Christian Heinrich Pander und Euklid: Die Elemente: Unterschied zwischen den Seiten

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'''Christian Heinrich von Pander''', auch ''Heinz Christian Pander'',  [[Wikipedia:Lettische Sprache|lettisch]] ''Kristiāns Heinrihs fon Panders'' (* {{JULGREGDATUM|23|7|1794|Link="false"}}<ref>{{Internetquelle|url=http://www.lvva-raduraksti.lv/de.html|titel=Eintrag im Taufregister des Doms zu Riga|titelerg=|autor=|hrsg=|werk=Staatliches Historisches Archiv Lettlands Raduraksti|seiten=|datum=|archiv-url=|archiv-datum=|zugriff=2011-09-27|sprache=|format=|kommentar=|zitat=|offline=}}</ref> in [[Wikipedia:Riga|Riga]]; &nbsp;{{JULGREGDATUM|22|9|1865|Link="false"}} in [[Wikipedia:Sankt Petersburg|St. Petersburg]]), war ein [[Wikipedia:Deutsch-Balten|deutsch-baltischer]] Mediziner, [[Embryologe]], [[Zoologe]] und [[Wikipedia:Paläontologie|Paläontologe]] und zählt zu den innovativsten Naturwissenschaftlern des frühen 19. Jahrhunderts.  
'''Euklids Elemente''' oder '''Die Elemente''' (im Original {{lang|grc|Στοιχεῖα}} ''Stoicheia'') ist eine Abhandlung des griechischen Mathematikers [[Euklid]] (3.&nbsp;Jh. v.&nbsp;Chr.), in der er die [[Arithmetik]] und Geometrie seiner Zeit zusammenfasst und systematisiert. Das Werk zeigt erstmals musterhaft den Aufbau einer exakten Wissenschaft, da die meisten [[Logische Aussage|Aussagen]] aus einem begrenzten Vorrat von [[Definition]]en, [[Postulat]]en und [[Axiom]]en hergeleitet und [[Beweis (Mathematik)|bewiesen]] werden. Dieses Vorgehen beeinflusste bis heute nicht nur die Mathematiker, sondern auch viele Physiker, Philosophen und Theologen bei ihrem Versuch, ihre Wissenschaft auf Axiomen aufzubauen.


== Leben und Werk ==
Die ''Elemente'' wurden 2000 Jahre lang als akademisches Lehrbuch benutzt und waren bis in die zweite Hälfte des 19.&nbsp;Jahrhunderts das nach der [[Bibel]] meistverbreitete Werk der [[Weltliteratur]].<ref>Belegt wird die Bedeutung des Euklid und der ''Elemente'' unter anderem durch den Mathematiker und Philosophen [[Paul Lorenzen]], der in der Einleitung seiner ''Elementargeometrie'' schreibt (S.&nbsp;9):
''Euklid ist der berühmteste Geometer der Welt. Die Bibel und Euklids „Elemente“ waren fast 2000 Jahre lang bei weitem die meistgelesenen Bücher. Was bei uns im Schülerjargon „Mathe“ heißt, heißt im englischen Sprachraum immer noch „Euclid“. Aber während sich die Leser des Alten Testaments zerstritten in Leser des Neuen Testaments und des Korans, hat Euklid das gleiche Interesse bei jüdischen, christlichen und islamischen Gelehrten behalten. Obwohl man von seinem Leben (um 300 ante in Alexandrien am Hof des ersten Ptolemäers) fast nichts weiß, gibt es seit der Spätantike lateinische, seit etwa 800 arabische Übersetzungen. In der Scholastik war die Übersetzung von Campanus (13.&nbsp;Jh. nach arabischer Vorlage) maßgebend&nbsp;– sie wurde 1482 gedruckt. Bis weit ins 19.&nbsp;Jahrhundert wurden die Elemente als Schulbuch gebraucht.''</ref><ref>In gleicher Weise äußert sich der Geometer und Mathematikhistoriker Howard Whitley Eves in ''An Introduction to the History of Mathematics'' (S.&nbsp;115):
''… No work, except the Bible, has been more wideley used, edited or studied, and probably no work has exercised a greater influence on scientific thinking. Over a thousand editions of Euclid's Elements have appeared since the first one printed in 1482, and more than two millennia this work has dominated all teaching of geometry.''</ref>


Christian Heinrich von Pander stammte aus einer deutschen Kaufmannsfamilie in Riga. Sein Vater war der wohlhabende [[Wikipedia:Privatbankier|Banquier]] [[Wikipedia:Johann Martin Pander|Johann Martin Pander]] (1765–1842), sein Großvater ein bekannter Kaufmann. Pander besuchte das deutschsprachige Gymnasium in Riga und studierte von 1812 bis 1814 Medizin an der deutschsprachigen [[Wikipedia:Universität Tartu|Dorpater Universität]], wo er den Anatomen und Physiologen [[Wikipedia:Friedrich Burdach|Karl Friedrich Burdach]] hörte und sich mit [[Karl Ernst von Baer]] befreundete. Er promovierte nach Studienaufenthalten ab 1814 in Berlin und Göttingen 1817 an der [[Wikipedia:Julius-Maximilians-Universität Würzburg|Universität Würzburg]] bei [[Wikipedia:Ignaz Döllinger]], wo er sich 1816 eingeschrieben hatte.
== Die einzelnen Bücher ==
Euklids ''Elemente'' bestanden ursprünglich aus 13 Büchern mit folgenden Themen in den einzelnen Büchern (in Klammern die vermuteten Quellen):


[[Datei:Promissum NT small.jpg|mini|Künstlerische Lebendrekonstruktion eines „Conodonten-Tiers“.]]  
Buch 1–6: Flächengeometrie, u.&nbsp;a. [[Kongruenz (Geometrie)|kongruente]] und [[Ähnlichkeit (Geometrie)|ähnliche]] Figuren
Mit seiner Dissertation von 1817 begründete Pander das bis heute in der Embryologie verwendete revolutionäre [[Keimblatt]]modell, das die Embryogenese als Entwicklung dreier Keimblätter, des ''Ekto''-, ''Meso''- und ''Entoderms'' (von Pander noch ''seröses Blatt'', ''Gefäßblatt'' und ''Schleimblatt'' genannt) beschreibt. Bewusst an [[Goethe]]s [[Metamorphosenlehre]] anknüpfend, zeigte Pander, dass die [[Embryonalentwicklung]] weder gemäß der [[Präformationslehre]] auf der Ausfaltung von bereits Vorhandenem, noch auf der Formung aus Ungeformtem ([[Epigenese]]), sondern auf der Ausdifferenzierung embryonaler Membranen beruht. In seinem embryologischen Werk ''Ueber Entwickelungsgeschichte der Thiere'' (2 Bde. Königsberg 1828/1837) baute Karl Ernst von Baer das von seinem Freund Pander entwickelte Modell unter Einbeziehung weiterer Tiergruppen bis hin zum Menschen aus. 
* Buch 1: Von den Definitionen bis zum [[Satz des Pythagoras]] ([[Pythagoreer]])
* Buch 2: ''Geometrische Algebra'' (Pythagoreer)
* Buch 3: [[Kreis (Geometrie)|Kreislehre]] (Pythagoreer)
* Buch 4: [[Vieleck]]e (Pythagoreer)
* Buch 5: [[Irrationale Zahl|Irrationale]] Größen ([[Eudoxos von Knidos]])
* Buch 6: [[Quotient#Proportionen|Proportionen]] (Quellen unbekannt)


Darüber hinaus beschäftigte sich Pander schon vor [[Darwin]] in den 1820er Jahren mit der [[Evolution]] der Lebewesen und hielt eine unbeschränkte Umbildung der Arten für möglich. Gemeinsam mit [[Wikipedia:Joseph Eduard d’Alton|Eduard d’Alton]] unternahm Pander 1818/1819 eine Studienreise nach Süd- und Westeuropa (Spanien, Portugal, Niederlande, Großbritannien, Frankreich). Die Reise diente der vergleichenden Anatomie, insbesondere der [[Säugetiere]] und [[Vögel]], und mündete in ein 14bändiges Werk zur ''Vergleichenden Osteologie'', das Darwin in seiner ''Origin of Species'' als Vorläufer seiner eigenen Arbeit erwähnte.
Buch 7–9: [[Arithmetik]], u.&nbsp;a. [[Zahlentheorie]] und [[Quotient#Proportionen|Proportionenlehre]]
* Buch 7: [[Teilbarkeit]] und [[Primzahl]]en, z.&nbsp;B. das [[Lemma von Euklid]] (Pythagoreer)
* Buch 8: [[Quadratzahl|Quadrat-]], [[Kubikzahl]] und [[geometrische Reihe]]n (Pythagoreer)
* Buch 9: [[Parität (Mathematik)|Gerade und ungerade Zahlen]], u.&nbsp;a. auch der [[Satz von Euklid]] (Pythagoreer)


1856 beschrieb Pander die rätselhafte Gruppe der ausgestorbenen, fossilen [[Wikipedia:Kambrium|frühkambrischen]] [[Wikipedia:Conodonten|Conodonten]] erstmals wissenschaftlich.
Buch 10: Geometrie für [[Inkommensurabilität (Mathematik)|inkommensurable]] Größen ([[Theaitetos (Mathematiker)|Theaitetos]])


Christian Heinrich von Pander, der bereits seit den frühen 1820er Jahren an einer schweren, „fiebrigen“, nicht weiter bekannten Krankheit, vielleicht an Malaria, litt, starb im September 1865 in St. Petersburg.
Buch 11–13: [[Stereometrie|Raumgeometrie]]
* Buch 11: Elementares zur Raumgeometrie
* Buch 12: [[Exhaustionsmethode]] (Eudoxos von Knidos)
* Buch 13: Die [[Platonischer Körper|fünf gleichmäßigen Körper]] (Theaitetos)


== Siehe auch ==
Zu diesen Büchern kamen später noch zwei weitere hinzu:
* Buch 14: Ein Buch des [[Hypsikles]] (2.&nbsp;Jahrhundert v.&nbsp;Chr.)
* Buch 15: Ein Buch wahrscheinlich von [[Damaskios]] (5.&nbsp;Jahrhundert n.&nbsp;Chr.)
 
== Bekannte Resultate ==
Euklids ''Elemente'' enthalten zahlreiche bedeutende mathematische Resultate. Zum Teil sind die ''Elemente'' die älteste Quelle für diese Resultate. Bekannt sind zum Beispiel:
* Buch 1, Postulat 5: [[Parallelenaxiom]]
* Buch 1, Proposition 47: [[Satz des Pythagoras]]
* Buch 1, Proposition 32: [[Winkelsumme#Dreiecke|Winkelsumme im Dreieck]]
* Buch 2, Proposition 4: [[Binomische Formeln|Erste Binomische Formel]]
* Buch 3, Proposition 20: [[Kreiswinkelsatz]]
* Buch 3, Proposition 31: [[Satz des Thales]]
* Buch 4, Proposition 2: [[Strahlensatz|Erster Strahlensatz]]
* Buch 4, Proposition 4: [[Ähnlichkeitssätze#Die vier Ähnlichkeitssätze für Dreiecke|Ähnlichkeitssätze für das Dreieck]]
* Buch 4, Proposition 11: Konstruktion des [[Fünfeck#Regelmäßiges Fünfeck| regelmäßigen Fünfecks]]
* Buch 5, Proposition 25: Spezialfall der [[Ungleichung vom arithmetischen und geometrischen Mittel]]
* Buch 7, Proposition 2: [[Euklidischer Algorithmus]]
* Buch 9, Proposition 20: [[Satz von Euklid|Existenz unendlich vieler Primzahlen (Satz von Euklid)]]
* Buch 10, Proposition 10: [[Beweis der Irrationalität der Wurzel aus 2 bei Euklid|Irrationalität der Quadratwurzel von 2]]
* Buch 12, Proposition 10: Bestimmung des [[Kegel (Geometrie)|Kegelvolumens]]
* Buch 13, Proposition 8: [[Goldener Schnitt]] im [[Fünfeck#Der Goldene Schnitt im Fünfeck|regelmäßigen Fünfeck]]
* Buch 13, Proposition 18 a: Klassifikation der [[Platonischer Körper|platonischen Körper]]
 
== Überlieferung ==
[[Datei:Title page of Sir Henry Billingsley's first English version of Euclid's Elements, 1570 (560x900).jpg|200px|mini|Titelblatt von Henry Billingsleys englischer Übersetzung der ''Elemente'' (1570)]]
Die älteste erhaltene griechische Handschrift stammt aus dem [[Byzantinisches Reich|Byzanz]] des Jahres&nbsp;888 und wird heute in der [[Bodleian Library]] ([[Oxford]]) aufbewahrt (MS. D´Orville&nbsp;301) und entspricht der Ausgabe in der Bearbeitung von Theon von Alexandria. Von besonderer Bedeutung ist eine griechische Handschrift aus dem 10.&nbsp;Jahrhundert in der [[Vatikanische Apostolische Bibliothek|Vatikanbibliothek]] (Vaticanus Graecus&nbsp;190, von Heiberg ''P'' genannt), die einen Text vor der Bearbeitung durch Theon enthält und auf der alle neueren Ausgaben beruhen. Sie enthält Buch&nbsp;1 bis 15 (sowie die Data, den Kommentar von Marinos zu den Data und einige Texte von Theon). Es gibt auch ein 1897 in [[Oxyrhynchus]] gefundenes Papyrusfragment (Oxyrhynchus&nbsp;29, Bibliothek der University of Pennsylvania) wahrscheinlich aus der Zeit von 75 bis 125&nbsp;n.&nbsp;Chr., das aber nur die Proposition&nbsp;5 aus Buch&nbsp;2 enthält, und ein Papyrusfragment aus [[Herculaneum]] (Nr.&nbsp;1061) mit der Definition&nbsp;15 aus Buch&nbsp;1.
 
Sowohl die Version von Theon als auch Vatikan&nbsp;190 enthalten Erläuterungen bzw. kleinere Zusätze älterer Bearbeiter, die sogenannten Scholia.
 
Eine Übersetzung des [[Anicius Manlius Severinus Boëthius|Boethius]] aus dem Griechischen ins [[Latein]]ische (um 500) ist heute nur teilweise und auch nur in späteren Bearbeitungen erhalten. Frühere Übersetzungen ins Lateinische (vor Boethius) sind verloren.
 
Von den zahlreichen arabischen Übersetzungen und Kommentaren waren für die Überlieferung besonders die beiden nur fragmentarisch bekannten Übersetzungen des [[al-Haddschadsch ibn Yusuf ibn Matar|al-Haggag]] (oder al-Haddschadsch) gegen Ende des 8.&nbsp;Jahrhunderts und diejenigen von [[Ishaq ibn Hunayn]]&nbsp;/&nbsp;[[Thabit Ibn Qurra|Thabit ibn Qurra]] (Ende 9.&nbsp;Jahrhundert) bzw. von [[Nasir Al-din al-Tusi]] (1248) von Bedeutung. [[Al-Nayrizi]] schrieb Anfang des 10.&nbsp;Jahrhunderts einen Kommentar, basierend auf der Übersetzung von Al-Haggag.<ref>Von [[Maximilian Curtze]] 1899 als Supplement zur Heiberg-Ausgabe in der lateinischen Übersetzung von [[Gerhard von Cremona]] veröffentlicht.</ref>
 
Die erste mittelalterliche Übersetzung der ''Elemente'' ins Lateinische verdanken wir dem [[England|Engländer]] [[Adelard von Bath]].<ref>[[Hubert L. L. Busard]]: ''The first latin translation of Euclid´s elements commonly ascribed to Adelhard of Bath.'' Toronto 1983. Es gibt drei verschiedene Versionen der Übersetzung von Adelhard ([[Marshall Clagett]]: ''The medieval latin translation from the Arabic of the Elements of Euclid with special emphasis on the versions of Adelhard of Bath.'' Isis, Band&nbsp;44, 1953, S.&nbsp;16-42).</ref> Dieser durchstreifte im 12.&nbsp;Jahrhundert Europa auf der Suche nach Handschriften und übertrug so um 1120 auch dieses Werk aus dem Arabischen. Unabhängig davon wurden die ''Elemente'' im gleichen Jahrhundert in Spanien von mindestens zwei weiteren berühmten Übersetzern aus dem Arabischen übertragen: von [[Hermann von Kärnten]] und von [[Gerhard von Cremona]].<ref>Hubert L. L. Busard: ''The latin translation of the arabic version of Euclids Elements commonly ascribed to Gerard of Cremona.'' Leiden: Brill 1984.</ref> Die einflussreichste der frühen Übersetzungen war die von [[Campanus von Novara]] (um 1260) ins Lateinische (er benutzte die Übersetzung von Adelhard von Bath und andere Werke), die auch später die Grundlage der ersten Drucke der ''Elemente'' war und bis ins 16.&nbsp;Jahrhundert die dominierende Ausgabe war, als Übersetzungen direkt aus dem Griechischen diese ablösten. Insgesamt sind die Elemente eine der häufigsten in Handschriften überlieferten Texte des Mittelalters in zahlreichen unterschiedlichen, meist ziemlich freien Versionen.
 
Ebenfalls im 12.&nbsp;Jahrhundert entstand in Süditalien oder auf Sizilien eine weitere Übersetzung der ''Elemente'' aus dem Griechischen, deren Autor jedoch unbekannt ist. Wegen des Stils der Übersetzung liegt die Vermutung nahe, dass es sich bei diesem Autor um denselben handelt, der um 1160 auch den [[Almagest]] des [[Ptolemäus]] übersetzte. Sie wurde 1966 von [[John E. Murdoch]] identifiziert.<ref>John Murdoch: ''Euclides Graeco-Latinus: a hitherto unknown medieval latin translation of the Elements made directly from the Greek.'' Harvard Studies in Classical Philology, Band&nbsp;61, 1966, S.&nbsp;249–302.</ref><ref>Diese Übersetzung wurde von Hubert L. L. Busard herausgegeben: ''The medieval latin translation of Euclid´s elements made directly from the Greek.'' Stuttgart: Steiner 1987.</ref>


* {{WikipediaDE|Christian Heinrich Pander}}
[[Datei:Titelblatt Euklid 1505.jpg|200px|mini|Titelblatt von Bartolomeo Zambertis lateinischer Übersetzung der ''Elemente'' (1505)]]
Natürlich gehörten ''Die Elemente'' zu den ersten Werken, die man gedruckt haben wollte. Die erste lateinische Ausgabe, beruhend auf der Übersetzung von Campanus von Novara, erschien 1482 in Venedig. Die vorbereitende Bearbeitung des [[Regiomontanus]] blieb in den 1460er&nbsp;Jahren unvollendet. Eine vollständige Übersetzung aus dem Griechischen von [[Bartolomeo Zamberti]] (oder Zamberto, 1473 bis nach 1543) konnte dann 1505 gedruckt werden. Aus dieser Zeit nach der Erfindung des [[Buchdruck]]s werden hier nur noch einige wichtige Werke hervorgehoben: die Übersetzung des [[Federicus Commandinus]] (1509–1575) aus dem Griechischen (1572), die ausführlich kommentierte Ausgabe von [[Christoph Clavius]] (1574) und die Oxford-Ausgabe der Werke Euklids von [[David Gregory (Mathematiker)|David Gregory]] 1703 (Griechisch/Lateinisch). All dies waren Übersetzungen ins Lateinische. Die erste Übersetzung in eine moderne westliche Sprache veröffentlichte [[Niccolò Tartaglia]] 1543. Die erste deutsche Übersetzung erschien 1555 ([[Johann Scheubel]])<ref>Scheubel: ''Das sibend, acht vnd neunt buch des hochberuembten Mathematici Euclidis Megarensis'', Augsburg 1555, nach Ulrich Reich ''Scheubel, Johannas.'' Neue Deutsche Biographie 2005. Nach Thomas Heath war die erste deutsche Übersetzung 1558 in Basel die Übersetzung der Bücher&nbsp;7 bis 9 durch Johann Scheubel, der schon 1550 eine griechisch-lateinische Ausgabe der ersten sechs Bücher herausgab. [[Guilielmus Xylander|Xylander]] gab 1562 eine deutsche Ausgabe der ersten sechs Bücher heraus, die aber für Praktiker bestimmt war und sich große Freiheiten herausnahm (Weglassen der Beweise u.&nbsp;a.).</ref> und [[Simon Marius]] veröffentlichte 1609 die erste deutsche Übersetzung (der ersten sechs Bücher) direkt aus dem Griechischen, die erste englische 1570 ([[Henry Billingsley]]),<ref>Gesamtübersetzung. Sir Henry Billingsley (gestorben 1606) war ein wohlhabender Londoner Kaufmann, der 1596 Bürgermeister (Lord Mayor) Londons wurde.</ref> die erste französische 1564 ([[Pierre Forcadel]]),<ref>Ein Schüler und Freund von [[Pierre de la Ramée]] und Professor für Mathematik am Collège Royale. Er übersetzte neun Bücher genauso wie [[Errard de Bar-le-Duc]] in der zweiten französischen Ausgabe 1604.</ref> die erste spanische 1576 ([[Rodrigo Zamorano]])<ref>Die ersten sechs Bücher.</ref> und die erste niederländische 1606 ([[Jan Pieterszoon Dou]]).<ref>Scriba, Schreiber: ''5000 Jahre Geometrie.'' Springer Verlag 2005, S.&nbsp;249.</ref> Die erste Übersetzung ins Chinesische (der ersten Teile) erfolgte von [[Xu Guangqi]] und [[Matteo Ricci]] (1607). In den volkstümlichen Ausgaben ab dem 16.&nbsp;Jahrhundert wurden allerdings häufig Vereinfachungen und Bearbeitungen vorgenommen, die Beweise durch Beispiele ersetzt und es wurden auch meist nicht alle Bücher der Elemente herausgegeben, sondern typischerweise nur die ersten sechs.


== Schriften ==
Die erste gedruckte Ausgabe des griechischen Textes (Editio Princeps) erfolgte bei [[Simon Grynaeus]] 1533 in Basel.
[[Datei:Pander chick embryo.png|miniatur|Zeichnung des Hühnerembryos aus ''Beiträge zur Entwicklungsgeschichte des Hühnchens im Eye'' (Tafel VIII)]]


=== Embryologische Schriften ===
Bekannte Kommentare schrieben in der Antike [[Proklos]] und [[Theon von Alexandria]], der auch in seiner Ausgabe der Elemente eigene Bearbeitungen vornahm.<ref>Er gab selbst darauf einen Hinweis in seinem Kommentar zum Almagest, wo er schrieb die letzte Proposition in Buch&nbsp;6 seiner Version der Element stamme von ihm. Peyrard fiel in der Vatikan-Handschrift auf, das diese Proposition fehlte.</ref> Alle im Westen bekannten Ausgaben beruhten bis ins 19.&nbsp;Jahrhundert auf Text-Versionen, die von Theon und seiner Schule abstammten. Erst [[Johan Ludvig Heiberg (Philologe)|Johan Ludvig Heiberg]] rekonstruierte eine Originalfassung aufgrund einer Handschrift (Vaticanus Graecus 190), die nicht auf der Überlieferungslinie von Theon beruhte, und die [[François Peyrard]] unter den von Napoleon aus dem Vatikan beschlagnahmten Büchern entdeckte. Daraus veröffentlichte Peyrard 1804 und 1814–1818 eine französische Übersetzung und sie wurde in Deutschland von [[Johann Wilhelm Camerer]] und [[Karl Friedrich Hauber]] für ihre lateinisch-griechische Ausgabe der ersten sechs Bücher 1824/25 benutzt. Nach der Ausgabe von Heiberg veröffentlichte [[Clemens Thaer]] eine deutsche Übersetzung (1933–1937).
* ''Dissertatio inauguralis sistens historiam metamorphoseos quam ovum incubatum prioribus quinque diebus subit.'' Würzburg 1817. (lateinische Dissertation Panders) [https://archive.org/details/dissertatioinaug00pand  archive.org]
* ''Beiträge zur Entwickelungsgeschichte des Hühnchens im Eye'', Würzburg 1817 (deutsche Dissertation Panders mit Stichen d'Altons) [https://archive.org/stream/b21692890#page/n5/mode/2up archive.org]
* ''Les textes embryologiques de Christian Heinrich Pander (1794–1865)'' (herausgegeben und kommentiert von Stéphane Schmitt). Brepols, Turnhout 2003, ISBN 2-503-52180-0 (dreisprachige Neuausgabe der embryologischen Texte: ''Dissertatio inauguralis sistens historiam metamorphoseos quam ovum incubatum prioribus quinque diebus subit'' und ''Beiträge zur Entwickelungsgeschichte des Hühnchens'', jeweils im lateinischen bzw. deutschen Original mit französischer Übersetzung).


=== Vergleichend anatomische Schriften ===
1996 kritisierte [[Wilbur Richard Knorr]] Heibergs Textausgabe, die der griechischen Überlieferungslinie folgt und als Standardausgabe gilt, anhand der arabischen Überlieferungslinie (mit der sich Heiberg 1884 anlässlich der Untersuchungen zum arabischen Euklid von [[Martin Klamroth]] auseinandergesetzt hatte).<ref>Knorr, The wrong text of Euclid: On Heiberg´s text and its alternatives, Centaurus, Band 38, 1996, S. 208–276</ref>
* (mit [[Wikipedia:Joseph Eduard d’Alton|Eduard Joseph d'Alton]]) ''Vergleichende Osteologie'', 14 Bände, Bonn: Weber, 1821–1838 [https://archive.org/stream/vergleichendeOs00Pand#page/n7/mode/2up  Archive]
** Band I, 1: ''Das Riesen-Faulthier, Bradypus giganteus, abgebildet, beschrieben und mit den verwandten Geschlechtern verglichen'', Bonn 1821 (gem. mit E. J. d'Alton)
** Band I, 2: ''Die Skelete der Pachydermata'', Bonn 1821 (gem. mit E. J. d'Alton)
** Band I, 3: ''Die Skelete der Raubthiere'', Bonn 1822 (gem. mit E. J. d'Alton)
** Band I, 4: ''Die Skelete der Wiederkäuer'', Bonn 1823 (gem. mit E. J. d'Alton)
** Bände I, 5 und I, 6: ''Die Skelete der Nagethiere'' (Teil 1 und 2), Bonn 1823, 1824 (gem. mit E. J. d'Alton)
** Band I, 7: ''Die Skelete der Vierhänder'', Bonn 1824 (gem. mit E. J. d'Alton)
** Band I, 8: ''Die Skelete der zahnlosen Thiere'', Bonn 1825 (gem. mit E. J. d'Alton)
** Band I, 9: ''Die Skelete der Robben und Lamantine'', Bonn 1826 (gem. mit E. J. d'Alton)
** Band I, 10: ''Die Skelete der Cetaceen'', Bonn 1827 (gem. mit E. J. d'Alton)
** Band I, 11: ''Die Skelete der Beutelthiere'', Bonn 1828 (gem. mit E. J. d'Alton)
** Band I, 12: ''Die Skelete der Chiropteren und Insectivoren'', Bonn 1831 (nur von den beiden d'Altons, Vater und Sohn)
** Band II, 1: ''Die Skelete der Straußartigen Vögel'', Bonn 1827 (nur von Eduard d’Alton d. J.)
** Band II, 2: ''Die Skelete der Raubvögel'', Bonn 1838 (nur von den beiden d'Altons)


=== Geologisch-paläontologische Schriften ===
== Siehe auch ==
* ''Beiträge zur Naturkunde aus den Ostseeprovinzen Rußlands'', Dorpat 1820 [https://archive.org/details/beitrgezurnatu01heft Archive]
* {{WikipediaDE|Elemente (Euklid)]]
* ''Beiträge zur Geognosie des Russischen Reiches'', St. Petersburg 1830
* {{WikipediaDE|Euklidische Geometrie}}
* ''Fossile Fische der Russisch-Baltischen Gouvernements'', mehrere Bände, Sankt Petersburg: Akademie der Wissenschaften, 1856–1860
* {{WikipediaDE|Parallelenaxiom}}
** Band 1: ''Monographie der fossilen Fische des Silurischen Systems des russisch-baltischen Gouvernements'', St. Petersburg 1856
* {{WikipediaDE|Euklidischer Algorithmus}}
** Band 2: ''Ueber die Placodermen des Devonischen Systems'', St. Petersburg 1857
* {{WikipediaDE|Euklids Beweis der Irrationalität der Wurzel aus 2}}
** Band 3: ''Über die Ctenodipterinen des devonischen Systems '', St. Petersburg 1858 [https://archive.org/details/UberdieCtenodop00n Archive]
** Band 4: ''Über die Saurodipterinen, Dendrodonten, Glyptolepiden und Cheirolepiden des Devonischen Systems'', St. Petersburg 1860


== Literatur ==
== Literatur ==
 
* ''Euklids Elemente, funfzehn Bücher'', übersetzt von Johann Friedrich Lorenz, Halle 1781 ([http://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10235925_00005.html online]);
* Ernst Loesch: ''Heinrich Christian Pander, sein Leben und seine Werke. Eine biographische Studie''. In: Biologisches Zentralblatt Bd. 40 (1920) Nr. 11/12, S. 481–502
* Johan Ludvig Heiberg, Heinrich Menge (Herausgeber): ''Euclidis Opera Omnia.'' Leipzig, Teubner, ab 1888, Band&nbsp;1–5 mit den Elementen (davon die Scholia in Band 5), neu herausgegeben bei Teubner 1969 bis 1977 als ''Euclidis Elementa'' (griechisch, lateinisch).
* [[Wikipedia:Boris Jewgenjewitsch Raikow|Boris Jewgenjewitsch Raikow]]: ''Christian Heinrich Pander, ein bedeutender Biologe und Evolutionist''. Frankfurt am Main: Kramer, 1984 (= ''[[Wikipedia:Senckenberg-Buch|Senckenberg-Buch]]'', 62), ISBN 3-7829-1097-4 (russ.: Христиан Пандер - выдающийся биолог-эволюционист. Москва 1964).
* Euklid: ''Die Elemente.'' Bücher&nbsp;I–XIII. Hrsg. u. übers. v. Clemens Thaer. Frankfurt a.&nbsp;M. Harri Deutsch, 4.&nbsp;Aufl. 2003 (=&nbsp;Ostwalds Klass. d. exakten Wiss. 235, 236, 240, 241, 243). Die Übersetzung erschien zuerst 1933–1937. ISBN 3-8171-3413-4.
* Thomas Schmuck: ''Baltische Genesis. Die Grundlegung der Embryologie im 19. Jahrhundert''. Aachen 2009 (=Relationes Bd. 2) (über Pander: S. 84–114).
* Max Steck: ''Bibliographia Euclideana. Die Geisteslinien der Tradition in den Editionen der „Elemente“ des Euklid (um 365–300).'' Handschriften, Inkunabeln, Frühdrucke 16.&nbsp;Jahrhundert. Textkritische Editionen des 17.–20.&nbsp;Jahrhunderts. Editionen der Opera minora (16.–20.&nbsp;Jahrhundert). Nachdruck, hrsg. v. Menso Folkerts. Hildesheim: Gerstenberg, 1981.
* Thomas Schmuck: ''Metamorphosen. Christian Heinrich Pander (1794-1865) und die Evolution.'' In: O. Riha, M. Fischer (Hgg.): Naturwissenschaften als Kommunikationsraum. Aachen 2011 (=Relationes Bd. 6), S. 369–398.
* Benno Artmann: ''Euclid&nbsp;– The Creation of Mathematics.'' New York, Berlin, Heidelberg: Springer 1999, ISBN 0-387-98423-2 (engl. Einführung in Aufbau und Beweistechnik der ''Elemente'').
* ''The thirteen books of Euclid’s elements.'' Hrsg. u. übers. v. Thomas Heath, 3&nbsp;Bände, Cambridge University Press 1908, Nachdruck Dover 1956 (englische Übersetzung mit ausführlichem Kommentar und Einleitung zu Euklid).
* Max Simon: ''Euklid und die sechs planimetrischen Bücher.'' Leipzig. Teubner 1901 (Übersetzung der ersten sechs Bücher).
*Martin Klamroth: ''Über den arabischen Euklid'', Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, Band 35, 1881, S. 270–326, [http://menadoc.bibliothek.uni-halle.de/dmg/periodical/titleinfo/48075 Online].
*John Emery Murdoch: ''Euclid: Transmission of the Elements'', Dictionary of Scientific Biography, Band 4, 1971, S. 437–459.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* {{Internetquelle|url=http://www.le.ac.uk/geology/conodont/pander/|titel=The Pander Society|titelerg=|autor=|hrsg=|werk=le.ac.uk|seiten=|datum=|archiv-url=|archiv-datum=|zugriff=2011-09-27|sprache=en|format=|kommentar=|zitat=|offline=}}
{{commonscat|Elements of Euclid}}
{{Wikisource|The Elements of Euclid|3=by [[Isaac Todhunter]]|lang=en}}
* [http://www.opera-platonis.de/euklid ''Die Elemente des Euklid, Euklides: Stoicheia.''] Die ''Elemente'' ins Deutsche übertragen.
* [http://www.antike-griechische.de/Euklid.pdf Norbert Froese, ''Euklid und die Elemente.''] Gliederung und Inhalt der ''Elemente'' (37&nbsp;S., PDF-Dokument; 844&nbsp;kB).
* W. D. Geyer: [http://www.math.uni-bielefeld.de/~sek/ez/material/geyer.pdf ''Euklid: Die Elemente&nbsp;– eine Übersicht.''] Vorlesung über antike Mathematik SS&nbsp;2001 (PDF, 275&nbsp;kB). Bei Uni-Bielefeld.de.
* [http://aleph0.clarku.edu/~djoyce/java/elements/elements.html ''Euclid’s Elements.''] Online-Version mit Java-Applets und Bibliographie von D. E. Joyce.
* [http://www.physics.ntua.gr/~mourmouras/euclid/index.html ''Euklids Elemente.''] Der griechische Originaltext.


== Einzelnachweise ==
== Anmerkungen ==
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Version vom 13. November 2018, 08:11 Uhr

Papyrusfragment der Stoicheia (Buch II, § 5) aus Oxyrhynchos (P. Oxy. I 29)
Euklid, Elemente 10, Appendix in der 888 geschriebenen Handschrift Oxford, Bodleian Library, MS. D’Orville 301, fol. 268r

Euklids Elemente oder Die Elemente (im Original Στοιχεῖα Stoicheia) ist eine Abhandlung des griechischen Mathematikers Euklid (3. Jh. v. Chr.), in der er die Arithmetik und Geometrie seiner Zeit zusammenfasst und systematisiert. Das Werk zeigt erstmals musterhaft den Aufbau einer exakten Wissenschaft, da die meisten Aussagen aus einem begrenzten Vorrat von Definitionen, Postulaten und Axiomen hergeleitet und bewiesen werden. Dieses Vorgehen beeinflusste bis heute nicht nur die Mathematiker, sondern auch viele Physiker, Philosophen und Theologen bei ihrem Versuch, ihre Wissenschaft auf Axiomen aufzubauen.

Die Elemente wurden 2000 Jahre lang als akademisches Lehrbuch benutzt und waren bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts das nach der Bibel meistverbreitete Werk der Weltliteratur.[1][2]

Die einzelnen Bücher

Euklids Elemente bestanden ursprünglich aus 13 Büchern mit folgenden Themen in den einzelnen Büchern (in Klammern die vermuteten Quellen):

Buch 1–6: Flächengeometrie, u. a. kongruente und ähnliche Figuren

Buch 7–9: Arithmetik, u. a. Zahlentheorie und Proportionenlehre

Buch 10: Geometrie für inkommensurable Größen (Theaitetos)

Buch 11–13: Raumgeometrie

Zu diesen Büchern kamen später noch zwei weitere hinzu:

  • Buch 14: Ein Buch des Hypsikles (2. Jahrhundert v. Chr.)
  • Buch 15: Ein Buch wahrscheinlich von Damaskios (5. Jahrhundert n. Chr.)

Bekannte Resultate

Euklids Elemente enthalten zahlreiche bedeutende mathematische Resultate. Zum Teil sind die Elemente die älteste Quelle für diese Resultate. Bekannt sind zum Beispiel:

Überlieferung

Titelblatt von Henry Billingsleys englischer Übersetzung der Elemente (1570)

Die älteste erhaltene griechische Handschrift stammt aus dem Byzanz des Jahres 888 und wird heute in der Bodleian Library (Oxford) aufbewahrt (MS. D´Orville 301) und entspricht der Ausgabe in der Bearbeitung von Theon von Alexandria. Von besonderer Bedeutung ist eine griechische Handschrift aus dem 10. Jahrhundert in der Vatikanbibliothek (Vaticanus Graecus 190, von Heiberg P genannt), die einen Text vor der Bearbeitung durch Theon enthält und auf der alle neueren Ausgaben beruhen. Sie enthält Buch 1 bis 15 (sowie die Data, den Kommentar von Marinos zu den Data und einige Texte von Theon). Es gibt auch ein 1897 in Oxyrhynchus gefundenes Papyrusfragment (Oxyrhynchus 29, Bibliothek der University of Pennsylvania) wahrscheinlich aus der Zeit von 75 bis 125 n. Chr., das aber nur die Proposition 5 aus Buch 2 enthält, und ein Papyrusfragment aus Herculaneum (Nr. 1061) mit der Definition 15 aus Buch 1.

Sowohl die Version von Theon als auch Vatikan 190 enthalten Erläuterungen bzw. kleinere Zusätze älterer Bearbeiter, die sogenannten Scholia.

Eine Übersetzung des Boethius aus dem Griechischen ins Lateinische (um 500) ist heute nur teilweise und auch nur in späteren Bearbeitungen erhalten. Frühere Übersetzungen ins Lateinische (vor Boethius) sind verloren.

Von den zahlreichen arabischen Übersetzungen und Kommentaren waren für die Überlieferung besonders die beiden nur fragmentarisch bekannten Übersetzungen des al-Haggag (oder al-Haddschadsch) gegen Ende des 8. Jahrhunderts und diejenigen von Ishaq ibn Hunayn / Thabit ibn Qurra (Ende 9. Jahrhundert) bzw. von Nasir Al-din al-Tusi (1248) von Bedeutung. Al-Nayrizi schrieb Anfang des 10. Jahrhunderts einen Kommentar, basierend auf der Übersetzung von Al-Haggag.[3]

Die erste mittelalterliche Übersetzung der Elemente ins Lateinische verdanken wir dem Engländer Adelard von Bath.[4] Dieser durchstreifte im 12. Jahrhundert Europa auf der Suche nach Handschriften und übertrug so um 1120 auch dieses Werk aus dem Arabischen. Unabhängig davon wurden die Elemente im gleichen Jahrhundert in Spanien von mindestens zwei weiteren berühmten Übersetzern aus dem Arabischen übertragen: von Hermann von Kärnten und von Gerhard von Cremona.[5] Die einflussreichste der frühen Übersetzungen war die von Campanus von Novara (um 1260) ins Lateinische (er benutzte die Übersetzung von Adelhard von Bath und andere Werke), die auch später die Grundlage der ersten Drucke der Elemente war und bis ins 16. Jahrhundert die dominierende Ausgabe war, als Übersetzungen direkt aus dem Griechischen diese ablösten. Insgesamt sind die Elemente eine der häufigsten in Handschriften überlieferten Texte des Mittelalters in zahlreichen unterschiedlichen, meist ziemlich freien Versionen.

Ebenfalls im 12. Jahrhundert entstand in Süditalien oder auf Sizilien eine weitere Übersetzung der Elemente aus dem Griechischen, deren Autor jedoch unbekannt ist. Wegen des Stils der Übersetzung liegt die Vermutung nahe, dass es sich bei diesem Autor um denselben handelt, der um 1160 auch den Almagest des Ptolemäus übersetzte. Sie wurde 1966 von John E. Murdoch identifiziert.[6][7]

Titelblatt von Bartolomeo Zambertis lateinischer Übersetzung der Elemente (1505)

Natürlich gehörten Die Elemente zu den ersten Werken, die man gedruckt haben wollte. Die erste lateinische Ausgabe, beruhend auf der Übersetzung von Campanus von Novara, erschien 1482 in Venedig. Die vorbereitende Bearbeitung des Regiomontanus blieb in den 1460er Jahren unvollendet. Eine vollständige Übersetzung aus dem Griechischen von Bartolomeo Zamberti (oder Zamberto, 1473 bis nach 1543) konnte dann 1505 gedruckt werden. Aus dieser Zeit nach der Erfindung des Buchdrucks werden hier nur noch einige wichtige Werke hervorgehoben: die Übersetzung des Federicus Commandinus (1509–1575) aus dem Griechischen (1572), die ausführlich kommentierte Ausgabe von Christoph Clavius (1574) und die Oxford-Ausgabe der Werke Euklids von David Gregory 1703 (Griechisch/Lateinisch). All dies waren Übersetzungen ins Lateinische. Die erste Übersetzung in eine moderne westliche Sprache veröffentlichte Niccolò Tartaglia 1543. Die erste deutsche Übersetzung erschien 1555 (Johann Scheubel)[8] und Simon Marius veröffentlichte 1609 die erste deutsche Übersetzung (der ersten sechs Bücher) direkt aus dem Griechischen, die erste englische 1570 (Henry Billingsley),[9] die erste französische 1564 (Pierre Forcadel),[10] die erste spanische 1576 (Rodrigo Zamorano)[11] und die erste niederländische 1606 (Jan Pieterszoon Dou).[12] Die erste Übersetzung ins Chinesische (der ersten Teile) erfolgte von Xu Guangqi und Matteo Ricci (1607). In den volkstümlichen Ausgaben ab dem 16. Jahrhundert wurden allerdings häufig Vereinfachungen und Bearbeitungen vorgenommen, die Beweise durch Beispiele ersetzt und es wurden auch meist nicht alle Bücher der Elemente herausgegeben, sondern typischerweise nur die ersten sechs.

Die erste gedruckte Ausgabe des griechischen Textes (Editio Princeps) erfolgte bei Simon Grynaeus 1533 in Basel.

Bekannte Kommentare schrieben in der Antike Proklos und Theon von Alexandria, der auch in seiner Ausgabe der Elemente eigene Bearbeitungen vornahm.[13] Alle im Westen bekannten Ausgaben beruhten bis ins 19. Jahrhundert auf Text-Versionen, die von Theon und seiner Schule abstammten. Erst Johan Ludvig Heiberg rekonstruierte eine Originalfassung aufgrund einer Handschrift (Vaticanus Graecus 190), die nicht auf der Überlieferungslinie von Theon beruhte, und die François Peyrard unter den von Napoleon aus dem Vatikan beschlagnahmten Büchern entdeckte. Daraus veröffentlichte Peyrard 1804 und 1814–1818 eine französische Übersetzung und sie wurde in Deutschland von Johann Wilhelm Camerer und Karl Friedrich Hauber für ihre lateinisch-griechische Ausgabe der ersten sechs Bücher 1824/25 benutzt. Nach der Ausgabe von Heiberg veröffentlichte Clemens Thaer eine deutsche Übersetzung (1933–1937).

1996 kritisierte Wilbur Richard Knorr Heibergs Textausgabe, die der griechischen Überlieferungslinie folgt und als Standardausgabe gilt, anhand der arabischen Überlieferungslinie (mit der sich Heiberg 1884 anlässlich der Untersuchungen zum arabischen Euklid von Martin Klamroth auseinandergesetzt hatte).[14]

Siehe auch

Literatur

  • Euklids Elemente, funfzehn Bücher, übersetzt von Johann Friedrich Lorenz, Halle 1781 (online);
  • Johan Ludvig Heiberg, Heinrich Menge (Herausgeber): Euclidis Opera Omnia. Leipzig, Teubner, ab 1888, Band 1–5 mit den Elementen (davon die Scholia in Band 5), neu herausgegeben bei Teubner 1969 bis 1977 als Euclidis Elementa (griechisch, lateinisch).
  • Euklid: Die Elemente. Bücher I–XIII. Hrsg. u. übers. v. Clemens Thaer. Frankfurt a. M. Harri Deutsch, 4. Aufl. 2003 (= Ostwalds Klass. d. exakten Wiss. 235, 236, 240, 241, 243). Die Übersetzung erschien zuerst 1933–1937. ISBN 3-8171-3413-4.
  • Max Steck: Bibliographia Euclideana. Die Geisteslinien der Tradition in den Editionen der „Elemente“ des Euklid (um 365–300). Handschriften, Inkunabeln, Frühdrucke 16. Jahrhundert. Textkritische Editionen des 17.–20. Jahrhunderts. Editionen der Opera minora (16.–20. Jahrhundert). Nachdruck, hrsg. v. Menso Folkerts. Hildesheim: Gerstenberg, 1981.
  • Benno Artmann: Euclid – The Creation of Mathematics. New York, Berlin, Heidelberg: Springer 1999, ISBN 0-387-98423-2 (engl. Einführung in Aufbau und Beweistechnik der Elemente).
  • The thirteen books of Euclid’s elements. Hrsg. u. übers. v. Thomas Heath, 3 Bände, Cambridge University Press 1908, Nachdruck Dover 1956 (englische Übersetzung mit ausführlichem Kommentar und Einleitung zu Euklid).
  • Max Simon: Euklid und die sechs planimetrischen Bücher. Leipzig. Teubner 1901 (Übersetzung der ersten sechs Bücher).
  • Martin Klamroth: Über den arabischen Euklid, Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft, Band 35, 1881, S. 270–326, Online.
  • John Emery Murdoch: Euclid: Transmission of the Elements, Dictionary of Scientific Biography, Band 4, 1971, S. 437–459.

Weblinks

Commons: Elements of Euclid - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Anmerkungen

  1. Belegt wird die Bedeutung des Euklid und der Elemente unter anderem durch den Mathematiker und Philosophen Paul Lorenzen, der in der Einleitung seiner Elementargeometrie schreibt (S. 9): Euklid ist der berühmteste Geometer der Welt. Die Bibel und Euklids „Elemente“ waren fast 2000 Jahre lang bei weitem die meistgelesenen Bücher. Was bei uns im Schülerjargon „Mathe“ heißt, heißt im englischen Sprachraum immer noch „Euclid“. Aber während sich die Leser des Alten Testaments zerstritten in Leser des Neuen Testaments und des Korans, hat Euklid das gleiche Interesse bei jüdischen, christlichen und islamischen Gelehrten behalten. Obwohl man von seinem Leben (um 300 ante in Alexandrien am Hof des ersten Ptolemäers) fast nichts weiß, gibt es seit der Spätantike lateinische, seit etwa 800 arabische Übersetzungen. In der Scholastik war die Übersetzung von Campanus (13. Jh. nach arabischer Vorlage) maßgebend – sie wurde 1482 gedruckt. Bis weit ins 19. Jahrhundert wurden die Elemente als Schulbuch gebraucht.
  2. In gleicher Weise äußert sich der Geometer und Mathematikhistoriker Howard Whitley Eves in An Introduction to the History of Mathematics (S. 115): … No work, except the Bible, has been more wideley used, edited or studied, and probably no work has exercised a greater influence on scientific thinking. Over a thousand editions of Euclid's Elements have appeared since the first one printed in 1482, and more than two millennia this work has dominated all teaching of geometry.
  3. Von Maximilian Curtze 1899 als Supplement zur Heiberg-Ausgabe in der lateinischen Übersetzung von Gerhard von Cremona veröffentlicht.
  4. Hubert L. L. Busard: The first latin translation of Euclid´s elements commonly ascribed to Adelhard of Bath. Toronto 1983. Es gibt drei verschiedene Versionen der Übersetzung von Adelhard (Marshall Clagett: The medieval latin translation from the Arabic of the Elements of Euclid with special emphasis on the versions of Adelhard of Bath. Isis, Band 44, 1953, S. 16-42).
  5. Hubert L. L. Busard: The latin translation of the arabic version of Euclids Elements commonly ascribed to Gerard of Cremona. Leiden: Brill 1984.
  6. John Murdoch: Euclides Graeco-Latinus: a hitherto unknown medieval latin translation of the Elements made directly from the Greek. Harvard Studies in Classical Philology, Band 61, 1966, S. 249–302.
  7. Diese Übersetzung wurde von Hubert L. L. Busard herausgegeben: The medieval latin translation of Euclid´s elements made directly from the Greek. Stuttgart: Steiner 1987.
  8. Scheubel: Das sibend, acht vnd neunt buch des hochberuembten Mathematici Euclidis Megarensis, Augsburg 1555, nach Ulrich Reich Scheubel, Johannas. Neue Deutsche Biographie 2005. Nach Thomas Heath war die erste deutsche Übersetzung 1558 in Basel die Übersetzung der Bücher 7 bis 9 durch Johann Scheubel, der schon 1550 eine griechisch-lateinische Ausgabe der ersten sechs Bücher herausgab. Xylander gab 1562 eine deutsche Ausgabe der ersten sechs Bücher heraus, die aber für Praktiker bestimmt war und sich große Freiheiten herausnahm (Weglassen der Beweise u. a.).
  9. Gesamtübersetzung. Sir Henry Billingsley (gestorben 1606) war ein wohlhabender Londoner Kaufmann, der 1596 Bürgermeister (Lord Mayor) Londons wurde.
  10. Ein Schüler und Freund von Pierre de la Ramée und Professor für Mathematik am Collège Royale. Er übersetzte neun Bücher genauso wie Errard de Bar-le-Duc in der zweiten französischen Ausgabe 1604.
  11. Die ersten sechs Bücher.
  12. Scriba, Schreiber: 5000 Jahre Geometrie. Springer Verlag 2005, S. 249.
  13. Er gab selbst darauf einen Hinweis in seinem Kommentar zum Almagest, wo er schrieb die letzte Proposition in Buch 6 seiner Version der Element stamme von ihm. Peyrard fiel in der Vatikan-Handschrift auf, das diese Proposition fehlte.
  14. Knorr, The wrong text of Euclid: On Heiberg´s text and its alternatives, Centaurus, Band 38, 1996, S. 208–276


Dieser Artikel basiert (teilweise) auf dem Artikel Euklid: Die Elemente aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Lizenz Creative Commons Attribution/Share Alike. In Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.