Risikomanagement und Arbeitsschutz: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Risikomanagement''' ist die Tätigkeit des Umgangs mit [[Risiko|Risiken]]. Dies umfasst sämtliche Maßnahmen zur Erkennung, Analyse, Bewertung, Überwachung, Steuerung und Kontrolle von Risiken.
Als '''Arbeitsschutz''' bzw. '''Arbeitnehmerschutz''' werden die Maßnahmen, Mittel und Methoden zum Schutz der Beschäftigten vor arbeitsbedingten Sicherheits- und Gesundheitsgefährdungen verstanden. Das angestrebte Ziel ist die Verhütung von [[Arbeitsunfall|Arbeitsunfällen]] und der Schutz der Gesundheit der Beschäftigten.


== Aufgaben des Risikomanagements ==
Der Begriff des [[Beschäftigter|Beschäftigten]] ist im [[Arbeitsschutzgesetz]] bewusst weit gefasst. Er beinhaltet ''alle Personen, die durch eine andere (natürliche oder juristische) Person im Rahmen einer Organisation tatsächlich in Anspruch genommen'' werden.<ref>Wolfhard Kohte, Kommentar zu § 2 ArbSchG, in: Norbert Kollmer, Thomas Klindt, Arbeitsschutzgesetz. Kommentar. Zweite Auflage. München: Beck 2011, unter Bezugnahme auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster (NJW 1987, 1443).</ref> Darunter fallen insbesondere [[Arbeitnehmer]], aber auch [[Beamtentum|Beamte]], [[Richter]] und [[Soldat]]en; [[Auszubildende]], [[Umschulung|Umschüler]], [[Praktikant]]en, [[Volontär]]e; [[Postulant]]en und [[Novize]]n; [[Schüler]] und [[Studenten]]; Beschäftigte in einer [[Werkstatt für behinderte Menschen]]; [[arbeitnehmerähnliche Person]]en; Helfer im Rahmen eines Freiwilligen Jahres, z.&nbsp;B. [[Freiwilliges Soziales Jahr|FSJ]] oder [[Freiwilliges Ökologisches Jahr|FÖJ]]; [[Arbeitsrecht der Kirchen|Kirchenbedienstete]] einschließlich [[Mönch]]e, [[Nonne]]n, [[Diakonisse]]n; Tätigkeiten im Rahmen einer [[Arbeitstherapie]]; [[Strafgefangene]]; [[Ehrenamt|ehrenamtliche]] Mitarbeiter von z.&nbsp;B. [[Freiwillige Feuerwehr|Freiwilligen Feuerwehr]]en oder [[Hilfsorganisation]]en.<ref>Die Aufzählung folgt meist den fettgedruckten Stichwörtern bei Kohte, Kommentar zu § 2 ArbSchG, Randnummern 47 bis 114.</ref> Ausdrücklich nicht zu den Beschäftigten im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes zählen Hausangestellte in privaten Haushalten und bedingt Beschäftigte auf Seeschiffen und in Betrieben, die dem [[Bundesberggesetz]] unterliegen.
Risikomanagement ist nach der Norm [[ISO 31000]]: 2009<ref name="ISO 31000">MQ - Management und Qualität 5-2008, B. Brühwiler: [https://web.archive.org/web/20110303192724/http://www.qm-aktuell.de:80/downloads/mq_05_08_s26-27_v.pdf ISO/DIS 31000 und ONR 49000:2008 Neue Standards im Risikomanagement] , archiviert vom Original (PDF; 166&nbsp;kB) auf qm-aktuell.de</ref> eine Führungsaufgabe, im Rahmen derer die Risiken einer Organisation identifiziert, analysiert und bewertet werden. Hierzu sind übergeordnete Ziele, Strategien und Politik der Organisation für das Risikomanagement festzulegen. Im Einzelnen betrifft dies die Festlegung von Kriterien, nach denen die Risiken eingestuft und bewertet werden, die Methoden der Risikoermittlung, die Verantwortlichkeiten bei Risikoentscheidungen, die Bereitstellung von Ressourcen zur Risikoabwehr, die interne und externe Kommunikation über die identifizierten Risiken (Berichterstattung) sowie die Qualifikation des Personals für das Risikomanagement. 2018 ist eine aktualisierte Version der Norm ISO 31000 erschienen.


Eine formale Ausbildung und Zertifizierung zum Risikomanager kann in Deutschland dem Stand der Technik entsprechend gemäß DIN VDE V 0827 „Notfall- und Gefahren-Systeme – Teil 1: Notfall- und Gefahren-Reaktions-Systeme (NGRS) – Grundlegende Anforderungen, Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Aktivitäten“ und in Österreich nach ONR 49003 „Risikomanagement für Organisationen und Systeme – Anforderungen an die Qualifikation des Risikomanagers – Anwendung von ISO/DIN 31000 in der Praxis“ erfolgen.
In den deutschsprachigen Staaten werden zum Teil unterschiedliche, allerdings weitgehend synonyme, Begriffe für den in [[Deutschland]] gängigen Begriff ''Arbeitsschutz'' verwendet. Die gängigsten Synonyme sind „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ und „Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz“. In [[Österreich]] ist der Begriff des ''Arbeitnehmerschutzes'' oder des ''ArbeitnehmerInnenschutzes'' verbreitet, in der [[Schweiz]] die Begriffe der ''Arbeitssicherheit'' und der „Gesundheitsschutz“. Die unterschiedlichen Begriffe hängen zum Teil von den namentlich unterschiedlichen gesetzlichen Grundlagen ab.


Risikomanagement wird als ein fortlaufender [[Prozess]] verstanden, in dem Planung, Umsetzung, Überwachung und Verbesserung kontinuierlich stattfinden ([[Demingkreis]]:
Historisch wurde für den Arbeitsschutz auch der Begriff '''Gewerbehygiene''' verwendet.<ref>http://de.academic.ru/dic.nsf/meyers/50455/Gewerbehygiene</ref><ref>http://de.academic.ru/dic.nsf/technik/9483/Gewerbehygiene</ref>
„Plan-Do-Check-Act“).<ref name="DNV">St. Mayer, DNV Business Assurance Germany GmbH: [https://web.archive.org/web/20120920062534/http://www.vdi-saar.de/BV-Presse/2011/Risikomanagement.pdf 6 Schritte im Risikomanagement, Eine Ableitung zum Risikomanagement nach ISO 31000:2009] am 14. Juni 2011, archiviert vom Original (PDF 5 MB)  auf vdi-saar.de</ref><!-- Toter Link date= 2016-12-19 -->
Risikomanagement soll über die gesamte Lebensdauer einer Organisation zur Anwendung kommen und eine Kultur der Risikolenkung in der Organisation entstehen lassen.


Die in der Norm ISO 31000 beschriebenen Grundsätze und Verfahren zum Risikomanagement gelten allgemein. Sie können in allen Bereichen, in denen Risiken existieren, angewendet werden und sind nicht auf eine spezifische Branche zugeschnitten.
Zu unterscheiden ist ''Arbeitssicherheit'' (Unfallverhütung) von ''[[Arbeitsplatz#arbplsi|Arbeitsplatzsicherheit]]'', also dem Schutz vor Verlust der Anstellung ([[Arbeitslosigkeit]]).


Das Risikomanagement (Risikofrüherkennungssystem) insbesondere der Aktiengesellschaften orientiert sich an den Anforderungen des [[Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich|Kontroll- und Transparenzgesetzes (KonTraG)]] und dem darauf basierenden IdW-Prüfungsstandard [[IDW PS 340|PS 340]]. Ziel ist es, bestandsbedrohende Risiken frühzeitig zu erkennen und nachvollziehbar zu überwachen. Da oft gerade Kombinationseffekte mehrerer Einzelrisiken bestandsbedrohend werden, wird eine Aggregation der Einzelrisiken zur Bestimmung des Gesamtrisikoumfangs gefordert ([[Risikoaggregation]]). Der ökonomische Mehrwert des Risikomanagements ist die Reduzierung der Wahrscheinlichkeit bestandsbedrohender Krisen durch mehr Risikotransparenz. Die Beurteilung des Grades der finanzwirtschaftlichen Bestandsbedrohung erfolgt durch die Berechnung der Auswirkungen von Risiken auf das zukünftige [[Rating]] mittels einer sogenannten [[Ratingprognose]].
== Grundlagen ==
Der Arbeitsschutz beschäftigt sich unter anderem mit der Vermeidung von [[Arbeitsunfall|Arbeitsunfällen]], der Verringerung ihrer Folgen (z.&nbsp;B. durch Eliminierung von Gefahren, zusätzlichen Schutzmaßnahmen, [[Persönliche Schutzausrüstung|Persönlicher Schutzausrüstung]] (PSA), [[Leitmerkmalmethode]] usw.), dem [[Gesundheitsschutz]] (langfristige = chronische sowie kurzzeitig auftretende = akute Einwirkung; zum Beispiel Gefahrstoffe, [[Lärmschutz|Lärm]], [[Belastung (Psychologie)|psychische Belastungen]] usw.) und dem personenbezogenen Schutz (beispielsweise [[Mutterschutz]], [[Jugendschutz]]) bei der Arbeit. Im Betrieb kann er im [[Arbeitsschutzmanagement]] über ein [[Arbeitsschutzmanagementsystem]] (AMS) umgesetzt werden.


Als weitere Vorteile eines leistungsfähigen Risikomanagements sind eine Verbesserung der Planungssicherheit und eine Reduzierung der [[Risikokosten]] zu nennen.
=== Arten des Arbeitsschutzes ===
Beim Arbeitsschutz kann man zwischen dem ''allgemeinen'' und dem ''sozialen Arbeitsschutz'' unterscheiden.


Der Risikomanagement-Prozess umfasst im Einzelnen:<ref name="IEC Guide 51">ISO/IEC Guide 51:1999, Begriff 3.12.</ref><ref name="ISO 14971">DIN EN [[ISO 14971]]:2009-10: Medizinprodukte – Anwendung des Risikomanagements auf Medizinprodukte.</ref><ref name="SFK-GS-41">Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Risikomanagement im Rahmen der Störfall-Verordnung, SFK-GS-41.</ref>
Der allgemeine Arbeitsschutz soll Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer schützen, ihre Arbeitskraft erhalten, sowie die Arbeit menschengerecht gestalten. Sobald der Arbeitgeber, sei es mittels Dienstanweisung Sicherheitsvorschriften erlässt oder einer entsprechenden Betriebsvereinbarung zustimmt, sind diese grundsätzlich für die Arbeitnehmer zwingendes Recht des Arbeitsverhältnisses. Elementare Sicherheitsvorschriften, die Arbeitnehmer vor erheblichen Gesundheitsgefahren schützen sollen, sind daher von diesen unbedingt einzuhalten. Verstöße können zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen, bis hin zur gegebenenfalls fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen.
* Identifikation der Risiken, Beschreibung ihrer Art, der Ursachen und Auswirkungen
* Analyse der identifizierten Risiken hinsichtlich ihrer [[Eintrittswahrscheinlichkeit]]en und möglichen Auswirkungen
* [[Risikobewertung]] durch Vergleich mit zuvor festzulegenden Kriterien der Risiko-Akzeptanz (z. B. aus Standards und Normen)
* Risikobewältigung/Risikobeherrschung durch Maßnahmen, die Gefahren und/oder Eintrittswahrscheinlichkeiten reduzieren oder die Folgen beherrschbar machen
* Risikoüberwachung mit Hilfe von Parametern, die Aufschluss über die aktuellen Risiken geben (Risikoindikatoren)
* Risikoaufzeichnungen zur Dokumentation aller Vorgänge, die im Zusammenhang der Risikoanalyse und -beurteilung stattfinden


Um die Komplexität des Risikomanagement-Prozesses zu bewältigen, große Datenmengen zu analysieren und ein strategisches Risikomanagement zu implementieren, bedienen sich viele Unternehmen einer Risikomanagement-Software. Diese ist in der Lage, die Risiken eines Unternehmens abzubilden oder zukünftige Risiken zu simulieren.<ref name="Realitätsgesinnung">Karl Hartung, Felix Walther: {{Webarchiv | url= http://www.hrcie.com/fileadmin/user_upload/pdf/Artikel_11__Risikoman_KHA_FWA.pdf | wayback= 20150721204616 | text=''Realitätsgesinnung.''}} In: ''Business Intelligence Magazine.'' Nr. 3/2014.</ref>
Der soziale Arbeitsschutz beinhaltet allgemeine Dinge wie zum Beispiel [[Arbeitszeit]]en, Jugendarbeitsschutz oder Mutterschutz.


== Begriffe des Risikomanagements ==
== Nationales ==
'''[[Risikoanalyse]]''' – wird zur Identifikation und Bewertung von Risiken eingesetzt. Im technischen Bereich kommt die [[probabilistische Sicherheitsanalyse]] zur Anwendung.
=== Europa ===
In den jeweiligen Mitgliedsstaaten der EU existieren unterschiedliche Arbeitsschutzstandards. Zur Verbesserung des Arbeitsschutzes und Vermeidung der Konkurrenzsituationen zwischen den Mitgliedsstaaten infolge von Ausnutzung wirtschaftlicher Standortvorteile auf Kosten des Arbeitsschutzes ist vom Rat der EG die sogenannte Rahmenrichtlinie für Arbeitsschutz verabschiedet worden (89/391 EWG vom 12. Juni 1989)<ref name="EWG391">{{Literatur|Herausgeber=[[Europäische Union]]|Titel=Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit|Sammelwerk=[[EUR-Lex]]|Jahr=1989|Monat=06|Tag=12|Online={{EUR-Lex-Rechtsakt|reihe=L|jahr=1989|amtsblattnummer=183|anfangsseite=1|endseite=8|format=PDF|titel=PDF; 926 kB}}|Zugriff=2013-05-28}}</ref>. Die Rahmenrichtlinie definiert Mindestanforderungen und deckt die wesentlichen Risiken im Bereich der Arbeitsumwelt für den Sicherheits- und Gesundheitsschutz sowie die Arbeitshygiene ab. Europäische Koordinationseinrichtung ist das [[Senior Labour Inspectors Committee]].


'''Identifikation von Risiken''' – ist Teil der [[Risikoanalyse]], es wird eine Liste der verschiedenen Risiken erstellt, im Fall von technischen Systemen anhand der Funktionsanforderungen (unabhängig von einer technischen Ausführung). Hilfsmittel sind: Szenario-Technik, Post-Mortem-Analyse, Expertenbefragungen, [[Delphi-Methode]], Kreativitätstechniken, [[Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse]], Risikoworkshops, Checklisten (Gefährdung: Liste der Gefährdungen im Arbeitsschutz), Analyse möglicher Gefährdungen ([[PAAG-Verfahren|Hazard and Operability Study]]),<ref name="test-1">A. Schlagbauer: [http://www2.cs.uni-paderborn.de/cs/ag-schaefer/Lehre/Lehrveranstaltungen/Seminare/AEIzS/Abgaben/Ausarbeitung/ASchlagbauer.pdf ''Gefahrenanalyse mittels HAZOP anhand eines Beispiels.''] Universität Paderborn, Informatik AG Schäfer.</ref> Auswertung der Erfahrungen (industrielle Unfälle, Insolvenzen) aus vergleichbaren Unternehmensbereichen.
=== Deutschland ===
[[Datei:Risikograph.png|mini|Beispiel für eine Risikomatrix]]
In [[Deutschland]] wird der Arbeitsschutz in einem dualen System überwacht:
# durch die Aufsichtsbehörden der Länder (Bezeichnungen: Regierungspräsidien (Hessen), Struktur- und Genehmigungsdirektionen (Rheinland-Pfalz), Landkreise und kreisfreie Städte (Baden-Württemberg), [[Gewerbeaufsichtsamt]], Staatliches Amt für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik, [[Amt für Arbeitsschutz]], Landesamt für Arbeitsschutz). Für den Bund und die Bundesbehörden einschließlich der mittelbaren Bundesverwaltung, zu denen der Bundesaufsicht unterstehende Sozialversicherungen (Bundesagentur für Arbeit), gehören, ist im Auftrag der zentralen Arbeitsschutzkommission beim Ministerium des Inneren die [[Unfallkasse des Bundes]] zuständig. In NRW ist der technische sowie der betriebliche Arbeitsschutz in den zuständigen Bezirksregierungen beheimatet.
# durch die Träger der [[Gesetzliche Unfallversicherung in Deutschland|gesetzlichen Unfallversicherung]], insbesondere die gewerblichen [[Berufsgenossenschaft]]en und [[Unfallkasse]]n.


'''[[Risikomatrix]]''': – wird zur detaillierten Erfassung und Bewertung des Gesamtrisikos eines Unternehmens, einer technischen Anlage oder eines Unternehmens- oder technischen Prozesses verwendet, indem die ermittelten Risikofaktoren in eine Matrix (Risikoportfolio, Risikomatrix) mit den Dimensionen [[Eintrittswahrscheinlichkeit]] und Schadensausmaß eingetragen werden.<ref name="SFK-GS-41" /><ref name="DGQ">H. Ketterer: ''Risikomanagement ISO/DIS 31000:2008-04, Herausforderung und Chance für KMU.'' DGQ Regionalkreis Ulm, 3. Februar 2009. [http://cdn.b-ite.de/Risikomanagement-ISO31000_DGQ.pdf cdn.b-ite.de] (PDF; 620&nbsp;kB)</ref>
In diesem Forschungszweig ist als Bundesbehörde auch die [[BAuA|Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin]] (BAuA) tätig.


'''[[Risikovermeidung]]''' – durch Unterlassung einer risikobehafteten Aktivität.
==== Organe des Arbeitsschutzes ====
===== SiFa und BA =====
Arbeitsschutz im Betrieb wird durch den Unternehmer / Arbeitgeber und die verantwortlichen Führungskräfte organisiert und realisiert. Fachlich beraten werden sie dabei durch die [[Fachkraft für Arbeitssicherheit]] (SiFa) und den [[Betriebsarzt]] (BA). Diese sind der Geschäftsleitung als [[Stabsstelle]]n beigestellt und sind in ihrer Tätigkeit weisungsfrei.
Sie beraten das Unternehmen hinsichtlich der Arbeitssicherheit, äußern Empfehlungen, führen Begehungen durch usw. Da vom Grundsatz her jedoch keine Weisungsbefugnis besteht, greifen die Fachkraft für Arbeitssicherheit (SiFa) und der Betriebsarzt nur bei Gefahr im Verzug ein.


'''[[Risikominderung]]''' – reduziert das Risikopotenzial auf ein akzeptables Maß bzw. versucht die Eintrittwahrscheinlichkeiten von Risiken zu reduzieren.
===== ASA-Sitzung =====
In regelmäßigen Abständen (mindestens vier Mal im Jahr) trifft sich der [[Arbeitsschutzausschuss]] (ASA).
Hier werden alle Themen des Arbeitsschutzes besprochen, Ziele gesetzt, Meilensteine überprüft, Anregungen und Kritik geübt uvm. Der ASA besteht aus Vertretern der Geschäftsführung, Führungskräften, der SiFa (welche in der Regel auch die Moderation übernimmt), dem Betriebsarzt, Mitgliedern des Betriebsrats, den [[Sicherheitsbeauftragte]]n (Sibe) und gegebenenfalls von Maßnahmen betroffene Mitarbeitern.


'''Risikobegrenzung''' – durch Festlegung definierter Obergrenzen von Risiken.
==== Interne und externe Arbeitsschutzexperten ====
Jeder Arbeitgeber ab einem Mitarbeiter ist verpflichtet, sich um den Arbeitsschutz zu kümmern. Für Kleinunternehmen besteht die Möglichkeit, im so genannten Arbeitgebermodell selbst die Aufgaben zu übernehmen nach vorheriger Schulung des Unternehmers durch die Berufsgenossenschaften. Sonst können externe Honorarkräfte verpflichtet werden. [[Großunternehmen]] haben in der Regel eigene Abteilungen mit vollzeitig tätigen Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit.


'''[[Risikokommunikation]]''' – der Risikoergebnisse – in transparenter und nachvollziehbarer Weise – für die Entscheidungsfindung über die Vertretbarkeit des Risikos durch den Betreiber, der Behörde unter Einbeziehung von Sachverständigen sowie für die durch das Risiko betroffenen Personen in der Anlage und in der Anlagenumgebung.<ref name="SFK-GS-41" />
==== Geschichte ====
[[Datei:Grabstein Nohra.JPG|mini|Grabstein eines beim Läuten tödlich verunglückten Jungen aus dem Jahre 1783]]


'''Risikoakzeptanz''' – wird erreicht, wenn das Risiko unter den gegebenen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und unter Beachtung eventueller Restrisiken als vertretbar bewertet wird.
Technischer und sozialer Arbeitsschutz wurden im 19.&nbsp;Jahrhundert in [[Preußen]] eingeführt, weil sich weite Teile des Bürgertums empörten, die Arbeiterbewegung erstarkte<ref>Christina von Hodenberg: Aufstand der Weber. Die Revolte von 1844 und ihr Aufstieg zum Mythos. Bonn 1997.</ref> und auch, weil durch [[Kinderarbeit]] der Gesundheitszustand der [[Rekrut]]en als mangelhaft erschien. Dazu erließ König [[Friedrich Wilhelm III. (Preußen)|Friedrich Wilhelm&nbsp;III.]] im Jahr 1839 das fortschrittliche [[Preußisches Regulativ|Preußische Regulativ]].


'''[[Restrisiko]]''' – ist das Risiko, welches nach der Anwendung von Schutzmaßnahmen verbleibt.<ref name="SFK-GS-41" /> (Siehe auch die Aussage des Bundesverfassungsgerichts von 1978 im Kalkar-Urteil zum Restrisiko.<ref name="Kalkar">BVerfG, Beschluss vom 8. August 1978, Az. 2 BvL 8/77</ref>)
Die preußische Gewerbeordnung, die später zur Grundlage der [[Gewerbeordnung (Deutschland)|Gewerbeordnung]] des Deutschen Reichs wurde, verpflichtete die Arbeitgeber, Maßnahmen zum Schutz ihrer Arbeiter zu ergreifen. Es entstand der Begriff des „Arbeiterschutzes“.<ref>Zum „Arbeiterschutz“ im 19.&nbsp;Jahrhundert vgl. ''[[Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867 bis 1914]], I.&nbsp;Abteilung: Von der Reichsgründungszeit bis zur Kaiserlichen Sozialbotschaft (1867-1881), 3.&nbsp;Band: Arbeiterschutz'', bearbeitet von [[Wolfgang Ayaß]], Stuttgart/ Jena/ New York 1996; ''Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867 bis 1914, II.&nbsp;Abteilung: Von der Kaiserlichen Sozialbotschaft bis zu den Februarerlassen Wilhelms&nbsp;II. (1881-1890), 3. Band: Arbeiterschutz'', bearbeitet von Wolfgang Ayaß, Darmstadt 1998; ''Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867 bis 1914, III.&nbsp;Abteilung: Ausbau und Differenzierung der Sozialpolitik seit Beginn des Neuen Kurses (1890-1904), 3.&nbsp;Band, Arbeiterschutz'', bearbeitet von Wolfgang Ayaß, Darmstadt 2005.</ref> Eine zentrale Rolle spielten dabei schon früh die [[Fabrikinspektor|Fabrikinspektoren]] und zunehmend auch Fabrikinstpektorinnen, die für die Durchsetzung der Gesestze in den Fabriken sorgten.


'''[[Grenzrisiko]]''' – ist das größte noch vertretbare Risiko bei Einhaltung vorgegebener Standards (Stand der Technik / Sicherheitstechnik)<ref name="SFK-GS-41" /> (Siehe auch [[Minimale endogene Mortalität]] ist ein Maß für das akzeptierte – unvermeidliche – Risiko.)
1884 wurde unter Bismarck das [[Unfallversicherungsgesetz (Deutsches Reich)|Unfallversicherungsgesetz]] verabschiedet, das auch zur Gründung der [[Berufsgenossenschaft]]en führte. 1924 wurde in Berlin die Klinik für Berufskrankheiten eingerichtet und 1933 zum Universitätsinstitut ausgebaut.


'''[[Risikowahrnehmung]]''' – wird entsprechend der Einflussgrößen von Freiwilligkeit, Kontrolle, Vertrauen und Katastrophenpotential (nach den Grundannahmen der Psychologie) als inhärent subjektiv empfunden.<ref name="SFK-GS-41" />
In den 1920er Jahren wurde, mit Blick auf die erfolgreiche amerikanische „Safety first“-Bewegung, beim Eisen- und Stahlwerk [[Hoesch AG|Hoesch]] in [[Dortmund]] die Unfallverhütungsarbeit aufgenommen. Mit organisatorischen Maßnahmen, u.&nbsp;a. die Bestellung zweier Sicherheitsingenieure, und der Sensibilisierung der Arbeiter u.&nbsp;a. durch Vorträge, Plakate und Werbung für Unfallverhütung mittels Aufschriften an Gebäuden, sollte die Zahl der Unfälle verringert werden.<ref>H. Bitter: ''Die Unfallverhütung beim Eisen- und Stahlwerk Hoesch'', in: ''Stahl und Eisen'', Bd.&nbsp;47, Heft&nbsp;14 (1927), S.&nbsp;569–576.</ref>


'''[[Risikodiversifikation]]''' – durch die Aufteilung des Vermögens auf verschiedene Vermögenswerte.
Zum Ende des 19.&nbsp;Jahrhunderts hin wurden Schritt für Schritt auch die Angestellten und Beamten durch gesetzliche Regelungen vor arbeitsbedingten Gefahren geschützt. Aus dem „Arbeiterschutz“ wurde der „Arbeitsschutz“.


'''[[Risikotransfer]]''' – durch Übertragung des Risikos auf Dritte, indem der [[Risikoträger]] wechselt (z. B. auf ein Versicherungsunternehmen).
1974 trat das Gesetz über [[Betriebsarzt|Betriebsärzte]], Sicherheitsingenieure und andere [[Fachkraft für Arbeitssicherheit|Fachkräfte für Arbeitssicherheit]] ([[Arbeitssicherheitsgesetz]]) in Kraft.


'''Risikokontrolle''' – durch Überwachung der identifizierten, aktuellen Risiken (Risiko-Indikatoren) und Einhaltung vorgegebener Grenzwerte.
==== Gesetzliche Verankerung ====
Die Verpflichtung des Unternehmers zu Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz resultiert aus der [[Reichsversicherungsordnung]] und ist heute im [[Siebtes Buch Sozialgesetzbuch|Sozialgesetzbuch VII]] (SGB&nbsp;VII) festgeschrieben.


'''Risikoindikatoren''' – Messung von Systemgrößen, die Aufschluss über die Risiken (Risikokennzahlen) geben (Empfindlichkeit / Sensitivität eines Systems gegenüber äußeren Einflüssen).
===== Gesetze, Verordnungen und Richtlinien =====
In der Sicherheitstechnik wird der Begriff [[Sicherheitsindikator]] verwendet.
Die deutschen Gesetze werden nun mehr fast ausschließlich durch die Umsetzung europäischer [[EG-Richtlinie|Richtlinien]] (internationale Harmonisierung) beeinflusst. Aktuell hat sich die folgende Struktur entwickelt:
In der [[Finanzwirtschaft]] werden die Indikatoren unterschieden:<ref name="Economic_indicator">[[:en:Economic indicator|Economic indicator]], Economic indicator.</ref>
* ''Lagging indicators'', die sich verändern, nachdem sich die Finanzwirtschaft als Ganzes verändert hat.
* ''Leading indicators'', die sich verändern, bevor sich die Finanzwirtschaft als Ganzes verändert.


'''[[Risikoaggregation]]''' – ist eine Zusammenfassung aller Einzelrisiken, wobei die Einzelrisiken entsprechend ihrer relativen Bedeutung auf die Unternehmensentwicklung gewichtet werden, und nicht durch deren einfache Addition der Einzelrisiken. Dieses kann durch Simulation der Faktoren zur Ermittlung des Gesamtrisikos des Systems erfolgen (Verwendung z. B. zur Bestimmung des [[Marktrisiko|„Marktpreisrisikos“]]).
[[Datei:Trba250.jpg|mini|Fertigspritze entspr. Trba250]]


'''Risikoreporting:''' Erzeugung und Übermittlung von Informationen über Chancen und Risiken in Berichtsform. Wesentliche Ziele des Risikoreportings sind: Schaffung von Transparenz über Risikosituation, die Entscheidungsvorbereitung über Risikosteuerungsmaßnahmen und die Unterstützung der Risikoüberwachung.<ref>{{Literatur |Autor=Axel Roebruck |Titel=Risikomanagement |Hrsg=Springer |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag= |Ort=Straubenhardt |Datum=2018-06-21|ISBN= |Seiten=210}}</ref>
* [[Arbeitsschutzgesetz]] mit seinen Verordnungen
** [[Arbeitsstättenverordnung (Deutschland)|Arbeitsstättenverordnung]]
** [[Baustellenverordnung]]
** [[Betriebssicherheitsverordnung]] (auch Verordnung zum [[Geräte- und Produktsicherheitsgesetz]])
** [[Lastenhandhabungsverordnung]]
** [[Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung]]
** [[Biostoffverordnung]]
** [[Gefahrstoffverordnung]] (auch Verordnung zum Chemikaliengesetz)
** [[Technische Regeln]]


'''Risikointerdependenz:''' Abhängigkeiten von Risiken: Unabhängige Risiken beeinflussen einander nicht, positiv korrelierte Risiken verstärken einander, negativ korrelierte Risiken schwächen einander ab. Üblicherweise wird die statistische Abhängigkeit von Risiken zunächst auf [[Plausibilität]] geprüft und mittels eines [[Korrelationskoeffizient]]en quantifiziert.
* [[Produktsicherheitsgesetz (Deutschland)]] (ProdSG) mit seinen Verordnungen (ProdSV, Beispiele)
** 2. GPSGV [[Verordnung über die Sicherheit von Spielzeug]]
** 9. ProdSV ([[Maschinenverordnung]])
** 11. ProdSV ([[Explosionsschutzverordnung]])


'''Risikotragfähigkeit:''' Fähigkeit, die Folgen schlagend gewordener Risiken auffangen zu können.
* [[Arbeitssicherheitsgesetz]] (ASiG)
** DGUV Vorschrift 2 „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“


'''Risikovorsorge:''' Zur Tragfähigkeit des Restrisikos muss durch Risikovorsorge Vorkehrung getroffen werden, wobei z.&nbsp;B. finanzielle Reserven, Rückstellungen aber auch Überbestände an Material, Personal, u.&nbsp;ä. gebildet werden können.<ref>{{Literatur |Autor=Ute Vanini |Titel=Risikomanagement |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag=Schäffer-Poeschel |Ort=Stuttgart |Datum=2012 |ISBN= |Seiten=228, 229}}</ref>
* Siebtes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB&nbsp;VII)
** [[Vorschriften zur Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung]] (DGUV Vorschriften, Unfallverhütungsvorschriften nach §&nbsp;15&nbsp;SGB&nbsp;VII)


'''ALARP-Prinzip''' ([[ALARP]] ''As Low As Reasonably Practicable'') bedeutet, die Risiken sollen auf ein vernünftiges und durchführbares Maß minimiert werden. In einer Risiko-Nutzen-Analyse kann abgeschätzt werden, ob der Nutzen des Produkts das Restrisiko überwiegt.
* [[Chemikaliengesetz (Deutschland)|Chemikaliengesetz]] mit seinen Verordnungen


'''[[RAMS]]'''-Management stellt sicher, dass Systeme definiert, Risikoanalysen durchgeführt, Gefährdungsraten ermittelt, detaillierte Prüfungen gemacht und Sicherheitsnachweise erstellt werden (im englischen RAMS: Reliability, Availability, Maintainability, Safety / [[Reliabilität|Zuverlässigkeit]], [[Verfügbarkeit]], [[Instandhaltbarkeit]], [[Sicherheit]]).
* [[Atomgesetz (Deutschland)|Atomgesetz]] mit seinen Verordnungen
** [[Verordnung über den Schutz vor Schäden durch Röntgenstrahlen|Röntgenverordnung]]
** [[Strahlenschutzverordnung]]


== Anwendungsbereiche ==
===== Arbeitsschutz und Mitbestimmung =====
=== Unternehmensrisiken ===
[[Datei:Bundesarchiv Bild 183-Z0217-003, Dorfchemnitz, Kombinat ESDA, Arbeitsschutzkontrolle.jpg|miniatur|Arbeitsschutzkontrolle]]
Das [[Risikobericht#Branchenübergreifende Risikoarten|Unternehmensrisiko]] findet zunächst in der [[Volatilität]] des Ergebnisses (Gewinn oder Verlust) seinen Niederschlag, die durch statistische Analysen oder zukunftsorientiert mittels [[Risikoaggregation]] bestimmbar ist. Gemeint ist die durch unvorhersehbarkeit der Zukunft bestehende Möglichkeit von betrieblichen Zielen abzuweichen. Die extreme Ausprägung des Unternehmensrisikos wird [[Insolvenzrisiko]] genannt und drückt die [[Wahrscheinlichkeit]] aus, dass das Unternehmen wegen [[Zahlungsunfähigkeit]] und/oder [[Überschuldung]] seinen Verpflichtungen nicht oder nicht in voller Höhe nachkommen kann. Die vom aggregierten Risikoumfang, aber auch der Risikotragfähigkeit ([[Eigenkapital]]) und der [[Ertragskraft]], abhängige Insolvenzwahrscheinlichkeit wird durch das [[Rating]] ausgedrückt (siehe auch [[Ratingprognose]] und [[Insolvenzprognoseverfahren]]).


Eine [[Insolvenz]] kann auf verschiedene Faktoren zurückgeführt werden, wobei allgemein zwischen internen und externen Insolvenzursachen differenziert wird.<ref name="test-2">Thomas Hutzschenreuter: ''Allgemeine Betriebswirtschaftslehre.'' 3. Auflage. Gabler, Wiesbaden, 2009, ISBN 978-3-8349-1593-1, S. 80.</ref>
; Weitgehende Mitbestimmungsmöglichkeiten
Interne Ursachen betreffen die Aktivitäten, die unmittelbar vom Unternehmen selbst ausgehen und schließlich zur Insolvenz führen. Hierbei kann es sich beispielsweise um Fehlplanungen oder Fehleinschätzungen des Managements handeln. Externe Insolvenzursachen betreffen Faktoren, die von außen auf das Unternehmen einwirken, beispielsweise strukturelle und konjunkturelle Veränderungen des Unternehmensumfelds sowie Markteintritte von neuen Wettbewerbern.
Im Unterschied zur früheren Gesetzgebung gibt das europäischen Vorschriften folgende Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) den Unternehmen einen sehr weiten Ermessensspielraum bei der Umsetzung, um den konkreten Gegebenheiten eines Betriebs gerecht werden zu können. Da das Arbeitsschutzgesetz eine ''Rahmenvorschriften'' ohne detaillierte Vorgaben ist, erweitert es nicht nur Spielraum und Verantwortung des Arbeitgebers, sondern bietet zusammen mit dem [[Betriebsverfassungsgesetz]] den Betriebsräten sehr weitgehende [[Mitbestimmung]]s- und Gestaltungsmöglichkeiten. So können in Unternehmen mit [[Betriebsrat|Betriebsräten]] oder [[Personalrat|Personalräten]] die Anforderungen des ArbSchG unter anderem mit freiwilligen [[Betriebsvereinbarung]]en umgesetzt werden<ref>[https://www.gesetze-im-internet.de/betrvg/__87.html § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG] in Verbindung mit ArbSchG<br />
Jens Gäbert, Brigitte Maschmann-Schulz: ''Mitbestimmung im Gesundheitsschutz'', 2008, ISBN 978-3-7663-3498-5<br />
Michael Kittner, Ralf Pieper: ''Arbeitsschutzgesetz'', 2007, ISBN 978-3-7663-3201-1<br />
Bernd-Jürgen Vorath, Ralf Pieper: ''Handbuch Arbeitsschutz'', Kapitel 2.7.4 ''Mitbestimmung'', 2005, ISBN 978-3-7663-3558-6</ref>. Konkret fordert das Gesetz in einem präventiven Ansatz auch für die Arbeitsplanung ''[[Gefährdungsbeurteilung]]en'', eine auf diesen Beurteilungen basierende ''Festlegung von Arbeitsschutzmaßnahmen'', die ''Umsetzung dieser Maßnahmen'' und ''Wirksamkeitskontrollen''. Es besteht die Pflicht zur ''Dokumentation''. Daraus ergibt sich für den Arbeitgeber die Aufgabe, durch Fehlbelastungen verursachte Gefährdungen zu vermeiden sowie arbeitsbedingten Erkrankungen vorzubeugen. Für Betriebsräte besteht dabei eine ''Pflicht''<ref>BAG, 8. Juni 2004: Entscheidungen [http://lexetius.com/2004,2821 AZ 1 ABR 4/03] und [http://lexetius.com/2004,2074 AZ 1 ABR 13/03]</ref> zur Mitbestimmung.


Aktiengesellschaften müssen nach dem [[Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich]] ({{§|91|aktg|juris}} Abs.&nbsp;2 [[Aktiengesetz (Deutschland)|AktG]]) zur frühzeitigen Erkennung von Risiken ein Überwachungssystem einrichten, um den Fortbestand der Gesellschaft gegen gefährliche Entwicklungen zu sichern. Der Vorstand der AG steht dabei in der obersten Verantwortung. Eine Verpflichtung des Vorstandes zur Einrichtung eines Überwachungssystems bestand nach dem {{§|76|aktg|juris}} AktG bereits vor Inkrafttreten des KonTraG.
; Unterweisung
Ein wesentliches Element des Arbeitsschutzes sind die [[Unterweisung]]en. Deren Gestaltung und Durchführung ist ebenfalls mitbestimmt. So fordert {{§|12|arbschg|juris}} Abs.&nbsp;1 des Arbeitsschutzgesetzes, dass Mitarbeiter während der Arbeitszeit ausreichend und angemessen unterwiesen werden. Art und Weise sowie der Umfang einer Unterweisung müssen in einem angemessenen Verhältnis zur vorhandenen Gefährdungssituation und der Qualifikation der Versicherten stehen. Auch die Unterweisung ist eine Arbeitsschutzmaßnahme, die auf einer Gefährdungsbeurteilung basiert.<ref>BAG, 11.&nbsp;Januar 2011, [http://juris.bundesarbeitsgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bag&Art=pm&Datum=2011&nr=14829&pos=29&anz=30 AZ 1 ABR 104/09]</ref>


Für Banken unterteilt man das betriebswirtschaftliche Gesamtrisiko in ein [[operationelles Risiko]] (z.&nbsp;B. durch Ausfälle in der IT), das [[Kreditrisiko#Kreditrisikomanagement|Kreditrisiko]] (d.&nbsp;h. den Ausfall von Kreditnehmern), das [[Kontrahentenrisiko]] (d.&nbsp;h. den Ausfall von [[Kontrahent]]en bei Handelsgeschäften) als besonderen Teil des Kreditrisikos, das [[Liquiditätsrisiko]] (fällige Gelder können nicht aus den flüssigen Mitteln bedient werden), [[Marktliquiditätsrisiko]] (Geschäfte können auf Grund mangelnder [[Marktliquidität]] nicht zu den erwarteten Bedingungen abgeschlossen werden) und das [[Marktrisiko]] (z.&nbsp;B. [[Wechselkursrisiko]], [[Zinsänderungsrisiko]]). In der Praxis wird oftmals das [[Reputationsrisiko]] (Risiko des Ansehensverlustes durch geschäftspolitische Entscheidungen o.&nbsp;Ä.) separat vom operationellen Risiko betrachtet. Die Häufung von risikobehafteten [[Exposure (Finanzwirtschaft)|Engagements]], die (z. B. aufgrund von Branchenrisiken oder Länderrisiken) in engem Zusammenhang stehen, bezeichnet man in der Kreditwirtschaft auch als [[Klumpenrisiko]].
; Audits von Arbeitsschutzmanagementsystemen
In Betrieben mit einem [[Arbeitsschutzmanagementsystem]] (AMS) nimmt die Arbeitnehmervertretung auch an den externen Audits der Zertifizierungsgesellschaften teil. Dabei handelt es sich um das Zertifizierungsaudit, die Re-Zertifizierungsaudits und die Zwischenaudits. Die Teilnahme an den Audits ist wichtig, weil die Gewerbeaufsicht Betriebe mit einem AMS bei unternehmensinitiierten Kontrollen „entlastet“ überprüfen kann. Die behördliche Kontrolle verlässt sich dabei auf die Audits durch Firmen, deren Auftraggeber der Arbeitgeber ist. Bei unaufmerksamen Audits und vereinfachten Kontrollen durch die Gewerbeaufsicht besteht die Gefahr einer unzureichenden Überwachung der Qualität des Arbeitsschutzes.


=== Risikomanagement in der Finanzdienstleistung ===
Im Standard [[ISO 45001]] für AMS gibt es einen Absatz zur ''Konsultation und Beteiligung von Beschäftigten''. Betriebsräten in zertifizierten Betrieben sollten diese bekannt sein.
Die [[Mindestanforderungen an das Risikomanagement (BA)]] für die [[Kreditinstitut]]e und Finanzdienstleistungsinstitute in Deutschland geben einen Rahmen für ein angemessenes und wirksames Risikomanagement vor.<ref name="BaFin">[http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Kerngeschaeftsfelder/Bankenaufsicht/Marisk/2012_12_14_anschreiben.pdf?__blob=publicationFile bundesbank.de], Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), 14. Dezember 2012.</ref><ref name="BA">[http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Kerngeschaeftsfelder/Bankenaufsicht/Marisk/2012_12_14_rundschreiben.pdf?__blob=publicationFile bundesbank.de], Rundschreiben 10/2012 (BA) vom 14. Dezember 2012 Mindestanforderungen an das Risikomanagement – MaRisk.</ref><ref name="Anlage">[http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Downloads/Kerngeschaeftsfelder/Bankenaufsicht/Marisk/2012_12_14_erlaeuterungen.pdf?__blob=publicationFile bundesbank.de], BaFin - Anlage 1: Erläuterungen zu den MaRisk in der Fassung vom 14. Dezember 2012 - Seite 1 von 64.</ref> Er soll dazu dienen, Missständen im Kredit- und Finanzdienstleistungswesen entgegenzuwirken. Die Prozesse des Risikomanagements betreffen:
* Identifizierung,
* Beurteilung,
* Steuerung sowie
* Überwachung und Kommunikation der wesentlichen Risiken.


Das Institut hat geeignete Indikatoren für die frühzeitige Identifizierung von Risiken abzuleiten, die die Einrichtung und Weiterentwicklung eines Systems von Risikokennzahlen und eines Risikofrüherkennungs- und Risikoklassifizierungsverfahrens ermöglichen.
==== Probleme unzureichender Arbeitsschutz-Kontrolle ====
Nach einer Recherche des ARD-Magazins ''[[Plusminus]]'' ist in Deutschland die Zahl der Arbeitsschutz-Kontrollen von 1996 bis 2017 um zwei Drittel von etwa 600.000 auf 200.000 Kontrollen pro Jahr zurückgegangen.<ref>[https://www.daserste.de/information/wirtschaft-boerse/plusminus/sendung/swr/arbeitsschutz-102.html ''Arbeitsschutz: Sparen auf Kosten der Sicherheit''], auf daserste.de, vom 19. September 2018.</ref> Dies ist auf einen massiven Stellenabbau in den Arbeitsschutzbehörden zurückzuführen. Gleichzeitig steigt die Zahl der Betriebe und Vorschriften. Dadurch gäbe es heute nur noch so wenige Arbeitsschutz-Kontrolleure, dass ein Betrieb in Deutschland statistisch damit rechnen müsse, lediglich alle 30 Jahre kontrolliert zu werden. So kann beispielsweise die Gewerbeaufsicht Stuttgart von den etwa 21.000 Baustellen im Jahr nur 30 Baustellen kontrollieren. Durch dieses Missverhältnis ist Deutschland auf Europaebene in Sachen Arbeitsschutz gemeinsam mit [[Bulgarien]] und [[Ungarn]] Schlusslicht.


Zur Anwendung der Risikoquantifizierung wird festgestellt:<ref name="Anlage" />
In deutschen Betrieben sterben durchschnittlich zwei Menschen pro Arbeitstag.


''Da jegliche Methoden und Verfahren zur Risikoquantifizierung die Realität nicht vollständig abzubilden vermögen, ist dem Umstand, dass die Risikowerte Ungenauigkeiten aufweisen oder das Risiko unterschätzen könnten, bei der Beurteilung der Risikotragfähigkeit hinreichend Rechnung zu tragen.''
=== Österreich ===
Unter ''Arbeitsschutz'' bzw. ''Arbeitnehmerschutz'' versteht man in [[Österreich]] die Summe aller Vorkehrungen und Aktivitäten, die den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Menschen bei ihrer beruflichen Tätigkeit zum Ziele haben. Dieses Gebiet wird exakter als ''ArbeitnehmerInnenschutz'' bezeichnet.


In diesem Zusammenhang steht auch die Forderung: ''Bedeutende Schadensfälle sind unverzüglich hinsichtlich ihrer Ursachen zu analysieren.'' Es dient dazu, Systemschwachstellen und Unzulänglichkeiten in den Risikomodellen zu erkennen sowie der statistischen Ermittlung von Schadenshäufigkeiten (Erfahrungsrückfluss).
Der Arbeitnehmerschutz in Österreich ist (wie in vielen anderen europäischen Ländern auch) wesentlich durch die Arbeitsschutz-Richtlinien der EU bestimmt. Auf diesen Richtlinien basieren die meisten der nationalen Arbeitnehmerschutzgesetze und -verordnungen, wie das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) oder die [[Arbeitsstättenverordnung (Deutschland)#Österreich|Arbeitsstättenverordnung]].


Die Mindestanforderungen an das Risikomanagement für die Kreditinstitute geben einen Rahmen für die Einhaltung der Treuepflicht bei der Verfügung fremden Vermögens vor. Im Fall der Verletzung der Treuepflicht (Missbrauch) kommt die Strafbarkeit der [[Untreue (Deutschland)|Untreue]] gemäß {{§|266|stgb|juris}} [[Strafgesetzbuch (Deutschland)|StGB]] zur Anwendung.
Eine Übersicht über die Bestimmungen des ASchG gibt die Broschüre „Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz“. Eine Volltextdatenbank aller österreichischen [[ArbeitnehmerInnenschutzgesetz|ArbeitnehmerInnenschutzvorschriften]] und der relevanten Nebenbestimmungen samt erläuternden Anmerkungen erscheint seit 1997 als CD-ROM und wird regelmäßig aktualisiert.<ref>[http://www.a-expert.at/ CD-ROM „ArbeitnehmerInnenschutz expert“]</ref>


== Risikoarten ==
Die [[Arbeitsinspektion]] ist die wichtigste gesetzlich beauftragte Behörde zur Bekämpfung von Defiziten im Sicherheits- und Gesundheitsschutz bei der Arbeit in Österreich. Durch eine bundesweit homogene Vollzugspraxis werden die Ansprüche nach gleichen Rechten und fairem Wettbewerb in der Arbeitswelt sichergestellt. Sie trägt so zur Vermeidung von Unfällen und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren, zur Weiterentwicklung der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes sowie zur gesellschaftlichen Akzeptanz des Arbeitnehmerschutzes bei. Die Arbeitsinspektion ist mit einer eigenen Website im Internet vertreten. Die Palette der Themen reicht von den allgemeinen Schutzbestimmungen bei der Arbeit, der Gestaltung von Arbeitsstätten und beim Einsatz von Arbeitsmitteln bis zu Arbeitszeitregelungen und dem Schutz für bestimmte Personengruppen in der Arbeitswelt.


=== Risiken des nationalen und internationalen Finanzsystems ===
==== Geschichte ====
[[Finanzkrisen]] sind größere Verwerfungen im [[Finanzsystem]], die durch einen Rückgang der Vermögenswerte und die Zahlungsunfähigkeit zahlreicher Unternehmen der Finanzwirtschaft und anderer Branchen gekennzeichnet sind und die die ökonomische Aktivität in einem oder mehreren Ländern beeinträchtigen. Sie manifestieren damit das ''Risikopotential des Finanzsystems'', wie auch das Versagen des nationalen bzw. internationalen Risikomanagements und seiner Kontrollorgane.
Eine detaillierte Darstellung der Entwicklung der ArbeitnehmerInnenschutzbestimmungen in Österreich seit dem Beginn des 19.&nbsp;Jahrhunderts ist als Buchbeitrag zugänglich.<ref>Joe Püringer: ''Die Entwicklung des Arbeitsrechts in Österreich'', in: ''Ausbildung zur Sicherheitsfachkraft'', Band&nbsp;1, 4.&nbsp;Aufl., Wien 2006, ISBN 3-901983-67-8, S.&nbsp;25–99.</ref>
Nationale und internationale Regelwerke, wie [[Mindestanforderungen an das Risikomanagement (BA)]], [[Basel II]] und [[Basel III]] werden zur Risikokontrolle erstellt und – wie die Erfahrung zeigt – mit jeder neuen Krise fortgeschrieben.


Nach [[Nikolai Dmitrijewitsch Kondratjew|Kondratjew]] durchläuft die Weltwirtschaft immer wiederkehrende Zyklen, die jeweils durch schwere wirtschaftliche Turbulenzen beendet werden. Die Mechanismen für diese Konjunkturzyklen sind immer gleich.
1883 wurde in [[Österreich-Ungarn]] durch die Schaffung der ''Gewerbeinspection'' eine relativ umfassende Überwachungsbehörde eingerichtet. Eine Änderung der Gewerbeordnung im Jahr 1885 setzte einige Arbeiterschutzregelungen fest. So wurde beispielsweise die maximale Arbeitszeit für Fabrikarbeiter (ab dem 14.&nbsp;Lebensjahr) auf 11&nbsp;Stunden fixiert. [[Kinderarbeit]] bis zum 14.&nbsp;Lebensjahr wurde verboten, ebenso die [[Nachtarbeit]] für Frauen und für Jugendliche (bis&nbsp;16). Allerdings galten die Verbote nur im Bereich der Gewerbeordnung, wurden vielfach nicht eingehalten und es bestanden zahlreiche Ausnahmen.


Die grundlegenden Mechanismen für das Kollabieren komplexer Systeme, sei es nun in der Finanzwirtschaft oder einer komplexen Industrieanlage wie einem Chemiewerk oder Kernkraftwerk, sind immer dieselben. Charakteristisch für diese Systeme ist, dass sie aus einer praktisch nicht mehr überschaubaren Anzahl von Komponenten bzw. Funktionseinheiten bestehen und über vielschichtige Wirkungsstrukturen das gemeinsame Systemergebnis erzielen. Aus der Anwendererfahrung wird das System ständig verbessert, so dass es nach einer Erprobungszeit als stabil und ausgereift gilt. Wegen der großen Risiken, die mit einem Scheitern der System verbunden sind, unterliegen diese Systeme vielfältigen Kontrollmechanismen. Je länger ein System ohne großen Schaden betrieben wird, desto mehr wird es von seinen Betreibern und Kontrolleuren als sicher empfunden. In diesem Zustand beginnt das Sicherheitsnetz des Systems an Wirksamkeit zu verlieren. Kompromisse zu Gunsten des Unternehmenserfolges gegenüber der Sicherheitsvorsorge sind leichter durchsetzbar, mit der Folge, dass sich im System zunehmend unerkannte Fehler festsetzen (vgl. [[Charles Perrow]], Normal Accidents, 1984<ref name="Perrow">Charles Perrow: ''Normal Accidents, Living with High Risk Technologies.'' Basic Books, USA 1984.</ref>).
=== Schweiz ===
In der [[Schweiz]] wird die Regelung der [[Arbeitssicherheit]] nach dem [[Unfallversicherungsgesetz (Schweiz)|Unfallversicherungsgesetz (UVG)]] von der [[Schweizerische Unfallversicherungsanstalt|Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA)]] und der Eidgenössischen Koordinationskommission für Arbeitssicherheit (EKAS) übernommen.


In der Finanzwirtschaft erklärt es – je nach Stand im laufenden Zyklus – den Ruf nach mehr bzw. weniger Regeln im Finanzmarkt.
Der ''Gesundheitsschutz'' der Schweiz ist im ''Arbeitsgesetz'' geregelt und hat zum Ziel, die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen vor gesundheitlichen Gefahren zu schützen. Das Gesetz ist anwendbar auf alle öffentlichen und privaten Betriebe insbesondere auf die Betriebe der Industrie, des Gewerbes und Handels.


=== Umweltrisiken ===
Im Arbeitsgesetz werden besonders die Arbeitszeit (wöchentliche Höchstarbeitszeiten, [[Überzeit]], Ruhezeiten und Pausen), Nachtarbeit, Sonntagsarbeit, Schichtarbeit und ununterbrochener Betrieb, Sonderschutz für Jugendliche, Schwangere und Mütter, industrielle Betriebe sowie der Gesundheitsschutz ganz allgemein festgelegt.
[[Umweltrisikomanagement]] befasst sich mit der Handhabung des Umweltrisikos und stellt in Unternehmen einen Teilbereich des betrieblichen [[Umweltmanagement]]s und des Risikomanagements dar. Es werden interne und externe Umweltrisiken unterschieden, wobei externe Umweltrisiken Sturm oder Hochwasser sein können. Die internen Umweltrisiken liegen im Unternehmen begründet und können technische, technologische oder organisatorische Schäden sein.


Es werden drei Arten von Umweltrisiken unterschieden:
=== Vereinigtes Königreich ===
* finanzielle Risiken für ein Unternehmen, die durch Veränderungen der Umwelt oder des Umweltbewusstseins der Gesellschaft entstehen
In [[Vereinigtes Königreich|Großbritannien]] werden Arbeitsschutzbestimmungen von der [[Health and Safety Executive]] geregelt.
* Risiken der Haftung des Unternehmens für umweltrelevante Aktivitäten und
* Risiken für die menschliche Gesundheit und für das Ökosystem.
 
Im Bereich des Hochwasserschutzes wurde von staatlicher Seite die [[Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie]] 2007/60/EG eingeführt. Im Bereich des Brandschutzes werden Brandschutzbedarfspläne für [[Feuerwehr]]en mit standardisierten [[Schutzziel]]en sowie lokalen Besonderheiten erstellt. Weiträumige Risiken werden in einem [[Gefahrenzonenplan]] dargestellt.
 
=== Technische Risiken ===
[[Sicherheitsmanagement]]<ref name="Sicherheitsmanagement">Wilfried Polin, Christian Sierpinski: [http://www.enrisma.de/wp-content/uploads/2014/06/Risikomanagemet-vs-Sicherheitsmanagement.pdf ''Sicherheitsmanagement vs Risikomanagement.''] (PDF; 0,3&nbsp;MB)</ref> (SM) ist synonym zu Risikomanagement und wird definiert: „SM: Führt, lenkt und koordiniert eine Organisation in Bezug auf alle Sicherheitsaktivitäten.“ Die Verwendung des Begriffs „Sicherheitsmanagement“ in der Technik (im deutschen Sprachraum) erklärt sich aus der allgemeinen Verwendung des Begriffs „Sicherheit“ in der Technik.
 
Sicherheitsmanagementsysteme (SMS) kommen heute in allen Industriebereichen mit Gefährdungspotentialen zur Anwendung. Die Notwendigkeit der Einführung und Anwendung der SMS ergaben sich praktisch in allen Industriebereichen aus der Unfallerfahrung, wonach über die Fehlermöglichkeiten der Technik und des Personals hinaus sich gravierende Mängel in der Organisation als wesentliche Unfallursachen herausstellten.
 
In der Luftfahrt wird die Notwendigkeit der Einführung von Sicherheitsmanagementsystemen (SMS) wie folgt begründet:<ref name="ACRP 1">ACRP Report 1: ''Safety Management Systems for Airports.'' Volume 1: ''Overview, Transportation Research Board.'' Washington, D.C., 2007. [http://onlinepubs.trb.org/onlinepubs/acrp/acrp_rpt_001.pdf onlinepubs.trb.org] (PDF; 1,7&nbsp;MB)</ref>
 
''„Sicherheits-Management ''(safety management)'' basiert auf der Prämisse, dass es immer Sicherheitsrisiken und menschliche Fehler ''(safety hazards and human errors)'' gibt. Das SMS lässt Prozesse entstehen, die die Kommunikation über diese Risiken und die Maßnahmen zu deren Verringerung verbessern. Das Sicherheitsniveau und die [[Sicherheitskultur]] einer Organisation werden damit nachhaltig verbessert.“''
 
=== Versicherungswirtschaft ===
Für Versicherungsunternehmen zählt die Übernahme von Risiken zum eigentlichen [[Geschäftsmodell]]. Versicherungen begrenzen die [[Wahrscheinlichkeit]] einer überdurchschnittlichen Belastung durch Schadensfälle durch die Größe des [[Versicherung (Kollektiv)|Versicherungskollektivs]], darüber hinaus in erster Linie durch [[Rückversicherung]], mit deren Hilfe sie Großschäden und [[Kumul (Versicherungswesen)|Kumulrisiken]] begrenzen.
 
Versicherungstechnische Risiken spielen im [[Versicherungsmarkt]] als Vorstufe zur [[Versicherer|Versicherung]] eine zentrale Rolle. Bevor ein Risiko richtig versichert werden kann, muss es erkannt, bewertet und der Umgang mit dem Risiko festgelegt werden.
 
Die europäische Richtlinie [[Solvabilität II]] stellt umfangreiche Anforderungen an das Risikomanagement in Versicherungsunternehmen.
 
=== Risiken des Projektmanagements ===
Risikomanagement in Projekten beschäftigt sich mit allen Tätigkeiten, welche zur Verhinderung von oder zum Umgang mit ungeplanten Ereignissen beitragen, welche den Projektverlauf gefährden.
 
Im [[Projektmanagement]] sind fehlerhafte Zeitpläne, Inflation von Anforderungen, Mitarbeiter[[fluktuation]], Spezifikationskollaps, geringe Produktivität und Gruppendruck/„group think“ typische Projektrisiken.
 
=== Produkt- und Medizinrisiken ===
Unter ''Produktrisiken'' versteht man Gefährdungen, die zu Lasten des Kunden (Ausfall, Versagen, Tod, Zerstörung) und damit auch zu Lasten des Herstellers (Haftung, Imageverlust, Wartungsaufwand) fallen können. Mithilfe eines systematischen Risikomanagementprozesses soll sichergestellt werden, dass Produktrisiken bereits bei der Entwicklung identifiziert, bewertet, kontrolliert und überwacht werden [siehe auch [[Produktsicherheitsgesetz (Deutschland)]]].
 
Bei der Entwicklung und Herstellung von [[Medizinprodukt]]en müssen unter anderem die Methoden des Risikomanagements gemäß den Vorgaben der Norm EN ISO 14971<ref name="ISO 14971" /> eingesetzt werden, um der zunehmenden Komplexität und der damit verbundenen Fehleranfälligkeit effektiv und sicher zu begegnen. Aspekte des Risikomanagements sollten über den gesamten [[Produktlebenszyklus|System-Lebenszyklus]], also beginnend mit dem Konzept, über die Entwicklung, Fertigung, Nutzung und in Verwendung mit anderen Medizinprodukten und während des Betriebes bis hin zur Entsorgung eines Medizinproduktes berücksichtigt werden.
 
=== Software-Risiken ===
Bei der Entwicklung und Implementierung von [[Informationssystem]]en werden zunehmend Methoden des Risikomanagements eingesetzt, um der Komplexität und der damit verbundenen Fehleranfälligkeit von [[Software]]-Produkten zu begegnen (siehe [[Softwaretechnik]]). Aspekte des Risikomanagements sollten über den gesamten [[Software-Lebenszyklus|System-Lebenszyklus]], also beginnend mit dem Konzept, über die Entwicklung oder Programmierung, Implementierung und Konfiguration und während des Betriebes bis hin zur Stilllegung des Systems berücksichtigt werden.
 
=== Supply-Chain-Risikomanagement ===
Das [[Supply-Chain-Risikomanagement|Supply-Risk-Management]] ist ein Teilbereich des Risikomanagements, das sich mit der [[Identifikation]], [[Analyse]] und [[Kontrolle]] von auftretenden Gefahren im Beschaffungsumfeld eines Unternehmens beschäftigt.<ref>S. Rogler: ''Risikomanagement im Industriebetrieb: Analyse von Beschaffungs-, Produktions- und Absatzrisiken.'' Habilitationsschrift. DUV, Wiesbaden 2002, ISBN 3-8244-9084-6.</ref>
 
Die Risiken bestehen in Störungen und Verzögerungen der Flüsse innerhalb des Güter-, Informations- und Finanznetzes sowie des sozialen und institutionellen Netzes.<ref>H.-Chr. Pfohl, P. Gallus, H. Köhler: ''Risikomanagement in der Supply Chain. Status Quo und Herausforderungen aus Industrie-, Handels- und Dienstleisterperspektive.'' In: H.-Chr. Pfohl (Hrsg.): ''Sicherheit und Risikomanagement in der Supply Chain. Gestaltungsansätze und praktische Umsetzung.'' Hamburg 2008, ISBN 978-3-87154-387-6, S. 95–147.</ref>
 
==== Beschaffungs- und Logistikrisiken ====
Aufgrund von Abhängigkeiten von Zulieferern können sich unvorteilhafte Zielabweichungen ergeben. Geeignete Gegenmaßnahmen können sein: Vertragliche Bindung von Lieferanten, Lieferantenrating, [[Rückwärtsintegration]]. Daneben existiert ein Beschaffungspreisrisiko, das durch vertragliche Preisfixierung, [[Preisgleitklausel]]n in Verträgen mit Kunden oder [[Termingeschäft]]e auf [[Rohstoffhandel|Rohstoffmärkten]] gesteuert werden kann.
 
== Reifegradmodelle des Risikomanagements ==
 
=== Definition ===
„Ein Reifegradmodell beschreibt die Reife eines Betrachtungsfeldes hinsichtlich einer bestimmten Methode oder eines Handlungs- bzw. Führungsmodells.“<ref>{{Literatur|Autor=F. Ahlemann, F. Teuteberg, C. Schroeder|Titel=Kompetenz- und Reifegradmodelle für das Projektmanagement. Grundlagen, Vergleich und Einsatz|Hrsg=|Sammelwerk=ISPRI-Arbeitsbericht|Band=|Nummer=01|Auflage=|Verlag=|Ort=|Datum=2005|Seiten=|ISBN=}}</ref> Für die Erreichung eines Reifegrades müssen gewisse Anforderungen erfüllt werden sowie alle vorhergehenden Stufen erreicht sein. Reife wird nach Rosemann und De Bruin definiert als „a measure to evaluate the capabilities of an organisation“<ref>{{Literatur|Autor=M. Rosemann, T. De Bruin|Titel=Towards a business process management maturity model|Hrsg=|Sammelwerk=13th European conference on in- formation systems (ECIS2005),|Band=|Nummer=|Auflage=|Verlag=|Ort=Regensburg|Datum=2005|Seiten=1|ISBN=}}</ref> – ein Maß um die Fähigkeiten einer Organisation zu bewerten.
 
Reifegradmodelle des Risikomanagement<nowiki/>s dienen der Bewertung des Risikomanagementsystems im Unternehmen und ermöglichen einen Vergleich mit anderen Unternehmen ([[Benchmarking]]). Sie bestehen aus Reifegradstufen, Dimensionen und Bewertungsinstrumenten. Eine Entwicklung kann [[Top-down und Bottom-up|top-down oder bottom-up]] erfolgen. Bei top-down gibt es feste Reifegradstufen, die mit weiteren Eigenschaften präzisiert werden. Beim bottom-up werden zuerst Eigenschaften und Bewertungselemente definiert und später in Reifegrade gruppiert. Dafür werden zum Beispiel [[Kreativitätstechniken]], [[Delphi-Methode]] oder [[Fokusgruppe]]n<nowiki/>befragung verwendet.<ref>{{Literatur|Autor=F. Marx|Titel=Ein Reifegradmodell für Unternehmenssteuerungssysteme|Hrsg=|Sammelwerk=Wirtschaftsinformatik|Band=|Nummer=04|Auflage=|Verlag=|Ort=|Datum=2012|Seiten=189-190|ISBN=}}</ref>
 
=== 6 Stufen des Risikomanagements nach Gleißner und Mott ===
In diesem Modell gibt es 6 Entwicklungsstufen:<ref name=":1" /><ref name=":2" /><ref name=":3" />
 
==== Stufe 1 – kein Risikomanagement ====
Die [[Unternehmensführung]] hat ein unzureichendes Risikobewusstsein und somit kein systematisches Vorgehen im Umgang mit Risiken. Unternehmerische Entscheidungen, als Reaktion auf Gefahren, finden nur sporadisch statt.
 
==== Stufe 2 – Schadensmanagement ====
Die Existenz bestimmter [[Risiko|Risiken]] ist bekannt. Es werden bewusst Maßnahmen eingeleitet, die Gefahren verhindern sollen. Regelungen, wie Umweltschutz und Arbeitsschutz, finden dabei auch Berücksichtigung. Bei selteneren und größeren Risiken werden Versicherungen abgeschlossen, um Schäden zu minimieren. Zur Gefahrenbeurteilung wird kein spezifisches Instrument eingesetzt und Risikomaßnahmenpläne werden in „[[Silos|Silos“]] (abgeschotteten Teams) bearbeitet.
 
==== Stufe 3 – Regulatorisches Risikomanagement („KonTraG-Risikomanagement“) ====
Das Unternehmen besitzt ein kontinuierliches Risikomanagementsystem. Risiken werden ständig überwacht und bewertet. Die Gesamtheit der Risiken bilden das sog. Risikoinventar. Informationen wie Umfang, Verantwortlichkeit und Turnus werden gemäß dem KonTraG schriftlich fixiert. Für die wichtigen Risiken werden Risikobewältigungsstrategien entwickelt, dafür werden die Risiken hinsichtlich der Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit quantifiziert und bewertet. Am Ende erfolgt eine einfache [[Risikoaggregation]].
 
==== Stufe 4 – Ökonomisches, entscheidungsorientiertes Risikomanagements ====
Als Risiken werden sowohl Gefahren (negative Abweichungen) als auch Chancen (positive Abw.) betrachtet. Es existiert ein umfassendes, Software gestütztes Risikomanagementsystem im Unternehmen, basierend auf einem starken Risikobewusstsein der Unternehmensführung. Durch Aggregation der Einzelrisiken wird ein Gesamtrisikoumfang berechnet. Mittels der [[Monte-Carlo-Simulation]] können „bestandsbedrohende Entwicklungen“ nach Kombination von Einzelrisiken deutlich gemacht werden. Ziel ist es ein flexibles und bewegliches Risikomanagement zu schaffen, welches mit der Strategieentwicklung eng verknüpft ist. Im Idealfall soll es sich an unvorhergesehene Entwicklungen anpassen. Risiken sollten so eingeschätzt werden, dass ein Unternehmen auch bei Marktschwankungen liquide bleibt und sein Rating beibehalten kann. Dies kann durch Abwägen von möglichen Risiken und Erträgen mittels Kapitalmarktmodellen (z.&nbsp;B. CAMP) erfolgen. Nicht nur in Hinsicht auf die Kostenreduzierung sollte das Unternehmen überlegen, ob es Unternehmensaktivitäten auslagert, sondern auch in Bezug auf die damit verbundene Risikosenkung. Diese Risikosenkung erfolgt auch bei einer breiten [[Diversifikation (Wirtschaft)|Diversifikation]] des Portfolios und einer Verlust- und Haftungsbeschränkung.
 
==== Stufe 5 – Integriertes wertorientiertes Risikomanagement ====
Der Risikomanagement-Prozess ist mit der operativen Ebene des Unternehmens eng verknüpft. Alle Planungen können Risiken zugeordnet werden (stochastische Planung), sodass sich daraus eine Planungssicherheit ermitteln lässt. Daraus kann das Unternehmen den Wertbeitrag berechnen, „was eine am Unternehmenswert orientierte Optimierung der Risikobewältigung“<ref name=":1">{{Literatur|Autor=W. Gleißner, B. Mott|Titel=Risikomanagement auf dem Prüfstand – Nutzen Qualität und Herausforderungen in der Zukunft|Hrsg=|Sammelwerk=ZRFG (Zeitschrift für Risk, Fraud & Governance)|Band=|Nummer=02|Auflage=|Verlag=|Ort=|Datum=2008|Seiten=55-63|ISBN=}}</ref> ermöglicht und womit strategische Züge in Bezug auf Risiken bewertet werden können. Die Hypothese eines vollkommenen Kapitalmarktes wird verworfen und durch die realitätsnahe Betrachtung eines unvollkommenen Kapitalmarktes ersetzt. Alle Risiken, die bewertungsrelevant sind, werden berücksichtigt („Risikodeckungssatz“). Zum Bewerten und zur Portfoliooptimierung werden [[Risikomaß]]<nowiki/>e, wie Eigenkapitalbedarf, [[Ausfallwahrscheinlichkeit]] und [[Value at Risk|Value-at-Risk]] verwendet.<ref name=":2">{{Literatur|Autor=W. Gleißner|Titel=Serie Risikomaße und Bewertung: Teil 1: Grundlagen – Entscheidungen unter Unsicherheit und Erwartungsnutzentheorie|Hrsg=|Sammelwerk=RISIKO-MANAGER|Band=|Nummer=12|Auflage=|Verlag=|Ort=|Datum=2006|Seiten=|ISBN=}}</ref>
 
==== Stufe 6 – Embedded Risikomanagement (holistisch) ====
Die Bewertung des risikogerechten Ertragswertes oder des Risikonutzens spiegelt die Risikopräferenz des Eigentümers wider und bildet die Grundlage für strategische und operative Entscheidungen. Die Risikoanalyse beinhaltet die ex ante Integration unternehmerischer Reaktionsmöglichkeiten auf die Entwicklung von Zielgrößen und exogenen Risikofaktoren. Metarisiken, d.&nbsp;h. Unsicherheiten und Reaktionen von Wettbewerbern, sowie andere „Verhaltensrisiken“ und „Managementrisiken“ werden ebenfalls in die Bewertung mit einbezogen. Das Risikomanagement ist fest in der Unternehmenskultur und im unternehmerischen Denken integriert, sodass jede Form von Management im Unternehmen als Risikomanagement angesehen wird.
 
Ein gutes Risikomanagement ist ein Erfolgsfaktor für jedes Unternehmen. Es sollten möglichst viele Mitarbeiter integriert werden um der Unternehmensführung die Möglichkeit zu geben Risiken richtig zu erfassen, die Erträge und Risiken richtig bewerten und in die Praxis umzusetzen. Das wird allerdings erst in der 4. Stufe erreicht. Die Geschäftsführung muss „Oberster Risikomanager“ sein, weil sie maßgebliche Entscheidungen über den Risikoumfang trifft. Hierbei sollten Strategien und feste organisatorische Muster und Methoden angewandt werden, um sicherzustellen, dass mögliche „bestandsbedrohende Entwicklungen“ bereits früh erkannt werden.<ref name=":1" /><ref name=":0">{{Literatur|Autor=K-R. Müller|Titel=Reifegradmodell des RiSiKo-Managements|Hrsg=|Sammelwerk=Handbuch Unternehmenssicherheit|Band=|Nummer=|Auflage=|Verlag=Springer Vieweg|Ort=Wiesbaden|Datum=2015|Seiten=520-522|ISBN=}}</ref><ref name=":3">{{Literatur|Autor=W. Gleißner|Titel=Reifegradmodelle und Entwicklungsstufen des Risikomanagements: ein Selbsttest|Hrsg=|Sammelwerk=Controller Magazin|Band=|Nummer=06|Auflage=|Verlag=|Ort=|Datum=2016|Seiten=31 – 36|ISBN=}}</ref>
 
== Mathematische Größen im Risikomanagement ==
 
* [[Gewinn]]
* [[Korrelationskoeffizient]]
* [[Mittelwert]], [[Erwartungswert]]
* [[Performance (Risikomanagement)]]
* [[Rendite]]
** Annualisierte Rendite
** Arithmetische Rendite
** Geometrische Rendite
* [[Risikomaße]]
* [[Standardabweichung (Wahrscheinlichkeitstheorie)|Standardabweichung]]
* Stetige, [[logarithmierte Rendite]]
* [[Value at Risk]]
* [[Varianz (Stochastik)|Varianz]]
* [[Volatilität]]
 
== Psychologische Aspekte des Risikomanagement ==
 
=== Risikowahrnehmung ===
Bei der subjektiven Einschätzung wie relevant und wahrscheinlich ein [[Risiko]] ist, spielen die psychologischen Aspekte eine bedeutende Rolle. Die Risikowahrnehmung ist u. a. abhängig von persönlichen Erfahrungen, Erziehung, Moralvorstellung oder dem Bildungshintergrund. Die intuitive Risikowahrnehmung ist gleichzusetzen mit dem wahrgenommenen Risiko.<ref>Werner Gleißner: [http://www.werner-gleissner.de/site/publikationen/WernerGleissner_Der-Faktor-Mensch-psychologische-Aspekte-des-Risikomanagements.pdf ''Der Faktor Mensch - Psychologische Aspekte des Risikomanagements.''] In: ''Zeitschrift für Versicherungswesen.'' Heft 10, Mai 2004, S. 285–288.</ref>
 
Die Risikowahrnehmung ist beeinflusst durch qualitative Risikomerkmale. Die Eigenschaften der Risikoquelle beachten das Ausmaß der Folgen sowie die Gewöhnung an diese Quelle. Die Eigenschaften der Risikosituation behandeln die persönliche Kontrollmöglichkeit und die Eindeutigkeit der Gefahreninformation.<ref>Ottfried Renn, Pia-Johanna Schweizer, Marion Dreyer, Andreas Klinke: ''Risiko. Über den gesellschaftlichen Umgang mit Unsicherheit.'' Oekom, München 2007, ISBN 978-3-86581-067-0.</ref> Der Mensch strebt nach Sicherheit und vollkommener Kontrolle. Es fällt ihm schwer, eine Risikoeinschätzung rein rational und objektiv vorzunehmen. Zu unterscheiden ist in das intuitive sowie rationale Denken.<ref name="RISIKO MANAGER 23/2012">Eric Eller, Bernhard Streicher, Eva Lermer: ''Psychologie und Risikomanagement: Warum wir Risiken falsch einschätzen.'' In: ''Risiko Manager.'' Nr. 23, 2012.</ref>
 
Das intuitive Denken erfolgt schnell und häufig unterbewusst, es wird nicht willentlich gesteuert. Die zu behandelnden Probleme sind bekannt und können deshalb spontan und mit dem vorhandenen Wissen gelöst werden. Das Entscheidungen treffen kostet wenig Anstrengung. Aus mangelnder Erfahrung benötigt das rationale Denken mehr Zeit und erzeugt eine bewusste, kognitive Anstrengung. Um eine Fragestellung lösen zu können, ist gezielte Konzentration notwendig.
 
=== Entscheidungstheorie unter psychologischen Gesichtspunkten ===
Die [[Entscheidungstheorie]] geht davon aus, dass [[Entscheidung]]en rational getroffen und Informationen in unbegrenzter Größe aufgenommen und verarbeitet werden können. Emotionale, zufällige Entscheidungen werden außen vor gelassen. Es geht somit verstärkt darum vorzugeben, wie eine Entscheidung getroffen werden soll, nicht wie die Umsetzung in der Realität aussieht. Der [[Homo oeconomicus]] gilt im Modell als idealer Entscheider. Er entscheidet sich anhand seiner persönlichen [[Präferenz]]en und vorliegender [[Restriktion]]en.<ref>Werner Gleißner: ''Faustregeln für Unternehmer.'' 1. Auflage. Gabler, 2000, ISBN 3-409-18688-3.</ref>
 
Abweichend von der Theorie des [[Homo oeconomicus]] agiert der wirtschaftlich handelnde Mensch nicht vollständig rational und ist nicht vollständig informiert. Seine Präferenzen verändern sich mit der Zeit und damit auch seine Handlungen. Die persönlichen Ziele sind nur schwer messbar, ihre Entstehung und Veränderung wird nicht erklärt.
 
Problemlösungen werden durch heuristische Strategien bewältigt. Hierbei geht es um die Befriedigung der Ansprüche, nicht um die Erreichung des Optimums. Die meisten Entscheidungen werden intuitiv gefällt, um Komplexität zu reduzieren.<ref>Werner Gleißner, Peter Winter: [http://www.werner-gleissner.de/site/publikationen/WernerGleissner_Der-Risikomanagementprozess-als-Problemloeungsprozess-eine-verhaltenswissenschaftliche-Perspektive.pdf ''Der Risikomanagementprozess als Problemlösungsprozess – eine verhaltenswissenschaftliche Perspektive.''] In: V. Lingnau, A. Becker (Hrsg.): ''Die Rolle des Controllers im Mittelstand.'' Josef Eul Verlag, 2008, S. 221–244.</ref> Die [[Prospect Theory]] beschreibt das risikoscheue Verhalten bei Gewinnchancen sowie ein risikofreudiges Verhalten bei möglichen Verlusten. Bei kognitiven [[Heuristik]]en werden gut zugängliche, vorhandene Informationen genutzt, um einen Sachverhalt unter geringem Aufwand einzuschätzen. Sogenannte [[Kognitive Verzerrung|Biases]] bezeichnen Fehlurteile, die auf Basis dieser Faustregeln getroffen werden.<ref>Amos Tversky, Daniel Kahneman: ''Judgment under Uncertainty - Heuristics and Biases.'' In: ''Science, New Series.'' Vol. 185, No. 4157, 1974, S. 1124–1131.</ref>
 
Die Beurteilung von Wahrscheinlichkeiten und die Vorhersage von Werten unterscheiden [[Kahneman]] und [[Tversky]] drei Heuristiken.
 
'''[[Repräsentativitätsheuristik]]:''' Es wird die Übereinstimmung einer Kategorie bzw. Klasse mit einer [[Stichprobe]] überprüft. Die Wahrscheinlichkeit der Zugehörigkeit steigt mit der Anzahl der zutreffenden Eigenschaften des speziellen Sachverhaltes mit dem klassischen Fall. Basisraten werden zu Gunsten von konkreten Informationen zum Einzelfall vernachlässigt, was zu Fehlentscheidungen führen kann.
 
'''[[Verfügbarkeitsheuristik]]:''' Je einfacher Informationen zugänglich und abrufbar sind, desto wahrscheinlicher ist eine Entscheidungsfindung anhand der bekannten Beispiele. Ein Ereignis, das leicht im Kopf aufrufbar ist, scheint besonders häufig einzutreten. Die Beurteilung anhand von Erfahrungen kann durch mediale oder persönliche Einflüsse verfälscht werden.
 
'''[[Ankerheuristik]]/[[Anpassungsheuristik]]:''' Als Ausgangswert für eine Entscheidung dient ein Anker, der im weiteren Verlauf durch Umgebungseinflüsse verändert und angepasst wird. Es handelt sich um eine [[Urteilsheuristik]], bei der das Ergebnis eine Verzerrung in Richtung des Startwertes enthält.
 
=== Umgang mit Risiken ===
Die persönliche Einschätzung eines Risikos variiert stark, weshalb keine Standardisierung des Umfangs möglich ist. Um eine Einschätzung vornehmen zu können, müssen Risiken erfasst und Konsequenzen gesammelt werden, um abschließend die [[Eintrittswahrscheinlichkeit]]en abzuschätzen. Das menschliche Unterbewusstsein wird dabei durch Erfahrungen bei der Entscheidungsfindung beeinflusst. Je leichter verfügbar Informationen bezüglich eines Risikos sind, desto wahrscheinlicher erscheinen sie. Risiken, die stärker thematisiert werden, werden somit mit einer höheren Wahrscheinlichkeit eingeschätzt, obwohl die Fakten dagegen sprechen.
 
Wenn ein Risiko beurteilt werden soll, erfolgt häufig ein Vergleich mit ähnlichen Risiken und ihren Wahrscheinlichkeiten. Das zu treffende Ergebnis wird durch bekannte Skalen beeinflusst.
 
Stereotypen führen dazu, dass die Basisrate ausgeblendet wird und wahrgenommene Faktoren die Beurteilung des Risikos verzerren. Aus der risikoaversen Einstellung heraus ignorieren Menschen Risiken und wägen sich in Sicherheit. Eintretende Konsequenzen werden stärker fokussiert als Eintrittswahrscheinlichkeiten. Bei potentiell höheren Gewinnmöglichkeiten werden die Wahrscheinlichkeiten für deren Eintritt eher ausgeblendet, ebenso wie das Schadensausmaß wichtiger als die Wahrscheinlichkeit ist. Um ein Nullrisiko zu erreichen, werden durch Unternehmen große Investitionen getätigt. Um ein Risiko möglichst genau abzuschätzen, vertraut man auf Urteile durch Experten und Autoritäten. Expertenkompetenzen werden gern überschätzt. Hierbei wird oft vernachlässigt zu prüfen, ob die Informationen verlässlich, relevant für die Risikobewertung sind und auf einer stabilen Regelmäßigkeit beruhen. Eine andere Verfälschungs- und Vereinfachungstechnik beruht darauf, dass komplexe Fragestellungen zu einfach beantwortet und potentielle Risiken übersehen werden. [[Heuristik]]en werden genutzt, um die begrenzten kognitiven Ressourcen bestmöglich zu nutzen.<ref name="RISIKO MANAGER 23/2012" />
 
Generell ist im Umgang mit Risiken in folgende Strategien zu unterscheiden:<ref>Sebastian Festag: ''Umgang mit Risiken. Qualifizierung und Quantifizierung.'' 1. Auflage. Beuth Verlag, 2014, S. 6.</ref>
* Vermeidung von Risiken
* Risikoreduktion
* Risikooptimierung
* Risikotransfer
* Festhalten an Risikostruktur
 
=== Entscheidungstypen ===
Übertragen aus dem Bereich der Anlegertypologie gibt es bei risikobehafteten Entscheidungen drei Typen.<ref>Roland Eller: ''Kompaktwissen Risikomanagement. Nachschlagen, verstehen und erfolgreich umsetzen.'' 1. Auflage. Springer Gabler, 2010, ISBN 978-3-8349-8894-2.</ref>
 
'''Bauchmensch:''' Das intuitive Handeln lässt sich auf Basis einer risikofreudigen Grundeinstellung erklären. Innerhalb kurzer Zeit können Entscheidungen getroffen werden.
 
'''Herzmensch:''' Die menschlichen Emotionen prägen sein Handeln stark. Vor allem positive Gefühle werden verstärkt zum Ausdruck gebracht, negative hingegen versucht zu unterdrücken. Er versucht zu vermeiden Entscheidungen alleine treffen zu müssen und zu viel Verantwortung zu tragen.
 
'''Kopfmensch:''' Ein breites Wissen soll dabei helfen Gefahren unter Kontrolle zu behalten. Ursache, Wirkung und deren Zusammenhang besitzen Vorrang bei der Entscheidungstreffung, um das Risiko bestmöglich kontrollieren zu können.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Kategorie:Risikomanagement}}
* {{WikipediaDE|Kategorie:Arbeitsschutz}}
* {{WikipediaDE|Risikomanagement}}
* {{WikipediaDE|Betriebliches Kontinuitätsmanagement}}
* {{WikipediaDE|Betriebssicherheitsmanagement}}
* {{WikipediaDE|Bow-Tie-Analyse}}
* {{WikipediaDE|Chancenmanagement}}
* {{WikipediaDE|Gefahrenabwehr}}
* {{WikipediaDE|Management Risk Controlling (MRC)}}
* {{WikipediaDE|Risikoanalyse und Risikomanagement bei Zollkontrollen der deutschen Zollverwaltung}}
* {{WikipediaDE|Risikocontrolling}}
* {{WikipediaDE|Risikomanagement-Standard}}
* {{WikipediaDE|Risikobewältigung}}
* {{WikipediaDE|Arbeitsschutz}}
* {{WikipediaDE|Arbeitsschutz}}
* {{WikipediaDE|ISO 31000}}
* {{WikipediaDE|Arbeitsmedizin}}
* {{WikipediaDE|Arbeitsmedizinische Vorsorge}}
* {{WikipediaDE|Arbeitsschutzmanagementsystem}}
* {{WikipediaDE|Berufsgenossenschaft|Berufsgenossenschaften}}
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* {{WikipediaDE|Berufsgenossenschaft}} (BGs)
* {{WikipediaDE|Gesundheitsmanagement}}
* {{WikipediaDE|Betriebliches Gesundheitsmanagement}} (BGM)
* {{WikipediaDE|Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung}} (DGUV)
* {{WikipediaDE|Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin}} (BAuA)
* {{WikipediaDE|Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz}} (EU-OSHA)
* {{WikipediaDE|Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau}} (SVLFG)


== Literatur ==
== Literatur ==
* Marc Diederichs: ''Risikomanagement und Risikocontrolling : Risikocontrolling – ein integrierter Bestandteil einer modernen Risikomanagement-Konzeption''. (= Controlling Praxis). Vahlen, München 2004, ISBN 3-8006-3084-2.
; Deutschland
* Tom DeMarco, Timothy Lister: ''Bärentango.'' ISBN 3-446-22333-9.
* Bundesministerium für Arbeit und Soziales: ''Übersicht über das Arbeitsrecht / Arbeitsschutzrecht'', Januar 2008, ISBN 978-3-8214-7281-2 (Buch mit CD)
* Roland Erben, Frank Romeike: ''Allein auf stürmischer See.'' Wiley-VCH, 2004, ISBN 3-527-50073-1.
* Rolf Satzer, Max Geray: ''Stress – Psyche – Gesundheit, das START-Verfahren zur Gefährdungsbeurteilung von Arbeitsbelastungen'', Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-7663-3683-5
* Christoph Gebler: ''Risikomanagement und Rating für Unternehmer.'' Beuth, 2005, ISBN 3-410-16110-4.
*Arbeitsschutz von A–Z. Haufe Praxisratgeber. 5. Auflage 2009
* Werner Gleißner: Grundlagen des Risikomanagements. 3. Auflage. Vahlen, 2017, ISBN 978-3-8006-3767-6.
*DGUV-Jahrbuch 2013/2014, Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V.
* John C. Hull: ''Risikomanagement – Banken, Versicherungen und andere Finanzinstitutionen.'' Pearson Studium, München 2011, ISBN 978-3-86894-043-5.
 
* Detlef Keitsch: ''Risikomanagement.'' Schäffer-Poeschel, 2004, ISBN 3-7910-2295-4.
== Weblinks ==
* C. Locher, J. I. Mehlau, R. Hackenberg, O. Wild: ''Risikomanagement in Finanzwirtschaft und Industrie.'' 2004.
{{Commonscat|Occupational safety and health|Arbeitsschutz}}
* Frank Romeike, Peter Hager: ''Erfolgsfaktor Risiko-Management 2.0.'' 2. Auflage. Gabler-Verlag, 2009, ISBN 978-3-8349-0895-7.
; International
* ''Worst Case. Zwischen Angst, Alarm und Gelassenheit.'' Themenheft der ''Schweizer Monatshefte.'' September/Oktober 2006.
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* [http://www.arbeitssicherheit-online.com/seite_international.htm Internationale Links zur Arbeitssicherheit]
;Europa
* [http://ec.europa.eu/health-eu/my_environment/at_work/index_de.htm EU-Gesundheitsportal – Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz]
* [http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=82&langId=de Rechte am Arbeitsplatz], Europäische Kommission: Beschäftigung, Soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit
* [https://www.praeventionsforum-plus.info/ Präventionsforum+ - Offizielle Suchmaschine zum Arbeits- und Gesundheitsschutz für Deutschland, Österreich und die Schweiz]
* [https://osha.europa.eu/de Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz] (EU-OSHA)
; Deutschland
{{Wikisource|Bekanntmachung, betreffend die Einrichtung und den Betrieb der Bleifarben- und Bleizuckerfabriken|Bekanntmachung, betreffend die Einrichtung und den Betrieb der Bleifarben- und Bleizuckerfabriken (Deutschland, 1886)}}
* [https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Rechtstexte-und-Technische-Regeln_node.html Rechtstexte und Technische Regeln] bei der [http://www.baua.de/ Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)]
* [http://www.dguv.de Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung] (DGUV)
* [http://www.gefaehrdungsbeurteilung.de/ Portal Gefährdungsbeurteilung]
; Österreich
* [http://www.a-expert.at/ CD-ROM ArbeitnehmerInnenschutz expert]
* [http://www.auva.at/ Allgemeine Unfallversicherungsanstalt]
; Schweiz
* [http://www.ekas.ch/ Eidgenössische Koordinationskommission für Arbeitssicherheit]
* [http://www.suva.ch/ Schweizerische Unfallversicherungsanstalt]
* [http://www.admin.ch/ch/d/sr/c832_311_141.html Bauarbeitenverordnung]


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
<references />
<references />


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Version vom 14. April 2019, 11:58 Uhr

Als Arbeitsschutz bzw. Arbeitnehmerschutz werden die Maßnahmen, Mittel und Methoden zum Schutz der Beschäftigten vor arbeitsbedingten Sicherheits- und Gesundheitsgefährdungen verstanden. Das angestrebte Ziel ist die Verhütung von Arbeitsunfällen und der Schutz der Gesundheit der Beschäftigten.

Der Begriff des Beschäftigten ist im Arbeitsschutzgesetz bewusst weit gefasst. Er beinhaltet alle Personen, die durch eine andere (natürliche oder juristische) Person im Rahmen einer Organisation tatsächlich in Anspruch genommen werden.[1] Darunter fallen insbesondere Arbeitnehmer, aber auch Beamte, Richter und Soldaten; Auszubildende, Umschüler, Praktikanten, Volontäre; Postulanten und Novizen; Schüler und Studenten; Beschäftigte in einer Werkstatt für behinderte Menschen; arbeitnehmerähnliche Personen; Helfer im Rahmen eines Freiwilligen Jahres, z. B. FSJ oder FÖJ; Kirchenbedienstete einschließlich Mönche, Nonnen, Diakonissen; Tätigkeiten im Rahmen einer Arbeitstherapie; Strafgefangene; ehrenamtliche Mitarbeiter von z. B. Freiwilligen Feuerwehren oder Hilfsorganisationen.[2] Ausdrücklich nicht zu den Beschäftigten im Sinne des Arbeitsschutzgesetzes zählen Hausangestellte in privaten Haushalten und bedingt Beschäftigte auf Seeschiffen und in Betrieben, die dem Bundesberggesetz unterliegen.

In den deutschsprachigen Staaten werden zum Teil unterschiedliche, allerdings weitgehend synonyme, Begriffe für den in Deutschland gängigen Begriff Arbeitsschutz verwendet. Die gängigsten Synonyme sind „Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit“ und „Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz“. In Österreich ist der Begriff des Arbeitnehmerschutzes oder des ArbeitnehmerInnenschutzes verbreitet, in der Schweiz die Begriffe der Arbeitssicherheit und der „Gesundheitsschutz“. Die unterschiedlichen Begriffe hängen zum Teil von den namentlich unterschiedlichen gesetzlichen Grundlagen ab.

Historisch wurde für den Arbeitsschutz auch der Begriff Gewerbehygiene verwendet.[3][4]

Zu unterscheiden ist Arbeitssicherheit (Unfallverhütung) von Arbeitsplatzsicherheit, also dem Schutz vor Verlust der Anstellung (Arbeitslosigkeit).

Grundlagen

Der Arbeitsschutz beschäftigt sich unter anderem mit der Vermeidung von Arbeitsunfällen, der Verringerung ihrer Folgen (z. B. durch Eliminierung von Gefahren, zusätzlichen Schutzmaßnahmen, Persönlicher Schutzausrüstung (PSA), Leitmerkmalmethode usw.), dem Gesundheitsschutz (langfristige = chronische sowie kurzzeitig auftretende = akute Einwirkung; zum Beispiel Gefahrstoffe, Lärm, psychische Belastungen usw.) und dem personenbezogenen Schutz (beispielsweise Mutterschutz, Jugendschutz) bei der Arbeit. Im Betrieb kann er im Arbeitsschutzmanagement über ein Arbeitsschutzmanagementsystem (AMS) umgesetzt werden.

Arten des Arbeitsschutzes

Beim Arbeitsschutz kann man zwischen dem allgemeinen und dem sozialen Arbeitsschutz unterscheiden.

Der allgemeine Arbeitsschutz soll Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer schützen, ihre Arbeitskraft erhalten, sowie die Arbeit menschengerecht gestalten. Sobald der Arbeitgeber, sei es mittels Dienstanweisung Sicherheitsvorschriften erlässt oder einer entsprechenden Betriebsvereinbarung zustimmt, sind diese grundsätzlich für die Arbeitnehmer zwingendes Recht des Arbeitsverhältnisses. Elementare Sicherheitsvorschriften, die Arbeitnehmer vor erheblichen Gesundheitsgefahren schützen sollen, sind daher von diesen unbedingt einzuhalten. Verstöße können zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen, bis hin zur gegebenenfalls fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses führen.

Der soziale Arbeitsschutz beinhaltet allgemeine Dinge wie zum Beispiel Arbeitszeiten, Jugendarbeitsschutz oder Mutterschutz.

Nationales

Europa

In den jeweiligen Mitgliedsstaaten der EU existieren unterschiedliche Arbeitsschutzstandards. Zur Verbesserung des Arbeitsschutzes und Vermeidung der Konkurrenzsituationen zwischen den Mitgliedsstaaten infolge von Ausnutzung wirtschaftlicher Standortvorteile auf Kosten des Arbeitsschutzes ist vom Rat der EG die sogenannte Rahmenrichtlinie für Arbeitsschutz verabschiedet worden (89/391 EWG vom 12. Juni 1989)[5]. Die Rahmenrichtlinie definiert Mindestanforderungen und deckt die wesentlichen Risiken im Bereich der Arbeitsumwelt für den Sicherheits- und Gesundheitsschutz sowie die Arbeitshygiene ab. Europäische Koordinationseinrichtung ist das Senior Labour Inspectors Committee.

Deutschland

In Deutschland wird der Arbeitsschutz in einem dualen System überwacht:

  1. durch die Aufsichtsbehörden der Länder (Bezeichnungen: Regierungspräsidien (Hessen), Struktur- und Genehmigungsdirektionen (Rheinland-Pfalz), Landkreise und kreisfreie Städte (Baden-Württemberg), Gewerbeaufsichtsamt, Staatliches Amt für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik, Amt für Arbeitsschutz, Landesamt für Arbeitsschutz). Für den Bund und die Bundesbehörden einschließlich der mittelbaren Bundesverwaltung, zu denen der Bundesaufsicht unterstehende Sozialversicherungen (Bundesagentur für Arbeit), gehören, ist im Auftrag der zentralen Arbeitsschutzkommission beim Ministerium des Inneren die Unfallkasse des Bundes zuständig. In NRW ist der technische sowie der betriebliche Arbeitsschutz in den zuständigen Bezirksregierungen beheimatet.
  2. durch die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung, insbesondere die gewerblichen Berufsgenossenschaften und Unfallkassen.

In diesem Forschungszweig ist als Bundesbehörde auch die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) tätig.

Organe des Arbeitsschutzes

SiFa und BA

Arbeitsschutz im Betrieb wird durch den Unternehmer / Arbeitgeber und die verantwortlichen Führungskräfte organisiert und realisiert. Fachlich beraten werden sie dabei durch die Fachkraft für Arbeitssicherheit (SiFa) und den Betriebsarzt (BA). Diese sind der Geschäftsleitung als Stabsstellen beigestellt und sind in ihrer Tätigkeit weisungsfrei. Sie beraten das Unternehmen hinsichtlich der Arbeitssicherheit, äußern Empfehlungen, führen Begehungen durch usw. Da vom Grundsatz her jedoch keine Weisungsbefugnis besteht, greifen die Fachkraft für Arbeitssicherheit (SiFa) und der Betriebsarzt nur bei Gefahr im Verzug ein.

ASA-Sitzung

In regelmäßigen Abständen (mindestens vier Mal im Jahr) trifft sich der Arbeitsschutzausschuss (ASA). Hier werden alle Themen des Arbeitsschutzes besprochen, Ziele gesetzt, Meilensteine überprüft, Anregungen und Kritik geübt uvm. Der ASA besteht aus Vertretern der Geschäftsführung, Führungskräften, der SiFa (welche in der Regel auch die Moderation übernimmt), dem Betriebsarzt, Mitgliedern des Betriebsrats, den Sicherheitsbeauftragten (Sibe) und gegebenenfalls von Maßnahmen betroffene Mitarbeitern.

Interne und externe Arbeitsschutzexperten

Jeder Arbeitgeber ab einem Mitarbeiter ist verpflichtet, sich um den Arbeitsschutz zu kümmern. Für Kleinunternehmen besteht die Möglichkeit, im so genannten Arbeitgebermodell selbst die Aufgaben zu übernehmen – nach vorheriger Schulung des Unternehmers durch die Berufsgenossenschaften. Sonst können externe Honorarkräfte verpflichtet werden. Großunternehmen haben in der Regel eigene Abteilungen mit vollzeitig tätigen Betriebsärzten und Fachkräften für Arbeitssicherheit.

Geschichte

Grabstein eines beim Läuten tödlich verunglückten Jungen aus dem Jahre 1783

Technischer und sozialer Arbeitsschutz wurden im 19. Jahrhundert in Preußen eingeführt, weil sich weite Teile des Bürgertums empörten, die Arbeiterbewegung erstarkte[6] und auch, weil durch Kinderarbeit der Gesundheitszustand der Rekruten als mangelhaft erschien. Dazu erließ König Friedrich Wilhelm III. im Jahr 1839 das fortschrittliche Preußische Regulativ.

Die preußische Gewerbeordnung, die später zur Grundlage der Gewerbeordnung des Deutschen Reichs wurde, verpflichtete die Arbeitgeber, Maßnahmen zum Schutz ihrer Arbeiter zu ergreifen. Es entstand der Begriff des „Arbeiterschutzes“.[7] Eine zentrale Rolle spielten dabei schon früh die Fabrikinspektoren und zunehmend auch Fabrikinstpektorinnen, die für die Durchsetzung der Gesestze in den Fabriken sorgten.

1884 wurde unter Bismarck das Unfallversicherungsgesetz verabschiedet, das auch zur Gründung der Berufsgenossenschaften führte. 1924 wurde in Berlin die Klinik für Berufskrankheiten eingerichtet und 1933 zum Universitätsinstitut ausgebaut.

In den 1920er Jahren wurde, mit Blick auf die erfolgreiche amerikanische „Safety first“-Bewegung, beim Eisen- und Stahlwerk Hoesch in Dortmund die Unfallverhütungsarbeit aufgenommen. Mit organisatorischen Maßnahmen, u. a. die Bestellung zweier Sicherheitsingenieure, und der Sensibilisierung der Arbeiter u. a. durch Vorträge, Plakate und Werbung für Unfallverhütung mittels Aufschriften an Gebäuden, sollte die Zahl der Unfälle verringert werden.[8]

Zum Ende des 19. Jahrhunderts hin wurden Schritt für Schritt auch die Angestellten und Beamten durch gesetzliche Regelungen vor arbeitsbedingten Gefahren geschützt. Aus dem „Arbeiterschutz“ wurde der „Arbeitsschutz“.

1974 trat das Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit (Arbeitssicherheitsgesetz) in Kraft.

Gesetzliche Verankerung

Die Verpflichtung des Unternehmers zu Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz resultiert aus der Reichsversicherungsordnung und ist heute im Sozialgesetzbuch VII (SGB VII) festgeschrieben.

Gesetze, Verordnungen und Richtlinien

Die deutschen Gesetze werden nun mehr fast ausschließlich durch die Umsetzung europäischer Richtlinien (internationale Harmonisierung) beeinflusst. Aktuell hat sich die folgende Struktur entwickelt:

Fertigspritze entspr. Trba250
Arbeitsschutz und Mitbestimmung
Arbeitsschutzkontrolle
Weitgehende Mitbestimmungsmöglichkeiten

Im Unterschied zur früheren Gesetzgebung gibt das europäischen Vorschriften folgende Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) den Unternehmen einen sehr weiten Ermessensspielraum bei der Umsetzung, um den konkreten Gegebenheiten eines Betriebs gerecht werden zu können. Da das Arbeitsschutzgesetz eine Rahmenvorschriften ohne detaillierte Vorgaben ist, erweitert es nicht nur Spielraum und Verantwortung des Arbeitgebers, sondern bietet zusammen mit dem Betriebsverfassungsgesetz den Betriebsräten sehr weitgehende Mitbestimmungs- und Gestaltungsmöglichkeiten. So können in Unternehmen mit Betriebsräten oder Personalräten die Anforderungen des ArbSchG unter anderem mit freiwilligen Betriebsvereinbarungen umgesetzt werden[9]. Konkret fordert das Gesetz in einem präventiven Ansatz auch für die Arbeitsplanung Gefährdungsbeurteilungen, eine auf diesen Beurteilungen basierende Festlegung von Arbeitsschutzmaßnahmen, die Umsetzung dieser Maßnahmen und Wirksamkeitskontrollen. Es besteht die Pflicht zur Dokumentation. Daraus ergibt sich für den Arbeitgeber die Aufgabe, durch Fehlbelastungen verursachte Gefährdungen zu vermeiden sowie arbeitsbedingten Erkrankungen vorzubeugen. Für Betriebsräte besteht dabei eine Pflicht[10] zur Mitbestimmung.

Unterweisung

Ein wesentliches Element des Arbeitsschutzes sind die Unterweisungen. Deren Gestaltung und Durchführung ist ebenfalls mitbestimmt. So fordert § 12 Abs. 1 des Arbeitsschutzgesetzes, dass Mitarbeiter während der Arbeitszeit ausreichend und angemessen unterwiesen werden. Art und Weise sowie der Umfang einer Unterweisung müssen in einem angemessenen Verhältnis zur vorhandenen Gefährdungssituation und der Qualifikation der Versicherten stehen. Auch die Unterweisung ist eine Arbeitsschutzmaßnahme, die auf einer Gefährdungsbeurteilung basiert.[11]

Audits von Arbeitsschutzmanagementsystemen

In Betrieben mit einem Arbeitsschutzmanagementsystem (AMS) nimmt die Arbeitnehmervertretung auch an den externen Audits der Zertifizierungsgesellschaften teil. Dabei handelt es sich um das Zertifizierungsaudit, die Re-Zertifizierungsaudits und die Zwischenaudits. Die Teilnahme an den Audits ist wichtig, weil die Gewerbeaufsicht Betriebe mit einem AMS bei unternehmensinitiierten Kontrollen „entlastet“ überprüfen kann. Die behördliche Kontrolle verlässt sich dabei auf die Audits durch Firmen, deren Auftraggeber der Arbeitgeber ist. Bei unaufmerksamen Audits und vereinfachten Kontrollen durch die Gewerbeaufsicht besteht die Gefahr einer unzureichenden Überwachung der Qualität des Arbeitsschutzes.

Im Standard ISO 45001 für AMS gibt es einen Absatz zur Konsultation und Beteiligung von Beschäftigten. Betriebsräten in zertifizierten Betrieben sollten diese bekannt sein.

Probleme unzureichender Arbeitsschutz-Kontrolle

Nach einer Recherche des ARD-Magazins Plusminus ist in Deutschland die Zahl der Arbeitsschutz-Kontrollen von 1996 bis 2017 um zwei Drittel von etwa 600.000 auf 200.000 Kontrollen pro Jahr zurückgegangen.[12] Dies ist auf einen massiven Stellenabbau in den Arbeitsschutzbehörden zurückzuführen. Gleichzeitig steigt die Zahl der Betriebe und Vorschriften. Dadurch gäbe es heute nur noch so wenige Arbeitsschutz-Kontrolleure, dass ein Betrieb in Deutschland statistisch damit rechnen müsse, lediglich alle 30 Jahre kontrolliert zu werden. So kann beispielsweise die Gewerbeaufsicht Stuttgart von den etwa 21.000 Baustellen im Jahr nur 30 Baustellen kontrollieren. Durch dieses Missverhältnis ist Deutschland auf Europaebene in Sachen Arbeitsschutz gemeinsam mit Bulgarien und Ungarn Schlusslicht.

In deutschen Betrieben sterben durchschnittlich zwei Menschen pro Arbeitstag.

Österreich

Unter Arbeitsschutz bzw. Arbeitnehmerschutz versteht man in Österreich die Summe aller Vorkehrungen und Aktivitäten, die den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Menschen bei ihrer beruflichen Tätigkeit zum Ziele haben. Dieses Gebiet wird exakter als ArbeitnehmerInnenschutz bezeichnet.

Der Arbeitnehmerschutz in Österreich ist (wie in vielen anderen europäischen Ländern auch) wesentlich durch die Arbeitsschutz-Richtlinien der EU bestimmt. Auf diesen Richtlinien basieren die meisten der nationalen Arbeitnehmerschutzgesetze und -verordnungen, wie das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) oder die Arbeitsstättenverordnung.

Eine Übersicht über die Bestimmungen des ASchG gibt die Broschüre „Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz“. Eine Volltextdatenbank aller österreichischen ArbeitnehmerInnenschutzvorschriften und der relevanten Nebenbestimmungen samt erläuternden Anmerkungen erscheint seit 1997 als CD-ROM und wird regelmäßig aktualisiert.[13]

Die Arbeitsinspektion ist die wichtigste gesetzlich beauftragte Behörde zur Bekämpfung von Defiziten im Sicherheits- und Gesundheitsschutz bei der Arbeit in Österreich. Durch eine bundesweit homogene Vollzugspraxis werden die Ansprüche nach gleichen Rechten und fairem Wettbewerb in der Arbeitswelt sichergestellt. Sie trägt so zur Vermeidung von Unfällen und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren, zur Weiterentwicklung der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes sowie zur gesellschaftlichen Akzeptanz des Arbeitnehmerschutzes bei. Die Arbeitsinspektion ist mit einer eigenen Website im Internet vertreten. Die Palette der Themen reicht von den allgemeinen Schutzbestimmungen bei der Arbeit, der Gestaltung von Arbeitsstätten und beim Einsatz von Arbeitsmitteln bis zu Arbeitszeitregelungen und dem Schutz für bestimmte Personengruppen in der Arbeitswelt.

Geschichte

Eine detaillierte Darstellung der Entwicklung der ArbeitnehmerInnenschutzbestimmungen in Österreich seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts ist als Buchbeitrag zugänglich.[14]

1883 wurde in Österreich-Ungarn durch die Schaffung der Gewerbeinspection eine relativ umfassende Überwachungsbehörde eingerichtet. Eine Änderung der Gewerbeordnung im Jahr 1885 setzte einige Arbeiterschutzregelungen fest. So wurde beispielsweise die maximale Arbeitszeit für Fabrikarbeiter (ab dem 14. Lebensjahr) auf 11 Stunden fixiert. Kinderarbeit bis zum 14. Lebensjahr wurde verboten, ebenso die Nachtarbeit für Frauen und für Jugendliche (bis 16). Allerdings galten die Verbote nur im Bereich der Gewerbeordnung, wurden vielfach nicht eingehalten und es bestanden zahlreiche Ausnahmen.

Schweiz

In der Schweiz wird die Regelung der Arbeitssicherheit nach dem Unfallversicherungsgesetz (UVG) von der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) und der Eidgenössischen Koordinationskommission für Arbeitssicherheit (EKAS) übernommen.

Der Gesundheitsschutz der Schweiz ist im Arbeitsgesetz geregelt und hat zum Ziel, die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen vor gesundheitlichen Gefahren zu schützen. Das Gesetz ist anwendbar auf alle öffentlichen und privaten Betriebe insbesondere auf die Betriebe der Industrie, des Gewerbes und Handels.

Im Arbeitsgesetz werden besonders die Arbeitszeit (wöchentliche Höchstarbeitszeiten, Überzeit, Ruhezeiten und Pausen), Nachtarbeit, Sonntagsarbeit, Schichtarbeit und ununterbrochener Betrieb, Sonderschutz für Jugendliche, Schwangere und Mütter, industrielle Betriebe sowie der Gesundheitsschutz ganz allgemein festgelegt.

Vereinigtes Königreich

In Großbritannien werden Arbeitsschutzbestimmungen von der Health and Safety Executive geregelt.

Siehe auch

Literatur

Deutschland
  • Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Übersicht über das Arbeitsrecht / Arbeitsschutzrecht, Januar 2008, ISBN 978-3-8214-7281-2 (Buch mit CD)
  • Rolf Satzer, Max Geray: Stress – Psyche – Gesundheit, das START-Verfahren zur Gefährdungsbeurteilung von Arbeitsbelastungen, Frankfurt am Main 2008, ISBN 978-3-7663-3683-5
  • Arbeitsschutz von A–Z. Haufe Praxisratgeber. 5. Auflage 2009
  • DGUV-Jahrbuch 2013/2014, Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V.

Weblinks

Commons: Arbeitsschutz - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
International
Europa
Deutschland
Österreich
Schweiz

Einzelnachweise

  1. Wolfhard Kohte, Kommentar zu § 2 ArbSchG, in: Norbert Kollmer, Thomas Klindt, Arbeitsschutzgesetz. Kommentar. Zweite Auflage. München: Beck 2011, unter Bezugnahme auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster (NJW 1987, 1443).
  2. Die Aufzählung folgt meist den fettgedruckten Stichwörtern bei Kohte, Kommentar zu § 2 ArbSchG, Randnummern 47 bis 114.
  3. http://de.academic.ru/dic.nsf/meyers/50455/Gewerbehygiene
  4. http://de.academic.ru/dic.nsf/technik/9483/Gewerbehygiene
  5.  Europäische Union (Hrsg.): Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit. In: EUR-Lex. 12. Juni 1989 (Vorlage:EUR-Lex-Rechtsakt, abgerufen am 28. Mai 2013).
  6. Christina von Hodenberg: Aufstand der Weber. Die Revolte von 1844 und ihr Aufstieg zum Mythos. Bonn 1997.
  7. Zum „Arbeiterschutz“ im 19. Jahrhundert vgl. Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867 bis 1914, I. Abteilung: Von der Reichsgründungszeit bis zur Kaiserlichen Sozialbotschaft (1867-1881), 3. Band: Arbeiterschutz, bearbeitet von Wolfgang Ayaß, Stuttgart/ Jena/ New York 1996; Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867 bis 1914, II. Abteilung: Von der Kaiserlichen Sozialbotschaft bis zu den Februarerlassen Wilhelms II. (1881-1890), 3. Band: Arbeiterschutz, bearbeitet von Wolfgang Ayaß, Darmstadt 1998; Quellensammlung zur Geschichte der deutschen Sozialpolitik 1867 bis 1914, III. Abteilung: Ausbau und Differenzierung der Sozialpolitik seit Beginn des Neuen Kurses (1890-1904), 3. Band, Arbeiterschutz, bearbeitet von Wolfgang Ayaß, Darmstadt 2005.
  8. H. Bitter: Die Unfallverhütung beim Eisen- und Stahlwerk Hoesch, in: Stahl und Eisen, Bd. 47, Heft 14 (1927), S. 569–576.
  9. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG in Verbindung mit ArbSchG
    Jens Gäbert, Brigitte Maschmann-Schulz: Mitbestimmung im Gesundheitsschutz, 2008, ISBN 978-3-7663-3498-5
    Michael Kittner, Ralf Pieper: Arbeitsschutzgesetz, 2007, ISBN 978-3-7663-3201-1
    Bernd-Jürgen Vorath, Ralf Pieper: Handbuch Arbeitsschutz, Kapitel 2.7.4 Mitbestimmung, 2005, ISBN 978-3-7663-3558-6
  10. BAG, 8. Juni 2004: Entscheidungen AZ 1 ABR 4/03 und AZ 1 ABR 13/03
  11. BAG, 11. Januar 2011, AZ 1 ABR 104/09
  12. Arbeitsschutz: Sparen auf Kosten der Sicherheit, auf daserste.de, vom 19. September 2018.
  13. CD-ROM „ArbeitnehmerInnenschutz expert“
  14. Joe Püringer: Die Entwicklung des Arbeitsrechts in Österreich, in: Ausbildung zur Sicherheitsfachkraft, Band 1, 4. Aufl., Wien 2006, ISBN 3-901983-67-8, S. 25–99.


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