Natur

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Der Begriff Natur (lat.: natura, von nasci „entstehen, geboren werden“; griech. φύσις, physis, „das Gewachsene“) bezeichnet nach heutigem Verständnis ganz allgemein das, was nicht vom Menschen geschaffen wurde. Der Natur steht in diesem Sinne die Kultur gegenüber, als jener Teil der Natur, der durch die menschliche Geistestätigkeit umgeschaffen wurde. Mit der modernen Technik, namentlich mit der der Elekrotechnik, Elektronik und mit der Anwendung der Kernenergie stößt der Mensch anderseits in den Bereich der Unter-Natur vor, die dem Reich Ahrimans angehört.

Die Natur des Menschen umfasst im theologischen Sinn seine allgemeinen, geschöpflichen Eigenschaften, auf die sich seine natürlichen Fähigkeiten, insbesondere seine natürliche Vernunft, gründen.

Was als äußere physische Natur erscheint, ist aus den lebendigen ätherischen Bildekräften herausgewachsen. Diese Wachstumskräfte sind letzlich gedankenartiger Natur, sie sind Wachstumsgesetzmäßigkeiten, allerdings erscheinen sie nicht wie unsere menschlichen Gedanken als bloße Schatten in unserer Seele, sondern sind real gestaltende Kräfte. Mensch, Tier und Pflanze tragen diese Bildekräfte noch als Ätherleib in ihrem Wesen; im Mineral ist dieses gestaltende Leben in festen Formen erstorben, aber auch diese Formen sind ursprünglich aus einem lebendigen Bildungsprozess hervorgegangen. Goethe hat etwas davon geahnt, wenn er sagt:

„Natur! Wir sind von ihr umgeben und umschlungen – unvermögend aus ihr herauszutreten, und unvermögend tiefer in sie hineinzukommen. Ungebeten und ungewarnt nimmt sie uns in den Kreislauf ihres Tanzes auf und treibt sich mit uns fort, bis wir ermüdet sind und ihrem Arme entfallen [...]
Gedacht hat sie und sinnt beständig, aber nicht als ein Mensch, sondern als Natur [...]
Leben ist ihre schönste Erfindung, und der Tod ist ihr Kunstgriff viel Leben zu haben.“

Johann Wolfgang Goethe: aus dem Fragment »Die Natur«[1]

Der Ursprung dieser gestaltenden Kräfte liegt in den Schöpfungsgedanken der Götter - im Falle unserer Erdentwicklung sind das die Elohim, die Geister der Form. Sie haben sich aber aus ihrem Werk mittlerweile zurückgezogen:

"Sehen wir uns, um das zu verstehen, einmal unsere Welt, so wie sie uns heute vorliegt, und wie wir selbst drinnen stehen, näher an. Sehen Sie einmal ab von dem Menschen selbst in der ganzen weiten Welt, sehen Sie auf alles dasjenige, was sich in der ganzen weiten Welt findet, sagen wir als Wolken, Berge, Flüsse, als die Gebilde des mineralischen, des pflanzlichen, des tierischen Reiches, und fragen wir uns: Was ist denn eigentlich in dem ganzen Umkreise dessen, was man so bezeichnen darf, wie ich es eben getan habe? - Wollen wir uns einmal schematisch das aufzeichnen, um was es sich da handelt. Sagen wir: Alles dasjenige, was wir über uns sehen können (siehe Zeichnung, oben), alles

Zeichnung aus GA 198, S 285
Zeichnung aus GA 198, S 285

dasjenige, was sich als Mineralisches (rot), als Pflanzliches (grün) und bis zu einem gewissen Grade auch als tierisches Leben um uns ausbreitet - von dem Menschen sehen wir dabei ab, was es ja natürlich in Wirklichkeit gar nicht geben kann, was wir uns eben hypothetisch vor die Seele führen können -, also wir stellen uns vor, das sei die menschenentblößte Natur. Da, in dieser ganzen menschenentblößten Natur, gibt es keine Götter. Das ist dasjenige, was durchschaut werden muß! Es gibt in dieser menschenentblößten Natur ebensowenig Götter, wie es in der abgesonderten Austernschale die Auster gibt oder in der abgesonderten Schneckenschale die Schnecke gibt. Diese ganze Welt, von der ich Ihnen jetzt hypothetisch gesprochen habe, bei der wir absehen vom Menschen, sie ist dasjenige, was die Götterwesen im Laufe der Entwickelung abgesondert haben, wie die Auster ihre Schale absondert. Aber die Götter, die geistigen Wesen, sind nicht mehr darinnen, so wenig wie die Auster oder die Schnecke in ihren abgesonderten Schalen sind. Was wir als die Welt, die ich bezeichnet habe, um uns haben, ist ein Vergangenes. Indem wir hinschauen auf die Natur, schauen wir auf die Vergangenheit des Geistigen hin und auf das, was aus dieser Vergangenheit des Geistigen als ein Rückstand geblieben ist. Daher gibt es auch keine Möglichkeit, zu einem wirklich religiösen Bewußtsein bloß durch die Anschauung der Außenwelt zu kommen; denn man soll nur ja nicht glauben, daß in dieser Außenweit irgend etwas vorhanden ist von dem, was die eigentlich menschheitsschöpferischen geistig-göttlichen Wesen sind. Elementarwesen, gewiß, niedere geistige Wesenheiten, das ist etwas anderes; aber dasjenige, was eigentlich die schöpferischen geistigen Wesenheiten sind, die in das religiöse Bewußtsein als solches einzugehen haben, das gehört dieser Welt nur insofern an, als diese Welt die Schale davon ist, das Residuum, der Rückstand." (Lit.: GA 198, S. 285)

Anmerkungen

  1. Goethes Werke. Hamburger Ausgabe in 14 Bänden. Band 13, Hamburg 1948 ff. [1]

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Heilfaktoren für den sozialen Organismus, GA 198 (1984), ISBN 3-7274-1980-6 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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