Bernhard von Chartres und Yama (Todesgott): Unterschied zwischen den Seiten

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'''Bernhard von Chartres''' († nach [[Wikipedia:1124|1124]]) war ein Gelehrter und stark vom [[Platonismus]] geprägter Philosoph der [[Scholastik|frühscholastischen]] Zeit.
[[Datei:Bruxelles Yama Mongolie 02 10 2011.jpg|mini|300px|Yama, Bronzestatute aus der Mongolei (19. Jahrhundert)]]


== Biographische Daten ==
'''Yama''' ({{SaS|यम|Yama}}, in [[Wikipedia:Indien|Indien]] auch: Yama-[[Wikipedia:Raja|rāja]] ({{lang|sa|यमराज}}, dt. „König Yama“); in chinesischer Schreibung {{zh|kurz=|t=閻羅王|p=Yanluowang}}, kurz: {{zh|kurz=|c=閻}}, alternativ auch: {{zh|kurz=|t=閻魔}}, {{zh|kurz=|t=閻羅王}}, {{zh|kurz=|c=閻摩羅}}, {{zh|kurz=|t=閻老}}<ref>[[Wikipedia:William Edward Soothill|William Edward Soothill]] und [[Wikipedia:Lewis Hodous|Lewis Hodous]]: ''A Dictionary of Chinese Buddhist Terms with Sanskrit and English Equivalents …''; London 1937 (Kegan Paul, Trench, Trubner)</ref>; [[Wikipedia:Umschrift nach Wylie|tibetisch]]: gshin rje) verkörpert den [[Wikipedia:Hinduismus|hinduistischen]] Gott des Todes und den „Dharmaraja“, den Herrn des [[Dharma]], der Rechtschaffenheit.


Aus Bernhards Leben ist nur wenig bekannt. Lange nahm man an, dass er ein Bruder des [[Thierry von Chartres]] war und ebenso wie dieser aus der [[Wikipedia:Bretagne|Bretagne]] stammte. Neuerdings ist die Forschung aber von dieser Meinung abgerückt.<ref>Dutton S. 40-42.</ref> Jedenfalls taucht er erstmals 1108 in der Zeugenliste einer Urkunde aus [[Wikipedia:Chartres|Chartres]] als [[Wikipedia:Subdiakon|Subdiakon]] auf; als Kleriker blieb er bis zu seinem Lebensende bei diesem bescheidenen Weihegrad. Ab ca. 1110/1115 nannte er sich ''magister'' (Lehrer), unterrichtete also an der [[Schule von Chartres]]. Spätestens 1124 stieg er zum Kanzler auf; in diesem Jahr ist er letztmals als lebend bezeugt. Seine Bibliothek vermachte er der Kathedrale.<ref>Zu den Daten siehe Dutton S. 25-44, 239f.</ref>
''Yama'' wird im japanischen als ''Enma'' bezeichnet, nach der japanischen Aussprache der chinesischen Schriftzeichen {{zh|kurz=|t=閻魔|p=Yanmo}} zur phonetischen Wiedergabe von Yama. Üblicher ist jedoch die sinngemäße Wiedergabe von Yama-rāja als ''Enma-ō'' ({{lang|ja|閻魔王}}, dt. „König Yama“), neben dessen phonetischer Wiedergabe ''Enma-raja'' ({{lang|ja|閻魔羅闍}}), sowie ''Enma-daiō'' ({{lang|ja|閻魔大王}}, dt. „Großer König Yama“) für Sanskrit ''Yama-mahārāja''. Kurzformen sind ''Enmara'' ({{lang|ja|閻魔羅}}), ''Enra-ō'' ({{lang|ja|閻羅王}}), und ''En'' ({{lang|ja|閻}}).


== Lehrtätigkeit ==
Für das Glaubensleben der Hindus spielt er kaum eine Rolle, die [[Mythologie]] dagegen kennt unzählige Geschichten, in denen er erscheint um sein Opfer zu holen. Yama ist ursprünglich eine vedische Gottheit, die die Unterwelt regiert (und selbst noch nach Erleuchtung strebt<ref>vgl. [[Wikipedia:Majjhimanikāya|Majjhimanikāya]] 130:186</ref>). Leben und Tod sind in ihm (und seinem Palast) vereint. Besuchern der Unterwelt teilt Yama mit, welchen der fünf (sechs) Schicksalspfade er zu beschreiten hat, basierend auf seinem [[Karma]] d.h. der Summe seiner guten und schlechten Taten.


Seine kulturhistorische Bedeutung liegt vor allem in seiner Lehrtätigkeit, die ihm hohes Ansehen verschaffte. Einige der führenden Persönlichkeiten im Kulturleben der Epoche, darunter [[Wikipedia:Guillaume de Conches|Wilhelm von Conches]] und [[Wikipedia:Gilbert von Poitiers|Gilbert von Poitiers]], waren seine Schüler und empfingen von ihm prägende Eindrücke. [[John of Salisbury|Johannes von Salisbury]], der bereits der Enkelgeneration angehörte, hat Bernhard nicht mehr persönlich erlebt, sondern bei dessen Schülern studiert. Er war aber von Bernhards überragender Bildung und Unterrichtsmethode begeistert und bezeichnete ihn als größten Platoniker seiner Zeit.<ref>Die Quellenzeugnisse sind zusammengestellt bei Dutton S. 241-248.</ref> Daran lässt sich die Nachhaltigkeit von Bernhards Wirken ermessen. So hat Bernhard bei der Herausbildung der Eigenart der berühmten sogenannten „Schule von Chartres“ eine Schlüsselrolle gespielt. Mit diesem Begriff bezeichnet man eine insbesondere von Gelehrten der Domschule von Chartres vertretene philosophische und theologische Richtung, die das platonische Gedankengut pflegte und bestrebt war, besonders in der [[Kosmologie]] platonische mit biblischen Vorstellungen in Übereinstimmung zu bringen. Bernhard hat die Blütezeit dieser Strömung vorbereitet. Berühmt ist sein Ausspruch, dass er und seine Zeitgenossen Zwerge seien, die auf den Schultern von Riesen (den antiken Gelehrten) sitzen und diese dadurch an Weitblick überragen, obwohl ihre Eigenleistung vergleichsweise gering ist (siehe [[Wikipedia:Auf den Schultern von Giganten|Auf den Schultern von Giganten]]). Das war seine Stellungnahme zur Frage des Verhältnisses zwischen ''antiqui'' und ''moderni'', zwischen antiker und mittelalterlicher Wissenschaft und Bildung. Darin zeigt sich die typische Haltung der Gelehrten von Chartres, die die nichtchristlichen Schriften der Antike eifrig studierten und sie trotz des religiösen Gegensatzes unbefangen zu würdigen wussten. Wegen dieses Verhältnisses zur Antike taucht in der Forschung öfters der (allerdings sehr umstrittene) Begriff einer „Renaissance des 12. Jahrhunderts“ auf.<ref>Speer S. 6-8, 76-79.</ref>
== Hinduismus ==
[[File:Yama, God Of Death.jpg|thumb|300px|Indische Darstellung des Totengottes Yama]]
Yama, Sohn von [[Vivasvat]], gilt als der erste Sterbliche, der in die himmlische Welt gelangte. Er weist den Menschen den Weg zu den Göttern. <ref>Gerhard J. Bellinger, ''Knaurs Lexikon der Mythologie'', Knaur, München 1999, ''Yama'' </ref>Die [[Wikipedia:Ikonographie|Ikonographie]] stellt ihn als reichgeschmückten König dar, meist von grüner Farbe, seltener schwarz, in rotem Gewand. Er trägt eine mächtige Keule sowie ein Seil mit sich, mit dem er seine Opfer einfängt und bindet, manchmal ein Schwert und einen Schild. Diese Attribute sind auch geistig zu deuten: Die Schlinge etwa bindet an den [[Samsara|Kreislauf der Wiedergeburten]], das Schwert wird in der Hindu-Literatur oft als „Schwert der Erkenntnis“ bezeichnet. Yamas charakteristisches Begleittier ist der schwarze Büffel ''([[Mahisha]])'', oft begleiten ihn zwei Hunde mit vier furchterregenden Augen und großen Nasenlöchern. Sie durchstreifen die Welt immer auf der Suche nach den Seelen der Toten. <ref>Storm, Rachel, ''Enzyklopädie der östlichen Mythologie'', Reichelsheim 2000, ''Yama''</ref>Der Büffel als vielschichtiges Symbol, etwa des geistigen Todes, der Unwissenheit und allen Übels, ist ein häufiges Motiv in hinduistischen Darstellungen.


Neben der platonischen Naturphilosophie bildete der Grammatikunterricht einen weiteren Schwerpunkt von Bernhards Tätigkeit. Er betrachtete eine gründliche Grammatikausbildung anhand der antiken Werke als Voraussetzung für jedes Studium. Den Lernenden empfahl er sechs Grundsätze: demütigen Geist, Eifer im Fragen, ruhiges Leben, schweigsame Untersuchung, äußere Bedürfnislosigkeit und Aufenthalt fern von der Heimat. Als idealen Lehrer betrachtete er einen, „der es liebt, so zu lehren, dass er vollkommen verstanden wird“. Darin zeigt sich das Gewicht, das er auf die Didaktik legte.<ref>Dutton S. 57; Speer S. 83-85.</ref>
In den [[Veden]] ist er der Gott der Toten und der Zeit ''(kala)'', sowie Gott und Herrscher der Unterwelt, bei dem die Geister der Verstorbenen wohnen. Er selbst war der Sohn der Sonne ([[Surya]]), sowie der Bruder des [[Manu (Hinduismus)|Manu]] und der [[Ashvins]] und Zwillingsbruder der ''[[Yami (Mythologie)|Yami]]'' oder [[Yamuna]]. Sie werden im [[Rigveda]] als das erste Menschenpaar beschrieben. Sie gilt auch als seine Frau oder Geliebte. Gemeinsam werden sie manchmal in [[Yab-Yum|Yab-Yum-Pose]] dargestellt. Yama wollte in den Himmel zu den Göttern emporsteigen und wurde daher von den Göttern sterblich gemacht. In späterer [[Brahmanismus|brahmanischer]] Zeit ist Yama verheiratet mit ''[[Wikipedia:Dhumorna|Dhumorna]]'' ("Rauchfahne"), die das Feuer bei der [[Leichenverbrennung]] symbolisiert.  <ref>Gerhard J. Bellinger, ''Knaurs Lexikon der Mythologie'', Knaur, München 1999, ''Yama'' </ref> In späterer brahmanischer Mythologie ist er einer der acht [[Wikipedia:Lokapala|Lokapāla]]s, Wächter des Südens und Herrscher über das ''Yamadevaloka,'' dabei Richter über die Toten.<ref>Soothill, William; Hodous, Louis; A Dictionary of Chinese Buddhist Terms ...; 閻羅王</ref>


== Philosophie ==
Entscheidet in der Philosophie die Folgen der Taten, [[Karma]], als was ein Individuum wiedergeboren wird, tritt in der Mythologie Yama als Richter der Verstorbenen auf, belohnt und straft. Darum ist er auch „Dharmaraja“, Herr der Rechtschaffenheit und Gerechtigkeit. Sein Buchhalter und Diener ist ''[[Wikipedia:Chitragupta|Chitragupta]]'', der über die guten und schlechten Taten der Menschen Buch führt und selbst als Totenrichter auftritt. <ref> Gerhard J. Bellinger, ''Knaurs Lexikon der Mythologie'', Knaur, München 1999, ''Yama''</ref>
In der [[Wikipedia:Naturphilosophie|Naturphilosophie]] verzichtete Bernhard darauf, sich wie damals üblich auf theologische Autoritäten zu verlassen und die [[Wikipedia:Heilsgeschichte|heilsgeschichtliche]] Perspektive des Christentums ins Spiel zu bringen. Hinsichtlich des Wahrheitsgehalts philosophischer Aussagen über den Kosmos vertrat er einen [[Skeptizismus|skeptischen]] Standpunkt, indem er nur Wahrscheinlichkeitsaussagen akzeptierte.


Eine wesentliche Neuerung im Platonismus brachte sein Konzept der ''formae nativae''. So bezeichnete er [[Form|Formen]], die er als aktiv vermittelndes Prinzip zwischen der [[Ideenlehre|Ideenwelt]] und der Materie einführte. Sie sind Abbilder der unwandelbaren [[Idee|Ideen]], welche nur indirekt über die ''formae nativae'' auf die Materie einwirken. Im Unterschied zu den Ideen sind die ''formae nativae'' veränderlich. Durch ihr Hineinwirken in die materielle Welt ermöglichen sie die Entstehung aller konkreten Einzeldinge und verleihen diesen die artspezifischen Eigenschaften, beginnend mit den noch nicht sinnlich wahrnehmbaren vier Elementen. Dadurch wird das zuvor formlose Weltall "ausgeschmückt".<ref>Speer S. 89-129.</ref> Dies geschieht naturgesetzlich: „Alles was ist, ist entweder geworden oder ungeworden; alles aber, was entsteht, besitzt eine gesetzmäßige, und das heißt vernünftige Ursache.“<ref>Bernhard von Chartres, ''Glosae super Platonem'', hrsg. Dutton S. 159 Z. 62-64; Übersetzung nach Speer S. 102.</ref>  Die Seele, die Bernhard mit Berufung auf Aristoteles als [[Entelechie]] bezeichnet, besteht aus ''formae nativae''.<ref>Bernhard von Chartres, ''Glosae super Platonem'', hrsg. Dutton S. 175 Z. 69-74.</ref>
Eine der bekanntesten ist die [[Wikipedia:Savitri und Satyavan|Geschichte von Savitri]], die den Tod überlisten und mit ihrer Weisheit und Reinheit den geliebten Gatten aus seiner Macht befreien konnte. Das Thema ähnelt sehr dem griechischen ''Orpheus in der Unterwelt'', doch im Gegensatz zu diesem kann die Königstochter ihren Liebsten dem Tod wieder abtrotzen. Sie hatte den armen Prinzen Satyavan als Gatten gewählt, der aber nach einer Weissagung in genau einem Jahr sterben würde. Am vorherbestimmten Tag brach der Geliebte bei einem Spaziergang zusammen und Yama kam auf seinem Büffel herbei. Die Prinzessin folgte Yama und bat um das Leben von Satyavan. Doch die Antwort war deutlich: „Du darfst mich um alles bitten, nur nicht um sein Leben.“ Zwei Wünsche gewährte der Todesgott der Unglücklichen: er machte ihren blinden Schwiegervater sehend und versprach männliche Nachkommen für ihren eigenen Vater. Dann verlangte Savitri, sie wolle Mutter werden von hundert Söhnen. Selbst das konnte Yama zusagen. Doch nun stellte sie die entscheidende Frage: „Wie kann ich Söhne haben, wenn mein Mann gestorben ist?“ Damit musste der Tod sich geschlagen geben und Satyavan öffnete seine Augen wie nach einem langen Schlaf.


== Werke ==
In einer der wichtigsten [[Upanishaden]], der ''[[Katha-Upanishad]]'', ist Yama der Lehrende. Die Rahmenhandlung berichtet über [[Wikipedia:Naciketas|Naciketas]], den Sohn eines [[Brahmane]]n: Der Bub kommt zu Yama. Weil er ihn aber nicht antrifft muss er drei Tage und drei Nächte warten und Yama gewährt ihm als Entschädigung für seine Verletzung des Gastrechts drei Wünsche. Der Bub verlangt, das Geheimnis von Leben und Tod zu erfahren. Yama will ihn mit allerlei anderen verlockenden Vorschlägen ablenken, denn "... es ist schwer diese Wahrheit zu begreifen." Doch letztlich lässt er sich von der Ernsthaftigkeit des Buben überzeugen und lehrt ihn den Inhalt der ''Katha-[[Upanishaden|Upanishad]]'', von [[Atman]] und [[Brahman (Philosophie)|Brahman]] sowie vom Wesen des Todes und der Wiederkehr.
Bernhard verfasste einen verschollenen Kommentar zur ''[[Wikipedia:Isagoge|Isagoge]]'', dem Logik-Handbuch des antiken Neuplatonikers [[Wikipedia:Porphyrios|Porphyrios]]. Ein paar Verse, Aussprüche und Briefe von ihm sind überliefert; bis ins späte 20. Jahrhundert war das alles, was von seinem Werk bekannt war. Erst 1984 konnte Paul Edward Dutton zeigen, dass ein anonym überlieferter Kommentar zu [[Platon]]s ''[[Timaios]]'' von Bernhard stammt. 1991 hat Dutton diesen Kommentar unter dem (nicht handschriftlich überlieferten) Titel ''Glosae super Platonem'' herausgegeben. Das für den Unterricht konzipierte Werk zeigt das Bemühen des Autors um ein genaues Textverständnis und seine intensive, eigenständige Auseinandersetzung mit dem Inhalt des ''Timaios''.<ref>Dutton S. 56; Speer S. 87f.</ref>
<!-- == Hinayāna ==
Um die Bedrohlichkeit der Höllen (jigoku, ,,unterirdisches Gefängnis")
anschaulicher zu machen, versehen sie die frühen Buddhisten mit Namen
und beschreiben ausdrucksvoll verschiedenste Foltermethoden.
<ref> Zum Hinayāna-Verständnis siehe [[Milindapañha]] 67,4; zu den Boten Yamas [[Anguttara-Nikāya]] III, 35.</ref> -->


Hin und wieder wird für einen ursprünglich [[Bernardus Silvestris]] zugeschriebenen Vergilkommentar die Urheberschaft Bernhards von Chartres diskutiert.<ref>''The commentary on the first six books of the Aeneid of Vergil commonly attributed to Bernardus Silvestris'', hrsg. von J. W. und E. F. Jones, Lincoln/London 1977. Vgl. Fritz Peter Knapp: ''Historie und Fiktion in der mittelalterlichen Gattungspoetik: sieben Studien und ein Nachwort'', Heidelberg 1997, S. 108.</ref>
== China und Japan ==
[[Bild:Nariaiji2559.jpg|thumb|right|Japanische Schnitzerei]]
Das Bild von Yama als „Richter“ findet sich früh in chinesischer Literatur, z.B. im ''Ming pao chi'' (冥報 記<ref>engl.: Gjertson, Donald Edward; A study and translation of the Ming-pao chi: a T'ang Dynasty collection of Buddhist tales; Stanford, Univ., Diss., 1975</ref>) des [[Tang Lin]] (*600; 唐 臨). Er ist der einzige hinduistische Gott, der, in unveränderter Funktion, in die chinesische Mythologie übernommen wurde. Das Bildliche der Erzählungen ist deutlich dem Irdischen entnommen. Yama hat eine Schar von Boten (使鬼), die - wie auch er - selbst der Vergeltung bzw. Bestrafung unterliegend, in seinem Namen die Menschen herbescheiden. Ihr Atem ist für Menschen tödlich. Das über die Unterwelt Berichtete ist in den Einzelheiten sehr verschieden. Doch gewisse Züge kehren immer, bzw. häufig wieder: weit ist der Weg; fern und dunkel das Land; „wie wenn man im Nebel geht, ist es“; Boten stehen plötzlich da und holen den Geladenen mit sich fort; steil ist der Hang, tief und dunkel das Wasser. Endlich taucht das Amt auf. Riesig ist die Anlage: Tore und Mauern und fern wieder Tore und Mauern. Ort an Ort zeigt sich Qual, Strafe, Marter. Man wird vor den Richter geführt. Zittern ergreift die Seele. Oftmals geschieht es, dass der Richter fragt: „Was hast Du Gutes getan?“ und der Gerufene antwortet meist: „Arm und gering war mein Haus und Leben; einzig das Wort des Überirdischen Wissens ließ ich nicht ab zu singen.“ – „Vortrefflich, vortrefflich!“ ruft der Richter und seufzt tief auf in vor innerer Bewunderung und schickt die Gerufenen wieder ins Leben zurück. — Riesig ist der Betrieb. Aller angestrebten Genauigkeit zum Trotz, laufen bei solch großem Rechtsorganismus natürlich auch Versehen mitunter: mancher wird fälschlich herbestellt.


== Ausgabe ==
Vielleicht entwickelte sich zugleich mit der Erfahrung des riesigen, chinesischen Rechtsorganismus, der über Provinzen, Völker und Rassen hinwegreichte, das religiös-metaphysische Karma-Erlebnis. Nun haben in China Amt und Gericht es selten an Belobigungen, Ehrenpforten, öffentlichen Auszeichnungen fehlen lassen; allein ebenso dringt der Chinese, in vielem dem Römer verwandt, auf strenges Recht. Viele wahre und übertreibend-unwahre Geschichten sind darüber im Westen im Umlauf. Auch geht die natürliche Inklination des Rechts, vollends in alter Zeit, zum Strafrechte hin. Das „(von Hunden bewachte oder hundsmäßige) Erdgefängnis,“ wie die Hölle chinesisch-japanisch heißt ist vom „Amt“ schwer zu trennen (Dieses „Amt,“ von dem fast alle diesbezüglichen Erzählungen sprechen, wird zunächst gleichsam olympisch, vom chinesischen Olymp her gesehen). Wenn nun heute noch dem Europäer vor chinesischem Kerker graust, wenn der Anblick der Strafjustiz ihm Schaudern einflößt, wie mag das alles oftmals in alter Zeit gewesen sein! Von der Hölle war es zeitweise nicht viel verschieden. Und man erzählte davon!<ref>Hermann Bohner; ''Legenden ...;'' {{Webarchiv | url=http://freenet-homepage.de/ryoiki/nr_htm/nr_einl_05.html | wayback=20090804053520 | text=Nihon Ryoiki: Quellen: Legenden aus der Frühzeit des japanischen Buddhismus}} (mit ausführlichen klassischen Fundstellenangaben)</ref>
* ''The Glosae super Platonem of Bernard of Chartres'', hrsg. Paul Edward Dutton, Toronto 1991. ISBN 0-88844-107-X (lateinischer Text mit ausführlicher Einleitung des Herausgebers)
 
Das buddhistische Konzept eines „Richters“, sowie von Paradies und Hölle war für Japan neu. Es kam jedoch schon mit den frühesten buddhistischen Lehren nach Japan. Enra ist aber kein „Richter“ im herkömmlichen Sinne, sondern lediglich der Walter des Gesetzes von (karmischer) Ursache und Wirkung, ohne das auch er nicht existiert. Buddhistische Höllen, die in acht Abstufungen existieren, sind immer nur Fegefeuer.<ref>Zur "Beschreibung" der Schlimmsten (''Avici''-Hölle; 阿鼻獄) vgl.: Reischauer, A. K.; Genshin's Ojo Yoshu, Transactions Asiatic Soc Japan II. Ser. (Dec. 1930) S 40-6</ref>
 
Schon in der um 800 entstandenen Sammlung des [[Nihon Ryōiki]] finden sich mehrere Legenden<ref>[{{Toter Link|inline=ja|url=http://freenet-homepage.de/ryoiki/nr_htm/nr_fs01/nr_fs01_30.html}} I, 30 (Hölle detailliert)]; II, 5, 7, 24, 25; III, 9, 22, 23, 35</ref> in denen ''Enra'' (oder ''Emma'') eine Rolle spielt und Höllenqualen eindrucksvoll geschildert werden.
 
[[Wikipedia:Ksitigarbha|Ksitigarbha]] (jp.: Jizō Bosatsu) ein [[Bodhisattva]] – seit dem 4. Jahrhundert im Mahāyāna nachweisbar, aber anfangs nicht sehr populär – ist identisch mit Enra. Besonders, basierend auf den Lehren Eshin's (= [[Genshin]], 942-1017), wird er hauptsächlich, aber nicht ausschließlich innerhalb der [[Tendai-shū|Tendai]]- und [[Shingon]]-Schulen, mit einer jährlichen ''Jizō''-Beichte verehrt.<ref>Visser, Marianus de; The Bodhisattva Ti-tsang (Jizō) in China and Japan; S 120-</ref>
 
== Tibetischer Buddhismus ==
[[Bild:Yama tibet.jpg|thumb|Yama in tibetischer Darstellung]]
Im [[Wikipedia:Buddhismus in Tibet|tibetisch-buddhistischen]] Mythos hat der zornvolle Aspekt des Weisheits-Buddha [[Manjushri]] [[Wikipedia:Yamantaka|Yamantaka]] Yama unterworfen und ihn zu einem [[Wikipedia:Dharmapala|Beschützer des Dharma]] gemacht. Aufgrund der besonderen Beziehung [[Wikipedia:Tsongkhapa|Tsongkhapa]]s zu Manjuschri ist er in der [[Wikipedia:Gelug|Gelug]]-Schule von großer Bedeutung. Seine Gefährtin ist [[Wikipedia:Chamunda|Chamundi]].<ref>[http://www.thangka.de/Gallery-2/Wrathful/5-33/yama-0.htm Dharmapala Thangka Centre über Yama]</ref>
In der Kunst wird Yamantaka gewöhnlich auf einem Ochsen reitend oder stehend gezeigt, der auf Yama trampelt.
 
== Siehe auch ==
* [[Yama|Yama]]s (und [[Niyama]]s) sind Gebote im [[Yoga]]
* [[Jigoku]] / ([[Diyu]]): buddhistische Unterwelt


== Literatur ==
== Literatur ==
* Andreas Speer: ''Die entdeckte Natur. Untersuchungen zu Begründungsversuchen einer „scientia naturalis“ im 12. Jahrhundert'', Leiden 1995. ISBN 90-04-10345-7 (S. 76-129 über Bernhard)
* Anneliese und Peter Keilhauer: ''Die Bildsprache des Hinduismus. Die indische Götterwelt und ihre Symbolik''. 2. Auflage. DuMont Reiseverlag, Ostfildern 1983, ISBN 3770113470 (10), ISBN 978-3770113477 (13)
* Gangolf Schrimpf: ''Bernhard von Chartres, die Rezeption des Timaios und die neue Sicht der Natur'', in: ''Aufbruch - Wandel - Erneuerung. Beiträge zur "Renaissance" des 12. Jahrhunderts'', hrsg. von Georg Wieland, Stuttgart 1995, S. 181-210
* [[Wikipedia:Hermann Bohner|Hermann Bohner]]: ''Legenden aus der Frühzeit des japanischen Buddhismus''. (Nihon Ryōiki 日本霊異記); Tōkyō 1934 ([[Wikipedia:Deutsche Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens|OAG]])
*Frank Teichmann: ''Der Mensch und sein Tempel, Bd. 4: Chartres - Schule und Kathedrale'', Urachhaus Verlag, Stuttgart 1999, ISBN 978-3878386889
* [[Wikipedia:Alex Wayman|Alex Wayman]]: ''Studies in Yama and Māra;'' in: Indo-Iranian Jnl, Vol III (1959), Nr. 1, S 44-73
* Gerhard J. Bellinger, ''Knaurs Lexikon der Mythologie'', Knaur, München 1999, ''Yama''
* Storm, Rachel, ''Enzyklopädie der östlichen Mythologie'', Reichelsheim 2000, ''Yama'' 
 
== Weblinks ==
* [http://tencoo.fc2web.com/jinja/xenma.htm Photos von Enma in japanischen Schreinen und Tempeln]
* {{Commonscat|Yama|{{PAGENAME}}}}


== Einzelnachweise ==
== Referenzen ==
<references/>
<references/>


[[Kategorie:Philosoph]]
{{Normdaten|TYP=p|GND=120043203|VIAF=54968844}}
[[Kategorie:Philosoph des Mittelalters]]
[[Kategorie:Theologe]]
[[Kategorie:Katholischer Theologe (12. Jahrhundert)]]
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[[Kategorie:Mann]]


{{Personendaten
[[Kategorie:Hinduismus]]
|NAME=Chartres, Bernhard von
[[Kategorie:Indische Gottheit]]
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Version vom 24. August 2015, 08:54 Uhr

Yama, Bronzestatute aus der Mongolei (19. Jahrhundert)

Yama (skrt. यम Yama , in Indien auch: Yama-rāja (यमराज, dt. „König Yama“); in chinesischer Schreibung 閻羅王, Yanluowang, kurz: , alternativ auch: 閻魔, 閻羅王, 閻摩羅, 閻老[1]; tibetisch: gshin rje) verkörpert den hinduistischen Gott des Todes und den „Dharmaraja“, den Herrn des Dharma, der Rechtschaffenheit.

Yama wird im japanischen als Enma bezeichnet, nach der japanischen Aussprache der chinesischen Schriftzeichen 閻魔, Yanmo zur phonetischen Wiedergabe von Yama. Üblicher ist jedoch die sinngemäße Wiedergabe von Yama-rāja als Enma-ō (閻魔王, dt. „König Yama“), neben dessen phonetischer Wiedergabe Enma-raja (閻魔羅闍), sowie Enma-daiō (閻魔大王, dt. „Großer König Yama“) für Sanskrit Yama-mahārāja. Kurzformen sind Enmara (閻魔羅), Enra-ō (閻羅王), und En ().

Für das Glaubensleben der Hindus spielt er kaum eine Rolle, die Mythologie dagegen kennt unzählige Geschichten, in denen er erscheint um sein Opfer zu holen. Yama ist ursprünglich eine vedische Gottheit, die die Unterwelt regiert (und selbst noch nach Erleuchtung strebt[2]). Leben und Tod sind in ihm (und seinem Palast) vereint. Besuchern der Unterwelt teilt Yama mit, welchen der fünf (sechs) Schicksalspfade er zu beschreiten hat, basierend auf seinem Karma d.h. der Summe seiner guten und schlechten Taten.

Hinduismus

Indische Darstellung des Totengottes Yama

Yama, Sohn von Vivasvat, gilt als der erste Sterbliche, der in die himmlische Welt gelangte. Er weist den Menschen den Weg zu den Göttern. [3]Die Ikonographie stellt ihn als reichgeschmückten König dar, meist von grüner Farbe, seltener schwarz, in rotem Gewand. Er trägt eine mächtige Keule sowie ein Seil mit sich, mit dem er seine Opfer einfängt und bindet, manchmal ein Schwert und einen Schild. Diese Attribute sind auch geistig zu deuten: Die Schlinge etwa bindet an den Kreislauf der Wiedergeburten, das Schwert wird in der Hindu-Literatur oft als „Schwert der Erkenntnis“ bezeichnet. Yamas charakteristisches Begleittier ist der schwarze Büffel (Mahisha), oft begleiten ihn zwei Hunde mit vier furchterregenden Augen und großen Nasenlöchern. Sie durchstreifen die Welt immer auf der Suche nach den Seelen der Toten. [4]Der Büffel als vielschichtiges Symbol, etwa des geistigen Todes, der Unwissenheit und allen Übels, ist ein häufiges Motiv in hinduistischen Darstellungen.

In den Veden ist er der Gott der Toten und der Zeit (kala), sowie Gott und Herrscher der Unterwelt, bei dem die Geister der Verstorbenen wohnen. Er selbst war der Sohn der Sonne (Surya), sowie der Bruder des Manu und der Ashvins und Zwillingsbruder der Yami oder Yamuna. Sie werden im Rigveda als das erste Menschenpaar beschrieben. Sie gilt auch als seine Frau oder Geliebte. Gemeinsam werden sie manchmal in Yab-Yum-Pose dargestellt. Yama wollte in den Himmel zu den Göttern emporsteigen und wurde daher von den Göttern sterblich gemacht. In späterer brahmanischer Zeit ist Yama verheiratet mit Dhumorna ("Rauchfahne"), die das Feuer bei der Leichenverbrennung symbolisiert. [5] In späterer brahmanischer Mythologie ist er einer der acht Lokapālas, Wächter des Südens und Herrscher über das Yamadevaloka, dabei Richter über die Toten.[6]

Entscheidet in der Philosophie die Folgen der Taten, Karma, als was ein Individuum wiedergeboren wird, tritt in der Mythologie Yama als Richter der Verstorbenen auf, belohnt und straft. Darum ist er auch „Dharmaraja“, Herr der Rechtschaffenheit und Gerechtigkeit. Sein Buchhalter und Diener ist Chitragupta, der über die guten und schlechten Taten der Menschen Buch führt und selbst als Totenrichter auftritt. [7]

Eine der bekanntesten ist die Geschichte von Savitri, die den Tod überlisten und mit ihrer Weisheit und Reinheit den geliebten Gatten aus seiner Macht befreien konnte. Das Thema ähnelt sehr dem griechischen Orpheus in der Unterwelt, doch im Gegensatz zu diesem kann die Königstochter ihren Liebsten dem Tod wieder abtrotzen. Sie hatte den armen Prinzen Satyavan als Gatten gewählt, der aber nach einer Weissagung in genau einem Jahr sterben würde. Am vorherbestimmten Tag brach der Geliebte bei einem Spaziergang zusammen und Yama kam auf seinem Büffel herbei. Die Prinzessin folgte Yama und bat um das Leben von Satyavan. Doch die Antwort war deutlich: „Du darfst mich um alles bitten, nur nicht um sein Leben.“ Zwei Wünsche gewährte der Todesgott der Unglücklichen: er machte ihren blinden Schwiegervater sehend und versprach männliche Nachkommen für ihren eigenen Vater. Dann verlangte Savitri, sie wolle Mutter werden von hundert Söhnen. Selbst das konnte Yama zusagen. Doch nun stellte sie die entscheidende Frage: „Wie kann ich Söhne haben, wenn mein Mann gestorben ist?“ Damit musste der Tod sich geschlagen geben und Satyavan öffnete seine Augen wie nach einem langen Schlaf.

In einer der wichtigsten Upanishaden, der Katha-Upanishad, ist Yama der Lehrende. Die Rahmenhandlung berichtet über Naciketas, den Sohn eines Brahmanen: Der Bub kommt zu Yama. Weil er ihn aber nicht antrifft muss er drei Tage und drei Nächte warten und Yama gewährt ihm als Entschädigung für seine Verletzung des Gastrechts drei Wünsche. Der Bub verlangt, das Geheimnis von Leben und Tod zu erfahren. Yama will ihn mit allerlei anderen verlockenden Vorschlägen ablenken, denn "... es ist schwer diese Wahrheit zu begreifen." Doch letztlich lässt er sich von der Ernsthaftigkeit des Buben überzeugen und lehrt ihn den Inhalt der Katha-Upanishad, von Atman und Brahman sowie vom Wesen des Todes und der Wiederkehr.

China und Japan

Japanische Schnitzerei

Das Bild von Yama als „Richter“ findet sich früh in chinesischer Literatur, z.B. im Ming pao chi (冥報 記[8]) des Tang Lin (*600; 唐 臨). Er ist der einzige hinduistische Gott, der, in unveränderter Funktion, in die chinesische Mythologie übernommen wurde. Das Bildliche der Erzählungen ist deutlich dem Irdischen entnommen. Yama hat eine Schar von Boten (使鬼), die - wie auch er - selbst der Vergeltung bzw. Bestrafung unterliegend, in seinem Namen die Menschen herbescheiden. Ihr Atem ist für Menschen tödlich. Das über die Unterwelt Berichtete ist in den Einzelheiten sehr verschieden. Doch gewisse Züge kehren immer, bzw. häufig wieder: weit ist der Weg; fern und dunkel das Land; „wie wenn man im Nebel geht, ist es“; Boten stehen plötzlich da und holen den Geladenen mit sich fort; steil ist der Hang, tief und dunkel das Wasser. Endlich taucht das Amt auf. Riesig ist die Anlage: Tore und Mauern und fern wieder Tore und Mauern. Ort an Ort zeigt sich Qual, Strafe, Marter. Man wird vor den Richter geführt. Zittern ergreift die Seele. Oftmals geschieht es, dass der Richter fragt: „Was hast Du Gutes getan?“ und der Gerufene antwortet meist: „Arm und gering war mein Haus und Leben; einzig das Wort des Überirdischen Wissens ließ ich nicht ab zu singen.“ – „Vortrefflich, vortrefflich!“ ruft der Richter und seufzt tief auf in vor innerer Bewunderung und schickt die Gerufenen wieder ins Leben zurück. — Riesig ist der Betrieb. Aller angestrebten Genauigkeit zum Trotz, laufen bei solch großem Rechtsorganismus natürlich auch Versehen mitunter: mancher wird fälschlich herbestellt.

Vielleicht entwickelte sich zugleich mit der Erfahrung des riesigen, chinesischen Rechtsorganismus, der über Provinzen, Völker und Rassen hinwegreichte, das religiös-metaphysische Karma-Erlebnis. Nun haben in China Amt und Gericht es selten an Belobigungen, Ehrenpforten, öffentlichen Auszeichnungen fehlen lassen; allein ebenso dringt der Chinese, in vielem dem Römer verwandt, auf strenges Recht. Viele wahre und übertreibend-unwahre Geschichten sind darüber im Westen im Umlauf. Auch geht die natürliche Inklination des Rechts, vollends in alter Zeit, zum Strafrechte hin. Das „(von Hunden bewachte oder hundsmäßige) Erdgefängnis,“ wie die Hölle chinesisch-japanisch heißt ist vom „Amt“ schwer zu trennen (Dieses „Amt,“ von dem fast alle diesbezüglichen Erzählungen sprechen, wird zunächst gleichsam olympisch, vom chinesischen Olymp her gesehen). Wenn nun heute noch dem Europäer vor chinesischem Kerker graust, wenn der Anblick der Strafjustiz ihm Schaudern einflößt, wie mag das alles oftmals in alter Zeit gewesen sein! Von der Hölle war es zeitweise nicht viel verschieden. Und man erzählte davon![9]

Das buddhistische Konzept eines „Richters“, sowie von Paradies und Hölle war für Japan neu. Es kam jedoch schon mit den frühesten buddhistischen Lehren nach Japan. Enra ist aber kein „Richter“ im herkömmlichen Sinne, sondern lediglich der Walter des Gesetzes von (karmischer) Ursache und Wirkung, ohne das auch er nicht existiert. Buddhistische Höllen, die in acht Abstufungen existieren, sind immer nur Fegefeuer.[10]

Schon in der um 800 entstandenen Sammlung des Nihon Ryōiki finden sich mehrere Legenden[11] in denen Enra (oder Emma) eine Rolle spielt und Höllenqualen eindrucksvoll geschildert werden.

Ksitigarbha (jp.: Jizō Bosatsu) ein Bodhisattva – seit dem 4. Jahrhundert im Mahāyāna nachweisbar, aber anfangs nicht sehr populär – ist identisch mit Enra. Besonders, basierend auf den Lehren Eshin's (= Genshin, 942-1017), wird er hauptsächlich, aber nicht ausschließlich innerhalb der Tendai- und Shingon-Schulen, mit einer jährlichen Jizō-Beichte verehrt.[12]

Tibetischer Buddhismus

Yama in tibetischer Darstellung

Im tibetisch-buddhistischen Mythos hat der zornvolle Aspekt des Weisheits-Buddha Manjushri Yamantaka Yama unterworfen und ihn zu einem Beschützer des Dharma gemacht. Aufgrund der besonderen Beziehung Tsongkhapas zu Manjuschri ist er in der Gelug-Schule von großer Bedeutung. Seine Gefährtin ist Chamundi.[13] In der Kunst wird Yamantaka gewöhnlich auf einem Ochsen reitend oder stehend gezeigt, der auf Yama trampelt.

Siehe auch

Literatur

  • Anneliese und Peter Keilhauer: Die Bildsprache des Hinduismus. Die indische Götterwelt und ihre Symbolik. 2. Auflage. DuMont Reiseverlag, Ostfildern 1983, ISBN 3770113470 (10), ISBN 978-3770113477 (13)
  • Hermann Bohner: Legenden aus der Frühzeit des japanischen Buddhismus. (Nihon Ryōiki 日本霊異記); Tōkyō 1934 (OAG)
  • Alex Wayman: Studies in Yama and Māra; in: Indo-Iranian Jnl, Vol III (1959), Nr. 1, S 44-73
  • Gerhard J. Bellinger, Knaurs Lexikon der Mythologie, Knaur, München 1999, Yama
  • Storm, Rachel, Enzyklopädie der östlichen Mythologie, Reichelsheim 2000, Yama

Weblinks

Referenzen

  1. William Edward Soothill und Lewis Hodous: A Dictionary of Chinese Buddhist Terms with Sanskrit and English Equivalents …; London 1937 (Kegan Paul, Trench, Trubner)
  2. vgl. Majjhimanikāya 130:186
  3. Gerhard J. Bellinger, Knaurs Lexikon der Mythologie, Knaur, München 1999, Yama
  4. Storm, Rachel, Enzyklopädie der östlichen Mythologie, Reichelsheim 2000, Yama
  5. Gerhard J. Bellinger, Knaurs Lexikon der Mythologie, Knaur, München 1999, Yama
  6. Soothill, William; Hodous, Louis; A Dictionary of Chinese Buddhist Terms ...; 閻羅王
  7. Gerhard J. Bellinger, Knaurs Lexikon der Mythologie, Knaur, München 1999, Yama
  8. engl.: Gjertson, Donald Edward; A study and translation of the Ming-pao chi: a T'ang Dynasty collection of Buddhist tales; Stanford, Univ., Diss., 1975
  9. Hermann Bohner; Legenden ...; Nihon Ryoiki: Quellen: Legenden aus der Frühzeit des japanischen Buddhismus (Memento vom 4. August 2009 im Internet Archive) (mit ausführlichen klassischen Fundstellenangaben)
  10. Zur "Beschreibung" der Schlimmsten (Avici-Hölle; 阿鼻獄) vgl.: Reischauer, A. K.; Genshin's Ojo Yoshu, Transactions Asiatic Soc Japan II. Ser. (Dec. 1930) S 40-6
  11. Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: @1@2Vorlage:Toter Link/freenet-homepage.deI, 30 (Hölle detailliert); II, 5, 7, 24, 25; III, 9, 22, 23, 35
  12. Visser, Marianus de; The Bodhisattva Ti-tsang (Jizō) in China and Japan; S 120-
  13. Dharmapala Thangka Centre über Yama


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