Theorie

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Der Begriff Theorie (von griech. θεωρείν theôreîn, anschauen, betrachten) bezog sich ursprünglich auf die unmittelbare Gottesschau, die theoría (griech. θεωρία „Gottesschau, Anschauung, Einsicht“), oder allgemeiner auf die hellsichtige Wahrnehmung der geistigen Welt. Ein Nachklang davon war Platons Ideenschau. So empfand es auch der Physiker Wolfgang Pauli, der die Archetypenlehre C.G. Jungs maßgeblich mitgeprägt hat:

"Ich hoffe, daß niemand mehr der Meinung ist, daß Theorien durch zwingende logische Schlüsse aus Protokollbüchern abgeleitet werden, eine Ansicht, die in meinen Studententagen noch sehr in Mode war. Theorien kommen zustande durch ein vom empirischen Material inspiriertes V e r s t e h e n , welches am besten im Anschluß an Plato als zur Deckung kommen von inneren Bildern mit äußeren Objekten und ihrem Verhalten zu deuten ist. Die Möglichkeit des Verstehens zeigt aufs Neue das Vorhandensein regulierender typischer Anordnungen, denen sowohl das Innen wie das Außen des Menschen unterworfen sind." (Lit.: Pauli, S 95)

Im heutigen wissenschaftlichen Sprachgebrauch ist eine Theorie ein auf Hypothesen gegründetes Ideengebilde, das einen bestimmten äußeren Phänomenbereich erklären soll. Es wird dazu ein Gedankenmodell entworfen, das eine auf bestimmte Zwecke ausgerichtete, verallgemeinerte und meist stark vereinfachende gedankliche Beschreibung der Wirklichkeit gibt. Die moderne Naturwissenschaft bedient sich im weiten Umfang derartiger theoretischer Modelle.

Goethe stand der Theorienbildung sehr kritisch gegenüber und gründete seine Naturforschungen auf eine reine Phänomenologie. Seiner Ansicht nach tragen die Phänomene selbst bereits ihre Erklärung in sich, sofern man sie in ihrem Werden und in ihrem systematischen gesetzmäßigen Zusammenhang betrachtet. Der moderne Goetheanismus, der durch Rudolf Steiner angeregt wurde, folgt dieser Art der Naturbetrachtung.

Literatur

  1. Wolfgang Pauli: Phänomen und physikalische Realität (1954) [1]