Thomas von Aquin und Wahn: Unterschied zwischen den Seiten

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[[Datei:St-thomas-aquinas.jpg|miniatur|Thomas von Aquin (postumes Gemälde von [[Wikipedia:Carlo Crivelli|Carlo Crivelli]], 1476)]]
Der '''Wahn''', der sich in mehr bildhaften '''Wahnvorstellungen''' und in bildloseren '''Wahnideen''' manifestiert, ist eine pathologisch gesteigerte Form der [[Illusion]] und wird in der [[Wikipedia:Psychiatrie|Psychiatrie]] als "inhaltliche [[Wikipedia:Denkstörung|Denkstörung]]" charakterisiert. Von den [[Wikipedia:Zwangsgedanke|Zwangsgedanke]]n, die sehr ähnlich erscheinen, werden sie in der Psychiatrie insofern abgegrenzt, als sich bei letzteren die Betroffenen durchaus bewusst sind, dass die sich ihnen aufdrängenden [[Vorstellung]]en, selbst wenn sie sich ihnen nicht entziehen können, nicht der Realität entsprechen.  
'''Thomas von Aquin''' (auch ''Thomas Aquinas'' oder  ''Tommaso d'Aquino'', * um [[Wikipedia:1225|1225]] auf Schloss Roccasecca bei [[Wikipedia:Neapel|Neapel]] in Italien; † [[Wikipedia:7. März|7. März]] [[Wikipedia:1274|1274]] in [[Wikipedia:Fossanova|Fossanova]]) war [[Wikipedia:Dominikaner|Dominikaner]] und einer der einflussreichsten [[Philosoph]]en und [[Wikipedia:Theologe|Theologe]]n der Geschichte. Er gehört zu den bedeutendsten der 35 [[Wikipedia:katholisch|katholisch]]en [[Wikipedia:Kirchenlehrer|Kirchenlehrer]] und ist als solcher unter verschiedenen Beinamen wie etwa ''Doctor Angelicus''<ref>Daneben z.B. auch ''doctor communis'', ''doctor ecclesiae'', ''angelus scholae'', ''pater ecclesiae'', ''lumen ecclesiae'', ''alter Augustinus'', (selten) ''[[Wikipedia:doctor universalis|doctor universalis]]''; vgl. z.B. [[Wikipedia:Friedrich Ueberweg|Friedrich Ueberweg]]: ''Grundriss der Geschichte der Philosophie von Thales bis auf die Gegenwart'', Bd. 1, Berlin 1863, [http://books.google.de/books?id=bz8CAAAAQAAJ&pg=RA2-PA97 S. 97].</ref> bekannt.  Seiner Wirkungsgeschichte in der Philosophie des hohen [[Wikipedia:Mittelalter|Mittelalter]]s nach zählt er zu den Hauptvertretern der [[Scholastik]]. Er hinterließ ein sehr umfangreiches Werk, das etwa im [[Wikipedia:Neuthomismus|Neuthomismus]] und der [[Wikipedia:Neuscholastik|Neuscholastik]] bis in die heutige Zeit nachwirkt. In der römisch-katholischen Kirche wird er als [[Wikipedia:Heiliger|Heiliger]] verehrt.


== Bedeutung für die Geisteswissenschaften ==
Wahnhafte Illusionen können als [[Wikipedia:Symptom|Symptom]] bei allen Arten von [[Wikipedia:Psychose|Psychosen]], vor allem bei [[Wikipedia:Schizophrenie|schizophrenen]] Psychosen, bei (endogenen) [[Wikipedia:Depression|Depression]]en, bei [[Wikipedia:Manie|Manie]] und bei [[Wikipedia:Demenz|Demenz]]en auftreten, insbesondere aber bei organischen Psychosen (z.&nbsp;B.  im Rahmen einer Alkoholvergiftung oder Hirnverletzung), oder auch bei [[Wikipedia:Migräne|Migräne]], bei [[Wikipedia:Epilepsie|epileptischen Anfällen]] oder bei Übermüdung.
Thomas hat die naturwissenschaftliche Herangehensweise der [[Wikipedia:Antike|Antike]], vor allem von [[Aristoteles]], mit dem Christentum vereint. Er musste die wissenschaftliche Herangehensweise, das systematische Fragen und Beantworten, Kategorisieren und Katalogisieren, in der gläubigen Welt der mittelalterlichen [[Wikipedia:Klöster|Klöster]] und der ersten [[Wikipedia:Universität|Universität]]en einbürgern. Die moderne geisteswissenschaftliche Tradition, die dadurch entstand, gilt es heute für [[Rudolf Steiner]] und die, die ihm folgen, andersherum ''im Banne eines echten Interesses für die tiefsten Tatsachen zu halten''.


== Leben ==  
== Organische Ursachen ==


Thomas von Aquin, auch „Thomas Aquinas“ oder kurz der „Aquinat“ bzw. nur „Thomas“ genannt, wurde kurz vor oder kurz nach Neujahr 1225 im Schloss Roccasecca, von Aquino 9 km entfernt,  als siebter Sohn des Herzogs Landulf aus dem feudalen Hochadel von [[Wikipedia:Aquino|Aquino]] geboren. Als Thomas noch ein Kind war, schlug in seiner unmittelbaren Nähe ein Blitz ein und tötete sein Schwesterchen. Rudolf Steiner hat darauf hingewiesen, dass durch dieses Elementarereignis Thomas ein Abbild des [[Astralleib]]s des [[Christus]] einverwoben wurde.
Nach [[Rudolf Steiner]] beruhen wahnhafte Illusionen letztlich auf einer organisch bedingten, fehlerhaften [[Gedächtnis]]bildung. Es werden dadurch Kräfte freigesetzt, die eigentlich erst in der nächsten irdischen [[Inkarnation]] wirksam werden sollten. Was wir in einer [[Inkarnation]] erleben und an Taten verrichten, prägt sich nämlich dem [[Gedächtnis]] ein, dessen organische Grundlage nach Steiner vor allem an der Oberfläche der inneren [[Organ]]e zu suchen ist. Wenn es sich dabei beispielsweise um die Erinnerung sehr abstrakter Gedanken handelt, so ist daran außerordentlich stark die [[Lunge]]noberfläche beteiligt. Diese Erinnerungen werden normalerweise in der Schädelformung der zukünftigen Inkarnation sichtbar. Werden diese formenden Kräfte allerdings schon in der gegenwärtigen Inkarnation freigesetzt, führen sie zu wahnhaften Illusionen, was man bei schweren Lungenerkrankungen oft bemerken kann.


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<div style="margin-left:20px">
"Nehmen wir jetzt den andern großen Vertreter des Christentums:
"Wenn man nun dieses in der Lunge Aufgespeicherte nicht in der
Thomas von Aquino. Vergleichen wir ihn mit Augustinus, so sehen
richtigen Weise beherrscht, dann wird es so ausgepreßt, wie ich gestern
wir, daß er nicht wie dieser in Irrtümern befangen war, und daß er seit
sagte, daß ein Schwamm ausgepreßt wird, und dann entstehen aus
den Kinderjahren weder Zweifel noch Unglauben gekannt hat, weil
dem, was eigentlich erst in der nächsten Inkarnation kopfformend herauskommen
Urteil und Überzeugung ihren Sitz im Astralleib haben, und er in
sollte, vorzugsweise solche abnormen Erscheinungen, die
seinen eigenen Astralleib denjenigen des Christus einverwoben bekommen
man gewöhnlich als Zwangsgedanken bezeichnet oder auch in irgendeiner
hatte. Eine Einpflanzung irgendeines Prinzips in einen Menschenleib
Weise als Illusionen. Es ist ein interessantes Kapitel einer höheren
kann nur stattfinden, wenn eine äußere Tatsache den natürlichen
Physiologie, bei Lungenkranken zu studieren, welche merkwürdigen
Lauf der Dinge ändert. Als Thomas nämlich noch ein Kind
Vorstellungen da auftreten im Hochstadium der Lungenkrankheiten.
war, schlug der Blitz in seiner Nähe ein und tötete sein Schwesterchen.
Das hängt zusammen mit dem, was ich eben jetzt auseinandergesetzt
Dieses physische, nur scheinbar physische Ereignis machte ihn geeignet,
habe, mit diesem Herauspressen der Gedanken. Die Gedanken, die
in seinen Astralleib denjenigen des Christus zu empfangen." {{Lit|{{G|109|73}}}}
da herausgepreßt werden, sind deshalb Zwangsgedanken, weil sie schon
die formende Kraft in sich haben. Die Gedanken, die wir jetzt normal
im Bewußtsein haben sollen, die dürfen nur Bilder sein, die dürfen
nicht eine formende Kraft in sich haben, dürfen uns nicht zwingen.
Durch die lange Zeit zwischen Tod und neuer Geburt, da zwingen
sie, da sind sie Kausalitäten, da wirken sie dann formend. Jetzt dürfen
sie uns nicht überwältigen, sie dürfen nur beim Übergang von einem
Leben ins andere ihre Kraft ausüben." {{Lit|{{G|205|102f}}}}
</div>
</div>


Mit fünf Jahren wurde Thomas in das [[Wikipedia:Kloster|Kloster]] [[Wikipedia:Monte Cassino|Monte Cassino]] geschickt, wo der Bruder seines Vaters, Sinibald, als [[Wikipedia:Abt|Abt]] wirkte. Thomas' Familie folgte damit der Tradition, den jüngsten Sohn der Familie in ein geistliches Amt zu geben. Es lag im Interesse der Familie, dass Thomas seinem Onkel nachfolgte. [[Wikipedia:1244|1244]] trat er jedoch gegen den Willen seiner Verwandten bei den erst jüngst als [[Wikipedia:Bettelorden|Bettelorden]] gegründeten [[Wikipedia:Dominikaner|Dominikaner]]n ein. Der Orden entsandte ihn zunächst nach [[Wikipedia:Rom|Rom]] und später, um ihn dem politischen Einfluss seiner Eltern zu entziehen, nach [[Wikipedia:Paris|Paris]]. Auf dem Weg dorthin wurde er jedoch von seinen im Auftrag der Mutter handelnden Brüdern überfallen und auf die Burg [[Wikipedia:Monte San Giovanni Campano|Monte San Giovanni Campano]] gebracht und dort zwei Jahre lang im Schlossturm gefangen gehalten. Die Familie versuchte ihn mit allen Mitteln umzustimmen, doch das vermochte nicht einmal ein Mädchen, das sie ihm brachten: der Gefangene nahm ein glühendes Holzscheit und fuchtelte damit so lange vor ihr herum, bis sie schreiend die Flucht ergriff. Da Thomas unerschütterlich fest bei seinem Entschluss blieb, Mitglied der Dominikaner zu bleiben, gab die Familie schlussendlich nach. Um ihr Gesicht zu wahren, wurde ein Überfall vorgetäuscht und Thomas konnte in seinen Orden zurückkehren.
== Störungen im Gefüge der [[Wesensglieder]] ==
[[Bild:MonteCassino.jpg|thumb|200px|Monte Cassino]]
Er ging nach [[Wikipedia:Köln|Köln]], wo er von [[Wikipedia:1248|1248]] bis [[Wikipedia:1252|1252]] Schüler von [[Albertus Magnus]] war. Dieser hat für ihn ungefähr die Bedeutung wie [[Johannes der Täufer]] für [[Jesus von Nazareth]] oder [[Herman Grimm]] für [[Rudolf Steiner]]. Von [[Wikipedia:1256|1256]] bis [[Wikipedia:1259|1259]] studierte er in Paris weiter und lehrte dann dort, in [[Wikipedia:Rom|Rom]], in [[Wikipedia:Viterbo|Viterbo]] und in [[Wikipedia:Orvieto|Orvieto]].
Ab [[Wikipedia:1269|1269]] war er als [[Wikipedia:Studienpräfekt|Studienpräfekt]] seines Ordens in [[Wikipedia:Neapel|Neapel]] tätig, wo er [[Wikipedia:1272|1272]] eine Dominikanerschule aufbaute. Der schier unglaublichen Menge seiner Schriften nach zu urteilen liegt es nahe, dem Zeugnis seines Hauptsekretärs zu glauben: Demnach hat der Aquinat immer drei oder vier Sekretären gleichzeitig diktiert.


Thomas starb am 7. März 1274 auf der Reise zum [[Wikipedia:Zweites Konzil von Lyon|Zweiten Konzil von Lyon]] im [[Wikipedia:Kloster Fossanova|Kloster Fossanova]]. [[Dante Alighieri|Dante]] ([[Göttliche Komödie#2. Purgatorio / Der Läuterungsberg|Purg. XX. 69]]) deutet an, dass [[Wikipedia:Karl I. (Neapel)|Karl I. von Anjou]] für seinen Tod verantwortlich gewesen sei. [[Wikipedia:Giovanni Villani|Villani]] (IX 218) teilt ein Gerücht mit („si dice“: „man sagt“), demzufolge Thomas von einem Arzt des Königs mit vergiftetem Konfekt ermordet wurde. Nach dieser Darstellung handelte der Arzt zwar nicht im Auftrag des Königs, aber in der Absicht, ihm einen Gefallen zu erweisen, weil er befürchtete, dass ein Mitglied aus dem Geschlecht der gegen Karl rebellierenden Grafen von Aquino in den Kardinalsrang erhoben werden sollte. In unterschiedlichen Versionen, die meist Karl die Verantwortung zuschreiben, wurde das Gerücht vom Giftmord auch in den frühen lateinischen und volkssprachlichen Dantekommentaren kolportiert, die in der Zeit nach Dantes Tod entstanden. [[Wikipedia:Tolomeo da Lucca|Tolomeo da Lucca]], ein ehemaliger Schüler und Beichtvater des Aquinaten, spricht in seiner ''Historia ecclesiastica'' (L. A. Muratori, ''Rerum Italicarum Scriptores'', Bd. XI, S. 1168-69) nur von einer schweren Erkrankung auf der Reise bei der Ankunft in [[Wikipedia:Kampanien|Kampanien]], bietet jedoch keinen Hinweis auf eine unnatürliche Todesursache. Papst [[Wikipedia:Johannes XXII.|Johannes XXII.]] sprach Thomas 1323 heilig. 1567 wurde er in den Rang eines [[Wikipedia:Kirchenlehrer|Kirchenlehrer]]s erhoben. Seine Gebeine wurden am 28. Januar 1369 nach [[Wikipedia:Toulouse|Toulouse]] überführt, wo sie seit 1974 wieder in der Kirche des Dominikanerklosters ''Les Jacobins'' ruhen. (Von 1792 bis 1974 waren sie in der [[Wikipedia:Basilika Saint-Sernin|Basilika Saint-Sernin]] bestattet.)
Durch die organische Erkrankung wird das Gefüge der [[Wesensglieder]] gestört. Insbesondere wird der [[Ätherleib]], der der Träger der bildhaften Vorstellungen ist, in ungesunder Weise freigesetzt und erzeugt dadurch illusorische Bilder:


==Philosophie==
<div style="margin-left:20px">
"Hat einer zum Beispiel ein schwerfälliges Gehirn, das der Astralleib
nicht gebrauchen kann, so drückt sich diese Störung, die
der Astralleib erleidet, ebenso nach außenhin aus, wie die
Störung im Auge es tat. Da wird der Astralleib sich seiner
selbstbewußt, weil er gestört ist; da sieht er sich nach außen
projiziert, Hoffnungen, Wünsche, Begierden treten ihm in
Gestalten von außen entgegen. Wahnsinn, Querulantenwahnsinn,
Hysterie gehören hierher, alles das, wo der
Mensch seine Gefühle nicht in Einklang bringen kann mit
der Außenwelt. Aber auch der Ätherleib kann an inneren
Abnormitäten leiden. Er ist der Träger der bildlichen Vorstellungen.
Wenn der Ätherleib sich seiner selbst unbewußt
ist, so treten die Bilder der Außenwelt ihm wahr entgegen.
Spiegeln sich aber bei Störungen des Ätherleibes die Bilder
nach außen, so werden es Wahnideen, Paranoia. Wenn der
physische Leib, der den Einklang mit der physischen Umgebung
bringen soll, selbst erkrankt, wenn der physische
Leib sich seiner selbst bewußt wird, so tritt Idiotie auf.
Wenn der physische Leib zu schwer ist, so daß der Astralleib
ihn nicht beherrschen kann, daß er nicht heraus kann,
so tritt das ein, was man Dementia nennt. Wenn die physischen
Organe aber zu beweglich sind, so daß sie die seelische
Tätigkeit nicht deutlich ausdrücken, so entsteht Paralyse.
Doch es gibt hier eine unendliche Fülle von solchen Fällen,
die ganz verschiedenen Ursprung haben können, namentlich
die Wahnvorstellungen. Sie können entspringen einmal aus
der Projektion des Astralleibes oder aus der Erkrankung
des Astralleibes. Dann werden die Affekte so stark, daß es
zu Tobsuchtsanfällen kommt. Diese drücken sich im Ätherleib
ab und daraus entstehen Wahnideen. Diese Wahnvorstellungen
sind wie die Narbe zu der Wunde im Astralleib.
Sie sind viel schwerer heilbar als die Tobsucht. Pupillenstarre
ist manchmal eine Vorbereitung zum Wahnsinn." {{Lit|{{G|055|144f}}}}
</div>


=== Grundsätzliches ===
== Karmische Ursachen ==


Die Argumentationen des Aquinaten stützen sich zu einem großen Teil auf die Lehre von [[Aristoteles]], die er – nicht zuletzt mit Hinsicht auf die der [[Wikipedia:Antike|Antike]] unbekannten theologischen Lehren bzw. Einsichten – ausgebaut hat. In der Philosophie werden seine Kommentare zu Aristoteles noch heute als bedeutsam angesehen:
Die tieferen Ursachen von Wahnvorstellungen sind oft schon in früheren Erdenleben zu suchen:
:''„Seine Kommentare sind durchweg klarsichtig, intelligent und von großer Einfühlungsgabe. Allein schon der [[Wikipedia:Metaphysik (Aristoteles)|Metaphysik]]-Kommentar, der eine halbe Million Wörter umfasst, verdient es, als philosophischer Klassiker betrachtet zu werden.“'' ([[Wikipedia:Anthony Kenny|Anthony Kenny]], ''Thomas von Aquin'')


=== Metaphysik und Ontologie ===
<div style="margin-left:20px">
"Jeder weiß, daß wenn jemand durch karmische
Verwicklungen dazu gekommen ist, Zustände zu entwickeln,
welche ihn zu den Symptomen des Verfolgungswahnes, des Größenwahnes
führen, daß er dann in seiner Seele ein ganzes System von Wahnideen
ausbilden kann, die von ihm so logisch wie nur möglich begründet
werden, die aber doch eben Wahnideen sind. Es kann zum Beispiel vorkommen,
daß jemand auf andern Gebieten des Lebens ganz richtig und
logisch denkt, daß er jedoch die Wahnidee hat, er werde überall verfolgt
um dieses oder jenes Grundes willen. Er wird dann imstande sein, wo er
hinkommt, aus den geringsten Vorkommnissen Kombinationen geistreichster
Art zu machen: Da ist wieder eine Clique, die nichts anderes
will, als mir dies oder das anzutun! - Und er wird Ihnen in der geistreichsten
Art beweisen, wie begründet sein Verdacht ist. So kann jemand
ein ganz logischer Kopf sein und doch in sich gewisse Symptome der
Verrücktheit ausleben. Da wird es ganz unmöglich sein, einen solchen
Menschen mit logischen Gründen zu widerlegen. Im Gegenteil, wenn
man in einem solchen Falle mit logischen Gründen kommt, dann kann
es geschehen, daß die Wahnideen, die in dem Inneren des Betreffenden
sitzen, erst recht herausgefordert werden und noch schärfere Beweismittel
suchen für das, was er als den Inhalt seiner Verfolgungswahnidee
geltend macht [...]


[[Bild:Aristoteles.jpg|thumb|200px|right|Aristoteles ist der wichtigste philosophiehistorische Bezugspunkt des Thomismus]]
Wenn ein solches Krankheitsbild auftaucht, wie es sich in den geschilderten
Ein Kernelement der thomistischen [[Wikipedia:Ontologie|Ontologie]] ist die Lehre von der [[Wikipedia:Analogia entis|Analogia entis]]. Sie besagt, dass der Begriff des Seins nicht eindeutig, sondern analog ist, also das Wort „[[Wikipedia:Sein (Philosophie)|Sein]]“ einen unterschiedlichen Sinn besitzt, je nachdem, auf welche Gegenstände es bezogen wird. Danach hat alles, was ist, das Sein und ist durch das Sein, aber es hat das Sein in verschiedener Weise. In höchster und eigentlicher Weise kommt es nur Gott zu: Nur er ''ist'' Sein. Alles andere Sein hat nur Teil am Sein und zwar entsprechend seinem Wesen. In allen geschaffenen Dingen muss also ''[[Wesen]]'' (''essentia'') und ''[[Existenz]]'' (''esse'') unterschieden werden; einzig bei Gott fallen diese zusammen.
Symptomen auslebt, haben wir es damit zu tun, daß der
Betreffende darin eine karmische Ursache von früheren Verkörperungen,
von früheren Verirrungen zutage treten läßt. Was als eine Verirrung
des Inneren anzusehen ist, liegt nicht und kann nicht in diesem
Falle in der gegenwärtigen Inkarnation liegen, sondern das liegt in einer
vorhergehenden Inkarnation. Nun machen wir uns ein Bild, wie so etwas
aus der früheren Inkarnation in die gegenwärtige herüberkommt.
Dazu müssen wir ins Auge fassen, wie eigentlich unsere Seelenentwickelung
verläuft. Wir bestehen als äußerer Mensch aus physischem
Leib, Ätherleib und astralischem Leib, haben dann im Laufe der Zeit
hineingebaut in diese Hüllen durch die Arbeit des Ich die Empfindungsseele
in den Empfindungsleib, die Verstandes- oder Gemütsseele in den
Ätherleib und die Bewußtseinsseele in den physischen Leib. Was wir in
unserem Inneren als die drei Seelenglieder entwickeln, das haben wir
hineingebaut in die drei Hüllen, das lebt jetzt in diesen drei Hüllen.
Nun nehmen wir an, in irgendeiner Inkarnation werden wir durch den
Einfluß Luzifers - also dadurch, daß wir in uns egoistische oder sonstige,
dem luziferischen Einfluß zuzuschreibende Triebe, Begierden,
Instinkte entwickeln - so verführt, daß wir Verfehlungen auf unsere
Seele laden. Diese Verfehlungen können nun sein in der Empfindungsseele,
können sein in der Verstandes- oder Gemütsseele oder auch in der
Bewußtseinsseele. Das ist dann die Ursache, die in irgendeiner folgenden
Inkarnation in einem der drei Seelenglieder gegeben ist. Nehmen
wir an, es sei ein Fehler, der besonders auf den Kräften der Verstandesseele
beruht. Der wird dann in dem Zustande zwischen Tod und neuer
Geburt so umgewandelt, daß dasjenige, was zum Beispiel die Verstandesseele
verbrochen hat, in seiner Wirkung sich zeigt im Ätherleib. Das
ist mittlerweile beim Durchgehen durch den Tod bis zur neuen Geburt
hineingearbeitet worden in den Ätherleib. Wir stoßen also in der neuen
Inkarnation auf eine Wirkung in dem Ätherleib, die zurückzuführen
ist auf eine Ursache in der Verstandesseele in einer vorhergehenden
Inkarnation. Nun arbeitet aber die Verstandesseele der nächsten Inkarnation
wieder für sich selbständig in dieser Inkarnation, und es ist nun
ein Unterschied, ob der Mensch jene Verfehlung früher begangen hat
oder nicht. Hat er sie in einer früheren Inkarnation begangen, so hat er
jetzt einen Fehler in seinem Ätherleibe. Das sitzt nun tiefer, der sitzt
nicht in der Verstandesseele, sondern im Ätherleibe. Aber was der
Mensch sich auf dem physischen Plan als Vernünftigkeit, als Verständigkeit
erarbeiten kann, das wirkt ja nur auf seine Verstandesseele; das
wirkt nicht auf das, wie seine Verstandesseele in einer früheren Inkarnation
sich betätigt hat und was jetzt schon in den Ätherleib hineingearbeitet
ist. Daher kann es vorkommen, daß die Kräfte der Verstandesseele,
wie sie uns jetzt bei einem Menschen entgegentreten, logisch intakt
arbeiten, so daß also das eigentliche menschliche Innere ganz intakt ist,
daß aber durch das Zusammenarbeiten zwischen Verstandesseele und
dem krankhaften Teil des Ätherleibes von diesem Ätherleib aus nach
einer gewissen Richtung hin ein Irrtum projiziert wird. Dann kann man
zwar mit den Gründen, die man auf dem physischen Plan aufbringen
kann, auf die Verstandesseele wirken, nicht aber unmittelbar auf den
Ätherleib. Daher können Sie durch Logik, durch Überzeugung nichts
ausrichten, ebensowenig wie Sie mit Logik etwas anfangen können,
wenn Sie einen Menschen vor einen konvex gebogenen Spiegel hinstellen,
so daß der Betreffende darin sein verzerrtes Bild sieht, und Sie
ihm dann beweisen wollen, daß er unrecht hat, das Bild so zu sehen. Er
sieht doch ein verzerrtes Bild. So hängt es auch nicht vom Menschen ab,
daß er in einer krankhaften Weise etwas falsch versteht, denn es wird
seine sonst gesunde Logik von seinem Ätherleibe aus nicht in einer gesunden
Weise gespiegelt.


Auch die Unterscheidung von ''[[Substanz]]'' und ''[[Wikipedia:Akzidenz (Philosophie)|Akzidenz]]'' ist für das System des Thomas bedeutend. Hierzu heißt es: „''Accidentis esse est inesse''“, also „Für ein Akzidenz bedeutet zu ''sein'', an ''etwas'' zu sein“. In die gleiche Richtung geht sein „''Accidens non est ens sed entis''“, also „Ein Akzidenz ist kein ''Seiendes'', sondern ein zu etwas Seiendem ''Gehörendes''“.
Auf diese Weise können wir die karmische Wirkung früherer Inkarnationen
in unserer tieferen Organisation in uns tragen. Und wir können
geradezu angeben, wie in einem bestimmten Teil derselben - wie
hier in unserem Ätherleib - das Schadhafte vorhanden ist. Daran sehen
wir, was wir durch den luziferischen Einfluß in einer früheren Verkörperung
herausgefordert und dann umgewandelt haben. Und in der
Zwischenzeit zwischen Tod und neuer Geburt kommt die Umwandlung
zustande von einem Inneren in ein Äußeres, und dann wirkt uns
Ahriman aus unserem eigenen Ätherleibe entgegen. Das zeigt uns, wie
Ahriman herangelockt wird an unseren eigenen Ätherleib durch Luzifer.
Die frühere Verfehlung war eine luziferische, das Umgewandelte
aber ist ein solches, daß uns gleichsam die Quittung dafür in der nächsten
Inkarnation durch Ahriman gegeben wird. Und dann handelt es
sich darum, daß der Mensch diese Schädigung seines Ätherleibes aus
sich herausbringen muß. Das kann nur dadurch geschehen, daß tiefer
in seine Organisation eingegriffen wird, als es mit den gewöhnlichen
Mitteln der äußeren Vernunft in einer Inkarnation möglich ist.
Wer so etwas durchmacht, daß er zum Beispiel den Symptomen des
Verfolgungswahnes in einer bestimmten Inkarnation verfällt, der wird,
wenn er neuerdings wieder durch die Pforte des Todes tritt, alle die
Tatsachen vor sich haben, welche er sich geleistet hat infolge seiner
ahrimanischen Schädigung, und er wird sie in ihrer ganzen Absurdität
vor sich haben. Das wird für ihn wieder die Kraft sein, welche ihn für
seine nächste Inkarnation gründlich heilt. Denn er kann nur dadurch
geheilt werden, daß dasjenige, was er unter dem Einfluß der entsprechenden
Symptome vollzogen hat, ihm in der äußeren Welt für die
Folge als absurd erscheint. Damit haben Sie etwas gegeben, was von uns
zu einer solchen Heilung getan werden kann. Wenn jemand unter derartigen
Wahnideen leidet, werden Sie ihn am wenigsten durch logische
Gründe von seinen Wahnideen abbringen können. Sie werden dadurch
nur seinen Widerspruch erst recht herausfordern. Aber Sie werden
etwas erreichen, besonders wenn sich in früher Jugend so etwas zeigt,
wenn Sie den Menschen in Lagen bringen, wo sich ihm die Folgen seiner
Symptome kraß als unsinnig darstellen, wenn Sie ihn vor Tatsachen
führen, die er hervorruft und die als kraß unsinnige wieder auf ihn
zurückschlagen. Dadurch können Sie in gewisser Weise eine Heilung
hervorrufen.


Eine weitere wichtige Unterscheidung ist die von ''[[Materie]]'' und ''[[Form]]''. Einzeldinge entstehen dadurch, dass die Materie durch die Form bestimmt wird (siehe [[Wikipedia:Hylemorphismus|Hylemorphismus]]). Die Grundformen ''Raum'' und ''Zeit'' haften untrennbar an der Materie. Die höchste Form ist [[Gott]] als Verursacher (''[[Wikipedia:causa|causa]] efficiens'') und als Endzweck (''[[Wikipedia:causa finalis|causa finalis]]'') der Welt. Die ungeformte Urmaterie, d.h. der erste Stoff, ist die ''[[materia prima]]''.
Sie können auch dann heilend wirken, wenn Sie selbst so weit im
 
Besitze der geisteswissenschaftlichen Wahrheiten sind, daß sie inneres
Um die mit dem Werden der Dinge zusammenhängenden Probleme zu lösen, greift Thomas auf die von Aristoteles geprägten Begriffe [[Wikipedia:Akt (Philosophie)|Akt]] und [[Wikipedia:Potenz (Philosophie)|Potenz]] zurück, siehe dazu auch den Artikel [[Wikipedia:Akt-Potenz|Akt-Potenz]]. Weil es in Gott keine (substanzielle) Veränderung gibt, ist er [[Wikipedia:actus purus|actus purus]], also reine Wirklichkeit.
Eigentum Ihrer Seele geworden sind. Sind sie so Ihr Besitz geworden,
 
daß sie stehen und fallen mit Ihrer ganzen Persönlichkeit, dann haben
=== Erkenntnistheorie ===
Sie sie ja als den denkbar stärksten Glauben; dann ist Ihre ganze Persönlichkeit
 
ein Ausstrahler dieser geisteswissenschaftlichen Wahrheiten.
Zu den besonders bedeutenden Aussagen der thomistischen [[Erkenntnistheorie]] gehört ihre Definition der [[Wahrheit]]: [[Wikipedia:Gegenstand|Gegenstand]] und [[Verstand]] stimmen überein. (''Adaequatio rei et intellectus'')
Mit diesen Wahrheiten, welche hereinströmen in das Leben zwischen
 
Geburt und Tod und es erfüllen, die aber dennoch über dieses Leben
Thomas unterscheidet zwischen dem „tätigen Verstand“ (''intellectus agens'') und dem „rezeptiven oder möglichen Verstand“ (''intellectus possibilis''). Der tätige Verstand zeichnet sich vor allem durch die Fähigkeit aus, aus Sinneserfahrungen (sowie bereits geistig Erkanntem) universale Ideen bzw. allgemeingültige (Wesens-)Erkenntnisse zu abstrahieren. Dagegen ist es der rezeptive Verstand, der diese Erkenntnisse aufnimmt und 'speichert'.
selbst hinausragen, die Erkenntnisse sind aus übersinnlicher Welt, mit
 
ihnen können Sie tiefergehende Wirkungen erzielen als mit äußeren
Hintergrund ist die auf [[Platon]] zurückgehende Lehre, dass die konkreten Dinge ihr Sein und vor allem ihr Wesen den Ideen (''[[Idee|idea]]e'') verdanken, durch die sie bestimmt werden (vgl. [[Ideenlehre]]).
Vernunftwahrheiten. Während Sie mit äußeren logischen Gründen
 
nichts anfangen können, werden Sie, wenn Sie die geisteswissenschaftlichen
Der tätige Verstand kann durch Abstraktion (wörtl. das Abziehen) der Formen (''formae'') aus den einzelbestimmten Dingen, deren Wesenheit bzw. Washeit ("quidditas") sowie in weiteren Schritten die Akzidenzien erkennen. Als letzte bzw. erste Ursache des Seins und Soseins der Dinge erkennt der menschliche Geist Gott (siehe unten), in dessen Geist die ewigen Ideen die Vorbilder für die Formen (''formae'') der Dinge sind.
Wahrheiten anwenden und wenn Sie genug Zeit und Gelegenheit
 
dazu haben, allerdings so weit Impulse auf den betreffenden Menschen
=== Anthropologie ===
ausüben können, daß Sie sozusagen in der einen Inkarnation das vermögen,
 
was sonst nur auf dem Umwege von einer auf die andere Inkarnation
Thomas' [[Wikipedia:Philosophische Anthropologie|Anthropologie]] weist dem Menschen als leib-geistiges Vernunftwesen einen Platz zwischen den [[Engel]]n und den [[Tier]]en zu. Gestützt auf Aristoteles' ''[[Wikipedia:De Anima|De Anima]]'' zeigt Thomas die geistige [[Seele]], d. h. den [[Geist]] des Menschen als dessen – einzige – Form auf: ''Anima forma corporis''. Weil der Geist ("intellectus") eine einfache, also nicht zusammengesetzte Substanz ist, kann er auch nicht zerstört werden und ist somit [[Unsterblichkeit|unsterblich.]] Der Geist kann auch nach der Trennung vom [[Leib]] seinen Haupttätigkeiten, dem [[Denken]] und [[Wollen]], nachkommen. Die nach der [[Auferstehung]] zu erwartende Wiedervereinigung mit einem neuen Leib kann zwar nicht philosophisch, wohl aber theologisch erwiesen werden.
geschehen kann: nämlich hineinzuwirken von der Verstandesseele
 
in den Ätherleib. Denn die Wahrheiten des physischen Planes sind
=== Ethik ===
nicht imstande, auch nur im geringsten die Kluft zwischen Empfindungsseele
 
und Empfindungsleib, zwischen Verstandesseele und Ätherleib
In der [[Ethik]] verbindet Thomas die aristotelische [[Wikipedia:Tugendlehre|Tugendlehre]] mit den christlich-[[Augustinus|augustinischen]] Erkenntnissen. Die Tugenden bestehen demnach im rechten Maß bzw. dem Ausgleich vernunftwidriger Gegensätze. Das ethische Verhalten zeichnet sich durch das Einhalten der Vernunftordnung aus (siehe [[Wikipedia:Naturrecht|Naturrecht]] bzw. [[Wikipedia:Natürliches Sittengesetz|Natürliches Sittengesetz]]) und entspricht damit auch dem göttlichen Gesetzeswillen. Thomas ergänzte die vier klassischen [[Kardinaltugend]]en durch die drei [[Wikipedia:theologische Tugend|christlichen Tugenden]] [[Glaube]], [[Liebe]] und [[Hoffnung]].
oder gar zwischen Bewußtseinsseele und physischem Leib zu überspringen." {{Lit|{{G|120|153f}}}}
 
</div>
Das höchste Gut ist die ewige [[Wikipedia:Glückseligkeit|Glückseligkeit]], die – im [[Jenseits|jenseitigen]] Leben – durch die unmittelbare [[Anschauung]] Gottes erreicht werden kann. Es zeigt sich daran der Primat der Erkenntnis vor dem Wollen.
 
=== Politische Philosophie bzw. Staatsdenken ===
 
Thomas von Aquin war einer der einflussreichsten Theoretiker für das mittelalterliche [[Wikipedia:Staatsphilosophie|Staatsdenken.]] Dabei sah er den Menschen als ein soziales Wesen, das in einer Gemeinschaft leben muss. In dieser Gemeinschaft tauscht er sich mit seinen Artgenossen aus, und es kommt zu einer [[Wikipedia:Arbeitsteilung]].
 
Für den Staat empfiehlt er die [[Wikipedia:Monarchie|Monarchie]] als beste Regierungsform, denn ein Alleinherrscher, der mit sich selbst eins ist, kann mehr Einheit bewirken als eine [[Wikipedia:Aristokratie|aristokratische]] Elite. Hier müssen sich mehrere einigen, was immer nur zu einem Kompromiss, also einer Angleichung, einer Anpassung, einer Aufgabe seiner eigenen Meinung und Überzeugung führt. Außerdem ist immer dasjenige am besten, was der Natur entspricht, und in der Natur haben alle Dinge nur ''ein'' Höchstes.
 
Thomas stellt der Monarchie als der besten die Tyrannis als die schlechteste aller denkbaren Regierungsformen gegenüber. Dabei merkt er an, dass aus der Aristokratie leichter eine Tyrannis entstehen kann als aus einer Monarchie.
 
Um die [[Wikipedia:Tyrannei|Tyrannei]] zu verhindern, muss die Gewalt des Alleinherrschers eingeschränkt sein. Ist sie jedoch einmal eingetreten, so soll sie zunächst ertragen werden, denn es könnte ja auch noch schlimmer kommen (z. B. [[Wikipedia:Anarchie|Anarchie]]). Der [[Wikipedia:Tyrannenmord|Tyrannenmord]] ist laut der Lehre der [[Wikipedia:Apostel|Apostel]] jedenfalls keine Heldentat:
 
:''„Denn es ist eine Gnade, wenn jemand deswegen [d. h. wegen der Tyrannis] Kränkungen erträgt und zu Unrecht leidet, weil er sich in seinem Gewissen nach Gott richtet“'' ([[Wikipedia:1. Petrusbrief|1. Petrusbrief]] 2, 19).
 
So schlussfolgert Thomas, dass es besser ist, gegen eine Bedrückung nur nach allgemeinem Beschluss vorzugehen.
 
Wie viele Staatsdenker des Mittelalters zieht auch Thomas von Aquin den organischen Vergleich zum Staatsgebilde heran. Hierbei sieht er den [[Wikipedia:König|König]], als Vertreter Gottes im Staat, als Vernunft und Seele für den menschlichen Körper, dessen Glieder und Organe die Bevölkerung darstellen. Seine Erfüllung findet jedes einzelne Glied in der Tugendhaftigkeit (angelehnt an [[Aristoteles]]).
 
Dennoch sieht Thomas das [[Wikipedia:Priestertum|Priestertum]] über dem Königtum; der Papst als Oberhaupt der katholischen Kirche steht also in Glaubens- und Sittenfragen über dem König.
 
== Theologie ==
[[File:Benozzo Gozzoli - Triumph of St Thomas Aquinas - WGA10334.jpg|thumb|200px|[[Wikipedia:Benozzo Gozzoli|Benozzo Gozzoli]], „Triumph des Hl. Thomas von Aquin über Averroes“ (1468/84). - Thomas sitzt zwischen Aristoteles und Platon, vor ihm liegt niedergeworfen Averroes]]
=== Grundsätzliches ===
 
Zu den wesentlichen Verdiensten von Thomas gehört, der [[Wikipedia:Theologie|Theologie]] den Charakter einer [[Wissenschaft]] gegeben zu haben (siehe unten). Zur Klärung der Glaubensgeheimnisse wird dabei die natürliche [[Vernunft]], insbesondere das philosophische Denken des Aristoteles herangezogen. Thomas hat die Gegensätze aufgelöst, die zu seiner Zeit zwischen den Anhängern zweier Philosophen bestanden: denen des [[Augustinus]] (der das Prinzip des menschlichen Glaubens betont) und des wiederentdeckten Aristoteles (der von der Erfahrungswelt und der darauf aufbauenden Erkenntnis ausgeht). Thomas zeigt, dass sich diese beiden Lehren nicht widersprechen, sondern '''''ergänzen,''''' dass also einiges nur durch Glauben und Offenbarung, anderes auch oder nur durch Vernunft erklärt werden kann. Vor allem in dieser [[Wikipedia:Synthese|Synthese]] der antiken Philosophie mit der christlichen Dogmatik, die gerade auch für die Moderne von unabschätzbarer Bedeutung ist, liegt seine Leistung.
 
=== Natürliche Theologie ===
 
Thomas von Aquin legte im Rahmen der Philosophischen bzw. [[Wikipedia:Natürliche Theologie|Natürlichen Theologie]] Argumente dafür dar, dass der Glaube an die Existenz Gottes nicht vernunftwidrig ist, sich also Glaube und Vernunft nicht widersprechen. Seine ''Quinque viae'' („Fünf Wege“), dargestellt in seinem Hauptwerk, der ''[[Wikipedia:Summa theologica|Summa Theologica]]'' (auch ''Summa Theologiae''), hat Thomas zunächst nicht als „[[Wikipedia:Gottesbeweis|Gottesbeweis]]e“ bezeichnet, sie können jedoch als solche aufgefasst werden, da sie rationale Gründe für Gottes Existenz darlegen. Die Argumentationskette endet jeweils mit der Feststellung „das ist es, was alle Gott nennen.“
 
=== Eucharistie ===
 
Prägend wurde Thomas‘ Theologie auch für die katholische [[Wikipedia:Eucharistie|Eucharistie]]lehre. Er wandte die aristotelischen Begriffe der Substanz und der Akzidenzien auf das Geschehen in der [[Wikipedia:heilige Messe|heiligen Messe]] an: Während die Akzidenzien, d. h. die Eigenschaften von [[Wikipedia:Hostie|Brot]] und [[Wikipedia:Messwein|Wein,]] erhalten bleiben, ändert bzw. verwandelt sich die Substanz, d. h. das Wesen ''(nicht'' die Materie) der eucharistischen Gaben in [[Wikipedia:Leib Christi|Leib und Blut]] des auferstandenen [[Christus]] ([[Transsubstantiation]]).
 
=== Hölle ===
 
In seiner ''[[Wikipedia:Summa contra gentiles|Summa contra gentiles]]'' geht Thomas u. a. auch auf die [[Hölle]] ein und übernimmt dabei die Sicht von Augustinus.  Er verwirft auch...
 
''„...den Irrtum derjenigen, die behaupten, dass die Strafen der Gottlosen irgendwann beendet sein werden“'' ([[Apokatastasis]]).
 
Allerdings führt er eine neue Begründung für die angenommene Endlosigkeit und Grauenhaftigkeit solch einer Strafe ein, die aufgrund einer einzigen falschen Entscheidung über den Menschen kommen soll:
 
:''„Die Größe der Strafe entspricht der Größe der Sünde [...] Nun aber wiegt eine Sünde gegen Gott unendlich schwer, denn je höher eine Person steht, gegen die man Sünde begeht, desto schwerer ist die Sünde.“''
 
Er argumentiert auch, dass die Strafen, die die Gottlosen erleiden müssen, sowohl eine psychologische oder seelische Seite ([[Wikipedia:Gottesferne|Gottesferne]]) als auch eine physische Seite (körperliche Schmerzen) haben, so dass die Gottlosen also zweifach gestraft seien.
 
=== Mystik ===
 
Am [[Wikipedia:Nikolaus von Myra|Nikolaustag]] 1273 soll Thomas laut einem Bericht des Bartholomäus von Capua während einer Feier der heiligen Messe von etwas ihn zutiefst Berührendem betroffen worden sein und anschließend jegliche Arbeit an seinen Schriften eingestellt haben. Auf die Aufforderung zur Weiterarbeit soll er mit den Worten reagiert haben:
{{Zitat|''Alles, was ich geschrieben habe, kommt mir vor wie Stroh im Vergleich zu dem, was ich gesehen habe.''<ref>„omnia quae scripsi videntur michi palee“. So der Bericht des Bartholomäus von Capua unter Berufung auf Reginald von Piperno, den Sekretär des Thomas, vgl. M..-H. Laurent (Hg.): ''Processus canonizationis Neapoli'' S. Thomae, Fontes vitae sancti Thomae Aquinatis 4, in: Revue Thomiste 38-39 (1933-34), S. 265-497, [http://www.corpusthomisticum.org/bprcneap.html#PCN79 79], S. 377; C. Le Brun-Gouanvic: ''Edition critique de l’Ystoia sancti Thome de Aquino de Guillaume de Tocco'', 2 Bände, Montréal 1987, 47, S. 347; James A. Weisheipl: ''Thomas von Aquin'', Sein Leben und seine Theologie, Graz 1980, 293f; Torrell 1995, 302 / Torrell 2005, 274.</ref>}}
 
In der [[Wikipedia:Hagiographie|Hagiographie]] wird dieser Ausspruch als Reaktion auf eine [[Wikipedia:Gotteserfahrung|Gotteserfahrung]] gedeutet. Einige Biographen mutmaßen auch , ihm sei kurz zuvor eine [[Nahtodeserfahrung]] zuteil geworden.
 
=== Liturgie ===
 
Von ihm stammen die [[Wikipedia:Sequenz (Hymnus)|Sequenzen]] zu [[Wikipedia:Fronleichnam|Fronleichnam]] ''[[Wikipedia:Lauda Sion|Lauda Sion]]'' sowie die eucharistischen Hymnen ''[[Wikipedia:Pange Lingua|Pange Lingua]]'' („Das Geheimnis lasst uns künden“) - dessen letzten beiden Strophen als ''[[Wikipedia:Tantum ergo|Tantum ergo]]'' ("Lasst uns tiefgebeut verehren") oft selbständig gesungen werden - und ''[[Wikipedia:Adoro te devote|Adoro te devote]]'' („Gottheit tief verborgen“):
 
{| align="center"
!
! width="30px" |
!
|-
|bgcolor="#e7e7e7"|
Adoro te devote, latens Deitas<br>
Quae sub his figuris vere latitas:<br>
Tibi se cor meum totum subiicit,<br>
quia te contemplans totum deficit.<br>
 
|
|
''Gottheit tief verborgen, betend nah‘ ich Dir.''<br>
''Unter diesen Zeichen bist Du wahrhaft hier:''<br>
''Sieh, mit ganzem Herzen geb' ich Dir mich hin,''<br>
''weil vor solchem Wunder ich nur Armut bin.''<br>
 
|}
 
::([[Wikipedia:Gotteslob|Gotteslob]] Nr. 546)
 
Das ''Tantum ergo'' – die letzten beiden Strophen des ''Pange lingua'' – wird in der katholischen Kirche häufig bei der [[Wikipedia:Anbetung|eucharistischen Anbetung]] gesungen.
 
=== Dreieinigkeit ===
 
[[bild:RublevTrinitaet.gif|thumb|Dreifaltigkeitsikone von Andrej Rubljow]]
Die [[Dreieinigkeit]] bzw. Dreifaltigkeit oder Trinität Gottes ist zwar ein Geheimnis ([[Mysterium]]), sie kann nach Thomas jedoch unter Zuhilfenahme der göttlichen, d. h. biblischen [[Offenbarung]] teilweise „verstanden“ werden. Demnach ist der eine Gott in drei Personen ([[Wikipedia:Subsistenz|Subsistenz]]en), die ''eine'' göttliche Natur und darum gleich ewig und allmächtig sind. Weder der Begriff der „Zeugung“ beim Sohn ([[Jesus]]) noch derjenige der „Hauchung“ beim [[Heiliger Geist|Heiligen Geist]] darf im [[Wikipedia:Biblische Exegese|wörtlichen bzw. weltlichen Sinne]] verstanden werden. Vielmehr ist die zweite und dritte Person Gottes die ewige Selbsterkenntnis und Selbstbejahung der ersten Person Gottes, d. h. [[Gottvater|Gott Vaters.]] Weil bei Gott Erkenntnis bzw. Wille und (sein) Wesen mit seinem Sein zusammenfallen, ist seine vollkommene Selbsterkenntnis und Selbstliebe von seiner Natur, also göttlich.
 
=== Sonstiges ===
 
Zu den heute schwer nachvollziehbaren Teilen von Thomas‘ Lehre gehört es, dass er sich für die Hinrichtung von [[Wikipedia:Häretiker|Häretiker]]n ausgesprochen hat, deren Vergehen er im Vergleich zu Falschmünzern, welche damals dem Tode überliefert wurden, als schwerwiegender ansieht. ([[Wikipedia:Falschmünzer-Vergleich|Falschmünzer-Vergleich]]) (''Summa theologiae'', II-II, qu. 11, art. 3).
 
Auch war er gegen das Zinsnehmen, musste jedoch im Laufe seiner Beschäftigung mit dem Thema von einem vollständigen [[Wikipedia:Zinsverbot|Verbot]] zurückstehen.
 
== Nachleben ==
 
Thomas von Aquin wurde 1323 von Papst Johannes XXII. [[Wikipedia:Heiligsprechung|heiliggesprochen.]] Sein Werk und seine Ideen wurden [[1879]] unter Papst [[Wikipedia:Leo XIII.|Leo XIII.]] zur Grundlage aller katholischer Schulen erhoben, und damit bestimmt sein Werk die [[Wikipedia:römisch-katholische Kirche|römisch-katholische]] Lehre. Auch das [[Wikipedia:Zweites Vatikanisches Konzil|Zweite Vatikanische Konzil]] empfiehlt Thomas ausdrücklich als den Lehrer, nach dessen Lehre sich die Theologie sowie die Philosophie im Studium der zukünftigen Priester zu richten haben (Optatam totius). Die [[Wikipedia:Enzyklika|Enzyklika]] ''[[Wikipedia:Fides et Ratio]]'' und das neue Kirchenrecht haben diese Empfehlung erneut bestätigt.
 
In der evangelischen Kirche nimmt Thomas eine vergleichbare Stellung ein.
 
Schon um [[Wikipedia:1300|1300]] trat der [[Wikipedia:Franziskaner|Franziskaner]] [[Johannes Duns Scotus]] gegen Thomas auf und gründete die [[Wikipedia:Philosophie|philosophisch]]-theologische Schule der [[Wikipedia:Scotismus|Scotisten]], mit der die [[Wikipedia:Thomist|Thomist]]en an den Universitäten in Fehde lebten. Thomas‘ Anhänger verteidigten die strenge Lehre [[Augustinus]] von der [[Gnade]] und bestritten die [[Unbefleckte Empfängnis]] [[Maria (Mutter Jesu)|Mariens, der Mutter Jesu]]. In der Frage der unbefleckten Empfängnis der Gottesmutter hat sich die spätere Kirche von den Zweifeln, die in der thomistischen Schule häufig anzutreffen sind, abgegrenzt, wobei umstritten bleibt, inwieweit Thomas tatsächlich ein Gegner des [[Wikipedia:Dogma|Dogmas]] war.
 
Um 1900 herum gab es eine thomistische Renaissance ([[Wikipedia:Joseph Bernhart|Bernhart]]). In Deutschland bemüht sich heute besonders die „[[Wikipedia:Deutsche Thomas-Gesellschaft|Deutsche Thomas-Gesellschaft]]“ (Sitz in [[Wikipedia:Berlin|Berlin]]) um die Weiterführung seines Erbes.
 
Auch [[Ramon Llull]] hat sich gegen die thomististische Scholastik ausgesprochen und damit indirekt die jahrelange [[Wikipedia:Index Librorum Prohibitorum|Indizierung]] der Werke und die Verfolgung der [[Wikipedia:Lullismus|Lullisten]] bewirkt.
 
== Werke ==
 
Im Gegensatz zu anderen großen Philosophen wie etwa [[Albertus Magnus]], der verschiedene Ämter innehatte, gab sich Thomas ganz der Wissenschaft hin. Er schuf ein monumentales Werk, das man in fünf Kategorieren einteilen kann:
 
#Schriften, die unmittelbar im Zusammenhang mit dem Unterricht entstanden sind: [[Bild:SummaTheologiae.jpg|thumb|200px|Manuskriptseite einer mittelalterlichen Kopie der „Summa Theologica“]]
#*''[[Wikipedia:Sentenzenkommentar|Sentenzenkommentar]]''
#*''Quaestiones [[Wikipedia:Quodlibet (Begriffsklärung)|quodlibetales]]''
#*''Quaestiones disputatae''
#*''[[Wikipedia:Über die Wahrheit|Über die Wahrheit]]''
#*''[[Wikipedia:De ente et essentia|Über Seiendes und Wesenheit]]''
#Kommentare zu den Schriften von Aristoteles:
#*zur [[Wikipedia:Logik (Aristoteles)|Logik]]
#*zur [[Wikipedia:Physik (Aristoteles)|Physik]]
#*zu [[Wikipedia:De Caelo|De caelo et mundi]]
#*zu ''De generatione et corruptione''
#*zu ''Meteora''
#*zu ''[[Wikipedia:De anima|De anima]]''
#*zu ''De sensu et sensato''
#*zur [[Wikipedia:Ethik (Aristoteles)|Ethik]]
#*zur [[Wikipedia:Politik (Aristoteles)|Politik]]
#*zur [[Wikipedia:Metaphysik (Aristoteles)|Metaphysik]]
#**Weitere Kommentare zu:
#*[[Dionysius Areopagita]], ''De divinis nominibus''
#*Dionysius Areopagita''[[Wikipedia:Liber de causis|Liber de causis]]''
#*[[Wikipedia:Boethius|Boethius]], ''De trinitate''
#*Boethius, ''De hebdomadibus''
#Kleinere Schriften und Streitschriften wie
#*''Über das Böse''
#*''Über Lüge und Irrtum''
#*''Über die Vollkommenheit des geistlichen Lebens''
#*''[[Wikipedia:Über die Einheit des Intellekts gegen die Averoisten|Über die Einheit des Intellekts gegen die Averoisten]]''
#*''Compendium theologiae''
#Systematische (Haupt)-Werke:
#*''[[Wikipedia:Summa contra gentiles|Summa contra gentiles]]''
#*''[[Wikipedia:Summa theologica|Summa theologica]]''
#Kommentare zur Bibel
#*Zu Hiob
#*Zu Psalmen (Psalm 1–51)
#*Zu Jeremia
#*Zu den Klageliedern Jeremias
#*Zu Jesaja
#*[[Wikipedia:Katene|Katenenkommentare]] zu den vier Evangelien (''Catena aurea'')
#*Vorlesungen zu Matthäus und Johannes
#*Vorlesungen zu den Briefen des Apostels Paulus
#Hymnen zum [[Wikipedia:Fronleichnam|Fronleichnam]]sfest
#*[[Wikipedia:Pange Lingua|Pange Lingua]] mit den Schlusstrophen [[Wikipedia:Tantum ergo|Tantum ergo]], Gotteslob 541-544
#*[[Wikipedia:Lauda Sion|Lauda Sion]], dt. Gotteslob 545
#*[[Wikipedia:Adoro te devote|Adoro te devote]], dt. Gotteslob 546
 
Die ''Summa contra gentiles'' und insbesondere die ''Summa theologica'' bilden einen Höhepunkt von Thomas` Schaffen. Sein Werk wurde im [[Wikipedia:19. Jahrhundert|19. Jahrhundert]] von der [[Wikipedia:katholische Kirche|katholischen Kirche]] zur Grundlage der [[Wikipedia:Christliche Philosophie|christlichen Philosophie]] erklärt.
 
== Siehe auch ==
 
* {{Eisler-1912|Thomas von Aquino}}
 
== Anmerkungen ==
 
<references/>


== Literatur ==
== Literatur ==
 
#Rudolf Steiner: ''Die Erkenntnis des Übersinnlichen in unserer Zeit'', [[GA 55]] (1983), ISBN 3-7274-0550-3 {{Vorträge|055}}
=== Einführungen ===
#Rudolf Steiner: ''Die Offenbarungen des Karma'', [[GA 120]] (1992), ISBN 3-7274-1200-3 {{Vorträge|120}}
 
#Rudolf Steiner: ''Menschenwerden, Weltenseele und Weltengeist – Erster Teil'', [[GA 205]] (1987), ISBN 3-7274-2050-2 {{Vorträge|205}}
*Karl Werner: ''Der heilige Thomas von Aquino''. 3 Bände. Manz, Regensburg 1858–1859, neue Ausgabe 1889 [http://books.google.at/books?id=Orw9AAAAIAAJ&hl=de&pg=PR4#v=onepage&q&f=false Band 1] [http://books.google.at/books?id=e708AAAAcAAJ&hl=de&pg=PR1#v=onepage&q&f=false Band 2] [http://books.google.at/books?id=Ar09AAAAIAAJ&hl=de&pg=PR1#v=onepage&q&f=false Band 3]
*Marie-Dominique Chenu: ''Thomas von Aquin. Mit Selbstzeugnissen und Bilddokumenten.'' 6. Aufl. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1992, ISBN 3-499-50045-0
*[[Wikipedia:Martin Grabmann|Martin Grabmann]]: ''Thomas von Aquin. Persönlichkeit und Gedankenwelt. Eine Einführung.'' 8. Aufl. Kösel, München 1949.
*[[Wikipedia:Hans Meyer (Philosoph)|Hans Meyer]]: ''Thomas von Aquin. Sein System und seine geistesgeschichtliche Stellung.'' 2. Aufl. Schöningh, Paderborn 1961.
*[[Wikipedia:Josef Pieper|Josef Pieper]]: ''Thomas von Aquin – Leben und Werk.'' 4. Aufl. Kösel, München 1990, ISBN 3-46640-114-3
 
=== Editionen für den interessierten Laien ===
*Die deutsche Thomas-Ausgabe = Summa theologica. Übers. von Dominikanern u. Benediktinern Deutschlands u. Österreichs. Vollst., ungekürzte dt.-lat. Ausg.. - Graz [u.a.] : Styria - Früher teilw. im Pustet-Verl., Salzburg, teilw. im Kerle-Verl., Heidelberg u. Verl. Styria Graz, Wien, Köln, 1933ff.,  34 Bde. (noch unvollendet)  
 
*Summe der Theologie. Hrsg. u. übers. von Joseph Bernhart (Auswahl). Stuttgart: Kröner. Bd. 1: Gott und Schöpfung, ISBN 3-520-10503-9; Bd. 2: Die sittliche Weltordnung, ISBN 3-520-10603-5; Bd. 3: Der Mensch und das Heil, ISBN 3-520-10903-4
 
*Über die Herrschaft der Fürsten. Übers. von Friedrich Schreyvogl. Nachw. von Ulrich Matz. [Nachdr.] Stuttgart : Reclam, 1994(Universal-Bibliothek ; 9326)ISBN 3-15-009326-0
 
=== Rudolf Steiner ===
* Rudolf Steiner: ''Das Prinzip der spirituellen Ökonomie im Zusammenhang mit Wiederverkörperungsfragen'', [[GA 109]] (2000), ISBN 3-7274-1090-6 {{Vorträge|109}}


{{GA}}
{{GA}}
== Weblinks ==
{{Commons|Thomas von Aquin}}
{{Wikisource|Thomas von Aquin}}
{{Wikisource|Scriptor:Thomas Aquinas|Thomas Aquinas|lang=la}}
{{Wikiquote|Thomas von Aquin}}
=== Werke ===
*[http://www.corpusthomisticum.org/iopera.html Sämtliche Werke online (Lateinisch)]
*[http://www.intratext.com/bti/ Bibliotheca Thomistica IntraText]: Texte, Konkordanzen und Frequenzlisten
* [http://www.corpusthomisticum.org/sth0000.html Summa Theologiae] (Lateinischer Text des Corpus Thomisticum)
* [http://www.newadvent.org/summa/ Summa Theologica] (Gesamtwerk in Englischer Übersetzung)
* [http://www.logicmuseum.com/authors/aquinas/Summa-index.htm Summa Theologica] (Lateinischer Text und englische Übersetzung nebeneinander)
[[Kategorie:Biographie]]
[[Kategorie:Mann|Aquin, Thomas von]]
[[Kategorie:Philosoph|Aquin, Thomas von]]
[[Kategorie:Philosoph des Mittelalters|Aquin, Thomas von]]
[[Kategorie:Erkenntnistheoretiker|Aquin, Thomas von]]
[[Kategorie:Kirchenlehrer|Thomas von Aquin]] <!-- Kirchenlehrer nach Vornamen sortiert.-->
[[Kategorie:Katholischer Theologe (13. Jh.)|Aquin, Thomas von]]
[[Kategorie:Ökonom (13. Jh.)|Aquin, Thomas von]]
[[Kategorie:Dogmatiker|Aquin, Thomas von]]
[[Kategorie:Dominikaner|Aquin, Thomas von]]
[[Kategorie:Autor|Aquin, Thomas von]]
{{Personendaten|
NAME=Thomas von Aquin
|ALTERNATIVNAMEN=Thomas Aquinas, Tommaso d'Aquino
|KURZBESCHREIBUNG=italienischer [[Theologe]] und [[Philosoph]] des Mittelalters
|GEBURTSDATUM=um [[1225]]
|GEBURTSORT=bei [[Aquino]]
|STERBEDATUM=7. März 1274
|STERBEORT=[[Fossanova]]
}}

Version vom 6. März 2011, 19:26 Uhr

Der Wahn, der sich in mehr bildhaften Wahnvorstellungen und in bildloseren Wahnideen manifestiert, ist eine pathologisch gesteigerte Form der Illusion und wird in der Psychiatrie als "inhaltliche Denkstörung" charakterisiert. Von den Zwangsgedanken, die sehr ähnlich erscheinen, werden sie in der Psychiatrie insofern abgegrenzt, als sich bei letzteren die Betroffenen durchaus bewusst sind, dass die sich ihnen aufdrängenden Vorstellungen, selbst wenn sie sich ihnen nicht entziehen können, nicht der Realität entsprechen.

Wahnhafte Illusionen können als Symptom bei allen Arten von Psychosen, vor allem bei schizophrenen Psychosen, bei (endogenen) Depressionen, bei Manie und bei Demenzen auftreten, insbesondere aber bei organischen Psychosen (z. B. im Rahmen einer Alkoholvergiftung oder Hirnverletzung), oder auch bei Migräne, bei epileptischen Anfällen oder bei Übermüdung.

Organische Ursachen

Nach Rudolf Steiner beruhen wahnhafte Illusionen letztlich auf einer organisch bedingten, fehlerhaften Gedächtnisbildung. Es werden dadurch Kräfte freigesetzt, die eigentlich erst in der nächsten irdischen Inkarnation wirksam werden sollten. Was wir in einer Inkarnation erleben und an Taten verrichten, prägt sich nämlich dem Gedächtnis ein, dessen organische Grundlage nach Steiner vor allem an der Oberfläche der inneren Organe zu suchen ist. Wenn es sich dabei beispielsweise um die Erinnerung sehr abstrakter Gedanken handelt, so ist daran außerordentlich stark die Lungenoberfläche beteiligt. Diese Erinnerungen werden normalerweise in der Schädelformung der zukünftigen Inkarnation sichtbar. Werden diese formenden Kräfte allerdings schon in der gegenwärtigen Inkarnation freigesetzt, führen sie zu wahnhaften Illusionen, was man bei schweren Lungenerkrankungen oft bemerken kann.

"Wenn man nun dieses in der Lunge Aufgespeicherte nicht in der richtigen Weise beherrscht, dann wird es so ausgepreßt, wie ich gestern sagte, daß ein Schwamm ausgepreßt wird, und dann entstehen aus dem, was eigentlich erst in der nächsten Inkarnation kopfformend herauskommen sollte, vorzugsweise solche abnormen Erscheinungen, die man gewöhnlich als Zwangsgedanken bezeichnet oder auch in irgendeiner Weise als Illusionen. Es ist ein interessantes Kapitel einer höheren Physiologie, bei Lungenkranken zu studieren, welche merkwürdigen Vorstellungen da auftreten im Hochstadium der Lungenkrankheiten. Das hängt zusammen mit dem, was ich eben jetzt auseinandergesetzt habe, mit diesem Herauspressen der Gedanken. Die Gedanken, die da herausgepreßt werden, sind deshalb Zwangsgedanken, weil sie schon die formende Kraft in sich haben. Die Gedanken, die wir jetzt normal im Bewußtsein haben sollen, die dürfen nur Bilder sein, die dürfen nicht eine formende Kraft in sich haben, dürfen uns nicht zwingen. Durch die lange Zeit zwischen Tod und neuer Geburt, da zwingen sie, da sind sie Kausalitäten, da wirken sie dann formend. Jetzt dürfen sie uns nicht überwältigen, sie dürfen nur beim Übergang von einem Leben ins andere ihre Kraft ausüben." (Lit.: GA 205, S. 102f)

Störungen im Gefüge der Wesensglieder

Durch die organische Erkrankung wird das Gefüge der Wesensglieder gestört. Insbesondere wird der Ätherleib, der der Träger der bildhaften Vorstellungen ist, in ungesunder Weise freigesetzt und erzeugt dadurch illusorische Bilder:

"Hat einer zum Beispiel ein schwerfälliges Gehirn, das der Astralleib nicht gebrauchen kann, so drückt sich diese Störung, die der Astralleib erleidet, ebenso nach außenhin aus, wie die Störung im Auge es tat. Da wird der Astralleib sich seiner selbstbewußt, weil er gestört ist; da sieht er sich nach außen projiziert, Hoffnungen, Wünsche, Begierden treten ihm in Gestalten von außen entgegen. Wahnsinn, Querulantenwahnsinn, Hysterie gehören hierher, alles das, wo der Mensch seine Gefühle nicht in Einklang bringen kann mit der Außenwelt. Aber auch der Ätherleib kann an inneren Abnormitäten leiden. Er ist der Träger der bildlichen Vorstellungen. Wenn der Ätherleib sich seiner selbst unbewußt ist, so treten die Bilder der Außenwelt ihm wahr entgegen. Spiegeln sich aber bei Störungen des Ätherleibes die Bilder nach außen, so werden es Wahnideen, Paranoia. Wenn der physische Leib, der den Einklang mit der physischen Umgebung bringen soll, selbst erkrankt, wenn der physische Leib sich seiner selbst bewußt wird, so tritt Idiotie auf. Wenn der physische Leib zu schwer ist, so daß der Astralleib ihn nicht beherrschen kann, daß er nicht heraus kann, so tritt das ein, was man Dementia nennt. Wenn die physischen Organe aber zu beweglich sind, so daß sie die seelische Tätigkeit nicht deutlich ausdrücken, so entsteht Paralyse. Doch es gibt hier eine unendliche Fülle von solchen Fällen, die ganz verschiedenen Ursprung haben können, namentlich die Wahnvorstellungen. Sie können entspringen einmal aus der Projektion des Astralleibes oder aus der Erkrankung des Astralleibes. Dann werden die Affekte so stark, daß es zu Tobsuchtsanfällen kommt. Diese drücken sich im Ätherleib ab und daraus entstehen Wahnideen. Diese Wahnvorstellungen sind wie die Narbe zu der Wunde im Astralleib. Sie sind viel schwerer heilbar als die Tobsucht. Pupillenstarre ist manchmal eine Vorbereitung zum Wahnsinn." (Lit.: GA 055, S. 144f)

Karmische Ursachen

Die tieferen Ursachen von Wahnvorstellungen sind oft schon in früheren Erdenleben zu suchen:

"Jeder weiß, daß wenn jemand durch karmische Verwicklungen dazu gekommen ist, Zustände zu entwickeln, welche ihn zu den Symptomen des Verfolgungswahnes, des Größenwahnes führen, daß er dann in seiner Seele ein ganzes System von Wahnideen ausbilden kann, die von ihm so logisch wie nur möglich begründet werden, die aber doch eben Wahnideen sind. Es kann zum Beispiel vorkommen, daß jemand auf andern Gebieten des Lebens ganz richtig und logisch denkt, daß er jedoch die Wahnidee hat, er werde überall verfolgt um dieses oder jenes Grundes willen. Er wird dann imstande sein, wo er hinkommt, aus den geringsten Vorkommnissen Kombinationen geistreichster Art zu machen: Da ist wieder eine Clique, die nichts anderes will, als mir dies oder das anzutun! - Und er wird Ihnen in der geistreichsten Art beweisen, wie begründet sein Verdacht ist. So kann jemand ein ganz logischer Kopf sein und doch in sich gewisse Symptome der Verrücktheit ausleben. Da wird es ganz unmöglich sein, einen solchen Menschen mit logischen Gründen zu widerlegen. Im Gegenteil, wenn man in einem solchen Falle mit logischen Gründen kommt, dann kann es geschehen, daß die Wahnideen, die in dem Inneren des Betreffenden sitzen, erst recht herausgefordert werden und noch schärfere Beweismittel suchen für das, was er als den Inhalt seiner Verfolgungswahnidee geltend macht [...]

Wenn ein solches Krankheitsbild auftaucht, wie es sich in den geschilderten Symptomen auslebt, haben wir es damit zu tun, daß der Betreffende darin eine karmische Ursache von früheren Verkörperungen, von früheren Verirrungen zutage treten läßt. Was als eine Verirrung des Inneren anzusehen ist, liegt nicht und kann nicht in diesem Falle in der gegenwärtigen Inkarnation liegen, sondern das liegt in einer vorhergehenden Inkarnation. Nun machen wir uns ein Bild, wie so etwas aus der früheren Inkarnation in die gegenwärtige herüberkommt. Dazu müssen wir ins Auge fassen, wie eigentlich unsere Seelenentwickelung verläuft. Wir bestehen als äußerer Mensch aus physischem Leib, Ätherleib und astralischem Leib, haben dann im Laufe der Zeit hineingebaut in diese Hüllen durch die Arbeit des Ich die Empfindungsseele in den Empfindungsleib, die Verstandes- oder Gemütsseele in den Ätherleib und die Bewußtseinsseele in den physischen Leib. Was wir in unserem Inneren als die drei Seelenglieder entwickeln, das haben wir hineingebaut in die drei Hüllen, das lebt jetzt in diesen drei Hüllen. Nun nehmen wir an, in irgendeiner Inkarnation werden wir durch den Einfluß Luzifers - also dadurch, daß wir in uns egoistische oder sonstige, dem luziferischen Einfluß zuzuschreibende Triebe, Begierden, Instinkte entwickeln - so verführt, daß wir Verfehlungen auf unsere Seele laden. Diese Verfehlungen können nun sein in der Empfindungsseele, können sein in der Verstandes- oder Gemütsseele oder auch in der Bewußtseinsseele. Das ist dann die Ursache, die in irgendeiner folgenden Inkarnation in einem der drei Seelenglieder gegeben ist. Nehmen wir an, es sei ein Fehler, der besonders auf den Kräften der Verstandesseele beruht. Der wird dann in dem Zustande zwischen Tod und neuer Geburt so umgewandelt, daß dasjenige, was zum Beispiel die Verstandesseele verbrochen hat, in seiner Wirkung sich zeigt im Ätherleib. Das ist mittlerweile beim Durchgehen durch den Tod bis zur neuen Geburt hineingearbeitet worden in den Ätherleib. Wir stoßen also in der neuen Inkarnation auf eine Wirkung in dem Ätherleib, die zurückzuführen ist auf eine Ursache in der Verstandesseele in einer vorhergehenden Inkarnation. Nun arbeitet aber die Verstandesseele der nächsten Inkarnation wieder für sich selbständig in dieser Inkarnation, und es ist nun ein Unterschied, ob der Mensch jene Verfehlung früher begangen hat oder nicht. Hat er sie in einer früheren Inkarnation begangen, so hat er jetzt einen Fehler in seinem Ätherleibe. Das sitzt nun tiefer, der sitzt nicht in der Verstandesseele, sondern im Ätherleibe. Aber was der Mensch sich auf dem physischen Plan als Vernünftigkeit, als Verständigkeit erarbeiten kann, das wirkt ja nur auf seine Verstandesseele; das wirkt nicht auf das, wie seine Verstandesseele in einer früheren Inkarnation sich betätigt hat und was jetzt schon in den Ätherleib hineingearbeitet ist. Daher kann es vorkommen, daß die Kräfte der Verstandesseele, wie sie uns jetzt bei einem Menschen entgegentreten, logisch intakt arbeiten, so daß also das eigentliche menschliche Innere ganz intakt ist, daß aber durch das Zusammenarbeiten zwischen Verstandesseele und dem krankhaften Teil des Ätherleibes von diesem Ätherleib aus nach einer gewissen Richtung hin ein Irrtum projiziert wird. Dann kann man zwar mit den Gründen, die man auf dem physischen Plan aufbringen kann, auf die Verstandesseele wirken, nicht aber unmittelbar auf den Ätherleib. Daher können Sie durch Logik, durch Überzeugung nichts ausrichten, ebensowenig wie Sie mit Logik etwas anfangen können, wenn Sie einen Menschen vor einen konvex gebogenen Spiegel hinstellen, so daß der Betreffende darin sein verzerrtes Bild sieht, und Sie ihm dann beweisen wollen, daß er unrecht hat, das Bild so zu sehen. Er sieht doch ein verzerrtes Bild. So hängt es auch nicht vom Menschen ab, daß er in einer krankhaften Weise etwas falsch versteht, denn es wird seine sonst gesunde Logik von seinem Ätherleibe aus nicht in einer gesunden Weise gespiegelt.

Auf diese Weise können wir die karmische Wirkung früherer Inkarnationen in unserer tieferen Organisation in uns tragen. Und wir können geradezu angeben, wie in einem bestimmten Teil derselben - wie hier in unserem Ätherleib - das Schadhafte vorhanden ist. Daran sehen wir, was wir durch den luziferischen Einfluß in einer früheren Verkörperung herausgefordert und dann umgewandelt haben. Und in der Zwischenzeit zwischen Tod und neuer Geburt kommt die Umwandlung zustande von einem Inneren in ein Äußeres, und dann wirkt uns Ahriman aus unserem eigenen Ätherleibe entgegen. Das zeigt uns, wie Ahriman herangelockt wird an unseren eigenen Ätherleib durch Luzifer. Die frühere Verfehlung war eine luziferische, das Umgewandelte aber ist ein solches, daß uns gleichsam die Quittung dafür in der nächsten Inkarnation durch Ahriman gegeben wird. Und dann handelt es sich darum, daß der Mensch diese Schädigung seines Ätherleibes aus sich herausbringen muß. Das kann nur dadurch geschehen, daß tiefer in seine Organisation eingegriffen wird, als es mit den gewöhnlichen Mitteln der äußeren Vernunft in einer Inkarnation möglich ist. Wer so etwas durchmacht, daß er zum Beispiel den Symptomen des Verfolgungswahnes in einer bestimmten Inkarnation verfällt, der wird, wenn er neuerdings wieder durch die Pforte des Todes tritt, alle die Tatsachen vor sich haben, welche er sich geleistet hat infolge seiner ahrimanischen Schädigung, und er wird sie in ihrer ganzen Absurdität vor sich haben. Das wird für ihn wieder die Kraft sein, welche ihn für seine nächste Inkarnation gründlich heilt. Denn er kann nur dadurch geheilt werden, daß dasjenige, was er unter dem Einfluß der entsprechenden Symptome vollzogen hat, ihm in der äußeren Welt für die Folge als absurd erscheint. Damit haben Sie etwas gegeben, was von uns zu einer solchen Heilung getan werden kann. Wenn jemand unter derartigen Wahnideen leidet, werden Sie ihn am wenigsten durch logische Gründe von seinen Wahnideen abbringen können. Sie werden dadurch nur seinen Widerspruch erst recht herausfordern. Aber Sie werden etwas erreichen, besonders wenn sich in früher Jugend so etwas zeigt, wenn Sie den Menschen in Lagen bringen, wo sich ihm die Folgen seiner Symptome kraß als unsinnig darstellen, wenn Sie ihn vor Tatsachen führen, die er hervorruft und die als kraß unsinnige wieder auf ihn zurückschlagen. Dadurch können Sie in gewisser Weise eine Heilung hervorrufen.

Sie können auch dann heilend wirken, wenn Sie selbst so weit im Besitze der geisteswissenschaftlichen Wahrheiten sind, daß sie inneres Eigentum Ihrer Seele geworden sind. Sind sie so Ihr Besitz geworden, daß sie stehen und fallen mit Ihrer ganzen Persönlichkeit, dann haben Sie sie ja als den denkbar stärksten Glauben; dann ist Ihre ganze Persönlichkeit ein Ausstrahler dieser geisteswissenschaftlichen Wahrheiten. Mit diesen Wahrheiten, welche hereinströmen in das Leben zwischen Geburt und Tod und es erfüllen, die aber dennoch über dieses Leben selbst hinausragen, die Erkenntnisse sind aus übersinnlicher Welt, mit ihnen können Sie tiefergehende Wirkungen erzielen als mit äußeren Vernunftwahrheiten. Während Sie mit äußeren logischen Gründen nichts anfangen können, werden Sie, wenn Sie die geisteswissenschaftlichen Wahrheiten anwenden und wenn Sie genug Zeit und Gelegenheit dazu haben, allerdings so weit Impulse auf den betreffenden Menschen ausüben können, daß Sie sozusagen in der einen Inkarnation das vermögen, was sonst nur auf dem Umwege von einer auf die andere Inkarnation geschehen kann: nämlich hineinzuwirken von der Verstandesseele in den Ätherleib. Denn die Wahrheiten des physischen Planes sind nicht imstande, auch nur im geringsten die Kluft zwischen Empfindungsseele und Empfindungsleib, zwischen Verstandesseele und Ätherleib oder gar zwischen Bewußtseinsseele und physischem Leib zu überspringen." (Lit.: GA 120, S. 153f)

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Die Erkenntnis des Übersinnlichen in unserer Zeit, GA 55 (1983), ISBN 3-7274-0550-3 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  2. Rudolf Steiner: Die Offenbarungen des Karma, GA 120 (1992), ISBN 3-7274-1200-3 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  3. Rudolf Steiner: Menschenwerden, Weltenseele und Weltengeist – Erster Teil, GA 205 (1987), ISBN 3-7274-2050-2 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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