Lex Bos und Emisch und etisch: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Alexander Hector Bos''' oder '''Lex Bos''' war ein niederländischer Sozialwissenschaftler und [[Organisationsentwicklung|Organisationsentwickler]]. Er wurde 1925 in Janeber auf [[wikipedia:Java|Java]] geboren und verstarb 2005<ref>http://www.trialog-gmbh.de/Urteilsbildung/page18</ref> (2006<ref>http://www.trias-neustadt.de/urteilsbildung-2013.pdf</ref>) in [[wikipedia:Zeist|Zeist]] (Niederlande). Nach einem Studium der Soziologie in Amsterdam und achtjähriger beruflicher Tätigkeit in einem Beratungsbüro für Betriebseffizienz/-rationalisierung kam er (Jahr) ins von [[Bernard Lievegoed]] begründete [[NPI]] (Niederländisches pädagogisches Institut) und arbeitete dort 33 Jahre als Unternehmensberater bis zu seiner Pensionierung. Auch nach der Pensionierung blieb er im und für das Institut tätig.<ref>http://www.dreigliederung.de/essays/1994-06-007.html</ref> Bos war Mitbegründer der [[Triodos-Bank]] in Zeist.
'''Emisch''' und '''Etisch''' ({{EnS|''Emic'' and ''etic''}}) sind in den [[Kultur]]- und [[Sozialwissenschaft]]en gebräuchliche Begriffe, die 1954 von dem von dem amerikanischen Linguisten [[Wikipedia:Kenneth Pike|Kenneth Pike]] geprägt wurden, um damit zwei gegensätzliche Perspektiven zu charakterisieren, unter denen man kulturelle [[System]]e oder [[Soziale Gemeinschaft|soziale Gemeinschaften]] [[wissenschaft]]lich-[[Methode|methodisch]] betrachten kann.


Bos kannte die Anthroposophie von seinem Elternhaus her und beschäftigte sich schon während seines Soziologiestudiums intensiv mit Fragen der [[Soziale Dreigliederung|sozialen Dreigliederung]]. Ein Ergebnis davon ist seine Lehre von der [[Dynamische Urteilsbildung|Dynamischen Urteilsbildung]], die auch Gegenstand seiner Dissertation war, und die entsprechende Praxis im Rahmen von Organisationsberatung.  
'''Emisch''' bedeutet, dass man dabei die ''Innenperspektive'', die Perspektive eines Insiders annimmt, d. h. eines Menschen, der der betreffenden Kultur oder Gemeinschaft angehört. Dieser Standpunkt ist weder neutral noch objektiv und allgemeinverbindlich, eröffnet aber meist erst einen wirklichen Einblick in das eigentliche [[Wesen]] der betreffenden Kultur oder Gemeinschaft.


Das Konzept der dymnamischen Urteilsbildung wurde von Bos in den siebziger Jahren weiter entwickelt. Als Mitarbeiter des NPI "konnte er tagtäglich die Herausforderung erleben, stimmige und funktionierende Urteile zur Basis eines sachgerechten Handelns werden zu lassen. Mit der Grundlage der dynamischen Urteilsbildung war er in der Lage, seinen Kunden einen funktionierenden Ausgangspunkt für dynamische Prozessgestaltung zu geben".<ref>http://www.trialog-gmbh.de/Urteilsbildung/page18</ref>
'''Etisch''' ist die ''Außenperspektive'', d. h. heißt, dass man den möglichst neutralen Standpunkt eines Outsiders, also eines außenstehenden Beoabachters einnimmt und dadurch leichter objektive und allgemeinverbindliche Erkenntnisse gewinnen kann. Hier lässt sich vor allem die Beziehung zu anderen kulturellen Systemen leichter mit einem freien Blick ins Auge fassen.


"In den Niederlanden, in der Schweiz und in Skandinavien wird sein Modell etwa seit 1980 in Ausbildungen für Organisationsberatung, Mediation und Supervision gelehrt und überwiegend mündlich tradiert, über die Beratungspraxis vieler Berater breitete es sich aus"<ref>http://www.christine-scharlau.de/baechtold_supersaxo.htm</ref>. Bos war auch in Südamerika beratend tätig.
Beide Blickpunkte können wichtige Erkenntnisse liefern, haben aber auch ihre spezifischen Einseitigkeiten.


Aus Bos Feder stammen eine Reihe von bedeutenden Beiträgen zur Gestaltung von sozialem Zusammenleben und -arbeiten in Institutionen und Organisationen im Sinne der sozialen Dreigliederung. So wendete er für die Analyse von Gruppendynamik und ihre Verbesserung die Dreiheit Geistesleben - Rechtsleben - Wirtschaftsleben auf die Phänomene Ideenbildung, Äußerung (Brainstorming, kreative Beiträge), Gesprächsführung (Thema, Moderation, persönlicher Umgang) und Gruppenziel (ein zu erbringendes Resultat für andere Menschen, die nicht der Gruppe angehören) an. Unternehmen beriet er in Anlehnung an das Dreiphasen-Modell der Organisationsentwicklung, wie es von Bernard Lievegoed entwickelt wurde.
Besonders schwierig ist die wissenschaftliche Erfassung [[esoterisch]]er Systeme. Ohne tiefgehende Insiderkenntnisse wird man sie kaum in ihrer eigentlichen Bedeutung erfassen können. Anderseits muss auch objektiv betrachtet werden, wie sie sich wirkend in ihre Umgebung hineinstellen. [[Arthur Versluis]] (* 1959) von der [[Wikipedia:Michigan State University|Michigan State University]], der sich intensiv mit Esoterikforschung auf wissenschaftlichem Niveau beschäftigt, hat vorgeschlagen, beide Betrachtungsweisen zu einem „mitfühlenden Empirismus“ ({{EnS|sympathetic empiricism}}) zusammenzuführen.


Hervorzuheben ist, daß Lex Bos auch mit dem Bild des [[gemischter König|gemischten Königs]] arbeitete. Es gibt den gemischten König nicht nur im Großen, als [[Einheitsstaat]], sondern auch im Kleinen, im [[Mikrosozial]]en. Eine jede Entmischung im Kleinen ist gewissermaßen etwas, was die drei befreiten bzw. zu befreienden Könige, den goldenen, silbernen und ehernen König, stärkt, ihnen Nahrung zuführt, - und kommt damit einem Beitrag zur Dreigliederung des sozialen Organismus gleich.
{{Zitat|Mit "mitfühlendem Empirismus" hingegen beziehe ich mich auf eine Zwischenstellung, die
das Beste aus ''emischen'' und ''etischen'' Ansätzen vereint. Im Bereich der westlichen Esoterik, wie
allgemeiner noch in allen Religionsstudien, ist es wichtig, einerseits die Tugenden der
Gelehrsamkeit, die einen Standard der Objektivität anstrebt, und andererseits die Tugenden eines
Ansatzes, der versucht, das Thema einfühlsam zu verstehen, es sozusagen von innen her zu verstehen, in ein ausgewogenes Gleichgewicht bringt. Anthropologen haben seit langem die Bedeutung des Ausgleichs von ''etic'' und ''emic'' verstanden, einerseits in eine Kultur einzutreten, um sie zu verstehen, andererseits aber auch den Status des Beobachters und des Analytikers beizubehalten. Wenn es das Laster einer zu ''emischen'' Position ist, zum Apologeten zu werden, so ist es das Laster einer zu ''etischen'' Position noch etwas größer: man scheitert daran, zu verstehen und zu vermitteln, was man eigentlich studiert. Wenn das Laster des extrem emischen Ansatzes die zu große Sympathie ist, so ist es beim extrem ''etischen'' Ansatzes die Ignoranz und Feindseligkeit gegenüber dem Subjekt, sogar wenn sie unter der Maske einer gelehrsamen Neutralität erscheint.|ref=<ref>Im englischen Original:
:„By “sympathetic empiricism,” on the other hand, I am referring to an intermediate position that incorporates the best of both emic and etic approaches. In the field of Western esotericism, as in that of religious studies more generally, it is important to balance on the one hand the virtues of scholarship that strives to achieve a standard of objectivity, and on the other hand the virtues of an approach that seeks to sympathetically understand one’s subject, to understand it from the inside out, so to speak. Anthopologists have long understood the importance of balancing etic and emic approaches, of on the one hand entering into a culture in order to understand it while on the other hand retaining the status of observer and analyst. If the vice of a too emic position is that of becoming an apologist, the vice of a too etic position is if anything greater: a failure to understand and accurately convey what one is studying. If the vice of the extreme emic approach is too great a sympathy, that of the extreme etic approach is ignorance of and hostility to one’s subject, even if under the guise of a studied neutrality.“ (Arthur Versluis: ''What is Esoteric? Methods in the Study of Western Esotericism'' [http://www.esoteric.msu.edu/VolumeIV/Methods.htm])</ref><ref>vgl. auch: Arthur Versluis: ''Methods in the Study of Esotericism, Part II. Mysticism and the Study of Esotericism'' [http://www.esoteric.msu.edu/VolumeV/Mysticism.htm]</ref>}}


{{LZ|Ich will versuchen das Unternehmen gesund zu machen und ich weiß, daß ein Unternehmen nur gesund ist, wenn es drei Organsysteme hat, die jedes für sich gesund sind und sich gegenseitig anerkennen und stützen. (...) Aber die sind oft unterentwickelt oder so funktionsunfähig (...) Oder vermischt ..., daß sie sich gegenseitig wie ein gemischter König [hemmen, Red.], so in Goethes' Märchen ja? Ein gemischter König, wo sie sich gegenseitig [er]lähmen. Aber trotzdem sind die drei immer da, sei es gemischt oder unterentwickelt oder korrumpiert oder wie auch [immer]. Also man braucht niemals etwas einzuführen, man braucht nur zu befreien, zu gliedern oder auf eigene Beine zu stellen. Und dann erscheint allmählich die Dreigliederung.|Lex Bos, Interview 1994}}
== Literatur ==
 
Man muß dabei allerdings darauf achten, nicht die makrosziale Dreigliederung in ein Unternehmen oder eine Schule hineinzuprojizieren, als tauchte dort die Dreigliederung des sozialen Organismus in der gleichen Weise auf, - als wäre eine Waldorfschule ein kleines Abbild, eine Miniaturausgabe der Gesellschaft.
 
{{LZ|Kaum eine andere Vorstellung steht dem Verständnis der Steinerschen Idee einer „freien“ Waldorfschule so im Weg wie die populäre Meinung, bei einem „Schulorganismus“ handle es sich um den sozialen Organismus im Sinn der sozialen Dreigliederung, weshalb sich auch alle drei Glieder (Geistesleben, Rechtsleben und Wirtschaftsleben) in der Schulverwaltung wiederfinden müssten. Der Begriff „Mikro-“ bzw. „Meso-Dreigliederung“ ist dabei nur eine von vielen Facetten derselben Vorstellung, auf die das soziale Denken (und in der Folge leider auch die soziale Praxis) in vielen anthroposophischen Einrichtungen häufig zurückzuführen ist. Dabei ist die Fehlinterpretation der sozialen Dreigliederung als Gliederung der einzelnen Institution keineswegs neu - schon Rudolf Steiner musste sich mit ihr auseinandersetzen.|Johannes Mosmann, Die Überwindung der Utopie einer dreigegliederten Waldorfschule, 2015}}


Wenn man in einem Unternehmen den Wirtschaftsaspekt seiner Dreigliederung aufsucht, ist darunter nicht zu verstehen, daß das Unternehmen im Kleinen eine Wirtschaft habe, wie es die gesamte Weltwirtschaft im Verhältnis zu Rechtsleben/Staat und Geistesleben ist. Der Wirtschaftsaspekt ist die Warenproduktion, die eine ''Beziehung'' zur Gesamtwirtschaft bedeutet. Nur im Falle einer autarken Hauswirtschaft, einem [[wikipedia:Oikos|Oikos]], könnte man eine Analogie von Gesamtwirtschaft und Wirtschaftsaspekt eines Unternehmens haben. Rudolf Steiner kritisierte ein diesbezügliches Mißverständnis, bezogen auf die Anthroposophische Gesellschaft, scharf:
* Headland, Thomas; Pike, Kenneth; Harris, Marvin (eds): ''Emics and Etics: The Insider/Outsider Debate'', Sage (1990)
* Jardine, Nick: ''Etics and Emics (Not to Mention Anemics and Emetics) in the History of the Sciences'' (2004), ''History of Science'', 42: 261–278 [http://hos.sagepub.com/content/42/3/261.refs?patientinform-links=yes&legid=sphos;42/3/261]
* [[Wikipedia:Gerhard Kubik (Musikethnologe)|Gerhard Kubik]]: ''Emics and Etics Re-Examined, Part 1: Emics and Etics: Theoretical Considerations.'' In: ''African Music,'' Vol. 7, No. 3, 1996, S. 3–10
* {{Literatur | Autor = Theodor Lewandowski | Titel = Linguistisches Wörterbuch | Auflage = 4., neu bearbeitete | Verlag = Quelle & Meyer | Ort = Heidelberg | Jahr = 1985 | ISBN = 3-494-02050-7 | Kapitel = Stichwort: emische Analyse }}
* {{Literatur | Autor = [[Wikipedia:Kenneth Lee Pike|Kenneth Lee Pike]] | Titel = Language in Relation to a Unified Theory of Structure of Human Behavior | Reihe = Janua Linguarum, Series Maior | Band = Band 24 | Verlag = Mouton | Ort = Den Haag | Auflage = 2. | Jahr = 1967 }}
* [[Arthur Versluis]]: ''Magic and Mysticism: An Introduction to Western Esoteric Traditions'', Rowman & Littlefield Publishers 2007, ISBN 978-0742558366


{{LZ|Man hat gar nichts verstanden von dem, was ich über die soziale Frage gesprochen habe, wenn man denkt, unsere Gesellschaft hier könne man wie eine Sekte dreigliedern! ... Wollen Sie denn gar nicht verstehen, daß man sich heute nicht in egoistischer, wenn auch gruppenegoistischer Weise abschließen kann und das andere alles unberücksichtigt lassen! Sie wirtschaften doch mit der anderen Wirtschaft des hiesigen Territoriums. Sie beziehen doch Ihre Milch, Käse, Gemüse, dasjenige, was Sie brauchen, von einem Wirtschaftskörper, von dem Sie sich doch nicht isolieren können! Sie können doch wahrhaftig die Zeit nicht reformieren dadurch, daß Sie sich aus dieser Zeit herauslösen. Mir kommt es vor, wenn jemand eine solche Gesellschaft wie diese, zu einem Wirtschaftskörper machen will, geradeso wie wenn einer eine große Familie hat und sagt: Ich beginne jetzt in meiner Familie die Dreigliederung. Diese Ideen sind zu ernst, zu umfassend, sie dürfen nicht in das Kleinlich-Bourgeoise der verschiedenen Sektierereien, die es immer gegeben hat, hineingezerrt werden. Sie müssen im Zusammenhang mit der ganzen Menschheit gedacht werden. Das mit Bezug auf das Wirtschaftsleben. Sie würden sich ja ganz abschließen vom wirklichen praktischen Denken mit Bezug auf den Wirtschaftskreislauf der Welt, wenn Sie eine gruppenegoistische Wirtschaft für eine Sekte einrichten wollen. Und das Rechtsleben: Gründen Sie einmal innerhalb unserer Gesellschaft den Rechtsstaat! Wenn Sie etwas stehlen, wird es ganz und gar bedeutungslos sein, wenn hier drei Leute zusammentreten und urteilen über dieses Stehlen. Es wird das äußere Gericht Sie schon in Anspruch nehmen und urteilen. In bezug auf den Rechtsstaat werden Sie sich aus der äußeren Organisation wahrhaftig nicht herausziehen können!| Rudolf Steiner, GA 190, S.210-211, 3/1980, 14.04.1919, zitiert nach Mosmann, e.d.}}
== Einzelnachweise ==


Bei Institutionen des Geisteslebens wie Schulen (zum Unterschied zu Wirtschaftsunternehmen s. [[Organisation]] kommt der Aspekt hinzu, daß diese keine Leistungen wie Wirtschaftsunternehmen nach außen abliefern, sondern die Arbeit eine Innenrichtung hat. Solch ein Innenverhältnis kann es auch im Mikrosozialen geben. Nicht jede Gruppendynamik, wie sie Lex Bos dreigegliedert beschreibt, hat mit dem Wirtschaftsaspekt einen Bezug im Sinne einer Outputintention für Gruppenfremde. Wenn das Ziel der Gruppendynamik beispielsweise die Stärkung des Zusammengehörigkeitsgefühls ist (ein Rechtsaspekt), dann ist das gleichbedeutend mit einer Innenrichtung des Gruppenziels. Das Produkt verläßt die Gruppe nicht, sondern verbleibt in der Gruppe. Die Auswirkung auf Wirtschaftliches der Gesamtgesellschaft ergibt sich dann später und indirekt. Wie ja auch Schulen keine Waren produzieren, sondern Kindern für ihre Erziehung einen Lebensraum bieten. Erst später, außerhalb der Schule werden diese Menschen dann als Erwachsene wirtschaftlich oder auf andere Weise produktiv.
== Nachweise ==
<references />
<references />


== Werke (Auswahl) ==
[[Kategorie:Kultur]] [[Kategorie:Sozialwissenschaften]] [[Kategorie:Esoterik]]
*''Was ist Dreigliederung des sozialen Organismus?'', 2. Aufl., Verlag am Goetheanum, 2. überarb. Aufl. 1992 (1984), ISBN 3-7235-0362-4, {{IT|16|http://d-nb.info/930251490/04|Inhaltsverzeichnis}}
*''Leitbilder für Sozialkünstler'', Zwanzig Vorträge über Sozialpädagogik aus anthroposophischer Sicht, Verlag am Goetheanum, 1996, ISBN 9783723509579, [http://www.vamg.ch/Detailansicht.5992.0.html?tt_products%5Bproduct%5D=187 Inhaltsangabe]
*''Zwölf Drachen im Kampf gegen soziale Initiativen'', Verlag am Goetheanum, 3. Aufl. 2016, ISBN 3723506445
*''Christus Wirken im Sozialen'', (Geisteswissenschaftliche Vorträge), Verlag am Goetheanum, 1996, ISBN 3723509444
*''Das Unterste zuoberst: Über Hierarchie, Gleichwertigkeit und Dienst-Leistung im sozialen Leben'', Trialog-Verlag 2010, Übersetzung Kerstin Andersson, ISBN 978-3-939231-00-4, {{IT|16|http://d-nb.info/103391973x/04|Inhaltsverzeichnis}} Inhaltsvereichnis ; Einleitung S. 7-8: [https://books.google.de/books?id=LE7Nhez9gogC&pg=PA7&lpg=PP1&focus=viewport&hl=de google-view]
 
== Literatur ==
*Adriaan Bekman, Peter Blom, Lex Bos et al.: ''Lex Bos - ein Lebensbild. Form kann Freiheit schaffen'', Flensburger Hefte Nr. 89, 2005, ISBN 3935679246, {{IT|16|http://www.flensburgerhefte.de/uploads/tx_ttproducts/datasheet/89-DCSIN.pdf|Inhaltsverzeichnis}} Inhaltsverzeichnis ; [http://www.flensburgerhefte.de/hefte-und-buecher/einzelansicht.html?tt_products%5Bproduct%5D=99 Rezension]
*Johannes Mosmann: ''Die Überwindung der Utopie einer dreigegliederten Waldorfschule'', 2015 {{HT16|http://www.dreigliederung.de/essays/2015-06-001.html}}
== Weblinks ==
*{{HT16|http://www.dreigliederung.de/essays/1994-06-007.html}} Interview 1994
 
[[Kategorie:Soziale Dreigliederung (Person)]][[Kategorie:Autor]][[Kategorie:Organisationstheorie]][[Kategorie:Anthroposoph]]

Version vom 21. Februar 2018, 00:16 Uhr

Emisch und Etisch (eng. Emic and etic) sind in den Kultur- und Sozialwissenschaften gebräuchliche Begriffe, die 1954 von dem von dem amerikanischen Linguisten Kenneth Pike geprägt wurden, um damit zwei gegensätzliche Perspektiven zu charakterisieren, unter denen man kulturelle Systeme oder soziale Gemeinschaften wissenschaftlich-methodisch betrachten kann.

Emisch bedeutet, dass man dabei die Innenperspektive, die Perspektive eines Insiders annimmt, d. h. eines Menschen, der der betreffenden Kultur oder Gemeinschaft angehört. Dieser Standpunkt ist weder neutral noch objektiv und allgemeinverbindlich, eröffnet aber meist erst einen wirklichen Einblick in das eigentliche Wesen der betreffenden Kultur oder Gemeinschaft.

Etisch ist die Außenperspektive, d. h. heißt, dass man den möglichst neutralen Standpunkt eines Outsiders, also eines außenstehenden Beoabachters einnimmt und dadurch leichter objektive und allgemeinverbindliche Erkenntnisse gewinnen kann. Hier lässt sich vor allem die Beziehung zu anderen kulturellen Systemen leichter mit einem freien Blick ins Auge fassen.

Beide Blickpunkte können wichtige Erkenntnisse liefern, haben aber auch ihre spezifischen Einseitigkeiten.

Besonders schwierig ist die wissenschaftliche Erfassung esoterischer Systeme. Ohne tiefgehende Insiderkenntnisse wird man sie kaum in ihrer eigentlichen Bedeutung erfassen können. Anderseits muss auch objektiv betrachtet werden, wie sie sich wirkend in ihre Umgebung hineinstellen. Arthur Versluis (* 1959) von der Michigan State University, der sich intensiv mit Esoterikforschung auf wissenschaftlichem Niveau beschäftigt, hat vorgeschlagen, beide Betrachtungsweisen zu einem „mitfühlenden Empirismus“ (eng. sympathetic empiricism) zusammenzuführen.

„Mit "mitfühlendem Empirismus" hingegen beziehe ich mich auf eine Zwischenstellung, die das Beste aus emischen und etischen Ansätzen vereint. Im Bereich der westlichen Esoterik, wie allgemeiner noch in allen Religionsstudien, ist es wichtig, einerseits die Tugenden der Gelehrsamkeit, die einen Standard der Objektivität anstrebt, und andererseits die Tugenden eines Ansatzes, der versucht, das Thema einfühlsam zu verstehen, es sozusagen von innen her zu verstehen, in ein ausgewogenes Gleichgewicht bringt. Anthropologen haben seit langem die Bedeutung des Ausgleichs von etic und emic verstanden, einerseits in eine Kultur einzutreten, um sie zu verstehen, andererseits aber auch den Status des Beobachters und des Analytikers beizubehalten. Wenn es das Laster einer zu emischen Position ist, zum Apologeten zu werden, so ist es das Laster einer zu etischen Position noch etwas größer: man scheitert daran, zu verstehen und zu vermitteln, was man eigentlich studiert. Wenn das Laster des extrem emischen Ansatzes die zu große Sympathie ist, so ist es beim extrem etischen Ansatzes die Ignoranz und Feindseligkeit gegenüber dem Subjekt, sogar wenn sie unter der Maske einer gelehrsamen Neutralität erscheint.“[1][2]

Literatur

  • Headland, Thomas; Pike, Kenneth; Harris, Marvin (eds): Emics and Etics: The Insider/Outsider Debate, Sage (1990)
  • Jardine, Nick: Etics and Emics (Not to Mention Anemics and Emetics) in the History of the Sciences (2004), History of Science, 42: 261–278 [3]
  • Gerhard Kubik: Emics and Etics Re-Examined, Part 1: Emics and Etics: Theoretical Considerations. In: African Music, Vol. 7, No. 3, 1996, S. 3–10
  •  Theodor Lewandowski: Linguistisches Wörterbuch. 4., neu bearbeitete Auflage. Quelle & Meyer, Heidelberg 1985, ISBN 3-494-02050-7, Stichwort: emische Analyse.
  •  Kenneth Lee Pike: Language in Relation to a Unified Theory of Structure of Human Behavior (= Janua Linguarum, Series Maior. Band 24). 2. Auflage. Mouton, Den Haag 1967.
  • Arthur Versluis: Magic and Mysticism: An Introduction to Western Esoteric Traditions, Rowman & Littlefield Publishers 2007, ISBN 978-0742558366

Einzelnachweise

  1. Im englischen Original:
    „By “sympathetic empiricism,” on the other hand, I am referring to an intermediate position that incorporates the best of both emic and etic approaches. In the field of Western esotericism, as in that of religious studies more generally, it is important to balance on the one hand the virtues of scholarship that strives to achieve a standard of objectivity, and on the other hand the virtues of an approach that seeks to sympathetically understand one’s subject, to understand it from the inside out, so to speak. Anthopologists have long understood the importance of balancing etic and emic approaches, of on the one hand entering into a culture in order to understand it while on the other hand retaining the status of observer and analyst. If the vice of a too emic position is that of becoming an apologist, the vice of a too etic position is if anything greater: a failure to understand and accurately convey what one is studying. If the vice of the extreme emic approach is too great a sympathy, that of the extreme etic approach is ignorance of and hostility to one’s subject, even if under the guise of a studied neutrality.“ (Arthur Versluis: What is Esoteric? Methods in the Study of Western Esotericism [1])
  2. vgl. auch: Arthur Versluis: Methods in the Study of Esotericism, Part II. Mysticism and the Study of Esotericism [2]