Staubblatt

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Schematische Darstellung einer Blüte mit perigyner Blütenhülle (= „mittelständiger“ Fruchtknoten):
1. Kelchförmiger Blütenboden (Receptaculum) der den Blütenbecher oder Hypanthium bildet
2. Kelchblätter (Sepalen)
3. Kronblätter (Petalen)
4. Staubblätter (Stamina)
5. Stempel (Pistill)
Nahaufnahme des Staubbeutels (rechts) einer Tulpe

Das Staubblatt, Staubgefäß oder Stamen (lat., Mehrzahl Stamina) ist das Pollen-erzeugende Organ in der Blüte der Bedecktsamer. Es wird als „männliches“ Blattorgan angesehen. Es besteht aus dem Staubfaden (Filament) und dem Staubbeutel (Anthere). Die Gesamtheit aller Staubblätter einer Blüte ist das Androeceum. Staubblätter liegen in zwittrigen Blüten immer zwischen Blütenhülle und Gynoeceum. Es können in einer Blüte bis ca. 2000 Staubblätter vorhanden sein.

Form und Anzahl der Staubblätter einer Blüte variieren bei unterschiedlichen Taxa.

Staubblatt einer Erdbeere. Unten der Staubfaden, oben die Anthere mit zwei Theken.
Schematische Darstellung einer zweithekigen Anthere mit einem Tetrasporangium:
1. Staubfaden
2. Theka
3. Konnektiv
4. Pollensack
Schematische Darstellung einer Anthere (Detail):
1. Leitbündel
2. Epidermis
3. Faserschicht
4. Tapetum
5. Pollen

Etymologie

  • Staubfaden, Filament leitet sich vom lateinischen filum für Faden ab.[1]
  • Anthere entstammt dem französischen anthère aus dem lateinischen anthera für medizinaler Blütenextrakt vom altgriechischen ἀνθηρά anthira, weiblich von ἀνθηρός antheros blühen von ἄνθος anthos Blume.[2][3][4][5]
  • Theka leitet sich von lateinischen theca ab, aus dem altgriechischen θήκη theke Hülle, Kiste, Behälter von τίθημι ‎tithemi legen, setzen, platzieren.
  • Androeceum entstammt dem altgriechischen ἀνήρ aner Mann, Ehemann und οἶκος oikos Haus, Wohnung oder Zimmer, Kammer, Raum.[2]

Aufbau

Filament und Anthere

Der untere Teil, mit dem das Staubblatt am Blütenboden befestigt ist, ist der Staubfaden, Stiel (das Filament). Er ist oft schmal und fadenförmig. Die Länge und Form ist sehr unterschiedlich, er kann aber auch ganz fehlen.

Der obere Teil ist eine sackartige Struktur, der Staubbeutel (die Anthere). Man kann grundsätzlich die Position der Antheren in terminal oder subterminal einteilen. Es gibt mehrere Arten, wie die Anthere am Staubfaden ansetzen kann:

  • Der häufigste und auch ursprüngliche Fall ist jener, bei dem sich der Staubfaden unmittelbar in der Anthere fortsetzt; basifixe (auch innate) Anthere.
    • Wenn die Antherenfächer, das Konnektiv mit einer Basalgrube röhrig, scheidig übergestülpt über die Spitze des Filaments verwachsen sind, nennt man dies pseudobasifix oder c(z)entrifix, bei einer kurzen Scheide subc(z)entrifix.[6]
  • Läuft das Filament über die ganze Länge, in der Mitte der Anthere, ins Konnektiv übergehend, die Theken sind dem Filament anliegend und angewachsen, dann nennt man dies adnat. Wenn es nicht ganz über die ganze Länge geschieht nennt man dies semiadnat.
  • In manchen Fällen verlängert sich die Anthere im Laufe der Entwicklung an der Basis nach unten über den Ansatz des Staubfadens hinaus, es entstehen schildförmige (peltate) Antheren. Im Gegensatz zu den nicht-schildförmigen (im-, epeltate), basi-, subbasifixen und ad-, semiadnaten.
    • Sind die Theken nach innen gewandt (introrse), geschieht dies auf der Dorsalseite (Rückseite) des Staubfadens, also auf der Seite des Blütenzentrums oder auf der dem Gynoeceum abgewandten Seite (abaxial) des Konnektivs, dann entsteht eine dorsifixe (epipeltate) Anthere.
    • Sind die Theken nach außen gewandt (extrorse), geschieht dies auf der Ventralseite (Vorderseite) des Staubfadens, also auf der Seite der Blütenblätter oder auf der dem Gynoeceum zugewandten Seite (adaxial) des Konnektivs, dann entsteht eine ventrifixe (hypopeltate) Anthere.
    • Wenn das Filament bei den schildförmigen, dorsifixen und ventrifixen Antheren etwa in der Mitte ansetzt, wird das auch als medifix bezeichnet, es kann auch oben an der Anthere ansetzen apicifix, es entstehen dann hängende, hakenförmige Antheren.[7] Ein nahe der Basis ansetzendes Filament bezeichnet man als subbasifix.
  • Die Antheren können (frei) beweglich sein; versatil (Schaukelantheren), sie sind dann nur an einem Punkt angeheftet.

Dorsi- und ventrifixe Antheren sind oft als bewegliche „Schaukelantheren“ ausgebildet. Dies sind besondere Anpassungen an Bestäuber, die nicht auf der Blüte landen und daher die Antheren nur streifen, etwa Schmetterlinge und Fledermäuse.

Sind die Staubfäden allerdings flach (laminar), zungen- (ligulate), blattförmig (petalantherous) dann sind die Antheren oft fazial, in-, extrorse (ad-, abaxial) und terminal oder subterminal angeordnet. Der Begriff „Konnektiv“ sollte hier oder bei athekalen, filamentlosen Antheren nicht verwendet werden weil das Gewebe hier größer und nicht auf die konnektive Aufgabe beschränkt ist, obwohl es keinen Gewebunterschied gibt.

Bestandteile der Anthere

Die Anthere selbst besteht aus einem (sterilen) Teil, Gewebe (dem Konnektiv), zwischen den Mikrosporangien (loculi). Das Konnektivgewebe zwischen den Pollensäcken wird als Septum bezeichnet.

Meistens wird der Begriff „Konnektiv“ allerdings für das verbindende Mittelteil (Mittelband, Zwischenglied) zwischen gegenüberliegenden, seitlichen (lateralen) „Theken“ (Einzahl Theka, auch Theca) ohne Leitbündel verwendet.

Es sind meistens zwei Theken vorhanden (zweifächerig, -thekisch, bi-, dithez(c)isch, -thek(c)al(t), -thecous), es kann aber auch nur eine Theke ohne Konnektiv vorhanden sein (einfächerig, ein-, monothekisch, -thez(c)isch, -thek(c)al(t), -thecous). Ganz selten sind drei Theken vorhanden (trithezisch); Malvaceae, Megatritheca und Ayenia. Möglich ist auch eine athekale Anthere (ohne Theke) ohne Filament.[8][9]

Jede Theka besteht aus ein oder zwei bis mehreren Pollensäcken (uni-, bi-, poly-, multi-, plurilocular), daraus resultieren verschiedene Anordnungen des Synangiums (Mono-, Bi-, Tri- oder Tetrasporangium). Eine spezielle Form ist das Poly-, Multisporangium (polylocular) welches thekal oder athekal gebildet werden kann. Jeder Pollensack entspricht dabei einem Mikrosporangium. In den Pollensäcken wird normalerweise der Pollen (Mikrosporen) gebildet, es gibt aber auch sterile.

Zweithekige Anthere Einthekige Anthere
Zweithekige Anthere
Einthekige Anthere

Die Pollensäcke sind meistens in einer für die jeweilige Sippe charakteristischen Art angeordnet:[10]

  • bei introrsen (adaxial), innenwendigen, einwärtsgekehrten Antheren, sind die beiden zum Blütenmittelpunkt zeigenden Pollensäcke einander genähert.
  • bei extrorsen (abaxial), außenwendigen, auswärtsgekehrten Antheren, sind die beiden zur Blütenaußenseite zeigenden Pollensäcke einander genähert.
  • bei lat(e)rorsen (marginal, lateral), seitwendigen, seitlichgekehrten Antheren, sind die innen und außen liegenden Pollensäcke gleich weit voneinander entfernt. Diese Antheren haben daher zwei Symmetrieebenen, während die beiden ersten Fälle nur eine Symmetrieebene besitzen.

Es sind jedoch auch noch andere spezielle Anordnungen möglich.

Aufbau der Antherenwand

Die Antherenwand besteht aus vier Schichten. Die Epidermis ist die äußere Schicht. Darauf folgt die subepidermale Faserschicht (Endothecium), die für die Öffnung der Antheren sorgt. Als drittes folgt eine vergängliche Zwischenschicht „Schwundschicht“. Die innere Schicht, das Tapetum umgibt das Achespor und verfügt über plasmareiche Zellen das als Nährgewebe für die Meiosporen (Gonosporen) dient. Diese versorgen zum einen die Pollenmutterzellen mit den nötigen Nährstoffen und sondern zum anderen Sporopollenin (Pollenkitt) ab und tragen so zur Bildung der Pollenkornwand (Sporoderm) bei; (Sekretionstapetum) (Plasmodialtapetum).

Funktion

Bei Reife öffnet sich die Anthere (meist in Längsrichtung) durch einen Kohäsionsmechanismus (unterschiedliche Spannungsverhältnisse beim Austrocknen der Faserschicht und der Epidermis). Trockenes Wetter begünstigt also das Freisetzen der Pollen. Der Pollen wird schließlich durch Wind, Insekten etc. auf die Narbe zur Bestäubung übertragen.

Bei einigen Arten werden zwei Antherenformen unterschieden (Heterantherie; siehe auch unter Antherenform); Beköstigungs-, Futterantheren (deren Pollen dient den Blumenbesuchern als Nahrung) (Trophantheren) und Befruchtungsantheren (der Pollen dient der Befruchtung) (Gonantheren).[11][12]

Zum Thema Modifikationen siehe auch

Zum Thema Anordnung und Formen siehe auch

Zu weiteren Themen siehe auch

Siehe auch

Literatur

  • Focko Weberling: Morphologie der Blüten und der Blütenstände. Ulmer, 1981, ISBN 978-3-8001-3426-7, Morphology of Flowers and Inflorescences. Cambridge Univ. Press, 1992, ISBN 0-521-25134-6.
  • Michael G. Simpson: Plant Systematics. Academic Press, 2006, ISBN 978-0-12-644460-5, S. 371–374, Glossary.
  • Joachim W. Kadereit u. a.: Strasburger − Lehrbuch der Pflanzenwissenschaften. 37. Auflage, Springer, 2014, ISBN 978-3-642-54434-7, S. 153 ff.
  • William G. D'Arcy, Richard C. Keating: The Anther: form, function and phylogeny. Cambridge Univ. Press, 1996, ISBN 0-521-48063-9.

Weblinks

Commons: Staubblätter - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 C. T. Lewis & C. Short: A Latin Dictionary. Clarendon Press, Oxford 1879, online bei Perseus Project, abgerufen am 9. September 2017.
  2. 2,0 2,1 H. G. Liddell & R. Scott: A Greek-English Lexicon. revised and augmented throughout by Sir Henry Stuart Jones. Ninth Edition, Clarendon Press, Oxford 1940, 1996, ISBN 978-0-19-864226-8 (Reprint), online bei Perseus Project, abgerufen am 9. September 2017.
  3. E. Klein: A comprehensive etymological dictionary of the English language. 6. Auflage, One Vol. Edition, Elsevier, Amsterdam 1971, ISBN 978-0-444-40930-0.
  4. F. J. Siebenhaar: Terminologisches Wörterbuch der medicinischen Wissenschaften. Zweite Auflage, Arnoldische Buchhandlung, Leipzig 1850, S. 43, online auf hdl.handle.net, abgerufen am 9. September 2017.
  5. G. A. E. A. Saalfeld: Tensaurus Italograecus. Carl Gerold's Sohn, Wien 1884, S. 77, Internet Archive , Hansebooks, 2017, ISBN 978-3-7436-7150-8 (Reprint).
  6. Paula J. Rudall: Centrifixed anther attachment in monocotyledons. In: Kew Bulletin. 56(4): 2001, S. 965–973, doi:10.2307/4119308.
  7. H. J. Beentje (Hrsg.): Flora of Tropical East Africa. Balkema, 2003, ISBN 90-5809-411-1, S. 11, 51, 67, 110.
  8. Peter K. Endress: Diversity and evolutionary biology of tropical flowers. Cambridge Univ. Press, 1994, 1998, ISBN 0-521-42088-1, S. 39 ff.
  9. William G. D'Arcy, Richard C. Keating: S. 92 f.
  10. Peter Leins: Blüte und Frucht. Morphologie, Entwicklungsgeschichte, Phylogenie, Funktion, Ökologie. E. Schweizerbart'sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 2000. ISBN 3-510-65194-4, S. 53.
  11. Zentralblatt für Physiologie. Band 24, F. Deuticke, 1911, S. 268, online auf biodiversitylibrary.org, abgerufen am 2. Oktober 2017.
  12. Karen L. Wilson, David A. Morrison: Monocots: Systematics and Evolution. CSIRO, 2000, ISBN 0-643-06437-0, S. 316.


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