Yoga-Schulungsweg und Zeit: Unterschied zwischen den Seiten

Aus AnthroWiki
(Unterschied zwischen Seiten)
imported>Michael.heinen-anders
 
imported>Odyssee
Keine Bearbeitungszusammenfassung
 
Zeile 1: Zeile 1:
Der spirituelle '''Yoga Schulungsweg''' (Joga-Schulungsweg) des [[Raja Yoga]] ist vom mehr körperlichen orientierten Yoga ([[Hatha Yoga]]) abzugrenzen, der aber vielfach als Vorstufe oder Weg zum Raja Yoga angesehen wird. [[Rudolf Steiner]] beschreibt diesen Weg mit 7 ''oder'' 8 Stufen. Die Schilderungen sind im Prinzip identisch, nur werden im 7-stufigen Weg die Stufen 6 und 7 des 8-stufigen Weges zu einer zusammengefasst.
[[Datei:Sanduhr.jpg|thumb|Die Sanduhr, ein einfaches [[Wikipedia:Messinstrument|Messinstrument]] und zugleich [[Symbol]] für die unaufhaltsam dahinfließende Zeit.]]
Die '''Zeit''' ({{ELSalt|Χρόνος}}, ''Chronos''; [[Latein|lat.]] ''Tempus''), die uns im [[irdisch]]en [[Erleben]] als eine unaufhaltsame, unumkehrbare, lineare, von der Vergangenheit in die Zukunft gerichtete Abfolge von Ereignissen ''erscheint'', hat ihre wahre Ursache in dem Zusammenwirken einer Summe niederer und höherer [[Geistige Wesen|geistiger Wesen]].  


== Yoga-Schulungsweg mit 8 Stufen ==
== Zeit und Zeitlosigkeit ==


<div style="margin-left:20px;">
Die Tätigkeit der [[Hierarchien]] an sich ist zeitlos, so wie auch beim [[Mensch]]en die höchsten geistigen Vorgänge zeitlos sind. Es gäbe keine Zeit, wenn alle Wesen auf gleicher Entwicklungsstufe stünden. Von der Entstehung der Zeit kann man schwer reden, denn im Wort ''Entstehen'' ist schon der Zeitbegriff mit enthalten; man kann also nur über das [[Wesen]] der Zeit sprechen. Und das ergibt sich eben daraus, dass im Zeitlosen durchaus verschiedene Entwicklungsgrade möglich sind, die durch ihr Zusammenspiel die [[wesenhaft]]e Zeit möglich machen.
"Ich will Ihnen nun die Art der Anweisung, die der Lehrer innerhalb einer orientalischen Schulung gibt, angeben. Man kann begreiflicherweise öffentlich keine Anweisungen geben, sondern nur den Weg charakterisieren. Diejenigen Dinge, die als Anweisungen von dem Lehrer gegeben werden, kann man in acht Gruppen einteilen:


::::#[[Yama]]
<div style="margin-left:20px">
::::#[[Niyama]]
"... die höchsten geistigen Vorgänge beim Menschen führen
::::#[[Asanam]]
zu dem Begriff, daß sie zeitlos verlaufen. Die Tätigkeiten der Hierarchien
::::#[[Pranayama]]
sind zeitlos. - Von Zeit-Entstehen ist schwer zu reden: in dem
::::#[[Pratyahara]]
Worte «entstehen» ist schon der Begriff der Zeit enthalten; man
::::#[[Dharana]]
müßte eher sagen: das Wesen der Zeit, und darüber ist nicht so leicht
::::#[[Dhyanam]]
zu sprechen. Es gäbe keine Zeit, wenn alle Wesen auf gleicher Entwickelungsstufe
::::#[[Samadhi]] 
stehen würden. Durch das Zusammenwirken einer Summe
niederer und einer Summe höherer Wesen entsteht Zeit. Im Zeitlosen
sind verschiedene Entwickelungsgrade möglich; durch ihr
Zusammenspiel wird Zeit möglich." {{Lit|{{G|110|176}}}}
</div>


1. [[Yama]] schließt alles ein, was wir die Unterlassungen nennen, welche dem obliegen, der eine Joga-Schulung durchmachen will; und das wird näher ausgedrückt in den Geboten: «Nicht lügen - Nicht töten - Nicht stehlen - Nicht ausschweifen - Nicht begehren.» Die Forderung «Nicht töten», ist eine sehr strenge und bezieht sich auf alle Wesen. Kein lebendes Wesen darf getötet oder auch nur beeinträchtigt werden, und je strenger dies befolgt wird, desto weiter führt es. Etwas anderes ist es, ob man dies auch in unserer Kultur durchführen kann. Jedes Töten, auch das einer Wanze, beeinträchtigt die okkulte Entwickelung. Ob es einer aber doch tun muß, das ist eine andere Frage.
== Physikalische und lebendige Zeit ==


«Nicht lügen», ist eine Forderung, die Ihnen schon verständlicher sein wird aus dem, was ich Ihnen über den Astralplan gesagt habe. Auf dem Astralplan ist lügen dasselbe wie töten, ist jede Lüge ein Mord; also fällt es eigentlich in dasselbe Kapitel wie töten.
Die [[Wikipedia:Physik|Physik]] beschreibt die Zeit als unumkehrbare Abfolge von Ereignissen, die nach den Gesetzen der [[Wikipedia:Thermodynamik|Thermodynamik]] durch die Zunahme der [[Wikipedia:Entropie (Thermodynamik)|Entropie]] bestimmt ist. Nach dem [[Kausalität]]sprinzip geht dabei stets die Ursache der Wirkung voran, weswegen nur die Zukunft von der Gegenwart aus kausal beeinflusst werden kann, die Vergangenheit aber unveränderlich ist. Nach der [[Wikipedia:Relativitätstheorie|Relativitätstheorie]] wird allerdings die zeitliche Abfolge von relativ zueinander bewegten Beobachtern unterschiedlich gesehen und es gibt auch keine universelle Gleichzeitigkeit von Ereignissen, sondern nur eine [[Wikipedia:Relativität der Gleichzeitigkeit|Relativität der Gleichzeitigkeit]]. In der [[Wikipedia:Quantenphysik|Quantenphysik]] gibt es starke Hinweise darauf, dass die Zeit im Bereich der [[Wikipedia:Planck-Zeit|Planck-Zeit]] (ca. 5,391•10<sup>-44</sup> s) kein [[Wikipedia:Kontinuum (Physik)|Kontinuum]] mehr ist.


«Nicht stehlen», auch das muß im strengsten Sinne durchgeführt werden. Der Europäer wird sagen: Wir stehlen nicht. - Aber der orientalische Jogi versteht die Sache nicht so einfach. In den Gebieten, wo zuerst diese Übungen ausgebreitet worden sind von den großen Lehrern der Menschheit, waren die Verhältnisse viel einfacher; da konnte man den Begriff des Stehlens leicht feststellen. Aber ein Joga-Lehrer wird Ihnen nicht zugeben, daß ein Europäer nicht stiehlt. Wenn ich mir zum Beispiel unberechtigterweise die Arbeitskraft eines anderen aneigne, wenn ich mir einen Vorteil verschaffe, der wohl gesetzlich erlaubt ist, der aber eine Ausbeutung eines anderen bedeutet, so bezeichnet der Joga-Lehrer das als Stehlen. Bei uns liegen die Dinge in unseren sozialen Verhältnissen so kompliziert, daß viele gegen dies Verbot verstoßen, ohne das allergeringste Bewußtsein davon zu haben. Denken Sie, Sie haben ein Vermögen und Sie hinterlegen das in einer Bank. Sie tun nichts damit, beuten niemanden aus. Nun aber geht der Bankier hin, treibt Spekulationen und beutet so andere Menschen mit Ihrem Gelde aus. Auch da sind Sie im okkulten Sinne verantwortlich, es belastet Ihr Karma. Sie sehen daraus, daß dieses Gebot bei einer okkulten Entwickelung ein tiefes Studium erfordert.
=== Absolute und relative Zeit ===


Ebenso kompliziert stellen sich die Verhältnisse beim «Nicht-Ausschweifen». Ein Rentner zum Beispiel, dessen Kapital ohne sein Wissen in Schnapsbrennereien angelegt ist, macht sich ebenso schuldig wie ein Fabrikant, der Spirituosen verfertigt. Das Nichtwissen ändert nichts am Karma. Es gibt nur eines, was eine gerade Richtung geben kann bei diesen Unterlassungen, das ist: nach Bedürfnislosigkeit streben. Man kann noch so viel besitzen, in demselben Maße, wie man nach Bedürfnislosigkeit strebt, kann man nie jemand anders schädigen.
[[Datei:Prague - Astronomical Clock Detail 1.jpg|thumb|300px|Astronomische Uhr, Prag]]
Völlig untauglich aus geistiger Sicht ist der von [[Wikipedia:Isaac Newton|Newton]] geprägte und zur Grundlage der [[Wikipedia:Klassische Physik|klassischen Physik]] gewordene Begriff der ''absoluten Zeit'', die völlig unabhängig von allen äußeren Gegenständen völlig gleichförmig dahinfließen soll.  


Besonders schwer ist das «Nichts-Begehren» durchzuführen. Es bedeutet, nach voller Bedürfnislosigkeit streben, mit keiner Begierde an etwas in der Welt heranzutreten, sondern nur das zu tun, was die Außenwelt von uns fordert. Ja, ich muß selbst mein Wohlgefühl unterdrücken, wenn ich jemand eine Wohltat erweise; nicht dieses Gefühl, sondern der Anblick des Leidenden muß mich bewegen, zu helfen. Auch sonst, wenn ich zum Beispiel selbst eine Aufwendung machen muß, darf ich nicht denken: Ich will, ich wünsche, ich begehre das, sondern ich muß mir sagen: Das brauchst du zur Unterhaltung deines Leibes oder für die Bedürfnisse deines Geistes, das braucht auch jeder andere; du begehrst es nicht, sondern du denkst nur nach, wie du am besten durch die Welt kommst. - Innerhalb der Joga-Lehre wird der Begriff Yama, wie gesagt, außerordentlich streng gefaßt und kann nicht ohne weiteres nach Europa verpflanzt werden.
{{Zitat|Die absolute, wahre und mathematische Zeit verfließt an sich und vermöge ihrer Natur gleichförmig und ohne Beziehung auf irgendeinen äußeren Gegenstand.|Isaac Newton|''[[Wikipedia:Philosophiae Naturalis Principia Mathematica|Mathematische Prinzipien der Naturlehre]]''; London 1687}}


2. [[Niyama]]. Das bedeutet etwa: die Einhaltung religiöser Gebräuche. In Indien, wo diese Regeln hauptsächlich angewendet werden, ist eine Frage gelöst, die der europäischen Kultur viele Schwierigkeiten bereitet. Man sagt leicht: Ich bin über die Dogmen hinaus, ich halte mich nur an die innere Wahrheit und gebe nichts auf äußerliche Formen. -Je mehr er über religiöse Gebräuche hinauskommen kann, desto erhabener dünkt sich der Europäer. Der Hindu denkt entgegengesetzt und hält fest an den Ritualien seiner Religion; niemand darf daran rühren. Welche Meinung aber man sich darüber bildet, das steht in der Hindureligion jedem ganz frei. Es bestehen uralte heilige Riten, die etwas sehr Tiefes bedeuten. Ein Ungebildeter wird sich davon eine sehr elementare Vorstellung machen, ein Mensch mit größerer Bildung macht sich eine andere, bessere Vorstellung, aber keiner wird sagen, daß die Vorstellung des ändern falsch sei. Der Weise befolgt denselben Brauch wie der weniger Gebildete. Dogmen gibt es nicht, aber Riten. Auf diese Weise können die tief-religiösen Gebräuche vom Weisen und vom Unweisen befolgt werden, beide können sich im Ritus vereinigen. So sind die Riten ein Bindemittel für die Bevölkerung; niemand wird in seiner Meinung beengt dadurch, daß er sich in ein strenges Ritual einfügt.
Dass dieser absolute Zeitbegriff selbst aus physikalischer Perspektive nicht haltbar ist, hat schon [[Wikipedia:Albert Einstein|Albert Einstein]] durch seine 1905 veröffentlichte [[Wikipedia:spezielle Relativitätstheorie|spezielle Relativitätstheorie]] gezeigt. [[Raum]] und Zeit sind hier nicht mehr unabhängig voneinander, sondern werden zum [[Wikipedia:4D|vierdimensionalen]] [[Wikipedia:Raumzeit|Raum-Zeit-Kontinuum]] verflochten.


Die christliche Religion hat das entgegengesetzte Prinzip verfolgt; nicht Gebräuche, sondern Meinungen hat man den Leuten aufgenötigt, und die Folge ist, daß in der neueren Zeit die Formlosigkeit in unserem sozialen Zusammenleben Gesetz geworden ist. Da beginnt das vollständige Außer-acht-Lassen aller Gebräuche, die die Menschen verbinden würden; alle Formen, die sinnbildlich höhere Wahrheiten ausdrücken, werden allmählich abgeschafft. Das ist ein großer Schaden für die gesamte Entwickelung, hauptsächlich für die Entwickelung im orientalischen Sinne.
=== Zeitmessung ===


Viele glauben heute in der europäischen Bevölkerung, über Dogmen hinaus zu sein, aber gerade die Freidenker und Materialisten sind die ärgsten Dogmenfanatiker. Das materialistische Dogma ist noch viel drückender als jedes andere. Die Unfehlbarkeit des Papstes gilt für viele nicht mehr, wohl aber die Unfehlbarkeit des Universitätsprofessors. Auch der Liberalste ist, trotz der gegenteiligen Behauptungen, den Dogmen des Materialismus unterworfen. Welche Dogmen lasten zum Beispiel auf dem Juristen, Mediziner und so weiter. Jeder Universitätsprofessor lehrt sein Dogma. Oder auch: Wie schwer lastet auf einem das Dogma der Unfehlbarkeit der öffentlichen Meinung, der Tageszeitung! Der orientalische Joga-Lehrer fordert, nicht herauszutreten aus den Formen, die ein Bindeglied sind für Weise und Unweise, denn diese uralten heiligen Formen sind die Bilder der höchsten Wahrheiten. Ohne Formen gibt es keine Kultur; es ist eine Täuschung, wenn man das Gegenteil glaubt. Nehmen wir zum Beispiel an, es gründe jemand eine Kolonie, ganz formlos, ohne Riten, ohne Gebräuche. Für den, der die Dinge durchschaut, ist es klar, daß eine solche Kolonie ohne eine Kirche, ohne Kultus und ohne religiöse Gebräuche eine Zeitlang ganz gut bestehen kann, weil die Leute noch nach den alten Anlagen leben, die sie mitgebracht haben. Aber sobald sie diese Anlagen verlieren, geht die Kolonie 2ugrunde, denn jede Kultur muß aus der Form herausgeboren werden. Das Innere muß äußerlich durch Formen ausgedrückt werden. Die moderne Kultur hat die Formen verloren; sie muß sie wieder gewinnen. Sie muß wieder lernen, auch äußerlich auszudrücken, was im Innern der Seele lebt. Die Form bedingt auf die Dauer das menschliche Zusammenleben. Das wußten die alten Weisen, und deswegen hielten sie fest an den religiösen Übungen.
Zeit ist nur in Relationen quantitativ zu erfassen, z.B. durch die Beziehung des [[irdisch]]en Geschehens auf die periodisch wiederkehrenden [[Kosmos|kosmischen]] Verhältnisse - aber diese kehren nie in genau gleicher Weise wieder und laufen auch nicht in einem starr gleichförmigen Takt, sondern sind innerhalb gewisser Grenzen lebendig beweglich. Damit ist zugleich die ganze Problematik der [[Wikipedia:Zeitmessung|Zeitmessung]] angesprochen. Zwar hat man heute mit den [[Wikipedia:Atomuhr|Atomuhr]] einen weitgehend starren Taktgeber gefunden, aber damit entfernt man sich von der Wirklichkeit, die den lebendigen Zeitphänomenen zugrunde liegt, nur noch mehr. Im [[Wikipedia:SI-Einheitensystem|SI-Einheitensystem]] wird die Zeit in [[Wikipedia:Sekunde|Sekunde]]n ([[Wikipedia:Einheitenzeichen|Einheitenzeichen]] s) gemessen.


3. [[Asanam]] bedeutet das Einnehmen einer gewissen Körperstellung bei der Meditation. Das ist für den Orientalen viel wichtiger als für den Europäer, weil der Körper des Europäers für gewisse feine Strömungen nicht mehr so sensitiv ist. Der orientalische Leib ist noch feiner, er empfindet leicht Strömungen, die von Ost nach West, von Nord nach Süd und aus der Höhe in die Tiefe gehen; denn im Weltall fluten geistige Ströme. Aus diesem Grunde werden die Kirchen zum Beispiel in einer bestimmten Richtung gebaut. Deshalb läßt der Joga-Lehrer den Jogi eine bestimmte Stellung einnehmen; der Schüler muß die Hände und Füße in einer bestimmten Stellung haben, damit die Ströme in gerader Richtung durch den Körper hindurchgehen können. Würde der Hindu seinen Körper nicht in diese Harmonie einfügen, so würde er die Früchte seiner Meditation völlig aufs Spiel setzen.
<div style="margin-left:20px">
"Denn wenn wir etwas auf der Erde feststellen, wenn wir mit noch so
genauen Präzisionsinstrumenten rechnen, von dem Himmel aus angesehen
ist es immer um ein paar Tage falsch, weil die Himmelszeit
anders als die Erdenzeit verläuft. Die Erdenzeit suchen wir möglichst
gleichmäßig verlaufen zu lassen. Das ist gar nicht der Fall mit der
Himmelszeit, die schneller und langsamer verläuft, weil sie in sich
lebendig ist. Wir Menschen selber machen die Erdenzeit tot, daher
verläuft sie ganz gleichmäßig." {{Lit|{{G|226|105}}}}
</div>


4. [[Pranayama]] ist das Atmen, das Joga-Atmen. Das ist ein sehr wesentlicher und ausführlicher Bestandteil der orientalischen Joga-Schulung. Es kommt fast gar nicht in Betracht bei der christlichen Schulung, hingegen wieder mehr bei der Rosenkreuzer-Schulung. Was bedeutet das Atmen für die okkulte Entwickelung? Die Bedeutung des Atmens liegt schon in dem «Nicht töten», «Nicht das Leben beeinträchtigen». Der okkulte Lehrer sagt: Du tötest fortwährend langsam deine Umgebung durch das Atmen. - Wieso? Wir ziehen den Atem ein, halten ihn an, versorgen unser Blut mit Sauerstoff und stoßen den Atem dann wieder aus. Was geschieht dabei? Wir atmen die mit Sauerstoff erfüllte Luft ein, verbinden sie in uns mit Kohlenstoff und atmen Kohlensäure aus; darin aber kann kein Mensch oder Tier leben. Sauerstoff atmen wir ein, Kohlensäure, den Giftstoff, atmen wir aus; wir töten also mit jedem Atemzug fortwährend andere Wesen. Stückweise töten wir unsere ganze Umgebung. Wir atmen Lebensluft ein und atmen Luft aus, die wir selbst nicht mehr brauchen können. Der okkulte Lehrer ist darauf bedacht, das zu ändern. Wenn es nur auf die Menschen und auf die Tiere ankäme, so wäre bald aller Sauerstoff aufgebraucht und alles Lebendige ausgestorben. Daß wir die Erde nicht zugrunde richten, das verdanken wir den Pflanzen, denn diese machen genau den entgegengesetzten Prozeß durch. Sie assimilieren die Kohlensäure, trennen den Kohlenstoff vom Sauerstoff und bauen aus dem ersteren ihren Körper auf. Den Sauerstoff geben sie wieder frei, und diesen atmen Mensch und Tier ein. So erneuern die Pflanzen die Lebensluft; alles Leben würde ohne sie schon längst vernichtet sein. Ihnen verdanken wir unser Leben. So ergänzen sich also Pflanze, Tier und Mensch gegenseitig.
=== Die Zeit als vierte Dimension ===


Dieser Prozeß wird aber in der Zukunft anders werden, und da derjenige, der in okkulter Entwickelung begriffen ist, mit dem beginnt, was die anderen einmal in der Zukunft durchmachen werden, so muß er sich entwöhnen, durch den Atem zu töten. Das ist Pranayama, die Wissenschaft des Atmens. Unser modernes materialistisches Zeitalter stellt die Gesundheit unter das Zeichen der frischen Luft; die moderne Heilmethode mit Luft ist eine Methode, die aufs Töten ausgeht. Der Jogi dagegen schließt sich in eine Höhle ein und atmet so viel als immer möglich seine eigene Luft, im Gegensatz zum Europäer, der immer das Fenster aufsperren muß. Der Jogi hat die Kunst gelernt, die Luft so wenig wie möglich zu verpesten, weil er gelernt hat, die Luft auszunutzen. Wie macht er das? Dieses Geheimnis war in den europäischen Geheimschulen immer bekannt, man nannte es das Erreichen des Steins der Weisen oder des Steins der Philosophen.
<div style="margin-left:20px">
"Indem die Pflanze wächst, durchbricht sie den dreidimensionalen
Raum. Jedes Wesen, das in der Zeit lebt, durchbricht die drei
[gewöhnlichen] Dimensionen. Die Zeit ist die vierte Dimension.
Sie steckt unsichtbar in den drei Dimensionen des gewöhnlichen
Raumes darinnen. Sie können sie aber nur durch hellseherische
Kraft wahrnehmen.


Um die Wende des 18. zum 19. Jahrhundert sickerte manches über okkulte Entwickelung durch. Da wurde viel von dem Stein der Weisen in öffentlichen Schriften geschrieben, aber man merkt, daß die Verfasser selbst nicht viel davon verstanden, wenn auch alles aus richtiger Quelle stammte. In einer Thüringer Staatszeitung erschien im Jahre 1796 ein Artikel über den Stein der Weisen, in dem unter anderm folgendes gesagt wurde: Der Stein der Weisen ist etwas, das man nur kennen muß, denn gesehen hat es jeder Mensch. Es ist etwas, was alle Menschen eine gewisse Zeit hindurch fast jeden Tag in die Hand nehmen, was man überall finden kann, nur wissen die Menschen nicht, daß es der Stein der Weisen ist. - Das ist eine geheimnisvolle Andeutung : überall soll der Stein der Weisen zu finden sein. Aber diese sonderbare Ausdrucksweise ist wörtlich wahr.
Ein bewegter Punkt erzeugt eine Linie; bewegt sich eine Linie,
so entsteht eine Fläche; und bewegt sich ein Fläche, so ensteht der
dreidimensionale Körper. Lassen wir nun den dreidimensionalen
Raum sich bewegen, so haben wir Wachstum [und Entwicklung].
Sie haben dadurch den vierdimensionalen Raum, die Zeit [hineinprojiziert
in den dreidimensionalen Raum als Bewegung, Wachstum,
Entwicklung].


Die Sache ist nämlich so: Wenn die Pflanze ihren Leib bildet, nimmt sie die Kohlensäure auf und behält den Kohlenstoff zurück, aus dem sie sich ihren Körper aufbaut. Mensch und Tier essen nun die Pflanze, nehmen dadurch den Kohlenstoff in sich wieder auf und geben ihn im Atem als Kohlensäure wieder ab. So besteht ein Kreislauf des Kohlenstoffes. In der Zukunft wird es anders sein. Da wird der Mensch lernen, sein Selbst immer mehr zu erweitern und das, was er jetzt der Pflanze überläßt, das wird er selbst einmal zustande bringen. Wie der Mensch durch das Mineral- und Pflanzenreich hindurchgeschritten ist, so schreitet er auch wiederum zurück. Er selbst wird Pflanze, nimmt das Pflanzendasein in sich auf und wird den ganzen Prozeß in sich selbst durchmachen: er wird den Kohlenstoff in sich behalten und bewußt damit seinen Körper aufbauen, wie es heute die Pflanze unbewußt tut. Den notwendigen Sauerstoff bereitet er dann sich selbst in seinen Organen, verbindet ihn mit dem Kohlenstoff zur Kohlensäure und lagert dann in sich selbst den Kohlenstoff wieder ab. Damit kann er also an seinem körperlichen Gerüst selbst fortbauen. Das ist eine große perspektivische Idee der Zukunft. Dann tötet er nichts anderes mehr.
[Die geometrische Betrachtung zum Aufbau der drei gewöhnlichen
Dimensionen] finden Sie fortgesetzt im wirklichen Leben.
Die Zeit steht senkrecht auf den drei Dimensionen, sie ist die vierte,
sie wächst. Wenn Sie die Zeit in sich lebendig machen, entsteht
die Empfindung. Vermehren Sie die Zeit in sich, bewegen Sie sie
in sich selbst, so haben Sie das empfindende Tierwesen, das in
Wahrheit fünf Dimensionen hat. Das Menschenwesen hat in
Wahrheit sechs Dimensionen." {{Lit|{{G|324a|98f}}}}
</div>


Nun ist bekanntlich Kohlenstoff und Diamant derselbe Stoff. Diamant ist kristallisierter, durchsichtiger Kohlenstoff. Also brauchen Sie nicht zu denken, daß der Mensch später als Schwarzer herumlaufen wird, sondern sein Leib wird aus durchsichtigem, und zwar weichem Kohlenstoff bestehen. Dann hat er den Stein der Weisen gefunden. Er verwandelt seinen eigenen Leib in den Stein der Weisen.
=== Die Geschwindigkeit als eigentliche Wirklichkeit ===


Diesen Prozeß muß derjenige, der sich okkult entwickelt, so viel als möglich vorausnehmen, das heißt er muß seinem Atem die Fähigkeit des Tötens nehmen, er muß ihn so gestalten, daß die ausgeatmete Luft wieder brauchbar wird, so daß er sie immer wieder einatmen kann. Und wodurch geschieht das? Dadurch, daß man in den Atmungsprozeß Rhythmus hineinbringt. Dazu gibt der Lehrer Anweisung. Einatmen, Atemanhalten und Ausatmen, darin muß, wenn auch nur für kurze Zeit, Rhythmus liegen. Mit jedem rhythmisch ausgeatmeten Atemzug wird die Luft verbessert, ganz langsam, aber sicher. Man kann fragen: Was macht das aus? - Hier gilt der Satz: Steter Tropfen höhlt den Stein. Jeder Atemzug ist solch ein Tropfen. Der Chemiker kann das noch nicht nachweisen, weil seine Mittel zu grob sind, um die feinen Stoffe wahrzunehmen, aber der Okkultist weiß, daß dadurch in der Tat der Atem lebensfördernd wird und mehr Sauerstoff enthält als unter gewöhnlichen Umständen. Nun wird aber der Atem gleichzeitig noch durch etwas anderes rein gemacht, nämlich durch Meditieren. Auch dadurch wird, wenn auch nur äußerst wenig, dazu beigetragen, daß die Pflanzennatur wieder hereingenommen wird in die menschliche Natur, so daß der Mensch zu dem Nicht-Toten kommt.
Was wir im Erdenleben als Zeit empfinden, ist eine Täuschung; [[Wirklichkeit]] hat nur die [[Geschwindigkeit]]:


5. [[Pratyahara]]. Das nächste ist das Pratyahara; das bedeutet die Zügelung der Sinneswahrnehmung. Der Mensch, der im heutigen Sinne ein alltägliches Leben führt, empfängt bald da einen Eindruck, bald dort, und so immerfort; er läßt alles auf sich einwirken. Dem Schüler sagt nun der okkultistische Lehrer: Du mußt so und so viele Minuten lang einen Sinneseindruck festhalten und darfst nicht übergehen zu einem anderen als durch eigenen freien Willen.
<div style="margin-left:20px">
"Ich habe davon gesprochen, daß die Zeit, so wie
wir sie erleben, eigentlich eine Täuschung ist, daß die Zeit in Wirklichkeit
etwas ganz anderes ist, als sie der Mensch erlebt, weil der
Mensch die Zeit nicht perspektivisch nimmt, so sagte ich dazumal.
Den Raum erlebt der Mensch schon perspektivisch; die ferneren
Bäume sieht er kleiner als die nahen Bäume. In Wirklichkeit ist auch
die Zeit ebenso perspektivisch zu sehen. Die in der Zeit entfernten
Ereignisse sind anders zu sehen als die in der Zeit nahen Ereignisse.
Es ist aber nur die Grundlage dafür, daß die Zeit wirklich das ist, als
was die Forscher aller Zeiten sie angesehen haben: die Zeit ist das
wichtigste Medium der menschlichen Täuschung. Wir denken uns,
daß zum Beispiel die Wesen der höheren Hierarchien auch so durch
die Zeit fließen, wie unser eigenes Seelenleben durch die Zeit fließt:
es ist keine Wahrheit darin. In Wahrheit liegt das Wesen der höheren
Hierarchien in abgeflossenen Zeiten, aber sie wirken herüber aus den
abgeflossenen Zeiten, wie im Räume von einem entfernten Orte man
herüberwirken kann, meinetwegen durch Lichtsignale oder so etwas,
auf in einem nahen Orte im Räume liegende Wesen. Die Zeit ist nicht
das, als was sie die Menschen ansehen, die Zeit ist auch nicht das, als
was sie solche Philosophen wie ''[[Wikipedia:Immanuel Kant|Kant]]'' ansehen, sondern die Zeit ist in
ihrer Wirklichkeit etwas ganz anderes. Und das, was der Mensch als
Wirklichkeit ansieht, ist eben auch eine Maja, eine große Täuschung.
Vor allen Dingen bleibt immer das stehen, wovon wir glauben, indem
wir in der Zeit als Täuschung leben, daß es vergangen sei. Es bleibt
aber da; die Zeit wird wirklich zu etwas wie zu einem Räume. Und
man sieht auf die rückwärtigen Ereignisse so, wie man auf entfernte
Gegenstände im Raume sieht, wenn man wahrhaftig sieht. Die Zeit
ist eine Täuschung.


6. [[Dharana]]. Wenn er das eine Weile durchgeführt hat, muß er dazukommen können, gegen jeden äußeren Sinneseindruck taub und blind zu werden; er muß überhaupt von jedem Sinneseindruck absehen und in Gedanken nur das festzuhalten suchen, was man als Vorstellung davon zurückbehält. Wenn jemand so nur in Vorstellungen lebt, sein Denken kontrolliert und nur aus freiem Willen eine Vorstellung an die andere reiht, dann ist das der Zustand von Dharana.
Und weiter weiß die Geisteswissenschaft, daß die Quellen zu andern
großen Täuschungen in menschlichen Weltanschauungen davon herrühren,
daß der Mensch in bezug auf die Zeit der Täuschung unterliegt.
Wenn unter Ihnen viele Physiker wären, würde ich selbst rein
physikalisch mich hier aussprechen können. Ich würde Ihnen an
physikalischen Formeln zeigen können, daß so, wie der Physiker die
Zeit - das t, wie er es bloß nennt - in die physikalischen Formeln einführt,
diese Zeit nur eine Zahl ist, also etwas ganz Unbekanntes, keine
Wirklichkeit, sondern ein reiner Schein ist. Ein Wirkliches ist immer
nur die Geschwindigkeit, aber die gerade sieht der Physiker als eine
Folge der Zeit an. Da Sie ja keine Physiker sind und sich wahrscheinlich
auf das Verständnis der Sache nicht einlassen werden, will auch
ich mich nicht weiter darauf einlassen.


7. [[Dhyanam]]. Nun gibt es Vorstellungen, von denen der Europäer nichts wissen will, die gar nicht von Sinneseindrücken herrühren, sondern die der Mensch bilden muß, zum Beispiel mathematische Vorstellungen : ein wirkliches Dreieck gibt es gar nicht in der Außenwelt, das kann man sich bloß denken; ebenso einen Kreis. Dann gibt es eine Reihe anderer Vorstellungen, die derjenige, der in okkulter Entwickelung ist, sehr üben muß. Das sind symbolische Vorstellungen, die bewußt mit irgendwelchen Dingen zusammenhängen, zum Beispiel das Hexagramm, ein Zeichen, das im Okkultismus erklärt wird; ebenso das Pentagramm. Der Schüler hält seinen Geist scharf auf solche Dinge gerichtet, die es in der Sinnenwelt nicht gibt. Ebenso ist es mit einer anderen Vorstellung, zum Beispiel die Gattung «Löwe», die man auch nur denken kann. Auch auf solche Vorstellungen muß der Schüler seine Aufmerksamkeit richten. Schließlich gibt es auch moralische Vorstellungen, wie zum Beispiel in «Licht auf den Weg»: «Bevor das Auge sehen kann, muß es der Tränen sich entwöhnen.» Das kann man auch nicht außen erleben, sondern nur in sich erfahren. Dieses Meditieren über Vorstellungen, die kein sinnliches Gegenstück haben, nennt man Dhyanam.
Die Zeit ist Täuschung, das ist eine schwerwiegende Wahrheit,
weil die Zeit als Täuschung vielen andern Täuschungen des Lebens
zugrunde Hegt. So zum Beispiel sieht man alle Dinge falsch, wenn man
im geschichtlichen Leben die Zeit falsch anwendet. So denken etwa
die Menschen, in den ersten drei christlichen Jahrhunderten hätten
sich gewisse Dinge zugetragen, die seien jetzt vorbei. - In Wirklichkeit
müßten sie denken: Der Erzengel oder die Wesenheit aus der Hierarchie
der Archai, die dazumal die Ereignisse geleitet hat, ist noch da;
das wirkt in anderer Weise weiter. - Das Vergangensein ist nur eine
Täuschung. Es hängt viel davon ab, daß man gegenüber der geistigen
Wirklichkeit gerade den perspektivischen Charakter der Zeit kennenlernt,
daß man weiß, man muß sich über die Ereignisse im Zeitenlaufe
ebenso täuschen - während man das nicht glaubt -, wie man sich
über die Ereignisse im Räume täuscht, wenn man keine Perspektive
zugibt. Denken Sie einmal, wie groß die Täuschung wäre, wenn Sie
keine Perspektive zugeben würden, wenn Sie das Entfernte im Räume
als so wirksam auf sich selbst betrachten würden wie das Nahe. Sie
schauen auf einen fernen Berg hin. Von der Luft, die Sie umgibt,
hängt wesentlich Ihre Gesundheit ab; von der Luft auf dem fernen
Berge nicht, denn wollen Sie sie als gesundheitsfördernd haben, so
müssen Sie hingehen. Die Wirklichkeit hängt im wesentlichen, sobald
es um die Wirklichkeit im Leben sich handelt, mit der Perspektive zusammen.
So ist es aber auch mit Bezug auf die Zeit. Wir leben richtig
in der Gegenwart, wenn wir nicht glauben, daß die ferneren Ereignisse
der Vergangenheit ebenso gewogen werden können wie die nahen
Ereignisse. Wenn wir im dritten nachatlantischen Zeitraum die
ägyptisch-chaldäische Zeit betrachten und nur dasjenige ins Auge
fassen, was die Dokumente liefern, und sie so registrieren, wie sie die
Torengeschichte registriert, die Fable convenue, die sich eben heute
Geschichte nennt, dann machen wir den perspektivischen Fehler.
Denn es hat überhaupt für das heutige Leben gar keine Bedeutung,
was die Menschen äußerlich an Taten während der ägyptischen Zeit
gemacht haben, aber was die Engel und Erzengel und Archai gemacht
haben, das hat Bedeutung; das tritt aber nur in der perspektivisch gebildeten
Betrachtung hervor. Daher ist es ein Grundsatz, und nicht
nur heute, wo wir alle diese Dinge wiederentdecken müssen auf dem
Boden der Anthroposophie, sondern in allen Zeiten war es ein Grundsatz
für alle geistigen Forscher, daß die Zeit als solche eine Täuschung
ist, und niemals wurde von einem wirklichen Kenner der Wirklichkeit
mit der Zeit so gerechnet, daß sie für eine Wahrheit gehalten wurde,
daß sie selbst für eine wahre Wirklichkeit gehalten worden wäre." {{Lit|{{G|184|71ff}}}}
</div>
 
=== Zeitlinie und Zeitknäuel ===
 
Der alltägliche Zeitbegriff, nach dem die Zeit linear von der Vergangenheit über den Moment der Gegenwart in die Zukunft läuft, ist untauglich, um [[geist]]ige Zusammenhänge zu erfassen:
 
<div style="margin-left:20px">
"Ich will durch diesen Strich
andeuten, daß irgend etwas, was heute mit dem Menschen geschieht,
von den geistigen Wesen so ausgestaltet wird, daß das andere, was als
Ausgleichendes dazugehört, in dreitausend Jahren eintritt. Das ist der
normale Prozeß. Aber sehen Sie, im gewöhnlichen Leben kennt man
ja die Zeit nur sehr ungenau. Wie stellt man sich im gewöhnlichen Leben
die Zeit vor? Wie eine von der vergangenen Unendlichkeit durch
die Gegenwart in die Zukunft hineinlaufende Linie. So ungefähr stellt
man sich die Zeit vor, allerdings eine dicke Linie, nicht eine Linie, sondern
ein dickes Seil, denn sie enthält alles, was man überhaupt wahrnimmt
in der Welt, zugleich in jedem einzelnen Augenblick der Gegenwart.
Man stellt sie sich so vor, wenn man überhaupt sich etwas
vorstellt. Die meisten Menschen stellen sich das überhaupt gar nicht
vor. Geistig angesehen, ist die Sache nicht so. Und man lernt schwer
Verständnis finden für geistige Verläufe, die ja in allen physischen Verläufen
drinnen sind, wenn man sich die Zeit nur so vorstellen kann.


8. [[Samadhi]]. Und nun kommt das Schwerste: Samadhi. Man vertieft sich lange, lange in eine Vorstellung, die kein sinnliches Gegenbild hat, man läßt den Geist gewissermaßen darin ruhen und füllt die Seele ganz damit aus. Dann läßt man diese Vorstellung fallen und hat dann nichts mehr im Bewußtsein, aber man darf nicht einschlafen, was beim gewöhnlichen Menschen sofort der Fall sein würde; man muß bewußt bleiben. In diesem Zustande fangen die Geheimnisse der höheren Welten an, sich zu enthüllen. Man beschreibt diesen Zustand in folgender Weise: Es bleibt ein Denken, das keine Gedanken hat; man denkt, denn man ist bewußt, aber man hat keine Gedanken. Dadurch können die geistigen Mächte ihren Inhalt in dieses Denken einströmen lassen. Solange man es selbst ausfüllt, können sie nicht hinein. Je länger man im Bewußtsein die Tätigkeit des Denkens ohne den Inhalt des Denkens festhält, desto mehr offenbart sich die übersinnliche Welt.
[[Datei:GA 318 44.gif|center|600px|Zeitlinie und Zeitknäuel]]


Auf diesen acht Gebieten liegen die Anweisungen des Lehrers bei der orientalischen Joga-Schulung." {{Lit|{{G|095|123ff}}}}
Aber die Zeit ist in der Realität nicht so, sondern der ganze Faden, den
ich da an die Tafel gezeichnet habe, der kann verwickelt zu einem
Knäuel werden. In diesem Knäuel ist die ganze Zeitlinie drinnen, die
dreitausend Jahre sind in einem Knäuel. Die Zeit kann sich verknäueln,
und wenn sie sich für irgendeine Evolution verknäuelt, diese Zeit, dann
kann der Knäuel eben in einem Menschen leben. Bei der heiligen Theresia
lebte eine verknäuelte Zeit in dem irdischen Leben. Das ist eigentlich
das Mysterium, daß Dinge, die sonst in dem Karma weit auseinanderrücken,
zusammengeschoben werden. (Siehe Zeichnung.)" {{Lit|{{G|318|44f}}}}
</div>
</div>


== Yoga-Schulungsweg mit 7 Stufen ==
=== Die Zeit als lebendiger Organismus ===
 
Nur im [[physisch]]-[[sinnlich]]en Erleben ist die [[Gegenwart]] das einzig [[Real]]e. Aus der Perspektive der [[Höhere Welten|höheren Welten]] ist das Vergangene nicht einfach vergangen und das Zukünftige noch nicht da, sondern sie schließen sich zu einem lebendigen ''Zeitorganismus'' zusammen. Ein solcher in sich zusammenhängender Zeitorganismus ist insbesondere auch der [[Ätherleib]] des [[Mensch]]en.


<div style="margin-left:20px">
<div style="margin-left:20px">
"Der eigentliche Jogaweg besteht ebenfalls aus einzelnen Abschnitten,
"Beim Zeitorganismus ist das so, daß, trotzdem wir ein Später und ein Früher haben, Später und Früher in organischer Weise zusammenhängen." {{Lit|{{G|082|234}}}}
die man scharf auseinanderhalten muß.
</div>


'''Erstens''': Der Jogaschüler soll nicht töten, nicht lügen, nicht stehlen,
== Die Zeit in den höheren Welten ==
nicht ausschweifend leben und nicht begehren. Je mehr man
aufhört, auf Kosten anderer zu leben, um so näher kommt man
dem, was mit der Forderung «nicht stehlen» gemeint ist. Es handelt
sich hier natürlich nicht um das auch kriminell strafbare Stehlen,
sondern um feinere Arten desselben. Was die übrigen Erfordernisse
besagen, weiß wohl jeder unmittelbar selbst.


'''Zweitens''' ist es sehr erwünscht, gewisse symbolische Handlungen
=== Der ätherische und der gegenläufige astralische Zeitstrom ===
als die seinigen anzuerkennen. Man soll einen Sinn dafür haben und
verstehen lernen, daß eine Kultushandlung eigentlich bloß ein symbolischer
Ausdruck für einen tieferen Inhalt ist.


'''Drittens''': Einnehmen einer bestimmten Körperstellung und
[[Datei:GA 115 190.gif|thumb|400px|Das gegenwärtige [[Bewusstsein]] als Zusammenfluss der [[ätherisch]]en Strömung aus der Vergangenheit und der [[astralisch]]en Strömung aus der Zukunft ([[GA 115]], S 190)]]
-läge, denn es ist durchaus nicht gleichgültig, welche Lage man dem
Aus höherer Sicht ist es auch nicht richtig, dass die Zeit einseitig von der Vergangenheit in die Zukunft fließt. Das ist nur im [[Äther]]ischen der Fall. Auf dem [[Astralplan]] hingegen fließt die Zeit in umgekehrter Richtung:
Körper bei den Übungen zur höheren Weisheit gibt. Man soll ihn
nämlich möglichst in die Richtung der geistigen Strömungen in der
Welt bringen.


'''Viertens''': Von großer Wichtigkeit ist auch das Pranayama oder das
<div style="margin-left:20px">
Jogaatmen, welches mit der Forderung zusammenhängt, nicht zu
"Zum Beispiel sehen wir im Physischen zuerst die Henne und
toten, denn durch seinen Atem wirkt der Mensch auf viele Dinge
dann das Ei. Im Astralischen sieht man umgekehrt erst das Ei und
seiner Umgebung tötend. Das Jogaatmen zielt darauf ab, dem
dann die Henne, welche das Ei gelegt hat. Im Astralen bewegt sich
menschlichen Atem jenen tötenden Einfluß auf andere Lebewesen
die Zeit zurück; erst sieht man die Wirkung und dann die Ursache.
allmählich zu nehmen. Vor allem soll nicht mehr so viel tötende
Daher der prophetische Blick; niemand könnte künftige Ereignisse
Kohlensäure abgegeben werden. Daß dies möglich ist, ergibt sich
voraussehen ohne dieses Rückwärtsgehen von Zeitereignissen." {{Lit|{{G|095|22}}}}
schon daraus, daß die tief Eingeweihten Jahrzehnte in dumpfen
</div>
Höhlen zubringen können, ohne physisch zu verderben.


Die '''fünfte Stufe''' bezieht sich auf die Unterdrückung des Ablaufs
==== Zeit und Bewusstsein ====
bestimmter sinnlicher Vorstellungen. Wir dürfen hier nicht mehr
Das [[Phänomen]] des menschlichen [[Bewusstsein]]s wird man nur verstehen, wenn man berücksichtigt
jede sinnliche Vorstellung auf uns einwirken lassen, sondern sollen
einzelne herausnehmen, um auf sie dann alle Aufmerksamkeit zu
konzentrieren. Ferner sollen die andern Gedanken jeweils einen bestimmten
und geregelten Weg des Ablaufs erhalten.


'''Sechstens''': Im weiteren Verfolg hat sich der Schüler etwa auf
<div style="margin-left:20px">
einen Lichteindruck, oder besser gesagt, auf das in der Seele haftende
"... daß der Strom des Seelenlebens
Bild eines solchen Eindrucks zu konzentrieren. Letzteres bildet eine
nicht nur von der Vergangenheit in die Zukunft, sondern auch
noch höhere Stufe. Noch wertvoller ist die Meditation, die von einer
von der Zukunft in die Vergangenheit fließt, daß wir zwei Zeitströmungen
Vorstellung ausgeht, die nicht mehr der sinnlichen Welt angehört.
haben: das Ätherische, das in die Zukunft geht, während
Daß der Mensch sich solchen Vorstellungen in Kontemplation hingibt,
dasjenige, was wir als Astralisches dagegen haben, von der Zukunft in
ist für seine Schulung durchaus erforderlich.
die Vergangenheit zurückfließt." {{Lit|{{G|124|64f}}}}
</div>


Die folgende '''siebente Stufe''' ist sehr schwer, denn sie besteht
Alles [[Vorstellung]]smäßige hängt mit dem ätherischen Strom aus der Vergangenheit zusammen, alles Begehren, alle Wünsche, die Phänomene von [[Liebe]] und [[Hass]], alle [[Wille]]nsimpulse kommen uns mit dem astralischen Strom aus der Zukunft entgegen. Das Übereinanderschlagen dieser beiden Strömungen, der ätherischen und der astralischen, die gleichsam einen «Wirbel» bilden {{Lit|{{G|059|109}}}}, ''ist'' das gegenwärtig empfundene Bewusstsein {{Lit|{{G|115|190ff}}}}.
darin, daß der Mensch nun überhaupt jegliche Vorstellung aus seinem
Bewußtsein verbannt und dabei doch vollständig wach bleibt.
So nähert er sich dem Zustand intuitiver Empfängnis. Jetzt erst ist
der Boden bereitet, damit uns aus einer bisher noch unbekannten
Welt deren Inhalt zufließt.


Bei all dieser Vorbereitung und Schulung ist der Guru unentbehrlich,
Aber nicht nur die Richtung, auch die [[Geschwindigkeit]] (s.o.) der verschiedenen [[Seelentätigkeiten]] ist sehr unterschiedlich. Die grundlegenden [[Wille]]nsimpulse verändern sich sehr viel langsamer als das dahineilende [[Denken]].
denn erst durch ihn und ausschließlich durch ihn werden
 
diese inneren Vorgänge in der richtigen Weise und zum Heil des
<div style="margin-left:20px">
Schülers geleitet.
"Unser seelisches Leben beruht darauf, daß zum
Beispiel das Denken, das Vorstellen, mit einer ganz anderen
Geschwindigkeit abläuft als das Fühlen, und dieses
wiederum mit einer ganz anderen Geschwindigkeit als das
Wollen. Diese Dinge - daß innerlich im Seelenleben verschiedene
ineinandergeschichtete Geschwindigkeiten sind -
bewirken gerade das innere Entstehen des Bewußtseins.
Bewußtsein entsteht nur da, wo irgend etwas sich stört.
Daher ist Bewußtsein sogar verwandt mit dem Tode:
weil der Tod das Leben stört." {{Lit|{{G|073|50}}}}
</div>
</div>


== Rudolf Steiner über die Angemessenheit des Yoga-Weges für den europäischen Menschen ==
<div style="margin-left:20px">
"Denn der Wille bewegt sich nämlich wesentlich
langsamer in der menschlichen Evolution als die Gedanken. Bitte,
fassen Sie das als eine sehr wichtige Wahrheit auf: Der Wille bewegt
sich viel langsamer als die Gedanken. So daß zum Beispiel bei den
Menschen, die sich mehr den allgemeinen Gewohnheiten überlassen
haben, die nicht dazumal gerade in den vierziger Jahren Rebellen
oder Revolutionäre waren, sondern die sich so mehr den allgemeinen
Gewohnheiten, den patriarchischen, biederen Gewohnheiten
der dreißiger, vierziger Jahre überlassen haben, diese Gewohnheiten
fortlebten bis in die Jahrzehnte, die ich jetzt meine. Aber die Gedanken
schritten weiter. Und dadurch treten fortwährend in der Evolution
Diskrepanzen auf zwischen dem Gedankenleben und dem
Willensleben, die nicht in allen Sphären des Lebens, aber in gewissen
Sphären des Lebens erscheinen." {{Lit|{{G|177|258}}}}
</div>
 
==== Zeit und Schlaf ====
 
[[Datei:GA 234 107.gif|500px|center|Zeit und Schlaf]]


"Unter den europäischen Menschen findet man nur wenige, welche den orientalischen Jogaweg gehen können. Daher ist es für den Europäer im allgemeinen nicht richtig, wenn er den Jogaweg geht."
Im [[Schlaf]] gehen wir in der Zeit rückwärts bis zu unserer früheren [[Inkarnation]].
(Lit.: [[GA 97]], S. 193)
 
<div style="margin-left:20px">
"... da ist der Mensch in seiner gegenwärtigen Inkarnation. (Es wird gezeichnet,
rechts Mitte.) Wenn er Imagination entwickelt, so schaut
er seinen Ätherleib etwas vor die Geburt oder Empfängnis hingehend
(gelb); aber sein astralischer Leib führt ihn durch Inspiration hinein
in die ganze Zeit, die verflossen ist zwischen dem letzten Tode und
dieser Geburt (rot). Und die Intuition führt ihn in das vorangehende
Erdenleben zurück (gelb).
 
Wenn Sie nun schlafen, so bedeutet das nichts anderes, als daß Sie
das Bewußtsein, das sonst im physischen Leibe ist, zurückverlegen,
zurückführen, daß Sie mit ihm zurückkehren. Der Schlaf ist also eigentlich
ein Zurücklaufen in der Zeit zu dem, wovon ich Ihnen schon
gesagt habe, daß es dem gewöhnlichen Bewußtsein als vergangen erscheint,
aber doch da ist. Sie sehen, man muß auch da, wenn man wirklich
zum Erfassen des Geistigen kommen will, die Begriffe ändern
gegenüber den Begriffen, die man gewöhnt ist im physischen Leben
zu verwenden. Man muß also eigentlich sich bewußt werden, daß der
Schlaf jedesmal ein Zurückgehen ist in die Gefilde, die man durchgemacht
hat im vorirdischen Dasein, oder sogar ein Zurückgehen ist
in frühere Inkarnationen. Der Mensch erlebt tatsächlich während des
Schlafes, nur kann er es nicht erfassen, dasjenige, was früheren Inkarnationen
angehört, was er durchgemacht hat auch im vorirdischen Dasein.
 
Über den Zeitbegriff muß man eine völlige Begriffsmetamorphose
durchmachen; der muß ein ganz anderer werden. Wenn man daher an
jemanden die Frage stellt: Ja, wo ist er denn, wenn er schläft? - dann
muß man sagen: Er ist eigentlich in seinem vorirdischen Dasein oder
sogar zurückgekehrt zu früheren Erdenleben. - Populär ausgedrückt
sagt man eben: Der Mensch ist außerhalb seines physischen und seines
Ätherleibes. Das Reale dazu ist das, was ich Ihnen auseinandergesetzt
habe. Das ist, was sich darstellt als der rhythmische Wechselzustand
zwischen Wachen und Schlafen." {{Lit|{{G|234|107f}}}}
</div>
 
=== Dauer und Vorsehung im Devachan und auf dem Buddhiplan ===
Im [[Devachan]], in der eigentlichen [[Geistige Welt|geistigen Welt]], herrschen hingegen [[Dauer]] und [[Vorsehung]], wobei letztere vom [[Buddhiplan]], der [[Welt der Vorsehung]], hereinwirkt:
 
<div style="margin-left:20px">
"In dem Augenblick, wo man in
die geistige Welt hineinschaut, ist es, wenn man in das Vergangene
hineinsieht, so, daß das Vergangene wie stehengeblieben ist. Das ist
noch da. Die Zeit wird zum Raume. Das Vergangene hört auf, unmittelbar
Vergangenes zu sein. Dann hört der Begriff der Notwendigkeit
auch auf einen Sinn zu haben. Man hat nicht ein Vergangenes,
ein Gegenwärtiges, ein Zukünftiges, sondern man hat ein Dauerndes.
Luzifer ist meinetwillen in der Mondenentwickelung so stehengeblieben,
wie einer stehenbleibt, der mit einem anderen gegangen ist, und
während der andere weitergeht, bleibt er, weil er zu bequem geworden
ist, oder weil er wunde Füße bekommen hat, stehen. So wenig derjenige,
der da stehengeblieben ist, mit dem Ort etwas zu tun hat, an
dem der andere angekommen ist nach einiger Zeit, so wenig hat Luzifer
direkt mit unserem Erdendasein etwas zu tun. Er ist eben im
Mondendasein stehengeblieben. Da steht er heute noch. In der geistigen
Welt können wir nicht sprechen von einem vergangenen, sondern
nur von einem dauernden Dinge. Der Luzifer ist so da, wie er damals
da war. Blickt man in die geistige Welt, so ändern sich alle Begriffe
von Notwendigem und Zufälligem, da herrscht Vorsehung." {{Lit|{{G|163|89f}}}}
</div>
 
Es ist nicht so, dass es in der [[Region der Dauer]] keine [[Bewegung]] gäbe. Das [[Wesen]] des [[Geist]]es, der der [[Ewigkeit]] angehört, ist rastlose unaufhörliche, zyklisch in sich selbst zurücklaufende Bewegung, die aber zugleich als absolute Ruhe empfunden wird, solange alle Wesen diese Bewegung gleichmaßen mitmachen. Erst wo Bewegungsunterschiede entstehen, weil nicht mehr alle Wesen dieses rastlose Tempo mitmachen können, wird die Bewegung auch als solche empfunden - und damit tritt die Zeit in Erscheinung.
 
== Zeitwesen ==
=== Die Archai als die eigentlichen Zeitwesen ===
 
Auf dem alten Saturn trat die wesenhafte Zeit, also die Gemeinschaft der Archai, in Erscheinung, indem die [[Throne]] ihre Willenssubstanz als [[Wärme]] den [[Cherubim]] hinopferten und dadurch die Evolution unseres ganzen [[Planetensystem]]s in Gang brachten. Das Zeitwesen und das Wärmewesen stehen dadurch in enger Beziehung zueinander. {{lit|{{G|132|9}}}} Auf die erste Verkörperung unseres Planetensystems folgten weitere. Unser gegenwärtiges [[Sonnensystem]] stellt die vierte Entwicklungsstufe dar, drei weitere werden noch kommen.
 
Gemäß der urpersischen Mythologie ist die ganze Schöpfung aus [[Zaruana Akarana]], der unerschaffenen Zeit, hervorgetreten.
 
=== Die [[Archangeloi]] als Boten der [[Urbeginne]] ===
Einen bestimmten [[Erzengel]] beispielsweise wird man nicht finden, wenn man ihn unmittelbar in der Gegenwart sucht. Man muss vielmehr in der Zeit zurückgehen, z.B. ins 15. Jahrhundert, denn sein [[Bewusstsein]] ist einer ganz bestimmten Zeit konzentriert, die nicht die jetzige ist. Darum nennt man die Erzengel auch «[[Archangeloi]]», denn sie sind Boten des Anfangs, der wesenhaften [[Urbeginne]], der Archai.
 
<div style="margin-left:20px">
"Sie heißen «Engel des Anfangs», das heißt, sie
sind immer an den Anfängen von Zeiträumen, sagen wir, wo Völker
entstehen, wo Völker zum ersten Mal in die Weltgeschichte eintreten,
da sind sie mit ihrem vollen Bewußtsein, mit ihrem eigenen
Selbst vorhanden. Das bleibt in der übrigen Zeit vorhanden in den
Wirkungen. Die Wirkungen fließen in die Zeit hinein. Und will
man sie finden, so darf man nicht bloß in der Gleichzeitigkeit bleiben,
sondern man muß aus der Zeit herausgehen, die Zeitanfänge
aufsuchen." {{Lit|{{G|156|68f}}}}
</div>
 
=== Zeitempfinden und Luzifer ===
 
Das Zeitempfinden ist durch den [[luziferisch]]en Einfluss bedingt, der im Menschen die Sehnsucht nach dem selbständigen Konzentriertsein in sich selbst hervorruft. Das ganze Spektrum des Zeiterlebens, das sich zwischen [[Ewigkeit]] ([[Christus]]) und [[Augenblick]] ([[Luzifer]]) ausspannt, ist das Ergebnis eines wesenhaften Zusammenwirkens {{Lit|{{G|138|79ff}}}}. Es macht keinen Sinn, von der Zeit im allgemeinen zu sprechen, sondern sie muss immer auf eine Wesengemeinschaft bezogen werden, die eine gemeinsame Entwicklung durchmacht. Für unser [[Planetensystem]], dem eine solche sich gemeinsam entwickelnde Wesensgemeinschaft zugrunde liegt, offenbart sich die wesenhafte Zeit durch die [[Hierarchien|Hierarchie]] der [[Archai]] ([[Urengel]], [[Urbeginne]]), die auf dem [[Alter Saturn|alten Saturn]] ihre [[Ich-Entwicklung]] durchmachten. Sie sind vom Urbeginn unserer Entwicklung die wesenhaft waltenden [[Zeitgeister]]. Wenn es in der [[Genesis]] heißt: ''Im Urbeginn schufen die Götter Himmel und Erde'' ([http://www.bibel-online.net/buch/01.1-mose/1.html#1,1 1 Moses 1,1]), dann wird mit dem Wort ''Urbeginn'' (oder ''Anfang'' nach anderen Übersetzungen) bereits auf die Archai hingewiesen. Ebenso wird mit den [[Schöpfungstage]]n auf eine Siebenzahl höchstentwickelter Zeitgeister verwiesen. Das hebräische Wort [[Jom]] (= ''Tag''), das hier verwendet wird, meint nicht das, was wir heute als Tag verstehen, sondern bezeichnet diese Archai.
 
== [[Sieben]] - die Zahl der Zeit ==
 
Die [[Zahl der Zeit]] ist die [[Sieben]]. Sie gibt einen geeigneten Leitfaden für alles, was sich im Zeitenlauf ''nacheinander'' entwickelt. Die Sieben kann daher auch als [[Zahl der Entwicklung]] aufgefasst werden:
 
:"Was in der Zeit verläuft, baut sich nach dem Gerüste der Siebenzahl auf; was sich wiederholt in verschiedenen Formen, das betrachtet man gut dadurch, daß man die Sieben zugrunde legt und die entsprechenden Gestaltungen dann aufsucht. - So ist es gut, sich zu sagen: Weil die Erde verschiedene Verkörperungen durchmacht, suchen wir ihre sieben Verkörperungen: Saturn, Sonne, Mond, Erde, Jupiter, Venus und Vulkan. Weil die menschlichen Kulturen sieben Verkörperungen durchmachen, suchen wir ihren Zusammenhang, indem wir wiederum die Siebenzahl zugrunde legen. - Wir gehen zum Beispiel zur ersten Kultur in der nachatlantischen Zeit. Die altindische Kulturperiode ist die erste, die zweite ist die urpersische, die dritte die chaldäisch-ägyptische, die vierte die griechisch-lateinische, die fünfte unsere eigene, und wir erwarten die zwei folgenden, welche als die sechste und siebente die unsere ablösen werden. Da haben wir wiederum die Siebenzahl in aufeinanderfolgenden Kulturverkörperungen zugrunde gelegt. Wir können aber auch in dem Karma eines Menschen uns zurecht finden, wenn wir zurückzublicken suchen auf seine drei vorhergehenden Inkarnationen. Wenn man die Inkarnation eines Menschen der Gegenwart nimmt und überblickt von dieser Gegenwart ausgehend die drei vorhergehenden Inkarnationen, dann ist es möglich, gewisse Schlüsse zu ziehen für die drei nächstfolgenden Inkarnationen. Die drei vorhergehenden Inkarnationen und die jetzige mit den drei folgenden geben wiederum sieben. So ist die Siebenzahl ein Leitfaden für alles zeitliche Geschehen." {{lit|{{G|113|175}}}}
 
Die dreifache Sieben, [[777|7-7-7]], gilt als [[Zahl der Vollendung]], weil nach 7*7*7 = 343 Entwicklungstufen das Ziel einer Entwicklungsreihe erreicht ist. Alles, was ''danach'' kommt, gehört bereits einer völlig neuen Entwicklungslinie an. Die Ausdrucksweise ''danach'' darf daher auch nur im uneigentlichen Sinn verstanden werden, denn man hat es dann bereits mit einem völlig neuen Zeitwesen zu tun, das nicht unmittelbar auf jenes bezogen werden kann, das sich bereits vollendet hat.
 
== Siehe auch ==
 
* {{WikipediaDE|Zeit|}}
* {{WikipediaDE|Zeitpfeil|}}
* {{WikipediaDE|Philosophie der Zeit|}}
* {{Eisler|Zeit}}


==Literatur==
==Literatur==
#Rudolf Steiner: ''Vor dem Tore der Theosophie'', [[GA 95]] (1978), Dreizehnter Vortrag, Stuttgart, 3. September 1906
#Otto-Albrecht Isbert: ''Yoga - Arbeit am Selbst'', Goldmann TB, München 1974


{{Vorlage:GA}}
#Rudolf Steiner: ''Metamorphosen des Seelenlebens – Pfade der Seelenerlebnisse. Zweiter Teil'', [[GA 59]] (1984), ISBN 3-7274-0595-3 {{Vorträge|059}}
#Rudolf Steiner: ''Die Ergänzung heutiger Wissenschaften durch Anthroposophie'', [[GA 73]] (1987), ISBN 3-7274-0730-1 {{Vorträge|073}}
#Rudolf Steiner: ''Damit der Mensch ganz Mensch werde'', [[GA 82]] (1994), ISBN 3-7274-0820-0 {{Vorträge|082}}
#Rudolf Steiner: ''Vor dem Tore der Theosophie'', [[GA 95]] (1990), ISBN 3-7274-0952-5 {{Vorträge|095}}
#Rudolf Steiner: ''Geistige Hierarchien und ihre Widerspiegelung in der physischen Welt'', [[GA 110]] (1981)
#Rudolf Steiner: ''Der Orient im Lichte des Okzidents. Die Kinder des Luzifer und die Brüder Christi.'', [[GA 113]] (1982), Neunter Vortrag, München, 31. August 1909
#Rudolf Steiner: ''Anthroposophie – Psychosophie – Pneumatosophie'', [[GA 115]] (2001), ISBN 3-7274-1150-3 {{Vorträge|115}}
#Rudolf Steiner: ''Exkurse in das Gebiet des Markus-Evangeliums'', [[GA 124]] (1995), ISBN 3-7274-1240-2 {{Vorträge|124}}
#Rudolf Steiner: ''Die Evolution vom Gesichtspunkte des Wahrhaftigen'', [[GA 132]] (1987), Erster Vortrag, Berlin, 31. Oktober 1911
#Rudolf Steiner: ''Von der Initiation. Von Ewigkeit und Augenblick. Von Geisteslicht und Lebensdunkel.'', [[GA 138]] (1986)
#Rudolf Steiner: ''Okkultes Lesen und okkultes Hören'', [[GA 156]] (2003), ISBN 3-7274-1561-4 {{Vorträge|156}}
#Rudolf Steiner: ''Zufall, Notwendigkeit und Vorsehung '', [[GA 163]] (1986), ISBN 3-7274-1630-0 {{Vorträge|163}}
#Rudolf Steiner: ''Die spirituellen Hintergründe der äußeren Welt. Der Sturz der Geister der Finsternis'', [[GA 177]] (1999), ISBN 3-7274-1771-4 {{Vorträge|177}}
#Rudolf Steiner: ''Die Polarität von Dauer und Entwickelung im Menschenleben. Die kosmische Vorgeschichte der Menschheit.'', [[GA 184]] (2002), ISBN 3-7274-1840-0 {{Vorträge|184}}
#Rudolf Steiner: ''Menschenwesen, Menschenschicksal und Welt-Entwickelung'', [[GA 226]] (1988), ISBN 3-7274-2260-2 {{Vorträge|226}}
#Rudolf Steiner: ''Anthroposophie – Eine Zusammenfassung nach einundzwanzig Jahren'', [[GA 234]] (1994), ISBN 3-7274-2342-0 {{Vorträge|234}}
#Rudolf Steiner: ''Das Zusammenwirken von Ärzten und Seelsorgern'', [[GA 318]] (1994), ISBN 3-7274-3181-4 {{Vorträge|318}}
#Rudolf Steiner: ''Die vierte Dimension'', [[GA 324a]] (1995), ISBN 3-7274-3245-4 {{Vorträge|324a}}
 
{{GA}}
 
==Weblinks==
#[http://www.anthroposophie.net/steiner/ga/bib_steiner_ga_110.htm GA 110: Geistige Hierarchien und ihre Widerspiegelung in der physischen Welt] - Der gesamte Vortragszyklus online.


[[Kategorie:Schulungsweg]]
[[Kategorie:Grundbegriffe]] [[Kategorie:Geistige Wesen]] [[Kategorie:Hierarchien]]

Version vom 28. April 2011, 08:44 Uhr

Die Sanduhr, ein einfaches Messinstrument und zugleich Symbol für die unaufhaltsam dahinfließende Zeit.

Die Zeit (griech. Χρόνος, Chronos; lat. Tempus), die uns im irdischen Erleben als eine unaufhaltsame, unumkehrbare, lineare, von der Vergangenheit in die Zukunft gerichtete Abfolge von Ereignissen erscheint, hat ihre wahre Ursache in dem Zusammenwirken einer Summe niederer und höherer geistiger Wesen.

Zeit und Zeitlosigkeit

Die Tätigkeit der Hierarchien an sich ist zeitlos, so wie auch beim Menschen die höchsten geistigen Vorgänge zeitlos sind. Es gäbe keine Zeit, wenn alle Wesen auf gleicher Entwicklungsstufe stünden. Von der Entstehung der Zeit kann man schwer reden, denn im Wort Entstehen ist schon der Zeitbegriff mit enthalten; man kann also nur über das Wesen der Zeit sprechen. Und das ergibt sich eben daraus, dass im Zeitlosen durchaus verschiedene Entwicklungsgrade möglich sind, die durch ihr Zusammenspiel die wesenhafte Zeit möglich machen.

"... die höchsten geistigen Vorgänge beim Menschen führen zu dem Begriff, daß sie zeitlos verlaufen. Die Tätigkeiten der Hierarchien sind zeitlos. - Von Zeit-Entstehen ist schwer zu reden: in dem Worte «entstehen» ist schon der Begriff der Zeit enthalten; man müßte eher sagen: das Wesen der Zeit, und darüber ist nicht so leicht zu sprechen. Es gäbe keine Zeit, wenn alle Wesen auf gleicher Entwickelungsstufe stehen würden. Durch das Zusammenwirken einer Summe niederer und einer Summe höherer Wesen entsteht Zeit. Im Zeitlosen sind verschiedene Entwickelungsgrade möglich; durch ihr Zusammenspiel wird Zeit möglich." (Lit.: GA 110, S. 176)

Physikalische und lebendige Zeit

Die Physik beschreibt die Zeit als unumkehrbare Abfolge von Ereignissen, die nach den Gesetzen der Thermodynamik durch die Zunahme der Entropie bestimmt ist. Nach dem Kausalitätsprinzip geht dabei stets die Ursache der Wirkung voran, weswegen nur die Zukunft von der Gegenwart aus kausal beeinflusst werden kann, die Vergangenheit aber unveränderlich ist. Nach der Relativitätstheorie wird allerdings die zeitliche Abfolge von relativ zueinander bewegten Beobachtern unterschiedlich gesehen und es gibt auch keine universelle Gleichzeitigkeit von Ereignissen, sondern nur eine Relativität der Gleichzeitigkeit. In der Quantenphysik gibt es starke Hinweise darauf, dass die Zeit im Bereich der Planck-Zeit (ca. 5,391•10-44 s) kein Kontinuum mehr ist.

Absolute und relative Zeit

Astronomische Uhr, Prag

Völlig untauglich aus geistiger Sicht ist der von Newton geprägte und zur Grundlage der klassischen Physik gewordene Begriff der absoluten Zeit, die völlig unabhängig von allen äußeren Gegenständen völlig gleichförmig dahinfließen soll.

„Die absolute, wahre und mathematische Zeit verfließt an sich und vermöge ihrer Natur gleichförmig und ohne Beziehung auf irgendeinen äußeren Gegenstand.“

Isaac Newton: Mathematische Prinzipien der Naturlehre; London 1687

Dass dieser absolute Zeitbegriff selbst aus physikalischer Perspektive nicht haltbar ist, hat schon Albert Einstein durch seine 1905 veröffentlichte spezielle Relativitätstheorie gezeigt. Raum und Zeit sind hier nicht mehr unabhängig voneinander, sondern werden zum vierdimensionalen Raum-Zeit-Kontinuum verflochten.

Zeitmessung

Zeit ist nur in Relationen quantitativ zu erfassen, z.B. durch die Beziehung des irdischen Geschehens auf die periodisch wiederkehrenden kosmischen Verhältnisse - aber diese kehren nie in genau gleicher Weise wieder und laufen auch nicht in einem starr gleichförmigen Takt, sondern sind innerhalb gewisser Grenzen lebendig beweglich. Damit ist zugleich die ganze Problematik der Zeitmessung angesprochen. Zwar hat man heute mit den Atomuhr einen weitgehend starren Taktgeber gefunden, aber damit entfernt man sich von der Wirklichkeit, die den lebendigen Zeitphänomenen zugrunde liegt, nur noch mehr. Im SI-Einheitensystem wird die Zeit in Sekunden (Einheitenzeichen s) gemessen.

"Denn wenn wir etwas auf der Erde feststellen, wenn wir mit noch so genauen Präzisionsinstrumenten rechnen, von dem Himmel aus angesehen ist es immer um ein paar Tage falsch, weil die Himmelszeit anders als die Erdenzeit verläuft. Die Erdenzeit suchen wir möglichst gleichmäßig verlaufen zu lassen. Das ist gar nicht der Fall mit der Himmelszeit, die schneller und langsamer verläuft, weil sie in sich lebendig ist. Wir Menschen selber machen die Erdenzeit tot, daher verläuft sie ganz gleichmäßig." (Lit.: GA 226, S. 105)

Die Zeit als vierte Dimension

"Indem die Pflanze wächst, durchbricht sie den dreidimensionalen Raum. Jedes Wesen, das in der Zeit lebt, durchbricht die drei [gewöhnlichen] Dimensionen. Die Zeit ist die vierte Dimension. Sie steckt unsichtbar in den drei Dimensionen des gewöhnlichen Raumes darinnen. Sie können sie aber nur durch hellseherische Kraft wahrnehmen.

Ein bewegter Punkt erzeugt eine Linie; bewegt sich eine Linie, so entsteht eine Fläche; und bewegt sich ein Fläche, so ensteht der dreidimensionale Körper. Lassen wir nun den dreidimensionalen Raum sich bewegen, so haben wir Wachstum [und Entwicklung]. Sie haben dadurch den vierdimensionalen Raum, die Zeit [hineinprojiziert in den dreidimensionalen Raum als Bewegung, Wachstum, Entwicklung].

[Die geometrische Betrachtung zum Aufbau der drei gewöhnlichen Dimensionen] finden Sie fortgesetzt im wirklichen Leben. Die Zeit steht senkrecht auf den drei Dimensionen, sie ist die vierte, sie wächst. Wenn Sie die Zeit in sich lebendig machen, entsteht die Empfindung. Vermehren Sie die Zeit in sich, bewegen Sie sie in sich selbst, so haben Sie das empfindende Tierwesen, das in Wahrheit fünf Dimensionen hat. Das Menschenwesen hat in Wahrheit sechs Dimensionen." (Lit.: GA 324a, S. 98f)

Die Geschwindigkeit als eigentliche Wirklichkeit

Was wir im Erdenleben als Zeit empfinden, ist eine Täuschung; Wirklichkeit hat nur die Geschwindigkeit:

"Ich habe davon gesprochen, daß die Zeit, so wie wir sie erleben, eigentlich eine Täuschung ist, daß die Zeit in Wirklichkeit etwas ganz anderes ist, als sie der Mensch erlebt, weil der Mensch die Zeit nicht perspektivisch nimmt, so sagte ich dazumal. Den Raum erlebt der Mensch schon perspektivisch; die ferneren Bäume sieht er kleiner als die nahen Bäume. In Wirklichkeit ist auch die Zeit ebenso perspektivisch zu sehen. Die in der Zeit entfernten Ereignisse sind anders zu sehen als die in der Zeit nahen Ereignisse. Es ist aber nur die Grundlage dafür, daß die Zeit wirklich das ist, als was die Forscher aller Zeiten sie angesehen haben: die Zeit ist das wichtigste Medium der menschlichen Täuschung. Wir denken uns, daß zum Beispiel die Wesen der höheren Hierarchien auch so durch die Zeit fließen, wie unser eigenes Seelenleben durch die Zeit fließt: es ist keine Wahrheit darin. In Wahrheit liegt das Wesen der höheren Hierarchien in abgeflossenen Zeiten, aber sie wirken herüber aus den abgeflossenen Zeiten, wie im Räume von einem entfernten Orte man herüberwirken kann, meinetwegen durch Lichtsignale oder so etwas, auf in einem nahen Orte im Räume liegende Wesen. Die Zeit ist nicht das, als was sie die Menschen ansehen, die Zeit ist auch nicht das, als was sie solche Philosophen wie Kant ansehen, sondern die Zeit ist in ihrer Wirklichkeit etwas ganz anderes. Und das, was der Mensch als Wirklichkeit ansieht, ist eben auch eine Maja, eine große Täuschung. Vor allen Dingen bleibt immer das stehen, wovon wir glauben, indem wir in der Zeit als Täuschung leben, daß es vergangen sei. Es bleibt aber da; die Zeit wird wirklich zu etwas wie zu einem Räume. Und man sieht auf die rückwärtigen Ereignisse so, wie man auf entfernte Gegenstände im Raume sieht, wenn man wahrhaftig sieht. Die Zeit ist eine Täuschung.

Und weiter weiß die Geisteswissenschaft, daß die Quellen zu andern großen Täuschungen in menschlichen Weltanschauungen davon herrühren, daß der Mensch in bezug auf die Zeit der Täuschung unterliegt. Wenn unter Ihnen viele Physiker wären, würde ich selbst rein physikalisch mich hier aussprechen können. Ich würde Ihnen an physikalischen Formeln zeigen können, daß so, wie der Physiker die Zeit - das t, wie er es bloß nennt - in die physikalischen Formeln einführt, diese Zeit nur eine Zahl ist, also etwas ganz Unbekanntes, keine Wirklichkeit, sondern ein reiner Schein ist. Ein Wirkliches ist immer nur die Geschwindigkeit, aber die gerade sieht der Physiker als eine Folge der Zeit an. Da Sie ja keine Physiker sind und sich wahrscheinlich auf das Verständnis der Sache nicht einlassen werden, will auch ich mich nicht weiter darauf einlassen.

Die Zeit ist Täuschung, das ist eine schwerwiegende Wahrheit, weil die Zeit als Täuschung vielen andern Täuschungen des Lebens zugrunde Hegt. So zum Beispiel sieht man alle Dinge falsch, wenn man im geschichtlichen Leben die Zeit falsch anwendet. So denken etwa die Menschen, in den ersten drei christlichen Jahrhunderten hätten sich gewisse Dinge zugetragen, die seien jetzt vorbei. - In Wirklichkeit müßten sie denken: Der Erzengel oder die Wesenheit aus der Hierarchie der Archai, die dazumal die Ereignisse geleitet hat, ist noch da; das wirkt in anderer Weise weiter. - Das Vergangensein ist nur eine Täuschung. Es hängt viel davon ab, daß man gegenüber der geistigen Wirklichkeit gerade den perspektivischen Charakter der Zeit kennenlernt, daß man weiß, man muß sich über die Ereignisse im Zeitenlaufe ebenso täuschen - während man das nicht glaubt -, wie man sich über die Ereignisse im Räume täuscht, wenn man keine Perspektive zugibt. Denken Sie einmal, wie groß die Täuschung wäre, wenn Sie keine Perspektive zugeben würden, wenn Sie das Entfernte im Räume als so wirksam auf sich selbst betrachten würden wie das Nahe. Sie schauen auf einen fernen Berg hin. Von der Luft, die Sie umgibt, hängt wesentlich Ihre Gesundheit ab; von der Luft auf dem fernen Berge nicht, denn wollen Sie sie als gesundheitsfördernd haben, so müssen Sie hingehen. Die Wirklichkeit hängt im wesentlichen, sobald es um die Wirklichkeit im Leben sich handelt, mit der Perspektive zusammen. So ist es aber auch mit Bezug auf die Zeit. Wir leben richtig in der Gegenwart, wenn wir nicht glauben, daß die ferneren Ereignisse der Vergangenheit ebenso gewogen werden können wie die nahen Ereignisse. Wenn wir im dritten nachatlantischen Zeitraum die ägyptisch-chaldäische Zeit betrachten und nur dasjenige ins Auge fassen, was die Dokumente liefern, und sie so registrieren, wie sie die Torengeschichte registriert, die Fable convenue, die sich eben heute Geschichte nennt, dann machen wir den perspektivischen Fehler. Denn es hat überhaupt für das heutige Leben gar keine Bedeutung, was die Menschen äußerlich an Taten während der ägyptischen Zeit gemacht haben, aber was die Engel und Erzengel und Archai gemacht haben, das hat Bedeutung; das tritt aber nur in der perspektivisch gebildeten Betrachtung hervor. Daher ist es ein Grundsatz, und nicht nur heute, wo wir alle diese Dinge wiederentdecken müssen auf dem Boden der Anthroposophie, sondern in allen Zeiten war es ein Grundsatz für alle geistigen Forscher, daß die Zeit als solche eine Täuschung ist, und niemals wurde von einem wirklichen Kenner der Wirklichkeit mit der Zeit so gerechnet, daß sie für eine Wahrheit gehalten wurde, daß sie selbst für eine wahre Wirklichkeit gehalten worden wäre." (Lit.: GA 184, S. 71ff)

Zeitlinie und Zeitknäuel

Der alltägliche Zeitbegriff, nach dem die Zeit linear von der Vergangenheit über den Moment der Gegenwart in die Zukunft läuft, ist untauglich, um geistige Zusammenhänge zu erfassen:

"Ich will durch diesen Strich andeuten, daß irgend etwas, was heute mit dem Menschen geschieht, von den geistigen Wesen so ausgestaltet wird, daß das andere, was als Ausgleichendes dazugehört, in dreitausend Jahren eintritt. Das ist der normale Prozeß. Aber sehen Sie, im gewöhnlichen Leben kennt man ja die Zeit nur sehr ungenau. Wie stellt man sich im gewöhnlichen Leben die Zeit vor? Wie eine von der vergangenen Unendlichkeit durch die Gegenwart in die Zukunft hineinlaufende Linie. So ungefähr stellt man sich die Zeit vor, allerdings eine dicke Linie, nicht eine Linie, sondern ein dickes Seil, denn sie enthält alles, was man überhaupt wahrnimmt in der Welt, zugleich in jedem einzelnen Augenblick der Gegenwart. Man stellt sie sich so vor, wenn man überhaupt sich etwas vorstellt. Die meisten Menschen stellen sich das überhaupt gar nicht vor. Geistig angesehen, ist die Sache nicht so. Und man lernt schwer Verständnis finden für geistige Verläufe, die ja in allen physischen Verläufen drinnen sind, wenn man sich die Zeit nur so vorstellen kann.

Zeitlinie und Zeitknäuel
Zeitlinie und Zeitknäuel

Aber die Zeit ist in der Realität nicht so, sondern der ganze Faden, den ich da an die Tafel gezeichnet habe, der kann verwickelt zu einem Knäuel werden. In diesem Knäuel ist die ganze Zeitlinie drinnen, die dreitausend Jahre sind in einem Knäuel. Die Zeit kann sich verknäueln, und wenn sie sich für irgendeine Evolution verknäuelt, diese Zeit, dann kann der Knäuel eben in einem Menschen leben. Bei der heiligen Theresia lebte eine verknäuelte Zeit in dem irdischen Leben. Das ist eigentlich das Mysterium, daß Dinge, die sonst in dem Karma weit auseinanderrücken, zusammengeschoben werden. (Siehe Zeichnung.)" (Lit.: GA 318, S. 44f)

Die Zeit als lebendiger Organismus

Nur im physisch-sinnlichen Erleben ist die Gegenwart das einzig Reale. Aus der Perspektive der höheren Welten ist das Vergangene nicht einfach vergangen und das Zukünftige noch nicht da, sondern sie schließen sich zu einem lebendigen Zeitorganismus zusammen. Ein solcher in sich zusammenhängender Zeitorganismus ist insbesondere auch der Ätherleib des Menschen.

"Beim Zeitorganismus ist das so, daß, trotzdem wir ein Später und ein Früher haben, Später und Früher in organischer Weise zusammenhängen." (Lit.: GA 082, S. 234)

Die Zeit in den höheren Welten

Der ätherische und der gegenläufige astralische Zeitstrom

Das gegenwärtige Bewusstsein als Zusammenfluss der ätherischen Strömung aus der Vergangenheit und der astralischen Strömung aus der Zukunft (GA 115, S 190)

Aus höherer Sicht ist es auch nicht richtig, dass die Zeit einseitig von der Vergangenheit in die Zukunft fließt. Das ist nur im Ätherischen der Fall. Auf dem Astralplan hingegen fließt die Zeit in umgekehrter Richtung:

"Zum Beispiel sehen wir im Physischen zuerst die Henne und dann das Ei. Im Astralischen sieht man umgekehrt erst das Ei und dann die Henne, welche das Ei gelegt hat. Im Astralen bewegt sich die Zeit zurück; erst sieht man die Wirkung und dann die Ursache. Daher der prophetische Blick; niemand könnte künftige Ereignisse voraussehen ohne dieses Rückwärtsgehen von Zeitereignissen." (Lit.: GA 095, S. 22)

Zeit und Bewusstsein

Das Phänomen des menschlichen Bewusstseins wird man nur verstehen, wenn man berücksichtigt

"... daß der Strom des Seelenlebens nicht nur von der Vergangenheit in die Zukunft, sondern auch von der Zukunft in die Vergangenheit fließt, daß wir zwei Zeitströmungen haben: das Ätherische, das in die Zukunft geht, während dasjenige, was wir als Astralisches dagegen haben, von der Zukunft in die Vergangenheit zurückfließt." (Lit.: GA 124, S. 64f)

Alles Vorstellungsmäßige hängt mit dem ätherischen Strom aus der Vergangenheit zusammen, alles Begehren, alle Wünsche, die Phänomene von Liebe und Hass, alle Willensimpulse kommen uns mit dem astralischen Strom aus der Zukunft entgegen. Das Übereinanderschlagen dieser beiden Strömungen, der ätherischen und der astralischen, die gleichsam einen «Wirbel» bilden (Lit.: GA 059, S. 109), ist das gegenwärtig empfundene Bewusstsein (Lit.: GA 115, S. 190ff).

Aber nicht nur die Richtung, auch die Geschwindigkeit (s.o.) der verschiedenen Seelentätigkeiten ist sehr unterschiedlich. Die grundlegenden Willensimpulse verändern sich sehr viel langsamer als das dahineilende Denken.

"Unser seelisches Leben beruht darauf, daß zum Beispiel das Denken, das Vorstellen, mit einer ganz anderen Geschwindigkeit abläuft als das Fühlen, und dieses wiederum mit einer ganz anderen Geschwindigkeit als das Wollen. Diese Dinge - daß innerlich im Seelenleben verschiedene ineinandergeschichtete Geschwindigkeiten sind - bewirken gerade das innere Entstehen des Bewußtseins. Bewußtsein entsteht nur da, wo irgend etwas sich stört. Daher ist Bewußtsein sogar verwandt mit dem Tode: weil der Tod das Leben stört." (Lit.: GA 073, S. 50)

"Denn der Wille bewegt sich nämlich wesentlich langsamer in der menschlichen Evolution als die Gedanken. Bitte, fassen Sie das als eine sehr wichtige Wahrheit auf: Der Wille bewegt sich viel langsamer als die Gedanken. So daß zum Beispiel bei den Menschen, die sich mehr den allgemeinen Gewohnheiten überlassen haben, die nicht dazumal gerade in den vierziger Jahren Rebellen oder Revolutionäre waren, sondern die sich so mehr den allgemeinen Gewohnheiten, den patriarchischen, biederen Gewohnheiten der dreißiger, vierziger Jahre überlassen haben, diese Gewohnheiten fortlebten bis in die Jahrzehnte, die ich jetzt meine. Aber die Gedanken schritten weiter. Und dadurch treten fortwährend in der Evolution Diskrepanzen auf zwischen dem Gedankenleben und dem Willensleben, die nicht in allen Sphären des Lebens, aber in gewissen Sphären des Lebens erscheinen." (Lit.: GA 177, S. 258)

Zeit und Schlaf

Zeit und Schlaf
Zeit und Schlaf

Im Schlaf gehen wir in der Zeit rückwärts bis zu unserer früheren Inkarnation.

"... da ist der Mensch in seiner gegenwärtigen Inkarnation. (Es wird gezeichnet, rechts Mitte.) Wenn er Imagination entwickelt, so schaut er seinen Ätherleib etwas vor die Geburt oder Empfängnis hingehend (gelb); aber sein astralischer Leib führt ihn durch Inspiration hinein in die ganze Zeit, die verflossen ist zwischen dem letzten Tode und dieser Geburt (rot). Und die Intuition führt ihn in das vorangehende Erdenleben zurück (gelb).

Wenn Sie nun schlafen, so bedeutet das nichts anderes, als daß Sie das Bewußtsein, das sonst im physischen Leibe ist, zurückverlegen, zurückführen, daß Sie mit ihm zurückkehren. Der Schlaf ist also eigentlich ein Zurücklaufen in der Zeit zu dem, wovon ich Ihnen schon gesagt habe, daß es dem gewöhnlichen Bewußtsein als vergangen erscheint, aber doch da ist. Sie sehen, man muß auch da, wenn man wirklich zum Erfassen des Geistigen kommen will, die Begriffe ändern gegenüber den Begriffen, die man gewöhnt ist im physischen Leben zu verwenden. Man muß also eigentlich sich bewußt werden, daß der Schlaf jedesmal ein Zurückgehen ist in die Gefilde, die man durchgemacht hat im vorirdischen Dasein, oder sogar ein Zurückgehen ist in frühere Inkarnationen. Der Mensch erlebt tatsächlich während des Schlafes, nur kann er es nicht erfassen, dasjenige, was früheren Inkarnationen angehört, was er durchgemacht hat auch im vorirdischen Dasein.

Über den Zeitbegriff muß man eine völlige Begriffsmetamorphose durchmachen; der muß ein ganz anderer werden. Wenn man daher an jemanden die Frage stellt: Ja, wo ist er denn, wenn er schläft? - dann muß man sagen: Er ist eigentlich in seinem vorirdischen Dasein oder sogar zurückgekehrt zu früheren Erdenleben. - Populär ausgedrückt sagt man eben: Der Mensch ist außerhalb seines physischen und seines Ätherleibes. Das Reale dazu ist das, was ich Ihnen auseinandergesetzt habe. Das ist, was sich darstellt als der rhythmische Wechselzustand zwischen Wachen und Schlafen." (Lit.: GA 234, S. 107f)

Dauer und Vorsehung im Devachan und auf dem Buddhiplan

Im Devachan, in der eigentlichen geistigen Welt, herrschen hingegen Dauer und Vorsehung, wobei letztere vom Buddhiplan, der Welt der Vorsehung, hereinwirkt:

"In dem Augenblick, wo man in die geistige Welt hineinschaut, ist es, wenn man in das Vergangene hineinsieht, so, daß das Vergangene wie stehengeblieben ist. Das ist noch da. Die Zeit wird zum Raume. Das Vergangene hört auf, unmittelbar Vergangenes zu sein. Dann hört der Begriff der Notwendigkeit auch auf einen Sinn zu haben. Man hat nicht ein Vergangenes, ein Gegenwärtiges, ein Zukünftiges, sondern man hat ein Dauerndes. Luzifer ist meinetwillen in der Mondenentwickelung so stehengeblieben, wie einer stehenbleibt, der mit einem anderen gegangen ist, und während der andere weitergeht, bleibt er, weil er zu bequem geworden ist, oder weil er wunde Füße bekommen hat, stehen. So wenig derjenige, der da stehengeblieben ist, mit dem Ort etwas zu tun hat, an dem der andere angekommen ist nach einiger Zeit, so wenig hat Luzifer direkt mit unserem Erdendasein etwas zu tun. Er ist eben im Mondendasein stehengeblieben. Da steht er heute noch. In der geistigen Welt können wir nicht sprechen von einem vergangenen, sondern nur von einem dauernden Dinge. Der Luzifer ist so da, wie er damals da war. Blickt man in die geistige Welt, so ändern sich alle Begriffe von Notwendigem und Zufälligem, da herrscht Vorsehung." (Lit.: GA 163, S. 89f)

Es ist nicht so, dass es in der Region der Dauer keine Bewegung gäbe. Das Wesen des Geistes, der der Ewigkeit angehört, ist rastlose unaufhörliche, zyklisch in sich selbst zurücklaufende Bewegung, die aber zugleich als absolute Ruhe empfunden wird, solange alle Wesen diese Bewegung gleichmaßen mitmachen. Erst wo Bewegungsunterschiede entstehen, weil nicht mehr alle Wesen dieses rastlose Tempo mitmachen können, wird die Bewegung auch als solche empfunden - und damit tritt die Zeit in Erscheinung.

Zeitwesen

Die Archai als die eigentlichen Zeitwesen

Auf dem alten Saturn trat die wesenhafte Zeit, also die Gemeinschaft der Archai, in Erscheinung, indem die Throne ihre Willenssubstanz als Wärme den Cherubim hinopferten und dadurch die Evolution unseres ganzen Planetensystems in Gang brachten. Das Zeitwesen und das Wärmewesen stehen dadurch in enger Beziehung zueinander. (Lit.: GA 132, S. 9) Auf die erste Verkörperung unseres Planetensystems folgten weitere. Unser gegenwärtiges Sonnensystem stellt die vierte Entwicklungsstufe dar, drei weitere werden noch kommen.

Gemäß der urpersischen Mythologie ist die ganze Schöpfung aus Zaruana Akarana, der unerschaffenen Zeit, hervorgetreten.

Die Archangeloi als Boten der Urbeginne

Einen bestimmten Erzengel beispielsweise wird man nicht finden, wenn man ihn unmittelbar in der Gegenwart sucht. Man muss vielmehr in der Zeit zurückgehen, z.B. ins 15. Jahrhundert, denn sein Bewusstsein ist einer ganz bestimmten Zeit konzentriert, die nicht die jetzige ist. Darum nennt man die Erzengel auch «Archangeloi», denn sie sind Boten des Anfangs, der wesenhaften Urbeginne, der Archai.

"Sie heißen «Engel des Anfangs», das heißt, sie sind immer an den Anfängen von Zeiträumen, sagen wir, wo Völker entstehen, wo Völker zum ersten Mal in die Weltgeschichte eintreten, da sind sie mit ihrem vollen Bewußtsein, mit ihrem eigenen Selbst vorhanden. Das bleibt in der übrigen Zeit vorhanden in den Wirkungen. Die Wirkungen fließen in die Zeit hinein. Und will man sie finden, so darf man nicht bloß in der Gleichzeitigkeit bleiben, sondern man muß aus der Zeit herausgehen, die Zeitanfänge aufsuchen." (Lit.: GA 156, S. 68f)

Zeitempfinden und Luzifer

Das Zeitempfinden ist durch den luziferischen Einfluss bedingt, der im Menschen die Sehnsucht nach dem selbständigen Konzentriertsein in sich selbst hervorruft. Das ganze Spektrum des Zeiterlebens, das sich zwischen Ewigkeit (Christus) und Augenblick (Luzifer) ausspannt, ist das Ergebnis eines wesenhaften Zusammenwirkens (Lit.: GA 138, S. 79ff). Es macht keinen Sinn, von der Zeit im allgemeinen zu sprechen, sondern sie muss immer auf eine Wesengemeinschaft bezogen werden, die eine gemeinsame Entwicklung durchmacht. Für unser Planetensystem, dem eine solche sich gemeinsam entwickelnde Wesensgemeinschaft zugrunde liegt, offenbart sich die wesenhafte Zeit durch die Hierarchie der Archai (Urengel, Urbeginne), die auf dem alten Saturn ihre Ich-Entwicklung durchmachten. Sie sind vom Urbeginn unserer Entwicklung die wesenhaft waltenden Zeitgeister. Wenn es in der Genesis heißt: Im Urbeginn schufen die Götter Himmel und Erde (1 Moses 1,1), dann wird mit dem Wort Urbeginn (oder Anfang nach anderen Übersetzungen) bereits auf die Archai hingewiesen. Ebenso wird mit den Schöpfungstagen auf eine Siebenzahl höchstentwickelter Zeitgeister verwiesen. Das hebräische Wort Jom (= Tag), das hier verwendet wird, meint nicht das, was wir heute als Tag verstehen, sondern bezeichnet diese Archai.

Sieben - die Zahl der Zeit

Die Zahl der Zeit ist die Sieben. Sie gibt einen geeigneten Leitfaden für alles, was sich im Zeitenlauf nacheinander entwickelt. Die Sieben kann daher auch als Zahl der Entwicklung aufgefasst werden:

"Was in der Zeit verläuft, baut sich nach dem Gerüste der Siebenzahl auf; was sich wiederholt in verschiedenen Formen, das betrachtet man gut dadurch, daß man die Sieben zugrunde legt und die entsprechenden Gestaltungen dann aufsucht. - So ist es gut, sich zu sagen: Weil die Erde verschiedene Verkörperungen durchmacht, suchen wir ihre sieben Verkörperungen: Saturn, Sonne, Mond, Erde, Jupiter, Venus und Vulkan. Weil die menschlichen Kulturen sieben Verkörperungen durchmachen, suchen wir ihren Zusammenhang, indem wir wiederum die Siebenzahl zugrunde legen. - Wir gehen zum Beispiel zur ersten Kultur in der nachatlantischen Zeit. Die altindische Kulturperiode ist die erste, die zweite ist die urpersische, die dritte die chaldäisch-ägyptische, die vierte die griechisch-lateinische, die fünfte unsere eigene, und wir erwarten die zwei folgenden, welche als die sechste und siebente die unsere ablösen werden. Da haben wir wiederum die Siebenzahl in aufeinanderfolgenden Kulturverkörperungen zugrunde gelegt. Wir können aber auch in dem Karma eines Menschen uns zurecht finden, wenn wir zurückzublicken suchen auf seine drei vorhergehenden Inkarnationen. Wenn man die Inkarnation eines Menschen der Gegenwart nimmt und überblickt von dieser Gegenwart ausgehend die drei vorhergehenden Inkarnationen, dann ist es möglich, gewisse Schlüsse zu ziehen für die drei nächstfolgenden Inkarnationen. Die drei vorhergehenden Inkarnationen und die jetzige mit den drei folgenden geben wiederum sieben. So ist die Siebenzahl ein Leitfaden für alles zeitliche Geschehen." (Lit.: GA 113, S. 175)

Die dreifache Sieben, 7-7-7, gilt als Zahl der Vollendung, weil nach 7*7*7 = 343 Entwicklungstufen das Ziel einer Entwicklungsreihe erreicht ist. Alles, was danach kommt, gehört bereits einer völlig neuen Entwicklungslinie an. Die Ausdrucksweise danach darf daher auch nur im uneigentlichen Sinn verstanden werden, denn man hat es dann bereits mit einem völlig neuen Zeitwesen zu tun, das nicht unmittelbar auf jenes bezogen werden kann, das sich bereits vollendet hat.

Siehe auch

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Metamorphosen des Seelenlebens – Pfade der Seelenerlebnisse. Zweiter Teil, GA 59 (1984), ISBN 3-7274-0595-3 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  2. Rudolf Steiner: Die Ergänzung heutiger Wissenschaften durch Anthroposophie, GA 73 (1987), ISBN 3-7274-0730-1 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  3. Rudolf Steiner: Damit der Mensch ganz Mensch werde, GA 82 (1994), ISBN 3-7274-0820-0 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  4. Rudolf Steiner: Vor dem Tore der Theosophie, GA 95 (1990), ISBN 3-7274-0952-5 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  5. Rudolf Steiner: Geistige Hierarchien und ihre Widerspiegelung in der physischen Welt, GA 110 (1981)
  6. Rudolf Steiner: Der Orient im Lichte des Okzidents. Die Kinder des Luzifer und die Brüder Christi., GA 113 (1982), Neunter Vortrag, München, 31. August 1909
  7. Rudolf Steiner: Anthroposophie – Psychosophie – Pneumatosophie, GA 115 (2001), ISBN 3-7274-1150-3 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  8. Rudolf Steiner: Exkurse in das Gebiet des Markus-Evangeliums, GA 124 (1995), ISBN 3-7274-1240-2 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  9. Rudolf Steiner: Die Evolution vom Gesichtspunkte des Wahrhaftigen, GA 132 (1987), Erster Vortrag, Berlin, 31. Oktober 1911
  10. Rudolf Steiner: Von der Initiation. Von Ewigkeit und Augenblick. Von Geisteslicht und Lebensdunkel., GA 138 (1986)
  11. Rudolf Steiner: Okkultes Lesen und okkultes Hören, GA 156 (2003), ISBN 3-7274-1561-4 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  12. Rudolf Steiner: Zufall, Notwendigkeit und Vorsehung , GA 163 (1986), ISBN 3-7274-1630-0 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  13. Rudolf Steiner: Die spirituellen Hintergründe der äußeren Welt. Der Sturz der Geister der Finsternis, GA 177 (1999), ISBN 3-7274-1771-4 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  14. Rudolf Steiner: Die Polarität von Dauer und Entwickelung im Menschenleben. Die kosmische Vorgeschichte der Menschheit., GA 184 (2002), ISBN 3-7274-1840-0 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  15. Rudolf Steiner: Menschenwesen, Menschenschicksal und Welt-Entwickelung, GA 226 (1988), ISBN 3-7274-2260-2 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  16. Rudolf Steiner: Anthroposophie – Eine Zusammenfassung nach einundzwanzig Jahren, GA 234 (1994), ISBN 3-7274-2342-0 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  17. Rudolf Steiner: Das Zusammenwirken von Ärzten und Seelsorgern, GA 318 (1994), ISBN 3-7274-3181-4 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  18. Rudolf Steiner: Die vierte Dimension, GA 324a (1995), ISBN 3-7274-3245-4 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks

  1. GA 110: Geistige Hierarchien und ihre Widerspiegelung in der physischen Welt - Der gesamte Vortragszyklus online.