 5. bis 22. September 1924,
wiedergegeben nach '''Notizen von Teilnehmern''' ([[GA 346]], S. 3 Hervorhebung anthrowiki))


{{GZ|Gegenüber
'''(Wegen der offensichtlichen Mängel der Aufzeichnungen mußten sich die Herausgeber zu einer Bearbeitung der Textunterlage entschließen. Diese wurde nach folgenden Richtlinien vorgenommen:
dem Vergänglichen, das uns in den einzelnen Ereignissen, die in der
- klare Satzgliederungen herstellen
menschlichen Umgebung sind, entgegentritt, stehen die ewigen Ideen.
- Interpunktion und Rechtschreibung berichtigen
Das Stoffliche ist vergänglich, es ist nur ein Bild der ewigen Idee, die
- Zitate nachweisen und berichtigen
in immer aufeinanderfolgenden Metamorphosen als Ewiges durch die
- unvollständige Sätze ergänzen
zeitlich vergänglichen Erscheinungen durchgeht. So hob Plato seine
- in Zweifelsfällen Textvarianten in die Hinweise aufnehmen und/oder
Schüler hinauf von der Betrachtung der vergänglichen äußeren sinnlichen Dinge zu den ewigen Ideen, die gewissermaßen als das Himmlische
erläutern
über dem Irdischen schwebten.
- bei unverständlichen Textstellen Parallelstellen im Werk Steiners
nachweisen, um mit deren Hilfe einen sinnvollen Text zu erarbeiten. ([[GA 346]], S. 333))'''
</div>
#Michael Heinen-Anders: ''Aus anthroposophischen Zusammenhängen'', BOD, Norderstedt 2010
#Michael Heinen-Anders: ''Aus anthroposophischen Zusammenhängen Band II'', BOD, Norderstedt 2011


Zu kurz kam bei dieser platonischen Betrachtung der Mensch selber.
== Siehe auch: ==
Denn im Menschen, in dem die Idee unmittelbar lebendig und gegenständlich
wird, kann man die platonische Denkweise nicht recht anwenden:
er ist zu individuell. Bei Plato sind die Ideen sozusagen etwas
über den Dingen Schwebendes. Die Mineralien, Kristalle, Quarzkristalle
entsprechen ja dieser Idee, auch die anderen äußeren Dinge der
leblosen Sinneswelt. Bei ''Goethe'' ist es auch so, daß er die Urpflanze
verfolgt, die Typen betrachtet. Bei den Tieren kann man auch so verfahren.
Aber bei dem Menschen ist es so, daß in jeder einzelnen Menschenindividualität
die lebendige Ideenindividualität auch verfolgt
werden muß. Das hat erst ''Aristoteles'' bewirkt, nicht Plato, daß die
Idee als «Entelechie» im Menschen wirksam gesehen wurde.|236|76f}}


{{GZ|Goethe hat erst später in seinem «Faust» eingesetzt: «Faustens Unsterbliches»; zuerst hatte er im Manuskript stehen: «Faustens Entelechie» - Entelechie, diesen aristotelischen Begriff, der in einer viel intimeren Weise das Menschlich-Seelische, das durch die Pforte des Todes geht, ausdrückt, als selbst das Wort «Unsterbliches», das ein negatives Wort ist, während Entelechie ein positives Wort ist.
* [[Ichlose Menschen]]
Aber Goethe hat wohl selber gefühlt, als er schrieb: «Faustens Entelechie wird von den Engeln himmelwärts getragen» -, daß die neuere Menschheit wenig Konkretes sich vorstellt bei dem Ausdruck Entelechie; daher hat er den gebräuchlicheren Ausdruck «Faustens Unsterbliches» dann an die Stelle gesetzt. Aber er hat etwas gefühlt von der Tiefe des Entelechiebegriffs.|171|12}}
* [[Ohrläppchen]]


== Siehe auch ==
* [[Idee]]
* [[Selbstorganisation]]
* [[Individualität]]
* [[vierte (zukünftige) Hierarchie]]
== Literatur ==
* Anton Hügli/Poul Lübcke (Hg.): ''Philosophielexikon'', rowohlts enzyklopädie, Reinbek b. Hamburg, 6. Auflage 2005, S. 173 ISBN 3-499-55453-4
* Rudolf Steiner: ''Goethes Naturwissenschaftliche Schriften'', (nach: [[GA 1]]), Vlg. Freies Geistesleben, Stuttgart 1962, S. 59
* Rudolf Steiner: ''Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften. Zugleich eine Grundlegung der Geisteswissenschaft (Anthroposophie) (1884-1897)'', [[GA 1]], (1987) {{Schriften|1}}
* Rudolf Steiner: ''Innere Entwicklungsimpulse der Menschheit - Goethe und die Krisis des neunzehnten Jahrhundert'', [[GA 171]], Dornach 1984 {{Vorträge|171}}
* Rudolf Steiner: ''Esoterische Betrachtungen karmischer Zusammenhänge. Zweiter Band'', [[GA 236]] (1988), ISBN 3-7274-2360-9 {{Vorträge|236}}


{{GA}}
{{GA}}
[[Kategorie: Philosophie]]
[[Kategorie: Griechische Philosophie]]
[[Kategorie: Ontologie]]
[[Kategorie: Theologie]]
{{Wikipedia}}

Version vom 3. Mai 2013, 23:42 Uhr

Der Terminus Heuschreckenmenschen wurde von Rudolf Steiner im sogenannten Priester-Apokalypsekurs (GA 346) in Anklang an entsprechende Motive in der Apokalypse des Johannes benutzt und verweist auf Menschen, die der Reinkarnation nicht unterliegen: sogenannte Ichlose Menschen. Damit ist durch Rudolf Steiner eine von mehreren denkbaren Erklärungen für die derzeitige Überbevölkerung des Planeten Erde gegeben worden.

"Sie werden finden können, wie unter dem Hereinbrechen des Materialismus, sagen wir zum Beispiel, als der Kopernikanismus heranrückte, ein Drittel der Menschen eigentlich geistig getötet wurde, das heißt, aufhörte, volle Geistigkeit zu entwickeln. Und wirklich furchtbar erschütternd ist ja die in der Apokalypse geschilderte Heuschreckenplage.

Da kommen wir aber auf eine Sache, die man, ich möchte sagen, nicht gern sagt, die aber natürlich zu den Dingen gehört, die gerade in das Priesterwirken hereinschlagen. Diese Heuschreckenplage ist ja, vom reinen Bewußtseins Standpunkt aus gesehen, im allereminentesten Sinne schon eingetreten, nicht wahr, wenn wir theoretisch sprechen. Wenn wir zu Menschen sprechen, wo ja immer Gesundungen eintreten können bei kranken Verhältnissen, dann dürfen solche Dinge nicht erörtert werden; aber wenn es sich um priesterliches Wirken handelt, dann muß man doch wissen, mit wem man es bei den Menschen in der Regel zu tun hat. Es ist ja so, daß in der Regel ungeheure Fröhlichkeit besteht bei denen, die sich heute liberale oder demokratische Menschen nennen, wenn sie wieder und wieder anführen können, daß sich die Menschheit in einem bestimmten Gebiet der Erde so ungeheuer vermehrt. Bevölkerungszunahme ist ja das, was so stark ersehnt wird besonders von demokratisch-liberalen Menschen, ich meine im politischen Sinn, auch von allen, wie sie meinen, geistig frei Denkenden.

Nun, sehen Sie, erstens ist das nicht ganz richtig, weil die Statistiken auf Irrtümern beruhen; man nimmt bei den statistischen Vergleichsrechnungen nicht die ganze Erde, man nimmt immer nur ein Stück der Erde und denkt nicht daran, daß die anderen Teile der Erde zu anderen Zeiten eben dichter bevölkert waren als heute. Es ist also im einzelnen nicht immer ganz richtig, aber im ganzen ist es schon richtig, daß in unserer Zeit eine Art überzähliger Menschen erscheinen, die ichlos sind, die keine Menschen in Wirklichkeit sind. Das ist eine furchtbare Wahrheit. Sie gehen herum, sie sind keine Inkarnationen eines Ich, sie werden hereingestellt in die physische Vererbung, bekommen Ätherleib und Astralleib, sie werden in gewissem Sinne innerlich ausstaffiert mit einem ahrimanischen Bewußtsein; sie machen den Eindruck von Menschen, wenn man nicht genau hinsieht, aber sie sind nicht im vollen Sinne des Wortes Menschen.

Das ist eine schreckliche Wahrheit, das ist vorhanden, das ist eine Wahrheit. Und direkt auf Menschen selber weist der Apokalyptiker hin, wenn er in der fünften Posaunenepoche von der Heuschreckenplage spricht. Und wiederum kann man den Apokalyptiker in seinem Schauen erkennen. Denn in ihrem astralischen Leib erscheinen solche Menschen durchaus so, wie sie der Apokalyptiker beschreibt: als ätherische Heuschrecken mit Menschengesichtern. Es ist durchaus so, daß man über solche übersinnlichen Dinge so zu denken hat, daß der Priester solche Dinge wissen muß. Denn er ist der Seelsorger. Er muß also auch die Worte finden können für alles das, was in einer solchen Seele vorgeht. Es brauchen durchaus nicht immer böse Seelen zu sein, es können eben Seelen sein, die bis zum Seelischen kommen, aber des Ichs entbehren. Man wird schon darauf kommen, wenn man auf diese Menschen stößt. Der Priester muß dies wissen, denn das beeinflußt ja die Gemeinschaft unter den Menschen. Und vor allen Dingen leiden diejenigen Menschen, die echt beseelt sind, von solchen Personen, die eigentlich als Menschen-Heuschrecken durch die Welt gehen. Und es kann und muß sogar die Frage entstehen: Wie hat man sich solchen Menschen gegenüber zu verhalten?

Solchen Menschen gegenüber hat man oftmals eine recht schwierige Aufgabe, weil sie durchaus tief fühlend sind; sie können außerordentlich tief fühlend sein, man merkt aber, es steckt nicht eine eigentliche Individualität in ihnen. Nur hat man ihnen das natürlich sorgfältig zu verbergen, daß keine Individualität in ihnen steckt, denn sonst wäre ja die notwendige Folge der Wahnsinn. Aber trotzdem man ihnen das zu verbergen hat, handelt es sich darum, daß man für solche Seelen - Seelen sind es ja doch, wenn auch nicht Geister -, alles so einrichtet, daß diese Menschen den Anschluß finden an andere Menschen, in deren Gefolge sie sich entwickeln können, daß sie also gewissermaßen Mitgehende dieser anderen werden. Diese Menschen zeigen eigentlich ziemlich genau die Natur und Wesenheit des Menschen bis zum zwanzigsten Lebensjahr. Denn beim zwanzigsten Lebensjahr wird ja erst die Gemüts- oder Verstandesseele geboren und damit die Möglichkeit des irdischen Auslebens des Ich gegeben.

Derjenige, der behaupten wollte, solchen ichlosen, individualitätslosen Menschen gegenüber solle man sich nicht teilnahmsvoll verhalten, da sie eine künftige Inkarnation nicht hätten, weil ja keine Individualität da sei, der irrt gar sehr. Er müßte dann auch behaupten, man solle sich den Kindern gegenüber nicht teilnahmsvoll verhalten. Es ist in jedem einzelnen Fall zu entscheiden, was eigentlich in einem solchen Menschen steckt. Manchmal stecken postume Seelen in solchen Menschen, postum gegenüber den Menschenseelen, die in einem bestimmten Zeitalter der Entwickelung entstanden sind und sich als Menschen immer wiederholt verkörperten. Aber es können auch zurückgebliebene Seelen sein, solche, die später von einem anderen Planeten wieder zurückgekommen sind, wohin in einem bestimmten Zeitalter fast die ganze Menschheit gegangen war. Auch solche Seelen können in solchen Menschenleibern stecken. Wir müssen also mit vollem Bewußtsein diese Menschen wie bleibende Kinder erziehen." (Lit.: GA 346, S. 184f)

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Apokalypse und Priesterwirken, GA 346, S. 184 - 187

(Achtzehn Vorträge, Gespräche und Fragenbeantwortungen in Dornach vom 5. bis 22. September 1924, wiedergegeben nach Notizen von Teilnehmern (GA 346, S. 3 Hervorhebung anthrowiki))

(Wegen der offensichtlichen Mängel der Aufzeichnungen mußten sich die Herausgeber zu einer Bearbeitung der Textunterlage entschließen. Diese wurde nach folgenden Richtlinien vorgenommen: - klare Satzgliederungen herstellen - Interpunktion und Rechtschreibung berichtigen - Zitate nachweisen und berichtigen - unvollständige Sätze ergänzen - in Zweifelsfällen Textvarianten in die Hinweise aufnehmen und/oder erläutern - bei unverständlichen Textstellen Parallelstellen im Werk Steiners nachweisen, um mit deren Hilfe einen sinnvollen Text zu erarbeiten. (GA 346, S. 333))

  1. Michael Heinen-Anders: Aus anthroposophischen Zusammenhängen, BOD, Norderstedt 2010
  2. Michael Heinen-Anders: Aus anthroposophischen Zusammenhängen Band II, BOD, Norderstedt 2011

Siehe auch:


Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.