Quantenlogik und Deontische Logik: Unterschied zwischen den Seiten

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Als '''Quantenlogik''' ({{enS|''quantum logic''}}) werden Versuche bezeichnet, ein [[Kalkül#Kalküle in der Logik|logisches System]] zu formulieren, das den Prinzipien der [[Quantenmechanik]] gerecht wird.
'''Deontische Logik''' ist der Bereich der  [[Logik]], in dem es um normative Begriffe wie [[Verpflichtung]], [[Erlaubnis]] usw. geht. Eine bestimmte deontische Logik ist ein formales System, in dem es für derartige Begriffe formale Ausdrücke gibt, üblicherweise ''OA'' für eine Verpflichtung, A zu tun, und ''PA'' für die Erlaubnis, A zu tun. Der Begriff ''deontisch'' entstammt dem [[Altgriechisch]]en δέον ''déon'' (Gen. δέοντος ''déontos''), deutsch: ''das Nötige'', ''das Angemessene''.


Die Strukturen der Quantenphysik wirken paradox und sind teilweise schwer nachzuvollziehen. Fragestellungen wie die, ob [[Schrödingers Katze]] lebt, fordern das Verständnis heraus. Im Kontext der mathematischen Strukturen der ''Schrödingergleichung'' und der ''Heisenbergschen Unschärferelation'' wurde deshalb eine Logik gesucht, die Deutungen der Quantenmechanik wie dem [[Komplementaritätsprinzip]] oder dem [[Korrespondenzprinzip#Das Korrespondenzprinzip in der modernen Quantenmechanik|Korrespondenzprinzip]] nachempfunden ist. Dazu musste die herkömmliche Logik modifiziert werden.
== Geschichte ==
=== Frühe Deontische Logik ===
Philosophen der [[Indien|indische]]n [[Mimansa|Mimamsa Schule]] und der [[Antikes Griechenland|Alten Griechen]] bemerkten die formalen logischen Relationen der deontischen Konzepte<ref name=Greece>Huisjes, C. H., 1981, "Norms and logic," Thesis, University of Groningen</ref>. Philosophen des späten [[Mittelalterliche Philosophie|Mittelalter]]s verglichen deontische Konzepte mit [[Modalität (Philosophie)#Modalitäten im engeren Sinn|alethischen]].<ref name=ones>Knuuttila, Simo, 1981, “The Emergence of Deontic Logic in the Fourteenth Century,” in New Studies in Deontic Logic, Ed. Hilpinen, Risto, pp. 225-248, University of Turku, Turku, Finland: D. Reidel Publishing Company.</ref> In ''Elementa juris naturalis'' bemerkte [[Leibniz]], die logischen Relationen zwischen ''licitum'' (erlaubt), ''illicitum'' (verboten), ''debitum'' (geboten) und ''indifferens'' (egal) seien äquivalent zu denen zwischen ''possibile'' (möglich), ''impossibile'' (unmöglich), ''necessarium'' (notwendig) und ''contingens'' (kontingent).


Es gibt im Wesentlichen drei verschiedene Ansätze zur Quantenlogik:
=== Mallys erste Deontische Logik ===
* [[John von Neumann]] und [[Garrett Birkhoff]] entdeckten als erste in den mathematischen Strukturen der Quantenphysik ([[Hilbertraum]], [[Hamiltonoperator]]) eine von der bis dahin üblichen [[Boolesche Algebra|Booleschen Algebra]] abweichende so genannte orthomodulare Logik.
[[Ernst Mally]], ein Schüler von [[Alexius Meinong]], war der erste, der ein formales System der deontischen Logik in ''Grundgesetze des Sollens'' vorschlug, er gründete dieses auf die Syntax von Whiteheads und Russells [[Aussagenkalkül]]. Mallys deontisches Vokabular bestand aus den logischen Konstanten U und ∩, dem einwertigen Junktor ! und den zweiwertigen Junktoren f und ∞.<br />
* [[Hans Reichenbach (Physiker)|Hans Reichenbach]] und andere entwickelten aus einer Wahrscheinlichkeitslogik eine [[Dreiwertige Logik|dreiwertige]] Quantenlogik mit den Wahrheitswerten wahr, falsch und unbestimmt.
: * Mally las !A als "A soll der Fall sein".<br />* Er las A f B als "A benötigt B" .<br />* Er las A ∞ B als "A und B benötigen einander."<br />* Er las U als "bedingungslose Verpflichtung".<br />* Er las ∩ als "bedingungsloses Verbot".
* [[Peter Mittelstaedt]], Ernst-Walther Stachow und [[Carl Friedrich von Weizsäcker]] entwickelten die [[dialogische Logik]] zu einer [[Temporale Logik|zeitlichen Logik]] der Quantenprozesse um.
Mally definierte f, ∞ und ∩ wie folgt:
: Def. f. A f B = A → !B<br />Def. ∞. A ∞ B = (A f B) & (B f A)<br />Def. ∩. ∩ = ¬U
Mally schlug fünf informelle Prinzipien vor:
: (i) Falls A B benötigt und falls aus B C folgt, dann benötigt A C.<br />(ii) Falls A B benötigt und falls A C benötigt, dann benötigt A B und C.<br />(iii) A benötigt B falls und nur falls es verpflichtend ist, dass B aus A folgt.<br />(iv) Die bedingungslose Verpflichtung ist verpflichtend.<br />(v) Die bedingungslose Verpflichtung benötigt nicht ihre eigene Negation.
Er formalisierte diese Prinzipien als seine Axiome:
: I. ((A f B) & (B → C)) → (A f C)<br />II. ((A f B) & (A f C)) → (A f (B & C))<br />III. (A f B) ↔ !(A → B)<br />IV. ∃U !U<br />V. ¬(U f ∩)
Aus diesen Axiomen deduzierte Mally 35 Theoreme, von denen er viele seltsam fand. Die Axiome III. und IV. vermengen Faktensätze und Normen und verstoßen somit gegen [[Humes Gesetz]]. [[Karl Menger]] zeigte, dass !A ↔ A ein Theorem ist, so dass die Einführung des Zeichens ! irrelevant ist, weil bei Mally A sein soll, wenn A der Fall ist,<ref name=A>Menger, Karl, 1939, "A logic of the doubtful: On optative and imperative logic," in Reports of a Mathematical Colloquium, 2nd series, 2nd issue, pp. 53-64, Notre Dame, Indiana: Indiana University Press.</ref> was Mallys System diskreditierte.<ref>[http://plato.stanford.edu/entries/mally-deontic/ ''Mally's Deontic Logic''] von [[Gert Lokhorst]] bei der [[Stanford Encyclopedia of Philosophy]]</ref> Mally führte den Begriff "deontisch" im Deutschen ein.<ref>Mally, ''Deontik'', 1926</ref>


[[Hilary Putnam]] nahm 1968 die Quantenlogik zum Anlass, die a-priori-Geltung logischer Gesetze insgesamt in Frage zu stellen, was eine Debatte um den Status logischer und algebraischer Gesetzmäßigkeiten auslöste.
=== Von Wrights erste sinnvolle Deontische Logik ===
Das erste sinnvolle System der deontischen Logik wurde von [[Georg Henrik von Wright|G. H. von Wright]] vorgeschlagen<ref>G. H. von Wright, ''Deontic Logic'' in: ''Mind'', 1951</ref><ref>Albert J.J. Anglberger, ''Eine Mögliche-Welten-Semantik für G. H. von Wrights ersten Kalkül der deontischen Logik'' in: ''Conceptus-Zeitschrift für Philosophie'', Nr. 89–90, 2004 </ref>. Von Wright führte den Begriff '''deontic''' im Englischen ein. Seither haben viele Philosophen und Informatiker viele Systeme der deontischen Logik entwickelt. Trotzdem blieb die deontische Logik eines der umstrittensten Teilgebiete der Logik.<ref>Albert J.J. Anglberger, ''Non-Kognitivismus und Normenlogik: Betrachtungen zu einer mehrwertigen Mögliche-Welten-Semantik'', in: Kreuzbauer, G./Gratzl, N./Hiebl, E. (Eds.): ''Persuasion und Wissenschaft: Aktuelle Fragestellungen von Rhetorik und Argumentationstheorie 2006'', Wien, LIT-Verlag, 2007</ref>


== Überblick ==
G. H. von Wright gründete 1951 seine deontische Logik nicht auf die Syntax des Aussagenkalküls wie Mally, sondern auf die alethische [[Modallogik]] von Leibniz, die Mally nicht beachtet hatte. Doch 1964 kehrte er in ''A New System of Deontic Logic'' zur Syntax des Aussagenkalküls zurück, was er in ''Deontic Logic: A Personal View'' und ''A New System of Deontic Logic'' näher erläuterte.
=== Ausgangsproblem ===
Zusammen mit der Relativitätstheorie wirkte die etwa 1900 entstandene Quantenphysik wie eine Revolution der Physik. Das [[Doppelspaltexperiment]] warf etliche Fragen auf, insbesondere, ob [[Elektron]]en oder [[Lichtquant]]en [[Welle-Teilchen-Dualismus|Teilchen oder Wellen]] sind. Im Jahre 1926 erschienen sechs Arbeiten von [[Erwin Schrödinger]], die schließlich zu einer komplexen [[Differentialgleichung]] führten, die man [[Schrödingergleichung]] nennt. 1927 wurde die [[Heisenbergsche Unschärferelation]] formuliert.<ref>Friedrich Hund: ''Geschichte der Quantentheorie''. 3. Auflage 1984.</ref> Sie besagt, dass zwei [[Komplementäre Observablen|komplementäre]] Eigenschaften eines [[Teilchen (Physik)|Teilchens]] nicht gleichzeitig beliebig genau bestimmbar sind. Die Welt der [[Elementarteilchen]] schien ganz anders zu sein, als man es von der bisherigen Physik kannte.


Wenn man aus der Quantenmechanik eine Logik entwickeln will, wird das [[Distributivgesetz]] der Verknüpfung von [[Konjunktion (Logik)|und]] (<math>\wedge </math>) und [[Disjunktion|oder]] (<math>\vee </math>) verletzt.<ref>[[Klaus Mainzer]]: ''Quantentheorie''. In: Jürgen Mittelstraß (Hrsg.): ''Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie.'' Zweite Auflage. Band 6, Metzler 2016, S. 538.</ref> Das geht aus der Unschärferelation hervor:
== Klassische deontische Logik ==
* Es sei p die Aussage: „Das Elektron ist schnell“ (Die Messung des [[Impuls#Impuls in der Quantenmechanik|Impulses]] ergibt eine Zahl in einem bestimmten Intervall.)
* q sei die Aussage: „Das Elektron ist in einem linken Intervall“ und
* r sei die Aussage: „Das Elektron ist in einem rechten Intervall“.
q und r seien Aussagen über zwei benachbarte Ortsintervalle, die gemeinsam auch bei Unschärfe den Aufenthaltsort des Elektrons gewährleisten. Dann gilt zwar <math>p\wedge(q\vee r)</math>, aber gemäß der Unschärferelation nicht mehr unbedingt <math>(p\wedge q)\vee (p\wedge r)</math>.<ref>Peter Forrest: ''Quantum logic''. In: Edward Craig (Hrsg.): ''Routledge Encyclopedia of Philosophy''. Vol. 7, 1998, S. 882ff.</ref> Das Distributivgesetz besagt dagegen, dass beide Ausdrücke identisch sind. Dies führt also zum Ablehnen der [[Klassische Logik|klassischen distributiven Logik]], denn Impuls und Ort des Elektrons lassen sich nicht beide gleichzeitig genau bestimmen.


=== Fortgang ===
In von Wrights erstem System wurden Verpflichtbarkeit und Erlaubbarkeit als Handlungseigenschaften aufgefasst. Doch kurz darauf fand man heraus, dass man einer deontischen Logik von Aussagen eine einfache und elegante [[Kripke-Semantik]] geben konnte, und Wright schloss sich an. Die so spezifizierte deontische Logik wurde die "Klassische Deontische Logik", oft bezeichnet als '''SDL''', '''KD''' oder einfach '''D'''. Sie wird axiomatisiert durch die folgende Ergänzung der [[Klassische Logik|Klassischen Aussagen-Logik]]:
John von Neumann schlug zunächst vor,<ref>{{Literatur |Autor=John von Neumann |Titel=Mathematische Grundlagen der Quantenmechanik |Datum=1932}}</ref> Aussagen über beobachtbare physikalische Größen als Projektionen in einem [[Hilbertraum|Hilbert-Raum]] zu interpretieren. Einen geeigneten Kalkül entwickelten er und Birkhoff in ihrer Veröffentlichung aus dem Jahr 1936. Eine Axiomatisierung dieses Systems wurde von [[George Mackey]] unternommen.<ref>{{Literatur |Autor=George Mackey |Titel=Mathematical Foundations of Quantum Mechanics |Datum=1963}}</ref> Die quantenlogischen Forschungen wurden 1963–1968 vornehmlich in der Schweiz durch [[Josef-Maria Jauch]] und [[Constantin Piron]] fortgesetzt. [[Saul Kripke]]s Übertragung in einen modallogischen Kalkül bildete die Grundlage für die Arbeiten von [[Bas van Fraassen]] und später [[Maria L. Dalla Chiara]].


Parallel hatte Reichenbach begonnen, dreiwertige Logiken zur Beschreibung der Quantenmechanik einzusetzen. V. Weizsäckers Vorschlag zur Entwicklung eines dialogischen Kalküls wurde seit 1970 vor allem in [[Köln]] (Peter Mittelstaedt, Ernst-Walther Stachow) umgesetzt. Weitere Zentren der Forschung waren seit den 1970ern [[Genua]] (Enrico Beltrametti) und [[University of Massachusetts Amherst|Amherst]] (Charles H. Randall, David J. Foulis). 1976 fand ein erstes internationales Treffen von Quantenlogikern in [[Bad Homburg]] statt; es folgten [[Kolloquium|Kolloquien]] in [[Erice]]/Sizilien 1979 und in Köln 1984, bei denen die große Bandbreite der philosophischen, logischen, [[Linguistik|linguistischen]], [[Algebra|algebraischen]], geometrischen und wahrscheinlichkeitstheoretischen Forschungen zum Thema Quantenlogik sichtbar wurden, die heute in verschiedenen Sektionen der [[International Quantum Structures Association|IQSA]] vertreten sind.
: <math>O(A \rightarrow B) \rightarrow (OA \rightarrow OB)</math>
: <math>OA\to\lnot O\lnot A</math>


Mittelstaedt führte Erweiterungen der Quantenlogik zu einer Relativistischen Quantenlogik durch<ref>Peter Mittelstaedt: ''Relativistic Quantum Logic''. In: ''Int. Journal of Theor. Physics'' 22, 1983, S. 293–314.</ref> und erarbeitete eine [[Quantenontologie]]. Von Weizsäcker suchte nach einer [[Quantentheorie der Ur-Alternativen]], in der iteriert die Quantenlogik auf Ur-Alternativen angewandt wird.<ref>Carl Friedrich von Weizsäcker: ''Aufbau der Physik.'' Carl Hanser Verlag, 1985, Achtes Kapitel ''Rekonstruktion der abstrakten Quantentheorie.''</ref>
Die Axiome besagen:


=== Debatte um die Empirizität der Logik ===
* Falls es sein soll, dass A B impliziert, dann soll B sein, falls A sein soll.
Die Forschungen zur Quantenlogik brachten Fragen zum Status der Logik überhaupt auf. Ihre Abweichungen von der klassischen Logik stellen infrage, ob diese den physikalischen Zusammenhängen entspricht.<ref>Peter Schroeder-Heister: ''Logik, mehrwertige''. In: Jürgen Mittelstraß (Hrsg.): ''Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie.'' Zweite Auflage. Band 5, Metzler 2013, S. 62.</ref> Damit ist die Geltung der klassischen Logik infrage gestellt. Es lässt sich sogar bezweifeln, ob überhaupt ein einzelnes logisches System den Anspruch erheben kann, ein korrektes und adäquates Gerüst für eine wahrheitserhaltende Beschreibung naturwissenschaftlicher Prozesse und Zustände zu liefern. Von [[Hilary Putnam]]<ref>{{Literatur |Autor=Hilary Putnam |Titel=Is Logic empirical? |Sammelwerk=Boston Studies in the Philosophy of Science |Band=5 |Verlag=D. Reidel |Ort=Dodrecht |Datum=1968 |Seiten=216-241}}</ref> wurde prominent vorgeschlagen, dass nur eine Quantenlogik korrekt sein kann, deren Gültigkeit sich aber nicht analytisch uns erschließt, so dass es eine [[Empirismus|empirische]] Frage wird, welche Logik korrekt ist. Eine Erwiderung erfolgt vor allem durch [[Michael Dummett]],<ref>{{Literatur |Autor=Michael Dummet |Titel=Is Logic Empirical? |Sammelwerk=Contemporary British Philosophy |Band=4 |Datum=1976}}</ref> der das Problem an die [[Realismus (Philosophie)|moderne Realismusdebatte]] anschloss. Putnams Forderung nach der Infragestellung der Logik setzt ihm zufolge eine Realistische Position voraus, die jedoch ihrerseits sowohl die Distributivität als auch das Bivalenzprinzip der klassischen Logik voraussetzt. Die Frage nach einer Geltung der Logik für die Welt setzt voraus, dass die Aussagen, in der die Welt grundlegend beschrieben werden kann, wahr oder falsch sind.
* Falls A sein soll, dann ist es nicht verpflichtend, dass A nicht sei.


== Herangehensweisen im Einzelnen ==
''FA'' heißt, dass ''A'' verboten ist, und ist formal definiert als <math>O \lnot A</math> oder <math>\lnot PA</math>.
=== Aussagenlogischer Kalkül nach Birkhoff und von Neumann ===
In einem Arbeitspapier<ref>John von Neumann, Garrett Birkhoff: ''The logic of quantum mechanics''. In: ''Annals of Mathematics'' 37, 1936, S. 823–843.</ref> schlugen John von Neumann und Garrett Birkhoff 1936 vor, die Operatoren der Schrödingergleichung als [[Aussage]]n über das Quantensystem zu interpretieren:
* Den [[Observable#Von-Neumann'sche Theorie|Projektionsoperatoren]] entsprechen die [[Aussagenlogik|elementaren Aussagen]] der Logik.
* Den [[Eigenwertproblem|Eigenwerten]] 1 und 0 entsprechen die [[Wahrheitswert]]e dieser Logik.<ref>Carl Friedrich von Weizsäcker: ''Die Einheit der Natur''. Studien, Hanser, München 1971, 2. Auflage 1981, S. 242.</ref>
Damit war die Quantenlogik geboren. Sie wich allerdings in einigen Punkten von der herkömmlichen Logik ab. Das algebraisch formulierte Logiksystem der Booleschen Algebra musste überarbeitet werden.


Den algebraischen Beziehungen entsprechend gibt es Beziehungen zwischen den Aussagen, die einen [[Kalkül]] bilden, in dem – entgegen der klassischen [[Aussagenlogik]] – das [[Distributivgesetz]] durch die so genannte Orthomodularität ersetzt wird und das [[Tertium non datur]] nur noch eingeschränkt gilt.<ref>Peter Mittelstaedt: ''Quantum Logic''. S. 6–26. Zum [[Tertium non datur]] in der Quantenlogik ausführlich Peter Mittelstaedt und Ernst-Walther Stachow: ''The principle of excluded middle''. In: ''Journal of Philosophical Logic'' 7, 1978, S. 181–208.</ref>
Es gibt zwei wichtige Erweiterungen von '''SDL''': Die erste besteht in der Ergänzung eines alethischen modalen Operators <math>\Box</math>, um Kants These, sollen impliziere können, auszudrücken:


Die Quantenlogik lässt sich in der mathematischen Sprache analog zum [[Modularer Verband|modularen Verband]] formalisieren. Hier werden zunächst neun Grundregeln<ref name="AFuhrmann">André Fuhrmann: ''Quantenlogik.'' In: Jürgen Mittelstraß (Hrsg.): ''Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie.'' Zweite Auflage. Band 6, Metzler 2016, ISBN 978-3-476-02105-2, S. 532.</ref> wiedergegeben, man nennt das Regelpaket die Orthologik '''OL'''.<ref>Maria Luisa Dalla Chiara, Roberto Giuntini: ''[http://arxiv.org/pdf/quant-ph/0101028v2.pdf Quantum Logics.]'' Florenz 2008, S. 36.</ref> Der Querstrich ist ein ''Folgerungsstrich'', also die Regel besagt jeweils, dass man von den oben stehenden Aussagen zu den unten stehenden übergehen darf:
: <math> OA \to \Diamond A. </math>
{| class="wikitable"
| Nr.
| Regel
| Bezeichnung
|-
| 1
| <math>\frac{A}{A}</math>
| Aus A folgt A: [[Reflexive Relation|reflexiver]] Schluss
|-
| 2
| <math>\frac{A \wedge B}{A}</math>
| <math>\wedge </math>-[[Systeme natürlichen Schließens#Aussagenlogik|Beseitigung]] 1
|-
| 3
| <math>\frac{A \wedge B}{B}</math>
| <math>\wedge </math>-Beseitigung 2
|-
| 4
| <math>\frac{\lnot \lnot A}{A}</math>
| [[Duplex negatio affirmat]]
|-
| 5
| <math>\frac{A}{\lnot \lnot A}</math>
| [[Gesetz der doppelten Negation|Doppelte-Negations-Einführung]]
|-
| 6
| <math>\frac{A \wedge \lnot A} {B}</math>
| [[Ex falso quodlibet|Ex contradictione sequitur quodlibet]]
|-
| 7
| <math>\frac{A \rightarrow B , B \rightarrow C}{A \rightarrow C}</math>
| [[Transitive Relation|transitiver]] [[Kettenschluss]]
|-
| 8
| <math>\frac{A \rightarrow B , A \rightarrow C}{A \rightarrow B \wedge C}</math>
| [[Systeme_natürlichen_Schließens#Aussagenlogik|<math>\wedge </math> Einführung]] mit Prämissen A
|-
| 9
| <math>\frac{A \rightarrow B} {\lnot B \rightarrow \lnot A}</math>
| [[Kontraposition]]
|-
| 10
| <math>\frac{A \wedge (\lnot A \vee (A \wedge B))}{B}</math>
| ''Orthomodularität''
|}


Die 10. axiomatische Regel, die Orthomodularität, ist hier nach [[André Fuhrmann]] wie die anderen neun Regeln von '''OL''' in junktorenlogischer Schreibweise notiert.<ref name="AFuhrmann" /> Sie setzt sich zusammen aus dem [[Modularer Verband|Modularitätsgesetz]] (<math>x \leq b</math> impliziert <math>x \vee(a \wedge b) = (x \vee a) \wedge b</math>) einerseits und Spiegelungen andererseits. Dies sind so genannte [[Komplement (Verbandstheorie)#Orthokomplemente|Orthokomplemente]], die die Funktion der Negation übernehmen.
wobei <math>\Diamond\equiv\lnot\Box\lnot</math>. Meist gilt <math>\Box</math> mindestens als '''KT'''-Operator, meist sogar als '''S5'''-Operator.


Logiker untersuchen Logiken unter anderem daraufhin, ob sie [[entscheidbar]] sind; so wurde auch dieses Logiksystem ausgiebig untersucht. Die Regel der Orthomodularität entspricht keiner in der [[Prädikatenlogik erster Stufe|ersten Stufe der Logik]] formulierbaren Rahmen-Bedingung, weshalb ihre Entscheidbarkeit bislang noch nicht bewiesen ist.<ref name="AFuhrmann" />
Die zweite wichtige Ergänzung besteht aus der Ergänzung durch einen Operator der konditionalen Verpflichtung O(A/B): "Es ist verpflichtend, dass A, falls B". Die Ergänzung ist motiviert durch folgenden Fall: Es gelte, dass die Hungernden versorgt werden sollten. Werden Hungernde versorgt, so folgt daraus, dass es Hungernde gibt. Durch die Grundprinzipien der '''SDL''' folgt, dass es Hungernde geben solle. Das Argument gilt in jeder [[Normale Modallogik|Normalen Modallogik]] wegen des Basis-Axioms K der '''SDL''' und des Prinzips:


{| class="wikitable floatright" style="width:30%; text-align:center;"
:<math>\vdash A\to B\Rightarrow\ \vdash OA\to OB.</math>
|-
!Schreibweise
! width="50%"|Sprechweise
|-
|<math>\Diamond p</math>
|Es ist möglich, dass p
|-
|<math>\Box p</math>
|Es ist notwendig, dass p
|-
|<math>\Diamond p \wedge \Diamond \neg p</math>
|p ist [[Kontingenz (Philosophie)|kontingent]]
|}


1963 konnte [[Saul Kripke]] ein [[Modallogik#Semantische Charakterisierung|Modell]] (Kripke-Rahmen '''K''': <math>\Box(A\to B)\to(\Box A\to\Box B)</math>) für die Vielzahl der bis dahin vorgeschlagenen [[Modallogik|modallogischen]] Systeme entwickeln.<ref>Saul A. Kripke: ''Semantical Analysis of Logic I. Normal propositional Calculi.'' In: ''Zeitschrift für mathematische Logik und Grundlagen der Mathematik.'' 9, 1963, S. 67–96.</ref> Die oben genannte Orthologik '''OL''' lässt sich in die [[Intuitionismus (Logik und Mathematik)|intuitionistische]] Modallogik abbilden und durch eine Klasse von Kripke-Rahmen vollständig charakterisieren.<ref name="AFuhrmann" /> Auf dieser axiomatischen Grundlage verwendeten seit den 1970er Jahren [[Bas van Fraassen]] ([[Toronto]]) und Maria L. Dalla Chiara ([[Florenz]]) Modalitäten im Rahmen der Quantenlogik.<ref>Bas van Fraassen: ''Meaning Relations and Modalities.'' In: ''Nous.'' 3, 1969, S. 155–167. M. L. Dalla Chiara: ''Quantum Logic and Physical Modalities.'' In: ''Journal of Philosophical Logic.'' 6, 1977, S. 391–404.</ref> [[Franz Josef Burghardt]] entwickelte die Modallogik der Quanten weiter.<ref>Franz Josef Burghardt: ''Modalities and Quantum Mechanics''. In: ''Int. Journal of Theor. Physics'' 23, 1984, S. 1171–1196, mit weiterer Literatur.</ref>
Führt man einen intensionalen konditionalen Operator ein, kann man sagen: Die Hungernden sollen versorgt werden, aber nur wenn es tatsächlich Hungernde gibt, formal geschrieben O(A/B). Daraus kann man dann nicht mehr ableiten, dass es Hungernde geben soll.


=== Dreiwertige Logik ===
== Dyadische deontische Logik ==
{{Hauptartikel|Dreiwertige Logik}}
Ein wichtiges Problem der deontischen Logik ist die korrekte Repräsentation konditionaler Verpflichtungen, z.&nbsp;B. ''Falls du rauchst (s), benutze einen Aschenbecher (a)! '' Es ist unklar, ob eine der folgenden Repräsentationen adäquat ist:


[[Datei:Quantum Man.jpg|mini|Die Statue ''Quantum Man'' (2006) von Julian Voss-Andreae zeigt die in der Quantenlogik versuchte verschiedene Ansicht von ein und demselben Realen.]]
: <math>O(\mathrm{smoke} \rightarrow \mathrm{ashtray})</math>
Da in der Quantenmechanik die klassisch vorausgesetzte [[Inkommensurabilität (Physik)|Kommensurabilitätsbedingung]] nicht erfüllt zu sein braucht, haben einige Wissenschaftler wie z.&nbsp;B. Paulette Destouches-Février, Hans Reichenbach und [[Bas van Fraassen]]<ref>Bas van Fraassen: ''The Labyrinth of Quantum Logics''. In: Cohen, Wartofsky: ''The Logico-Algebraic Approach to Quantum Mechanics'' (= ''The University of Western Ontario Series in Philosophy of Science''. Vol. 5a). S. 577–607.</ref> versucht, eine dreiwertige Logik als Quantenlogik einzuführen. Damit wird das [[Prinzip der Zweiwertigkeit]] allerdings verlassen.
: <math>\mathrm{smoke} \rightarrow O(\mathrm{ashtray})</math>


Van Fraassen entwickelte eine ''Ausschlussnegation''. Wenn eine physikalische Größe m nicht einen bestimmten Wert – beispielsweise 7 – annimmt, so kann dies im Sinne der ''Ausschlussnegation'' nicht nur bedeuten, dass m nicht 7 ist, sondern auch, dass sich das System in keinem Zustand befindet, zu dem ein Wert von m gehört.<ref>Bas van Fraassen: ''The Labyrinth of Quantum Logics''. S. 577–607.</ref>
Bei der ersten Repräsentation ist es eine [[Leere Wahrheit]], dass man bei der Übertretung eines Verbots irgendeine weitere Handlung ausführen muss, egal ob diese verpflichtend, erlaubt oder verboten ist<ref>Von Wright 1956, zitiert in Aqvist 1994</ref>.


Hans Reichenbach behauptet, dass man sich bei der Beurteilung wissenschaftlicher Aussagen nur auf Wahrscheinlichkeitserwägungen stützen kann. Gewissheit dürfe von der Wissenschaft nicht erwartet werden.<ref>[[Martin Carrier]]: ''Reichenbach, Hans''. In: Jürgen Mittelstraß (Hrsg.): ''Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie.'' Erste Auflage. Band 3, Metzler 1995/2004, S. 542.</ref> In den 1930er und nachfolgenden Jahren arbeitete er an Problemen der ''Wahrscheinlichkeitslogik''. Zur logischen Beschreibung der Quantenmechanik erstellte Reichenbach aus dieser Wahrscheinlichkeitslogik eine dreiwertige Quantenlogik mit den Wahrheitswerten wahr, falsch und unbestimmt. Sie benutzt drei Arten der Negation (ausschließende, diametrale und vollständige Negation) und drei Arten der [[Implikation]] (Standardimplikation, Alternativimplikation, Quasiimplikation).<ref>Hans Reichenbach: ''Gesammelte Werke''. Band 5: ''Philosophische Grundlagen der Quantenmechanik und Wahrscheinlichkeit''. S. 182f.</ref> Nachdem Ulrich Blau eine dreiwertige ''Logik der natürlichen Sprache'' zur Diskussion gestellt hat, wurde eine Parallele zur Dreiwertigkeit bei Reichenbach gezogen, weil bereits alltägliche Beispiele für den Fall unerfüllter [[Präsupposition]]en eine solche Bewertung nahelegen.<ref>Ewald Richter: ''Quantenlogik.'' 1989, S. 1784.</ref>
Bei der zweiten Repräsentation ergibt sich das Mörder-Paradox: Aus (1) ''Falls du mordest, tue es sanft!'', (2) ''Du mordest.'' und (3) ''Um sanft zu morden, musst du morden.'' ergibt sich: ''Du sollst morden!''


Für die [[Junktor]]en ''und'' (<math>\wedge</math>) und ''oder'' (<math>\vee</math>) gelten folgende Wahrheitstafeln mit falsch (f), unbestimmt (u) und wahr (w):<ref>Werner Stelzner: ''Logik, mehrwertige''. In: [[Hans Jörg Sandkühler]] (Hrsg.): ''Enzyklopädie Philosophie''. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Meiner, Hamburg 2010, Bd. 2, S. 1462ff.</ref>
Einige deontischen Logiker reagierten darauf mit der Entwicklung von dyadischen deontischen Logiken, die binäre deontische Operatoren beinhalten:
{|
|


{| class="wikitable"
: <math>O(A \mid B)</math> heißt ''es ist verpflichtend, dass A, falls B''
|-
: <math>P(A \mid B)</math> heißt ''es ist erlaubt, dass A, falls B''.
| colspan="4" style="background:#ddd; text-align:center;"| a und b
|-
|  style="width:40px;"| <div style="text-align:right">b</div><div style="text-align:left">a</div>
|  style="width:30px; background:white; text-align:center;"| f
|  style="width:30px; background:white; text-align:center;"| u
|  style="width:30px; background:white; text-align:center;"| w
|- style="text-align:center;"
|  style="background:white; "| f
|| f
|| f
|| f
|- style="text-align:center;"
|  style="background:white; "| u
|| f
|| u
|| u
|- style="text-align:center;"
|  style="background:white; "| w
|| f
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|}


| style="width:30px;"| &nbsp;
(Die Schreibweise folgt der für [[Bedingte Wahrscheinlichkeit]].)  Dyadische deontische Logik hat nicht das Problem der deontischen Logik mit einwertigen Operatoren, jedoch andere Probleme.
|


{| class="wikitable"
== Andere Variationen ==
|-
| colspan="4" style="background:#ddd; text-align:center;"| a oder b
|-
|  style="width:40px;"| <div style="text-align:right">b</div><div style="text-align:left">a</div>
|  style="width:30px; background:white; text-align:center;"| f
|  style="width:30px; background:white; text-align:center;"| u
|  style="width:30px; background:white; text-align:center;"| w
|- style="text-align:center;"
|  style="background:white; "| f
|| f
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|- style="text-align:center;"
|  style="background:white; "| u
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|- style="text-align:center;"
|  style="background:white; "| w
|| w
|| w
|| w
|}


|}
Viele andere Varianten der Deontischen Logik wurden entwickelt, z.&nbsp;B. [[Nicht-monotone Logik|nicht-monotone]] deontische Logiken, [[Parakonsistente Logik|parakonsistente]] deontische Logiken und [[Dynamische Logik (Modallogik)|dynamische]] deontische Logik.
Nach der Darstellung einzelner Systeme liefert [[Edgar Morscher]] im 15. Kapitel seines Buchs "Normenlogik" (2012) einen Rückblick auf die Geschichte der Normenlogik seit "Ernst Mallys Fehlstart".


Die Subjunktion (auch Implikation genannt: wenn-dann) wird nicht einheitlich gestaltet. Hier sind die Versionen von [[Jan Łukasiewicz]], Ulrich Blau<ref>[[Peter Schroeder-Heister]]: ''Logik, mehrwertige''. In: Jürgen Mittelstraß (Hrsg.): ''Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie.'' Zweite Auflage. Band 5, Metzler 2013, S. 62.</ref> sowie die Alternativ- und die Quasiimplikation von Reichenbach dargestellt:
== Jørgensens Dilemma ==


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Deontische Logik hat ein Problem - Jørgensens Dilemma.  [[Normethik|Norm]]en sind nicht wahrheitsfähig, doch werden in der Logik [[Wahrheitswert]]e verwendet.  Es gibt zwei mögliche Antworten:
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* Deontische Logik behandelt [[logische Aussage]]n über Normen, nicht Normen.
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* Alternative Wahrheitstheorien, z.&nbsp;B. Wahrheit als [[Allgemeingültigkeit]] oder als Erfolg wie in der [[Sprechakt]]-Theorie.
| colspan="4" style="background:#ddd; text-align:center;"| Łukasiewicz
* Erweiterung des Folgerungsbegriffs, so dass wahrheitserhaltendes Schließen als Sonderfall des logischen Schließens überhaupt angesehen wird.(Aber auch dann können aus Normsätzen keine Aussagesätze gefolgert werden; und aus Aussagesätzen keine Normsätze. Ein Argument für ein Sollen muss dann auf den Wahrheitsanspruch verzichten, oder seine Geltung ohne Anspruch auf Wahrheit behaupten. Das entspricht nicht dem normalen Gebrauch von Argumenten. Gibt man die Wahrheitsfunktionalität des logischen Schließens auf, dann wird Logik zur bloßen Formalisierungskunst.)
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Verteidiger der dreiwertigen Logik meinen, die Logik müsse sich der Unbestimmtheit der Messaussagen der Quantenphysik anpassen und nicht umgedreht.<ref>Peter Schroeder-Heister: ''Logik, mehrwertige''. In: Jürgen Mittelstraß (Hrsg.): ''Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie.'' Zweite Auflage. Band 5, Metzler 2013, S. 63.</ref>
 
=== Dialogische Logik zeitlicher Aussagen ===
[[Datei:isql 3.jpg|mini|[[Carl Friedrich von Weizsäcker]] (links) und [[Peter Mittelstaedt]] während des Internationalen Symposiums für Quantenlogik, Köln 1984]]
1955 regte Carl Friedrich von Weizsäcker in [[Göttingen]] an, den von Birkhoff und v. Neumann aufgestellten [[Aussagenkalkül]] aus grundsätzlichen [[Erkenntnistheorie|erkenntnistheoretischen]] Überlegungen zur Quantenmechanik abzuleiten.<ref>Carl Friedrich von Weizsäcker: ''Komplementarität und Logik''. In: ''Die Naturwissenschaften'' 42, 1955, S. 521–529 u. 545–555.</ref> Peter Mittelstaedt führte dies in den Jahren 1958–1963 so weit aus, wie es mit den seinerzeit zur Verfügung stehenden mathematischen Mitteln möglich war.<ref>Peter Mittelstaedt: ''Quantenlogik''. In: ''Fortschritte der Physik'' 9, 1961, S. 106–147.</ref> Die Ausarbeitung einer Logik zeitlicher Aussagen Weizsäckers klang auch im Spätwerk [[Rudolf Carnap]]s an.<ref>Am Ende seines letzten Buches ''Philosophical Foundations of Physics'' (New York 1966, dt. Ausgabe ''Einführung in die Philosophie der Naturwissenschaft''. München 1969, 2. Aufl. 1974, S. 286) äußert sich Carnap zu den Arbeiten von Birkhoff und von Neumann: „Hier berühren wir tiefliegende, noch ungelöste Probleme. […] Es ist schwer vorherzusagen, wie die Sprache der Physik sich ändern wird. Aber ich bin überzeugt, dass zwei Tendenzen, die im Verlaufe des letzten halben Jahrhunderts zu großen Verbesserungen in der Sprache der Mathematik geführt haben, in gleicher Weise die Sprache der Physik schärfen und klären werden; die Anwendung der modernen Logik und Mengenlehre und die Verwendung der axiomatischen Methode in ihrer modernen Form, die eine formalisierte Sprache voraussetzt. In der Physik von heute, in der […] die ganze Begrifflichkeit der Physik diskutiert wird, könnten beide Methoden sich als äußerst nützlich erweisen.“</ref> Mittelstaedt entlehnte 1959 den Arbeiten [[Paul Lorenzen]]s Dialoge zur [[Semantik|semantischen]] Begründung zusammengesetzter Aussagen über physikalische Größen ([[Observable]]).<ref>Peter Mittelstaedt: ''Quantenlogik''. In: ''Fortschritte der Physik'' 9, 1961, S. 106–147, hier S. 124–128; auch in der ersten Auflage von Peter Mittelstaedt: ''Philosophische Probleme der modernen Physik''. Mannheim 1963, S. 127–133. Jetzt ausführlich in ders.: ''Quantum Logic''. S. 48–98.</ref> Aus dieser dialogischen Logik wurde eine zeitliche Quantenlogik erforscht.<ref>Peter Mittelstaedt: ''Time dependent propositions and quantum logic''. In: ''Journal of Phil. Logic'' 6, 1977, S. 463–472. Carl Friedrich von Weizsäcker: ''In welchem Sinne ist die Quantenlogik eine zeitliche Logik?'' In: Jürgen Nitsch, Joachim Pfarr, Ernst-Walther Stachow: ''Grundlagenprobleme der modernen Physik. Festschrift für Peter Mittelstaedt zum 50. Geburtstag.'' Mannheim 1981, ISBN 3-411-01600-0, S. 311–317.</ref>
 
In der [[Dialogische Logik|dialogischen Logik]] von Lorenzen und [[Kuno Lorenz]] wird die Wahrheit eines Satzes durch einen Dialog von Proponent (P) und Opponent (O) bestimmt, in dem die Dialogpartner sich jeweils auf voriges Behaupten und Zeigen beziehen. Der Proponent hat gewonnen, wenn er eine angegriffene nicht mehr logisch verknüpfte Aussage (Elementaraussage) verteidigt hat oder wenn der Opponent (auf der linken Spalte mit O notiert) eine angegriffene Elementaraussage nicht verteidigt. Der [[Junktor]] [[Subjunktion]] (<math>\rightarrow </math> wenn-dann) ist im hier gebrauchten Zusammenhang das, was bei Reichenbach in der dreiwertigen Logik ''Implikation'' heißt. Es gibt zwei Dialoge, einen um den Wennsatz und anschließend einen um den Dannsatz. Hier werden mit dem Fragezeichen jeweils die vorhergehenden Zeilen angegriffen.
 
{| class="wikitable"
|-
! style="text-align:left"| <math>O</math>
! style="text-align:left"| <math>P</math> ||Kommentar
|-
| || <math>A \rightarrow A</math> ||Zusammengesetzte Gesamtaussage: Wenn A dann A.
|-
| <math>A?</math> || ||Der Wennsatz wird behauptet und dadurch die Gesamtaussage angegriffen.
|-
| || <math>?</math> ||Ein Beweis bzw. ein Vorzeigen wird verlangt.
|-
| <math>[A]</math> || ||Das behauptete A wird vorgezeigt oder bewiesen.
|-
| || <math>A</math> ||Als Verteidigung muss gemäß der <math>\rightarrow</math>-Regel der Dannsatz behauptet werden.
|-
| <math>?</math> || ||Ein Beweis bzw. ein Vorzeigen wird verlangt.
|-
| || <math>[A]</math> ||Das behauptete A wird vorgezeigt oder bewiesen. P hat gewonnen, die Gesamtaussage ist wahr.
|-
|}
 
An dieser Stelle setzen Mittelstaedt und Weizsäcker an. Man kann die Grundregeln der dialogischen Logik so gestalten, dass der Beweis für eine zu Beginn gemachte Aussage nach einer gewissen Zeit nicht mehr zur Verfügung steht.<ref>Zur Verfügbarkeit einer Aussage siehe: [[Kuno Lorenz]]: ''Logik, dialogische''. In: Jürgen Mittelstraß (Hrsg.): ''Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie.'' Zweite Auflage. Band 5, Metzler 2013, S. 24.</ref>
 
Von Weizsäcker stellt folgende Überlegung an: Es sei beispielsweise m die konkrete Aussage: „Der Mond ist zu sehen“ (für A eingesetzt). Der Proponent behauptet wie im Schaubild <math>A \rightarrow A</math>.
 
{{Zitat|Der Opponent setzt m für A ein. Zum Beweis aufgefordert, sagt er: ‚Hier sieh den Mond, gerade über dem Horizont!‘ Der Proponent erkennt den Beweis an. Nunmehr selbst zum Beweis aufgefordert, sagt er: ‚Hier sieh den Mond, gerade über dem Horizont!‘ Der Opponent muss den Beweis und damit seine Niederlage anerkennen. – Aber der Proponent muss in diesem Beispiel darauf achten, dass er schnell genug reagiert. Sonst könnte der Opponent, der ihm gerade noch den Mond gezeigt hatte, die Anerkennung des zweiten Beweises verweigern: der Mond ist inzwischen untergegangen.|Autor=Carl Friedrich von Weizsäcker|Quelle=''Die Einheit der Natur''. S.&nbsp;245.}}
 
In der üblichen [[Formale Logik|formalen]] nichttemporalen Logik ist diese Gesamtaussage <math>A \rightarrow A</math> sofort formallogisch wahr, weil der Proponent das Setzen von A des Opponenten einfach übernehmen darf. In der temporalen Logik ist die [[Formale Logik#Im Gegensatz zu materialer Logik|materiale]] Wahrheit beweis- bzw. vorzeigeabhängig.
 
Peter Mittelstaedt hat gezeigt, dass in der Quantenlogik aus diesen Gründen das Gesetz <math>A \rightarrow (B \rightarrow A)</math> nicht gilt.<ref>Peter Mittelstaedt: ''Philosophische Probleme der modernen Physik''. Mannheim 1986.</ref> Es gibt vier weitere Gesetze, die durch die Quantenlogik verletzt werden.<ref>Maria Luisa Dalla Chiara, Roberto Giuntini: ''[http://arxiv.org/pdf/quant-ph/0101028v2.pdf Quantum Logics.]'' Florenz 2008, S. 25.</ref> Mittelstaedt begründet die Verletzung dieser Gesetze durch die Anwendung der Unschärferelation: Man setze für A die Aussage „Dieses [[Elektron]] hat den Impuls p“ und für B „Dieses Elektron hat den [[Ort (Physik)|Ort]] q“ ein. Der Opponent misst nun den Impuls des Elektrons und findet p, dann misst er den Ort und findet q. Jetzt wiederholt der Proponent die Impulsmessung, aber leider findet er den Wert p nicht wieder.<ref>Weizsäcker: ''Die Einheit der Natur''. München 1981, S. 246.</ref> Das Gesetz <math>A \rightarrow (B \rightarrow A)</math> gilt also nicht, der Proponent kann das zweite A (Impuls p) nicht mehr durch Messung beweisen.
 
Diese von Mittelstaedt charakterisierte pointierte Subjunktion wird auch ''Sasaki-hook'' genannt.<ref>Maria Luisa Dalla Chiara, Roberto Giuntini: ''[http://arxiv.org/pdf/quant-ph/0101028v2.pdf Quantum Logics.]'' Florenz 2008, S. 25.</ref> 1952 entwickelte der japanische Wissenschaftler Sasaki Usa eine Quantenprojektion,<ref>Sasaki Usa: ''Lattice theoretic characterisation of affine geometry of arbitrary dimensions''. In: ''Journal of Science''. Hiroshima Univ. Series A, 16, Hiroshima 1952, S. 223–238.</ref> die von Richard Joseph Greechie zu einer Nichtstandard-Quantenlogik ausgearbeitet wurde.<ref>Richard Joseph Greechie: ''A non-standard quantum logic with a strong set of states''. In: E. G. Beltrametti, Bas van Fraassen (Hrsg.): ''Current Issues in Quantum Logic'' (= ''Ettore Majorana International Science Series''. Vol. 8). Plenum, New York 1981, S. 375–380.</ref>
 
== Gegenwärtige Beurteilung ==
[[Wolfgang Stegmüller]] hat die Quantenlogik kritisch untersucht.<ref>Wolfgang Stegmüller: ''Hauptströmungen der Gegenwartsphilosophie''. Stuttgart 1975, ISBN 3-520-30905-X, S. 208–220.</ref> Er hält die Kritik von [[Ernest Nagel]] für berechtigt, wonach Reichenbachs Vorschlag einer dreiwertigen Logik auf einer zu engen Anwendung des [[Empirismus]]prinzips beruhe.<ref>Wolfgang Stegmüller: ''Wissenschaftliche Erklärung und Begründung''. Berlin/Heidelberg/New York 1969, S. 506.</ref> [[Erhard Scheibe]]<ref>Erhard Scheibe: ''Die kontingenten Aussagen der Physik''. 1964.</ref> behauptet, dass ein Aufbau der Quantentheorie unter Beibehaltung der klassischen Logik möglich ist, wenn man für das kontingente Verhalten eines Systems eine ''epistemische Formulierung'' wählt, die sich unmittelbar auf unsere experimentelle Feststellungen bezieht und nicht auf Behauptungen über das Vorliegen von Eigenschaften.<ref>Ewald Richter: ''Quantenlogik''. 1989.</ref> Andreas Kamlah fragt kritisch, ob die dialogische Quantenlogik eine analytische Theorie sei.<ref>Andreas Kamlah: ''Ist die Mittelstaedt-Stachowsche Quantendialogik eine analytische Theorie?'' In: Peter Mittelstaedt, Joachim Pfarr: ''Grundlagen der Quantentheorie''. (= ''Grundlagen der exakten Naturwissenschaften''. Band 1). Mannheim 1980, S. 73–92.</ref>
 
Nach 2000 wurden zunehmend die Verdienste der Quantenlogik als wertvoller Beitrag zur Sprachforschung anerkannt, so unter anderen von [[Brigitte Falkenburg]].<ref>Brigitte Falkenburg: ''Language and Reality. Peter Mittelstaedts contribution to the Philosophy of Physics''. In: ''Foundations of Physics'' 40, 2010, S. 1171–1188.</ref>
 
Nach einem modernen, eher formalistischen Logikverständnis kann man davon ausgehen, dass die drei unterschiedlichen Ansätze nicht mehr miteinander konkurrieren: In der dialogischen Logik und bei anderen Logiksystemen vom [[Gentzentypkalkül|Gentzentyp]] werden verschiedene Rahmenregelpakete angeboten, die jeweils zu einer bestimmten Logik führen, so auch zur Quantenlogik. Dasselbe gilt für die [[Axiom]]ensysteme vom Hilberttyp. Durch diese Möglichkeiten kann innerhalb eines logischen Regelwerks überlegt werden, für welches Regelpaket man sich entscheiden will. Somit braucht man nicht ganz grundsätzlich die gesamten Regelwerke gegeneinander auszuspielen.
 
Analog beurteilen Maria Luisa Dalla Chiara und Roberto Giuntini die Situation so: Quantenlogiken bzw. deren formale Eigenschaften können keinen Hinweis auf reale Eigenschaften oder Mechanismen zwischen den Observablen der Quantentheorie geben. Ein diesbezüglicher Realismus, den Pioniere wie v. Neumann, Reichenbach und v. Weizsäcker vertreten haben müssen, ist daher ebenso abzulehnen wie Putnams Vorschlag, dass die Geltung einer bestimmten Logik eine Frage der Empirie sei. Vielmehr halten sie fest, dass es nicht nur verschiedene Logiken, sondern auch verschiedene Quantenlogiken gibt und es daher fraglich sei, dass es ''eine'' Quantenlogik geben kann.<ref>Maria Luisa Dalla Chiara, Roberto Giuntini: ''[http://arxiv.org/pdf/quant-ph/0101028v2.pdf Quantum Logics.]'' Florenz 2008, S. 96–97.</ref>


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Quantenlogik}}
* {{WikipediaDE|Deontische Logik}}
* {{WikipediaDE|Modallogik}}


== Literatur ==
== Literatur ==
* Garrett Birkhoff, John von Neumann: ''The logic of quantum mechanics''. In: ''Ann. of Math.'' 37, 1936 ([http://www.fulviofrisone.com/attachments/article/451/the%20logic%20of%20quantum%20mechanics%201936.pdf PDF]; 761 kB).
* Lennart Åqvist, 1994, "Deontic Logic" in D. Gabbay and F. Guenthner, ed., ''Handbook of Philosophical Logic: Volume II Extensions of Classical Logic''. Kluwer.
* Ulrich Blau: ''Die Logik der Unbestimmtheiten und Paradoxien''. Heidelberg 2008, S. 191–290.
*Hilpinen, Risto, 2001, "Deontic Logic," in Goble, Lou, ed., ''The Blackwell Guide to Philosophical Logic''. Blackwell.
* Enrico Beltrametti, Bas van Fraassen (Hrsg.): ''Current Issues in Quantum Logic'' (= ''Ettore Majorana International Science Series''. Vol. 8). New York/London 1981, ISBN 0-306-40652-7.
* Georg Henrik von Wright,  1951. "Deontic logic," ''Mind 60'': 1–15.
* André Fuhrmann: ''Quantenlogik.'' In: [[Jürgen Mittelstraß]]: ''Enzyklopädie Philosophie und Wissenschaftstheorie.'' Zweite Auflage. Band 6, Metzler 2016, ISBN 978-3-476-02105-2, S. 532–533.
* Franz von Kutschera: ''Einführung in die Logik der Normen, Werte und Entscheidungen.'' Freiburg i. Br./ München, Alber, 1973.
* Peter Mittelstaedt, Ernst-Walther Stachow (Hrsg.): ''Recent Developments in Quantum Logic'' (= ''Grundlagen der exakten Naturwissenschaften'' Bd. 6). Mannheim/Wien/Zürich 1985, ISBN 3-411-01695-7.
* Hans Lenk (Hrsg.): ''Normenlogik. Grundprobleme der deontischen Logik.'' Pullach bei München, Verlag Dokumentation, 1974.
* Peter Mittelstaedt: ''Quantum Logic'' (= ''Synthese Library''. Vol. 126). Doordrecht 1978, ISBN 90-277-0925-4.
* Peter Mittelstaedt: ''Are the Laws of Quantum Logic Laws of Nature?''. In: ''Journal for General Philosophy of Science / Zeitschrift für Allgemeine Wissenschaftstheorie'' 43 (2), 2012, S. 215–222.
* Ewald Richter: ''Quantenlogik.'' In: Joachim Ritter et al. (Hrsg.): ''Historisches Wörterbuch der Philosophie''. Band 7, Basel 1989, ISBN 978-3-7965-0698-7, S. 1782–1785.
* Carl Friedrich von Weizsäcker: ''Komplementarität und Logik''. In: ''Die Naturwissenschaften'' 42, 1955, S. 521–529 u. 545–555.
* Carl Friedrich von Weizsäcker: ''Die Einheit der Natur''. Studien, Hanser, München 1971.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* D. J. Foulis: ''[http://www.quantonics.com/Foulis_On_Quantum_Logic.html A Half Century of Quantum Logic — What Have we Learned?]'' University of Massachusetts, Amhest 1995.
*McNamara, [http://plato.stanford.edu/entries/logic-deontic/ Deontic Logic], Stanford Encyclopedia of Philosophy, 2006.
* Maria Luisa Dalla Chiara, Roberto Giuntini: ''[http://arxiv.org/pdf/quant-ph/0101028v2.pdf Quantum Logics.]'' Florenz 2008.
* [http://espace.library.uq.edu.au/eserv/UQ:9691/ked.pdf KED] (PDF-Datei; 91&nbsp;kB) -- Hyperlink ungültig!
* Mladen Pavičić: ''[http://www.irb.hr/users/mpavicic/papers-ps-pdf/quantum-logic/1992-int-j-theor-phys-1.pdf Bibliography on Quantum Logics and related structures.]'' Zagreb 1992.
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/entries/qt-quantlog/|Quantum Logic and Probability Theory|Alex Wilce}} Stanford 2002/2012/2017.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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[[Kategorie:Nichtklassische Logik]]
[[Kategorie:Nichtklassische Logik]]
[[Kategorie:Mehrwertige Logik]]
[[Kategorie:Analytische Philosophie]]
[[Kategorie:Quantenlogik|!]]
[[Kategorie:Deontische Logik|!]]
[[Kategorie:Ethik]]
[[Kategorie:Logik nach Bereich]]
[[Kategorie:Logik nach Bereich]]
[[Kategorie:Logischer Bereich]]
[[Kategorie:Logischer Bereich]]


{{Wikipedia}}
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Version vom 15. Oktober 2018, 22:54 Uhr

Deontische Logik ist der Bereich der Logik, in dem es um normative Begriffe wie Verpflichtung, Erlaubnis usw. geht. Eine bestimmte deontische Logik ist ein formales System, in dem es für derartige Begriffe formale Ausdrücke gibt, üblicherweise OA für eine Verpflichtung, A zu tun, und PA für die Erlaubnis, A zu tun. Der Begriff deontisch entstammt dem Altgriechischen δέον déon (Gen. δέοντος déontos), deutsch: das Nötige, das Angemessene.

Geschichte

Frühe Deontische Logik

Philosophen der indischen Mimamsa Schule und der Alten Griechen bemerkten die formalen logischen Relationen der deontischen Konzepte[1]. Philosophen des späten Mittelalters verglichen deontische Konzepte mit alethischen.[2] In Elementa juris naturalis bemerkte Leibniz, die logischen Relationen zwischen licitum (erlaubt), illicitum (verboten), debitum (geboten) und indifferens (egal) seien äquivalent zu denen zwischen possibile (möglich), impossibile (unmöglich), necessarium (notwendig) und contingens (kontingent).

Mallys erste Deontische Logik

Ernst Mally, ein Schüler von Alexius Meinong, war der erste, der ein formales System der deontischen Logik in Grundgesetze des Sollens vorschlug, er gründete dieses auf die Syntax von Whiteheads und Russells Aussagenkalkül. Mallys deontisches Vokabular bestand aus den logischen Konstanten U und ∩, dem einwertigen Junktor ! und den zweiwertigen Junktoren f und ∞.

* Mally las !A als "A soll der Fall sein".
* Er las A f B als "A benötigt B" .
* Er las A ∞ B als "A und B benötigen einander."
* Er las U als "bedingungslose Verpflichtung".
* Er las ∩ als "bedingungsloses Verbot".

Mally definierte f, ∞ und ∩ wie folgt:

Def. f. A f B = A → !B
Def. ∞. A ∞ B = (A f B) & (B f A)
Def. ∩. ∩ = ¬U

Mally schlug fünf informelle Prinzipien vor:

(i) Falls A B benötigt und falls aus B C folgt, dann benötigt A C.
(ii) Falls A B benötigt und falls A C benötigt, dann benötigt A B und C.
(iii) A benötigt B falls und nur falls es verpflichtend ist, dass B aus A folgt.
(iv) Die bedingungslose Verpflichtung ist verpflichtend.
(v) Die bedingungslose Verpflichtung benötigt nicht ihre eigene Negation.

Er formalisierte diese Prinzipien als seine Axiome:

I. ((A f B) & (B → C)) → (A f C)
II. ((A f B) & (A f C)) → (A f (B & C))
III. (A f B) ↔ !(A → B)
IV. ∃U !U
V. ¬(U f ∩)

Aus diesen Axiomen deduzierte Mally 35 Theoreme, von denen er viele seltsam fand. Die Axiome III. und IV. vermengen Faktensätze und Normen und verstoßen somit gegen Humes Gesetz. Karl Menger zeigte, dass !A ↔ A ein Theorem ist, so dass die Einführung des Zeichens ! irrelevant ist, weil bei Mally A sein soll, wenn A der Fall ist,[3] was Mallys System diskreditierte.[4] Mally führte den Begriff "deontisch" im Deutschen ein.[5]

Von Wrights erste sinnvolle Deontische Logik

Das erste sinnvolle System der deontischen Logik wurde von G. H. von Wright vorgeschlagen[6][7]. Von Wright führte den Begriff deontic im Englischen ein. Seither haben viele Philosophen und Informatiker viele Systeme der deontischen Logik entwickelt. Trotzdem blieb die deontische Logik eines der umstrittensten Teilgebiete der Logik.[8]

G. H. von Wright gründete 1951 seine deontische Logik nicht auf die Syntax des Aussagenkalküls wie Mally, sondern auf die alethische Modallogik von Leibniz, die Mally nicht beachtet hatte. Doch 1964 kehrte er in A New System of Deontic Logic zur Syntax des Aussagenkalküls zurück, was er in Deontic Logic: A Personal View und A New System of Deontic Logic näher erläuterte.

Klassische deontische Logik

In von Wrights erstem System wurden Verpflichtbarkeit und Erlaubbarkeit als Handlungseigenschaften aufgefasst. Doch kurz darauf fand man heraus, dass man einer deontischen Logik von Aussagen eine einfache und elegante Kripke-Semantik geben konnte, und Wright schloss sich an. Die so spezifizierte deontische Logik wurde die "Klassische Deontische Logik", oft bezeichnet als SDL, KD oder einfach D. Sie wird axiomatisiert durch die folgende Ergänzung der Klassischen Aussagen-Logik:

Die Axiome besagen:

  • Falls es sein soll, dass A B impliziert, dann soll B sein, falls A sein soll.
  • Falls A sein soll, dann ist es nicht verpflichtend, dass A nicht sei.

FA heißt, dass A verboten ist, und ist formal definiert als oder .

Es gibt zwei wichtige Erweiterungen von SDL: Die erste besteht in der Ergänzung eines alethischen modalen Operators , um Kants These, sollen impliziere können, auszudrücken:

wobei . Meist gilt mindestens als KT-Operator, meist sogar als S5-Operator.

Die zweite wichtige Ergänzung besteht aus der Ergänzung durch einen Operator der konditionalen Verpflichtung O(A/B): "Es ist verpflichtend, dass A, falls B". Die Ergänzung ist motiviert durch folgenden Fall: Es gelte, dass die Hungernden versorgt werden sollten. Werden Hungernde versorgt, so folgt daraus, dass es Hungernde gibt. Durch die Grundprinzipien der SDL folgt, dass es Hungernde geben solle. Das Argument gilt in jeder Normalen Modallogik wegen des Basis-Axioms K der SDL und des Prinzips:

Führt man einen intensionalen konditionalen Operator ein, kann man sagen: Die Hungernden sollen versorgt werden, aber nur wenn es tatsächlich Hungernde gibt, formal geschrieben O(A/B). Daraus kann man dann nicht mehr ableiten, dass es Hungernde geben soll.

Dyadische deontische Logik

Ein wichtiges Problem der deontischen Logik ist die korrekte Repräsentation konditionaler Verpflichtungen, z. B. Falls du rauchst (s), benutze einen Aschenbecher (a)! Es ist unklar, ob eine der folgenden Repräsentationen adäquat ist:

Bei der ersten Repräsentation ist es eine Leere Wahrheit, dass man bei der Übertretung eines Verbots irgendeine weitere Handlung ausführen muss, egal ob diese verpflichtend, erlaubt oder verboten ist[9].

Bei der zweiten Repräsentation ergibt sich das Mörder-Paradox: Aus (1) Falls du mordest, tue es sanft!, (2) Du mordest. und (3) Um sanft zu morden, musst du morden. ergibt sich: Du sollst morden!

Einige deontischen Logiker reagierten darauf mit der Entwicklung von dyadischen deontischen Logiken, die binäre deontische Operatoren beinhalten:

heißt es ist verpflichtend, dass A, falls B
heißt es ist erlaubt, dass A, falls B.

(Die Schreibweise folgt der für Bedingte Wahrscheinlichkeit.) Dyadische deontische Logik hat nicht das Problem der deontischen Logik mit einwertigen Operatoren, jedoch andere Probleme.

Andere Variationen

Viele andere Varianten der Deontischen Logik wurden entwickelt, z. B. nicht-monotone deontische Logiken, parakonsistente deontische Logiken und dynamische deontische Logik. Nach der Darstellung einzelner Systeme liefert Edgar Morscher im 15. Kapitel seines Buchs "Normenlogik" (2012) einen Rückblick auf die Geschichte der Normenlogik seit "Ernst Mallys Fehlstart".

Jørgensens Dilemma

Deontische Logik hat ein Problem - Jørgensens Dilemma. Normen sind nicht wahrheitsfähig, doch werden in der Logik Wahrheitswerte verwendet. Es gibt zwei mögliche Antworten:

  • Deontische Logik behandelt logische Aussagen über Normen, nicht Normen.
  • Alternative Wahrheitstheorien, z. B. Wahrheit als Allgemeingültigkeit oder als Erfolg wie in der Sprechakt-Theorie.
  • Erweiterung des Folgerungsbegriffs, so dass wahrheitserhaltendes Schließen als Sonderfall des logischen Schließens überhaupt angesehen wird.(Aber auch dann können aus Normsätzen keine Aussagesätze gefolgert werden; und aus Aussagesätzen keine Normsätze. Ein Argument für ein Sollen muss dann auf den Wahrheitsanspruch verzichten, oder seine Geltung ohne Anspruch auf Wahrheit behaupten. Das entspricht nicht dem normalen Gebrauch von Argumenten. Gibt man die Wahrheitsfunktionalität des logischen Schließens auf, dann wird Logik zur bloßen Formalisierungskunst.)

Siehe auch

Literatur

  • Lennart Åqvist, 1994, "Deontic Logic" in D. Gabbay and F. Guenthner, ed., Handbook of Philosophical Logic: Volume II Extensions of Classical Logic. Kluwer.
  • Hilpinen, Risto, 2001, "Deontic Logic," in Goble, Lou, ed., The Blackwell Guide to Philosophical Logic. Blackwell.
  • Georg Henrik von Wright, 1951. "Deontic logic," Mind 60: 1–15.
  • Franz von Kutschera: Einführung in die Logik der Normen, Werte und Entscheidungen. Freiburg i. Br./ München, Alber, 1973.
  • Hans Lenk (Hrsg.): Normenlogik. Grundprobleme der deontischen Logik. Pullach bei München, Verlag Dokumentation, 1974.

Weblinks

  • McNamara, Deontic Logic, Stanford Encyclopedia of Philosophy, 2006.
  • KED (PDF-Datei; 91 kB) -- Hyperlink ungültig!

Einzelnachweise

  1. Huisjes, C. H., 1981, "Norms and logic," Thesis, University of Groningen
  2. Knuuttila, Simo, 1981, “The Emergence of Deontic Logic in the Fourteenth Century,” in New Studies in Deontic Logic, Ed. Hilpinen, Risto, pp. 225-248, University of Turku, Turku, Finland: D. Reidel Publishing Company.
  3. Menger, Karl, 1939, "A logic of the doubtful: On optative and imperative logic," in Reports of a Mathematical Colloquium, 2nd series, 2nd issue, pp. 53-64, Notre Dame, Indiana: Indiana University Press.
  4. Mally's Deontic Logic von Gert Lokhorst bei der Stanford Encyclopedia of Philosophy
  5. Mally, Deontik, 1926
  6. G. H. von Wright, Deontic Logic in: Mind, 1951
  7. Albert J.J. Anglberger, Eine Mögliche-Welten-Semantik für G. H. von Wrights ersten Kalkül der deontischen Logik in: Conceptus-Zeitschrift für Philosophie, Nr. 89–90, 2004
  8. Albert J.J. Anglberger, Non-Kognitivismus und Normenlogik: Betrachtungen zu einer mehrwertigen Mögliche-Welten-Semantik, in: Kreuzbauer, G./Gratzl, N./Hiebl, E. (Eds.): Persuasion und Wissenschaft: Aktuelle Fragestellungen von Rhetorik und Argumentationstheorie 2006, Wien, LIT-Verlag, 2007
  9. Von Wright 1956, zitiert in Aqvist 1994


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