Audiovisuelle Medien

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Audiovisuelle Medien sind zu einem wesentlichen und vielfach unverzichtbaren Bestandteil des modernen Lebens geworden. Kino, Fernsehen, Video, Radio, CD-Player, Mobiltelefone und Computer sind heute in den modernen Industrieländern nahezu allgegenwärtig und so innig mit dem menschlichen Leben verbunden wie kein anderes technisches Produkt. Da auch im Bildungswesen die Medien immer häufiger eingesetzt werden, muss man sich die drängende Frage stellen, welchen Einfluss sie auf die Entwicklung des menschlichen Seelenlebens haben.

Ohne soziale Gemeinschaft kann der Mensch nicht im vollen und rechten Sinn Mensch werden. Damit er im irdischen Dasein sein Menschsein ergreifen und verwirklichen kann, bedarf es der Vermittlung anderer Menschen. Die Mitmenschen sind das Medium für unsere eigene Menschwerdung. Nur an ihnen und durch sie kommen wir zum Bewusstsein unserer eigenen unverwechselbar einmaligen Individualität. Ganz besonders gilt das für das heranwachsende Kind, aber auch im weiteren Lebenslauf ist unsere immer weiter fortschreitende Menschwerdung untrennbar an das soziale Zusammensein mit anderen Menschen geknüpft. Gerade unsere moderne schnellebige Zeit fordert unsere Menschwerdung immer wieder neu heraus.

Damit ist schon das Grundproblem umrissen, vor das wir uns angesichts der modernen Medienwelt gestellt sehen: Die technische Medien treten heute immer stärker an die Stelle des unmittelbaren Kontakts mit den Mitmenschen, namentlich seitdem die Mobiltelefone, das Internet und die elektronische Post immer beliebter geworden sind. Per Email kann man heute sehr leicht und preiswert weltweit kommunizieren und Millionen von Emails werden täglich versendet. Kontakte zu den entferntesten Winkel der Welt, die noch vor kurzem völlig unerreichbar schienen, können heute kinderleicht geknüpft werden, - was ja nicht grundsätzlich negativ beurteilt werden muss. Mit den elektronischen Chatrooms wurde der Bassenatratsch auf die globale Ebene gehoben - was schon fragwürdiger erscheint. Und mit den Internet-Webseiten wurde vorwiegend ein Mittel für die weltweite mediale Selbstdarstellung geschaffen, das meist eine kommunikative Einbahnstraße bleibt und selten mehr als eine Art von lustvollem elektronischem "Selbstgespräch" darstellt. Damit soll keineswegs gesagt sein, dass man das Internet nicht auch sinnvoll nutzen kann - de facto ist das bislang aber höchst selten der Fall.

So nützlich die modernen Medien einerseits für das äußere Dasein sein mögen, so sehr hemmen sie anderseits die geistige Entwicklung, wenn nicht ein entsprechendes geistiges Gegengewicht zu ihren Wirkungen geschaffen wird. Nur dann können wir sie gefahrlos so verwenden, wie es die Anforderungen des heutigen Lebens, denen wir uns nicht entziehen dürfen, verlangen. Die geistig hemmenden Wirkungen der modernen technischen Medien bestehen darin, dass sie, grob gesagt, aus dem Wahrnehmungsprozess das Geistige auslöschen und daher unbewusst in hohem Maß eine materialistische Weltauffassung fördern. Rudolf Steiner hat das am Beispiel des Kinematographen näher erläutert:

"Der Mensch muß gewiß mit seiner Zeit leben, und soll mit seiner Zeit leben, und er soll nicht, wenn irgend etwas charakterisiert wird, das so auffassen, als ob man damit meinte, daß alles und alles damit abgewiesen werde. Aber es soll das Gegengewicht geschaffen werden. Es ist heute nur natürlich, daß die Welt vor Impulsen steht, die ganz in den Materialismus hineinführen. Das kann nicht aufgehalten werden, denn dieses Hineinführen in den Materialismus, das hängt zusammen mit dem tiefen Bedürfnis unserer Zeit. Aber ein Gegengewicht muß geschaffen werden. Ich möchte sagen, alle Mächte stellen es darauf ab, den Menschen ganz fest in den Materialismus einzuführen. Das kann nicht aufgehalten werden; es gehört zum Wesen des fünften nachatlantischen Zeitraumes. Aber das Gegengewicht muß geschaffen werden. Ein besonders hervorragendes Mittel, den Menschen in den Materialismus hineinzujagen, ist das, was von diesem Gesichtspunkte aus kaum bemerkt wird: der Kinematograph. Es gibt kein besseres Erziehungsmittel zum Materialismus als den Kinematographen. Denn das, was man in dem Kinematographen schaut, das ist nicht Wirklichkeit, wie sie der Mensch sieht. Nur eine Zeit, welche so wenig Begriff hat von der Wirklichkeit wie diejenige, welche die Wirklichkeit als Götzen im Sinne des Materialismus anbetet, kann glauben, daß der Kinematograph eine Wirklichkeit bietet. Eine andere Zeit würde darüber nachdenken, ob der Mensch auf der Straße so geht wie im Kinematographen; und dann, wenn er sich fragt: Was hast du gesehen? - ob er wirklich das so im Bilde hatte, wie der Kinematograph es ihm vorstellt. Fragen Sie sich einmal ehrlich, aber tief ehrlich: Ist dasjenige, was Sie gesehen haben auf der Straße, näher dem Bilde, das sich nicht bewegt, das ein Maler Ihnen macht, oder dem schauderhaften funkelnden Bilde des Kinematographen? Wenn Sie sich ehrlich fragen, so werden Sie sich sagen: Das, was der Maler in Ruhe gibt, das gleicht viel mehr dem, was Sie selber auf der Straße sehen. Daher aber auch nistet sich, während der Mensch vor dem Kinematographen sitzt, das, was ihm der Kinematograph bietet, nicht in das gewöhnliche Wahrnehmungsvermögen ein, sondern m eine tiefere materielle Schicht, als wir sonst im Wahrnehmen haben. Der Mensch wird ätherisch glotzäugig. Er bekommt Augen wie ein Seehund, nur viel größer, wenn er sich dem Kinematographen hingibt. Ätherisch meine ich das. Da wirkt man nicht nur auf dasjenige, was der Mensch im Bewußtsein hat, sondern auf sein tiefstes Unterbewußtes wirkt man materialisierend. Fassen Sie das nicht auf wie eine Brandrede gegen den Kinematographen. Es soll ausdrücklich noch einmal gesagt werden: Es ist ganz natürlich, daß es Kinematographen gibt; die Kinematographenkunst wird noch immer mehr und mehr ausgebildet werden. Das wird der Weg in den Materialismus sein. Ein Gegengewicht muß geschaffen werden. Das kann nur darin bestehen, daß der Mensch mit der Sucht nach der Wirklichkeit, die im Kinematographen entwickelt wird, etwas verbindet. Wie er da mit der Sucht entwickelt ein Heruntersteigen unter die sinnliche Wahrnehmung, so muß er ein Heraufsteigen über die sinnliche Wahrnehmung, das heißt in die geistige Wirklichkeit, entwickeln. Dann wird ihm der Kinematograph nichts schaden; da mag er sich dann die kinematographischen Bilder ansehen, wie er will. Aber gerade durch solche Dinge wird der Mensch dahin geführt - indem kein Gegengewicht geschaffen wird -, nicht so, wie es notwendig ist, erdenverwandt zu werden, sondern immer erdenverwandter, erdenverwandter zu werden und zuletzt völlig abgeschnürt zu werden von der geistigen Welt." (Lit.: GA 175, 4. Vortrag)

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Bausteine zu einer Erkenntnis des Mysteriums von Golgatha, GA 175 (1982), Vierter Vortrag, Berlin, 27. Februar 1917

Weblinks

  1. Wolfgang Peter: Die modernen elektronischen Medien und ihre Wirkung auf die kindliche Seele
  2. Wolfgang Peter: Gefangen im weltweiten elektronischen Netz?