Nikodemus und Ethik: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Nikodemus''' ist der Name einer Person aus dem [[Johannesevangelium]] im [[Wikipedia:Neues Testament|Neuen Testament]] der [[Wikipedia:Bibel|Bibel]]. Das griechische Wort (eigentlich ''Nikodemos'') bedeutet sinngemäß: „Sieger in der Volksversammlung“ bzw. „Sieger aus dem Volk“.
Die '''Ethik''' (von {{ELSalt|ἠθική (ἐπιστήμη)}} ''ēthikē (epistēmē)'' „das sittliche (Verständnis)“, von {{polytonisch|ἦθος}} ''ēthos'' „gewohnter Sitz; Gewohnheit, Sitte, Brauch; Charakter, Sinnesart“) ist seit [[Aristoteles]] eine [[Philosophie|philosophische]] Disziplin, die sich mit der auf der [[Vernunft]] gegründeten [[Erkenntnis]] des rechten, [[moral]]ischen [[Handeln]]s des Menschen befasst und ein darauf aufbauendes [[Ethos]] zu begründen sucht. Die ethische [[Gesinnung]] wurzelt in der auf das [[Geist]]ige gerichteten Tätigkeit der [[Bewusstseinsseele]], die Aristoteles als [[Dianoetikon]] bezeichnet hat.  


==Biblisches Zeugnis==
== Einteilung der Ethiken ==
Nach {{B|Joh|3|1}} gehört Nikodemus zur [[Wikipedia:Judentum|jüdischen]] Gruppe der [[Wikipedia:Pharisäer|Pharisäer]] und wird darüber hinaus als ein „Führer der Juden“ bezeichnet. Er besucht Jesus des Nachts und wird von ihm über die Notwendigkeit einer geistigen Wiedergeburt belehrt. Ihr Verhältnis steht somit im Kontext des christlich-jüdischen Dialogs. Darin geht es wesentlich um die Frage, ob der Mensch wegen seiner leiblichen Herkunft (als Jude) oder in einem bewussten geistigen Akt der Erneuerung erlöst sei.


Die nächtliche Situation des Gesprächs wird oft so verstanden, dass Nikodemus nur im Geheimen, ohne Wissen der anderen Pharisäer zu Jesus zu kommen wagt. Die daraus abgeleitete grundsätzliche feindliche jüdische Haltung gegenüber Jesus ist jedoch nicht zwingende Voraussetzung für die Szene. Der [[Wikipedia:Talmud|Talmud]] beschreibt eine Gepflogenheit jüdischer [[Wikipedia:Rabbiner|Rabbis]], sich bei Nacht mit den Geheimnissen der [[Wikipedia:Torah|Torah]] zu beschäftigen (bMen 110a):
Grundsätzlich kann zwischen einer '''[[Deontologische Ethik|Sollensethik]]''', die das [[Individuum]] durch Weisung von außen bestimmt, und einer '''[[Teleologische Ethik|Strebensethik]]''', die auf die individuelle [[moral]]ische Eigenkompetenz aufbaut, unterschieden werden. Darüber hinaus werden gemeinhin drei verschiedene Grundformen der Ethik unterschieden, wobei es allerding Überschneidungen gibt:
:''Ein Stufenlied: Preiset den Herrn, alle Diener des Herrn, die ihr in den Nächten im Hause des Herrn steht {{Bibel|Ps|134|1}}. Was heißt: in den Nächten? Rabbi Jochanan erwiderte: Das sind die Schriftgelehrten, die sich nachts mit der Torah befassen. Die Schrift rechnet es ihnen an, als würden sie sich mit dem Opferdienst befassen.''


Dem entspricht auch {{B|Mt|10|27}}: ''Was ich euch im Dunkeln sage, davon redet (später) am hellen Tag.'' So verstanden ist der nächtliche Besuch des Nikodemus bei Jesus vor allem ein [[Wikipedia:spirituell|spirituelles]] Gespräch, wie es der jüdische Gelehrte üblicherweise mit der Torah führt. Das würde darauf hinweisen, dass es dem Johannesevangelium in dieser Szene nicht um eine schroffe Gegenüberstellung zwischen Judentum und Christentum geht, sondern vielmehr darum, die Bedingungen für einen ernsthaften Dialog aufzuzeigen.
* Die '''[[Tugendethik]]''', bei der das Streben nach [[Tugend]] im Mittelpunkt steht, wie etwa in der [[Nikomachische Ethik|Nikomachischen Ethik]] des [[Aristoteles]], aber auch schon bei [[Platon]] ([[Politeia]]).


In {{B|Joh|7|50-52}} tritt Nikodemos im [[Wikipedia:Sanhedrin|Hohen Rat]] für Jesus ein. Ein drittes Mal wird er bei der Grablegung Jesu erwähnt, als er eine beträchtliche Menge von [[Wikipedia:Myrrhe|Myrrhe]] und [[Wikipedia:Aloen|Aloe]] zur Salbung des Leichnams bringt ({{B|Joh|19|39}}).
* Die '''[[Deontologische Ethik]]''' oder '''Pflichtethik''' (von {{ELSalt|δέον}} ''deon'' das Erforderliche, das Gesollte, die [[Pflicht]]), wie z.B. in der [[Stoa]] oder bei [[Immanuel Kant]].


==Außerbiblische Quellen==
* Die '''[[Teleologische Ethik]]''' (von {{ELSalt|τέλος}} ''télos'' „Ziel“), die davon ausgeht, dass alle [[Lebewesen]] - auch der [[Mensch]] - ''naturgegebene'' Ziele erstreben (z.B. [[Hedonismus]], [[Eudämonismus]], [[Utilitarismus]], [[Salutarusmus]])
[[Wikipedia:Flavius Josephus|Flavius Josephus]] erwähnt in seinen Antiquitates (XIV, 37) einen Nikodemus, der sich zum Christentum bekehrt habe. Es ist jedoch nicht erwiesen, ob damit der Nikodemus des Johannesevangeliums gemeint ist.


Die [[Wikipedia:Apokryph|apokryphe]] christliche Schrift  [[Wikipedia:Acta Pilati|Acta Pilati]] wird seit dem Mittelalter auch als ''Nikodemusevangelium'' bezeichnet.
Weitere wichtige Ethiken sind:


Aufgrund der spärlichen außerbiblischen Quellen wird die historische Existenz des Nikodemus von [[Wikipedia:Kontroversen um die Bibel|Bibelkritikern]] in Zweifel gezogen.  
* Die '''[[Nagative Ethik]]''' mit dem [[Nichtschadensprinzip]], die in der [[Medizinethik]] eine große Rolle spielt.


Die [[Wikipedia:Katholische Kirche|Katholische Kirche]] verehrt ihn als [[Wikipedia:Heiliger|Heiligen]] mit dem Gedenktag [[Wikipedia:31. August|31. August]].
* Der '''[[Ethischer Individualismus|Ethische Individualismus]]''' von [[Rudolf Steiner]], der sich auf [[Moralische Intuition|moralisceh Intuition]] gründet.
 
* Der '''[[Ethische Intuitionimus]]''' der eng mit dem Ethischen Individualismus Steiner verwandt ist.
 
* Der '''[[Ethischer Egoismus]]''', der bahuptet, man kööen Gutes auch aus egoistischen Gründen tun
 
Seit Beginn des [[Wikipedia:20. Jahrhundert|20. Jahrhundert]]s hat sich namentlich im angloamerikanischen Sprachraum eine als '''[[Metaethik]]''' bezeichnete Forschungsrichtung etabliert, die keine inhaltlichen Aussagen über moralische [[Werte]]n macht, sondern ganz allgemein und formal die Natur der Moral zu bestimmen sucht, etwa durch [[semantisch]]e Analyse moralischer Urteile. Dabei werden namentlich folgende Fragen diskutiert: „Gibt es überhaupt objektive Werte jenseits subjektiver Wertvorstellungen und Wünsche?“, „Können ethische Werte, sollten sie objektiv (bzw. zumindest [[intersubjektiv]]) existieren, als solche erkannt werden?“, d.h. sind sie im logischen Sinn [[wahrheit]]sfähig, und schließlich auch die entscheidende Frage: „Sollen wir überhaupt moralisch sein? Und falls ja, warum?“ Aber auch, wenn man die Frage bejat, und Gründe angibt, könnte bei der Vielzahl der ethsichen Positionen und Ethiken am Ende ine ethsicher Pluralismus stehen.
 
Ein noch einmal ganz anderes Thema ist die '''[[Sozialethik]]''', die zumeist unter '''Theologische Ethik''' gefasst wird. Ob dieses Einordnung nicht vielleicht zu einseitig ist, ist nicht geklärt.
 
== Der ethische Individualismus bei Rudolf Steiner ==
 
Ein auf die [[Freiheit]] des [[Mensch]]en gegründeter, aus eigener [[Moralische Intuition|moralischer Intuition]] geschöpfter [[Ethischer Individualismus|ethische Individualismus]], dessen philosophische Grundlagen [[Rudolf Steiner]] schon [[Wikipedia:1894|1894]] in seinem philosophischen Hauptwerk, der [[Philosophie der Freiheit]], ausführlich besprochen hat, soll nach und nach die auf bloß traditionell überlieferte Wertvorstellungen und [[moral]]ische [[Pflicht]]en gegründete Ethik durch eine wahrhaft ''freie Sittlichkeit'' erweitern und später ganz ersetzen.
 
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"Wer sich einen Weltengrund
außer unserer Ideenwelt denkt, der denkt sich, daß der
ideale Grund, warum von uns etwas als ''wahr erkannt'' wird,
ein anderer ist, als warum es objektiv wahr ''ist''. So ist die
Wahrheit als Dogma aufgefaßt. Und auf dem Gebiete der
Ethik ist das ''Gebot'' das, was in der Wissenschaft das ''Dogma''
ist. Der Mensch handelt, wenn er die Antriebe zu seinem
Handeln in Geboten sucht, nach Gesetzen, deren Begründung
nicht von ihm abhängt; er denkt sich eine Norm,
die von außen seinem Handeln vorgeschrieben ist. Er handelt
aus ''Pflicht''. Von Pflicht zu reden, hat nur bei dieser
Auffassung Sinn. Wir müssen den Antrieb von außen empfinden
und die ''Notwendigkeit'' anerkennen, ihm zu folgen,
dann handeln wir aus Pflicht. Unsere Erkenntnistheorie
kann ein solches Handeln, da wo der Mensch in seiner sittlichen
Vollendung auftritt, nicht gelten lassen. Wir wissen
daß die Ideenwelt die unendliche Vollkommenheit selbst
ist; wir wissen, daß mit ihr die Antriebe unseres Handelns
''in'' uns liegen; und wir müssen demzufolge nur ein solches
Handeln als ethisch gelten lassen, bei dem die Tat nur aus
der in uns liegenden Idee derselben fließt. Der Mensch vollbringt
von diesem Gesichtspunkte aus nur deshalb eine
Handlung, weil deren Wirklichkeit für ihn Bedürfnis ist.
Er handelt, weil ein innerer (eigener) Drang, nicht eine
äußere Macht, ihn treibt. Das Objekt seines Handelns, sobald
er sich einen Begriff davon macht, erfüllt ihn so, daß
er es zu verwirklichen strebt. In dem Bedürfnis nach Verwirklichung
einer Idee, in dem Drange nach der Ausgestaltung
einer Absicht soll auch der einzige Antrieb unseres
Handelns sein. In der Idee soll sich alles ausleben, was uns
zum Tun drängt. Wir handeln dann nicht aus Pflicht, wir
handeln nicht einem Triebe folgend, wir handeln aus ''Liebe zu dem Objekt'', auf das unsere Handlung sich erstrecken
soll. Das Objekt, indem wir es vorstellen, ruft in uns den
Drang nach einer ihm angemessenen Handlung hervor. Ein
solches Handeln ist allein ein freies. Denn müßte zu dem
Interesse, das wir an dem Objekt nehmen, noch ein zweiter
anderweitiger Anlaß kommen, dann wollten wir nicht dieses
Objekt um seiner selbst willen, wir wollten ein ''anderes''
und vollbrächten ''dieses'', was wir nicht wollen; wir vollführten
eine Handlung ''gegen'' unseren Willen. Das wäre
etwa beim Handeln aus ''Egoismus'' der Fall. Da nehmen wir
an der Handlung selbst kein Interesse; sie ist uns nicht Bedürfnis,
wohl aber der Nutzen, den sie uns bringt. Dann
aber empfinden wir es auch zugleich als Zwang, daß wir
jene Handlung, nur dieses Zweckes willen, vollbringen
müssen. Sie selbst ist uns nicht Bedürfnis; denn wir unterließen
sie, wenn sie den Nutzen nicht im Gefolge hätte.
Eine Handlung aber, die wir nicht um ihrer selbst willen
vollbringen, ist eine unfreie. Der ''Egoismus handelt unfrei''.
Unfrei handelt überhaupt jeder Mensch, der eine Handlung
aus einem Anlaß vollbringt, der nicht aus dem objektiven
Inhalt der Handlung selbst folgt. Eine Handlung um ihrer
selbst willen ausführen, heißt aus ''Liebe'' handeln. ''Nur derjenige, den die Liebe zum Tun, die Hingabe an die Objektivität leitet, handelt wahrhaft frei.'' Wer dieser selbstlosen Hingabe nicht fähig ist, wird seine Tätigkeit nie als eine
''freie'' ansehen können." {{Lit|{{G|001|201ff}}}}
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"Leben in der Liebe zum Handeln und Lebenlassen im Verständnisse des fremden Wollens ist die Grundmaxime der freien Menschen." {{Lit|{{G|004|166}}}}
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"Diese Ausführungen verbreiten Licht über jene Fragen,
die eine allgemeine Ethik zu beantworten hat. Man behandelt
die letztere ja vielfach so, als ob sie eine Summe von
Normen sei, nach denen das menschliche Handeln sich zu
richten habe. Man stellt von diesem Gesichtspunkte aus die
Ethik der Naturwissenschaft und überhaupt der Wissenschaft
vom Seienden gegenüber. Während nämlich die letztere
uns die Gesetze von dem, was besteht, was ist, vermitteln
soll, hätte uns die Ethik jene vom Seinsollenden zu lehren.
Die Ethik soll ein Kodex von allen Idealen des Menschen
sein, eine ausführliche Antwort auf die Frage: Was
ist gut? Eine solche Wissenschaft ist aber unmöglich. Es
kann keine allgemeine Antwort auf diese Frage geben. Das
ethische Handeln ist ja ein Produkt dessen, was sich im Individuum
geltend macht; es ist immer im einzelnen Fall
gegeben, nie im allgemeinen. Es gibt keine allgemeinen Gesetze
darüber, was man tun soll und was nicht. Man sehe
nur ja nicht die einzelnen Rechtssatzungen verschiedener
Völker als solche an. Sie sind auch nichts weiter als der
Ausfluß individueller Intentionen. Was diese oder jene Persönlichkeit
als sittliches Motiv empfunden hat, hat sich
einem ganzen Volke mitgeteilt, ist zum «Recht dieses Volkes
» geworden. Ein allgemeines Naturrecht, das für alle
Menschen und alle Zeiten gelte, ist ein Unding. Rechtsanschauungen
und Sittlichkeitsbegriffe kommen und gehen
mit den Völkern, ja sogar mit den Individuen. Immer ist
die Individualität maßgebend." {{Lit|{{G|001|201ff}}}}
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== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Kategorie:Ethik}}
* {{WikipediaDE|Ethik}}


== Literatur ==
== Literatur ==
* Cornel Heinsdorff: ''Christus, Nikodemus und die Samaritanerin bei Juvencus. Mit einem Anhang zur lateinischen Evangelienvorlage'', Berlin/ New York 2003 (Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte, Bd. 67) ISBN 3-11-017851-6
* Rudolf Steiner: ''Einleitungen zu Goethes Naturwissenschaftlichen Schriften'', [[GA 1]] (1987), ISBN 3-7274-0011-0 {{Schriften|001}}
* [[Wikipedia:Jan Dobraczynski|Jan Dobraczynski]]: ''Briefe des Nikodemus'', Warschau 1952
* Rudolf Steiner: ''Die Philosophie der Freiheit'', [[GA 4]] (1995), ISBN 3-7274-0040-4 {{Schriften|004}}
* [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/download/philosophie_grundriss7_ethik.pdf Negative Ethik] PDF


== Siehe auch ==
{{GA}}
* [[Wikipedia:Joseph von Arimathäa|Joseph von Arimathäa]]


== Weblinks==
== Weblinks ==
{{Commons|Category:Nicodemus|Nikodemus}}
{{PND|118588001}}
*[http://www.heiligenlexikon.de/BiographienN/Nikodemus.html Nikodemus - Ökumenisches Heiligenlexikon]


[[Kategorie:Biographie]]
* Dietmar Hübner: [https://www.youtube.com/watch?v=7k88yq_BEr8&list=PLBUdCOZnbWlK9TF1eQofX5ImolL_eXvgW Einführung in die praktische Philosophie und Ethik] Gesamtvorlesung an der Leibniz-Universität Hannover
[[Kategorie:Mann]]
* [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/philosophie2c.html Projekt Ethik] Website
[[Kategorie:Heiliger]]


{{Wikipedia}}
[[Kategorie:Philosophie nach Disziplin]]
[[Kategorie:Philosophische Disziplin]]
[[Kategorie:Handlung und Verhalten]]
[[Kategorie:Philosophie]]
[[Kategorie:Ethik|!]]
[[Kategorie:Tugend]]

Version vom 8. Juni 2018, 01:27 Uhr

Die Ethik (von griech. ἠθική (ἐπιστήμη) ēthikē (epistēmē) „das sittliche (Verständnis)“, von ἦθος ēthos „gewohnter Sitz; Gewohnheit, Sitte, Brauch; Charakter, Sinnesart“) ist seit Aristoteles eine philosophische Disziplin, die sich mit der auf der Vernunft gegründeten Erkenntnis des rechten, moralischen Handelns des Menschen befasst und ein darauf aufbauendes Ethos zu begründen sucht. Die ethische Gesinnung wurzelt in der auf das Geistige gerichteten Tätigkeit der Bewusstseinsseele, die Aristoteles als Dianoetikon bezeichnet hat.

Einteilung der Ethiken

Grundsätzlich kann zwischen einer Sollensethik, die das Individuum durch Weisung von außen bestimmt, und einer Strebensethik, die auf die individuelle moralische Eigenkompetenz aufbaut, unterschieden werden. Darüber hinaus werden gemeinhin drei verschiedene Grundformen der Ethik unterschieden, wobei es allerding Überschneidungen gibt:

Weitere wichtige Ethiken sind:

  • Der Ethischer Egoismus, der bahuptet, man kööen Gutes auch aus egoistischen Gründen tun

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts hat sich namentlich im angloamerikanischen Sprachraum eine als Metaethik bezeichnete Forschungsrichtung etabliert, die keine inhaltlichen Aussagen über moralische Werten macht, sondern ganz allgemein und formal die Natur der Moral zu bestimmen sucht, etwa durch semantische Analyse moralischer Urteile. Dabei werden namentlich folgende Fragen diskutiert: „Gibt es überhaupt objektive Werte jenseits subjektiver Wertvorstellungen und Wünsche?“, „Können ethische Werte, sollten sie objektiv (bzw. zumindest intersubjektiv) existieren, als solche erkannt werden?“, d.h. sind sie im logischen Sinn wahrheitsfähig, und schließlich auch die entscheidende Frage: „Sollen wir überhaupt moralisch sein? Und falls ja, warum?“ Aber auch, wenn man die Frage bejat, und Gründe angibt, könnte bei der Vielzahl der ethsichen Positionen und Ethiken am Ende ine ethsicher Pluralismus stehen.

Ein noch einmal ganz anderes Thema ist die Sozialethik, die zumeist unter Theologische Ethik gefasst wird. Ob dieses Einordnung nicht vielleicht zu einseitig ist, ist nicht geklärt.

Der ethische Individualismus bei Rudolf Steiner

Ein auf die Freiheit des Menschen gegründeter, aus eigener moralischer Intuition geschöpfter ethische Individualismus, dessen philosophische Grundlagen Rudolf Steiner schon 1894 in seinem philosophischen Hauptwerk, der Philosophie der Freiheit, ausführlich besprochen hat, soll nach und nach die auf bloß traditionell überlieferte Wertvorstellungen und moralische Pflichten gegründete Ethik durch eine wahrhaft freie Sittlichkeit erweitern und später ganz ersetzen.

"Wer sich einen Weltengrund außer unserer Ideenwelt denkt, der denkt sich, daß der ideale Grund, warum von uns etwas als wahr erkannt wird, ein anderer ist, als warum es objektiv wahr ist. So ist die Wahrheit als Dogma aufgefaßt. Und auf dem Gebiete der Ethik ist das Gebot das, was in der Wissenschaft das Dogma ist. Der Mensch handelt, wenn er die Antriebe zu seinem Handeln in Geboten sucht, nach Gesetzen, deren Begründung nicht von ihm abhängt; er denkt sich eine Norm, die von außen seinem Handeln vorgeschrieben ist. Er handelt aus Pflicht. Von Pflicht zu reden, hat nur bei dieser Auffassung Sinn. Wir müssen den Antrieb von außen empfinden und die Notwendigkeit anerkennen, ihm zu folgen, dann handeln wir aus Pflicht. Unsere Erkenntnistheorie kann ein solches Handeln, da wo der Mensch in seiner sittlichen Vollendung auftritt, nicht gelten lassen. Wir wissen daß die Ideenwelt die unendliche Vollkommenheit selbst ist; wir wissen, daß mit ihr die Antriebe unseres Handelns in uns liegen; und wir müssen demzufolge nur ein solches Handeln als ethisch gelten lassen, bei dem die Tat nur aus der in uns liegenden Idee derselben fließt. Der Mensch vollbringt von diesem Gesichtspunkte aus nur deshalb eine Handlung, weil deren Wirklichkeit für ihn Bedürfnis ist. Er handelt, weil ein innerer (eigener) Drang, nicht eine äußere Macht, ihn treibt. Das Objekt seines Handelns, sobald er sich einen Begriff davon macht, erfüllt ihn so, daß er es zu verwirklichen strebt. In dem Bedürfnis nach Verwirklichung einer Idee, in dem Drange nach der Ausgestaltung einer Absicht soll auch der einzige Antrieb unseres Handelns sein. In der Idee soll sich alles ausleben, was uns zum Tun drängt. Wir handeln dann nicht aus Pflicht, wir handeln nicht einem Triebe folgend, wir handeln aus Liebe zu dem Objekt, auf das unsere Handlung sich erstrecken soll. Das Objekt, indem wir es vorstellen, ruft in uns den Drang nach einer ihm angemessenen Handlung hervor. Ein solches Handeln ist allein ein freies. Denn müßte zu dem Interesse, das wir an dem Objekt nehmen, noch ein zweiter anderweitiger Anlaß kommen, dann wollten wir nicht dieses Objekt um seiner selbst willen, wir wollten ein anderes und vollbrächten dieses, was wir nicht wollen; wir vollführten eine Handlung gegen unseren Willen. Das wäre etwa beim Handeln aus Egoismus der Fall. Da nehmen wir an der Handlung selbst kein Interesse; sie ist uns nicht Bedürfnis, wohl aber der Nutzen, den sie uns bringt. Dann aber empfinden wir es auch zugleich als Zwang, daß wir jene Handlung, nur dieses Zweckes willen, vollbringen müssen. Sie selbst ist uns nicht Bedürfnis; denn wir unterließen sie, wenn sie den Nutzen nicht im Gefolge hätte. Eine Handlung aber, die wir nicht um ihrer selbst willen vollbringen, ist eine unfreie. Der Egoismus handelt unfrei. Unfrei handelt überhaupt jeder Mensch, der eine Handlung aus einem Anlaß vollbringt, der nicht aus dem objektiven Inhalt der Handlung selbst folgt. Eine Handlung um ihrer selbst willen ausführen, heißt aus Liebe handeln. Nur derjenige, den die Liebe zum Tun, die Hingabe an die Objektivität leitet, handelt wahrhaft frei. Wer dieser selbstlosen Hingabe nicht fähig ist, wird seine Tätigkeit nie als eine freie ansehen können." (Lit.: GA 001, S. 201ff)

"Leben in der Liebe zum Handeln und Lebenlassen im Verständnisse des fremden Wollens ist die Grundmaxime der freien Menschen." (Lit.: GA 004, S. 166)

"Diese Ausführungen verbreiten Licht über jene Fragen, die eine allgemeine Ethik zu beantworten hat. Man behandelt die letztere ja vielfach so, als ob sie eine Summe von Normen sei, nach denen das menschliche Handeln sich zu richten habe. Man stellt von diesem Gesichtspunkte aus die Ethik der Naturwissenschaft und überhaupt der Wissenschaft vom Seienden gegenüber. Während nämlich die letztere uns die Gesetze von dem, was besteht, was ist, vermitteln soll, hätte uns die Ethik jene vom Seinsollenden zu lehren. Die Ethik soll ein Kodex von allen Idealen des Menschen sein, eine ausführliche Antwort auf die Frage: Was ist gut? Eine solche Wissenschaft ist aber unmöglich. Es kann keine allgemeine Antwort auf diese Frage geben. Das ethische Handeln ist ja ein Produkt dessen, was sich im Individuum geltend macht; es ist immer im einzelnen Fall gegeben, nie im allgemeinen. Es gibt keine allgemeinen Gesetze darüber, was man tun soll und was nicht. Man sehe nur ja nicht die einzelnen Rechtssatzungen verschiedener Völker als solche an. Sie sind auch nichts weiter als der Ausfluß individueller Intentionen. Was diese oder jene Persönlichkeit als sittliches Motiv empfunden hat, hat sich einem ganzen Volke mitgeteilt, ist zum «Recht dieses Volkes » geworden. Ein allgemeines Naturrecht, das für alle Menschen und alle Zeiten gelte, ist ein Unding. Rechtsanschauungen und Sittlichkeitsbegriffe kommen und gehen mit den Völkern, ja sogar mit den Individuen. Immer ist die Individualität maßgebend." (Lit.: GA 001, S. 201ff)

Siehe auch

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Weblinks