Okkulte Gefangenschaft

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Okkulte Gefangenschaft wird dadurch bewirkt, dass der Mensch gezielt in eine Welt illusionärer seelischer Bilder eingesponnen wird, die ihm den Blick auf die geistige Wirklichkeit versperren und durch die sein Denken und Handeln zwanghaft geprägt wird.

"Es gibt in gewissen okkulten Kreisen einen Unfug; da wird der Mensch belehrt mit allerlei okkulten Lehren, aber man führt ihn nicht zu dem Endpunkt desjenigen, aus dem eigentlich diese Lehren stammen. Man gibt ihm nur Bilder, und man führt ihn nicht zu dem, wovon diese Bilder eigentlich das Abbild sind, gemalt sind. Dadurch wird der Mensch in seiner Seele von einer Bilderwelt umgeben, statt daß er die Empfindung bekommt, er muß durch diese Bilder erst das Weltenall kennenlernen.

Sehen Sie, aus diesem Grunde mußte ich, nachdem meine «Theosophie» erschienen war, die «Geheimwissenschaft» der «Theosophie» folgen lassen. Da ist dasjenige, was in der «Theosophie» in Bildern dargestellt ist, hinausgeführt in die Wirklichkeit der Sternenwelt, in die Evolution durch Saturn, Sonne, Mond und so weiter. Diese beiden Bücher ergänzen sich. Gibt man aber auf irgendeinem Gebiete dem Menschen nur Bilder, so ist er von den Bildern umgeben. Leute, die okkulten Unfug treiben, machen das so mit ihren Schülern, die sie nicht so recht besitzen; dadurch bringen sie sie in das, was man okkulte Gefangenschaft nennt. Der Mensch wird in dieser okkulten Gefangenschaft von Bildern umgeben, die ihm als Bilder nicht klar werden, aus denen er nicht herauskommt. Er ist in einem Bildergefängnis. Es ist dies dasjenige, womit viel okkulter Unfug von Leuten getrieben worden ist und auch heute noch getrieben wird. Aber es gibt auch geistige Wesenheiten, die den Menschen, oder sogar Teile der Menschen, in eine solche okkulte Gefangenschaft bringen. Es ist die ganz gleiche seelische Erscheinung. Das sind geistige Wesenheiten, die dann los werden in der Natur, wenn man die Natur nicht geistig begreift, wenn man in die Natur nur so hineinsieht, daß man die atomistischen Prozesse als naturalistische begreift. Dann verleugnet man den Geist der Natur. Dann werden gerade die dem Menschen entgegenstrebenden, sogenannten ahrimanischen Geister in der Natur rege, und die umstellen den Menschen mit allen möglichen Bildern, so daß der Mensch in diese okkulte Gefangenschaft auch geführt werden kann durch diese ahrimanischen Geistwesenheiten.

Und ein großer Teil desjenigen, was man heute wissenschaftliche Anschauung nennt - nicht die Tatsachen der Wissenschaft, die sind gut, aber dasjenige, was man wissenschaftliche Anschauung nennt -, das ist nichts anderes als Bilder einer universellen, über die Menschheit als Gefahr hereinbrechenden okkulten Gefangenschaft. Solch eine Gefahr einer hereinbrechenden okkulten Gefangenschaft ist vorhanden in dem Umstelltwerden des Menschen überall mit den atomistischen und molekularistischen Bildern. Solch eine okkulte Gefangenschaft stellt diese Bilder um einen her, man kann nicht hinausschauen in die freien Geistes- und Sternenbilder, weil sich eben das Weltenbild des Atoms wie die seelischen Wände, die geistigen Wände eines Gefängnishauses, in dem man sich dabei geistig befindet, hinstellt.

Das ist es, was als Bild uns auch zeigen kann in geisteswissenschaftlichem Lichte ein richtiges Streben der Gegenwart, denn die Tatsachen der Naturwissenschaft sind überall fruchtbar und führen in die Geistesweiten hinaus, wenn man ihnen nicht kommt mit dem Vorurteile der okkulten Gefangenschaft, in der heute im Grunde genommen die Wissenschaft ist. Das sind die Dinge, die wir innerlich durchleben müssen, wenn wir uns richtig in die Gegenwart der Erden- und Menschheitsevolution hineinstellen wollen, in Gemäßheit der Erden- und Menschheitsvergangenheit und der Erden- und Menschheitszukunft. Und das ist es, was uns, ich möchte sagen, immer entgegengerufen wird, wenn wir irgendwo altes Streben, aber jetzt wirklich mit dem Geiste und der Seele angesehen, vor uns haben." (Lit.: GA 227, 13. Vortrag)

Rudolf Steiner erwähnt die «okkulte Gefangenschaft» namentlich in einzelnen Vorträgen über die Geschichte der okkulten Bewegung im 19. Jahrhundert, wo er verschiedentlich berichtet, wie H.P. Blavatsky, von der die Theosophische Gesellschaft ihren Ausgang genommen hat, zeitweilig durch westliche Okkultisten gezielt in eine «okkulte Gefangenschaft» gesetzt wurde. (Lit.: GA 162, S. 214ff, 11. Vortrag)

"1879, auf einer von Okkultisten der verschiedensten Länder besuchten okkultistischen Versammlung wurde dies beschlossen und über die Blavatsky verhängt. Und so lebte jetzt eine größere Anzahl von Jahren Blavatsky wirklich in okkulter Gefangenschaft." (Lit.: GA 167, 3. Vortrag)

Okkulte Gefangenschaft

"H. P. Blavatsky wurde in okkulte Gefangenschaft gesetzt. Diese besteht darin, daß durch gewisse Dinge, die nur gemacht werden können von gewissen Brüdern - und die nur Brüderschaften machen, die sich auf eigentlich nichterlaubte Künste einlassen -, daß also durch gewisse Künste und Machenschaften erzielt wurde, H. P. Blavatsky in gewisser Zeit in einer Welt leben zu lassen, die all ihr okkultes Wissen nach innen warf.

Wenn Sie sich denken, das wäre - symbolisch gezeichnet - Blavatsky und in ihrer Aura wäre das okkulte Wissen, so wurde durch gewisse Vorgänge erzielt, daß für lange Zeit hindurch, was in dieser Aura lebte, in ihre Seele zurückgeworfen wurde. Also alles das, was sie an okkultem Wissen hatte, sollte eingesperrt werden; sie sollte abgeschlossen werden in bezug auf die äußere Welt und in bezug auf ihren Okkultismus." (Lit.: GA 254, 2. Vortrag)

Von der okkulten Gefangenschaft H. P. Blavatskys hatte schon C. G. Harrison, dessen im Druck veröffentlichte Vorträge Rudolf Steiner gut bekannt waren, sehr deutlich gesprochen:

"Nun muss ich, obschon ich auf dünnes Eis trete, einige Worte zur theilweisen Erklärung des geheimnissvollen Ausdruckes «Im Gefängnisse» hinzufügen. Was ist occulte Gefangenschaft und warum wurde sie über Frau Blavatsky verhängt?

Es giebt eine gewisse Verrichtung zeremonieller Magie, durch welche eine Mauer psychischer Einflüsse um ein gefährlich gewordenes Individium herum aufgeführt werden kann , was die Wirkung hat, die höheren Thätigkeiten zu lähmen und das herbeizuführen, was die «Zurückwerfung des Strebens» genannt wird. Die Folge ist ein durch phantastische Gesichte bezeichneter, geistiger Schlaf. Es ist eine Verrichtung, zu welcher selbst die Brüder der Linken selten ihre Zuflucht nehmen und die im Falle der Frau Blavatsky von fast allen europäischen Occultisten missbilligt wurde. Die Verantwortlichkeit für Alles, was seitdem geschah, lastet allein auf der amerikanischen Brüderschaft." (Lit.: Harrison, S 34f)

Okkulte Gefangenschaft der Anthroposophischen Gesellschaft?

Im Jahre 2000 kurz vor seinem Tode schrieb Manfred Schmid-Brabant im Nachrichtenblatt der AAG (Vgl. Was in der Anthroposophischen Gesellschaft vorgeht, Nachrichten für deren Mitglieder, Nr. 47, 19. November 2000) über eine mögliche okkulte Gefangenschaft der Anthroposophischen Gesellschaft. Hermann Keimeyer veröffentlichte darauf einen Rundbrief, in dem er diese okkulte Gefangenschaft für den einzelnen Anthroposophen bestritt. Neuerdings bringt Johannes Kiersch diesen Gedanken einer möglichen okkulten Gefangenschaft der Anthroposophischen Gesellschaft wieder in die öffentliche Diskussion ein.

Johannes Kiersch beschreibt zudem in einem aktuellen Artikel Glaubensüberzeugungen, von denen wir wie in einer belagerten Festung umstellt waren und die - aus seiner Sicht - zum Teil bis heute die Ursache für eine "okkulte Gefangenschaft" sind:

1
Anthroposophie verkündet allgemein gültige Wahrheit.
2
Anthroposophie braucht sich nicht zu entwickeln.
3
Die Lehren von Anthroposophie sind wissenschaftliche Fakten.
4
Rudolf Steiner war von Kind an hellsichtig und damit ein Eingeweihter.
5
Wir haben immer alles richtig gemacht.
6
Der Vorstand der Anthroposophischen Gesellschaft war auch nach dem Tode Rudolf Steiners "esoterisch".
7
Anthroposophen dürfen nicht anderweitig weltanschaulich gebunden sein.
8
Die Freie Hochschule für Geisteswissenschaft ist ein heiliges Geheimnis.
9
Die Freie Hochschule ist hierarchisch geordnet.
10
Im Zentrum der Freien Hochschule steht das Hören der >Klassenstunden< in Form der Textnachschriften des Jahres 1924.

Johannes Kiersch schließt seinen Artikel mit den Worten: "Für den Begründer der Anthroposophie ging es vor allem anderen um eine offene Zukunft, um die Verantwortung des einzelnen Ich und dessen individuelle Intuitionen, nicht primär um die gewordene, sondern um die werdende Anthroposophie. Was diese Intention für die gegenwärtige Neubesinnung auf den esoterischen Kern unserer Arbeit hindeutet, gilt es zu klären." (Nachrichtenblatt DAS GOETHEANUM Nr. 17 vom 21. April 2017).

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Initiations-Erkenntnis, GA 227 (1982), Dreizehnter Vortrag, Penmaenmawr, 31. August 1923
  2. Rudolf Steiner: Kunst- und Lebensfragen im Lichte der Geisteswissenschaft, GA 162 (1985), Elfter Vortrag, Dornach, 1. August 1915
  3. Rudolf Steiner: Gegenwärtiges und Vergangenes im Menschengeiste, GA 167 (1962), Dritter Vortrag, Berlin, 28. März 1916
  4. Rudolf Steiner: Die okkulte Bewegung im neunzehnten Jahrhundert und ihre Beziehung zur Weltkultur, GA 254 (1986), Zweiter Vortrag, Dornach, 11. Oktober 1915
  5. C. G. Harrison: Das Transcendentale Weltenall, photomechanischer Nachdruck der Ausgabe um 1897, Verlag Engel&Seefels, Stuttgart (1990)
  6. Johannes Kiersch: In "okkulter Gefangenschaft"? Von der gewordenen zur werdenden Anthroposophie, Info3-Vlg., Frankfurt a.M. 2015
  7. Johannes Kiersch: Von Bildern umstellt. In: "Das Goetheanum" Nr. 17 vom 21. April 2017, S. 6 - 9

Weblinks