Christengemeinschaft

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Die Christengemeinschaft (kurz: CG) ist eine, 1922 nach den Impulsen mehrerer, überwiegend evangelischer Theologen gegründete, aber von der anthroposophischen Gesellschaft völlig unabhängige, selbständige christliche Glaubensgemeinschaft, in deren Mittelpunkt das gemeinsame Begehen kultischer Handlungen steht. Bei der Stiftung des Kultus, stand Rudolf Steiner als Privatmann helfend zur Seite. Ihr eigen ist ein reges Gemeindeleben. Sie sieht sich nicht als alleinseligmachende Kirche. Die Christengemeinschaft beruft sich auf Christus als den Schöpfer der Welt, der als Jesus von Nazareth Mensch wurde. In ihm finden Gläubige Lebenskraft und Fortbestehen. Die Christengemeinschaft wird aufgrund ihrer "Sonderlehren" von den Kirchen - nicht jedoch vom Staat - bedauerlicherweise immer noch als Sekte eingestuft.

Lehrfreiheit

Die Priester der Christengemeinschaft haben Lehrfreiheit und sind an keine dogmatische Lehre gebunden. Ausgenommen davon ist einzig das Lehren gegen den gegebenen Kultus. Rudolf Steiner sagt dazu:

"Das ist nämlich sehr wichtig, daß Sie sich klar sind darüber, daß in bezug auf die Lehre dann völlige Freiheit herrscht, wenn der gemeinschaftliche Zusammenhalt im Kultus gegeben ist. Da durch ist ja gerade die Freiheit der Predigt und der Lehre gesichert, daß der Zusammenhalt nicht abhängt von der Übereinstimmung, die Grenzen hat. Natürlich hat diese Freiheit ihre Grenzen darin, daß nicht in irgendeiner leicht durchschaubaren Weise dasjenige, was man lehrt, dem Geist und dem Sinn des Kultus widerspricht. Das wäre eine Absurdität in sich selber. Wenn also irgend jemand das Meßopfer verrichtet und zu gleicher Zeit lehren würde, daß das ein Unsinn ist, so würde er nicht innerhalb der Gemeinschaft bleiben können oder mindestens nicht lehren können. Nicht wahr, so ist in einem so weitgehenden Sinn, als es nur möglich ist, die Freiheit der Lehre anerkannt. Und, meine lieben Freunde, ohne die Freiheit der Lehre kommen wir heute tatsächlich, besonders in einer christlichen Gemeinschaft, nicht weiter. Es muß nur der Kultus im richtigen Sinne angesehen werden, dann ergibt sich, so möchte ich sagen, gerade aus dem Vorhandensein des Kultus die Freiheit der Lehre." (Lit.: GA 344, S. 132)

Sakramente

Die Christengemeinschaft ist eine Kultusgemeinschaft. Ihre zentrale Feier ist

Sechs weitere Sakramente können den Lebenslauf begleiten und helfend darin wirksam werden.

Darüber hinaus bestehen kultische Handlungen:

Die Sakramente werden von dem Priester jeweils in festgeschriebener Weise und in liturgischen Gewändern jahreszeitlich oder traditionell festgelegter Farben durchgeführt. An der Menschenweihehandlung (mit der Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi und der Kommunion) kann jeder Erwachsene teilnehmen, dem ein religiöses Leben Bedürfnis ist. Einführende Schriften zum Kultus der Christengemeinschaft sind in der Gemeinde erhältlich.

Das Glaubensbekenntnis der Christengemeinschaft

  • Ein allmächtiges geistig-physisches Gotteswesen ist der Daseinsgrund der Himmel und der Erde, das väterlich seinen Geschöpfen vorangeht.
  • Christus, durch den die Menschen die Wiederbelebung des ersterbenden Erdendaseins erlangen, ist zu diesem Gotteswesen wie der in Ewigkeit geborene Sohn.
  • In Jesus trat der Christus als Mensch in die Erdenwelt.
  • Jesu Geburt auf Erden ist eine Wirkung des Heiligen Geistes, der, um die Sündenkrankheit an dem Leiblichen der Menschheit geistig zu heilen, den Sohn der Maria zur Hülle des Christus bereitete.
  • Der Christus Jesus hat unter Pontius Pilatus den Kreuzestod erlitten und ist in das Grab der Erde versenkt worden.
  • Im Tode wurde er der Beistand der verstorbenen Seelen, die ihr göttliches Sein verloren hatten;
  • dann überwand er den Tod nach dreien Tagen.
  • Er ist seit dieser Zeit der Herr der Himmelskräfte auf Erden und lebt als der Vollführer der väterlichen Taten des Weltengrundes.
  • Er wird einst sich vereinen zum Weltenfortgang mit denen, die Er durch ihr Verhalten dem Tode der Materie entreißen kann.
  • Durch ihn kann der heilende Geist wirken.
  • Gemeinschaften, deren Glieder den Christus in sich fühlen, dürfen sich vereinigt fühlen in einer Kirche, der alle angehören, die die heilbringende Macht des Christus empfinden;
  • sie dürfen hoffen auf die Überwindung der Sündenkrankheit, auf das Fortbestehen des Menschenwesens und auf ein Erhalten ihres für die Ewigkeit bestimmten Lebens. -
  • Ja, so ist es.

Geschichte

Die Stiftung des Kultus geschah mit entscheidender Hilfe Rudolf Steiners, der sich über das Verhältnis zur Anthroposophie in folgender Weise äußerte:

"Das, was ich diesen Persönlichkeiten gegeben habe, hat nichts zu tun mit der anthroposophischen Bewegung. Ich habe es ihnen als Privatmann gegeben, und habe es so gegeben, daß ich mit notwendiger Dezidiertheit betont habe, daß die anthroposophische Bewegung mit dieser Bewegung für religiöse Erneuerung nichts zu tun haben darf; daß aber vor allen Dingen nicht ich der Gründer bin dieser Bewegung für religiöse Erneuerung; daß ich darauf rechne, daß der Welt das durchaus klargemacht werde, und daß ich einzelnen Persönlichkeiten, die von sich aus begründen wollten diese Bewegung für religiöse Erneuerung, die notwendigen Ratschlüsse gegeben habe, Ratschlüsse, die allerdings geeignet waren, einen gültigen und spirituell kräftigen, spirituell von Wesenheit erfüllten Kultus auszuüben, in rechtmäßiger Weise mit den Kräften aus der geistigen Welt heraus zu zelebrieren."[1]

Die Christengemeinschaft wurde 1922 in Dornach von einem Kreis von 45 zumeist sehr jungen Theologen um den evangelischen Pfarrer Friedrich Rittelmeyer (1872-1938) und Emil Bock (1895-1959) gegründet. 1941 wurde sie in Deutschland unter Hitler verboten, 1945 wieder gegründet.

Seit 1933 besteht in Stuttgart ein Priesterseminar, seit 2001 eines in Hamburg, seit 2003 auch in Chicago. Das Priestertum der Frau ist in ihr von Anfang an verwirklicht.

Es existieren heute Gemeinden in allen fünf Erdteilen. Der Kultus wird in der jeweiligen Landessprache vollzogen.

Die evangelische Kirche verweigert der Christengemeinschaft einen Sitz im Ökumenischen Rat der Kirchen. Die Taufe der Christengemeinschaft (mit Wasser, Salz und Asche) wird in der katholischen und der evangelischen Kirche nicht anerkannt.

Die 45 Gründer der Christengemeinschaft

Friedrich Rittelmeyer
Emil Bock
Johannes Werner Klein
Gertrud Spörri
Johannes Perthel
Friedrich Doldinger
Alfred Heidenreich
Rudolf von Koschützki
August Pauli
Hermann Beckh
Heinrich Rittelmeyer
Fritz Blattmann

 
Hermann Fackler
Wilhelm Ruhtenberg
Claus von der Decken
Wilhelm Salewski
Otto Becher
Heinrich Ogilvie
Kurt Philippi
Martin Borchart
Hermann Groh
Wolfgang Schickler
Adolf Müller

Marta Heimeran
Richard Gitzke
Karl Stegmann
Erwin Lang
Eberhard Kurras
Arnold Goebel
Otto Franke
Walter Gradenwitz
Joachim Sydow
Ludwig Köhler
Waldemar Mickisch

Gottfried Husemann
Rudolf Köhler
Jutta Frentzel
Rudolf Frieling
Thomas Kandier
Kurt von Wistinghausen
Wilhelm Kelber
Eduard Lenz
Gerhard Klein
Kurt Willmann
Harald Schilling

(Lit.: GA 344, S. 277)

Rudolf Meyer, der aktiv an allen Vorbereitungen, die zur Gründung der Christengemeinschaft führten, beteiligt war, konnte bei der Weihe der ersten 45 Priester in Dornach nicht dabei sein; er wurde fünf Wochen später durch Johannes Werner Klein geweiht.

Gemeindemitgliedschaft

Mitglied in der Christengemeinschaft wird man nicht durch Geburt, Taufe oder Konfirmation, sondern durch eigenen Entschluss als Erwachsener. Die Aufnahme erfolgt durch das Gespräch mit einem Priester der örtlichen Gemeinde. Die Vielfalt des Gemeindelebens, wie es sich im Gemeindeprogramm widerspiegelt, ist wesentlich von den Impulsen und der Aktivität der Gemeindemitglieder mitgeprägt.

Weltweit werden etwa 100.000 Menschen der Christengemeinschaft als Mitglieder zugerechnet.[2]

Organisation

Rechtliche und wirtschaftliche Organisation

In Deutschland sind die Gemeinden regional zu Körperschaften des öffentlichen Rechts zusammengeschlossen. Die Christengemeinschaft hat damit die gleichen Rechte und Pflichten wie die katholische und evangelische Kirche.

Auf das Recht der Einziehung von Kirchensteuern durch den Staat verzichtet die Christengemeinschaft jedoch ausdrücklich. Sie wird finanziell durch freiwillige Beiträge und Spenden ihrer Mitglieder und Freunde getragen. Das Gehalt der Priester richtet sich nach der wirtschaftlichen Situation der Gemeinde und erfolgt auf einer sozial geprägten Grundlage. Alle rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen werden von verantwortlichen Gemeindemitgliedern und Priestern gemeinsam behandelt. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit der Gemeinden und Regionen wird von sog. Koordinatoren betreut. Der Kultus ist in die besondere Verantwortung der Priester gegeben.

Geistliche Organisation

Die Christengemeinschaft ist hierarchisch aufgebaut. Die einzelnen Gemeinden werden von verschiedenen geistlichen Lenkern zusammengefasst. An ihrer Spitze steht der Erzoberlenker. Beraten wird dieser von der Priestersynode und zwei Oberlenkern.

Erzoberlenker

Unterschiede zu den Lehren der großen christlichen Kirchen

  • Lehrfreiheit:

Die Priester der Christengemeinschaft sind an keine Lehre gebunden, sie haben Lehrfreiheit. Einzige Ausnahme ist das Lehren gegen den gegebenen Kultus. Die folgenden Punkte sind daher als exemplarisch aufzufassen.

Jesus wird als der hohe Sonnengott bezeichnet. Sein Tod am Kreuz bewirkt dass der verschüttete göttliche Geistfunke im Menschen wieder lebendig wurde. Christus wurde zum Ich der neu werdenden Erde, deren Aura sich veränderte und die dadurch auch einen Weg der Vergeistigung betrat. Die Wiederkunft Christi geschieht stufenweise, als ätherischer, astraler und kosmischer Christus.

  • esoterisch-gnostisches Menschenbild:

Der Mensch ein rein geistiges, also göttliches Wesen; erst der ihm erteilte Schöpferfunke macht ihn zum Menschen. Da er in den Entwicklungsprozess des Kosmos und in ein ersterbendes Erdendasein eingebettet ist, musste er den Sündenfall erleben, der als ein tatsächliches Fallen, nämlich als ein Herabsinken in Stoffes-Finsternis verstanden wird.

  • Ernstnehmen der biblischen Schöpfungsberichte:

Es gab einst einen Weltenzustand, bei dem Geist und Materie noch nicht getrennt waren.

  • Einflüsse von hinduistischer Philosophie:

Im dem früheren Weltenzustand waren Geist und Materie noch nicht getrennt. In den Sakramenten werden den Gläubigen die verwandelnden Christus-Kräfte verliehen, mit dem Ziel, dass Geist und Materie wieder eine Einheit werden sollen.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Rudolf Steiner, Das Verhältnis der Sternenwelt zum Menschen und des Menschen zur Sternenwelt, Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz, 1994, Seite 169
  2. http://universal_lexikon.deacademic.com/70175/Christengemeinschaft

Literatur

  • Hans-Werner Schroeder: Die Christengemeinschaft. Entstehung - Entwicklung - Zielsetzung, Urachhaus, 2. Auflage (2001), ISBN 3-87838-649-4
  • Michael Debus: Auferstehungskräfte im Schicksal. Die Sakramente der Christengemeinschaft; Stuttgart: Urachhaus, 2006, ISBN 3-8251-7526-X
  • Rudolf Frieling: Christentum und Wiederverkörperung, Fischer TB Vlg., Frankfurt a.M. 1982
  • Rudolf F. Gädeke: Die Gründer der Christengemeinschaft. Ein Schicksalsnetz. 48 kurze Biographien mit Abbildungen und Dokumenten; Pioniere der Anthroposophie, 10; Dornach: Verlag am Goetheanum, 1992, ISBN 3-7235-0639-9
  • Flensburger Hefte Nr. 22: Erkenntnis und Religion. Zum Verhältnis von Anthroposophischer Gesellschaft und Christengemeinschaft, Flensburger Hefte Vlg., Flensburg 1988, ISBN 3-926841-13-3
  • Edelgard Vietor: Schuld und Sünde. Erkennen - verwandeln - verzeihen, Urachhaus Vlg., Stuttgart 2002, ISBN 3-8251-7375-5
  • Evangelischer Oberkirchenrat Stuttgart (Hrsg.): Zur Frage der Christlichkeit der Christengemeinschaft. Beiträge zur Diskussion, (2004), ISBN 3-935129-14-9
  • Rudolf Steiner: Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken, III, GA 344 (1994)
  • Hat die Christengemeinschaft eine Zukunft? Gespräche mit einem Geistwesen, Flensburger Hefte, Sonderheft 32, (2012), ISBN 978-3-935679-77-0
  • Ilse Wellershoff-Schuur: Erneuerung. Versuche zum Thema: Wer braucht die Christengemeinschaft, Urachhaus Vlg., Stuttgart 2012, ISBN 978-3-8251-7844-4
  • Tom Ravetz: Vom Dogma befreit. Gesichtspunkte zur Theologie der Christengemeinschaft, Urachhaus Vlg., Stuttgart 2010
  • Ulrich Meier (Hg.): Christentum in Entwicklung. Anstöße zum Dialog über eine permanente Reformation, Urachhaus Vlg., Stuttgart 2013
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
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Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

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