Arbeit und Aristoteles: Unterschied zwischen den Seiten

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Der [[Begriff]] der menschlichen '''Arbeit''' umfasst ganz allgemein alle zielgerichteten, zweckgebundenen [[mensch]]lichen Tätigkeiten, deren Sinn sich nicht in der Tätigkeit selbst erschöpft, und unterscheidet sich dadurch vom [[Spiel]], bei dem eine solche zielgerichtete Zweckorientierung nicht vorliegt. Volkswirtschaftlich gesehen ist eine menschliche Tätigkeit darüber hinaus nur insofern als Arbeit aufzufassen, als das [[Produkt]] der menschlichen Tätigkeit, bestimmte ''eigene'' (Selbstversorgung) oder ''fremde'' menschliche Bedürfnisse befriedigen kann. Erst durch die Konsumfähigkeit des Produkts ergibt sich der volkswirtschaftliche Wert der Arbeit.
[[Bild:Aristoteles_Bueste.jpg|thumb|250px|right|Aristoteles-Büste]]
'''Aristoteles''' ([[Wikipedia:Griechische Sprache|griechisch]] Ἀριστοτέλης, * 384 v. Chr. in [[Wikipedia:Stageira|Stageira]] / [[Wikipedia:Makedonien|Makedonien]], † 322 v. Chr. in [[Wikipedia:Chalkis|Chalkis]] / [[Wikipedia:Euböa|Euböa]]) war ein [[Wikipedia:Griechenland|griechischer]] [[Wikipedia:Philosoph|Philosoph]], [[Wikipedia:Naturforscher|Naturforscher]] und einer der einflussreichsten [[Wikipedia:Denker|Denker]] der abendländischen Geistesgeschichte, der zahlreiche Disziplinen entweder selbst begründete oder entscheidend beeinflusste. Nach seiner Herkunft wurde Aristoteles auch ''Der Stagirit'' und später auch einfach nur ''Der Philosoph'' genannt.


== Der volkswirtschaftliche Begriff der Arbeit ==  
== Leben ==
[[Wikipedia:384 v. Chr.|384 v. Chr.]] wurde Aristoteles in [[Wikipedia:Stageira|Stageira]] als Sohn des [[Wikipedia:Nikomachos|Nikomachos]] geboren. Sein Vater war Leibarzt am Hof von König [[Wikipedia:Amyntas II.|Amyntas II.]] Makedonien. Im Jahr [[Wikipedia:367 v. Chr.|367 v. Chr.]], mit 17 Jahren, tritt Aristoteles in [[Platon]]s [[Wikipedia:Platonische Akademie|Akademie]] in [[Wikipedia:Athen|Athen]] ein und studierte dort 20 Jahre.
 
[[Wikipedia:347 v. Chr.|347 v. Chr.]] stirbt Platon. Die Leitung der Akademie übernimmt [[Wikipedia:Speusippos|Speusippos]], ein Neffe Platons, und nicht der offenbar begabtere und talentiertere Aristoteles. Das hängt damit zusammen, dass Aristoteles [[Wikipedia:Metöke|Metöke]] war, in Athen kein Bürgerrecht besaß und daher die Akademie nicht übernehmen konnte. Aristoteles folgt dem Ruf des Tyrannen [[Wikipedia:Hermias|Hermias]] von [[Wikipedia:Atarneus|Atarneus]] in Kleinasien, der ebenfalls Platonschüler und zugleich ein Vasall des Perserkönigs war. Aristoteles heiratete die Nichte des Stadtfürsten [[Wikipedia:Pytias|Pytias]] und gründete in Atarneus eine Schule ([[Wikipedia:Diogenes Laertios|Diogenes Laertios]], 5,3 f.). Von [[Wikipedia:343 v. Chr.|343 v. Chr.]] bis [[Wikipedia:336 v. Chr.|336 v. Chr.]] unterrichtete Aristoteles im Auftrag des makedonischen Königs [[Wikipedia:Philipp II. (Makedonien)|Philipp II.]] dessen Sohn [[Alexander der Große|Alexander den Großen]].
 
[[Wikipedia:335 v. Chr.|335 v. Chr.]] kehrte Aristoteles nach Athen zurück und gründet dort seine eigene [[Wikipedia:Schule|Schule]], das [[Wikipedia:Lykeion|Lykeion]] (später auch [[Peripatos]] genannt). Diese besteht bis etwa 40 v. Chr. und aus ihr geht die philosophische Richtung der [[Peripatetiker]] hervor. [[Wikipedia:323 v. Chr.|323 v. Chr.]] verlässt Aristoteles Athen, da nach Alexanders Tod die antimakedonische Partei die Oberhand gewinnt und Aristoteles der Gottlosigkeit angeklagt wird. Er flieht nach [[Wikipedia:Chalkis|Chalkis]], dem Geburtsort seiner Mutter, wo er im folgenden Jahr stirbt (Diog. Laert. 5,6 ff.).
 
== Lehre und Schriften ==


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"Ein Begriff der Arbeit ist sehr leicht zu bilden im volkswirtschaftlichen Sinn. Er liegt dann vor, wenn man ein Naturprodukt vor sich hat, das durch menschliche Tätigkeit verändert worden ist mit dem Zweck, konsumiert zu werden. Es muß wenigstens konsumfähig gemacht werden, denn dann hat es den Wert." {{Lit|GA 341, S 59f}}  
"Platos Schüler Aristoteles (geb. 384 v. Chr. in Stagira
in Thrazien, gest. 321 v. Chr.) bezeichnet neben seinem
Lehrer einen Höhepunkt des griechischen Denkens. Bei
ihm ist das Einleben des Gedankens in die Weltanschauung
bereits vollzogen und zur Ruhe gekommen. Der Gedanke
tritt sein rechtmäßiges Besitztum an, um die Wesen
und Vorgänge der Welt von sich aus zu begreifen. Plato
wendet sein Vorstellen noch dazu an, den Gedanken in
seine Herrschaft einzusetzen und ihn zur Ideenwelt zu
führen. Bei Aristoteles ist diese Herrschaft selbstverständlich
geworden. Es kommt ferner darauf an, sie über die
Gebiete der Erkenntnis hin überall zu befestigen. Aristoteles
versteht, den Gedanken als ein Werkzeug zu gebrauchen,
das in das Wesen der Dinge eindringt. Für Plato
handelt es sich darum, das Ding oder Wesen der Außenwelt
zu überwinden; und wenn es überwunden ist, trägt
die Seele die Idee in sich, von welcher das Außenwesen
nur überschattet war, ihm aber fremd ist, und in einer
geistigen Welt der Wahrheit über ihm schwebt. Aristoteles
will in die Wesen und Vorgänge untertauchen, und
was die Seele bei diesem Untertauchen findet, das ist ihm
das Wesen des Dinges selbst. Die Seele fühlt, wie wenn
sie dieses Wesen nur aus dem Dinge herausgehoben und
für sich in die Gedankenform gebracht hätte, damit sie es
wie ein Andenken an das Ding mit sich tragen könne. So
sind für Aristoteles die Ideen in den Dingen und Vorgängen;
sie sind die eine Seite der Dinge, diejenige, welche die
Seele mit ihren Mitteln aus ihnen herausheben kann; die
andere Seite, welche die Seele nicht aus den Dingen herausheben
kann, durch welche diese ihr auf sich gebautes
Leben haben, ist der Stoff, die Materie (Hyle)." {{Lit|{{G|18|73f}}}}
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== Arbeit und Kulturentwicklung ==
===Was ist von Aristoteles überliefert?===
Bei den überlieferten Schriften des Aristoteles - dem ''[[Wikipedia:Corpus Aristotelicum|Corpus Aristotelicum]]'' - handelt es sich nicht um die von ihm selbst veröffentlichten ''exoterischen Schriften''. Diese sind bis auf (z.&nbsp;T. umfangreiche) Zitate bei späteren Schriftstellern verloren. Vollständig erhalten sind hingegen die seit dem 19. Jhd. so genannten esoterischen Schriften oder [[Wikipedia:Pragmatien|Pragmatien]]. Dabei handelt es sich um Notizen, Vorlesungsskripte oder Materialsammlungen, die zunächst nur zum internen Gebrauch bestimmt waren und erst im ersten Jahrhundert v. Chr. durch die Ausgabe des [[Wikipedia:Andronikos von Rhodos|Andronikos von Rhodos]] (s.&nbsp;u.) einem breiteren Publikum zugänglich gemacht wurden. Diese Schriften sind daher in Stil und Aufbau oft schwer zugänglich. Von den zu Aristoteles' Lebzeiten veröffentlichten exoterischen Schriften, die z.&nbsp;T. als [[Wikipedia:Dialog|Dialog]]e im Stil [[Platon]]s verfasst waren, ist sehr wenig überliefert. Ein Bild dieser Schriften liefert am ehesten noch der ''[[Wikipedia:Protreptikos|Protreptikos]]'', eine auf Öffentlichkeitswirkung angelegte Werbeschrift für die Philosophie.


[[Rudolf Steiner]] hat deutlich gemacht, dass sich das Verhältnis des Menschen zur äußeren Arbeit im Laufe der Kulturentwicklung bedeutsam gewandelt hat und noch weiter wandeln wird:
=== Aristoteles' Einteilung von Wissensgebieten===
Aristoteles befasste sich mit zahlreichen Wissensgebieten, die allerdings in den meisten Fällen nicht deckungsgleich mit den heutigen Gebieten gleichen Namens sind. Beispielsweise ist [[Ethik]] für Aristoteles nicht in erster Linie eine Theorie der [[Moral]] und in vielen Punkten auch nicht getrennt von der [[Politik]], die er beide auch unter dem Begriff der ''politischen Wissenschaften'' häufig gemeinsam nennt. Am wichtigsten ist die Unterscheidung in drei große Arten von Bereichen des Wissen: den theoretischen, praktischen und poietischen (hervorbringenden). <!--poietisch ist richtig!-->
*(1) Die ''theoretische Wissenschaft'' betrachtet das, was unabhängig vom Menschen ist und keinen äußeren Zweck außer der Erkenntnis selbst besitzt. In sie fällt vor allem die ''[[Wikipedia:Physik (Aristoteles)|Physik]]'' und die ''[[Wikipedia:Metaphysik (Aristoteles)|Metaphysik]]''.
*(2) Die ''praktische Wissenschaft'' thematisiert das, was im Bereich der menschlichen Handlungen liegt, was aber nichts außer der Handlung selbst hervorbringt. Hierein fällt vor allem Aristoteles' [[Wikipedia:Ethik (Aristoteles)|Ethik]] und die ''[[Wikipedia:Politik (Aristoteles)|Politik]]''.
*(3) Die ''poietische <!--po - i - etisch ist korrekt!--> Wissenschaft'' untersucht das, was im Bereich der menschlichen Tätigkeiten liegt und hierbei ein Objekt hervorbringt. Die Schrift ''[[Wikipedia:Poetik (Aristoteles)|Poetik]]'' des ''Corpus Aristotelicum'' thematisiert dabei (fast) ausschließlich die Dichtung.
* Ein weiterer wichtiger Teil der überlieferten aristotelischen Schriften sind gewissermaßen [[Wikipedia:Metawissenschaft|Metawissenschaft]]en, die neben dieser Dreiereinteilung der Wissenschaften liegen und vor allem die [[Logik]] betreffen.


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===Zentrale methodologische Elemente der Philosophie Aristoteles'===
"In der vierten Unterrasse ([[griechisch-römische Kulturepoche]]) wurde die Arbeit als Tribut geleistet (Sklavenarbeit).
Im Gegensatz zu [[Platon]], der [[Wikipedia:Philosophie|Philosophie]] als eine alle Bereiche menschlichen Wissens umfassende Einheitswissenschaft auffasst, geht Aristoteles von einem Konzept von [[Wikipedia:Einzelwissenschaft|Einzelwissenschaft]]en als eigenständigen Disziplinen aus. Hierbei stützt er sich auch auf [[Wikipedia:Empirie|empirische]] Forschung (im weitesten Sinne) und setzt sich in der Ausarbeitung seiner Theorien mit dem [[Wikipedia:Gesunder Menschenverstand|gesunden Menschenverstand]] sowie mit den Lehren seiner Vorgänger und der Meinung der Allgemeinheit ([[Wikipedia:Doxographie|Doxographie]]) auseinander. Die "Erste Philosophie", d.&nbsp;h. die Metaphysik ist als Grundlagenwissenschaft vom Seienden als Seienden den anderen Wissenschaften jedoch vorgeordnet.
In der fünften Unterrasse (unsere gegenwärtige [[germanisch-angelsächsische Kulturepoche]]) wird die Arbeit als Ware geleistet (verkauft).
In der sechsten Unterrasse ([[slawische Kulturepoche]]) wird die Arbeit als Opfer geleistet (freie Arbeit).


Die wirtschaftliche Existenz wird dann getrennt sein von der Arbeit; es wird kein Eigentum mehr geben, alles ist Gemeingut. Man arbeitet dann nicht mehr für seine eigene Existenz, sondern leistet alles als absolutes Opfer für die Menschheit." {{lit|GA 93a, S 231}}
=== Seelenlehre ===
 
<div style="margin-left:20px">
"Für Plato kommt in Betracht, was in der Seele lebt und
als solches an der Geisteswelt Anteil hat; für Aristoteles
ist wichtig, wie die Seele sich im Menschen für dessen eigene
Erkenntnis darstellt. Wie in die anderen Dinge muß die
Seele auch in sich selbst untertauchen, um in sich dasjenige
zu finden, was ihr Wesen ausmacht. Die Idee, welche im
Sinne des Aristoteles der Mensch in einem außerseelischen
Dinge findet, ist zwar dieses Wesen des Dinges; aber die
Seele hat dieses Wesen in die Ideenform gebracht, um es
für sich zu haben. Ihre Wirklichkeit hat die Idee nicht in
der erkennenden Seele, sondern in dem Außendinge mit
dem Stoffe (der Hyle) zusammen. Taucht die Seele aber
in sich selbst unter, so findet sie die Idee als solche in Wirklichkeit.
Die Seele ist in diesem Sinne Idee, aber tätige
Idee, wirksame Wesenheit. Und sie verhält sich auch im
Leben des Menschen als solche wirksame Wesenheit. Sie
erfaßt im Keimesleben des Menschen das Körperliche.
Während bei einem außerseelischen Ding Idee und Stoff
eine untrennbare Einheit bilden, ist dies bei der Menschenseele
und ihrem Leibe nicht der Fall. Da erfaßt die selbständige
Menschenseele das Leibliche, setzt die im Leibe
schon tätige Idee außer Kraft, und setzt sich selbst an
deren Stelle. In dem Leiblichen, mit dem sich die Menschenseele
verbindet, lebt im Sinne des Aristoteles schon
ein Seelisches. Denn er sieht auch in dem Pflanzenleibe und
in dem Tierleibe ein untergeordnetes Seelisches wirksam.
Ein Leib, welcher das Seelische der Pflanze und des Tieres
in sich trägt, wird durch die Menschenseele gleichsam befruchtet,
und so verbindet sich für den Erdenmenschen ein
Leiblich-Seelisches mit einem Geistig-Seelischen. Dieses
letztere hebt die selbständige Wirksamkeit des Leiblich-
Seelischen während der Dauer des menschlichen Erdenlebens
auf und wirkt selbst mit dem Leiblich-Seelischen
als mit seinem Instrument. Dadurch entstehen fünf Seelenäußerungen,
die bei Aristoteles wie fünf Seelenglieder erscheinen:
die pflanzenhafte Seele ([[Threptikon]]), die empfindende
Seele ([[Ästhetikon]]), die begierdenentwickelnde
Seele ([[Orektikon]]), die willenentfaltende Seele ([[Kinetikon]])
und die geistige Seele ([[Dianoetikon]]). Geistige Seele ist der
Mensch durch das, was der geistigen Welt angehört und
sich im Keimesleben mit dem Leiblich-Seelischen verbindet;
die anderen Seelenglieder entstehen, indem sich die
geistige Seele in dem Leiblichen entfaltet und durch dasselbe
das Erdenleben führt. Mit dem Hinblicke auf eine
geistige Seele ist für Aristoteles naturgemäß der auf eine
Geisteswelt überhaupt gegeben. - Das Weltbild des Aristoteles
steht so vor dem betrachtenden Blicke, daß unten
die Dinge und Vorgänge leben, Stoff und Idee darstellend;
je höher man den Blick wendet, um so mehr schwindet,
was stofflichen Charakter trägt; rein Geistiges - dem
Menschen sich als Idee darstellend - erscheint, die Weltsphäre,
in welcher das Göttliche als reine Geistigkeit, die
alles bewegt, sein Wesen hat. - Dieser Weltsphäre gehört
die geistige Menschenseele an; sie ist als individuelles Wesen
nicht, sondern nur als Teil des Weltengeistes vorhanden,
bevor sie sich mit einem Leiblich-Seelischen verbindet.
Durch diese Verbindung erwirbt sie sich ihr individuelles,
vom Weltgeist abgesondertes Dasein und lebt nach der
Trennung vom Leiblichen als geistiges Wesen weiter fort.
So nimmt das individuelle Seelenwesen mit dem menschlichen
Erdenleben seinen Anfang und lebt dann unsterblich
weiter. Eine Vorexistenz der Seele vor dem Erdenleben
nimmt Plato an, nicht aber Aristoteles. Dies ist ebenso
naturgemäß für letzteren, welcher die Idee im Dinge
bestehen läßt, wie das andere naturgemäß für jenen ist,
der die Idee über dem Dinge schwebend vorstellt. Aristoteles
findet die Idee in dem Dinge; und die Seele erlangt
das, was sie in der Geisteswelt als Individualität sein soll,
in dem Leibe." {{Lit|{{G|18|74f}}}}
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(siehe dazu auch -> [[Soziales Hauptgesetz]])
===Die Substanzlehre als zentrales Element der Philosophie Aristoteles'===
Grundlegend für Aristoteles' Philosophie insgesamt ist die Frage: ''Worin besteht die Grundlage allen [[Wikipedia:Sein|Sein]]s?'' Hierbei ist der Begriff der ''[[Wikipedia:Ousia (Aristoteles)|ousía]]'' ([[Wikipedia:Griechische Sprache|griechisch]] {{Polytonisch|ουσία}}) zentral, der in der späteren Tradition mit ''[[Wikipedia:Substanz|Substanz]]'' übersetzt wurde. Was ist nun die ''ousía'' einer Sache? ''Ousia'' ist, was diese Sache ihrem Sein nach ist, unabhängig von kurzfristig zukommenden und zufälligen Eigenschaften. Die ''ousía'' ist dabei dasjenige, was selbst unabhängig von diesen Eigenschaften ist und wovon diese abhängig sind. Grammatisch oder kategorial ausgedrückt, heißt dies, dass die Substanz dasjenige ist, dem die Eigenschaften zugeschrieben werden oder wovon überhaupt etwas ausgesagt wird; das, was von den Substanzen ausgesagt wird, sind deren Prädikate. Aristoteles' Antwort auf die Frage, was denn nun das bleibende Wesentliche sei, ist schließlich, dass die ''ousía'' eine bestimmende [[Wikipedia:Form|Form]] - das ''[[Wikipedia:Eidos (Aristoteles)|eidos]]'' - ist, die [[Wikipedia:Aitia|Ursache]] allen Seins ist. So ist z.&nbsp;B. das ''eidos'' von [[Wikipedia:Sokrates|Sokrates]] das, was seine Menschengestalt, sein Menschsein bestimmt. Der Grundidee nach kann dieser [[Wikipedia:Hylemorphismus|Hylemorphismus]] - die Lehre, dass ein Gegenstand aus zu bestimmender Materie (''[[Wikipedia:Hylê (Aristoteles)|hylê]]'') und bestimmender Form (''morphê'' ist ein anderer Ausdruck für ''eidos'') besteht und die Form das organisierende Prinzip der Materie ist - in gewissem Sinn als allgemeiner Vorläufer der Theorie des [[Wikipedia:Genetischer Code|genetischen Codes]] verstanden werden.
 
Die Theorie der ''ousía'' arbeitet Aristoteles in der sog. [[Wikipedia:Erste Philosophie (Aristoteles)|ersten Philosophie]] aus, in einigen unter dem Titel ''[[Wikipedia:Metaphysik (Aristoteles)|Metaphysik]]'' überlieferten Abhandlungen. Sie spielt allerdings auch in vielen anderen Bereichen seines Denkens eine ausgezeichnete Rolle, u.&nbsp;a. in ''[[Wikipedia:De Anima|De Anima]]'', der Untersuchung dessen, was spezifisch und determinierend für alles Lebendige ist.
 
== Nachwirkung der Philosophie des Aristoteles ==
===Rezeption in der Antike===
Die Lehre des Aristoteles hat seine Schule, den [[Wikipedia:Peripatos|Peripatos]], nach seinem Tode weit weniger tief geprägt als Platons Lehre dessen [[Wikipedia:Platonische Akademie|Akademie]]. Aristoteles wurde keine Verehrung zuteil, die mit derjenigen Platons bei den Platonikern vergleichbar wäre. Dies bedeutete einerseits Offenheit und Flexibilität, andererseits Mangel an inhaltlich begründetem Zusammenhalt. Die Peripatetiker widmeten sich vor allem empirischer Naturforschung und befassten sich u.a. auch mit Ethik, Seelenlehre und Staatstheorie. Dabei kamen Aristoteles’ Schüler [[Wikipedia:Theophrastos|Theophrastos]], sein Nachfolger als Leiter der Schule, und dessen Nachfolger [[Wikipedia:Straton|Straton]] zu teilweise anderen Ergebnissen als der Schulgründer. Nach Stratons Tod (270/268 v. Chr.) begann eine Periode des Niedergangs.
 
Das Studium und die Kommentierung der Schriften des Aristoteles wurde im Peripatos anscheinend vernachlässigt, jedenfalls weit weniger eifrig betrieben als das Platonstudium in der konkurrierenden Akademie. Erst im ersten Jahrhundert v. Chr. sorgte [[Wikipedia:Andronikos von Rhodos|Andronikos von Rhodos]] für eine Zusammenstellung der Lehrschriften (Vorlesungen) des Aristoteles. Die für eine breitere Öffentlichkeit bestimmten "exoterischen" Schriften, insbesondere die Dialoge, waren lange populär, gingen aber in der römischen Kaiserzeit verloren. [[Wikipedia:Cicero|Cicero]] hat sie noch gekannt. Die Peripatetiker betrachteten die Lehrschriften als speziell für ihren internen Unterrichtsgebrauch bestimmt. In der römischen Kaiserzeit war der einflussreichste Repräsentant des Aristotelismus [[Wikipedia:Alexander von Aphrodisias|Alexander von Aphrodisias]], der gegen die Platoniker die Sterblichkeit der Seele vertrat.
 
Obwohl Aristoteles großen Wert auf die Widerlegung von Kernbestandteilen des Platonismus gelegt hatte, waren es gerade die Neuplatoniker, die in der [[Wikipedia:Spätantike|Spätantike]] einen maßgeblichen Beitrag zur Erhaltung und Verbreitung seiner Hinterlassenschaft leisteten, indem sie seine Logik übernahmen, kommentierten und in ihr System integrierten. Eine besonders wichtige Rolle spielten dabei im 3. Jahrhundert n. Chr. [[Wikipedia:Porphyrios|Porphyrios]], im 5. Jahrhundert [[Wikipedia:Proklos (Philosoph)|Proklos]] und schließlich als letzter im 6. Jahrhundert [[Wikipedia:Simplikios|Simplikios]], der bedeutende Aristoteleskommentare verfasste. Im 4. Jahrhundert schrieb [[Wikipedia:Themistios|Themistios]] [[Wikipedia:Paraphrasen|Paraphrasen]] zu Werken des Aristoteles, die eine starke Nachwirkung erzielten. Er war unter den spätantiken Kommentatoren der einzige Aristoteliker; die anderen strebten eine Synthese platonischer und aristotelischer Auffassungen an, wobei den platonischen das Übergewicht zukam.
 
Bei den prominenten antiken [[Wikipedia:Kirchenväter|Kirchenväter]]n war Aristoteles wenig bekannt und unbeliebt, manche verachteten und verspotteten seine [[Wikipedia:Dialektik|Dialektik]]. Sie verübelten ihm, dass er das Weltall für ungeschaffen und unvergänglich hielt und die individuelle Unsterblichkeit der Seele bezweifelte (bzw. nach ihrem Verständnis bestritt). Ein positiveres Verhältnis zu Aristoteles hatten hingegen manche christliche Gnostiker und andere häretische Christen: [[Wikipedia:Arianer|Arianer]] (Aetios, Eunomios), [[Wikipedia:Monophysiten|Monophysiten]], Pelagianer und [[Wikipedia:Nestorianer|Nestorianer]] – ein Umstand, der den Philosophen für die kirchlichen Autoren erst recht suspekt machte. Syrer – sowohl monophysitische als auch nestorianische – übersetzten das Organon in ihre Sprache und setzten sich intensiv damit auseinander. Im 6. Jahrhundert schrieb der Monophysit [[Wikipedia:Johannes Philoponos|Johannes Philoponos]] Aristoteles-Kommentare, übte aber auch scharfe Kritik an der aristotelischen Kosmologie und Physik. Er war mit seiner [[Wikipedia:Impetustheorie|Impetustheorie]] ein Vorläufer spätmittelalterlicher und frühneuzeitlicher Kritik an der aristotelischen Bewegungslehre.
 
===Rezeption im Mittelalter===
[[Bild:Aristotle_Cod_vindob_phil_gr_64.jpg|thumb|Mittelalterliche Darstellung des Aristoteles]]
Im [[Wikipedia:Byzantinisches Reich|Byzantinischen Reich]] wurde Aristoteles im Frühmittelalter wenig beachtet. Sein Einfluss machte sich vorwiegend indirekt geltend, nämlich über die meist neuplatonisch gesinnten spätantiken Autoren, die Teile seiner Lehre übernommen hatten. Daher war Vermischung mit neuplatonischem Gedankengut von vornherein gegeben. Bei [[Wikipedia:Johannes von Damaskus|Johannes von Damaskus]] tritt die aristotelische Komponente deutlich hervor. Im 11. und 12. Jahrhundert kam es zu einer Wiederbelebung des Interesses an aristotelischer Philosophie: [[Wikipedia:Michael Psellos|Michael Psellos]], [[Wikipedia:Johannes Italos|Johannes Italos]] und dessen Schüler Eustratios von Nikaia (beide wegen Häresie verurteilt) sowie der primär philologisch orientierte Michael von Ephesos schrieben Kommentare. Die Kaisertochter [[Wikipedia:Anna Komnena|Anna Komnena]] förderte diese Bestrebungen.
 
Im islamischen Raum setzte die Wirkung der Werke des Aristoteles früh ein und war breiter und tiefer als in der Spätantike und im europäischen Früh- und Hochmittelalter. Der Aristotelismus dominierte qualitativ und quantitativ gegenüber der übrigen antiken Tradition. Schon im 9. Jahrhundert waren die meisten Werke des Aristoteles in arabischer Sprache verfügbar, ebenso antike Kommentare. Hinzu kam ein reichhaltiges unechtes (pseudo-aristotelisches) Schrifttum teilweise neuplatonischen Inhalts. Zu letzterem zählten Schriften wie die ''Theologie des Aristoteles'' und der ''Kalam fi mahd al-khair'' (''Liber de causis''). Die aristotelischen Ideen waren von Anfang an mit neuplatonischen vermischt, und man glaubte an eine Übereinstimmung der Lehren Platons und des Aristoteles. In diesem Sinne deuteten [[Wikipedia:al-Kindi|al-Kindi]] (9. Jh.) und [[Wikipedia:al-Farabi|al-Farabi]] (10. Jh.) und die ihnen folgende spätere Tradition den Aristotelismus; bei ibn Sina ([[Wikipedia:Avicenna|Avicenna]]) trat das neuplatonische Element stärker in den Vordergrund. Einen relativ reinen Aristotelismus vertrat hingegen im 12. Jahrhundert ibn Rušd ([[Wikipedia:Averroes|Averroes]]), der zahlreiche Kommentare schrieb und die aristotelische Philosophie gegen [[Wikipedia:al-Ghazali|al-Ghazali]] verteidigte.
 
Im lateinischen Mittelalter war zunächst bis ins 12. Jahrhundert nur ein kleiner Teil des Gesamtwerks des Aristoteles verbreitet, nämlich zwei der logischen Schriften (Kategorien und De interpretatione), die [[Wikipedia:Boethius|Boethius]] im frühen 6. Jahrhundert übersetzt und kommentiert hatte, zusammen mit der Einleitung des Porphyrios zur Kategorienlehre. Dieses Schrifttum, später als ''Logica vetus'' bezeichnet, bildete die Grundlage des Logikunterrichts. Diese enge Begrenzung änderte sich mit der großen Übersetzungsbewegung des 12. und 13. Jahrhunderts. Im 12. Jahrhundert wurden die bisher fehlenden logischen Schriften (Analytiken, Topik, [[Wikipedia:Sophistische Widerlegungen|Sophistici elenchi]]) in lateinischer Sprache verfügbar; sie machten die ''Logica nova'' aus. Dann kamen eines nach dem anderen fast alle restlichen Werke hinzu (teils erst im 13. Jahrhundert). Die meisten Schriften wurden mehrmals ins Lateinische übertragen (entweder aus dem Arabischen oder aus dem Griechischen). [[Wikipedia:Michael Scotus|Michael Scotus]] übersetzte Aristoteleskommentare des Averroes aus dem Arabischen. Sie wurden eifrig benutzt, was in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts zur Entstehung des lateinischen [[Wikipedia:Averroismus|Averroismus]] führte, der ein für damalige Verhältnisse relativ konsequenter Aristotelismus war.
 
Im Lauf des 13. Jahrhunderts wurden die Schriften des Aristoteles als Standardlehrbücher zur Grundlage der an den Universitäten (in der Fakultät der Freien Künste) betriebenen scholastischen Wissenschaft; 1255 wurden seine Logik, Naturphilosophie und Ethik an dieser Fakultät der Pariser Universität als Lehrstoff vorgeschrieben. Die Führungsrolle kam der Pariser und der Oxforder Universität zu. Wegweisend waren die Aristoteleskommentare des [[Wikipedia:Albertus Magnus|Albertus Magnus]]. Das Verfassen von Aristoteleskommentaren wurde eine Hauptbeschäftigung der Magister, und viele von ihnen hielten die kommentierten Lehrbücher für praktisch irrtumsfrei. Besonders intensiv studierte man neben der aristotelischen Methodik die Wissenschaftstheorie, um sie als Basis für ein hierarchisch geordnetes System der Wissenschaften zu verwenden. Widerstand erhob sich allerdings von theologischer Seite gegen einzelne Lehren, vor allem gegen die Thesen von der Ewigkeit der Welt und der absoluten Gültigkeit der Naturgesetze (Ausschluss von Wundern), sowie gegen den Averroismus. Daher kam es 1210, 1215, 1231, 1245 und 1277 zu kirchlichen Aristotelesverboten. Sie richteten sich aber nur gegen die naturphilosophischen Schriften bzw. gegen einzelne Thesen und konnten den Siegeszug des Aristotelismus nur vorübergehend hemmen. Diese Verbote betrafen nur Frankreich (vor allem Paris), in Oxford galten sie nicht. Aristoteles wurde „der Philosoph“ schlechthin: mit ''Philosophus'' (ohne Zusatz) war immer nur er gemeint, mit ''Commentator'' Averroes. Gegenpositionen (vor allem in der Erkenntnistheorie und Anthropologie) vertraten Anhänger der platonisch beeinflussten Lehren des [[Wikipedia:Augustinus|Augustinus]], besonders Franziskaner ("Franziskanerschule"). Schließlich setzte sich das von dem Dominikaner [[Wikipedia:Thomas von Aquin|Thomas von Aquin]] abgewandelte und weiterentwickelte aristotelische Lehrsystem ([[Wikipedia:Thomismus|Thomismus]]) durch, zunächst in seinem Orden und später in der gesamten Kirche. Allerdings schrieb man weiterhin neuplatonische Schriften zu Unrecht dem Aristoteles zu, wodurch das Gesamtbild seiner Philosophie verfälscht wurde.
 
===Rezeption in der Neuzeit===
In der Renaissance fertigten Humanisten neue, viel leichter lesbare Aristotelesübersetzungen ins Lateinische an, und man begann auch die griechischen Originaltexte zu lesen. Es kam zu heftigem Streit zwischen Platonikern und Aristotelikern, wobei die beteiligten Humanisten mehrheitlich zu Platon neigten. Es gab in der Renaissance aber auch bedeutende Aristoteliker wie [[Wikipedia:Pietro Pomponazzi|Pietro Pomponazzi]] (1462-1525) und [[Wikipedia:Jacopo Zabarella|Jacopo Zabarella]] (1533-1589), und es entstanden damals im Abendland mehr Aristoteleskommentare als während des gesamten Mittelalters. Wie im Mittelalter herrschte auch noch bei vielen Renaissance-Gelehrten das Bestreben vor, platonische und aristotelische Standpunkte untereinander und mit der katholischen Theologie und Anthropologie zu versöhnen. Seit dem 15. Jahrhundert war es aber möglich, dank des besseren Zugangs zu den Quellen das Ausmaß der fundamentalen Gegensätze zwischen Platonismus, Aristotelismus und Katholizismus besser zu verstehen. Bei der Vermittlung dieser Erkenntnisse spielte der byzantinische Philosoph [[Wikipedia:Georgios Gemistos Plethon|Georgios Gemistos Plethon]] eine wichtige Rolle. Unabhängig davon herrschte der (neu)scholastische Aristotelismus, der die mittelalterliche Tradition fortsetzte, mit seiner Methode und Terminologie an Schulen und Universitäten noch bis tief in die Neuzeit, auch in den lutherischen Gebieten, obwohl Luther den Aristotelismus ablehnte.
 
Im sechzehnten Jahrhundert unternahmen [[Wikipedia:Bernardino Telesio|Bernardino Telesio]] und [[Wikipedia:Giordano Bruno|Giordano Bruno]] Frontalangriffe auf den Aristotelismus, und [[Wikipedia:Petrus Ramus|Petrus Ramus]] trat für eine nichtaristotelische Logik ein ([[Wikipedia:Ramismus|Ramismus]]). Aber erst seit dem 17. Jahrhundert verdrängte ein neues Wissenschaftsverständnis die aristotelisch-scholastische Tradition. In der Physik leitete [[Wikipedia:Galilei|Galilei]] den Umschwung ein. In der Biologie konnten sich aristotelische Auffassungen bis ins 18. Jahrhundert halten.


== Arbeit ist ein Recht und nicht eine Ware ==
Sehr stark und anhaltend war die Nachwirkung der ''[[Wikipedia:Poetik|Poetik]]'' des Aristoteles, insbesondere seiner Tragödientheorie. Sie prägte Theorie und Praxis des Theaters während der gesamten [[Wikipedia:Frühe Neuzeit|Frühen Neuzeit]], abgesehen von manchen gewichtigen Ausnahmen besonders in Spanien und England (Shakespeare). Die ''Poetik'' lag seit 1278 in lateinischer Übersetzung vor, 1498 und 1536 erschienen humanistische Übersetzungen. Auf ihr fußte die ''Poetik'' des [[Wikipedia:Julius Caesar Scaliger|Julius Caesar Scaliger]] (1561), die Dichtungslehre von [[Wikipedia:Martin Opitz|Martin Opitz]] (1624), die französische Theaterlehre des 17. Jahrhunderts (''doctrine classique'') und schließlich die von [[Wikipedia:Johann Christoph Gottsched|Johann Christoph Gottsched]] geforderte [[Wikipedia:Regelkunst|Regelkunst]] (''Critische Dichtkunst'', 1730).


Im gesunden [[Sozialer Organismus|sozialen Organismus]] darf die Arbeit nicht mehr zur Ware werden, sondern muss den Charakter eines [[Recht]]es bekommt, das im [[Rechtsleben]] verankert ist und nicht im [[Wirtschaftsleben]]. Wenn die Arbeitskraft als Ware angesehen wird, so ist das eine heute nicht mehr berechtigte Erbschaft, die auf die Leibeigenschaft des Mittelalters und auf das Sklavenwesen des Altertums zurückführen ist.
Im 19. Jahrhundert begann die moderne Aristotelesforschung mit der Aristoteles-Gesamtausgabe der Berliner Akademie, die [[Wikipedia:Immanuel Bekker|Immanuel Bekker]] ab 1831 besorgte. Nach [[Wikipedia:Bekker-Zählung|ihren Seiten- und Zeilenzahlen]] wird Aristoteles noch heute zitiert.


== Arbeitsteilung ==
Auf die Philosophie des 20. Jahrhunderts hat Aristoteles nicht mit seinem Wissenschaftssystem eingewirkt, sondern sie hat seinem Werk nur einzelne Anregungen entnommen, besonders auf ontologischem Gebiet und hinsichtlich der Unterscheidung von praktischer und theoretischer Vernunft und Wissenschaft.


Die menschliche Arbeit ist im Zuge der Kulturentwicklung von der bloßen Selbstversorgung zur weitreichenden Arbeitsteilung vorangeschritten:  
==Siehe auch==
* {{Eisler-1912|Aristoteles}}
*{{UTB-Philosophie|Hans-Friedrich Bartig|3|Aristoteles}}
*[[Wikipedia:Philosophie der Antike|Philosophie der Antike]]
*[[Wikipedia:Contra principia negantem disputari non potest|Contra principia negantem disputari non potest]], Sprichwort, das auf Aristoteles zurückgehen soll
*[[Wikipedia:Alexander von Aphrodisias|Alexander von Aphrodisias]]


<div style="margin-left:20px">
== Werke (Auswahl)==
Arbeitsteilung bewirkt in einer richtigen Weise die Verbilligung der Produkte. Tendenzen gegen die Arbeitsteilung (durch Selbstversorgung) wirken umgekehrt die Produkte verteuernd." {{Lit|GA 340, S 52}}
''Überblick, siehe auch [[Wikipedia:Corpus Aristotelicum|Corpus Aristotelicum]]''
</div>
 
* [[Wikipedia:Organon (Aristoteles)|Organon]] (nacharistotelische Zusammenstellung), bestehend aus:
** [[Wikipedia:Kategorien|Kategorien]]
** [[Wikipedia:De Interpretatione|De Interpretatione]]
** [[Wikipedia:Analytica Priora|Analytica Priora]]
** [[Wikipedia:Analytica Posteriora|Analytica Posteriora]]
** [[Wikipedia:Topik|Topik]]
** [[Wikipedia:Sophistische Widerlegungen|Sophistische Widerlegungen]]
* [[Wikipedia:Physik (Aristoteles)|Physik]]
* [[Wikipedia:De Caelo|De Caelo]]
* [[Wikipedia:De Anima|De Anima]]
* [[Wikipedia:Metaphysik (Aristoteles)|Metaphysik]]
* [[Wikipedia:Nikomachische Ethik|Nikomachische Ethik]]
* [[Wikipedia:Eudemische Ethik|Eudemische Ethik]]
* [[Wikipedia:Politik (Aristoteles)|Politik]]
* [[Wikipedia:Der Staat der Athener|Der Staat der Athener]]
* [[Wikipedia:Rhetorik (Aristoteles)|Rhetorik]]
* [[Wikipedia:Poetik (Aristoteles)|Poetik]] – Als Webausgabe frei zugänglich bei [http://www.digbib.org/Aristoteles_384vChr/De_Poetik DigBib.Org]
 
* [[Wikipedia:Protreptikos|Protreptikos]]


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== Literatur ==
"Man spricht viel von der modernen Arbeitsteilung, von deren Wirkung als Zeitersparnis, Warenvollkommenheit, Warenaustausch und so weiter; aber man berücksichtigt wenig, wie sie das Verhältnis des einzelnen Menschen zu seiner Arbeitsleistung beeinflusst. Wer in einem auf Arbeitsteilung eingestellten sozialen Organismus arbeitet, der erwirbt eigentlich niemals sein Einkommen selbst, sondern er erwirbt es durch die Arbeit aller am sozialen Organismus Beteiligten. Ein Schneider, der sich zum Eigengebrauch einen Rock macht, setzt diesen Rock zu sich nicht in dasselbe Verhältnis wie ein Mensch, der in primitiven Zuständen noch alles zu seinem Lebensunterhalte Notwendige selbst zu besorgen hat. Er macht sich den Rock, um für andere Kleider machen zu können; und der Wert des Rockes für ihn hängt ganz von den Leistungen der andern ab. Der Rock ist eigentlich Produktionsmittel. Mancher wird sagen, das sei eine Begriffsspalterei. Sobald er auf die Wertbildung der Waren im Wirtschaftskreislauf sieht, wird er diese Meinung nicht mehr haben können. Dann wird er sehen, dass man in einem Wirtschaftsorganismus, der auf Arbeitsteilung beruht, gar nicht für sich arbeiten kann. Man kann nur für andere arbeiten, und andere für sich arbeiten lassen. Man kann ebensowenig für sich arbeiten, wie man sich selbst aufessen kann. Aber man kann Einrichtungen herstellen, welche dem Wesen der Arbeitsteilung widersprechen. Das geschieht, wenn die Gütererzeugung nur darauf eingestellt wird, dem einzelnen Menschen als Eigentum zu überliefern, was er doch nur durch seine Stellung im sozialen Organismus als Leistung erzeugen kann. Die Arbeitsteilung drängt den sozialen Organismus dazu, dass der einzelne Mensch in ihm lebt nach den Verhältnissen des Gesamtorganismus; sie schließt wirtschaftlich den Egoismus aus. Ist dann dieser Egoismus doch vorhanden in Form von Klassenvorrechten und dergleichen, so entsteht ein sozial unhaltbarer Zustand, der zu Erschütterungen des sozialen Organismus führt. In solchen Zuständen leben wir gegenwärtig." {{Lit|GA 23, S 133f}}
=== Primärtexte ===
</div>
*Übersetzungen:
** Grumach, Ernst (Begr.), Flashar, Hellmut (Hrsg.): ''Aristoteles. Werke in deutscher Übersetzung'', 19 Bde., Akademie Verlag, Berlin 1965 ff. (Mit in der Regel sehr guten Kommentarteilen)
** Barnes, Jonathan (Hrsg.): ''The Complete Works of Aristotle'', 2 Bde., Princeton 1995 (Sammlung der maßgeblichen englischen Übersetzungen)
** Rapp, Christof/ Wagner, Tim: ''Aristoteles, Topik. Übersetzung, Einleitung und Kommentar'', Stuttgart 2004 (Reclam)
*Griechische Textausgaben:
** div. Hgg. in der Reihe: ''Oxford Classical Texts'' (OCT) bei [[Wikipedia:Oxford University|Oxford University]] Press ediert.
** div. Hgg. und Übersetzer in der Reihe: ''Loeb Classical Texts'' (LCT) bei [[Wikipedia:Harvard University|Harvard University]] Press ediert (Griechischer Text mit englischer Übersetzung)


== Ein sozial verträglicher Begriff der menschlichen [[Arbeit]] ==
=== Sekundärliteratur (Hervorgehobenes besonders für Einsteiger) ===
*Einführungen:
** Buchheim, Thomas: ''Aristoteles'', Freiburg i. Br. 1996
** Code, Alan D.: ''Aristotle'', OUP 2005 (Einführung des vermutlich besten Kenners der aristotelischen Metaphysik)
** Detel, Wolfgang: ''Aristoteles'', Leipzig 2005 (Problemorientierte Einführung)
** '''[[Wikipedia:Otfried Höffe|Höffe, Otfried]]: ''Aristoteles'', Beck'sche Reihe Denker, 2. überarbeitete Aufl., München 1999''' (Hervorragende Einführung, welche die praktische Philosophie des Aristoteles und die Rezeptionsgeschichte näher beleuchtet)
** '''[[Wikipedia:Christof Rapp|Rapp, Christof]]: ''Aristoteles zur Einführung'', Hamburg 2004''' ISBN 3885063980 (Eine der besten deutschsprachigen Einführungen zu Aristoteles mit sehr guter thematisch gegliederter Bibliografie für Einsteiger)
** Ross, W.D.: ''Aristotle'', Routledge 2004 (Einführung/Darstellung aus der Feder des wichtigsten Aristoteles-Forscher des 20.Jh.)
*thematische Kompendien:
** '''Barnes, Jonathan (Hg.): ''The Cambridge Companion to Aristotle'', Cambridge 1995''' (Sehr gute Einführung zu Aristoteles mit thematisch geordneten Beiträgen einiger der namhaftesten Aristotelesforscher und einer aktuellen, thematisch gegliederten 80 Seiten-Bibliografie)
** Buchheim, Thomas/Flashar, Hellmut (Hgg.): ''Kann man heute noch etwas anfangen mit Aristoteles'', Hamburg 2003 (Beiträge namhafter Aristotelesforscher in Hinblick auf Aristoteles und moderne Philosophie)
*Philosophiegeschichte & Doxographie:
** Flashar, Hellmut (Hg.): ''Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der Antike Band 3: Ältere Akademie. Aristoteles. Peripatos'' 2., durchgesehene und erweiterte Auflage, von Hellmut Flashar, Hans Krämer, †Fritz Wehrli, Georg Wöhrle, Basel 2004 (Die ausführlichste philosophiegeschichtliche Darstellung der Philosophie des Aristoteles und seiner Wirkungsgeschichte)
*Lexika:
** Höffe, Otfried (Hg.): ''Aristoteles-Lexikon'', Stuttgart 2005 ISBN 3520459019
** Horn, Christoph / Rapp, Christof (Hgg.): ''Wörterbuch der antiken Philosophie'', München 2002 (mit zahlreichen Einträgen zu für Aristoteles zentralen Termini) ISBN 3406476236
*Weitere Monographien:
** Jaeger, Werner: ''Aristoteles'', Berlin 1923. (wichtig innerhalb der Forschungsgeschichte, aber als Einführung ungeeignet)
** Patzig, Günther: ''Die aristotelische Syllogistik. Logisch-philologische Untersuchung über das Buch A der "Ersten Analytik"'', 3. Aufl., Göttingen 1969
** Sorabji, Richard (Hg.): ''Aristotle Transformed. The Ancient Commentators and Their Influence'', Ithaca/New York 1990 (Bezüglich der Rezeption und Kommentierung in der [[Wikipedia:Spätantike|Spätantike]] wichtiges Werk)


=== Die unsinnige Unterteilung in sensorische und motorische Nerven ===
=== Rudolf Steiner ===
*Rudolf Steiner: ''Die Rätsel der Philosophie in ihrer Geschichte als Umriß dargestellt'', [[GA 18]] (1985), ISBN 3-7274-0180-X; '''Tb 610/11''', ISBN 978-3-7274-6105-7 {{Schriften|018}}


Ein sozial verträglicher [[Begriff]] der menschlichen Arbeit lässt sich nur finden, wenn die unsinnige Unterteilung in motorische und sensorische [[Nerven]] aufgegeben wird; in Wahrheit sind alle Nerven sensorisch. Die [[Wille]]nstätigkeit des [[Mensch]]en ist nicht durch die motorischen Nerven bedingt, sondern durch ein unmittelbares Zusammensein der [[Seele]] mit der Außenwelt. Die sogenannten motorischen Nerven dienen nur der Wahrnehmung der dadurch entstehenden Bewegung:


<div style="margin-left:20px">
{{GA}}
"Woher rühren denn die falschen Begriffe
über die Arbeit? - Wer richtige Begriffe über die sogenannten motorischen
Nerven hat, der wird sicher auch bald zu richtigen Begriffen über
die Funktion der Arbeit im sozialen Organismus kommen. Wer nämlich
einsieht, daß es keine motorischen Nerven gibt, sondern daß die sogenannten
motorischen Nerven nur Empfindungsnerven für die Natur
des betreffenden Gliedes sind, auf das der Wille seine Kraft überträgt,
der wird finden, wie stark jeder Willensimpuls schon dadurch, daß er
ein solcher ist, in der Arbeit zum Ausdruck kommt, wie stark er in der
Außenwelt steht. Dadurch aber, durch einen wirklichen Begriff des
Willens und der Beziehung des Willens zum menschlichen Organismus,
wird er eine wirkliche Unterlage bekommen, die Verwandtschaft einzusehen
zwischen Wille und Arbeit. Dadurch aber wird er auch zu richtigen
sozialen Begriffen, zu richtigen sozialen Vorstellungen und auch
Empfindungen über eine solche Idee kommen. Man kann sagen: Wie
der Mensch sozial denkt, das ist in vieler Beziehung abhängig davon, ob
er gewisse Naturbegriffe in richtiger oder unrichtiger Weise entwickeln
kann. Man muß sich klar sein darüber, daß derjenige, der da meint, im
Menschen selber seien motorische Nerven die Erreger des Willens, niemals
eigentlich einen wirklichen Zusammenhang herausfinden kann
zwischen dem Erreger der Arbeit, dem Willen, und der Funktion der
Arbeit im sozialen Organismus." {{Lit|{{G|332a|145}}}}
</div>


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== Kunst ==
"Kein Mensch kann in irgendeiner Sozialwissenschaft ein richtiges
Aristoteles in der Kunst
Verständnis des Menschen für sein Verhältnis zur Arbeit gewinnen,
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der auf der vertrackten Unterscheidung zwischen sensitiven und
bild:Aristotelesrp.jpg|Aristoteles
motorischen Nerven seine Begriffe, seine Vorstellungen aufbaut. Denn
Image:Aristotelesarp.jpg|Ausschnittsvergrößerung aus einem Wandgemälde
man wird stets kuriose Begriffe von dem bekommen, was menschliche
Image:Aristotle by Raphael.jpg|Aristoteles, seine Ethik haltend. Detail aus dem Fresko ''Schule von Athen'' von [[Wikipedia:Raffael|Raphael]] im [[Wikipedia:Vatikan|Vatikan]].
Arbeit in Wirklichkeit ist, wenn man einerseits fragt: Was geht
</gallery>
eigentlich im Menschen vor, wenn er arbeitet, wenn er seine Muskeln
in Bewegung bringt? - und andererseits keine Ahnung davon hat,
daß dieses In-Bewegung-Bringen der Muskeln nicht auf den sogenannten
motorischen Nerven beruht, sondern auf dem unmittelbaren
Zusammensein der Seele mit der Außenwelt [...]


Wenn ich mit einer Maschine in Berührung komme, muß ich als
== Weblinks ==
ganzer Mensch mit ihr in Berührung kommen; da muß ich ein Verhältnis
herstellen vor allen Dingen zwischen meinen Muskeln und
dieser Maschine. Dieses Verhältnis ist dasjenige, worauf des Menschen
Arbeit wirklich beruht. Auf dieses Verhältnis kommt es an, wenn man
die Arbeit sozial werten will, auf das ganz besondere Verhältnis des
Menschen zu der Arbeitsgrundlage.


Mit was für einem Arbeitsbegriff arbeiten wir denn heute? Das, was
* {{SEP|http://plato.stanford.edu/contents.html#a}} - Verzeichnis der Einträge
im Menschen vorgeht, wenn er, wie man sagt, arbeitet, das ist nicht
* [http://www.philo.de/Philosophie-Seiten/personen/aristoteles.shtml Aristoteles als Philosoph]
verschieden, ob er nun an einer Maschine sich abmüht, ob er Holz
* [http://www.perseus.tufts.edu/cgi-bin/vor?lookup=aristotle;collection=Perseus%3Acollection%3AGreco-Roman;group=fieldcat;target=en%2C0;alts=1;extern=1;doctype=Text;detail=Creator#Creator Texte (griechisch/englisch)] im [[Wikipedia:Wikipedia:Perseus Project|Perseus Project]]
hackt, oder ob er zu seinem Vergnügen Sport treibt. Er kann sich
* [http://classics.mit.edu/Browse/browse-Aristotle.html Texte von Aristoteles (englisch)]
geradeso mit dem Sportvergnügen abnützen, er kann ebensoviel
* [[Joachim Stiller]]: [http://joachimstiller.de/philosophie4.html Projekt Aristoteles] Website
Arbeitskraft konsumieren bei dem sozial überflüssigen Sport wie bei
dem sozial nützlichen Holzhacken. Und die Illusion über den Unterschied
zwischen motorischen und sensitiven Nerven ist es, die psychologisch
die Menschen ablenkt davon, auch einen wirklichen Arbeitsbegriff
zu erfassen, der nur erfaßt werden kann, wenn man den Menschen
nicht darnach betrachtet, wie er sich abnützt, sondern darnach,
wie er sich in ein Verhältnis stellt zur sozialen Umgebung. Ich glaube
Ihnen, daß Sie davon noch keinen deutlichen Begriff bekommen
haben, weil die Begriffe, die man heute von diesen Dingen erhalten
kann, so verkehrt sind durch unser Schulwesen, daß es erst einige
Zeit dauern wird, bis man den Übergang von dem sozial unsinnigen
Arbeitsbegriff, von dem wahnsinnigen wissenschaftlichen Begriff der
Unterscheidung der sensitiven und motorischen Nerven, finden wird.
Aber in diesen Dingen liegt zugleich der Grund dafür, warum wir so
unpraktisch denken. Denn wie kann eine Menschheit praktisch über
das Praktische denken, die sich der wahnsinnigen Vorstellung hingibt:
in unserem Inneren waltet ein Telegraphenapparat, und die
Drähte gehen hin zu irgend etwas im Gehirn und werden dort umgeschaltet
in andere Drähte, sensitive und motorische Nerven? Von
unserer, einem verkehrten Schulwesen entspringenden Unwissenschaft,
an die das breite Publikum, verführt durch die Zeitungspest,
glaubt, geht aus das Unvermögen, wirklich sozial zu denken." {{Lit|{{G|192|154f}}}}
</div>


{{Personendaten|
NAME=Aristoteles
|ALTERNATIVNAMEN=[[Wikipedia:Der Stagirit|Der Stagirit]], [[Wikipedia:Der Philosoph|Der Philosoph]]
|KURZBESCHREIBUNG=[[Wikipedia:Griechenland|griechischer]] [[Wikipedia:Philosoph|Philosoph]] und [[Wikipedia:Naturforscher|Naturforscher]]
|GEBURTSDATUM=[[Wikipedia:384 v. Chr.|384 v. Chr.]]
|GEBURTSORT=[[Wikipedia:Stageira|Stageira]]/[[Wikipedia:Makedonien|Makedonien]]
|STERBEDATUM=[[Wikipedia:322 v. Chr.|322 v. Chr.]]
|STERBEORT=[[Wikipedia:Chalkis|Chalkis]]/[[Wikipedia:Euböa|Euböa]]
}}


==Literatur==
[[Kategorie:Philosoph]]
#Rudolf Steiner: ''Die Kernpunkte der Sozialen Frage'', [[GA 23]] (1976) {{Schriften|023}}
[[Kategorie:Philosoph (Antike)]]
#Rudolf Steiner: ''Grundelemente der Esoterik'', [[GA 93a]] (1972) {{Vorträge|093a}}
[[Kategorie:Griechische Philosophie]]
#Rudolf Steiner: ''Geisteswissenschaftliche Behandlung sozialer und pädagogischer Fragen'', [[GA 192]] (1991), ISBN 3-7274-1920-2 {{Vorträge|192}}
[[Kategorie:Metaphysik]]
#Rudolf Steiner: ''Soziale Zukunft'', [[GA 332a]] (1977), ISBN 3-7274-3325-6 {{Vorträge|332a}}
[[Kategorie:Logik]]
#Rudolf Steiner: ''Nationalökonomischer Kurs'', [[GA 340]] (2002) {{Vorträge|340}}
[[Kategorie:Ethik]]
#Rudolf Steiner: ''Nationalökonomisches Seminar'', [[GA 341]] (1986) {{Vorträge|341}}
[[Kategorie:Aristoteles]]
[[Kategorie:Mann]]


[[Kategorie:Grundbegriffe]] [[Kategorie:Soziales Leben]]
{{Wikipedia}}

Version vom 23. Juli 2017, 21:45 Uhr

Aristoteles-Büste

Aristoteles (griechisch Ἀριστοτέλης, * 384 v. Chr. in Stageira / Makedonien, † 322 v. Chr. in Chalkis / Euböa) war ein griechischer Philosoph, Naturforscher und einer der einflussreichsten Denker der abendländischen Geistesgeschichte, der zahlreiche Disziplinen entweder selbst begründete oder entscheidend beeinflusste. Nach seiner Herkunft wurde Aristoteles auch Der Stagirit und später auch einfach nur Der Philosoph genannt.

Leben

384 v. Chr. wurde Aristoteles in Stageira als Sohn des Nikomachos geboren. Sein Vater war Leibarzt am Hof von König Amyntas II. Makedonien. Im Jahr 367 v. Chr., mit 17 Jahren, tritt Aristoteles in Platons Akademie in Athen ein und studierte dort 20 Jahre.

347 v. Chr. stirbt Platon. Die Leitung der Akademie übernimmt Speusippos, ein Neffe Platons, und nicht der offenbar begabtere und talentiertere Aristoteles. Das hängt damit zusammen, dass Aristoteles Metöke war, in Athen kein Bürgerrecht besaß und daher die Akademie nicht übernehmen konnte. Aristoteles folgt dem Ruf des Tyrannen Hermias von Atarneus in Kleinasien, der ebenfalls Platonschüler und zugleich ein Vasall des Perserkönigs war. Aristoteles heiratete die Nichte des Stadtfürsten Pytias und gründete in Atarneus eine Schule (Diogenes Laertios, 5,3 f.). Von 343 v. Chr. bis 336 v. Chr. unterrichtete Aristoteles im Auftrag des makedonischen Königs Philipp II. dessen Sohn Alexander den Großen.

335 v. Chr. kehrte Aristoteles nach Athen zurück und gründet dort seine eigene Schule, das Lykeion (später auch Peripatos genannt). Diese besteht bis etwa 40 v. Chr. und aus ihr geht die philosophische Richtung der Peripatetiker hervor. 323 v. Chr. verlässt Aristoteles Athen, da nach Alexanders Tod die antimakedonische Partei die Oberhand gewinnt und Aristoteles der Gottlosigkeit angeklagt wird. Er flieht nach Chalkis, dem Geburtsort seiner Mutter, wo er im folgenden Jahr stirbt (Diog. Laert. 5,6 ff.).

Lehre und Schriften

"Platos Schüler Aristoteles (geb. 384 v. Chr. in Stagira in Thrazien, gest. 321 v. Chr.) bezeichnet neben seinem Lehrer einen Höhepunkt des griechischen Denkens. Bei ihm ist das Einleben des Gedankens in die Weltanschauung bereits vollzogen und zur Ruhe gekommen. Der Gedanke tritt sein rechtmäßiges Besitztum an, um die Wesen und Vorgänge der Welt von sich aus zu begreifen. Plato wendet sein Vorstellen noch dazu an, den Gedanken in seine Herrschaft einzusetzen und ihn zur Ideenwelt zu führen. Bei Aristoteles ist diese Herrschaft selbstverständlich geworden. Es kommt ferner darauf an, sie über die Gebiete der Erkenntnis hin überall zu befestigen. Aristoteles versteht, den Gedanken als ein Werkzeug zu gebrauchen, das in das Wesen der Dinge eindringt. Für Plato handelt es sich darum, das Ding oder Wesen der Außenwelt zu überwinden; und wenn es überwunden ist, trägt die Seele die Idee in sich, von welcher das Außenwesen nur überschattet war, ihm aber fremd ist, und in einer geistigen Welt der Wahrheit über ihm schwebt. Aristoteles will in die Wesen und Vorgänge untertauchen, und was die Seele bei diesem Untertauchen findet, das ist ihm das Wesen des Dinges selbst. Die Seele fühlt, wie wenn sie dieses Wesen nur aus dem Dinge herausgehoben und für sich in die Gedankenform gebracht hätte, damit sie es wie ein Andenken an das Ding mit sich tragen könne. So sind für Aristoteles die Ideen in den Dingen und Vorgängen; sie sind die eine Seite der Dinge, diejenige, welche die Seele mit ihren Mitteln aus ihnen herausheben kann; die andere Seite, welche die Seele nicht aus den Dingen herausheben kann, durch welche diese ihr auf sich gebautes Leben haben, ist der Stoff, die Materie (Hyle)." (Lit.: GA 18, S. 73f)

Was ist von Aristoteles überliefert?

Bei den überlieferten Schriften des Aristoteles - dem Corpus Aristotelicum - handelt es sich nicht um die von ihm selbst veröffentlichten exoterischen Schriften. Diese sind bis auf (z. T. umfangreiche) Zitate bei späteren Schriftstellern verloren. Vollständig erhalten sind hingegen die seit dem 19. Jhd. so genannten esoterischen Schriften oder Pragmatien. Dabei handelt es sich um Notizen, Vorlesungsskripte oder Materialsammlungen, die zunächst nur zum internen Gebrauch bestimmt waren und erst im ersten Jahrhundert v. Chr. durch die Ausgabe des Andronikos von Rhodos (s. u.) einem breiteren Publikum zugänglich gemacht wurden. Diese Schriften sind daher in Stil und Aufbau oft schwer zugänglich. Von den zu Aristoteles' Lebzeiten veröffentlichten exoterischen Schriften, die z. T. als Dialoge im Stil Platons verfasst waren, ist sehr wenig überliefert. Ein Bild dieser Schriften liefert am ehesten noch der Protreptikos, eine auf Öffentlichkeitswirkung angelegte Werbeschrift für die Philosophie.

Aristoteles' Einteilung von Wissensgebieten

Aristoteles befasste sich mit zahlreichen Wissensgebieten, die allerdings in den meisten Fällen nicht deckungsgleich mit den heutigen Gebieten gleichen Namens sind. Beispielsweise ist Ethik für Aristoteles nicht in erster Linie eine Theorie der Moral und in vielen Punkten auch nicht getrennt von der Politik, die er beide auch unter dem Begriff der politischen Wissenschaften häufig gemeinsam nennt. Am wichtigsten ist die Unterscheidung in drei große Arten von Bereichen des Wissen: den theoretischen, praktischen und poietischen (hervorbringenden).

  • (1) Die theoretische Wissenschaft betrachtet das, was unabhängig vom Menschen ist und keinen äußeren Zweck außer der Erkenntnis selbst besitzt. In sie fällt vor allem die Physik und die Metaphysik.
  • (2) Die praktische Wissenschaft thematisiert das, was im Bereich der menschlichen Handlungen liegt, was aber nichts außer der Handlung selbst hervorbringt. Hierein fällt vor allem Aristoteles' Ethik und die Politik.
  • (3) Die poietische Wissenschaft untersucht das, was im Bereich der menschlichen Tätigkeiten liegt und hierbei ein Objekt hervorbringt. Die Schrift Poetik des Corpus Aristotelicum thematisiert dabei (fast) ausschließlich die Dichtung.
  • Ein weiterer wichtiger Teil der überlieferten aristotelischen Schriften sind gewissermaßen Metawissenschaften, die neben dieser Dreiereinteilung der Wissenschaften liegen und vor allem die Logik betreffen.

Zentrale methodologische Elemente der Philosophie Aristoteles'

Im Gegensatz zu Platon, der Philosophie als eine alle Bereiche menschlichen Wissens umfassende Einheitswissenschaft auffasst, geht Aristoteles von einem Konzept von Einzelwissenschaften als eigenständigen Disziplinen aus. Hierbei stützt er sich auch auf empirische Forschung (im weitesten Sinne) und setzt sich in der Ausarbeitung seiner Theorien mit dem gesunden Menschenverstand sowie mit den Lehren seiner Vorgänger und der Meinung der Allgemeinheit (Doxographie) auseinander. Die "Erste Philosophie", d. h. die Metaphysik ist als Grundlagenwissenschaft vom Seienden als Seienden den anderen Wissenschaften jedoch vorgeordnet.

Seelenlehre

"Für Plato kommt in Betracht, was in der Seele lebt und als solches an der Geisteswelt Anteil hat; für Aristoteles ist wichtig, wie die Seele sich im Menschen für dessen eigene Erkenntnis darstellt. Wie in die anderen Dinge muß die Seele auch in sich selbst untertauchen, um in sich dasjenige zu finden, was ihr Wesen ausmacht. Die Idee, welche im Sinne des Aristoteles der Mensch in einem außerseelischen Dinge findet, ist zwar dieses Wesen des Dinges; aber die Seele hat dieses Wesen in die Ideenform gebracht, um es für sich zu haben. Ihre Wirklichkeit hat die Idee nicht in der erkennenden Seele, sondern in dem Außendinge mit dem Stoffe (der Hyle) zusammen. Taucht die Seele aber in sich selbst unter, so findet sie die Idee als solche in Wirklichkeit. Die Seele ist in diesem Sinne Idee, aber tätige Idee, wirksame Wesenheit. Und sie verhält sich auch im Leben des Menschen als solche wirksame Wesenheit. Sie erfaßt im Keimesleben des Menschen das Körperliche. Während bei einem außerseelischen Ding Idee und Stoff eine untrennbare Einheit bilden, ist dies bei der Menschenseele und ihrem Leibe nicht der Fall. Da erfaßt die selbständige Menschenseele das Leibliche, setzt die im Leibe schon tätige Idee außer Kraft, und setzt sich selbst an deren Stelle. In dem Leiblichen, mit dem sich die Menschenseele verbindet, lebt im Sinne des Aristoteles schon ein Seelisches. Denn er sieht auch in dem Pflanzenleibe und in dem Tierleibe ein untergeordnetes Seelisches wirksam. Ein Leib, welcher das Seelische der Pflanze und des Tieres in sich trägt, wird durch die Menschenseele gleichsam befruchtet, und so verbindet sich für den Erdenmenschen ein Leiblich-Seelisches mit einem Geistig-Seelischen. Dieses letztere hebt die selbständige Wirksamkeit des Leiblich- Seelischen während der Dauer des menschlichen Erdenlebens auf und wirkt selbst mit dem Leiblich-Seelischen als mit seinem Instrument. Dadurch entstehen fünf Seelenäußerungen, die bei Aristoteles wie fünf Seelenglieder erscheinen: die pflanzenhafte Seele (Threptikon), die empfindende Seele (Ästhetikon), die begierdenentwickelnde Seele (Orektikon), die willenentfaltende Seele (Kinetikon) und die geistige Seele (Dianoetikon). Geistige Seele ist der Mensch durch das, was der geistigen Welt angehört und sich im Keimesleben mit dem Leiblich-Seelischen verbindet; die anderen Seelenglieder entstehen, indem sich die geistige Seele in dem Leiblichen entfaltet und durch dasselbe das Erdenleben führt. Mit dem Hinblicke auf eine geistige Seele ist für Aristoteles naturgemäß der auf eine Geisteswelt überhaupt gegeben. - Das Weltbild des Aristoteles steht so vor dem betrachtenden Blicke, daß unten die Dinge und Vorgänge leben, Stoff und Idee darstellend; je höher man den Blick wendet, um so mehr schwindet, was stofflichen Charakter trägt; rein Geistiges - dem Menschen sich als Idee darstellend - erscheint, die Weltsphäre, in welcher das Göttliche als reine Geistigkeit, die alles bewegt, sein Wesen hat. - Dieser Weltsphäre gehört die geistige Menschenseele an; sie ist als individuelles Wesen nicht, sondern nur als Teil des Weltengeistes vorhanden, bevor sie sich mit einem Leiblich-Seelischen verbindet. Durch diese Verbindung erwirbt sie sich ihr individuelles, vom Weltgeist abgesondertes Dasein und lebt nach der Trennung vom Leiblichen als geistiges Wesen weiter fort. So nimmt das individuelle Seelenwesen mit dem menschlichen Erdenleben seinen Anfang und lebt dann unsterblich weiter. Eine Vorexistenz der Seele vor dem Erdenleben nimmt Plato an, nicht aber Aristoteles. Dies ist ebenso naturgemäß für letzteren, welcher die Idee im Dinge bestehen läßt, wie das andere naturgemäß für jenen ist, der die Idee über dem Dinge schwebend vorstellt. Aristoteles findet die Idee in dem Dinge; und die Seele erlangt das, was sie in der Geisteswelt als Individualität sein soll, in dem Leibe." (Lit.: GA 18, S. 74f)

Die Substanzlehre als zentrales Element der Philosophie Aristoteles'

Grundlegend für Aristoteles' Philosophie insgesamt ist die Frage: Worin besteht die Grundlage allen Seins? Hierbei ist der Begriff der ousía (griechisch ουσία) zentral, der in der späteren Tradition mit Substanz übersetzt wurde. Was ist nun die ousía einer Sache? Ousia ist, was diese Sache ihrem Sein nach ist, unabhängig von kurzfristig zukommenden und zufälligen Eigenschaften. Die ousía ist dabei dasjenige, was selbst unabhängig von diesen Eigenschaften ist und wovon diese abhängig sind. Grammatisch oder kategorial ausgedrückt, heißt dies, dass die Substanz dasjenige ist, dem die Eigenschaften zugeschrieben werden oder wovon überhaupt etwas ausgesagt wird; das, was von den Substanzen ausgesagt wird, sind deren Prädikate. Aristoteles' Antwort auf die Frage, was denn nun das bleibende Wesentliche sei, ist schließlich, dass die ousía eine bestimmende Form - das eidos - ist, die Ursache allen Seins ist. So ist z. B. das eidos von Sokrates das, was seine Menschengestalt, sein Menschsein bestimmt. Der Grundidee nach kann dieser Hylemorphismus - die Lehre, dass ein Gegenstand aus zu bestimmender Materie (hylê) und bestimmender Form (morphê ist ein anderer Ausdruck für eidos) besteht und die Form das organisierende Prinzip der Materie ist - in gewissem Sinn als allgemeiner Vorläufer der Theorie des genetischen Codes verstanden werden.

Die Theorie der ousía arbeitet Aristoteles in der sog. ersten Philosophie aus, in einigen unter dem Titel Metaphysik überlieferten Abhandlungen. Sie spielt allerdings auch in vielen anderen Bereichen seines Denkens eine ausgezeichnete Rolle, u. a. in De Anima, der Untersuchung dessen, was spezifisch und determinierend für alles Lebendige ist.

Nachwirkung der Philosophie des Aristoteles

Rezeption in der Antike

Die Lehre des Aristoteles hat seine Schule, den Peripatos, nach seinem Tode weit weniger tief geprägt als Platons Lehre dessen Akademie. Aristoteles wurde keine Verehrung zuteil, die mit derjenigen Platons bei den Platonikern vergleichbar wäre. Dies bedeutete einerseits Offenheit und Flexibilität, andererseits Mangel an inhaltlich begründetem Zusammenhalt. Die Peripatetiker widmeten sich vor allem empirischer Naturforschung und befassten sich u.a. auch mit Ethik, Seelenlehre und Staatstheorie. Dabei kamen Aristoteles’ Schüler Theophrastos, sein Nachfolger als Leiter der Schule, und dessen Nachfolger Straton zu teilweise anderen Ergebnissen als der Schulgründer. Nach Stratons Tod (270/268 v. Chr.) begann eine Periode des Niedergangs.

Das Studium und die Kommentierung der Schriften des Aristoteles wurde im Peripatos anscheinend vernachlässigt, jedenfalls weit weniger eifrig betrieben als das Platonstudium in der konkurrierenden Akademie. Erst im ersten Jahrhundert v. Chr. sorgte Andronikos von Rhodos für eine Zusammenstellung der Lehrschriften (Vorlesungen) des Aristoteles. Die für eine breitere Öffentlichkeit bestimmten "exoterischen" Schriften, insbesondere die Dialoge, waren lange populär, gingen aber in der römischen Kaiserzeit verloren. Cicero hat sie noch gekannt. Die Peripatetiker betrachteten die Lehrschriften als speziell für ihren internen Unterrichtsgebrauch bestimmt. In der römischen Kaiserzeit war der einflussreichste Repräsentant des Aristotelismus Alexander von Aphrodisias, der gegen die Platoniker die Sterblichkeit der Seele vertrat.

Obwohl Aristoteles großen Wert auf die Widerlegung von Kernbestandteilen des Platonismus gelegt hatte, waren es gerade die Neuplatoniker, die in der Spätantike einen maßgeblichen Beitrag zur Erhaltung und Verbreitung seiner Hinterlassenschaft leisteten, indem sie seine Logik übernahmen, kommentierten und in ihr System integrierten. Eine besonders wichtige Rolle spielten dabei im 3. Jahrhundert n. Chr. Porphyrios, im 5. Jahrhundert Proklos und schließlich als letzter im 6. Jahrhundert Simplikios, der bedeutende Aristoteleskommentare verfasste. Im 4. Jahrhundert schrieb Themistios Paraphrasen zu Werken des Aristoteles, die eine starke Nachwirkung erzielten. Er war unter den spätantiken Kommentatoren der einzige Aristoteliker; die anderen strebten eine Synthese platonischer und aristotelischer Auffassungen an, wobei den platonischen das Übergewicht zukam.

Bei den prominenten antiken Kirchenvätern war Aristoteles wenig bekannt und unbeliebt, manche verachteten und verspotteten seine Dialektik. Sie verübelten ihm, dass er das Weltall für ungeschaffen und unvergänglich hielt und die individuelle Unsterblichkeit der Seele bezweifelte (bzw. nach ihrem Verständnis bestritt). Ein positiveres Verhältnis zu Aristoteles hatten hingegen manche christliche Gnostiker und andere häretische Christen: Arianer (Aetios, Eunomios), Monophysiten, Pelagianer und Nestorianer – ein Umstand, der den Philosophen für die kirchlichen Autoren erst recht suspekt machte. Syrer – sowohl monophysitische als auch nestorianische – übersetzten das Organon in ihre Sprache und setzten sich intensiv damit auseinander. Im 6. Jahrhundert schrieb der Monophysit Johannes Philoponos Aristoteles-Kommentare, übte aber auch scharfe Kritik an der aristotelischen Kosmologie und Physik. Er war mit seiner Impetustheorie ein Vorläufer spätmittelalterlicher und frühneuzeitlicher Kritik an der aristotelischen Bewegungslehre.

Rezeption im Mittelalter

Datei:Aristotle Cod vindob phil gr 64.jpg Im Byzantinischen Reich wurde Aristoteles im Frühmittelalter wenig beachtet. Sein Einfluss machte sich vorwiegend indirekt geltend, nämlich über die meist neuplatonisch gesinnten spätantiken Autoren, die Teile seiner Lehre übernommen hatten. Daher war Vermischung mit neuplatonischem Gedankengut von vornherein gegeben. Bei Johannes von Damaskus tritt die aristotelische Komponente deutlich hervor. Im 11. und 12. Jahrhundert kam es zu einer Wiederbelebung des Interesses an aristotelischer Philosophie: Michael Psellos, Johannes Italos und dessen Schüler Eustratios von Nikaia (beide wegen Häresie verurteilt) sowie der primär philologisch orientierte Michael von Ephesos schrieben Kommentare. Die Kaisertochter Anna Komnena förderte diese Bestrebungen.

Im islamischen Raum setzte die Wirkung der Werke des Aristoteles früh ein und war breiter und tiefer als in der Spätantike und im europäischen Früh- und Hochmittelalter. Der Aristotelismus dominierte qualitativ und quantitativ gegenüber der übrigen antiken Tradition. Schon im 9. Jahrhundert waren die meisten Werke des Aristoteles in arabischer Sprache verfügbar, ebenso antike Kommentare. Hinzu kam ein reichhaltiges unechtes (pseudo-aristotelisches) Schrifttum teilweise neuplatonischen Inhalts. Zu letzterem zählten Schriften wie die Theologie des Aristoteles und der Kalam fi mahd al-khair (Liber de causis). Die aristotelischen Ideen waren von Anfang an mit neuplatonischen vermischt, und man glaubte an eine Übereinstimmung der Lehren Platons und des Aristoteles. In diesem Sinne deuteten al-Kindi (9. Jh.) und al-Farabi (10. Jh.) und die ihnen folgende spätere Tradition den Aristotelismus; bei ibn Sina (Avicenna) trat das neuplatonische Element stärker in den Vordergrund. Einen relativ reinen Aristotelismus vertrat hingegen im 12. Jahrhundert ibn Rušd (Averroes), der zahlreiche Kommentare schrieb und die aristotelische Philosophie gegen al-Ghazali verteidigte.

Im lateinischen Mittelalter war zunächst bis ins 12. Jahrhundert nur ein kleiner Teil des Gesamtwerks des Aristoteles verbreitet, nämlich zwei der logischen Schriften (Kategorien und De interpretatione), die Boethius im frühen 6. Jahrhundert übersetzt und kommentiert hatte, zusammen mit der Einleitung des Porphyrios zur Kategorienlehre. Dieses Schrifttum, später als Logica vetus bezeichnet, bildete die Grundlage des Logikunterrichts. Diese enge Begrenzung änderte sich mit der großen Übersetzungsbewegung des 12. und 13. Jahrhunderts. Im 12. Jahrhundert wurden die bisher fehlenden logischen Schriften (Analytiken, Topik, Sophistici elenchi) in lateinischer Sprache verfügbar; sie machten die Logica nova aus. Dann kamen eines nach dem anderen fast alle restlichen Werke hinzu (teils erst im 13. Jahrhundert). Die meisten Schriften wurden mehrmals ins Lateinische übertragen (entweder aus dem Arabischen oder aus dem Griechischen). Michael Scotus übersetzte Aristoteleskommentare des Averroes aus dem Arabischen. Sie wurden eifrig benutzt, was in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts zur Entstehung des lateinischen Averroismus führte, der ein für damalige Verhältnisse relativ konsequenter Aristotelismus war.

Im Lauf des 13. Jahrhunderts wurden die Schriften des Aristoteles als Standardlehrbücher zur Grundlage der an den Universitäten (in der Fakultät der Freien Künste) betriebenen scholastischen Wissenschaft; 1255 wurden seine Logik, Naturphilosophie und Ethik an dieser Fakultät der Pariser Universität als Lehrstoff vorgeschrieben. Die Führungsrolle kam der Pariser und der Oxforder Universität zu. Wegweisend waren die Aristoteleskommentare des Albertus Magnus. Das Verfassen von Aristoteleskommentaren wurde eine Hauptbeschäftigung der Magister, und viele von ihnen hielten die kommentierten Lehrbücher für praktisch irrtumsfrei. Besonders intensiv studierte man neben der aristotelischen Methodik die Wissenschaftstheorie, um sie als Basis für ein hierarchisch geordnetes System der Wissenschaften zu verwenden. Widerstand erhob sich allerdings von theologischer Seite gegen einzelne Lehren, vor allem gegen die Thesen von der Ewigkeit der Welt und der absoluten Gültigkeit der Naturgesetze (Ausschluss von Wundern), sowie gegen den Averroismus. Daher kam es 1210, 1215, 1231, 1245 und 1277 zu kirchlichen Aristotelesverboten. Sie richteten sich aber nur gegen die naturphilosophischen Schriften bzw. gegen einzelne Thesen und konnten den Siegeszug des Aristotelismus nur vorübergehend hemmen. Diese Verbote betrafen nur Frankreich (vor allem Paris), in Oxford galten sie nicht. Aristoteles wurde „der Philosoph“ schlechthin: mit Philosophus (ohne Zusatz) war immer nur er gemeint, mit Commentator Averroes. Gegenpositionen (vor allem in der Erkenntnistheorie und Anthropologie) vertraten Anhänger der platonisch beeinflussten Lehren des Augustinus, besonders Franziskaner ("Franziskanerschule"). Schließlich setzte sich das von dem Dominikaner Thomas von Aquin abgewandelte und weiterentwickelte aristotelische Lehrsystem (Thomismus) durch, zunächst in seinem Orden und später in der gesamten Kirche. Allerdings schrieb man weiterhin neuplatonische Schriften zu Unrecht dem Aristoteles zu, wodurch das Gesamtbild seiner Philosophie verfälscht wurde.

Rezeption in der Neuzeit

In der Renaissance fertigten Humanisten neue, viel leichter lesbare Aristotelesübersetzungen ins Lateinische an, und man begann auch die griechischen Originaltexte zu lesen. Es kam zu heftigem Streit zwischen Platonikern und Aristotelikern, wobei die beteiligten Humanisten mehrheitlich zu Platon neigten. Es gab in der Renaissance aber auch bedeutende Aristoteliker wie Pietro Pomponazzi (1462-1525) und Jacopo Zabarella (1533-1589), und es entstanden damals im Abendland mehr Aristoteleskommentare als während des gesamten Mittelalters. Wie im Mittelalter herrschte auch noch bei vielen Renaissance-Gelehrten das Bestreben vor, platonische und aristotelische Standpunkte untereinander und mit der katholischen Theologie und Anthropologie zu versöhnen. Seit dem 15. Jahrhundert war es aber möglich, dank des besseren Zugangs zu den Quellen das Ausmaß der fundamentalen Gegensätze zwischen Platonismus, Aristotelismus und Katholizismus besser zu verstehen. Bei der Vermittlung dieser Erkenntnisse spielte der byzantinische Philosoph Georgios Gemistos Plethon eine wichtige Rolle. Unabhängig davon herrschte der (neu)scholastische Aristotelismus, der die mittelalterliche Tradition fortsetzte, mit seiner Methode und Terminologie an Schulen und Universitäten noch bis tief in die Neuzeit, auch in den lutherischen Gebieten, obwohl Luther den Aristotelismus ablehnte.

Im sechzehnten Jahrhundert unternahmen Bernardino Telesio und Giordano Bruno Frontalangriffe auf den Aristotelismus, und Petrus Ramus trat für eine nichtaristotelische Logik ein (Ramismus). Aber erst seit dem 17. Jahrhundert verdrängte ein neues Wissenschaftsverständnis die aristotelisch-scholastische Tradition. In der Physik leitete Galilei den Umschwung ein. In der Biologie konnten sich aristotelische Auffassungen bis ins 18. Jahrhundert halten.

Sehr stark und anhaltend war die Nachwirkung der Poetik des Aristoteles, insbesondere seiner Tragödientheorie. Sie prägte Theorie und Praxis des Theaters während der gesamten Frühen Neuzeit, abgesehen von manchen gewichtigen Ausnahmen besonders in Spanien und England (Shakespeare). Die Poetik lag seit 1278 in lateinischer Übersetzung vor, 1498 und 1536 erschienen humanistische Übersetzungen. Auf ihr fußte die Poetik des Julius Caesar Scaliger (1561), die Dichtungslehre von Martin Opitz (1624), die französische Theaterlehre des 17. Jahrhunderts (doctrine classique) und schließlich die von Johann Christoph Gottsched geforderte Regelkunst (Critische Dichtkunst, 1730).

Im 19. Jahrhundert begann die moderne Aristotelesforschung mit der Aristoteles-Gesamtausgabe der Berliner Akademie, die Immanuel Bekker ab 1831 besorgte. Nach ihren Seiten- und Zeilenzahlen wird Aristoteles noch heute zitiert.

Auf die Philosophie des 20. Jahrhunderts hat Aristoteles nicht mit seinem Wissenschaftssystem eingewirkt, sondern sie hat seinem Werk nur einzelne Anregungen entnommen, besonders auf ontologischem Gebiet und hinsichtlich der Unterscheidung von praktischer und theoretischer Vernunft und Wissenschaft.

Siehe auch

Werke (Auswahl)

Überblick, siehe auch Corpus Aristotelicum

Literatur

Primärtexte

  • Übersetzungen:
    • Grumach, Ernst (Begr.), Flashar, Hellmut (Hrsg.): Aristoteles. Werke in deutscher Übersetzung, 19 Bde., Akademie Verlag, Berlin 1965 ff. (Mit in der Regel sehr guten Kommentarteilen)
    • Barnes, Jonathan (Hrsg.): The Complete Works of Aristotle, 2 Bde., Princeton 1995 (Sammlung der maßgeblichen englischen Übersetzungen)
    • Rapp, Christof/ Wagner, Tim: Aristoteles, Topik. Übersetzung, Einleitung und Kommentar, Stuttgart 2004 (Reclam)
  • Griechische Textausgaben:
    • div. Hgg. in der Reihe: Oxford Classical Texts (OCT) bei Oxford University Press ediert.
    • div. Hgg. und Übersetzer in der Reihe: Loeb Classical Texts (LCT) bei Harvard University Press ediert (Griechischer Text mit englischer Übersetzung)

Sekundärliteratur (Hervorgehobenes besonders für Einsteiger)

  • Einführungen:
    • Buchheim, Thomas: Aristoteles, Freiburg i. Br. 1996
    • Code, Alan D.: Aristotle, OUP 2005 (Einführung des vermutlich besten Kenners der aristotelischen Metaphysik)
    • Detel, Wolfgang: Aristoteles, Leipzig 2005 (Problemorientierte Einführung)
    • Höffe, Otfried: Aristoteles, Beck'sche Reihe Denker, 2. überarbeitete Aufl., München 1999 (Hervorragende Einführung, welche die praktische Philosophie des Aristoteles und die Rezeptionsgeschichte näher beleuchtet)
    • Rapp, Christof: Aristoteles zur Einführung, Hamburg 2004 ISBN 3885063980 (Eine der besten deutschsprachigen Einführungen zu Aristoteles mit sehr guter thematisch gegliederter Bibliografie für Einsteiger)
    • Ross, W.D.: Aristotle, Routledge 2004 (Einführung/Darstellung aus der Feder des wichtigsten Aristoteles-Forscher des 20.Jh.)
  • thematische Kompendien:
    • Barnes, Jonathan (Hg.): The Cambridge Companion to Aristotle, Cambridge 1995 (Sehr gute Einführung zu Aristoteles mit thematisch geordneten Beiträgen einiger der namhaftesten Aristotelesforscher und einer aktuellen, thematisch gegliederten 80 Seiten-Bibliografie)
    • Buchheim, Thomas/Flashar, Hellmut (Hgg.): Kann man heute noch etwas anfangen mit Aristoteles, Hamburg 2003 (Beiträge namhafter Aristotelesforscher in Hinblick auf Aristoteles und moderne Philosophie)
  • Philosophiegeschichte & Doxographie:
    • Flashar, Hellmut (Hg.): Grundriss der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie der Antike Band 3: Ältere Akademie. Aristoteles. Peripatos 2., durchgesehene und erweiterte Auflage, von Hellmut Flashar, Hans Krämer, †Fritz Wehrli, Georg Wöhrle, Basel 2004 (Die ausführlichste philosophiegeschichtliche Darstellung der Philosophie des Aristoteles und seiner Wirkungsgeschichte)
  • Lexika:
    • Höffe, Otfried (Hg.): Aristoteles-Lexikon, Stuttgart 2005 ISBN 3520459019
    • Horn, Christoph / Rapp, Christof (Hgg.): Wörterbuch der antiken Philosophie, München 2002 (mit zahlreichen Einträgen zu für Aristoteles zentralen Termini) ISBN 3406476236
  • Weitere Monographien:
    • Jaeger, Werner: Aristoteles, Berlin 1923. (wichtig innerhalb der Forschungsgeschichte, aber als Einführung ungeeignet)
    • Patzig, Günther: Die aristotelische Syllogistik. Logisch-philologische Untersuchung über das Buch A der "Ersten Analytik", 3. Aufl., Göttingen 1969
    • Sorabji, Richard (Hg.): Aristotle Transformed. The Ancient Commentators and Their Influence, Ithaca/New York 1990 (Bezüglich der Rezeption und Kommentierung in der Spätantike wichtiges Werk)

Rudolf Steiner


Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Kunst

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Weblinks


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