Uhrmacher-Analogie

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Die Uhrmacher-Analogie ist ein teleologisches Argument zur Unterstützung der Ansicht, dass das Universum, oder Teile davon, durch das Wirken intelligenten Bewusstseins entstanden sind.

Geschichte

Cicero (106−43 v. Chr.) lässt in seinem philosophischen Dialog De natura deorum (Vom Wesen der Götter; Buch II, Kap. 87) einen Stoiker aus dem planvollen Funktionieren einer Sonnen- oder Wasseruhr schließen, dass sie die Stunden nicht aus Zufall, sondern aufgrund der ihr innewohnenden Technik anzeige; analog müsse die Welt aufgrund von Planung und Vernunft entstanden sein.

Robert Hooke vergleicht in Micrographia (1664) die von ihm mit dem Mikroskop erforschten Kleinlebewesen mit den Uhrwerkmechanismen (mit deren Konstruktion er sich ebenfalls befasste). Seine Einschätzung ist, dass Konstruktionen von Menschenhand neben der „Allmacht und Vollkommenheit des großen Schöpfers“ verblassen müssen.

Voltaire schließt im 2. Kapitel seiner Traité de métaphysique (1734) aus dem Wachsen und Funktionieren des menschlichen Körpers, dass er wie eine Uhr von einem intelligenten Wesen geplant worden sein müsse. Weitergehende Schlussfolgerungen hieraus über die Natur dieses Wesens, seine Ewigkeit, Unendlichkeit usw. hält Voltaire allerdings nicht für logisch gerechtfertigt.

William Paley argumentiert in seiner Natural Theology (1802), dass man eine auf dem Feld gefundene Taschenuhr als intelligent konstruiertes Objekt erkenne, und dass folglich auch die lebenden Organismen als Werke eines intelligenten Konstrukteurs anzusehen seien.

„Wenn ich beim Überqueren einer Heide mit meinen Fuß gegen einen Stein gestoßen wäre und gefragt würde, wie der Stein dorthin kam, könnte ich vielleicht antworten, dass er, nach allem, was ich wisse, für immer dort gelegen habe: noch wäre es vielleicht sehr einfach, die Absurdität dieser Antwort zu zeigen. Aber angenommen, ich hätte eine Uhr auf dem Boden gefunden, und man wollte fragen, wie die Uhr an diesem Ort gekommen ist, würde ich kaum an die Antwort denken, die ich vorher gegeben hatte, dass die Uhr, nach allem, was wisst, immer da gewesen sein könnte. Doch warum sollte diese Antwort nicht sowohl für die Uhr als auch für den Stein dienlich sein? Warum ist sie im zweiten Fall nicht so zulässig wie im ersten? Aus diesem Grund und für keinen sonst, nämlich, dass wir bei der Inspektion der Uhr wahrnehmen (was wir im Stein nicht entdecken konnten), dass ihre einzelnen Teile gefasst und zu einem Zweck zusammengefügt sind, z. B. dass sie so geformt und eingestellt sind, dass sie Bewegung erzeugen, und dass diese Bewegung so reguliert ist, dass sie auf die Stunde des Tages hinweist; dass, wenn die einzelnen Teile anders geformt worden wären als so, wie sie sind, von unterschiedlicher Größe als der, die sie haben, oder nach einer anderen Art und Weise oder in einer anderen Reihenfolge als die, in der sie platziert sind, entweder überhaupt keine Bewegung in der Maschine stattgefunden hätte oder keine, die dem Gebrauch entsprochen hätte, dem sie jetzt dient...

Dieser Mechanismus, der betrachtet wird (es erfordert in der Tat eine Untersuchung des Instruments und vielleicht etwas Vorwissen über die Sache, um es wahrzunehmen und zu verstehen; aber wenn man einmal, wie wir gesagt haben, beobachtet und verstanden hat), ist die Schlussfolgerung, wie wir denken, unvermeidlich; dass die Uhr einen Hersteller gehabt haben muss; dass es irgendwann einmal und an dem einen oder anderen Ort einen oder mehrere Handwerker gegeben haben muss, die sie zu dem Zweck gebildet haben, den wir tatsächlich beantworten finden; die ihre Konstruktion verstanden und ihren Gebrauch entworfen haben. (S. 1 f.) [...]

Das ist Atheismus: denn jeder Hinweis auf Erfindungsgabe, jede Manifestation von Design, die in der Uhr existiert, existiert in den Werken der Natur; mit dem Unterschied, dass sie auf Seiten der Natur immer größer und mehr ist, und das in einem Maße, das alle Berechnungen übersteigt. (S. 14)“

William Paley: Natural Theology[1]

Die Uhrmacher-Analogie wird heute noch von Vertretern des Kreationismus und des Intelligent Designs in ähnlicher Weise gebraucht.

Kritik und Gegenkritik

Die Analogie wird meist durch den Hinweis kritisiert, dass sie ein Vorwissen über die Entstehung von Artefakten voraussetzt, das bei lebenden Organismen jedoch nicht vorliegt. So wird eine Uhr als von Menschen geschaffen erkannt, da der Betrachter bereits durch Bildung und Prägung weiß, dass Uhren künstlich hergestellt werden. Das Erkennen von Ordnung und Komplexität sei dafür nicht ausschlaggebend.

Vertreter des Intelligent Design (z. B. Rammerstorfer, S. 93 ff.) wenden dagegen ein, Vorwissen über die Entstehung sei nicht nötig, da das Erkennen intelligent geschaffener Strukturen an bestimmten Mustern festgemacht werde, die auf intelligentes Eingreifen hinweisen würden. Als Beispiel wird das SETI-Programm angeführt. Auch hier könne nach Meinung der ID-Vertreter nicht auf Erfahrungswissen zurückgegriffen werden, die Suche nach Signalen orientiere sich vielmehr an auffälligen Mustern.

Der Astronom Seth Shostak vom SETI-Institut weist diesen Vergleich als fehlerhaft zurück; komplexe Muster allein würden noch nicht Intelligenz nachweisen.[2] Wesley R. Elsberry betont, dass SETI nur Signale detektieren würde, welche bestimmte Eigenschaften der menschlichen Kommunikation aufweisen, so wie sie auf Grund der Erfahrung mit menschlicher Kommunikation festgestellt wurden. Unter anderem z. B. die Benutzung von elektromagnetischen Signalen im Radiowellenlängenbereich und bestimmte Arten der Codierung. Auch beansprucht SETI explizit nicht, unspezifische Intelligenz nachweisen zu können. Nur solche Signale von intelligenten Wesen, welche hinreichend ähnlich zur menschlichen Intelligenz sind, so dass unsere Erfahrung mit letzterer auch auf diese intelligenten Wesen zutrifft, können mit SETI nachgewiesen werden.[3]

Der britische Evolutionsbiologe Richard Dawkins setzt sich in seinem 1986 erschienenen Werk The Blind Watchmaker kritisch mit der Uhrmacheranalogie auseinander. Eine deutsche Übersetzung erschien 1990 unter dem Titel Der blinde Uhrmacher. Dawkins legt dar, wie die Evolutionstheorie plausibel die Existenz von Lebewesen erklärt, ohne dass dafür ein Schöpfergott notwendig wäre. Dazu erklärt er den Unterschied zwischen einem komplett zufälligen Prozess und einem Prozess mit zufälligen Mutationen und anschließender Selektion. Dies wird durch ein Beispielprogramm (das Weasel Program) erläutert und zusätzlich ist auch das Computerprogramm The Blind Watchmaker[4] erhältlich, welches den Prozess der natürlichen Selektion simuliert.

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. „In crossing a heath, suppose I pitched my foot against a stone, and were asked how the stone came to be there, I might possibly answer, that, for any thing I knew to the contrary, it had lain there forever: nor would it perhaps be very easy to shew the absurdity of this answer. But suppose I had found a watch upon the ground, and it should be inquired how the watch happened to be in that place, I should hardly think of the answer which I had before given, that, for any thing I knew, the watch might have always been there. Yet why should not this answer serve for the watch, as well as for the stone? Why is it not as admissible in the second case, as in the first? For this reason, and for no other, viz. that, when we come to inspect the watch, we perceive (what we could not discover in the stone) that its several parts are framed and put together for a purpose, e. g. that they are so formed and adjusted as to produce motion, and that motion so regulated as to point out the hour of the day; that, if the several parts had been differently shaped from what they are, of a different size from what they are, or placed after any other manner, or in any other order, than that in which they are placed, either no motion at all would have been carried on In the machine, or none which would have answered the use, that is now served by it...
    This mechanism being observed (it requires indeed an examination of the instrument, and perhaps some previous knowledge of the subject, to perceive and understand it; but being once, as we have said, observed and understood), the inference, we think, is inevitable; that the watch must have had a maker ; that there must have existed, at some time and at some place or other, an artificer or artificers, who formed it for the purpose which we find it actually to answer; who comprehended its construction, and designed its use. (p. 1) [...]
    THIS is atheism : for every indication of contrivance, every manifestation of design, which existed in the watch, exists in the works of nature; with the difference, on the side of nature, of being greater and more, and that in a degree which exceeds all computation. (p. 14)“
    William Paley: Natural Theology, p. 1 archive.org
  2. [1] Seth Shostak: Why SETI isn't like "intelligent design"
  3. [2] Review von Wesley R. Elsberry über The Design Inference von William A Dembski
  4. Blind Watchmaker Java Program (Memento vom 5. Februar 2012 im Internet Archive)


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