Audiovisuelle Medien und Wut: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Audiovisuelle Medien''' sind zu einem wesentlichen und vielfach unverzichtbaren Bestandteil des modernen Lebens geworden. '''[[Wikipedia:Kino|Kino]]''', '''[[Wikipedia:Fernsehen|Fernsehen]]''', '''[[Wikipedia:Video|Video]]''', '''[[Wikipedia:Radio|Radio]]''', '''[[Wikipedia:CD-Player|CD-Player]]''', '''[[Wikipedia:Mobiltelefon|Mobiltelefon]]e''' und '''[[Wikipedia:Computer|Computer]]''' sind heute in den modernen Industrieländern nahezu allgegenwärtig und so innig mit dem menschlichen Leben verbunden wie kein anderes technisches Produkt. Da auch im Bildungswesen die Medien immer häufiger eingesetzt werden, muss man sich die drängende Frage stellen, welchen Einfluss sie auf die Entwicklung des menschlichen Seelenlebens haben.
'''Wut''' (auch {{laS|'''''Furor'''''}} ‚Raserei, Leidenschaft, Wahnsinn‘ oder [[Französische Sprache|französisch]] '''''{{lang|fr|Rage}}''''' [{{IPA|ʀaʒ}}] ‚Raserei, [[Zorn]], Toben‘) ist eine sehr heftige [[Emotion]] und häufig eine [[Impulsivität|impulsive]] und [[Aggression|aggressive]] Reaktion ([[Affekt]]), die durch eine als unangenehm empfundene Situation oder Bemerkung, z. B. eine [[Kränkung]], ausgelöst worden ist. Wut ist heftiger als der [[Ärger]] und schwerer zu beherrschen als der Zorn. Wer häufig in Wut gerät, gilt als [[Wüterich (Person)|Wüterich]]. Implizit ist damit ausgesagt: Wer leicht in Wut gerät, ist weniger gut imstande, sich selbst zu kontrollieren.


Ohne soziale Gemeinschaft kann der Mensch nicht im vollen und rechten Sinn Mensch werden. Damit er im irdischen Dasein sein Menschsein ergreifen und verwirklichen kann, bedarf es der Vermittlung anderer Menschen. Die Mitmenschen sind das Medium für unsere eigene Menschwerdung. Nur an ihnen und durch sie kommen wir zum Bewusstsein unserer eigenen unverwechselbar einmaligen Individualität. Ganz besonders gilt das für das heranwachsende Kind, aber auch im weiteren Lebenslauf ist unsere immer weiter fortschreitende Menschwerdung untrennbar an das soziale Zusammensein mit anderen Menschen geknüpft. Gerade unsere moderne schnellebige Zeit fordert unsere Menschwerdung immer wieder neu heraus. Das nachstehende Beispiel macht deutlich, dass der [[Wikipedia:Lautsprecher|Lautsprecher]] schon allein durch seine [[Technik|technische]] Beschaffenheit den menschlichen Sprecher nicht ersetzen kann:
Die Ableitung des [[Italienische Sprache|italienischen]] ''Furore'' für „rasenden Beifall“ sowie „Leidenschaftlichkeit“ wird im Zusammenhang mit ''Furore machen'' als „großes Aufsehen erregen“ und „Beifall erringen“ definiert.


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== Sicht der Psychologie ==
"Die formbildenden Kräfte der artikulierten Lautsprache bilden der ausgeatmeten Atemluft charakteristische Formen ein, die durch geeignete Methoden, etwa die Toeplersche Schlierenoptik, sichtbar gemacht werden können. Johanna F. Zinke hat darüber ausführliche Untersuchungen angestellt.
Psychologen grenzen die Wut von Zorn und Ärger ab, indem sie von einem „höheren Erregungsniveau“ und stärkerer Intensität sprechen. „Von Zorn spricht man dann, wenn die Angelegenheit, die uns ärgert, nicht primär auf unser Ich bezogen ist, sondern auf etwas Übergreifendes... Der Zorn ist etwas distanzierter als die Wut&nbsp;(…)“ ([[Verena Kast]], ''Vom Sinn des Ärgers'').


Kinder, wenn sie die Sprache erlernen, fühlen sich sehr sensibel in diese gestaltenden Kräfte ein und reagieren darauf mit charakteristischen Mikrobewegungen ihres ganzen Körpers. Solche [[Luftlautformen]] werden allerdings nur unmittelbar von einem menschlichen Sprecher erregt; ein Lautsprecher löscht sie hingegen aus und überträgt nur mechanische Schwingungen. Für das bewusste Erleben mag das wenig Unterschied machen, für den unbewusst wirkenden Nachahmungstrieb des Kindes geht aber gerade das Wesentlichste verloren. Und das gilt ebenso für die feinere Ausgestaltung der künstlerischen Sprache beim Erwachsenen. {{Lit|Zinke, S 17}}
Die Entstehung von Wut wird psychologisch analog zur Entstehung von Aggressionen erklärt. Dazu gibt es im Wesentlichen drei Theorien:
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* Die ''[[Triebtheorie]]'' nach [[Sigmund Freud]]. Sie geht von einem angeborenen ''Aggressionstrieb'' aus. Wird er prinzipiell unterdrückt, kommt es zu seelischen Störungen.
* Die ''[[Frustrations-Aggressions-Hypothese|Frustrations-Aggressions-Theorie]]'' geht davon aus, dass Aggressionen grundsätzlich Reaktionen auf [[Frustration]] sind. Wut ist demnach eine Abreaktion.
* Die ''[[Lerntheorie]]'' nach [[Albert Bandura]] stellt Aggression als erlerntes Verhalten dar. Sie sei ein Verhaltensmuster, das durch bestimmte Erfahrungen und das Lernen von Vorbildern antrainiert werde.
Es gibt in der Psychologie jedoch auch übergreifende Ansätze, in denen mehrere Erklärungen aufgegriffen werden.


Damit ist schon das Grundproblem umrissen, vor das wir uns angesichts der modernen Medienwelt gestellt sehen: Die technische Medien treten heute immer stärker an die Stelle des unmittelbaren Kontakts mit den Mitmenschen, namentlich seitdem die Mobiltelefone, das Internet und die elektronische Post immer beliebter geworden sind. Per Email kann man heute sehr leicht und preiswert weltweit kommunizieren und Millionen von Emails werden täglich versendet. Kontakte zu den entferntesten Winkel der Welt, die noch vor kurzem völlig unerreichbar schienen, können heute kinderleicht geknüpft werden, - was ja nicht grundsätzlich negativ beurteilt werden muss. Mit den elektronischen Chatrooms wurde der Bassenatratsch auf die globale Ebene gehoben - was schon fragwürdiger erscheint. Und mit den Internet-Webseiten wurde vorwiegend ein Mittel für die weltweite mediale Selbstdarstellung geschaffen, das meist eine kommunikative Einbahnstraße bleibt und selten mehr als eine Art von lustvollem elektronischem "Selbstgespräch" darstellt. Damit soll keineswegs gesagt sein, dass man das Internet nicht auch sinnvoll nutzen kann - de facto ist das bislang aber höchst selten der Fall.
Die Äußerungen von Wut und Aggression gehen nach [[Rainer Schandry]] (s. u.) in den Grundelementen auf genetische Fundierungen zurück, bei der Ausgestaltung der Wutausbrüche in bestimmten konkreten Situationen jedoch auf Lernvorgänge und  kognitive Prozesse. Form und Art der Wutausbrüche, das konkrete Verhalten eines Wutausbruchs orientieren sich demnach an sozialen Normen und Vorbildern, die sich in verschiedenen Gesellschaften und Gesellschaftsarealen unterschiedlich entwickeln können.


So nützlich die modernen Medien einerseits für das äußere Dasein sein mögen, so sehr hemmen sie anderseits die geistige Entwicklung, wenn nicht ein entsprechendes geistiges Gegengewicht zu ihren Wirkungen geschaffen wird. Nur dann können wir sie gefahrlos so verwenden, wie es die Anforderungen des heutigen Lebens, denen wir uns nicht entziehen dürfen, verlangen. Die geistig hemmenden Wirkungen der modernen technischen Medien bestehen darin, dass sie, grob gesagt, aus dem [[Wahrnehmung]]sprozess das [[Geist]]ige auslöschen und daher unbewusst in hohem Maß eine [[Materialismus|materialistische]] Weltauffassung fördern. [[Rudolf Steiner]] hat das am Beispiel des ''Kinematographen'' näher erläutert:
== Wutanfall ==


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=== Allgemeines ===
"Der Mensch muß gewiß mit seiner Zeit leben, und soll mit seiner Zeit leben, und er soll nicht, wenn irgend etwas charakterisiert wird, das so auffassen, als ob man damit meinte, daß alles und alles damit abgewiesen werde. Aber es soll das Gegengewicht geschaffen werden. Es ist heute nur natürlich, daß die Welt vor Impulsen steht, die ganz in den Materialismus hineinführen. Das kann nicht aufgehalten werden, denn dieses Hineinführen in den Materialismus, das hängt zusammen mit dem tiefen Bedürfnis unserer Zeit. Aber ein Gegengewicht muß geschaffen werden. Ich möchte sagen, alle Mächte stellen es darauf ab, den Menschen ganz fest in den Materialismus einzuführen. Das kann nicht aufgehalten werden; es gehört zum Wesen des fünften nachatlantischen Zeitraumes. Aber das Gegengewicht muß geschaffen werden. Ein besonders hervorragendes Mittel, den Menschen in den Materialismus hineinzujagen, ist das, was von diesem Gesichtspunkte aus kaum bemerkt wird: der Kinematograph. Es gibt kein besseres Erziehungsmittel zum Materialismus als den Kinematographen. Denn das, was man in dem Kinematographen schaut, das ist nicht Wirklichkeit, wie sie der Mensch sieht. Nur eine Zeit, welche so wenig Begriff hat von der Wirklichkeit wie diejenige, welche die Wirklichkeit als Götzen im Sinne des Materialismus anbetet, kann glauben, daß der Kinematograph eine Wirklichkeit bietet. Eine andere Zeit würde darüber nachdenken, ob der Mensch auf der Straße so geht wie im Kinematographen; und dann, wenn er sich fragt: Was hast du gesehen? - ob er wirklich das so im Bilde hatte, wie der Kinematograph es ihm vorstellt. Fragen Sie sich einmal ehrlich, aber tief ehrlich: Ist dasjenige, was Sie gesehen haben auf der Straße, näher dem Bilde, das sich nicht bewegt, das ein Maler Ihnen macht, oder dem schauderhaften funkelnden Bilde des Kinematographen? Wenn Sie sich ehrlich fragen, so werden Sie sich sagen: Das, was der Maler in Ruhe gibt, das gleicht viel mehr dem, was Sie selber auf der Straße sehen. Daher aber auch nistet sich, während der Mensch vor dem Kinematographen sitzt, das, was ihm der Kinematograph bietet, nicht in das gewöhnliche Wahrnehmungsvermögen ein, sondern m eine tiefere materielle Schicht, als wir sonst im Wahrnehmen haben. Der Mensch wird ätherisch glotzäugig. Er bekommt Augen wie ein Seehund, nur viel größer, wenn er sich dem Kinematographen hingibt. Ätherisch meine ich das. Da wirkt man nicht nur auf dasjenige, was der Mensch im Bewußtsein hat, sondern auf sein tiefstes Unterbewußtes wirkt man materialisierend. Fassen Sie das nicht auf wie eine Brandrede gegen den Kinematographen. Es soll ausdrücklich noch einmal gesagt werden: Es ist ganz natürlich, daß es Kinematographen gibt; die Kinematographenkunst wird noch immer mehr und mehr ausgebildet werden. Das wird der Weg in den Materialismus sein. Ein Gegengewicht muß geschaffen werden. Das kann nur darin bestehen, daß der Mensch mit der Sucht nach der Wirklichkeit, die im Kinematographen entwickelt wird, etwas verbindet. Wie er da mit der Sucht entwickelt ein Heruntersteigen unter die sinnliche Wahrnehmung, so muß er ein Heraufsteigen über die sinnliche Wahrnehmung, das heißt in die geistige Wirklichkeit, entwickeln. Dann wird ihm der Kinematograph nichts schaden; da mag er sich dann die kinematographischen Bilder ansehen, wie er will. Aber gerade durch solche Dinge wird der Mensch dahin geführt - indem kein Gegengewicht geschaffen wird -, nicht so, wie es notwendig ist, erdenverwandt zu werden, sondern immer erdenverwandter, erdenverwandter zu werden und zuletzt völlig abgeschnürt zu werden von der geistigen Welt." {{Lit|GA 175, 4. Vortrag}}
Unter ''Wutanfall'' versteht man einen meist kurzzeitigen partiellen oder völligen Verlust der Kontrolle über das Gefühl der Wut; man spricht hier vom [[Affekt]]. Wutanfälle richten sich gegen Personen, Tiere, Institutionen oder auch Sachen und haben oft einen konkreten Auslöser, der aber nicht zwangsläufig identisch mit dem Ziel der damit verbundenen Attacke sein muss. Der Wutanfall wird auch als ''Überreaktion'' bezeichnet und gilt deshalb in den meisten Kulturkreisen als Charakterschwäche. Analog gilt es oft als Charakterstärke, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, sondern die [[Contenance]] zu wahren bzw. kühl zu bleiben.
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Prinzipiell kann in Ausnahmesituationen und unter starkem Stress jeder Mensch einen Wutanfall erleiden, wobei jedoch eine Neigung zu solchen bei Erwachsenen als [[Choleriker|cholerisch]] gilt. Bei Kleinkindern gehören Wutanfälle in einer bestimmten Phase zur psychischen Entwicklung.
 
Wutanfälle sind auch typisch für einige psychische Störungen wie beim [[Hospitalismus|Hospitalismus/Deprivationssyndrom]], bei [[Autismus]] ([[Kanner-Syndrom]] oder [[Asperger-Syndrom]]). Hier treten Wutanfälle außergewöhnlich oft, überdurchschnittlich lang und meist auch sehr intensiv auf. Auch bei geistig behinderten Menschen kommt es leichter zu Wutanfällen, da deren Fähigkeit zur Kontrolle und Verarbeitung so starker Emotionen oft eingeschränkt ist.
 
Ein Wutanfall kann absichtlich oder unabsichtlich evoziert werden. Dazu genügen oft schon kleine Reizworte oder Handlungen, die für sich genommen eigentlich keine Bedeutung hätten. Die Redewendung „jemanden auf die Palme bringen“ beschreibt dies bildlich. Neben dem externen Auslöser gibt es auch die Möglichkeit, sich selbst in einen Wutanfall zu steigern.
 
=== Wutanfälle beim Kind ===
Bei Kindern im Alter von ein bis vier Jahren sind Wutanfälle ein weit verbreitetes und normales Verhalten. Enttäuschungen führen bei vielen Kindern in dieser Altersgruppe zu eskalierenden körperlichen und verbalen Reaktionen wie Sich-auf-den-Boden-Werfen, Weinen, Schreien, Treten, Schlagen und Werfen von Objekten.<ref name="Wegman">John Wegmann: ''[http://health.discovery.com/encyclopedias/illnesses.html?article=2743 Temper tantrums in children]'', 2007</ref> Müdigkeit und Hunger können das Verhalten verstärken.<ref>Susan Scott Ricci, Terry Kyle: ''Maternity and Pediatric Nursing'', S. 824 ({{Google Buch|BuchID=gaYtFuND7VIC|Seite=824|Linktext=Eingeschränkte Online-Version|Land=US}})</ref> In Elternratgebern wird meist empfohlen, Wutanfälle zu ignorieren, Ruhe zu bewahren und das Kind Selbstbeherrschung durch ein gutes Vorbild zu lehren.<ref>Susan Scott Ricci, Terry Kyle: ''Maternity and Pediatric Nursing'', S. 824; Don Mordasini: ''Wild Child: How You Can Help Your Child with Attention Deficit Disorder (ADD)'', S. 112 ({{Google Buch|BuchID=gvfygGut_58C|Seite=112|Linktext=Eingeschränkte Online-Version|Land=US}}); Farooq Mirza: ''Keep Children Healthy in Body and Mind: Birth Through 10'', S. 204 ({{Google Buch|BuchID=8SGhJnMzDfoC|Seite=204|Linktext=Eingeschränkte Online-Version|Land=US}})</ref> Wenn Kinder die Erfahrung machen, dass sie sich mit Wutanfällen wirkungsvoll durchsetzen, können diese zu einer erlernten Angewohnheit werden.<ref>Philip Whitaker, Helen Joy, David Edwards, Jane Harley: ''Challenging Behavior and Autism: Making Sense – Making Progress'', S. 47ff</ref> Der amerikanische Kinderarzt [[William Sears (Mediziner)|William Sears]] unterscheidet allerdings zwischen manipulativen Wutanfällen einerseits, die durch Nichtbeachtung entmutigt werden sollten, und Enttäuschungs-Wutanfällen andererseits, in denen das Kind wirklich Trost und Zuspruch benötigt, um die Aufgabe, an der es zu scheitern fürchtet, doch noch zu bewältigen.<ref>[http://www.askdrsears.com/html/6/t063300.asp Taming Toddler Tantrums]; vgl. auch Ronald Mah: ''The One-Minute Temper Tantrum Solution: Strategies for Responding to Children’s Challenging Behaviors'', S. 5 ({{Google Buch|BuchID=1xWnb3mUIVsC|Seite=5|Linktext=Eingeschränkte Online-Version|Land=US}})</ref>
 
In vielen Elternratgebern werden nicht nur Techniken des Krisenmanagements beschrieben, sondern auch Methoden der Prävention und der frühzeitigen Deeskalation sich anbahnender Wutanfälle.<ref>Joni Levine: ''The Everything Parent’s Guide to Tantrums: The Only Book you Need to Prevent Outbursts, Avoid Public Scenes, and Help Your Child Stay Calm'', S. 188 ({{Google Buch|BuchID=8FTQBTuE4nkC|Seite=188|Linktext=Eingeschränkte Online-Version|Land=US}}); Robin Goldstein, Janet Gallant: ''The New Baby Answer Book: From Birth to Kindergarten, Answers to the Top 150 Questions about Raising a Young Child'', S. 52 ({{Google Buch|BuchID=kz3AvrELPgwC|Seite=52|Linktext=Eingeschränkte Online-Version|Land=US}})</ref> In vielen Schulen wird heutzutage ein Training gepflegt, in dem Kinder lernen, Konflikte verbal auszutragen.
 
Lässt das Verhalten mit dem Heranreifen –&nbsp;besonders mit der Entfaltung der Verbalisationsfähigkeit&nbsp;– nicht nach oder besteht über das vierte Lebensjahr hinaus fort, so könnte es sich chronifiziert haben oder auf eine der Diagnostik bedürftige Störung hinweisen, und ein Kinderpsychologe sollte zu Rate gezogen werden.<ref name="Wegman" />
 
== Umgang mit Wut ==
Die Wut gilt in den meisten Kulturkreisen als verwerflich und ist gesellschaftlich nicht akzeptiert. Sie entspricht nicht dem erwarteten [[Sozialverhalten]]. Dennoch hilft sie in vielen Fällen, den [[Wille]]n durchzusetzen.
 
Wissenschaftliche Studien zeigen, dass häufig unterdrückte Wut Krankheiten hervorrufen kann, vergleichbar mit ständiger Belastung durch [[Stress]]. Als beobachtete Gesundheitsfolgen werden unter anderem erhöhter [[Cholesterinspiegel]], [[Bluthochdruck]], erhöhtes [[Herzinfarkt]]risiko und Erkrankungen des [[Herz-Kreislauf-System]]s genannt. Dennoch vermindert das ständige Ausleben von Aggressionen das Risiko nicht, die genannten Erkrankungen zu erleiden. Im Gegenteil, es nimmt sogar zu. Die Erklärung dafür ist, dass Ärger die Produktion von [[Adrenalin]] und [[Noradrenalin]] steigert, also von Stresshormonen. Diese haben unter anderem Einfluss auf die Blutgerinnung.
 
Manche Psychologen gehen davon aus, dass unterdrückte Wut eine Ursache von [[Depression]]en, [[Essstörung]]en und [[Alkoholismus]] ist.
 
In der Ratgeberliteratur wird häufig empfohlen, Wut angemessen auszudrücken oder zu kanalisieren, etwa durch Sport, Gespräche, [[Imagination]]en, kreativen Ausdruck oder [[Entspannungstechnik|Entspannungsmethoden]].
 
== Filmische Erwähnung ==
* Beim [[Endzeit]]-[[Horrorfilm]] ''[[28 Days Later]]'' (2002) und dessen [[Fortsetzung (Film)|Fortsetzung]] ''[[28 Weeks Later]]'' (2007) dreht sich die Handlung um das sogenannte „Wut-[[Viren|Virus]]“, welches den Betroffenen innerhalb von zehn bis zwanzig Sekunden in einen des Sprechens unfähigen Rasenden ohne menschliche Vernunft transformiert, der jeden Nichtinfizierten sofort bestialisch angreift und somit ebenfalls infiziert.
 
* Der namensgebende [[Fernsehfilm]] ''[[Wut (Fernsehfilm)|Wut]]'' (2006) beschreibt die Eskalation eines Konflikts zwischen einer Familie des [[Bildungsbürgertum]]s und einem [[Türken|türkischstämmigen]] [[Jugend]]lichen aus einfachen Verhältnissen.
 
== Siehe auch ==
* {{WikipediaDE|Wut}}
* {{WikipediaDE|Aggression}}
* {{WikipediaDE|Jähzorn}}
* {{WikipediaDE|Furor Teutonicus}}
* {{WikipediaDE|Amok}}
* {{WikipediaDE|Zorn}}
* {{WikipediaDE|Ärger}}


== Literatur ==
== Literatur ==
#Johanna F. Zinke, Rainer Patzlaff (Hrsg.): ''Luftlautformen sichtbar gemacht. Sprache als plastische Gestaltung der Luft.'', Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart 2001, ISBN 3-7725-1856-7
* Verena Kast: ''Vom Sinn des Ärgers''. Kreuz, Stuttgart 1985, ISBN 3-7831-1659-7; Herder, Freiburg, Basel, Wien 2010, ISBN 978-3-451-06011-3
#Rudolf Steiner: ''Bausteine zu einer Erkenntnis des Mysteriums von Golgatha'', [[GA 175]] (1982), Vierter Vortrag, Berlin, 27. Februar 1917
* Heidi Kastner: "Wut. Plädoyer für ein verpöntes Gefühl". Wien 2014. ISBN 978-3-218-00929-4
* Anne-Bärbel Köhle: ''Wut lass nach! Kreativer Umgang mit einem starken Gefühl''. Kreuz, Stuttgart 1998, ISBN 3-268-00218-8
* Johannes F. Lehmann, Im Abgrund der Wut. Zur Kultur- und Literaturgeschichte des Zorns, Freiburg i. Br. 2012, ISBN 978-3-7930-9690-0
* Rainer Schandry: Biologische Psychologie, Verlag Beltz PVU, Weinheim, Berlin, Basel, 2003
* Seneca: ''De ira / Über die Wut'', ISBN 978-3-15-018456-1 (lateinisch, deutsch)
* Anita Timpe: ''Ich bin so wütend! Nutzen Sie die positive Kraft Ihrer Wut!'' BoD, Norderstedt 2014, ISBN 978-3-735-76022-7
 
== Weblinks ==
{{Wiktionary}}
{{Commonscat|Anger|Wut}}
{{Wikiquote}}


{{GA}}
== Einzelnachweise ==
<references />


== Weblinks ==
[[Kategorie:Fühlen]]
#[[Bild:Adobepdf_small.gif]] [http://www.anthrowiki.info/jump.php?url=http://www.anthrowiki.info/ftp/anthroposophie/Die_modernen_elektronischen_Medien.pdf Wolfgang Peter: ''Die modernen elektronischen Medien und ihre Wirkung auf die kindliche Seele'']
#[[Bild:Adobepdf_small.gif]] [http://www.anthrowiki.info/jump.php?url=http://www.anthrowiki.info/ftp/anthroposophie/ENetz.pdf Wolfgang Peter: ''Gefangen im weltweiten elektronischen Netz?]


[[Kategorie:Technik]]
{{Wikipedia}}

Version vom 21. März 2018, 10:28 Uhr

Wut (auch lat. Furor ‚Raserei, Leidenschaft, Wahnsinn‘ oder französisch Rage [ʀaʒ] ‚Raserei, Zorn, Toben‘) ist eine sehr heftige Emotion und häufig eine impulsive und aggressive Reaktion (Affekt), die durch eine als unangenehm empfundene Situation oder Bemerkung, z. B. eine Kränkung, ausgelöst worden ist. Wut ist heftiger als der Ärger und schwerer zu beherrschen als der Zorn. Wer häufig in Wut gerät, gilt als Wüterich. Implizit ist damit ausgesagt: Wer leicht in Wut gerät, ist weniger gut imstande, sich selbst zu kontrollieren.

Die Ableitung des italienischen Furore für „rasenden Beifall“ sowie „Leidenschaftlichkeit“ wird im Zusammenhang mit Furore machen als „großes Aufsehen erregen“ und „Beifall erringen“ definiert.

Sicht der Psychologie

Psychologen grenzen die Wut von Zorn und Ärger ab, indem sie von einem „höheren Erregungsniveau“ und stärkerer Intensität sprechen. „Von Zorn spricht man dann, wenn die Angelegenheit, die uns ärgert, nicht primär auf unser Ich bezogen ist, sondern auf etwas Übergreifendes... Der Zorn ist etwas distanzierter als die Wut (…)“ (Verena Kast, Vom Sinn des Ärgers).

Die Entstehung von Wut wird psychologisch analog zur Entstehung von Aggressionen erklärt. Dazu gibt es im Wesentlichen drei Theorien:

  • Die Triebtheorie nach Sigmund Freud. Sie geht von einem angeborenen Aggressionstrieb aus. Wird er prinzipiell unterdrückt, kommt es zu seelischen Störungen.
  • Die Frustrations-Aggressions-Theorie geht davon aus, dass Aggressionen grundsätzlich Reaktionen auf Frustration sind. Wut ist demnach eine Abreaktion.
  • Die Lerntheorie nach Albert Bandura stellt Aggression als erlerntes Verhalten dar. Sie sei ein Verhaltensmuster, das durch bestimmte Erfahrungen und das Lernen von Vorbildern antrainiert werde.

Es gibt in der Psychologie jedoch auch übergreifende Ansätze, in denen mehrere Erklärungen aufgegriffen werden.

Die Äußerungen von Wut und Aggression gehen nach Rainer Schandry (s. u.) in den Grundelementen auf genetische Fundierungen zurück, bei der Ausgestaltung der Wutausbrüche in bestimmten konkreten Situationen jedoch auf Lernvorgänge und kognitive Prozesse. Form und Art der Wutausbrüche, das konkrete Verhalten eines Wutausbruchs orientieren sich demnach an sozialen Normen und Vorbildern, die sich in verschiedenen Gesellschaften und Gesellschaftsarealen unterschiedlich entwickeln können.

Wutanfall

Allgemeines

Unter Wutanfall versteht man einen meist kurzzeitigen partiellen oder völligen Verlust der Kontrolle über das Gefühl der Wut; man spricht hier vom Affekt. Wutanfälle richten sich gegen Personen, Tiere, Institutionen oder auch Sachen und haben oft einen konkreten Auslöser, der aber nicht zwangsläufig identisch mit dem Ziel der damit verbundenen Attacke sein muss. Der Wutanfall wird auch als Überreaktion bezeichnet und gilt deshalb in den meisten Kulturkreisen als Charakterschwäche. Analog gilt es oft als Charakterstärke, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, sondern die Contenance zu wahren bzw. kühl zu bleiben.

Prinzipiell kann in Ausnahmesituationen und unter starkem Stress jeder Mensch einen Wutanfall erleiden, wobei jedoch eine Neigung zu solchen bei Erwachsenen als cholerisch gilt. Bei Kleinkindern gehören Wutanfälle in einer bestimmten Phase zur psychischen Entwicklung.

Wutanfälle sind auch typisch für einige psychische Störungen wie beim Hospitalismus/Deprivationssyndrom, bei Autismus (Kanner-Syndrom oder Asperger-Syndrom). Hier treten Wutanfälle außergewöhnlich oft, überdurchschnittlich lang und meist auch sehr intensiv auf. Auch bei geistig behinderten Menschen kommt es leichter zu Wutanfällen, da deren Fähigkeit zur Kontrolle und Verarbeitung so starker Emotionen oft eingeschränkt ist.

Ein Wutanfall kann absichtlich oder unabsichtlich evoziert werden. Dazu genügen oft schon kleine Reizworte oder Handlungen, die für sich genommen eigentlich keine Bedeutung hätten. Die Redewendung „jemanden auf die Palme bringen“ beschreibt dies bildlich. Neben dem externen Auslöser gibt es auch die Möglichkeit, sich selbst in einen Wutanfall zu steigern.

Wutanfälle beim Kind

Bei Kindern im Alter von ein bis vier Jahren sind Wutanfälle ein weit verbreitetes und normales Verhalten. Enttäuschungen führen bei vielen Kindern in dieser Altersgruppe zu eskalierenden körperlichen und verbalen Reaktionen wie Sich-auf-den-Boden-Werfen, Weinen, Schreien, Treten, Schlagen und Werfen von Objekten.[1] Müdigkeit und Hunger können das Verhalten verstärken.[2] In Elternratgebern wird meist empfohlen, Wutanfälle zu ignorieren, Ruhe zu bewahren und das Kind Selbstbeherrschung durch ein gutes Vorbild zu lehren.[3] Wenn Kinder die Erfahrung machen, dass sie sich mit Wutanfällen wirkungsvoll durchsetzen, können diese zu einer erlernten Angewohnheit werden.[4] Der amerikanische Kinderarzt William Sears unterscheidet allerdings zwischen manipulativen Wutanfällen einerseits, die durch Nichtbeachtung entmutigt werden sollten, und Enttäuschungs-Wutanfällen andererseits, in denen das Kind wirklich Trost und Zuspruch benötigt, um die Aufgabe, an der es zu scheitern fürchtet, doch noch zu bewältigen.[5]

In vielen Elternratgebern werden nicht nur Techniken des Krisenmanagements beschrieben, sondern auch Methoden der Prävention und der frühzeitigen Deeskalation sich anbahnender Wutanfälle.[6] In vielen Schulen wird heutzutage ein Training gepflegt, in dem Kinder lernen, Konflikte verbal auszutragen.

Lässt das Verhalten mit dem Heranreifen – besonders mit der Entfaltung der Verbalisationsfähigkeit – nicht nach oder besteht über das vierte Lebensjahr hinaus fort, so könnte es sich chronifiziert haben oder auf eine der Diagnostik bedürftige Störung hinweisen, und ein Kinderpsychologe sollte zu Rate gezogen werden.[1]

Umgang mit Wut

Die Wut gilt in den meisten Kulturkreisen als verwerflich und ist gesellschaftlich nicht akzeptiert. Sie entspricht nicht dem erwarteten Sozialverhalten. Dennoch hilft sie in vielen Fällen, den Willen durchzusetzen.

Wissenschaftliche Studien zeigen, dass häufig unterdrückte Wut Krankheiten hervorrufen kann, vergleichbar mit ständiger Belastung durch Stress. Als beobachtete Gesundheitsfolgen werden unter anderem erhöhter Cholesterinspiegel, Bluthochdruck, erhöhtes Herzinfarktrisiko und Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems genannt. Dennoch vermindert das ständige Ausleben von Aggressionen das Risiko nicht, die genannten Erkrankungen zu erleiden. Im Gegenteil, es nimmt sogar zu. Die Erklärung dafür ist, dass Ärger die Produktion von Adrenalin und Noradrenalin steigert, also von Stresshormonen. Diese haben unter anderem Einfluss auf die Blutgerinnung.

Manche Psychologen gehen davon aus, dass unterdrückte Wut eine Ursache von Depressionen, Essstörungen und Alkoholismus ist.

In der Ratgeberliteratur wird häufig empfohlen, Wut angemessen auszudrücken oder zu kanalisieren, etwa durch Sport, Gespräche, Imaginationen, kreativen Ausdruck oder Entspannungsmethoden.

Filmische Erwähnung

  • Beim Endzeit-Horrorfilm 28 Days Later (2002) und dessen Fortsetzung 28 Weeks Later (2007) dreht sich die Handlung um das sogenannte „Wut-Virus“, welches den Betroffenen innerhalb von zehn bis zwanzig Sekunden in einen des Sprechens unfähigen Rasenden ohne menschliche Vernunft transformiert, der jeden Nichtinfizierten sofort bestialisch angreift und somit ebenfalls infiziert.

Siehe auch

Literatur

  • Verena Kast: Vom Sinn des Ärgers. Kreuz, Stuttgart 1985, ISBN 3-7831-1659-7; Herder, Freiburg, Basel, Wien 2010, ISBN 978-3-451-06011-3
  • Heidi Kastner: "Wut. Plädoyer für ein verpöntes Gefühl". Wien 2014. ISBN 978-3-218-00929-4
  • Anne-Bärbel Köhle: Wut lass nach! Kreativer Umgang mit einem starken Gefühl. Kreuz, Stuttgart 1998, ISBN 3-268-00218-8
  • Johannes F. Lehmann, Im Abgrund der Wut. Zur Kultur- und Literaturgeschichte des Zorns, Freiburg i. Br. 2012, ISBN 978-3-7930-9690-0
  • Rainer Schandry: Biologische Psychologie, Verlag Beltz PVU, Weinheim, Berlin, Basel, 2003
  • Seneca: De ira / Über die Wut, ISBN 978-3-15-018456-1 (lateinisch, deutsch)
  • Anita Timpe: Ich bin so wütend! Nutzen Sie die positive Kraft Ihrer Wut! BoD, Norderstedt 2014, ISBN 978-3-735-76022-7

Weblinks

 Wiktionary: Wut – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Wut - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
 Wikiquote: Wut – Zitate

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 John Wegmann: Temper tantrums in children, 2007
  2. Susan Scott Ricci, Terry Kyle: Maternity and Pediatric Nursing, S. 824 (Eingeschränkte Online-Version in der Google Buchsuche-USA)
  3. Susan Scott Ricci, Terry Kyle: Maternity and Pediatric Nursing, S. 824; Don Mordasini: Wild Child: How You Can Help Your Child with Attention Deficit Disorder (ADD), S. 112 (Eingeschränkte Online-Version in der Google Buchsuche-USA); Farooq Mirza: Keep Children Healthy in Body and Mind: Birth Through 10, S. 204 (Eingeschränkte Online-Version in der Google Buchsuche-USA)
  4. Philip Whitaker, Helen Joy, David Edwards, Jane Harley: Challenging Behavior and Autism: Making Sense – Making Progress, S. 47ff
  5. Taming Toddler Tantrums; vgl. auch Ronald Mah: The One-Minute Temper Tantrum Solution: Strategies for Responding to Children’s Challenging Behaviors, S. 5 (Eingeschränkte Online-Version in der Google Buchsuche-USA)
  6. Joni Levine: The Everything Parent’s Guide to Tantrums: The Only Book you Need to Prevent Outbursts, Avoid Public Scenes, and Help Your Child Stay Calm, S. 188 (Eingeschränkte Online-Version in der Google Buchsuche-USA); Robin Goldstein, Janet Gallant: The New Baby Answer Book: From Birth to Kindergarten, Answers to the Top 150 Questions about Raising a Young Child, S. 52 (Eingeschränkte Online-Version in der Google Buchsuche-USA)


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