Merkaba

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Der Thronwagen des HERRN in der Vision des Ezechiel.
Wiliam Blake: The Whirlwind: Ezekiel's Vision of the Cherubim and Eyed Wheels (ca. 1803 - 1805)
Ezechiels Vision (Merian-Bibel)

Merkaba (hebr. מרכבה, „Wagen“) ist der Thronwagen Gottes oder besser der Thronwagen des HERRN in der Vision des Ezechiel 1. Die Merkabamystik prägte etwa ab dem 1. Jahrhundert v. Chr. die erste Epoche der jüdischen Mystik und wurde noch vor der Kabbala entwickelt und war der Erforschung der himmlischen Thronwelt gewidmet, die in etwa dem Pleroma der Gnostiker entspricht. Hier sind die geistigen Urbilder der gesamten Schöpfung zu schauen.

Der Einweihungsweg

Der Einweihungsweg, auf dem manche Prüfungen bestanden und manche Schwellen überwunden werden mussten, führte den Mystiker durch die sieben Planetensphären und die sieben himmlischen Paläste oder Tempel bis vor den Thron Gottes, weshalb man auch von Hechalotmystik (hebr. היכלות Hechaloth, von היכל Hechal, ‚Tempel‘ oder ‚Palast‘) spricht. In der Saturnsphäre herrschen die Throne, die wohl mit den von Ezechiel berschriebenen Ophanim (hebr. אוֹפַנִּים „Räder“) gleichzusetzen sind. Darüber erhebt sich der Tierkreis mit den Cherubim.

Physiognomik und Chiromantik spielten eine große Rolle bei der Auswahl geeigneter Neophyten[1]. Zur Vorbereitung des Aufstiegs durch die himmlischen Sphären musste für 12 oder sogar 40 Tage strenge Askese und die Meditation in einer speziellen Körperhaltung geübt werden, die das visionäre Erleben fördert, gleich der Gebetshaltung des Propheten Elija auf dem Berg Karmel (1 Kön 18,42 LUT).

„Viele Gelehrte meinten, wer sich durch viele Qualitäten auszeichne, die in den Schriften angeführt werden, und die Merkaba schauen und die Paläste der Engel in der Höhe erblicken will, habe bestimmte Prozeduren einzuhalten. Er müsse eine gewisse Anzahl von Tagen fasten und sein Haupt zwischen seine Knie legen und viele Hymnen und Gesänge flüstern, deren Text überliefert ist. Dann schaut er das Innere und die Kammern, als ob er mit eigenen Augen in die sieben Paläste sähe, und er schaut, als ob er von einem Palast in den anderen einträte, und sieht, was es dort gibt“

Gaon Haj ben Scherira: (um 1000)[2]

Bei seinem Aufstieg (oder Abstieg[3]) zur Thronwelt begegnet der Geistesschüler Engelwesenheiten, die als Torwächter fungieren. Siegel mit magischen Sprüchen helfen ihm, die Gefahren der nächsten Stufe zu bemeistern.

Die Merkaba wird auch als das Lichtfahrzeug gedeutet, das den Geistesschüler im hellsichtigen Erleben durch die Astralwelt führt; gemeint ist damit die Verbindung von Ätherleib und Astralleib, die so vom physischen Leib gelockert wurden, dass sich die Wahrnehmung der durch Meditation im Astralleib aktivierten Lotosblumen im Ätherleib abbilden und dadurch als Imaginationen bewusst erlebt werden. In diesem Sinn wird der Name Mer-Ka-Ba auch gelegentlich aus dem Altägyptischen abgeleitet als Verbindung von Mer = Licht, Ka = Ätherleib und Ba = Astralleib.

Der Thronwagen des HERRN (Hesekiel 1-3)

Hesekiel schaut die Herrlichkeit des HERRN (Hes 1)

1 Im dreißigsten Jahr am fünften Tage des vierten Monats, als ich unter den Weggeführten am Fluss Kebar war, tat sich der Himmel auf, und Gott zeigte mir Gesichte. 2 Am fünften Tag des Monats - es war das fünfte Jahr, nachdem der König Jojachin gefangen weggeführt war -, 3 da geschah das Wort des HERRN zu Hesekiel, dem Sohn des Busi, dem Priester, im Lande der Chaldäer am Fluss Kebar. Dort kam die Hand des HERRN über ihn. 4 Und ich sah, und siehe, es kam ein ungestümer Wind von Norden her, eine mächtige Wolke und loderndes Feuer, und Glanz war rings um sie her, und mitten im Feuer war es wie blinkendes Kupfer. 5 Und mitten darin war etwas wie vier Gestalten; die waren anzusehen wie Menschen. 6 Und jede von ihnen hatte vier Angesichter und vier Flügel. 7 Und ihre Beine standen gerade, und ihre Füße waren wie Stierfüße und glänzten wie blinkendes, glattes Kupfer. 8 Und sie hatten Menschenhände unter ihren Flügeln an ihren vier Seiten; die vier hatten Angesichter und Flügel. 9 Ihre Flügel berührten einer den andern. Und wenn sie gingen, brauchten sie sich nicht umzuwenden; immer gingen sie in der Richtung eines ihrer Angesichter. 10 Ihre Angesichter waren vorn gleich einem Menschen und zur rechten Seite gleich einem Löwen bei allen vieren und zur linken Seite gleich einem Stier bei allen vieren und hinten gleich einem Adler bei allen vieren. 11 Und ihre Flügel waren nach oben hin ausgebreitet; je zwei Flügel berührten einander und mit zwei Flügeln bedeckten sie ihren Leib. 12 Immer gingen sie in der Richtung eines ihrer Angesichter; wohin der Geist sie trieb, dahin gingen sie; sie brauchten sich im Gehen nicht umzuwenden. 13 Und in der Mitte zwischen den Gestalten sah es aus, wie wenn feurige Kohlen brennen, und wie Fackeln, die zwischen den Gestalten hin und her fuhren. Das Feuer leuchtete und aus dem Feuer kamen Blitze. 14 Und die Gestalten liefen hin und her, dass es aussah wie Blitze. 15 Als ich die Gestalten sah, siehe, da stand je ein Rad auf der Erde bei den vier Gestalten, bei ihren vier Angesichtern. 16 Die Räder waren anzuschauen wie ein Türkis und waren alle vier gleich, und sie waren so gemacht, dass ein Rad im andern war. 17 Nach allen vier Seiten konnten sie gehen; sie brauchten sich im Gehen nicht umzuwenden. 18 Und sie hatten Felgen, und ich sah, ihre Felgen waren voller Augen ringsum bei allen vier Rädern. 19 Und wenn die Gestalten gingen, so gingen auch die Räder mit, und wenn die Gestalten sich von der Erde emporhoben, so hoben die Räder sich auch empor. 20 Wohin der Geist sie trieb, dahin gingen sie, und die Räder hoben sich mit ihnen empor; denn es war der Geist der Gestalten in den Rädern. 21 Wenn sie gingen, so gingen diese auch; wenn sie standen, so standen diese auch; und wenn sie sich emporhoben von der Erde, so hoben sich auch die Räder mit ihnen empor; denn es war der Geist der Gestalten in den Rädern. 22 Aber über den Häuptern der Gestalten war es wie eine Himmelsfeste, wie ein Kristall, unheimlich anzusehen, oben über ihren Häuptern ausgebreitet, 23 dass unter der Feste ihre Flügel gerade ausgestreckt waren, einer an dem andern; und mit zwei Flügeln bedeckten sie ihren Leib. 24 Und wenn sie gingen, hörte ich ihre Flügel rauschen wie große Wasser, wie die Stimme des Allmächtigen, ein Getöse wie in einem Heerlager. Wenn sie aber stillstanden, ließen sie die Flügel herabhängen 25 und es donnerte im Himmel über ihnen. Wenn sie stillstanden, ließen sie die Flügel herabhängen. 26 Und über der Feste, die über ihrem Haupt war, sah es aus wie ein Saphir, einem Thron gleich, und auf dem Thron saß einer, der aussah wie ein Mensch. 27 Und ich sah, und es war wie blinkendes Kupfer aufwärts von dem, was aussah wie seine Hüften; und abwärts von dem, was wie seine Hüften aussah, erblickte ich etwas wie Feuer und Glanz ringsumher. 28 Wie der Regenbogen steht in den Wolken, wenn es geregnet hat, so glänzte es ringsumher. So war die Herrlichkeit des HERRN anzusehen. Und als ich sie gesehen hatte, fiel ich auf mein Angesicht und hörte einen reden.

Hesekiels Berufung zum Prophetenamt (Hes 2)

1 Und er sprach zu mir: Du Menschenkind, tritt auf deine Füße, so will ich mit dir reden. 2 Und als er so mit mir redete, kam Leben in mich und stellte mich auf meine Füße, und ich hörte dem zu, der mit mir redete. 3 Und er sprach zu mir: Du Menschenkind, ich sende dich zu den Israeliten, zu dem abtrünnigen Volk, das von mir abtrünnig geworden ist. Sie und ihre Väter haben bis auf diesen heutigen Tag wider mich gesündigt. 4 Und die Söhne, zu denen ich dich sende, haben harte Köpfe und verstockte Herzen. Zu denen sollst du sagen: »So spricht Gott der HERR!« 5 Sie gehorchen oder lassen es - denn sie sind ein Haus des Widerspruchs -, dennoch sollen sie wissen, dass ein Prophet unter ihnen ist. 6 Und du, Menschenkind, sollst dich vor ihnen nicht fürchten noch vor ihren Worten fürchten. Es sind wohl widerspenstige und stachlige Dornen um dich, und du wohnst unter Skorpionen; aber du sollst dich nicht fürchten vor ihren Worten und dich vor ihrem Angesicht nicht entsetzen - denn sie sind ein Haus des Widerspruchs -, 7 sondern du sollst ihnen meine Worte sagen, sie gehorchen oder lassen es; denn sie sind ein Haus des Widerspruchs. 8 Aber du, Menschenkind, höre, was ich dir sage, und widersprich nicht wie das Haus des Widerspruchs. Tu deinen Mund auf und iss, was ich dir geben werde. 9 Und ich sah, und siehe, da war eine Hand gegen mich ausgestreckt, die hielt eine Schriftrolle. 10 Die breitete sie aus vor mir, und sie war außen und innen beschrieben und darin stand geschrieben Klage, Ach und Weh.

(Hes 3)

1 Und er sprach zu mir: Du Menschenkind, iss, was du vor dir hast! Iss diese Schriftrolle und geh hin und rede zum Hause Israel! 2 Da tat ich meinen Mund auf und er gab mir die Rolle zu essen 3 und sprach zu mir: Du Menschenkind, du musst diese Schriftrolle, die ich dir gebe, in dich hineinessen und deinen Leib damit füllen. Da aß ich sie und sie war in meinem Munde so süß wie Honig. 4 Und er sprach zu mir: Du Menschenkind, geh hin zum Hause Israel und verkündige ihnen meine Worte. 5 Denn ich sende dich ja nicht zu einem Volk, das unbekannte Worte und eine fremde Sprache hat, sondern zum Hause Israel, 6 nicht zu vielen Völkern, die unbekannte Worte und eine fremde Sprache haben, deren Worte du nicht verstehen könntest. Und wenn ich dich zu solchen sendete, würden "sie" dich gern hören. 7 Aber das Haus Israel will "dich" nicht hören, denn sie wollen "mich" nicht hören; denn das ganze Haus Israel hat harte Stirnen und verstockte Herzen. 8 Siehe, ich habe dein Angesicht so hart gemacht wie ihr Angesicht und deine Stirn so hart wie ihre Stirn. 9 Ja, ich habe deine Stirn so hart wie einen Diamanten gemacht, der härter ist als ein Kieselstein. Darum fürchte dich nicht, entsetze dich auch nicht vor ihnen; denn sie sind ein Haus des Widerspruchs. 10 Und er sprach zu mir: Du Menschenkind, alle meine Worte, die ich dir sage, die fasse mit dem Herzen und nimm sie zu Ohren! 11 Und geh hin zu den Weggeführten deines Volks und verkündige ihnen und sprich zu ihnen: »So spricht Gott der HERR!«, sie hören oder lassen es. Hes 1,1 LUT

Anmerkungen

  1. Scholem, S 51
  2. zit. nach Scholem, S 53
  3. Während in den älteren Texten der Hechalotmystik vom Aufstieg in die Thronwelt gesprochen wird, ist in den späteren Texten vom Abstieg zur Merkaba die Rede (vgl. Scholem, S 50)

Literatur

Weblinks