Jerusalem

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Panorama mit Blick vom Ölberg auf Jerusalem und den Tempelberg
Jerusalem im 1. Jahrhundert
Tafel 7 aus GA 346
Die älteste erhaltene kartografische Darstellung Jerusalems auf der Mosaikkarte von Madaba (6. Jh.)

Jerusalem (hebr. יְרוּשָׁלַיִם Jeruschalajim; arab. القدس al-Quds (asch-Scharif) „die Heilige“; griech. Ἱεροσόλυμα Hierosólyma) ist eine zwischen dem 428 m unter dem Meeresspiegel liegenden Toten Meer und dem Mittelmeer auf einer Höhe von 606–826 m ü. NN in den Bergen von Judäa im Heiligen Land im heutigen Israel gelegene Stadt von zentraler geistig-religöser Bedeutung für die monotheistischen abrahamitischen Religionen. Jerusalem wird erstmals im Alten Testament erwähnt. Die ältesten Spuren menschlicher Besiedelung reichen aber schon zurück bis etwa 5000 v. Chr.

Nach jüdischer Tradition wurde Adam hier erschaffen bzw. betrat hier erstmals die Erde. Kain und Abel brachten hier Jahve ihre Opfer dar und Abraham legte dort seinen Sohn Isaak auf den Altar, um ihn zu opfern, und wurde hier von dem großen Sonnen-Eingeweihten Melchisedek mit Brot und Wein empfangen. Jakob hatte eben an dieser Stelle seine Vision der Himmelsleiter. Jerusalem bildete so in gewissem Sinn das geistige Zentrum der Menschheitsentwicklung bis zum Mysterium von Golgatha. Eine besondere Bedeutung kam dabei dem Bau des Salomonischen Tempels zu.

In seinen Vorträgen über Apokalypse und Priesterwirken hat Rudolf Steiner sehr ausgeführlich geschildert, wie der Aufbau des Neuen Jerusalem nun eigentlich im Menschen stattfindet. Bis zum Mysterium von Golgatha bzw. bis zur Zerstörung des alten Jerusalems überwog der Aufbau von unten aus den Naturkräften, seitdem ist der Aufbau von oben aus den geistigen Kräften wichtiger und das ist der Aufbau des geistigen neuen Jerusalems. Steiner schildert dabei, wie die mit der Nahrung aufgenommenen irdischen Stoffe tatsächlich nur die Organe des Nerven-Sinnes-Systems aufbauen, nicht aber den Stoffwechsel-Gliedmaßen-Menschen. Das ist auch an der Umwandlung des Gehirns abzulesen, durch die das Vorderhirn immer ähnlicher einem Verdauungsorgan wird. Äußerlich sichtbar wird das in der Physiognomie des Menschen in der zunehmenden Aufwölbung der Stirn, namentlich über das Stadium des klassischen griechischen Profils hinaus, bei dem Nasenrücken und Stirne noch in einer Linie verliefen. Dadurch drückt sich die Dreigliederung des menschlichen Organismus erst vollkommen auch in der Schädelbildung aus und im Seelenleben trennen sich Denken, Fühlen und Wollen voneinander. Die Kinnpartie, die dem Wollen entspricht, hatte sich schon in der Ägyptisch-Chaldäischen Zeit deutlich abzusetzen begonnen, aber Denken und Fühlen waren auch noch in der Antike stark ineinander verwoben. Heute haben sich die drei Seelenkräfte bereits sehr stark voneinander getrennt und müssen aktiv durch das Ich zusammengehalten werden.

„Sehen Sie, in bezug auf das Physische wird man zugeben: Die Erde ist so eingerichtet, daß sie einen Nordpol hat, daß sich dort gewissermaßen die Kälte sammelt; und man kann äußerlich physisch-geographisch aus der Natur der Erde diesen Nordpol beschreiben und ihn als etwas Wesentliches der Erde ansehen. Die hebräische Geheimlehre hat das auch mit dem gemacht, was an seelischer Tätigkeit in den Kräften der Erde steckt, und sah nun - wie im Sinne eines geographischen Nordpols - den Pol auf der Erde, wo alles zusammenfließt an Kultur, wo also die Versammlung der vollkommensten Häuser ist, und das sah sie in Jerusalem, in der ganz konkreten Stadt Jerusalem. Das war der Pol für die Konzentrierung der äußeren Kultur um die Menschenseele herum, und die Krönung dieser Stadt war der Salomonische Tempel.

Nun fühlte man, daß dies in der Evolution der Erde erschöpft ist. Diejenigen, die etwas von der hebräischen Geheimlehre verstanden, die sahen in dem, was auf das Mysterium von Golgatha folgte, in der Zerstörung Jerusalems, nicht ein äußeres Ereignis, das durch die Römer bewirkt wurde. Die Römer waren nur die Handlanger der geistigen Machte, die das ausführten, was ganz im Plan der geistigen Mächte war. Denn, so stellten sie es sich vor: Diese alte Art, von der Erde aus die Ingredienzien zu suchen, um den Menschenleib als Haus zu erbauen, ist erschöpft. Indem Jerusalem zu seiner Größe gekommen ist, ist alles das erschöpft, was von der Erde aus an Substanz, an Materialität verwendet werden konnte, um den Menschenleib als Haus zu erbauen.

In das Christliche umgesetzt, bedeutet diese hebräische Geheimlehre: Wäre das Mysterium von Golgatha nicht geschehen, so wäre dennoch die Zerstörung Jerusalems gekommen. Aber es wäre nicht hineingelegt worden in diesen Untergang des mit Hilfe der Erde schaffenden Menschenwesens dasjenige, was Neugestaltung werden kann. Gewissermaßen der Keim zu einer völligen Neugestaltung ist in das Jerusalem hineingelegt, das zum Untergang bestimmt war. Die Mutter Erde erstirbt in Jerusalem. Die Tochter Erde lebt in der Erwartung eines anderen Keimes. Da werden dann nicht mehr durch Heranziehen der Ingredienzien aus der Erde die Leiber gebaut und die Häuser des alten Jerusalem, das dastand als die Krönung desjenigen, was auf der Erde vor sich geht, sondern die Erde erhebt sich als ein geistiger Pol des alten Jerusalem. Nicht mehr wird man imstande sein, aus den Ingredienzien der Erde heraus so etwas zustande zu bringen wie das alte Jerusalem. Dafür tritt aber die andere Zeit ein, die im Keime veranlagt wurde durch das Mysterium von Golgatha. Die Menschen bekommen nun von oben herunter das, was ihr Inneres umhüllt (Tafel 7), mehr von außen. Die neue Stadt senkt sich von oben herunter und gießt sich über die Erde aus: das neue Jerusalem. Das alte Jerusalem war aus der Erde und ihren Stoffen, das neue Jerusalem ist aus dem Himmel und seinen geistigen Ingredienzien.“ (Lit.:GA 346, S. 134)

Die Erdenaura, Jerusalem und das Mysterium von Golgatha

„Aber besonders wichtig ist es, nicht bloß abstrakte Vorstellungen, sondern Bilder vom Weltenall sich anzueignen. Wir bekommen ein Bild von der Erde, wenn wir uns vorstellen: eine im Weltenraume schwebende Kugel, die von der einen Seite bläulichviolettlich glimmt, nach der andern Seite rötlich-gelblich brennt, sprüht; und dazwischen ist ein grüner Gürtel. Bildliche Vorstellungen tragen den Menschen allmählich hinüber in die geistige Welt. Darauf kommt es an. Man ist natürlich genötigt, solche bildliche Vorstellungen hinzustellen, wenn man im Ernste von den geistigen Welten spricht, und es ist weiter nötig, daß nicht nur geglaubt werde, es handle sich bei solchen bildlichen Vorstellungen um irgendwelche Erdichtungen, sondern man ist darauf angewiesen, daß etwas daraus gemacht werde. - Fassen wir noch einmal ins Auge: die bläulichviolettlich glimmende Osterde, die rötlich-gelblich sprühende Westerde. Aber da kommen noch verschiedene Differenzierungen hinein. Wenn der Tote in unserem gegenwärtigen Zeitenzykius gewisse Punkte betrachtet, dann bekommt er von der Stätte aus, die hier auf der Erde dadurch signiert ist, daß es Palästina, daß es Jerusalem ist, mitten aus dem Bläulich-Violettlichen heraus etwas von goldigem Gebilde, von goldigem Kristallgebilde zu schauen, das sich dann belebt: das ist Jerusalem, vom Geiste aus gesehen! Das ist das, was auch in der Apokalypse - indem ich von Imaginationen spreche - als «himmlisches Jerusalem» hineinspielt. Das sind keine ausgedachten Dinge, das sind Dinge, die geschaut werden können. Geistig betrachtet war es mit dem Mysterium von Golgatha so, wie man es bei der physischen Betrachtung erleben kann, wenn heute der Astronom sein Fernrohr in den Weltenraum hinausrichtet und dann schaut, was ihn in Verwunderung versetzt, wie zum Beispiel das Aufleuchten von Sternen. Geistig, vom Weltenall aus betrachtet, war das Ereignis von Golgatha das Aufleuchten eines Goldsternes in der blauen Erdenaura der Osthälfte der Erde. Da haben Sie die Imagination für das, was ich vorgestern am Schlüsse entwickelt habe. Es handelt sich wirklich darum, daß man durch solche Imaginationen sich wiederum Vorstellungen vom Weltenall verschafft, welche die Menschenseele in den Geist dieses Weltenalls fühlend hineinstellen.

Versuchen Sie mit einem Hingestorbenen zu denken die in Goldglanz sich aufbauende Kristallgestalt des himmlischen Jerusalems innerhalb der blau-violetten Erdenaura, so wird das Sie nahebringen; denn das ist etwas, was zu den Imaginationen gehört, wohinein der Tote stirbt: Ex Deo nascimur - In Christo morimur!“ (Lit.:GA 181, S. 174f)

Panorama mit Blick vom Ölberg auf Jerusalem und den Tempelberg in der Nacht

Siehe auch

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Erdensterben und Weltenleben. Anthroposophische Lebensgaben. Bewußtseins-Notwendigkeiten für Gegenwart und Zukunft, GA 181 (1991), ISBN 3-7274-1810-9 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  2. Rudolf Steiner: Vorträge und Kurse über christlich-religiöses Wirken, V, GA 346 (2001), ISBN 3-7274-3460-0 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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