Zentralverwaltungswirtschaft und Zwangsarbeit: Unterschied zwischen den Seiten

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Die '''Zentralverwaltungswirtschaft''', auch '''Zentralwirtschaft''' oder '''Planwirtschaft''' gennant, wird im Gegensatz zur [[Markt]]wirtschaft von einer zentralen [[wirtschaft]]lichen oder [[staat]]lichen [[Verwaltung]]sstelle geleitet, die alle wichtigen Entscheidungen bezüglich der [[Produktion]] und der Verteilung von [[Produktionsmittel]]n, [[Kapital]], [[Arbeit]] und [[Grund und Boden]] trifft. Aufgrund der praktisch unüberschaubaren Größe und dem daraus resultierenden überbordenden Bürokratismus und der mangelnden Eigenverantwortung ist eine zentral gesteuerte Planwirtschaft in der Regel zu schwerfällig und zu wenig innovativ, um die wirtschaftlichen Bedürfnisse einer gegebenen sozialen Gemeinschaft dauerhaft erfüllen zu können. Das gilt umso mehr, wenn die zentrale Lenkung nicht nach wirtschaftlichen Kriterien, sondern durch staatliche Lebnkung erfolgt, wie die Erfahrungen mit dem realen [[Wikipedia:Staatssozialismus|Staatssozialismus]] deutlich gezeigt haben.
'''Zwangsarbeit''' ist laut Definition der [[Wikipedia:Internationale Arbeitsorganisation|Internationalen Arbeitsorganisation]] (ILO) ''„jede [[Arbeit]] oder [[Dienstleistung]], die von einer beliebigen Person unter Androhung jeglicher Form von Strafe ohne freiwillige Zustimmung der genannten Person geleistet wird.“'' Ausgenommen sind ''„der Militärdienst, übliche Bürgerpflichten, die Arbeit im Strafvollzug, notwendige Arbeiten in Fällen höherer Gewalt und Arbeit, die dem unmittelbaren Wohl der Gemeinschaft dient“''<ref>ILO’s Forced Labour Convention, 1930 (No. 29): „All work or service which is exacted from any person under the menace of any penalty and for which the said person has not offered himself voluntarily.“ (ILO C.29, Art. 1) Ausgenommen ist „work of a purely military character,
“normal” civic obligations, work as a consequence of a conviction in a court of law and
carried out under the control of a public authority, work in emergency situations such as
wars or natural calamities, and minor communal services.“ (Art. 2.2)</ref>. Nach einer 2012 von der ILO durchgefühten Untersuchung sind gegenwärtig weltweit 20,9 Millionen Menschen von Zwangsarbeit betroffen. Etwa 55% davon (11,4 Millionen) sind Frauen. Über 90% der Zwangsarbeit wird dabei heute in der [[Wikipedia:Privatwirtschaft|Privatwirtschaft]] geleistet (18,7 Millionen). 22% (4,5 Millionen) der Zwangsarbeit resultieren aus sexueller Ausbeutung (Zwangsprostitution)<ref>[http://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/---ed_norm/---declaration/documents/publication/wcms_243391.pdf Profi ts and Poverty: ''The Economics of Forced Labour'', Bericht der ILO (veröffentlicht 2014)</ref>.


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'''Arbeitszwang''' jeglicher Art ist Ausdruck ungesunder sozialer Verhältnisse und durch keinerlei [[moral]]ische, [[Politik|politische]] oder [[wirtschaft]]liche Bedürfnisse zu rechtfertigen.
"Aber sehen Sie, dabei übersieht man, daß es unmöglich ist,
einen Wirtschaftskörper, wenn er über eine bestimmte Größe hinausgeht
und zu verschiedene Wirtschaftszweige umfaßt, zentralistisch
zu verwalten." {{Lit|{{G|331|170}}}}
</div>
 
[[Rudolf Steiner]] hat in seinen Ausführungen zur [[Soziale Dreigliederung|Dreigliederung des sozialen Organismus]] die Bildung dezentraler branchenübergreifender wirtschaftlicher [[Assoziation (Wirtschaftsleben)|Assoziationen]] von überschaubarer Größe vorgeschlagen, in denen Produzenten, Handelstreibende und Konsumenten gemeinsam in freier Übereinkunft die realen Konsumbedürfnisse erheben, eine entsprechende Warenproduktion anregen und für eine angemessene, sozial verträgliche [[Preis (Wirtschaft)|Preisbildung]] sorgen. Dadurch werden auch die Mängel einer den Zufälligkeiten des [[Markt]]es ausgelieferten reinen Marktwirtschaft umgangen.
 
<div style="margin-left:20px">
"Das Wirtschaftsleben strebt
darnach, sich aus seinen eigenen Kräften heraus unabhängig
von Staatseinrichtungen, aber auch von staatlicher Denkweise
zu gestalten. Es wird dies nur können, wenn sich,
nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten, Assoziationen
bilden, die aus Kreisen von Konsumenten, von Handeltreibenden
und Produzenten sich zusammenschließen. Durch
die Verhältnisse des Lebens wird der Umfang solcher
Assoziationen sich von selbst regeln. Zu kleine Assoziationen
würden zu kostspielig, zu große wirtschaftlich zu unübersichtlich
arbeiten. Jede Assoziation wird zu der andern aus
den Lebensbedürfnissen heraus den Weg zum geregelten
Verkehr finden. Man braucht nicht besorgt zu sein, daß
derjenige, der sein Leben in reger Ortsveränderung zuzubringen
hat, durch solche Assoziationen eingeengt sein
werde. Er wird den Übergang von der einen in die andere
leicht finden, wenn nicht staatliche Organisation, sondern
wirtschaftliche Interessen den Übergang bewirken werden.
Es sind Einrichtungen innerhalb eines solchen assoziativen
Wesens denkbar, die mit der Leichtigkeit des Geldverkehrs
wirken.
 
Innerhalb einer Assoziation kann aus Fachkenntnis und
Sachlichkeit eine weitgehende Harmonie der Interessen
herrschen. Nicht Gesetze regeln die Erzeugung, die Zirkulation
und den Verbrauch der Güter, sondern die Menschen
aus ihrer unmittelbaren Einsicht und ihrem Interesse heraus.
Durch ihr Drinnenstehen im assoziativen Leben können die
Menschen diese notwendige Einsicht haben; dadurch, daß
Interesse mit Interesse sich vertragsmäßig ausgleichen muß,
werden die Güter in ihren entsprechenden Werten zirkulieren." {{Lit|{{G|023|16f}}}}
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"Assoziationen
innerhalb einer Branche gibt es nicht, denn das sind keine
Assoziationen, sondern Assoziationen gehen von Branche zu Branche,
gehen vor allen Dingen auch von den Produzenten zu den
Konsumenten hin. Assoziationen sind das genaue Gegenteil von
dem, was zum Trust, zum Syndikat und dergleichen hinführt. Wir
werden dann noch sehen, wie auch gewisse Zusammenhänge zwischen
den Unternehmern einer Warengattung notwendig sind; die
haben dann aber eine ganz andere Funktion. Dasjenige aber, was
die Entstehung - ich sage nicht Festsetzung, sondern Entstehung -
des richtigen Preises ist, das kann nur durch ein assoziatives Leben
sich entwickeln, das von Branche zu Branche geht; wenn die Assoziationen
zusammenwirken mit ihren Erfahrungen, dann erst kann
aus der Erfahrung heraus der richtige Preis festgelegt werden." {{Lit|{{G|337b|211}}}}
</div>


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== Neue Ansätze ==
<div style="margin-left:20px">
Der englische Sozialist Pat Devine entwickelte ein „Modell demokratischer Planung […] in dem die Planung die Form eines politischen Prozesses ausgehandelter Koordination annimmt, wobei Entscheidungen direkt oder indirekt von den Betroffenen selbst gefällt werden“.<ref>Zit. nach [[wikipedia:Alex Callinicos|Alex Callinicos]]: ''Ein antikapitalistisches Manifest.'' VSA-Verlag, Hamburg 2004, ISBN 3-89965-066-2.</ref>
"Der Mensch arbeitet, wenn in seiner Seele der
Gedanke keimt, der ihn zur Arbeit treibt. Soll er im Zusammenhange
des sozialen Lebens arbeiten, so empfindet er
sein Dasein nur als menschenwürdig, wenn in diesem Leben
Gedanken walten, die ihm sein Mitarbeiten im Lichte dieser
Menschenwürde erscheinen lassen. Gewisse, auch sozialistisch
orientierte Kreise möchten allerdings diesen Antrieb zur Arbeit
durch den Arbeitszwang ersetzen. Das ist eben ''ihre Art'',
sich von der Einsicht in die Notwendigkeit fruchtbarer sozialer
Ideen hinwegzudrücken." {{Lit|{{G|024|119f}}}}
</div>


=== Partizipatorische Ökonomie ===
<div style="margin-left:20px">
--> Hauptartikel [[Parecon]]
"... wer in den Geist meines Buches
«[[Die Kernpunkte der Sozialen Frage]]» eindringt, der wird sehen,
daß dasjenige, was nun wirklich jedem einigermaßen menschlich
denkenden Menschen - das sage ich hier ganz unverblümt - als das
Scheußlichste erscheinen muß, ein bürokratisch angeordneter
Arbeitszwang, daß der in der Zukunft [in einem dreigegliederten
sozialen Organismus] wegfallen kann. Natürlich ist ja jeder aus den
sozialen Verhältnissen heraus gezwungen zu arbeiten, und man hat
nur die Wahl, entweder zu verhungern oder zu arbeiten. Einen
anderen Arbeitszwang als den, der sich auf diese Weise aus den
Verhältnissen ergibt, kann es nicht geben [in einer sozialen Ordnung],
in der doch die Freiheit des menschlichen Wesens eine
Grundbedingung ist." {{Lit|{{G|337a|78}}}}
</div>


Der US-Aktivist in der [[Anarchismus|anarchistisch]]-sozialistischen [[wikipedia:Kollektive Selbstverwaltung|Selbstverwaltungsbewegung]] [[Michael Albert]] entwickelte sein Modell der [[Parecon|partizipatorischen Ökonomie]] als Gegenentwurf zu Kapitalismus und zu (aus seiner Sicht) autoritären Zentralverwaltungswirtschaften klassisch [[Marxismus|marxistischen]] Typs. Die [[Demokratie|demokratisch]] gedachte Planabstimmung erfolgt mit Hilfe von Computer und Internet.
<div style="margin-left:20px">
"Geradeso wie sich die Nachfolger von Plato und Aristoteles entschließen
mußten zu sagen: Der Mensch als Sklave darf nicht Ware
sein -, so müssen sich eben die Nachfolger der heutigen Menschheit
sagen lernen: Auf keinen Fall darf die Arbeitskraft Ware sein -, sondern
durch andere Impulse muß der Mensch zum Dienen, zum Arbeiten
für seine Mitmenschen getrieben werden, nicht durch den Wert
desjenigen, was er erzeugt. Der volkswirtschaftliche Wert desjenigen,
was erzeugt wird, wird niemals geregelt werden dürfen nach der aufgewendeten
oder ersparten Arbeit, sondern lediglich nach dem berechtigten
Entspannungsverhältnis der Ware und solchen menschlichen
Bedürfnissen. Da entscheidet also weder aufgespeicherte noch
ersparte Arbeitskraft; denn man steht nicht durch seine Arbeit im
volkswirtschaftlichen Prozesse, man arbeitet nicht für Ersparung der
Arbeit, sondern man arbeitet lediglich Ware fertig, damit sie in ein
bestimmtes Spannungsverhältnis zum entsprechenden Bedürfnisse
trete. Das entsprechende Bedürfnis kann bestimmen, daß eine Ware,
auf die sehr viele Arbeit aufgewendet wird, unter Umständen billig
sein muß, das Bedürfnis kann bestimmen im gesunden volkswirtschaftlichen
Prozesse, daß eine Arbeit, auf die wenig Arbeit aufgewendet werden muß, vielleicht sogar teurer ist; die aufgewendete
Arbeit kann nicht entscheidend sein. Das ergibt sich aus der heutigen
Auseinandersetzung. Daher ergibt sich für den, der diese Dinge
durchschaut, die radikale Forderung, den Impuls zum menschlichen
Arbeiten von ganz anderer Seite her zu holen als von dem volkswirtschaftlichen
Wert der Ware, der eben bestimmt wird durch das angedeutete
Spannungsverhältnis.


=== Computergesteuerte Planwirtschaft ===
Der allein, der diese Dinge durchschaut, kann dann entscheiden
Der chilenische Präsident [[wikipedia:Salvador Allende|Salvador Allende]] startete während seiner Regierungszeit von 1970 bis 1973 mit [[wikipedia:Cybersyn|Cybersyn]] den ersten Versuch eines Echtzeit-Computerplanungssystems. Der Informatiker [[wikipedia:Paul Cockshott|Paul Cockshott]] und der Wirtschaftswissenschaftler [[wikipedia:Allin Cottrell|Allin Cottrell]] sind der Ansicht, dass durch den Einsatz von moderner [[wikipedia:Informationstechnologie|Informationstechnologie]] eine sozialistische Planung in [[wikipedia:Echtzeit|Echtzeit]] möglich sei. Somit könnten Bedürfnisse der Menschen schneller und ressourcenschonender befriedigt werden als das bisher in Planwirtschaften möglich gewesen sei.<ref>„Alternativen aus dem Rechner – Für sozialistische Planung und direkte Demokratie“ – Paul Cockshott und Allin Cottrell, Papy Rossa, 2006, ISBN 3-89438-345-3.</ref> In [[wikipedia:Venezuela|Venezuela]] arbeitet das Ministerium für Schwerindustrie im Zuge des [[wikipedia:Sozialismus des 21. Jahrhunderts|Sozialismus des 21. Jahrhunderts]] an dem Aufbau eines [[wikipedia:Open-Source|Open-Source]]-Projekts für eine computergestützte Planwirtschaft.<ref>''Junge Welt'': „''[http://www.ag-friedensforschung.de/regionen/Venezuela/sozialismus6.html Zeit statt Geld: Venezuelas Wirtschaft unter der Lupe einer sozialistischen Politökonomie]“'' von Paul Cockshott, 21. Januar 2008.</ref> Das Projekt beruht auf den fachlich umstrittenen<ref>The Quarterly Journal Of Austrian Economics: „[http://mises.org/journals/qjae/pdf/qjae7_1_6.pdf Towards a new socialism?] (PDF; 62&nbsp;kB)“ (engl.) – Len Brewster</ref> mathematischen Modellen von Cockshott und Cottrell und wird in den Grundlinien der Nation von Venezuela 2007 bis 2013 nicht erwähnt.<ref>[http://archivos.minci.gob.ve/doc/lineas_generales_de_la_nacion20080613-1159.pdf Lineas Generales del Plan de Desarrollo Economico y Social de la Nacion 2007-2013] (spanisch)</ref>
über die zwei wichtigen heute sozial vorliegenden Fragen: Arbeitszwang,
Zwang zur Arbeit, wie die Bolschewisten es wollen, oder
Recht auf Arbeit, wie man es auch nenne. Derjenige aber, der nicht
in solchen Tiefen schürft, auf welche wir heute hingedeutet haben,
der wird immer nur konfuses, törichtes Zeug reden, gleichgültig ob
er auf irgendeinem Posten oder zu irgendeinem Zwecke von Arbeitsrecht
oder Arbeitszwang redet. Nur wenn man im Tiefen schürft, hat
man ein Recht, über solche Fragen zu sprechen. Und es ist heute eine
ernste Frage, sich ein Recht zu erwerben, bei diesen Dingen mitsprechen
zu dürfen." {{Lit|{{G|188|200f}}}}
</div>
 
Sinnvoll ist im sozialen Zusammenhang nur jene Arbeit, die reale Bedürfnisse und nicht bloß künstlich erweckte Scheinbedürfnisse befriedigt. Unnötig verrichtete Arbeit ist schädlich für den sozialen Zusammenhang.


=== Mischform aus Plan und Markt ===
<div style="margin-left:20px">
Die Mehrzahl heutiger Entwürfe eines [[wikipedia:Demokratischer Sozialismus|demokratischen Sozialismus]], wie jener der sozialistischen Partei [[wikipedia:Die Linke|Die Linke]], strebt eine Mischform aus Plan- und Marktwirtschaft an, aus der sich insgesamt eine nicht kapitalistische Gesellschaft ergäbe. So sollten das Bankensystem und Schlüsselindustrien in öffentliche oder genossenschaftliche Hand überführt werden, während kleine und mittelständische Unternehmen auch privatwirtschaftlich bestehen können, wobei die Eigentumsform als [[wikipedia:Genossenschaft|Genossenschaft]] stark gefördert werde. Ferner will man den neuen Sozialismus mit [[wikipedia:Gewaltenteilung|Gewaltenteilung]] sowie demokratischer Kontrolle einerseits über Parlamente, andererseits über nichtparteiliche Bewegungen vor erneutem Machtmissbrauch schützen.<ref>[http://www.die-linke.de/partei/dokumente/programmderparteidielinke/ ''Programm der Partei DIE LINKE'']</ref> Inwiefern Schlüsselindustrien und das Bankensystem in öffentlicher Hand nach dem Prinzip der Zentralverwaltung oder aber unternehmerisch ausgerichtet geführt werden sollen, ist zumindest innerhalb der Partei bisher nicht ausdiskutiert.
"Es kommt darauf an, welche inneren
Gesetzmäßigkeiten der soziale Organismus haben muß. Und versteht
man von diesem ganz durch und durch praktischen Gesichtspunkte
aus den dreigliedrigen sozialen Organismus, so kann man
dann auch schon Vorstellungen gewinnen darüber, was in diesem
dreigliedrigen sozialen Organismus möglich sein wird. Vor allen
Dingen wird eine gewisse ökonomische Ausnutzung der Zeit möglich
sein im dreigliedrigen sozialen Organismus, ohne daß man
Arbeitszwang oder dergleichen schöne Dinge brauchen wird, die
alle Freiheit gründlich ausrotten würden. Es wird einfach unmöglich
sein durch die Dinge, wie sie sich im dreigliedrigen sozialen
Organismus ergeben, daß so viele Menschen wie jetzt unnütz herumlungern.
Ich weiß, daß man mit diesen Worten «unnütz herumlungern» Mißverständnisse hervorruft; denn die Leute werden sagen:
Ja, die eigentlichen Herumlungerer, die eigentlichen Lebens -
bummler, das sind nur sehr wenige. - Darauf kommt es aber nicht
an, sondern es kommt darauf an, ob diejenigen Menschen, die viel
tun, etwas tun, was unbedingt für das Leben notwendig ist, ob sie
etwas tun, was sich rationell, fruchtbar in das Leben hineinstellt.


== Anmerkungen, Nachweise ==
Wenn Sie heute irgendeinen Zweig des Lebens ins Auge fassen
<references />
- ich will gleich denjenigen herausheben, der ja am brüchigsten ist
in diesem heutigen Leben -, wenn Sie zum Beispiel den Journalismus
ins Auge fassen und sehen, wieviel menschliche Arbeitskraft
notwendig ist, vom Setzergesellen an bis zu all den anderen, die
damit beschäftigt sind, daß Zeitungen Zustandekommen. Nehmen
Sie all das zusammen, was da an Arbeit geleistet wird - der größte
Teil dieser Arbeit wird von Lebensbummlern geleistet, denn der
größte Teil dieser Arbeit ist eigentlich unnötige Arbeit. Man kann
das alles rationeller machen, ohne so viele Menschen dabei zu beschäftigen.
Nicht darum handelt es sich, daß man möglichst viele
Menschen mit etwas sich befassen läßt, damit sie leben können,
sondern darum, daß im Sinne eines wirklichen sozialen Lebenskreislaufes
diejenigen Beschäftigungen verrichtet werden, die zu
einem gedeihlichen Entfalten dieses Lebens, dieses sozialen Kreislaufs,
nötig sind. Das alles, was heute an Chaotischem entsteht in
bezug auf die Verwertung der menschlichen Arbeitskraft, das hängt
ja damit zusammen, daß wir eigentlich gar keinen sozialen Organismus
haben, sondern wir haben eigentlich ein durch die Vergötterung
des Einheitsstaates hervorgerufenes soziales Chaos. Ich
habe oftmals Beispiele hervorgehoben von diesem sozialen Chaos.
Nehmen Sie nur einmal an, wie viele Bücher heute gedruckt werden,
von denen keine fünfzig Exemplare verkauft werden. Nun,
nehmen Sie solch ein Buch - wie viele Menschen sind damit beschäftigt,
bis es fertig ist! Die haben ihr Auskommen, aber sie
machen ganz unnötige Arbeit. Wenn sie etwas anderes täten, wäre
es gescheiter, und es würden dadurch unzählige andere Menschen
nach einer gewissen Seite hin entlastet. So aber arbeiten unzählige
Setzer, arbeiten unzählige Buchbinder, sie machen Stoße von Büchern
- meistens sind es lyrische Gedichte, es kommen aber auch
noch andere Dinge in Betracht -, Stöße von Büchern werden fabriziert;
fast alle müssen wieder eingestampft werden. Aber solche
unnötigen Dinge gibt es viele im heutigen Leben; unzähliges ist
absolut unnötig." {{Lit|{{G|337b|98ff}}}}
</div>


== Siehe auch ==
== Anmerkungen ==


* {{WikipediaDE|Zentralverwaltungswirtschaft}}
<references/>


== Literatur ==
== Literatur ==


#Rudolf Steiner: ''Die Kernpunkte der Sozialen Frage'', [[GA 23]] (1976), ISBN 3-7274-0230-X {{Schriften|023}}
#Rudolf Steiner: ''Aufsätze über die Dreigliederung des sozialen Organismus und zur Zeitlage 1915 – 1921'', [[GA 24]] (1982), ISBN 3-7274-0240-7 {{Schriften|024}}
#Rudolf Steiner: ''Der Goetheanismus, ein Umwandlungsimpuls und Auferstehungsgedanke'', [[GA 188]] (1982), ISBN 3-7274-1880-X {{Vorträge|188}}
#Rudolf Steiner: ''Betriebsräte und Sozialisierung'', [[GA 331]] (1989), ISBN 3-7274-3310-8 {{Vorträge|331}}
#Rudolf Steiner: ''Betriebsräte und Sozialisierung'', [[GA 331]] (1989), ISBN 3-7274-3310-8 {{Vorträge|331}}
#Rudolf Steiner: ''Soziale Ideen – Soziale Wirklichkeit – Soziale Praxis. Band I: Frage- und Studienabende des Bundes für Dreigliederung des sozialen Organismus in Stuttgart'', [[GA 337a]] (1999), ISBN 3-7274-3371-X {{Vorträge|337a}}
#Rudolf Steiner: ''Soziale Ideen – Soziale Wirklichkeit – Soziale Praxis. Band II: Diskussionsabende des Schweizer Bundes für Dreigliederung des sozialen Organismus'', [[GA 337b]] (1999), ISBN 3-7274-3372-8 {{Vorträge|337b}}
#Rudolf Steiner: ''Soziale Ideen – Soziale Wirklichkeit – Soziale Praxis. Band II: Diskussionsabende des Schweizer Bundes für Dreigliederung des sozialen Organismus'', [[GA 337b]] (1999), ISBN 3-7274-3372-8 {{Vorträge|337b}}


{{GA}}
{{GA}}


[[Kategorie:Soziales Leben]] [[Kategorie:Wirtschaft]][[Kategorie:Wirtschaftsmodell]]
[[Kategorie:Soziales Leben]] [[Kategorie:Wirtschaft]] [[Kategorie:Arbeit]]

Version vom 2. September 2014, 11:33 Uhr

Zwangsarbeit ist laut Definition der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) „jede Arbeit oder Dienstleistung, die von einer beliebigen Person unter Androhung jeglicher Form von Strafe ohne freiwillige Zustimmung der genannten Person geleistet wird.“ Ausgenommen sind „der Militärdienst, übliche Bürgerpflichten, die Arbeit im Strafvollzug, notwendige Arbeiten in Fällen höherer Gewalt und Arbeit, die dem unmittelbaren Wohl der Gemeinschaft dient“[1]. Nach einer 2012 von der ILO durchgefühten Untersuchung sind gegenwärtig weltweit 20,9 Millionen Menschen von Zwangsarbeit betroffen. Etwa 55% davon (11,4 Millionen) sind Frauen. Über 90% der Zwangsarbeit wird dabei heute in der Privatwirtschaft geleistet (18,7 Millionen). 22% (4,5 Millionen) der Zwangsarbeit resultieren aus sexueller Ausbeutung (Zwangsprostitution)[2].

Arbeitszwang jeglicher Art ist Ausdruck ungesunder sozialer Verhältnisse und durch keinerlei moralische, politische oder wirtschaftliche Bedürfnisse zu rechtfertigen.

"Das, was heute manche Volkswirtschafter sagen, klingt so: Wir kümmern uns nur um die Bedürfnisse und produzieren dann zentralistisch das, was zur Befriedigung der Bedürfnisse notwendig ist, und verteilen das. - Ja, aber sehen Sie, da stellt sich dann heraus, daß man genötigt ist, den Arbeitszwang einzuführen. Dies ist aber eine furchtbare Maßnahme, insbesondere dann, wenn sie nicht notwendig ist. Und sie ist nicht notwendig! Der Arbeitszwang wird nur für notwendig gehalten, weil man sich dem Aberglauben hingibt, daß es kein anderes Mittel gibt als den Arbeitszwang, um das Prinzip von Leistung und Gegenleistung zu verwirklichen. Außerdem bedenkt man nicht, was für raffinierte Mittel in der Zukunft, wenn zum Beispiel der Arbeitszwang gesetzmäßig eingeführt würde, gefunden werden, um sich der Arbeit zu entziehen. Also, es handelt sich durchaus nicht darum, daß bloß der Arbeitszwang nicht notwendig ist, sondern es handelt sich auch darum, daß er gar nicht durchgeführt werden könnte. Aber, wie gesagt, die Hauptsache bleibt, daß er nicht nötig ist, wenn man restlos das Prinzip durchführt, daß jeder Leistung auch eine entsprechende Gegenleistung gegenüberstehen muß. Dies kann man nun in der folgenden Weise konkretisieren.

Nicht wahr, die Menschen müssen, wenn sie in der menschlichen Gesellschaft leben wollen, arbeiten, das heißt etwas leisten. Dadurch bringen sie etwas hervor, was für die anderen eine Bedeutung hat. Dasjenige, was einer hervorbringt, das muß einen gewissen Wert haben. Er muß für das, was er hervorbringt, dasjenige eintauschen können, was er an Erzeugnissen der anderen für die Befriedigung seiner Bedürfnisse, und zwar für eine gewisse Zeit, benötigt. So lange muß er seine Bedürfnisse befriedigen können durch das, was er eintauscht, bis er wiederum ein Produkt von gleicher Art hervorgebracht hat. Nehmen wir ein einfaches Beispiel: Fabriziere ich ein Paar Stiefel, so muß dieses Paar Stiefel so viel wert sein, daß ich gegen dieses Paar Stiefel dasjenige eintauschen kann, was ich brauche, bis ich ein neues Paar Stiefel hergestellt habe. Einen wirklichen Wertmaßstab hat man erst dann, wenn man einbezieht alles das, was bezahlt werden muß für die Menschen, die nicht arbeiten können, für die Kinder, die erzogen werden müssen, die Arbeitsunfähigen, die Invaliden und so weiter. Es ist möglich, den richtigen Preis der Ware herauszufinden. Hierzu aber ist folgendes notwendig: In dem Augenblick nämlich, wo zu viele Arbeiter an einem Artikel arbeiten, das heißt, wo ein Artikel in zu großen Mengen erzeugt wird, in dem Augenblick wird er wiederum zu billig. Da bekomme ich nicht so viel, daß ich meine Bedürfnisse, bis ich wiederum ein gleiches Produkt erzeugt habe, befriedigen kann. In dem Augenblick, wo zu wenig Arbeiter arbeiten, also ein Artikel nicht in genügender Menge erzeugt wird, wird er zu teuer. Es würden ihn nur diejenigen kaufen können, die über mehr als ein normales Einkommen verfügen. Es ist also notwendig, damit eine gerechte Preisbildung möglich wird, daß dafür gesorgt wird, daß immer die richtige Zahl an Arbeitern - sowohl geistige wie auch physische Arbeiter - an einem Artikel arbeiten. Das heißt, würde es sich zum Beispiel jetzt, wo wir in einer Übergangszeit leben, ergeben, daß irgendein Artikel in zu vielen Betrieben erzeugt wird, also im Übermaß erzeugt wird, so müßte man einzelne Betriebe stillegen und mit den Arbeitern dieser Betriebe Verträge abschließen, damit sie in einer anderen Branche weiterarbeiten. Allein dadurch ist es möglich, daß gerechte Preise entstehen. Auf eine andere Art und Weise ist dies nicht möglich. Wird von einem Artikel zuwenig erzeugt, so müßten für die Produktion dieses Artikels neue Betriebe eingerichtet werden. Das heißt, es muß fortwährend dafür gesorgt werden im Wirtschaftsleben, daß die Produktion unter Berücksichtigung gewisser Verhältnismäßigkeiten geschieht. Dann kann das Lohnverhältnis, dann kann das Kapitalverhältnis aufhören, es braucht nur noch zu bestehen das Vertragsverhältnis zwischen geistigen und physischen Arbeitern über die gerechte [Festsetzung des Anteiles, der denjenigen zusteht, welche die Ware gemeinsam zustande bringen]. Diesem Ideal lebt man eigentlich entgegen, auf dieses Ideal hofft man, auf dieses Ideal muß man zusteuern, und alles das, was nicht auf dieses Ideal zusteuert, das sind unklare Vorstellungen." (Lit.: GA 331, S. 170ff)

"Der Mensch arbeitet, wenn in seiner Seele der Gedanke keimt, der ihn zur Arbeit treibt. Soll er im Zusammenhange des sozialen Lebens arbeiten, so empfindet er sein Dasein nur als menschenwürdig, wenn in diesem Leben Gedanken walten, die ihm sein Mitarbeiten im Lichte dieser Menschenwürde erscheinen lassen. Gewisse, auch sozialistisch orientierte Kreise möchten allerdings diesen Antrieb zur Arbeit durch den Arbeitszwang ersetzen. Das ist eben ihre Art, sich von der Einsicht in die Notwendigkeit fruchtbarer sozialer Ideen hinwegzudrücken." (Lit.: GA 024, S. 119f)

"... wer in den Geist meines Buches «Die Kernpunkte der Sozialen Frage» eindringt, der wird sehen, daß dasjenige, was nun wirklich jedem einigermaßen menschlich denkenden Menschen - das sage ich hier ganz unverblümt - als das Scheußlichste erscheinen muß, ein bürokratisch angeordneter Arbeitszwang, daß der in der Zukunft [in einem dreigegliederten sozialen Organismus] wegfallen kann. Natürlich ist ja jeder aus den sozialen Verhältnissen heraus gezwungen zu arbeiten, und man hat nur die Wahl, entweder zu verhungern oder zu arbeiten. Einen anderen Arbeitszwang als den, der sich auf diese Weise aus den Verhältnissen ergibt, kann es nicht geben [in einer sozialen Ordnung], in der doch die Freiheit des menschlichen Wesens eine Grundbedingung ist." (Lit.: GA 337a, S. 78)

"Geradeso wie sich die Nachfolger von Plato und Aristoteles entschließen mußten zu sagen: Der Mensch als Sklave darf nicht Ware sein -, so müssen sich eben die Nachfolger der heutigen Menschheit sagen lernen: Auf keinen Fall darf die Arbeitskraft Ware sein -, sondern durch andere Impulse muß der Mensch zum Dienen, zum Arbeiten für seine Mitmenschen getrieben werden, nicht durch den Wert desjenigen, was er erzeugt. Der volkswirtschaftliche Wert desjenigen, was erzeugt wird, wird niemals geregelt werden dürfen nach der aufgewendeten oder ersparten Arbeit, sondern lediglich nach dem berechtigten Entspannungsverhältnis der Ware und solchen menschlichen Bedürfnissen. Da entscheidet also weder aufgespeicherte noch ersparte Arbeitskraft; denn man steht nicht durch seine Arbeit im volkswirtschaftlichen Prozesse, man arbeitet nicht für Ersparung der Arbeit, sondern man arbeitet lediglich Ware fertig, damit sie in ein bestimmtes Spannungsverhältnis zum entsprechenden Bedürfnisse trete. Das entsprechende Bedürfnis kann bestimmen, daß eine Ware, auf die sehr viele Arbeit aufgewendet wird, unter Umständen billig sein muß, das Bedürfnis kann bestimmen im gesunden volkswirtschaftlichen Prozesse, daß eine Arbeit, auf die wenig Arbeit aufgewendet werden muß, vielleicht sogar teurer ist; die aufgewendete Arbeit kann nicht entscheidend sein. Das ergibt sich aus der heutigen Auseinandersetzung. Daher ergibt sich für den, der diese Dinge durchschaut, die radikale Forderung, den Impuls zum menschlichen Arbeiten von ganz anderer Seite her zu holen als von dem volkswirtschaftlichen Wert der Ware, der eben bestimmt wird durch das angedeutete Spannungsverhältnis.

Der allein, der diese Dinge durchschaut, kann dann entscheiden über die zwei wichtigen heute sozial vorliegenden Fragen: Arbeitszwang, Zwang zur Arbeit, wie die Bolschewisten es wollen, oder Recht auf Arbeit, wie man es auch nenne. Derjenige aber, der nicht in solchen Tiefen schürft, auf welche wir heute hingedeutet haben, der wird immer nur konfuses, törichtes Zeug reden, gleichgültig ob er auf irgendeinem Posten oder zu irgendeinem Zwecke von Arbeitsrecht oder Arbeitszwang redet. Nur wenn man im Tiefen schürft, hat man ein Recht, über solche Fragen zu sprechen. Und es ist heute eine ernste Frage, sich ein Recht zu erwerben, bei diesen Dingen mitsprechen zu dürfen." (Lit.: GA 188, S. 200f)

Sinnvoll ist im sozialen Zusammenhang nur jene Arbeit, die reale Bedürfnisse und nicht bloß künstlich erweckte Scheinbedürfnisse befriedigt. Unnötig verrichtete Arbeit ist schädlich für den sozialen Zusammenhang.

"Es kommt darauf an, welche inneren Gesetzmäßigkeiten der soziale Organismus haben muß. Und versteht man von diesem ganz durch und durch praktischen Gesichtspunkte aus den dreigliedrigen sozialen Organismus, so kann man dann auch schon Vorstellungen gewinnen darüber, was in diesem dreigliedrigen sozialen Organismus möglich sein wird. Vor allen Dingen wird eine gewisse ökonomische Ausnutzung der Zeit möglich sein im dreigliedrigen sozialen Organismus, ohne daß man Arbeitszwang oder dergleichen schöne Dinge brauchen wird, die alle Freiheit gründlich ausrotten würden. Es wird einfach unmöglich sein durch die Dinge, wie sie sich im dreigliedrigen sozialen Organismus ergeben, daß so viele Menschen wie jetzt unnütz herumlungern. Ich weiß, daß man mit diesen Worten «unnütz herumlungern» Mißverständnisse hervorruft; denn die Leute werden sagen: Ja, die eigentlichen Herumlungerer, die eigentlichen Lebens - bummler, das sind nur sehr wenige. - Darauf kommt es aber nicht an, sondern es kommt darauf an, ob diejenigen Menschen, die viel tun, etwas tun, was unbedingt für das Leben notwendig ist, ob sie etwas tun, was sich rationell, fruchtbar in das Leben hineinstellt.

Wenn Sie heute irgendeinen Zweig des Lebens ins Auge fassen - ich will gleich denjenigen herausheben, der ja am brüchigsten ist in diesem heutigen Leben -, wenn Sie zum Beispiel den Journalismus ins Auge fassen und sehen, wieviel menschliche Arbeitskraft notwendig ist, vom Setzergesellen an bis zu all den anderen, die damit beschäftigt sind, daß Zeitungen Zustandekommen. Nehmen Sie all das zusammen, was da an Arbeit geleistet wird - der größte Teil dieser Arbeit wird von Lebensbummlern geleistet, denn der größte Teil dieser Arbeit ist eigentlich unnötige Arbeit. Man kann das alles rationeller machen, ohne so viele Menschen dabei zu beschäftigen. Nicht darum handelt es sich, daß man möglichst viele Menschen mit etwas sich befassen läßt, damit sie leben können, sondern darum, daß im Sinne eines wirklichen sozialen Lebenskreislaufes diejenigen Beschäftigungen verrichtet werden, die zu einem gedeihlichen Entfalten dieses Lebens, dieses sozialen Kreislaufs, nötig sind. Das alles, was heute an Chaotischem entsteht in bezug auf die Verwertung der menschlichen Arbeitskraft, das hängt ja damit zusammen, daß wir eigentlich gar keinen sozialen Organismus haben, sondern wir haben eigentlich ein durch die Vergötterung des Einheitsstaates hervorgerufenes soziales Chaos. Ich habe oftmals Beispiele hervorgehoben von diesem sozialen Chaos. Nehmen Sie nur einmal an, wie viele Bücher heute gedruckt werden, von denen keine fünfzig Exemplare verkauft werden. Nun, nehmen Sie solch ein Buch - wie viele Menschen sind damit beschäftigt, bis es fertig ist! Die haben ihr Auskommen, aber sie machen ganz unnötige Arbeit. Wenn sie etwas anderes täten, wäre es gescheiter, und es würden dadurch unzählige andere Menschen nach einer gewissen Seite hin entlastet. So aber arbeiten unzählige Setzer, arbeiten unzählige Buchbinder, sie machen Stoße von Büchern - meistens sind es lyrische Gedichte, es kommen aber auch noch andere Dinge in Betracht -, Stöße von Büchern werden fabriziert; fast alle müssen wieder eingestampft werden. Aber solche unnötigen Dinge gibt es viele im heutigen Leben; unzähliges ist absolut unnötig." (Lit.: GA 337b, S. 98ff)

Anmerkungen

  1. ILO’s Forced Labour Convention, 1930 (No. 29): „All work or service which is exacted from any person under the menace of any penalty and for which the said person has not offered himself voluntarily.“ (ILO C.29, Art. 1) Ausgenommen ist „work of a purely military character, “normal” civic obligations, work as a consequence of a conviction in a court of law and carried out under the control of a public authority, work in emergency situations such as wars or natural calamities, and minor communal services.“ (Art. 2.2)
  2. [http://www.ilo.org/wcmsp5/groups/public/---ed_norm/---declaration/documents/publication/wcms_243391.pdf Profi ts and Poverty: The Economics of Forced Labour, Bericht der ILO (veröffentlicht 2014)

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Aufsätze über die Dreigliederung des sozialen Organismus und zur Zeitlage 1915 – 1921, GA 24 (1982), ISBN 3-7274-0240-7 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  2. Rudolf Steiner: Der Goetheanismus, ein Umwandlungsimpuls und Auferstehungsgedanke, GA 188 (1982), ISBN 3-7274-1880-X pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  3. Rudolf Steiner: Betriebsräte und Sozialisierung, GA 331 (1989), ISBN 3-7274-3310-8 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  4. Rudolf Steiner: Soziale Ideen – Soziale Wirklichkeit – Soziale Praxis. Band I: Frage- und Studienabende des Bundes für Dreigliederung des sozialen Organismus in Stuttgart, GA 337a (1999), ISBN 3-7274-3371-X pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  5. Rudolf Steiner: Soziale Ideen – Soziale Wirklichkeit – Soziale Praxis. Band II: Diskussionsabende des Schweizer Bundes für Dreigliederung des sozialen Organismus, GA 337b (1999), ISBN 3-7274-3372-8 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
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Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.