Theodor Fontane

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Theodor Fontane (1883)
(Gemälde von Carl Breitbach)
Signatur Theodor Fontane

Heinrich Theodor Fontane (* 30. Dezember 1819 in Neuruppin; † 20. September 1898 in Berlin) war ein deutscher Schriftsteller. Er gilt als literarischer Spiegel Preußens und als bedeutendster deutscher Vertreter des Realismus.

Leben

Herkunft

Fontane-Geburtshaus in Neuruppin

Theodor Fontane wurde am 30. Dezember 1819 als Sohn des Apothekers Louis Henry Fontane (1796–1867) und Emilie Fontane geb. Labry (1797–1869) in Neuruppin geboren. Am 27. Januar 1820 wurde Heinrich Theodor Fontane getauft.[1] Beide Eltern waren hugenottischer Herkunft.

Fontanes Großvater war der Maler und Musiklehrer Pierre Barthélemy Fontane (1757–1826), später Kabinettssekretär von Königin Luise von Preußen. Er erhielt diesen Posten nach der Flucht des Königs nach Königsberg wegen der Niederlage in der Schlacht bei Jena und Auerstedt. 1806 wurde Pierre Barthélemy Fontane Kastellan von Schloss Schönhausen.

Kindheit und Jugend

Theodor Fontane lebte bis zum siebten Lebensjahr in Neuruppin. Sein Vater veräußerte die in der Mitte der Stadt gelegene Apotheke (das heute denkmalgeschützte Fontane-Haus, Löwen-Apotheke in der Karl-Marx-Straße 84)[2] wegen seiner Spielschulden und erwarb nach Tilgung der Schulden in Swinemünde eine kleinere Apotheke, weshalb die Familie das brandenburgische Neuruppin verließ.

Von 1832 bis 1833 besuchte Fontane das Friedrich-Wilhelms-Gymnasium in Neuruppin, anschließend trat er in die Gewerbeschule von Karl Friedrich Klöden in Berlin ein. 1834 zog er zum Halbbruder seines Vaters, Onkel August; 1835 hatte er seine erste Begegnung mit seiner zukünftigen Frau Emilie Rouanet-Kummer.

Im Jahre 1836 brach er die Ausbildung an der Gewerbeschule ab und begann eine Ausbildung zum Apotheker. Seine erste Novelle Geschwisterliebe veröffentlichte Fontane 1839.

Tätigkeit als Apotheker

Nach dem Abschluss seiner Lehre im Dezember 1839 trat Fontane im Herbst 1840 eine Stelle als Apothekergehilfe in Burg (bei Magdeburg) an. Es entstanden die ersten Gedichte.

Erinnerungstafel an der Leipziger Adler-Apotheke

1841 erkrankte er an Typhus, konnte sich aber bei seinen Eltern in Letschin von der Krankheit erholen. Als er wieder gesund war, arbeitete er als Apothekergehilfe vom April 1841 bis Februar 1842 in der Adler-Apotheke in der Leipziger Hainstraße 9, danach in der Salomonis-Apotheke in Dresden, schließlich in der Apotheke des Vaters in Letschin.

In Leipzig war er Mitglied des literarischen Studentenvereins Herwegh-Klub und hatte Kontakte zu dem Redakteur Georg Günther.[3] 1843 wurde er von Bernhard von Lepel in den literarischen Verein Tunnel über der Spree eingeführt, in dem er von 1844 bis 1865 Mitglied war.

Vom 1. April 1844 bis zum 31. März 1845 leistete er beim Kaiser Franz Garde-Grenadier-Regiment Nr. 2 seinen Militärdienst als Einjährig-Freiwilliger und wurde mit dem Dienstgrad Corporal (Unteroffizier) regulär entlassen. In dieser Zeit unternahm er auf Einladung seines Schulfreundes Hermann Scherz seine erste, auf 14 Tage angelegte Englandreise.

Im Laufe des Jahres 1845 ging Fontane nach einer Zeit als Angestellter in der väterlichen Apotheke nach Berlin an die Polnische Apotheke von Dr. Julius Eduard Schacht. Am 8. Dezember 1845 verlobte er sich mit Emilie Rouanet-Kummer (1824–1902), seiner späteren Ehefrau.

Im März 1847 erhielt Fontane seine Approbation als „Apotheker erster Klasse“. Im folgenden Jahr – inzwischen war er Angestellter in der Apotheke Zum Schwarzen Adler am Georgenkirchplatz – kämpfte Fontane als Revolutionär in den sogenannten Barrikadenkämpfen. Zu dieser Zeit publizierte er vier eher radikale Texte in der Berliner Zeitungs-Halle, dem Publikationsorgan des Centralausschusses der Demokraten Deutschlands.

Dann wurde er im Krankenhaus Bethanien angestellt und bildete dort zwei Diakonissen aus. Über seine Begegnung mit Emmy Danckwerts, die er zur Apothekerin ausbildete, berichtete er ausführlich in seiner Autobiographie Von Zwanzig bis Dreißig.[4]

Schriftsteller, Journalist und Theaterkritiker

Am 30. September 1849 entschloss er sich, den Apothekerberuf völlig aufzugeben und als freier Schriftsteller zu leben. Es entstanden zuerst politische Texte in der radikal-demokratischen Dresdner Zeitung. In diesem Jahr wurde auch sein erstes Buch veröffentlicht: Männer und Helden. Acht Preußenlieder. Am 16. Oktober 1850 heiratete er Emilie Rouanet-Kummer. Sie zogen zusammen in eine Wohnung in Berlin. Anfangs hatten sie finanzielle Probleme, da Theodor Fontane keine Anstellung fand. Ein Jahr später wurde er von der Centralstelle für Preßangelegenheiten angestellt. Für diese machte er Reisen nach London (1852) und lebte dort von 1855 bis 1859. Im August 1855 schlug Adolph Menzel Fontane für den Aufbau einer deutsch-englischen Korrespondenz in London vor.[5] Otto von Manteuffel genehmigte den Aufenthalt und sorgte für die finanzielle Absicherung.[6] Fontanes Aufgabe war es, in London Presseberichte zugunsten der preußischen Außenpolitik in englische und deutsche Zeitungen zu lancieren. Er unterstand dabei dem Londoner Botschafter Albrecht von Bernstorff. Fontane, der auch deutsche Emigranten für die preußische Politik gewinnen sollte, nahm z. B. Kontakt zu Julius Faucher[7] und Heinrich Beta auf.[8] Wie Edgar Bauer berichtete, war Fontane „ein hiesiger Agent der Preußischen Regierung“.[9] Mit seinen Berichten namens Englischer Artikel war er der Erste, der ein breiteres Publikum in Deutschland über die Präraffaeliten informierte, eine neue Kunstströmung in England.

Mit dem Regierungswechsel im preußischen Königshaus vertraute er auf eine künftige Liberalisierung in Preußen und beendete seine Korrespondententätigkeit in London, um nach Hause zurückzukehren. Hier fand er jedoch keine redaktionelle Anstellung und widmete sich nun der Reiseliteratur, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts einen regelrechten Boom erlebte, denn nur wenige Menschen konnten sich das Reisen leisten. So fanden Artikel und Bücher über Reisen in den Orient, nach Europa und in andere Gebiete sowie die damit verbundenen Abenteuer und Gefahren reichliche öffentliche Aufmerksamkeit. Es erschienen die ersten Artikel über seine Heimatstadt Neuruppin, so etwa „Der Tempelgarten“ (ehemalige Gartenanlage des Kronprinzen Friedrich in Preußen) in der Kreuzzeitung. Aus den Reiseberichten, angereichert mit Geschichte und Geschichten, entstand 1861 das Büchlein Grafschaft Ruppin, das bereits ein Jahr später die zweite Auflage mit dem Obertitel Wanderungen durch die Mark Brandenburg erhielt. Bis wenige Jahre vor seinem Tode überarbeitete Fontane diesen ersten Band, der insgesamt fünf Auflagen erlebte, änderte und ergänzte ihn, zum Teil mit seinem ehemaligen Neuruppiner Nachbarsjungen, dem Kaufmann Alexander Gentz. Zum Wanderungswerk gehören noch weitere drei Bände sowie ein heute publiziertes, zu Lebzeiten unveröffentlicht gebliebenes Konvolut. Das Wanderungswerk bildet die Grundlage für das spätere epische Schaffen Fontanes.

Theodor Fontane, um 1860

Am 14. August 1851 kam als erstes Kind der Eheleute Theodor und Emilie Fontane George zur Welt († 1887 in Lichterfelde nach einem Blinddarmdurchbruch). 1851 trat Fontane in die Redaktion der konservativ-reaktionären, pietistisch orientierten Neuen Preußischen (Kreuz-)Zeitung[10] ein, zu deren Gründungskomitee unter anderem Otto von Bismarck gehört hatte. Für diese war er bis 1870 tätig.

Die drei darauf folgenden Söhne Rudolf (* 1852), Peter Paul (* 1853) und Ulrich (* 1855) starben kurz nach der Geburt. Als fünftes Kind wurde der Sohn Theodor (1856–1933) geboren. Auf die einzige Tochter namens Martha (1860–1917), genannt Mete, folgte 1864 schließlich sein letzter Sohn, Friedrich († 1941). Im selben Jahr reiste Fontane nach Kopenhagen, wo er über den Deutsch-Dänischen Krieg schrieb.

Ab 1870 arbeitete Fontane als Theaterkritiker der Vossischen Zeitung. Im selben Jahr nahm er Urlaub, um im Deutsch-Französischen Krieg den Kriegsschauplatz Paris zu besichtigen. In Frankreich wurde er unter falschem Verdacht als deutscher bzw. preußischer Spion verhaftet, jedoch nach einer Intervention Bismarcks zu seinen Gunsten wieder freigelassen. Seine Erlebnisse schilderte er 1871 in dem Buch Kriegsgefangen. Erlebtes 1870.

Zwischen 1874 und 1876 unternahm Fontane mit seiner Frau diverse Reisen nach Österreich, Italien und in die Schweiz. Am Ende dieser Reisen entschloss er sich, nicht mehr für eine Zeitung zu schreiben. Stattdessen wollte er wieder als freier Schriftsteller leben.

Seitdem schrieb er zahlreiche Texte, bis er 1892 an einer schweren Gehirnischämie erkrankte. Der Arzt riet ihm, seine Kindheitserinnerungen niederzuschreiben, um sich von der Krankheit abzulenken. Er folgte dem Rat und erholte sich wieder so gut, dass er Effi Briest und zwei weitere Romane (Die Poggenpuhls und Der Stechlin) sowie die autobiografische Schrift Von Zwanzig bis Dreißig vollenden konnte.

Tod und Nachlass

Grab von Theodor und Emilie Fontane

Fontane starb am 20. September 1898 in Berlin. Als Mitglied der Französisch-Reformierten Gemeinde wurde er auf deren Friedhof II in Berlin-Mitte beerdigt. Seine Ehefrau Emilie wurde vier Jahre später an seiner Seite beigesetzt. Sein Grab ist als Ehrengrab des Landes Berlin gewidmet, es befindet sich im Feld B-35/36-16/17.

Der Nachlass Fontanes befand sich nach seinem Tod im Besitz der Familie und wurde von einer testamentarisch eingesetzten Kommission verwaltet. Nach dem Tod Emilie Fontanes gelangte Fontanes Schreibtisch mit Manuskripten der zu Lebzeiten gedruckten Erzählwerke ins Märkische Museum in Berlin − als „Geschenk des Dichters“, wie es im Zugangsbuch des Museums heißt. Eine testamentarische Bestimmung oder ein Schenkungsvertrag existieren nicht; gleichwohl hatte Emilie Fontane jedoch offensichtlich „zeitweise daran gedacht […] die fraglichen Schriftstücke in die einstweilige Verwahrung des Märkischen Museums zu geben“, wie sie es gegenüber ihrer Tochter Martha formulierte und in einem Gespräch mit Paul Schlenther noch einmal bekräftigt hatte.[11] Der Architekt des Märkischen Museums Ludwig Hoffmann gestaltete im Märkischen Museum 1908 ein Fontane-Zimmer. Nahezu alle Möbel des Zimmers, darunter auch der Schreibtisch, gingen 1945 oder später an ihrem Auslagerungsort im Schloss Lagow verloren. Nach einer Neubewertung Fontanes in der DDR zeigte das Museum in den Jahren 1966–1975 noch einmal ein nachempfundenes Fontane-Zimmer mit restlichen Originalen.[12] Die Sammlung zur Literaturgeschichte der 1995 errichteten Stiftung Stadtmuseum Berlin, zu der u. a. das „Märkische Museum“ gehört, ist heute im Besitz des um Kriegsverluste verringerten Teilnachlasses, der etwa noch 10000 handschriftliche Blätter umfasst.[13]

Nachdem Verhandlungen mit der Preußischen Staatsbibliothek bzw. der Bibliothek der Friedrich-Wilhelms-Universität über einen Ankauf an unvereinbaren Preisvorstellungen gescheitert waren, kam es am 9. Oktober 1933 zur Versteigerung des im Familienbesitz verbliebenen Teilnachlasses Fontanes durch das Auktionshaus Meyer & Ernst. Der umfangreiche dabei nicht veräußerte Rest (ca. Dreiviertel des bei der Auktion Angebotenen) wurde von Friedrich Fontane, dem einzigen damals noch lebenden Sohn Fontanes, geordnet und durch Rückerwerbungen ergänzt. Im Jahre 1935 erwarb die Provinz Brandenburg diesen Teilnachlass mitsamt der von Friedrich Fontane angelegten Sammlung sowie den seinen Vater betreffenden Teil seines Verlagsarchivs und gründete das Theodor-Fontane-Archiv als Literaturarchiv der Provinz Brandenburg in Potsdam.[14] Seit der Wiedervereinigung ist das Theodor-Fontane-Archiv bundesweit die einzige öffentliche Einrichtung, die Fontane-Autographe sammelt.

Bedeutende Teilsammlungen entstanden außerdem in der Staatsbibliothek zu Berlin, die etwa den größten Teil von Fontanes Briefen sowie die 67 Notizbücher Fontanes, die unvollendet gebliebenen Erzählfragmente sowie das „Mathilde Möhring“-Manuskript besitzt,[15] und im Deutschen Literaturarchiv Marbach.[16] Einzelstücke befinden sich in vielen deutschen und internationalen Bibliotheken und Archiven,[17] z. B. in der Bayerischen Staatsbibliothek und in der Monacensia der Münchner Stadtbibliothek.[18]

Im Laufe von 35 Jahren trug Christian Andree eine Sammlung von über 6000 Originalhandschriften Fontanes zusammen. 1997 verkaufte er sie dem Theodor-Fontane-Archiv.

Theodor Fontane diente als Namenspatron für die Sendung Theodor – Das Magazin aus Brandenburg mit „Geschichte(n) aus der Mark“,[19] die von 2008 bis 2017 vom Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) produziert wurde.[20]

Fontane und die Judenfrage

Eine aus Anlass des 100. Todestags erschienene Schrift zum Thema Fontane und die Judenfrage[21] veranlasste die Fontaneforschung, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob Fontane Antisemit gewesen sei. Obwohl die Darstellung unterschiedlich bewertet wurde – so nannte sie Wolfgang Benz eine „glänzende Studie“,[22] während sie für Hans Otto Horch „sicherlich als nicht zulängliche Gesamtdarstellung des Problems“ galt[23] –, stimmt die Forschung in der Feststellung überein, dass Fontane sich in privaten Briefen gegen Ende seines Lebens „unreflektiert wesentliche Stichworte der … antisemitischen Agitation“ zu eigen gemacht habe.[24] Darüber hinaus bewertet die Forschung Fontane „als Schriftsteller, der die verbreiteten Feindbilder und Vorurteile teilt und transportiert, ohne als engagierter Antisemit in Erscheinung“ zu treten. Er habe damit den Zeitgeist literarisch und publizistisch gespiegelt.[25]

Fontane selbst unterhielt dauerhafte vertrauensvolle Beziehungen persönlicher und geschäftlicher Art zu Juden[26] und hat eine Stellungnahme in den öffentlichen Diskussionen um die Judenfrage, die sich im Berliner Antisemitismusstreit zuspitzten, vermieden. Die von ihm begonnenen Darstellungen Adel und Judentum in der Berliner Gesellschaft (1878) und Die Juden in unserer Gesellschaft (frühe 1890er-Jahre) blieben unvollendet.

Werk und Wirkung

Briefmarke (1952) der Serie Männer aus der Geschichte Berlins

Bedeutung und Stil

Fontane gilt als der herausragende Vertreter des poetischen Realismus in Deutschland. In seinen Romanen, die großenteils erst nach seinem 60. Lebensjahr entstanden, charakterisiert er die Figuren, indem er ihre Erscheinung, ihre Umgebung und vor allem ihre Redeweise aus einer kritisch-liebevollen Distanz genau beschreibt. Typisch ist die Darstellung einer gepflegten Konversation in einem abgeschlossenen Zirkel (auch als Causerie bezeichnet), etwa bei einem Festessen – die Personen folgen gesellschaftlichen Konventionen und enthüllen doch ihre wahren Interessen, häufig gegen ihren Willen. Dabei kommt Fontane von einer Kritik an Einzelpersonen oft zu einer impliziten Gesellschaftskritik.

Alle Romane und Novellen sind aus einem auktorialen Gestus erzählt (auktorialer Erzähler). Jedoch tritt als Kunstgriff gerade in der Figurenrede in Dialogen auch ein personales Moment auf (personaler Erzähler). Auffällig an Fontanes Schreibstil ist zudem sein ironischer Humor, den er in seiner Kritik zu Die Ahnen von Gustav Freytag in Der Begriff der Verklärung als Element des Realismus (1889) als „beste(n) Weg“ zu demselben bezeichnet.

Zum von Fontane stark beeinflussten Geschichtsbild der Mark Brandenburg siehe auch Geschichtsbild von der Entstehung der Mark Brandenburg.

Literarische Rezeption

Denkmal in Neuruppin
Sonderbriefmarke zum 175. Geburtstag

Friedrich Christian Delius repliziert Theodor Fontanes Ballade Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland in seiner 1991 erschienen Erzählung Die Birnen von Ribbeck. Ausgangspunkt der Handlung ist, wenige Monate nach dem Ende des DDR-Systems, die Pflanzung eines Birnbaums im Garten des Schlosses Ribbeck durch eine Gruppe West-Berliner, die anlässlich dieses Ereignisses die Bevölkerung bewirtet. Bei diesem Fest trägt ein Einheimischer, zunehmend alkoholisiert, in einem langen Monolog die Ribbecker Geschichte aus seiner Perspektive bzw. seine Empfindungen in der Zeit der Wende vor und integriert in seine Interpretationen immer wieder Balladen-Zitate.

Günter Grass bezieht sich in seinem 1995 publizierten Roman Ein weites Feld, der in der Wende-Zeit vor der deutschen Wiedervereinigung spielt und die deutsche Geschichte von der 1848er Revolution bis zum Abriss der Berliner Mauer thematisiert, auf Theodor Fontane. Dessen Lebenslauf ähnelt dem einer der beiden Hauptfiguren, Theo Wuttke, genannt Fonty, wodurch viele Verbindungen zwischen Ereignissen beider Epochen konstruiert werden. Außerdem greift der Titel Ein weites Feld eine Redewendung von Effi Briests Vater auf, mit dem Fontane in einer kleinen Variation seinen Roman Effi Briest abschließt: „… das ist ein zu weites Feld.“

Editionen

Die erste große Gesamtausgabe der Werke Fontanes erschien zwischen 1905 und 1910 im Verlag seines Sohnes Friedrich Fontane in 21 Bänden. Herausgeber waren der Nachlassverwalter Paul Schlenther, Otto Pniower und Josef Ettlinger. Diese Ausgabe war weder auf Vollständigkeit angelegt noch textkritisch fundiert oder kommentiert. Sie bildete dennoch für Jahrzehnte die Grundlage für eine wissenschaftliche Beschäftigung mit Fontane.

Erst die von Kurt Schreinert verantwortete Ausgabe Sämtliche Werke, die in 24 Bänden zwischen 1959 und 1975 in der Nymphenburger Verlagsanstalt München von Edgar Groß herausgegeben wurde, strebte Vollständigkeit an und erschloss erstmals auch das umfangreiche kritisch-journalistische Werk Fontanes. Diese kommentierte Studienausgabe ist bis heute in Teilbereichen unentbehrlich.

Ihr schließen sich an die Edition der Werke, Schriften und Briefe Fontanes von Walter Keitel und Helmuth Nürnberger im Münchener Hanser-Verlag, die 1997 abgeschlossen wurde und fünf Abteilungen mit mehreren Bänden umfasst, sowie die von Gotthard Erler 1994 begründete und herausgegebene Große Brandenburger Ausgabe, von der bislang die Wanderungen durch die Mark Brandenburg (8 Bde.), die Gedichte (3 Bde.), der Ehebriefwechsel (3 Bde.), Tage- und Reisetagebücher (3 Bde.) und Das erzählerische Werk (20 Bde.) vorliegen. Die Abteilung Das erzählerische Werk wurde im Theodor-Fontane-Archiv von Christine Hehle koordiniert und editorisch betreut.

Seit 2010 wird die Große Brandenburger Ausgabe unter der wissenschaftlichen Leitung und Herausgeberschaft von Gabriele Radecke und Heinrich Detering an der Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Universität Göttingen fortgeführt. Die Abteilungen Das autobiographische Werk, Das reiseliterarische Werk und Das kritische Werk werden zurzeit von einem interdisziplinären Team erarbeitet.[27]

Am 15. Juli 2015 wurde das erste wissenschaftliche Fontane-Editions-Portal freigeschaltet, in dem sukzessive Fontanes 67 Notizbücher ediert werden. Das Portal wurde von Mathias Göbel an der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen in Zusammenarbeit mit der Theodor Fontane-Arbeitsstelle entwickelt; die Deutsche Forschungsgemeinschaft finanziert das Projekt.[28]

Werke

Theodor Fontane schrieb neben literarischen Werken auch als Journalist (zumal für die Kreuzzeitung) und übersetzte 1842 Shakespeares Hamlet. Dazu kamen noch Dramen, Gedichte, Biografien, Kriegsbücher, Briefe, Tagebücher, Theaterkritiken, Zeitungsartikel und programmatische Schriften.

Eine erweiterte Liste seiner Werke ist bei Wikisource: Theodor Fontane zu finden.

Romane, Novellen, Erzählungen und andere Prosa

Die Daten richten sich nach dem Impressum der ersten Buchausgabe.

Teil der Skulptur „Der moderne Buchdruck“ beim Berliner Walk of Ideas
Fünf Schlösser
Verlags-Einband der ersten Buchausgabe

Editionen aus dem Nachlass

  • Causerien über Theater. Hrsg.: Paul Schlenther. Verlag F. Fontane, Berlin 1905.
  • Aus dem Nachlaß. Hrsg. von Josef Ettlinger. Verlag F. Fontane, Berlin 1908. Darin:
  •  Mathilde Möhring. In: Aus dem Nachlaß von Theodor Fontane. Verlag F. Fontane., Berlin 1908 (Digitalisat).
  • Reisebriefe vom Kriegsschauplatz Böhmen 1866. Hrsg. von Christian Andree. Propyläen Verlag, Berlin, Wien 1973.
  • Zwei Post-Stationen. Faks. der Handschrift. Hrsg. von Jochen Meyer. Deutsche Schillergesellschaft, Marbach 1991. (Marbacher Schriften. 34.)
  • Unechte Korrespondenzen. Hrsg. von Heide Streiter-Buscher. 2 Bände de Gruyter, Berlin und New York 1996. (Schriften der Theodor Fontane Gesellschaft. Band 1.1-1.2.) – Band 1: 1860–1865; Band 2: 1866–1870, ISBN 3-11-014076-4.
Theodor Fontane

Balladen und Gedichte

Fontane schrieb über 250 Gedichte, darunter Balladen und Sprüche. Dazu gehören:

Briefe

  • Der Briefwechsel von Theodor Fontane und Paul Heyse 1850–1897. Hrsg. v. Erich Petzet. Weltgeist-Bücher, Berlin 1929.
  • Briefe an Georg Friedlaender. Hrsg. u. erl. v. Kurt Schreinert. Quelle & Meyer, Heidelberg 1954.
  • Briefe. Hrsg. v. Kurt Schreinert. Zu Ende geführt u. m. einem Nachw. versehen von Charlotte Jolles (Band 1: An den Vater, die Mutter und die Frau; Band 2: An die Tochter und an die Schwester; Band 3: An Mathilde von Rohr; Band 4: An Karl und Emilie Zöllner und andere Freunde). Propyläen, Berlin 1968–1971.
  • Briefe an Julius Rodenberg. Eine Dokumentation. Hrsg. von Hans-Heinrich Reuter. Aufbau, Berlin und Weimar 1969.
  • Der Briefwechsel zwischen Theodor Fontane und Paul Heyse. Hrsg. von Gotthard Erler. Aufbau, Berlin und Weimar 1972.
  • Mete Fontane: Briefe an die Eltern 1880–1882. Hrsg. und erl. von Edgar R. Rosen. 1974.
  • Briefe, Band 1–5 (Bd. 5: Register). Hrsg. von Helmuth Nürnberger u. a., Hanser, München 1976–1988. Auch als: Briefe, Band I–IV. Frankfurt am Main / Ullstein, Berlin 1987. (Ullstein Buch 4549–4552), ISBN 3-548-04552-9 [satzspiegelidentisch mit der Hanser-Ausg.]
  • Theodor Fontane: Jenseits von Havel und Spree. Reisebriefe. Hrsg. von Gotthard Erler. Rütten & Loening, Berlin 1984.
  • Die Fontanes und die Merckels. Ein Familienbriefwechsel 1850–1870. Hrsg. von Gotthard Erler. 2 Bände Aufbau, Berlin und Weimar 1987.
  • Theodor Fontanes Briefwechsel mit Wilhelm Wolfsohn. Hrsg. von Christa Schultze. Aufbau, Berlin und Weimar 1988.
  • Theodor Fontane: Briefe an Georg Friedlaender. Aufgrund der Edition von Kurt Schreinert u. der Handschriften neu hrsg. u. mit einem Nachw. vers. von Walter Hettche. Mit einem Essay von Thomas Mann. Insel, Frankfurt am Main 1994 (insel taschenbuch 1565, ISBN 3-458-33265-0).
  • Theodor Fontane und Martha Fontane – Ein Familienbriefnetz. Hrsg. von Regina Dieterle. de Gruyter, Berlin und New York 2002, Schriften der Theodor Fontane Gesellschaft, Band 4, ISBN 3-11-015881-7.
  • Theodor Fontane und Bernhard von Lepel. Der Briefwechsel. Kritische Ausgabe. Band 1–2. Hrsg. von Gabriele Radecke. de Gruyter, Berlin und New York 2006, Schriften der Theodor Fontane Gesellschaft, Band 5, ISBN 3-11-016354-3.
  • Theodor Fontane und Wilhelm Wolfsohn – eine interkulturelle Beziehung. Briefe, Dokumente, Reflexionen. Hrsg. von Hanna Delf von Wolzogen und Itta Shedletzky. Bearb. von Hanna Delf von Wolzogen, Christine Hehle und Ingolf Schwan. Mohr Siebeck, Tübingen 2006, ISBN 3-16-148720-6.
  • Theodor Storm – Theodor Fontane. Briefwechsel. Krit. Ausgabe. Hrsg. von Gabriele Radecke. Erich Schmidt, Berlin 2011, ISBN 978-3-503-12280-6.

Notizbücher

  • Die erste Gesamtedition der 67 Notizbücher Fontanes wird an der Theodor Fontane-Arbeitsstelle unter der Leitung von Gabriele Radecke in Zusammenarbeit mit der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek als digitale Edition im Fontane-Editions-Portal[30] und als Buch-Edition erarbeitet.[31]

Tagebücher

  • Tagebücher. Band 1: 1852, 1855–1858, hrsg. von Charlotte Jolles unter Mitarbeit von Rudolf Muhs; Band 2: 1866–1882, 1884–1898, hrsg. von Gotthard Erler unter Mitarbeit von Therese Erler, Aufbau-Verlag, Berlin 1994, ISBN 3-351-03100-9.

Zu den Themen "Verfilmungen", "Hörspiele", "Hörbücher" siehe auch

Siehe auch

Zum Thema "Literatur" siehe auch

Weblinks

Commons: Theodor Fontane - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
 Wikisource: Theodor Fontane – Quellen und Volltexte
Werke
Biografisches

Einzelnachweise

  1. Vgl. Theodor Fontane: Meine Kinderjahre. ein autobiografischer Roman von 1892.
  2. Das Fontane-Geburtshaus: Denkmalgeschützte Löwen-Apotheke in Neuruppin
  3. Horst Riedel: Stadtlexikon Leipzig von A – Z. PROLEIPZIG, Leipzig 2005, ISBN 3-936508-03-8, S. 155.
  4. Wolfgang Jürries (Hrsg.): Wendland Lexikon, Band 1 L-K, Köhring Verlag, Lüchow 2000, S. 136.
  5. Wolf Nitschke: Theodor Fontane – ein preußischer Autor? In: Hans-Christof Kraus, Frank-Lothar Kroll (Hrsg.): Literatur in Preußen – preußische Literatur? Forschungen zur Brandenburgischen und Preußischen Geschichte, Neue Folge, Beiheft 13/3: Preußen in seinen künstlerischen Ausdrucksformen, Band 3. Berlin 2016, S. 81–110, bes. S. 89–95.
  6. Christian Grawe: Fontane-Chronik. Stuttgart 1998, S. 74.
  7. Roland Berbig: Theodor Fontane Chronik. Band 1, S. 466.
  8. Edgar Bauer an Cosmus Brǽstrup 20. Oktober 1859. In: Edgar Bauer. Konfidentenberichte über die europäische Emigration in London 1852–1861. Trier 1989 (Schriften aus dem Karl-Marx-Haus 38), ISBN 3-926132-06-X, S. 528 f.
  9. Edgar Bauer: Bericht XXII. 20. September 1857. In: Edgar Bauer. Konfidentenberichte über die europäische Emigration in London 1852–1861. S. 271.
  10. Die Zeitung hieß eigentlich Neue Preußische Zeitung. Grund für den oben angegebenen Namen: Auf dem Titelblatt war zwischen Preußische und Zeitung ein Eisernes Kreuz mit der Umschrift „Vorwärts mit Gott für König und Vaterland“ abgebildet. Abb. eines Titelblatts: Berbig: Th. F. im literarischen Leben (vgl. Sekundärliteratur), S. 61.
  11. Vgl. Bettina Machner: Potsdamer Straße 134c. Der Dichternachlaß. In: Fontane und sein Jahrhundert. Hrsg. von der Stiftung Stadtmuseum Berlin. Berlin 1998, S. 251–260, hier S. 254. Machner zitiert aus den Originalbriefen Martha Fritsch-Fontanes an Paul Schlenther, 2. März 1902, und Paul Schlenthers an Martha Fritsch-Fontane, 4. März 1902.
  12. Jörg Kuhn: Gedenkzimmer im Märkischen Museum. In: Reiner Güntzer (Hrsg.): Jahrbuch 1996 Stiftung Stadtmuseum Berlin (Bd. II). Gebr. Mann Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-7861-2255-5, S. 196–225, zum Fontane-Zimmer S. 198–204.
  13. Information des Stadtmuseums Berlin zum Fontane-Bestand der Sammlung zur Literaturgeschichte
  14. Information des Fontane-Archivs
  15. Nachweis über den Nachlass Theodor Fontanes in der Staatsbibliothek zu Berlin, Preußischer Kulturbesitz,
  16. Fontane-Nachlass im Deutschen Literaturarchiv Marbach; keine Direktanzeige möglich, unter „Person“ muss erst Fontane noch eingegeben werden.
  17. vgl. das online-Beständeverzeichnis Deutsche Dichterhandschriften des deutschen Realismus und die Zusammenstellung auf der Website der Theodor Fontane-Arbeitsstelle
  18. Das Fontane-Konvolut ist „noch unbearbeitet und daher nicht zugänglich“, Information der Monacensia München
  19. Theodor – Geschichte(n) aus der Mark. In: rbb, aufgerufen am 26. Juli 2017.
  20. Theodor. In: fernsehserien.de, aufgerufen am 26. Juli 2017.
  21. Michael Fleischer: „Kommen Sie, Cohn.“ Fontane und die Judenfrage. Michael Fleischer Verlag Berlin 1998, ISBN 3-00-002553-7. – Vgl. dazu auch die Rezension des Bandes von Hans Otto Horch in Fontane Blätter. Potsdam. Heft 67, 1999, S. 135–141.
  22. Wolfgang Benz: Antisemitismus als Zeitströmung. In: Hanna Delf von Wolzogen, Helmuth Nürnberger (Hrsg.): Theodor Fontane. Am Ende des Jahrhunderts. Königshausen & Neumann, Würzburg 2000, ISBN 3-8260-1794-3 (hier weiter zitiert als „Delf von Wolzogen“), S. 157–168, hier S. 159.
  23. Hans Otto Horch: Theodor Fontane, die Juden und der Antisemitismus. In, S. 281–305, hier S. 284.
  24. Horch in Delf von Wolzogen, S. 193.
  25. Wolfgang Benz in Delf von Wolzogen, S. 167.
  26. Henry H. H. Remak: Fontane und der jüdische Kultureinfluss in Deutschland: Symbiose und Kontrabiose. In: Delf von Wolzogen, S. 184–195, hier S. 188, dort auch der Hinweis auf die nichtvollendeten Schriften S. 189.
  27. Information über die weiterführende Herausgabe der Großen Brandenburger Ausgabe
  28. Fontane-Editions-Portal
  29. Der Stechlin. Roman. Kritische Ausgabe. edition Text 1 im Auftrag des Instituts für Textkritik e.V. hrsg. von Peter Stangle in Zusammenarbeit mit Roland Reuß. Stroemfeld Verlag Roter Stern, Frankfurt am Main und Basel 1998.
  30. Digitale Edition der Notizbücher Fontanes
  31. Theodor Fontane-Arbeitsstelle
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