Europäische Union

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Die Europäische Union (EU) ist ein Verbund von derzeit 28 Mitgliedstaaten. Außerhalb von Europa umfasst die EU auch einige Überseegebiete. Sie hat insgesamt mehr als eine halbe Milliarde Einwohner. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt ist der EU-Binnenmarkt der größte gemeinsame Wirtschaftsraum[1] der Erde. Die EU stellt eine eigenständige Rechtspersönlichkeit dar und hat daher Einsichts- und Rederecht bei den Vereinten Nationen.[2] Die verbreitetsten Sprachen in der EU sind Englisch, Deutsch und Französisch. Im Jahre 2012 wurde die Europäische Union mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.[3]

Allgemeines

Das politische System der EU, das sich im Zuge der europäischen Integration herausgebildet hat, basiert auf dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Es enthält sowohl überstaatliche als auch zwischenstaatliche Elemente. Während im Europäischen Rat und im Rat der Europäischen Union die einzelnen Staaten mit ihren Regierungen vertreten sind, repräsentiert das Europäische Parlament bei der Rechtsetzung der EU unmittelbar die Unionsbürger. Die Europäische Kommission als Exekutivorgan und der EU-Gerichtshof als Rechtsprechungsinstanz sind ebenfalls überstaatliche Einrichtungen.

Die Anfänge der EU gehen auf die 1950er-Jahre zurück, als zunächst sechs Staaten die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) gründeten. Eine gezielte wirtschaftliche Verflechtung sollte militärische Konflikte für die Zukunft verhindern und durch den größeren Markt das Wirtschaftswachstum beschleunigen und damit den Wohlstand der Bürger steigern. Im Lauf der folgenden Jahrzehnte traten in mehreren Erweiterungsrunden weitere Staaten den Gemeinschaften (EG) bei. Ab 1985 wurden mit dem Schengener Übereinkommen die Binnengrenzen zwischen den Mitgliedsländern geöffnet. Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs beziehungsweise der Auflösung des Ostblockes im Jahr 1989 änderte sich die geopolitische Lage in Europa grundlegend, womit sich Möglichkeiten zur Vertiefung der Integration, aber auch zur Vorbereitung von Erweiterungen im Osten ergaben. Mit dem Vertrag von Maastricht wurde 1992 die Europäische Union gegründet, die damit Zuständigkeiten in nichtwirtschaftlichen Politikbereichen bekam. In mehreren Reformverträgen, zuletzt im Vertrag von Lissabon, wurden die überstaatlichen Zuständigkeiten der EU ausgebaut und die demokratische Verankerung der politischen Entscheidungsprozesse auf Unionsebene nachgebessert, vor allem durch nochmalige Stärkung der Stellung des Europäischen Parlaments. Eine europäische Öffentlichkeit und Identität als Voraussetzung einer supranationalen Volkssouveränität bildet sich indes erst allmählich und nicht ohne Gegenströmungen heraus. Seit den 1980er-Jahren nahm mit den Kompetenzerweiterungen und dem damit einhergehenden Bedeutungsgewinn der EU auch die öffentliche Debatte über die Verfasstheit der EU an Intensität zu; dabei wurden auch EU-skeptische Positionen vermehrt artikuliert. Im Vertrag von Lissabon wurden im Jahr 2007 auch Austrittsszenarien geregelt.

Von den 28 EU-Staaten bilden 19 Staaten eine Wirtschafts- und Währungsunion. Im Jahr 2002 wurde eine gemeinsame Währung für diese Länder, der Euro, eingeführt. Im Rahmen des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts arbeiten die EU-Mitgliedstaaten in der Innen- und Justizpolitik zusammen. Durch die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik bemühen sie sich um ein gemeinsames Auftreten gegenüber Drittstaaten. Zukunftsbezogenes gemeinsames Handeln ist Gegenstand der Initiative Europa 2020, zu der unter anderem die Digitalpolitik gehört. Die Europäische Union hat Beobachterstatus in der G7, ist Mitglied in der G20 und vertritt ihre Mitgliedstaaten in der Welthandelsorganisation.

Die EU war 2016 der weltweit zweitgrößte Wirtschaftsraum nach nominalem (hinter den USA) sowie kaufkraftbereinigten Bruttoinlandsprodukt (hinter der Volksrepublik China). Als Staatenverbund ist sie der größte Güterproduzent und die größte Handelsmacht der Welt. Die Mitgliedsstaaten haben einen der höchsten Lebensstandards weltweit, wobei es jedoch auch innerhalb der EU deutliche Unterschiede zwischen einzelnen Ländern gibt. Im Index der menschlichen Entwicklung galten 2015 26 der 28 Mitgliedstaaten als „sehr hoch“ entwickelt.

Nach der Osterweiterung in den Jahren 2004 und 2007 ist die Europäische Union infolge der Finanzkrise ab 2007 und durch die Flüchtlingskrise ab 2015 in verschiedenen Mitgliedsstaaten einer zunehmenden EU-Skepsis von Teilen der Bevölkerung ausgesetzt, die sich unter anderem in dem Brexit-Referendum von 2016 niedergeschlagen hat. Unter dem Eindruck der Krisenerscheinungen und der Zunahme von rechtspopulistischen Tendenzen in den Mitgliedstaaten der Union wird die EU-Finalitätsdebatte neuerlich intensiv geführt. Einen auf die nähere Zukunft gerichteten, stark beachteten Reformplan hat der französische Staatspräsident Emmanuel Macron mit seiner Initiative für Europa vorgelegt.

Geschichte

Schon nach dem Ersten Weltkrieg gab es verschiedene Bestrebungen, eine Union europäischer Staaten zu bilden, etwa die 1922 gegründete Paneuropa-Union. Diese Bestrebungen blieben jedoch letztlich erfolglos.[4] Der entscheidende Ausgangspunkt für die europäische Integration wurde erst das Ende des Zweiten Weltkrieges: Durch eine Vernetzung der militärisch relevanten Wirtschaftssektoren sollte ein neuer Krieg zwischen den früheren Gegnern unmöglich gemacht und in der Folge auch die politische Annäherung und dauerhafte Versöhnung der beteiligten Staaten erreicht werden. Daneben waren auch sicherheitspolitische Erwägungen von Bedeutung: Im beginnenden Kalten Krieg sollten die westeuropäischen Staaten enger zusammengeschlossen und die Bundesrepublik Deutschland in den westlichen Block eingebunden werden.[5]

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Siehe auch

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Portal
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 Wikipedia:Portal: Europäische Union – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Europäische Union

Literatur

Überblickswerke

  • Ruth Reichstein: Die 101 wichtigsten Fragen – Die Europäische Union (= C.H.Beck Paperback, Band 7034), 3., überarbeitete und aktualisierte Auflage, Beck, München (Februar) 2016, ISBN 978-3-406-68396-1.
  • Werner Weidenfeld: Die Europäische Union. 3., aktualisierte Auflage. UTB / Fink, München 2013, ISBN 978-3-8252-3986-2.
  • Andreas Wehr: Die Europäische Union. 2., aktualisierte und erweiterte Auflage. Papyrossa, Köln 2015, ISBN 978-3-89438-498-2.

Politikwissenschaft

  • Hans-Jürgen Bieling: Die Globalisierungs- und Weltordnungspolitik der Europäischen Union. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-531-17303-0.
  • Sven Bernhard Gareis, Gunther Hauser, Franz Kernic (Hrsg.): The European Union – A Global Actor?. Opladen, Berlin u. a. 2013, ISBN 978-3-8474-0040-0.
  • Jürgen Hartmann: Das politische System der Europäischen Union. Eine Einführung. 2., überarbeitete und aktualisierte Auflage. Campus, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-593-39025-3.
  • Ulrike Jureit, Nikola Tietze (Hrsg.): Postsouveräne Territorialität. Die Europäische Union und ihr Raum. Hamburger Edition, Hamburg 2015, ISBN 978-3-86854-287-5.
  • Claus Offe: : Europa in der Falle. Berlin 2016
  • Jürgen Rüttgers, Frank Decker (Hrsg.): Europas Ende, Europas Anfang. Neue Perspektiven für die Europäische Union. Frankfurt/New York 2017
  • Wolfgang Wessels: Das politische System der Europäischen Union. VS Verlag, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-8100-4065-7.
  • Jens Wissel: Staatsprojekt Europa. Grundzüge einer materialistischen Theorie der Europäischen Union. Münster 2015, ISBN 978-3-89691-859-8.

Geschichte

Rechtswissenschaft

  • Manfred A. Dauses (Hrsg.): Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts. 24. Auflage. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-44100-4.
  • Dieter Grimm: Europa ja – aber welches? Zur Verfassung der europäischen Demokratie. München 2016.
  • Stephan Keiler, Christoph Grumböck (Hrsg.): EuGH-Judikatur aktuell. Linde, Wien 2006, ISBN 3-7073-0606-2.
  • Marcel Haag, Roland Bieber, Astrid Epiney: Die Europäische Union: Europarecht und Politik. 11. Auflage. Nomos, Banden-Baden / Helbing Lichtenhahn, Basel 2015, ISBN 978-3-8487-0122-3 (Nomos) / ISBN 978-3-7190-3563-1 (Helbing Lichtenhahn).

Politik

  • Daniel Cohn-Bendit, Guy Verhofstadt: Für Europa. Ein Manifest. Übersetzt von Philipp Blom. Hanser, München 2012, ISBN 978-3-446-24187-9.
  • Ulrike Guérot: Warum Europa eine Republik werden muss!: Eine politische Utopie Dietz, Bonn 2016, ISBN 978-3-8012-0479-2.
  • Jürgen Habermas: Zur Verfassung Europas. Ein Essay. Bonn 2012
  • Johannes Heinrichs: Die Logik des europäischen Traums. Eine systemtheoretische Vision. Academia Verlag, Sankt Augustin 2014, ISBN 978-3-89665-641-4.
  • Bodo Hombach, Edmund Stoiber (Hrsg.): Europa in der Krise. Vom Traum zum Feindbild? Marburg 2017
  • Srecko Horvat, Slavoj Žižek: Was will Europa? Laika, Hamburg 2013, ISBN 978-3-942281-68-3.
  • Jeremy Rifkin: Der Europäische Traum: Die Vision einer leisen Supermacht Übersetzt von Hartmut Schickert. Campus, Frankfurt am Main 2004, ISBN 978-3-593-37431-4.
  • Thomas Schmid, Europa ist tot, es lebe Europa! Eine Weltmacht muss sich neu erfinden. München 2016, ISBN 978-3-570-10318-0.

Weblinks

Commons: Europäische Union - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
 Wiktionary: Europäische Union – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Wiktionary: EU – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Offizielle Seiten

Unabhängige Informations- und Medienportale

Einzelnachweise

  1. Die Europäische Union | EU | Dossier. In: bpb.de. Bundeszentrale für politische Bildung, abgerufen am 19. November 2017.
  2. European Union @ United Nations@1@2Vorlage:Toter Link/www.eu-un.europa.eu (Seite nicht mehr abrufbar; Suche in Webarchiven)
  3. Website des norwegischen Nobelpreiskomitees. Abgerufen am 12. Oktober 2012. Den Prinzessin-von-Asturien-Preis für Eintracht erhielt die Europäische Union 2017.
  4. Oliver Burgard: Europa von oben – Warum die politischen Initiativen für eine Europäische Union nach dem Ersten Weltkrieg scheiterten. In: Die Zeit. 13. Januar 2000, abgerufen am 9. Mai 2014.
  5. Peter Krüger: Das unberechenbare Europa: Epochen des Integrationsprozesses vom späten 18. Jahrhundert bis zur Europäischen Union. W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 3-17-016586-0, S. 207 (Beginn Kalter Krieg); Gustav Schmidt: Die Römischen Verträge und der (Kalte Krieg) Ost–West–Konflikt (Memento vom 24. Dezember 2008 im Internet Archive), abgerufen 29. März 2008.


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